1875 / 259 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 04 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

kun hervorzuheben Berücksichtigung der großen Verkehrscentren

a der Abg. 1 B 8 1 und Centralüberwachung oer Desinfektion von Reichswegen ver⸗

langte, wurde die Verweisung der Vorlage an eine Kommis⸗ sion abgelehnt, dagegen die zweite Berathung von der heutigen Tagesordnung abgesetzt.

Ohne Debatte wurde sodann genehmigt in erster und zweiter Berathung die Verordnung, betreffend die Stempel⸗ gebühren von den Steuer⸗ und Oktroi⸗Bezette⸗ kungen und Quittungen, sowie die Abstufungen der pro⸗ portionellen Enregistrements⸗Gebühren.

Es folgte die erste Berathung des Entwurfs einer Kon⸗ kurs⸗Ordnung und eines Einführungsgesetzes zu derselben.

Nachdem der Kommissar des Bundesraths, Direktor im Reichgtahderemt Wirklicher Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath von Amsberg, die Vorlage motivirt hatte, sprach der Abg. von Schwarze gegen die Ueberweisung dieser Vorlage an die Justizkommission, während der Abg. Frankenburger gerade diese Kommission für diese Arbeit am geeignetsten hielt. Beim Schlusse des Blattes hatte der Abg. Windthorst das Wort. 1

Eine Bezirksregierung hatte gegen die Gültigkeit eines Kreistagsbeschlusses aus dem Umstande Bedenken abgelei⸗ tet, daß die demselben zu Grunde liegende Proposition nicht von dem Kreisausschusse, sondern von einer Seitens eines frühe⸗ ren Kreistages mit der Aufstellung derselben beauftragten Kom⸗ mission ausgearbeitet worden sei. Der Minister des Innern hat diese Bedenken in einem Reskript vom 28. Juni d. J. nicht für gerechtfertigt erachtet. Wenn nach §. 119 der Kreisordnung zu gewissen Kreistagsbeschlüssen ein ausführlicher Vorschlag über Zweck, Art der Ausführung, Kostenbetrag und Aufbringungs⸗ weise von dem Kreisausschusse auszuarbeilen und jedem Kreistags⸗ Abgeordneten mindestens 14 Tage vor Abhaltung des Kreis⸗ tages schriftlich zuzustellen sei, so sei die Absicht dieser Bestim⸗ mung nur darauf gerichtet, durch die Ausarbeitung und Ueber⸗ sendung einer, diesen Voraussetzungen entsprechenden Proposi⸗ tion den Kreistagsmitgliedern Gelegenheit zu geben, sich über besonders wichtige Berathungsgegenstände gründlich und recht⸗ zeitig zu unterrichten. Der §. 119 enthalte mithin zwar nähere Vorschriften darüber, in welcher Weise Kreistagsbeschlüsse durch die Organe der Kreisverwaltung vorzubereiten sind, schließe jedoch nicht aus, daß der Kreistag in Gemäßheit des §. 134 Nr. 1 mit der Aufstellung der Proposition eine besondere Kom⸗ mission beauftragen darf. Die entgegenstehende Ansicht der Regierung führe in ihrer Konsequenz zur Verschiebung der Stellung des Kreisausschusses und Kreistages, widerstreite auch mittelbar den in den Absätzen 2 und 3 des §. 118 ent⸗ haltenen Vorschriften.

Nach einem, im Einverständnisse mit dem Justiz⸗Minister erlassenen Reskript vom 24. v. M. hält der Minister des Innern es, in Ermangeung einer bezüglichen gesetzlichen Bestimmung, nicht für zulässig, die von den Standes beamten auf Erund der Vorschrift des §. 49 Abs. 3 des Gesetzes vom 9. März 1874 festgesetzten Geldstrafen im Falle des Unvermögens in Haft umzuwandeln. Die in Rede stehenden Strafen sind keine polizeilichen Exekutivstrafen, und es findet auf dieselben daher auch der von der ꝛc. allegirte §. 82 der Kreisordnung vom 13. Dezember 1872 keine Anwendung.

Bei der Verfolgung eines s. g. Antragsdelikts, an welchem mehrere Personen betheiligt sind, im Wege der Fevet ag⸗ hat, gleichwie bei der Verfolgung der That im Wege der öffentlichen Strafklage, die rechtzeitige Zurücknahme des Antrags gegen eine der betheiligten Personen die Einstellung des Verfahrens auch gegen die anderen zur Folge. (Beschluß des Ober⸗Tribunals vom 6. Oktober d. J.) Gegenüͤber dem Beschluß eines Berufungsgerichts, welches die gesetzlichen Bestimmungen über Theisung und Zurücknahme eines Straf⸗ antrages (§§. 63 und 64 des Str. G. B.) nur auf Antrags⸗ delikte, deren strafgerichtliche Untersuchung vom Staatsanwalt beantragt wird, angewendet wissen wollte, führt das Ober⸗ in seinem erwähnten Beschluß aus: §§. 63 und 64 des Straf⸗Gesetzbuchs treffen eine derartige Unterschei⸗

dung nicht, sondern ziehen schlechthin und ohne Rücksicht, ob die Verfolgung der That im Wege der öffentlichen oder dem⸗

jenigen der Privat⸗Strafklage geschieht, die Konsequenzen aus

dem Prinzipe der Untheilbarkeit des Strafantrages dahin, daß

Stellung wie die Zurücknahme des letzteren gegen einen Betheiligten auch gegenüber den anderen wirken soll. Ebensowenig ergeben sich aber innere aus der Natur der Sache folgende Gründe fuͤr das Gegentheil, da, sowie die Erhebung der Privatklage gegen einen der Betheiligten vermöge des darin enthaltenen Strafantrages gegen diesen, nach §. 63 das Gericht nicht hindert, das gerichtliche Verfahren so lange zu beanstanden, als dasselbe nicht auch gegen die Uebrigen beantragt sein werde, der §. 64 es ebenso nothwendig macht, bei recht⸗ zeitiger Zurücknahme des Strafantrages gegen einen, durch Zurück⸗ nahme der Privatklage die Einstellung des Verfahrens auch gegen die anderen Betheiligten eintreten zu lassen.“

Der Bevollmächtigte zum Bundesrathe, Wirkliche Ge⸗ heime Rath und Kaiserliche Ober⸗Präsident von Möller, ist von Straßburg hier eingetroffen.

88 Am 2. d. Mts. verstarb hierselbst der Geheime Ober⸗ Beaurath Nottebohm, vortragender Rath im Handels⸗Mini⸗ sterium, in einem Alter von 67 Jahren an Brustsellentzündung. b m hiesigen Gewerbe⸗Institut und der All⸗ gemeinen Bauschule, bestand er 1840 die Bauinspektor⸗Prüfung, trat 1842 als Assessor bei der technischen Deputation für Gewerbe rde später technisches Mitglied des Eisenbahn⸗Kommissariats n Berlin, leistete wesentliche Dienste als kommissarischer Direktor der Telegraphenverwaltung und wurde 1856 zum Direktor der Ge⸗ werbe⸗Akademie, gleichzeitig zum vortragenden Rath im Handels⸗ Ministerium berufen. Wegen Zunahme der Geschäfte gab er 1867 die Leitung der Gewerbe⸗Akademie auf und hat seitdem eine Thätigkeit ausschließlich dem Ministerium und den diesem nterstellten Prüfungskommissionen, sowie der technischen De⸗ utation für Gewerbe gewidmet.

Mit einer gründlichen allgemeinen Bildung und einem reichen Schatz von Exfahrungen und Kenntnissen im Gewerbe⸗ und Baufach verband der Verstorbene ein sicheres Urtheil und eine klare Erkenntniß der auf den Gebzeten seiner Thätigkeit hervortretenden Bedürf⸗ nisse. Ausgerüster mit einem besonderen Organisationstalent, hat er sich in seinen vielseitigen Stellungen durch Hingebung und Treue bewährt; an seinen Namen knüpft sich ein Stück Geschichte der Entwickelineg des Telegraphen⸗ und des gewerb⸗ lichen Bildungswesens in Preußen. Wiederholt ist ihm die Königliche Anerkennung seiner weouen Dienste zu Theil geworden, über das Grab hinaus folgt ihm die Anerkennung und der Dank seiner zahlreichen Freunde und Berufsgenossen

Breslau, Der Regierungs⸗P . Hagemeister zu ttels Extrablattes zum Amts⸗ blatte folgende vom 28. v. Mts. datirte Bekanntmachung er⸗ lassen: „Auf Grund des Artikels 14 der Wahlordnung zum Gesetz über die Vermögensverwaltung in den katho⸗ ischen Kirchengemeinden vom 20. Juni d. J., welcher vorschreibt, daß für die erste Wahl der Kirchenvorsteher und Gemeindevertreter die bischöfliche Behörde im Einvernehmen mit dem Regierungs⸗Präsidenten den Wahlvorstand und den Vor⸗ sitzenden desselben ernennt; in Erwägung, daß der Fürst⸗ bischof von Breslau, Dr. Förster, bevor er von diesem Ernen⸗ nungsrechte Gebrauch gemacht, durch Urtheil des Königlichen Ge⸗ richtshofes für kirchliche Angelegenheiten vom 6. v. Mts. aus seinem Amte entlassen ist; daß, so lange das in Folge dieses Urtheils erledigte Amt nicht in gesetzmäßiger Weise besetzt oder verwaltet ist, nach §. 58 des angeführten Gesetzes die der bischöflichen Be⸗ hörde in der Diözese Breslau gesetzlich zustehenden Rechte in Bezug auf die Vermögensverwaltung in den Kirchengemeinden ruhen, und daß nach dem dritten Absatze dieser Vorschrift das in Artikel 14 vorgesehene Ernennungsrecht bis auf Weiteres auf den Regierungs⸗Präsidenten übergegangen ist, womit der Hr. Minister der geistlichen Angelegenheiten durch Erlaß vom 23. v. M. sich einverstanden erklärt hat: ist die Ernennung der Vorsitzenden und Beisitzer der Wahlvorstände für die erste Wahl der Kirchenvorsteher und Gemeindevertreter in den zur Diözese Breslau gehörigen Kirchengemeinden des Regierungsbezirks Oppeln heute durch mich geschehen, und behalte ich mir vor, die ernannten Personen hiervon besonders in Kenntniß zu setzen.“

Rendsburg, 2. November. In der heutigen (17.) Sitzung des Provinzial⸗Landtags wurde in Schlußberathung der Entwurf eines Gesetzes über die Ablösung der Servituten ꝛc. in der Provinz Schleswig⸗Holstein mit einigen unwesentlichen Ab⸗ änderungen ange ommen. Dann fand die Schlußberathung über den 5. Bericht des Finanz⸗Ausschusses, betreffend die von der Pro⸗ vinz nach dem Gesetz vom 8 Juli d. J. zu übernehmenden Aus⸗ gabeverpflichtungen, statt. Die Anträge des Ausschusses wurden auch hier im Wesentlichen genehmigt. Ohne Diskussion ward fast einstimmig beschlossen, nach den Anträgen des niedergesetzten Ausschusses Namens der Provinz die von dem Professor Thaulow in Kiel als Geschenk angebotene Sammlung alter schleswig⸗ holsteinischer Schnitzwerke, Trinkgeschirre, Vasen und Messingsachen als unveräußerliches Eigenthum anzunehmen und zur Aufführung eines Gebä des, um diese Sammlung unterzubringen, eine Summe bis zu 150,000 zu vewilligen. Das Gebäude und die Samm⸗ lung sollen den Namen „Thaulowsches Museum“ führen, und soll der Bau desselben im Jahre 1876 in Angriff genommen werden. Die Verwaltung des Museums soll zunächst der ständische Ver⸗ waltungs⸗Ausschuß führen, demnächst sollen die Universität und der Magistrat zu Kiel durch delegirte Mitglieder mitwirken. Schließlich ward beschlossen, daß der Landtags⸗Marschall dem Professor Thaulow Namens der Provinz den Dank derselben sowohl dafür aussprechen solle, daß er durch Jahre lange, hin⸗ gebende, opferreiche Forschungen den schleswig⸗holsteinischen Kunstsinn früherer Zeiten wieder zu Ehren gebracht und dessen Denkmäler vor dem Verfall gerettet, als auch jetzt, hochherzigen Sinnes, selbstvergessend, allein das Vaterland und die Kunst ins Auge fassend, mit seiner Sammlung der Provinz ein Geschenk von unschätzbarem Werth zu eigen gebe.

Bayern. München, 3. November. Dankadressen an den König sind ferner abgesendet worden von den gemeindlichen Kollegien in Gunzenhausen, Kitzingen, Sulzbach, Neunburg v. W., Wunsiedel, Wohtenfels, Dinkelsbühl, Schwabach, Neustadt g. A., Weißenburg, Pappenheim, von einer Urwählerversamm⸗ lung in Hersbruck, von einer Volksversammlung in Ludwigs⸗ hafen, von einer Anzahl von Bewohnern Ochsenfurts, vom Veteranenverein in Ottobeuern, der auch aus Anlaß der König⸗ lichen Entschließung einen Fackelzug zum Kriegermonument ver⸗ anstaltete, von Festversammlungen in Donauwörth, Burghausen, von Einwohnern von Amberg, Arzberg, Wolfrathshausen. In Grönenbach wurde die Königliche Entschließung auf öffentlichem Platze von einer Tribüne herab verlesen, auf der das Bild des Königs angebracht und vor der eine Musikkapelle postirt war. Adressen an die Minister sind abgesendet worden von den gemeindlichen Kollegien in Memmingen, von Bürgern in Burgbernheim.

Speier, 1. November. Städten und Gemeinden der

Gestern wurde in den meisten Pfalz die Königliche Ent⸗ schließung an die Minister vom 19. Oktober bekannt gemacht

in den Städten den Stadträthen, in den Gemeinden den Ge⸗ meindeversammlungen. Die meisten Gemeindevertretungen schick⸗ ten bei dieser Gelegenheit Telegramme an den König. Nach⸗ richten hierüber liegen u. A. vor aus Kaiserslautern, Pirmasenz, Essingen, Hochstadt, Zeiskam, Lauterecken, Grünstadt, Kleinkarl⸗ bach, Wolfstein, Weidenthal, Annweiler, Dammheim, Billigheim, Appenhofen, Webenheim und Lambrecht.

Sachsen. Dresden, 3. November. Der Rath der Stadt macht bekannt, daß er im Einverständnisse mit den Gemeinde⸗ vertretern beschlossen hat, auf dem Postament des hierselbst zur Erinnerung an den siegreichen Krieg der Jahre 1870 und 1871 zu errichtenden Denkmals die Namen derjenigen Söhne der Stadt zu verewigen, welche als Opfer dieses Kriegs im Felde gefallen sind. Zu Erzielung möglichster Vollständigkeit dieser Namen veröffentlicht der Rath das von dem Königlich sächsischen Kriegs⸗Ministerium ihm mitgetheiste Verzeichniß gefallener Dresdner (78 Namieen enthaltend) und fordert Diejenigen, welche für ihre darin nicht benannten Angehörigen, sie mögen an den Feldzügen im (XII.) Königlich sächsischen oder in einem andern Armee⸗Corps Theil genommen haben, auf die gleiche Ehren⸗ erweisung der Stadt Anspruch machen wollen, gleichzeitig auf, solches unter Beibringung der nöthigen Nachweise darüber, daß dieselben Dresdner und im Kriege 1870/71 geblieben sind, bis zum Schlusse des laufenden Jahres zu thun.

Württemberg. Stuttgart, 1. November. Die Lan⸗ dessynode berieth in den letzten Tagen den Bericht der kirchen⸗ rechtlichen Kommission über den Gesetzentwurf, betreffend Aufgebot und Trauung der EChen von Mitgliedern der evangelischen Kirche. Die Kommission legte der Synode einen Majoritäts⸗ und einen Minoritätsantrag vor; der erstere sprach den Wunsch aus, es solle erklärt werden, daß die kirchliche Trauung auch fernerhin in einer „Bestätigung“ und „Einsegnung“ der Ehe zu bestehen habe; der letztere wollte in der Trauungsformel gesagt wissen: „Ich weihe und bekräftige“, weil diese Worte den Charakter der kirchlichen Handlung be⸗ zeichnen, ohne jedoch den gegen das Wort „bestätigen“ sich er⸗ hebenden Bedenken zu unterliegen. Für den letzteren Antra sprach Prof. Dr. p. Weizsäcker. Die Majorität entschied sic für den Kommissionsantragssmit dem Ausdruck „bestätigen“.

Bad Karlsruhe, 1 a t und Verordnungsblatt publizirt die „Deutsche Wehr⸗ ordnung“, welche mit ihren 100 Paragraphen insbesondere an die Stelle der Militärersatz⸗Instruktion von 1868 tritt, welche 190 Paragraphen zählte. In Baden fungirt darnach (wie bis⸗ her) als Ministerialinstanz das Ministerium des Innern, wäh⸗ rend die einheitliche Oberleitung dem preußischen Kriegs⸗Ministe⸗ rium zusteht; Ersatzbehörde dritter Instanz ist der komman⸗ dirende General des Armee⸗Corps in Baden im Verein mit einem Spezialbeauftragten des Ministeriums des Innern; für jeden Infanterie⸗Brigadebezirk ist der Brigade⸗Commandeur und ein höherer Verwaltungsbeamter die Ober⸗Ersatzkommission; in den einzelnen Aushebungsbezirken wird die Ersatzkom⸗ mission durch den Landwehrbezirks⸗Commandeur mit dem Verwaltungsbeamten des Bezirks gebildet. Vorberei⸗ tungs-, Musterungs⸗ und Aushebungsgeschäft bilden die drei verschiedenen Stadien des Ersatzgeschäftes. Nachdem in Gemäßheit der mit dem 1. Juli d. J. in Wirksam⸗ keit getretenen Vorschriften des allgemeinen Postvereinsvertrages vom 9. Oktober 1874 die portofreie Beförderung der zwischen Großherzoglichen und schweizerischen Behörden zu wechselnden Korrespondenz nicht mehr stattfindet, und alle nicht frankirten Briefpostsendungen, diejenigen in Staatsdienstsachen mit in⸗ begriffen, mit dem doppelten Porto belastet werden, werden, ent⸗ sprechend einer zwischen der Großherzoglichen Regierung und dem schweizerischen Bundesrathe auf der Grundlage der Gegenseitig⸗ keit herbeigeführten Vereinbarung, die Großherzoglichen Be⸗ hörden und die eine Behörde vertretenden einzeln stehen⸗ den Beamten angewiesen, alle ihrerseits an schweizerische Behörden zu richtenden Briefpostsendungen, Drucksachen unter Band mit inbegriffen, stets bei der Absendung zu fran⸗ kiren. Der Verwaltungsgerichtshof hat vor einiger Zeit folgenden Rechtsfall entschieden, der mit der Bildung alt⸗ katholischer Gemeinschaften in Verbindung steht: Es waren nämlich in der Voraussicht, daß die katholische Kirche in Thiengen den Altkatholiken zur Mitbenutzung eingeräͤumt werden würde, aus derselben verschiedene Geräͤthschaften weggeschafft worden. Dies veranlaßte das Bezirksamt, eine Bewachung der Kirche anzuordnen, deren Kosten sich auf 95 Fl. 48 Kr. beliefen, welche die katholische Stiftungskommission zahlen sollte, dagegen aber remonstrirte. Die Wegschaffung jener Gegenstände war an dem Tage, bezw. einige Tage später geschehen, als die bezügliche erst⸗ instanzliche Ministerialentscheidung ergangen war. Der Verwal⸗ tungsgerichtshof nahm nun an, daß in dieser Wegschaffung je⸗ denfalls eine schuldvolle Handlung im Sinne des bürgerlichen Gesetzes liege, indem die altkatholische Gemeinschaft schon ein, wenn auch durch die Entscheidung der obersten Instanz noch be⸗ dingtes Mitbenutzungsrecht besaß, und nichts geschehen durfte, was den thatsächlichen und rechtlichen Bestand mindestens zu verwirren geeignet war. Es wurde anerkannt, daß die Verwal⸗ tungsbehörde durch Anordnung der Bewachung eine ihr oblie⸗ gende Pflicht erfüllte, und die Kosten mußten, in Uebereinstim⸗ mung mit der Entscheidung des Bezirksamtes, den Mitgliedern der katholischen Stiftungskommission zur Last bleiben.

Hessen. Darmstadt, 2. November. Der dem Land⸗ tage vorgelegte Gesetzesentwurf über die Sterbequartale der Volksschullehrer beabsichtigt, nach Analogie des betref⸗ fenden Gesetzes bezüglich der Staatsbeamten, den Hinter⸗ bliebenen eines Lehrers den Bezug des Gehaltes oder Ruhe⸗ gehaltes noch für weitere 3 Monate, vom Sterbetage an, zu sichern. Hat der verstorbene Lehrer Eltern, Geschwister oder Ge⸗ schwisterkinder, deren Ernährer er war, oder reicht dessen Nachlaß zur Deckung der Kosten der letzten Krankheit oder Beerdigung nicht aus, so kann das Ministerium des Innern den pensionsfähigen Gehalt für weitere 3 Monate vom Sterbetage an bewilligen. Die Wittwe eines Lehrers und dessen Nachkommen, welche mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebten, sollen während 6 Wochen nach dem Sterbetage im Genuß der Dienstwohnung des Ver⸗ storbenen bleiben. Die während der 3 Monate nach dem Sterbe⸗ tag eines Lehrers entstehenden Kosten der Verwaltung der Stelle hat der Provinzialschulfonds zu tragen. Reichen dessen Mittel nicht aus, so hat das Fehlende der Schullehrerpensionsfonds zu leisten. Die Einnahme der Staatskasse aus der Abgabe der Mobiliar⸗ Feuerversicherungsgesellschaften betrug im Jahre 1873 10,711 Gulden.

Oldenburg. Oldenburg, 2. November. Vor dem Eintritt in die heutige Tagesordnung theilte der Vorsitzende des ständigen Latldtagsausschusses, Abg. Ahlhorn, dem Landtage mit, daß der ständige Ausschuß, dem ihm vom vorigen Landtage gewordenen Auftrage entsprechend, Sr. König⸗ lichen Hoheit dem Großherzoge, in Veranlassung von dessen Jubelfeier im Dezember 1873 seine ehrfurchtsvollen Glückwünsche dargebracht, und daß der Großherzog ihn beauftragt habe, dem Landtage hierfür seinen Dank auszusprechen.

Aus den Verhandlungen ist Folgendes hervorzuheben: Zur Erhöhung des Stammaktienkapitals der Westersteder Eisenbahn⸗ gesellschaft für den Bau der Ocholt⸗Westersteder Bahn von 15,000 Thlrn. auf 19,600 Thlr., sowie zur beantragten Ver⸗ äußerung des Steueramtsgebäudes in Elsfteth gab der Landtag seine Zustimmung. Dr. Lübben am Gymnasium in Olden⸗ burg ist seit mehreren Jahren mit der Herausgabe eines bedeu⸗ tenden wissenschaftlichen Werkes, eines mittelniederdeutschen Wörterbuches, beschäftigt. Um sich dieser mühevollen und schwierigen Arbeit, welche er früher in Gemeinschaft mit dem mittlerweile verstorbenen Dr. Schiller in Schwerin begonnen hatte, ausschließlich widmen zu können, ist er auf drei Jahre von seinem Gymnastaldienste entbunden, und hat das Reichskanzler⸗ Amt es übernommen, das Gehalt des Dr. Lübben für diesen Zeitraum aus der Reichskasse zu bestreiten. Um ihn in seiner Pensionsberechtigung nicht zu schädigen, beschloß der Landtag auf Antrag der Staatsregierung, daß dem Dr. Lübben die be⸗ willigte Urlaubszeit bei einer etwaigen Pensionirung mit in An⸗ rechnung zu bringen sei. Einem Gesetzentwurfe, wodurch die Gebühren der Anwälte und Bevollmächtigten in bürgerlichen Rechts⸗ und Strafsachen in den Fürstenthümern Birkenfeld und Lübeck unter Berücksichtigung der eingetretenen Vertheuerung aller Lebensbedürfnisse angemessen erhöht werden, sowie einam Gesetzentwurfe, wodurch die Taggelder der Staatsdiener auf Dienstreisen von 3 Thaler auf 11 gesetzt werden, ertheilte der Landtag seine verfassungsmäßige Zustimmung; des⸗ gleichen genehmigte er einen Gesetzentwurf, wodurch die Richter⸗ stellen im Ober⸗Appellationsgerichte außer den Präsidentenstellen auf acht herabgesetzt werden mit der Bestimmung, daß die hier⸗ nach überschüssigen Beamten, sofern dienstliche Interessen dies wünschenswerth machen, bis dahin in ihren bisherigen Stellen belassen werden, daß sie eine anderweite Verwendung finden können. Ferner gab der Landtag seine Zustimmung zu einer Verordnung, wodurch das Gesetz, betreffend Enteignungen zu Eisenbahnen, auch auf die Enteignungen zu den Befestigungen

von Withelmshaven Anwendung finden soll. Endlich geneh⸗ migte er verschiedene Veräußerungen und Erwerbungen von Kron⸗ gutsgrundstücken. 1

Lippe. Detmold, 3. November. Das neueste Bul⸗ letin über das Befinden des Fürsten lautet: Bei Sr. Durchlaucht dem Fürsten haben die Brustbeklemmungen zugenommen, wodurch die letzte Nacht weniger gut war. Detmold, 3. November 1875. 8 8 Hofrath Dr. Eschenburg.

Bremen, 1. November. Die Steuerdeputation hat

den von ihr verlangten Bericht über die Aufhebung des Wegegeldes nunmehr erstattet. Die Einnahme, welche dadurch aufhören würde, beträgt ungefähr 60,000 Zum Ersatz kann zunächst in Frage kommen die Ausdehnung der Steuern für Pferde und Lastfuhrwerke auf das Landgebiet oder mit anderen Worten auf den Ackerbau, die jedoch voraussichtlich nicht viel mehr als 20,000 ergeben würde. Diese Abgabe müßte durchweg um 75 Prozent erhöht werden, um den ganzen Aus⸗ fall zu decken, oder in ihren bisherigen Grenzen gar auf das Dreifuche. Die Deputation stellt hiernach Senat und Bürger⸗ schaft die Entscheidung anheim, ohne selbst einen bestimmten An⸗ trag zu stellen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. November. Der Erzherzog Kronprinz Rudolf reist übermorgen von Gödöllö über Wien nach München.

Der Ausschuß des Abgeordnetenhauses für die Berathung des Antrages auf Aufhebung der Kollegien⸗ gelder an den Universitäten hat in seiner siebenten, am 29. d. M. Abends abgehaltenen Sitzung den Bericht des Refe⸗ renten Dr. Kopp entgegengenommen und genehmigt, welcher in folgenden Resolutionen gipfelt: 1) Die Regierung wird aufge⸗ fordert, eine Gesetzesvorlage mit der Billigkeit entsprechenden Uebergangsbestimmungen unter Berücksichtigung folgender EGrund⸗ sätze zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen: a. Der Bezug von Kollegiengeldern Seitens der ordentlichen und außerordentlichen Professoren an den österreichischen Univer⸗ sitäten wird aufgehoben; den Privatdocenten steht es frei, Kollegiengelder zu beziehen und deren Höhe festzusetzen; b. in der Regel hat jeder an einer Fakultät inskribirte ordent⸗ liche oder außerordentliche Hörer per Semester ein mäßiges Unterrichtsgeld zu bezahlen; c. die ordentlichen Gehalte der Pro⸗ fessoren sind zu erhöhen; es bleibt jedoch der Regierung unbe⸗ nommen, zur Gewinnung bedeutender Kräfte oder in Anerken⸗ nung außerordentlicher Leistungen für Unterricht und Wissen⸗ schaft höhere, als die ordentlichen Bezüge zuzusichern. 2) Die Frage in Erwägung zu ziehen, ob und inwieweit jene gesetzlichen Bestimmungen, vermöge deren das Doktorat zur Ausübung eines praktischen Berufes erforderlich ist, außer Kraft zu setzen, und eventuell die bezüglichen Gesetzesvorlagen zur verfassungsmäßigen Behandlung vorzulegen.

Unter den Gesetzentwürfen, welche zur Vorlage an den ungarischen Reichstag bestimmt sind, besinden sich, wie aus Pest gemeldet wird, auch zwei Vorlagen kirchen⸗politischer Natur. Bei der einen handelt es sich um die Einführung der Noth⸗ civilehe, bei der anderen um die Regelung der Rechtsverhält⸗ nisse der Nazarenersekte.

Der ungarische Minister⸗Pr weilte in den letzten Tagen in Wien, bei welcher Gelegenheit er sich den Erzherzogen vorstellte und dem Minister⸗Präsidenten Fürsten Auersperg, sowie auch den übrigen Mitgliedern des Kabinets Besuche abstattete.

3. November. (W. T. B.) Dem Ahbgeordneten⸗ haufe wurde heute eine Abschrift der Pariser Meterkonvention vorgelegt. Den Gesetzentwurf wegen Vereinigung der öster⸗ reichischen Nordwestbahn mit der südnorddeutschen Verbindungs⸗ bahn, der Mährischen Grenzbahn und der Lundenburg⸗Gruß⸗ bacher Bahn nebst den dazu eingebrachten Aenderungsvor⸗ schlägen hat der Handels⸗Minister zurückgezogen.

Agram, 1. November. In der gestrigen Landtags⸗ sitzung wurde der Gesetzentwurf über die Ablösung der Quasi⸗ Urbarialverhältnisse nach ziemlich lebhaften, von der Opposition herbeigeführten Debatten in der Spezialdebatte erledigt.

Schweiz. Bern, 1. November. Das Gesammtresultat der gestern in der ganzen Schweiz stattgefundenen Neuwahl des Nationalraths liegt zwar noch nicht vollständig vor, indessen kann schon jetzt mit Bestimmtheit angenommen werden, daß, wie bereits telegraphisch gemeldet, die seitherige liberale Ma⸗ jorität keinen Abbruch erleidet. Was speziell den Kanton Bern betrifft, ist vor Allem hervorzuheben, daß im Jura die Liberalen mit etwa 10,800 gegen 8200 den Sieg davongetragen haben. In Zürich blieben die Demokraten mit ungefähr 2 3000 Stimmen hinter den Liberalen zurück. Die Stadt Luzern wählte liberal, der übrige Kanton jedoch ultramontan. Aus dem Kanton Tessin wird das Resultat erst morgen vollständig bekannt werden. Im Kanton Bern fand gestern gleichzeitig mit der Nationalrathswahl die Volksabstim mung über das neue Kultuspolizeigesetz zur Sicherung des konfessionellen Friedens, von welchem die Rückkehr der renitenten jurassischen katholischen Geistlichen abhängig ist, und über das andere neue Gesetz, betreffend die Erhöhung der Lehrerbesoldun⸗ gen, statt. Beide Gesetze wurden mit großer Mehrheit ange⸗ nommen; ersteres mit etwa 35,000 gegen 17,000 und letzteres mit etwa 30,000 gegen 22,000 Stimmen.

Belgien. Brüssel, 2. November. Gestern Morgen starb Hr. Firmin Rogier, älterer Bruder des Ministers Charles Rogier. Derselbe war 1791 in Cambrai geboren, seit 1811 aber in Lüttich als Lehrer am Lyceum angestellt und später mit seinem Bru⸗ der ein sehr einflußreicher Journalist. Er war bei dem September⸗ aufstande betheiligt, und die provisorische Regierung sandte ihn als ihren Agenten nach Paris, wo er eifrig für die Unabhän⸗ gigkeit Belgiens wirkte. Später, nachdem die Verhältnisse ge⸗ regelt waren, ward er zum Gesandten und bevollmächtigten Minister bei der französischen Regierung ernannt und hat diesen Posten 34 Jahre lang bekleidet.

Großbritannien und Irland. London, 2. November. Der Prinz von Wales hat Aden gestern nach eintägigem Aufenthalt wieder verlassen. Vorher empfing er die arabischen Häuptlinge und die Spitzen der Militär⸗ und Civilbehörden, sowie die fremden Konsuln. Während des Empfanges über⸗ reichte er dem Sultan von Lahej eine Medaille sowie einen Ehrenring. Als die „Serapis“ um 10 Uhr Abends absegelte, waren Stadt und Hafen zu Ehren des Prinzen glänzend er⸗ leuchtet. Die mit der neuesten Ueberlandpost angekommenen indischen Zeitungen sind mit Einzelheiten über die glänzenden Vorkehrungen, die in ganz Indien für den Empfang des Prin⸗ zen von Wales getroffen werden, gefüllt. Besondere Erwähnun verdient die Mittheilung der „Times of India“, daß der Thron⸗

äsident Koloman Tisza

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folger vor seiner Abreise von des Nizam von Hyderabad besuchen wird. Dasselbe Blatt bringt auch die Nachricht, daß die regierende Fürstin von Bhopal sich entschlossen habe, der vom Prinzen von Wales in Calcutta abzuhaltenden Investitur des Ordens vom Stern von Indien unverschleiert anzuwohnen. In Middlesborough wurde dieser Tage ein neues Kriegs⸗ schiff der englischen Flotte, die „Tourmaline“, von Stapel gelassen. Es ist eine ungepanzerte Schrauben⸗Korvette, die ins⸗ besondere zum Schutz der Handelsmarine bestimmt ist. Die Armirung des Fahrzeuges besteht aus zwölf 64 pfündigen gezogenen Ka⸗ nonen. Bei Samuda Brothers in Poplar, London, ist soeben der Kiel zu einem schwer gepanzerten, für Japan bestimmten Schraubenschiffe von 2500 Tonnen gelegt worden, während in Hull und Pembroke zwei japanische Korvetten von je 1700 Tonnen in Angriff genommen worden find. Alle diese Schiffe werden unter der Aufsicht von Mr. E. J. Reed, dem ehemaligen ersten Schiffsbaumeister der britischen Marine, gebaut und dürften in etwa zwei Jahren soweit vollendet sein, um von Stapel gelassen zu werden. Gestern wurde der neue Cen⸗ tralbahnhof der großen Osthahn dem öffentlichen Ver⸗ kehr übergeben. Die Station ist im Liverpool⸗street, fast im Herzen der City, in unmittelbarer Nähe der neuen Hauptstation der unterirdischen Gürtelbahn gelegen.

Frankreich. Paris, 2. November. Heute Nachmittag um 2 Uhr fand wieder ein Ministerrath statt. Derselbe be⸗ rieth überdas Preßgesetz. Heute, als am Tage Allerseelen, waren, wie gestern, am Allerheiligentage, Kirchen und Kirchhöfe wieder stark besucht. Wie gestern, hatte die Polizei Vorsichts⸗ maßregeln getroffen, ohne daß ein Eingreifen derselben nöthig geworden wäre. Der Bürgermeister von Lille wurde vorgestern amtlich in Kenntniß gesetzt, daß der Ober⸗Unterrichtsrath die Er⸗ richtung einer medizinischen Fakultät in Lille genehmigt hat. Der Erzbischof von Avignon hat an den Coadjutor des Erzbischofs von Lyon folgendes Schreiben gerichtet: „Avignon, 28. Oktober 1875. Monseigneur! Mit e Freude sehe ich in Lyon eine freie katholische Universität erstehen. Die Stadt, welche als eine der ersten unter den Städten Gal⸗ liens das Evangelium annahm und sich noch von einem Zeit⸗ genossen der Apostel, dem heiligen Irenäus, zum Christenthum bekehren ließ, konnte nicht die letzte sein, als es galt, Schulen zu eröffnen in denen der fruchtbare Geist und die wunderthätige Kraft der heiligen Schrift die Wissenschaft und ihre Jünger durchdringen soll. Von Herzen gern möchte ich Ihrem und Ihres verehrten Erzbischofs Wunsche gemäß die Geistlichkeit und die Gläubigen meiner Diözese einladen, an Ihrem jungen Werke mitzuarbeiten; doch kann ich es Ihnen noch nicht versprechen, da ich zuvor wissen muß, ob meine Provinz und die südöstlichen Diözesen nicht selbst etwas thun und mich dafür in Anspruch nehmen wollen. In diesem Fall geht mein Kirchensprengel vor, im entgegengesetzten ist Ihnen mein Beistand gesichert. Louis⸗ Anna, Erzbischof von Avignon.“

3. November. (W. T. B.) Die heutige sehr zahlreich besuchte Versammlung der Linken beschäftigte sich mit der Besprechung des Wahlgesetzes. Der Berichterstatter Ricard schlug vor, vor Diskussion dieses Gesetzes eine Interpellation einzu⸗ bringen. Die Majorität der Versammlung trat indeß dieser An⸗ sicht nicht bei und machte ihren definitiven Beschluß von der Berathung mit den übrigen konstitutionellen Gruppen abhängig. Uebrigens wird bei der Diskussion des Wahlgesetzes Buffet auf⸗ gefordert werden, seine Absichten über die Frage der offiziellen Kandidaturen zu äußern.

Madrid, 3. November. (W. T. B.) Wie das Journal „Cronista“ mittheilt, wird König Alfons sich in den ersten Tagen des Dezember zur Nordarmee begeben, um das Oberkommando über dieselbe zu übernehmen.

Nach einer der „Agence Havas“ vom 3. November zu⸗ gegangenen Depesche von der spanischen Grenze hätte der General Morsonier das Kommando über die Königlichen Truppen in Navarra übernommen.

Türkei. Konstantinopel, 3. November. (W. T. B.) Das seinem wesentlichen Inhalte nach bereits bekannte Gesetz vom 30. Oktober d. J., betreffend die Aufnahme einer Anleihe von 35 Mill. Pfd. enthält folgende Bestimmungen:

Art. 1. Es werden für 35 Mill. Pfd. auf den Inhaber lautende Obligationen hergestellt, welche jährlich 5 % Zinsen bringen, die halbjährlich in Gold in Konstantinopel, sowie in allen Städten, wo für die 5 prozentige Staatsschuld Zahlungen gemacht werden, aus⸗ gezahlt werden.

Art. 2. Die neuen 5prozentigen Obligationen werden in pari und in Gold zurückgezahlt mittelst einer jährlich Iprozentigen Amor⸗ tisirung, die spätestens am 1./13. Januar 1887 eintreten und vermit⸗ telst Ausloosung gehandhabt werden wird.

Art. 3. Die Obligationen werden von dem Finanz⸗Minister unterzeichnet und mit dem Staatsstegel gestempelt, überdies aber in dem Augenblicke, wo sie zur Verwendung gelangen, mit dem Visa eines der hierzu delegirten Syndici oder der Kaiserlich ottomanischen Bank versehen werden. Sie sollen in türkischer, englischer und französischer Sprache ausgestellt und in den Staatskassen und allen Kassen der öffentlichen Verwaltung als Kaution oder Garantie in derselben Weise, wie die allgemeine fünsprozentige Schuld und wie die Obli⸗ gationen der auswärtigen Anleihen angenommen werden.

Art. 4. Gedachte 35 Millionen Pfd. Sterl. in fünfprozen⸗ tigen Obligationen werden in 5 Serien von je 7 Millionen Pfd. Sterl. eingetheilt, so daß jede Serie jedem der 5 Jahre entspricht, während welcher in Gemäßkeit der getroffenen finanziellen Maßregeln die Bezahlung der Zinsen und die Amortisirung der inneren und äͤußeren Schuld stattfinden soll. Demgemäß werden die Obligationen jeder einzelnen Serie zu Beginn eines jeden Jahres mit dem in Art. 3 erwähnten Visa versehen werden und somit zur Zahlung der Hälfte der Conpons und des Betrages der amortisirten Obligationen der inneren und äußeren Schuld dienen. Jede der 5 Serien wird wiederum in 2 Abtheilungen eingetheilt, deren eine vom 1. Januar, deren andere vom 1. Juli ab Zinsen trägt.

Art. 5. Am 1. Januar g. St. resp. 13. Januar n. St. 1888 zu der Zeit, wo die Wiederaufnahme der Baarzahlung für die Zinsen der inneren und äußeren Schuld erfolgt sein wird, wird die Zahl der in jeder Serie während der letzten 5 Jahre emittirten Obliga⸗ gationen verifizirt und definitiv festgestellt werden. Es werden als⸗ dann die Obligationen, welche nicht zur Verwendung gelangt sind, einbehalten und nicht weiter ausgegeben werden.

Art. 6. Alle näheren Bedingungen über die Kreirung und Aus⸗ gabe der 5prozentigen Obligationen werden durch den Finanz⸗Minister festzestellt werden.

Art. 7. Die Zahlung der Zinsen der durch das gegenwärtige Gesetz kreirten Obligationen wird durch dieselben Garantien gesichert sein, welche für die Zahlung der in baar zu zahlenden Hälfte der Zinsen und Amortisation der inneren und äußeren Schuld bestehen und wird dieselbe derselben Kontrole unterliegen.

Amerika. New⸗York, 3. November. (W. T. B.) In Maryland hat bei den gestrigen Staats⸗ und Gouverneurs⸗ wahlen die demokratische Partei gesiegt. Die Regierungspartei ist von dem Resultate der gestrigen

Indien die Hauptstadt

Spanien.

Wahlen sehr befriedigt. Sie betrachtet die Niederlage der

Tamany⸗Partei in der Stadt New⸗York als einen empfind⸗ lichen Schlag für die Demokraten, und glaubt, daß dadurch der Ausfall der Präsidentenwahl zu ihrem eigenen Gunsten gesichert sei. Das Resultat der Wahlen in New Vork ist noch immer zweifelhaft; bis jetzt sind 21 Mitglieder der republika⸗ nischen Partei zu Senatoren und 73 derselben Partei zu Kongreßmitgliedern gewählt worden.

Australien. Aus Melbourne wird unterm 1. ds. per Kabel gemeldet: Das Ministerium MCulloch beabsichtigt das Defizit im Budget im Betrage von 340,000 Pfd. Sterl. durch die Auflage einer Einkommensteuer und die Besteuerung von Grundbesitz, Banken und Versicherungsgesellschaften zu decken. Hingegen sollen Zölle im Betrage von 100,000 Pfd. Sterl. erlassen werden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus Dresden geht der „Allg. Zts.“ folgendes Schreiben zu: „Der russische Reisende Hr. v. Miklucho⸗Maclay hat wäh⸗ rend seines längeren Aufenthalts an der Nordostküste Neuguineas einige Vocabularien der dortigen Papua Sprache gesammel und diese dann dem Hrn. Akademiker O. Böhtlingk in Jena zu Verfügung gestellt. Letzterer hatte die Güte, das trotz seines geringe Umfanges immerhin sehr interessante Mater al erst meinem seliger Vater und dann nach dessen Tode, eben so wie eine spätere klein Sendung desselben Reisenden, mir zur Verfügung zu stellen. Mi einer bloßen Herausgabe durfte ich mich auch nach den Ansichten des Hrn. v. Miklucho⸗Maclay nicht begnügen. Es gilt vielmehr, die ver wandtschaftlichen Bezichungen der betreffenden Sprachen festzustelle soweit dies nach dem gebotenen Material lich ist. Leider ist letz teres wenig ergiebig. Die lexikalischen Proben der Papua⸗Dial kt lassen wohl zahlreiche Anklänge an melanesische und weiter an ma⸗ layisch polynesische Sprachen erkennen; allein irre ich nicht, so lassen sie auch sehr tiefgehende Abweichungen in ihrer Struktur von jener

Nachbarsprachen erahnen: Voranstellung des Genitivs, der dort überall

seinem Regimen folgt, und eine in agglutinirenden Sprachen unmög⸗ liche Steigerung des Stammvokals. Noch dürftiger ist die Wörter⸗ sammlung aus Sprachen der Ureinwohner von Sumatra, noch weniger verheißend und noch schwieriger also die Arbeit der Sprachvergleichun

Und überall todte Vokabeln statt lebendiger Sätze. Inzwischen ist mir durch meinen verehrten Freund, Hrn. Dr. A. B. Meyer, hier neues, sehr reiches Material aus der Papuasprache von Mafoor zugegangen, dessen Durcharbeitung mich seit mehreren Monaten beschäftigt. Die Ver⸗ öffentlichung der Miklucho⸗Maclayschen Sammlungen erfährt somit einen Aufschub mehr, aber einen Aufschub, welcher der Sache förder⸗ lich zu werden verspricht. Denn hat Neuguinea eigenthümliche Sprach⸗ typen aufzuweisen, so ist eine eingehendere Darstellung eines dieser Typen ein besserer Schlüssel in das noch undurchforschte Sprachgebiet, als eine noch so reiche Sammlung bloßer Vocabularien. Diese vor⸗ läufige Notiz möge erklären, warum die linguistischen Errungenschaften

des kühnen russischen Naturforschers noch immer nicht zum Gemein⸗

gute der wissenschaftlichen Welt geworden Gabelentz.“

sind. Georg von der

Di gesammelten Werke des griechischen Dichters, Ge⸗

lehrten und Staatsmannes Alexander Risos Rangawis 12 Bänden unter dem Titel „AMI4VIT1 74 &lodorzzd) erscheinen und die „philologischen“ Schriften des Autors im weiteren Sinne des Wortes umfassen. In den vier ersten bis jetzt vorliegenden Bänden tritt uns nur der Dichter entgegen, und zwar als Lyriker, Epiker und Dramntiker. Die folgenden Theile sollen seine neugriechische Nachbildung von Tasso's „Jerusalem“ und die Prosaschriften didaktisch⸗erzählenden, archäologischen und epigra⸗ phischen Inhalts umschließen. Außerdem sinden wir von dem Ver⸗ leger dieser nenen Sammlung noch verschiedene andere Werke desselben Berfassers angezeigt, welche für seine vielseitige Begabung sprechen Unter 16 namhaft gemachten weiteren Werken seien hier noch als minder bekannt hervorgehoben seine: „aungaraa μαeι³α—“ und aus dem Deutschen übertragen: „raà ⸗ls T9) LaAdoa roun œra r0⁷ BHaqgdsao is BHasapias.“ Von besonderem Interesse sind di im ersten Bande der oben besprochenen Sammlung enthaltenen fran⸗ zösischen, deutschen und englischen Dichtungen des Verfassers als poetische Versuche, aus denen die Sprachgewandtheit des euhellenen

hervorleuchtet. Land⸗ und Forstwirthschaft.

Bielefeld, 31. Oktober. Der Verein gegen das Moor⸗ brennen hielt hier gestern seine Jahresversammlung unter dem stellvertretenden Vorsitz des Hrn. W. von Borries⸗Eckendorf ab. Nachdem der Geschäftsführer A. Lammers aus Bremen seinen Jahres⸗ bericht erstattet hatte, der die großartige Kanalbauthätigkeit Preußens im Ems⸗Gebiet lebhaft würdigte, wie auch einen ersten Anfang in der Beschränkung des Moorbrennens durch die oldenburgische Regie⸗ rung, nämlich einen kürzlich erfolgten Verkauf von Moorland, unter der ausdrücklichen Bedingung, nicht zu brennen, anerkennend hervorhob, beschloß man, eine die Verbreitung des Mporrauchs darstellende Karte herstellen und verbreiten zu lassen. Fast im selben Augenblick traf ein Brief des Dr. Petermann in Gotha an den Geschäfts⸗ führer ein, worin derselbe dem Verein seine guten Dienste anbot, wie schon im Jahre 1870 bei dessen Entstehung. Dann begründete Bürgermeister v. Liesingen aus Uelzen den Standpunkt des Vereins zur ranm⸗ und zeitweisen Einschränkung des Moorbrennens und empfahl mit Erfolg, daß man den deutschen Landwirthschaftsrath in dieser Auffafsung zu interessiren versuche. Auf des Geschäftsführers Antrag beschloß man, bei den Regierungen von Preußen und Oldenburg eine statistisch⸗kartographische Aufnahme der Moorbrandkultur zu beantragen. Profestor Buchenau aus Bremen legte

werden in

die Nothwendigkeit einer möglichst erentral gelegenen nordwestdeutschen

Versuchsstation für Moor, Sumpf und Haide dar; der Vorstand ward beauftragt, sich deshalb mit Regierungen, Korporationen und Vereinen in Verbindung zu setzen. Ferner erhielt der Vorstand den Auftrag, die Wirkungen des Moorrauchs auf Wetter, Menschen und Pflanzen wissenschaftlich feststellen zu lassen. Nicht minder soll er die möglichst rasche Abtorfung des Hochmoors durch Industrie⸗Ent⸗ wickelung u. dgl. im Auge behalten.

Die diesjährigen Ernteergebnisse Dänemarks werden in „Dagbl.“ nach statistischen Mittheilungen aus dem ganzen Lande folgendermaßen geschätzt: Der Weizen hat überall, wo er in ziemlich großer Ausdehnung gebaut wird, über eine Mittelernte gegeben; Er⸗ trag am besten in Jütland. Die Gerste hat in den meisten Aemtern (Kreisen) des Landes eine gute Mittelernte gegeben. Der Hafer, ob⸗ gleich hesser als voriges Jahr, ist unter der Mittelernte geblieben. Die Hülsenfrüchte haben im Durchschnitt etwas über eine Mittel⸗ ernte gegeben. Die Wurzelfrüchte waren minder befriedigend, und die Heuernte stand unter einer Mittelernte. Der Gesammtertrag des ganzen Landes kann als etwas über eine Mittelernte (1,1) stehend angesehen werden und zeigt sich in einigen Aemtern etwas, in andern sogar bedeutend besser als voriges Jahr. Die Getreidepreise sind ungefähr die eines Mitteljahres oder etwas darunter..

Gewerbe und Handel. Der Vorstand der hiesigen Bäcker⸗Innung macht bekannt, daß bin der Generalversammlung der gewerbetreibenden Bäcker am 1. November c. mit Einstimmigkeit beschlossen wurde, bei der nun⸗ mehrigen Außercourssetzung des Dreiers das ortsübliche Gebäck nach folgenden Preisen anzufertigen, resp. einzutheilen und zu ver⸗ kaufen: Für einen Zehnpfenniger 4 Stücke und für einen Fünfpfen⸗ niger 2 Stücke des bisherigen Dreiergebacks, ebenso für einen Zehn⸗ pfenniger 6 Stücke und für einen Fünfofenniger 3 Stücke des bieheri⸗ gen Zweipfenniggebäckes; bei Verkauf eines einzelnen Gebäckstückes aber 3 resp. 2 Pfennige der neuen Münze.

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