2) daß beim Transport in Wagenladungen und auf grö⸗ ßere Entfernungen der gedachte Zuschlag mit dem 1. April 1875 in Wegfall komme für Brennholz und für folgende Duüngungs⸗ mittel: Poudrette, Düngerkalk, Gaskalk, Gaswasser, Chilisalpeter, Kalisalze, Fleischmehl, Guano, Knochenmehl, sauren phosphor⸗ sauren Kalk, Superphosphat, Superphosphorit; 1
3) daß bei Kohlen, Koks, Erzen, Steinen, Roheisen, Bau⸗ und Grubenholz, Vieh und bei folgenden Futtermitteln: Klein⸗ arten, Rübenpreßlinge, Hackfrüchte, Oelkuchen, Leinmehl und Rapsmehl im Sinne des Artikels 45 der Reichsverfassung eine Ermäßigung des Zuschlags ins Auge zu fassen sei, vorausgesetzt, daß die Betriebs⸗ und Finanzverhältnisse der betreffenden Eisen⸗ bahnen dies unbedenklich erscheinen lassen.
II. Der Reichskanzler wird ersucht, nach vorgängiger Ver⸗ nehmung von Sachverständigen aus den Kreisen des Handels⸗ standes, der Industrie, der Landwirthschast und der Eisenbahn⸗ verwaltungen, dem Bundesrathe geeignete Vorschläge für die Einführung eines, der Absicht der Reichsverfassung entsprechen⸗ den einheitlichen Frachtarifsystems für die Eisenbahnen Deutsch⸗ lands zur Beschlußnahme vorzulegen, wobei davon auszugehen ist, d0t der Beibehaltung und weiteren Ausdehnung des „na⸗ türlichen“ Tarifsystems neben einem anderen Systeme nichts ent⸗ gegensteht.
III. Die Bundesregierungen werden ersucht, Ueberschreitun⸗ gen, welche bei der Anwendung des durch Beschluß des Bundes⸗ raths vom 11. Juni 1874 interimistisch zugelassenen Fracht⸗ zuschlags von höchstens 20 Prozent vorgekommen sind, zu be⸗ seitigen und der etwaigen Neigung der Eisenbahnverwaltungen zu Tarifermäßigungen thunlichst Vorschub zu leisten;
IV. Durch diesen Beschluß den Beschluß des Reichstags in der Sitzung vom 20. Januar d. J. und das demselben über⸗ mittelnde Schreiben des Präsidenten des Reichstags vom selbigen Tage für erledigt zu erklären. 1b 1
Demgemäß hat der Reichskanzler, während die Ausführung der Beschlüsse sub IJ. und III. in die Hand der Bundesregierun⸗ gen gelegt ist, eine Kommission von durch die Regierungen von Preußen, Bayern, Sachsen, Württemberg und Hamburg bezw. für Elsaß⸗Lothringen bezeichneten Sachverständigen berufen mit der Aufgabe, das Programm für die vorzünehmende Enquôte zu berathen, bezw. festzustellen, demnächst die Vernehmung von weiteren Sachverständigen zu bewirken und nach Sichtung und
Ordnung des gewonnenen Materials über das Ergebniß und die daran zu knüpfenden Maßnahmen sich gutachtlich zu äußern.
Die Feststellung des Programms ist am 11., 12. und 13. Mai d. J. erfolgt, und hat nach Anleitung desselben in den Tagen vom 31. Mai bis 19. Juni die Vernehmung einer größeren Anzahl von Sachverständigen aus den Kreisen des Handelsstandes der Industrie, der Landwirthschaft und der Eisen⸗ bahnverwaltung stattgefunden, welche von der Kommission aus
den von den Bundesregierungen und von anderen Seiten dem
Reichskanzler vorgeschlagenen Personen ausgewählt waren.
1 Nachdem die Sichtung des Materials bewirkt und die Kom⸗ mission in weiteren Verhandlungen während der Zeit vom 6. bis 14. September sich über das Ergebniß der Enquste schlüssig
gemacht, hat sie, wie dem Reichstag mitgetheilt ist, den gutacht⸗ lichen Bericht bis Mitte Dezember d. J. in Aussicht gestellt.
— In der heutigen (7.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tages, welcher am Tische des Bundesraths der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück und der Prä⸗ sident des Reichs⸗Eisenbahn⸗Amts Maybach mit mehreren Kom⸗ missarien beiwohnten, theilte der Präsident das Ergebniß der Wahlen der Kommission zur Berathung des Gesetzes, betreffend die Abänderung des Titels VIII. der Gewerbe⸗Ordnung, und des Gesetzes über die gegenseitigen Hülfskassen mit. Sodann erhielt das Woͤrt der Abg. Baron v. Minnigerode zur Begründung einer Interpellation:
1) Wann wird dem Reichstage Mittheilung über die Verhand⸗ ig der in der Eisenbahn⸗Tariffrage niedergesetzten Enquete⸗Kom⸗ mission zugehen? 1 8 2) Wann wird dem Reichstage der Entwurf eines Reichs⸗Eisen⸗ bahngesetzes zur Berathung vorgelegt werden?
3 Bei der Beantwortung derselben führte der Präsident des Reichseisenbahn⸗Amts Maybach aus, daß die obersten Reichs⸗ behörden an Anstrengung es nicht hätten fehlen lassen, daß er aber bei der außerordentlichen Ausdehnung und Komplizirtheit der Materie zu seinem Bedauern den Zeitpunkt nicht bestimmen könne, an welchem die gewünschten Vorlagen dem Hause würden gemacht werden. Sodann wurde der Antrag des Abg.
Hasselmann und Genossen: „Der Reichstag wolle beschließen:
daß das gegen den Abgeordneten Hasenclever bei dem preußischen
Ober⸗Tribunal schwebende Strafverfahren wegen Uebertretung des
Vereinsgesetzes für die Dauer der Session aufgehoben werde; einstimmig und ohne Debatte angenommen. Die Gesetz⸗ betreffend das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste, ferner an Mustern und Mo⸗ dellen, sowie den Schutz von Photographien gegen
Sunbefugte Nachbildung, welche zur ersten Berathung vor⸗ lagen, begründete der Geheime Ober⸗Postrath Prof. Dr. Dam⸗ bach, indem er erklärte, daß der erste Entwurf, ob⸗ wohl etwas lange verzögert, jetzt den Wünschen aller betheiligten Kreise vollständig entspreche. In Betreff des zweiten Gesetzentwurfs führte derselbe Bundeskommissar aus, daß rücksichtlich dieser schwierigen Materie sich ein Um⸗ schwung der Meinung vollzogen habe, die früher gegen Muster⸗ schutz gewesen sei. Auf den letzten Ausstellungen habe die deutsche Industrie deshalb nicht den gehörigen Rang
eingenommen, weil die Künstler sich von der Großindustrie,
welche ohne Musterschutz keine Honorare geben könne, zurück⸗ gezogen hätten. Hervorgerufen sei das Gesetz besonders durch die Bewegung in Elfaß⸗Lothringen, welche den Musterschutz der dort noch in Kraft stehenden französischen Gesetzgebung auf das
Reich übertragen haben wollte. Der dritte der vorliegenden Ge⸗ setzentwürfe sei früher nur deshalb vom Reichstage abgelehnt worden, um ihn gleichzeitig mit den übrigen Materien zu be⸗ rathen. Auch die Photographie, obwohl sie kein geistiges Ur⸗ heberrecht auf ihre Produkte habe, müsse doch gegen unbefugte Nachbildung geschützt werden. Der Abg. Dr. Websky stimmte
war im Prinzipe dem Gesetze zu, indem er sich von dem Muster⸗
schutz eine heilsame Entwickelung der deutschen Industrie in qualitativer und quantitativer Beziehung versprach, doch hielt er die einzelnen Schutzbestimmungen des Gesetzes für zu weit⸗ gehend, wie den Schutz des Musters im Ganzen, so daß die Be⸗ nutzung der Theile ausgeschlossen wäre. Ungenügend seien auch die Bestimmungen über Veröffentlichung des Schutzes, man be⸗ dürfe einer geschlossenen Musterrolle, in der man nachschlagen
“ Beim Schlusse des Blattes hatte der Abg. Duncker das
ort.
— In dem Preozesse eines deutschen Schutzgenossen und früheren Rechtsanwalts in Bukarest gegen einen anderen Deut⸗ schen, der ebenfalls in Bukarest wohnt, hat das Reichs⸗Ober⸗
Handelsgericht in der Sitzung vom 19. Oktober d. J. fol⸗ gende Entscheidungen gefällt: 1) Eine Person, welche die Befähigung zum Richteramt in Deutschland erworben, dieselbe jedoch in Folge einer strafgerichtlichen Verurtheilung für die Dauer wieder verloren hat, ist im Sinne des §. 21 der preußischen Verordnung vom 21. Juli 1846 nicht berechtigt, die Appellations⸗Rechtfertigungsschrift allein zu vollziehen. „Die Meinung des Klägers, diese Verurtheilung habe ihm die wissenschaftliche Befähigung zum Richteramt nicht genom⸗ men, also auch die Berechtigung zur Alleinvollziehung sei⸗ ner Appellationsschrift im Sinne des §. 21 der Ver⸗ ordnung vom 21. Juli 1846 nicht entzogen, verkennt die Bedeutung dieser Gesetzbestimmung, indem letztere solche Unter⸗ scheidung nicht macht, vielmehr schlechthin eine nach der be⸗ stehenden Rechtsordnung vorhandene Befähigung zum Richter⸗ amte derart voraussetzt, daß dem Betheiligten die Ausübung des Richteramtes übertragen werden dürfe.“ 2) Die preußischen Konsulate in Gebieten, in denen ihnen die Ausübung der Gerichts⸗ barkeit gestattet ist, haben zwar die Befugniß, die Appellations⸗ schriften von Parteien entgegenzunehmen und über ihre Zulassung zu heschließen. Diese Beschlußfassung ist aber nur eine vor⸗ läufige, während dem erkennenden Richter die definitive Ent⸗ scheidung über die Zulassung eben so zusteht, als hätte er selber die Rechtsmittel im Wege der Dekretur vorerst zugelassen.“
— Die durch das Gesetz bestimmte Formulirung des Eides als gerichtlichen Beweises schließt nur dann die Zulässig⸗ keit aus, noch andere Betheuerungsformeln der vorgeschriebenen Eidesformel hinzuzufügen, wenn ein darauf bezügliches aus⸗ drückliches Verbot im Gesetze enthalten ist. Besteht ein ausdrück⸗
liches Verbot nicht, und beanstandet der zur Eidesleistung Heran⸗
gezogene den Zusatz einer solchen Betheuerungsformel nicht, so macht ein derartiger Zusatz das gerichtliche Verfahren nicht wirkungslos. (Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 7. Ok⸗ tober d. J.). — In einem Kriminalprozeß, welcher vor dem Appellationsgericht zu Frankfurt a. M. zur Verhandlung ge⸗ langte, beschworen vier Zeugen, von denen einer katholisch, die drei übrigen evangelisch waren, ihre Aussage mit den Worten: gso war mir Gott helfe und sein heiliges Evangelium!“ Diese Form der Eidesleistung wurde in der gegen das Erkenntniß des Appellationsgerichts eingelegten Nichtigkeitsbeschwerde als ungesetzlich gerügt, weil nach §. 1 des noch in Kraft bestehenden Frankfurter Gesetzes vom 8. Juni 1848 bei Ableistung von Eiden allgemein die Formel: „Ich schwöre, daß ꝛc. so wahr mir Gott helfe!“ ohne weiteren Zusatz gebraucht werden soll. Diese Rüge erklärte jedoch das Ober⸗Tribunal für unbegründet, weil die erwähnte Gesetzesvorschrift kein absolutes Verbot gegen Zu⸗ fügung eines jeden Zusatzes zu der vorgeschriebenen Eidesformel enthält; dieselbe vielmehr nur dahin auszulegen ist, daß den Zeugen eine weitere religiöse Betheuerungsformel, als die vorge⸗ schriebene, nicht abverlangt werden solle, um ihrer religiösen Auffassung einen weiteren Zwang nicht gufzuerlegen. „Durch die von den Zeugen ohne Anstand erfolgte Eidesleistung mit einem Zusatze, der selbst auch dem evangelischen Glaubens⸗ bekenntnisse jedenfalls nicht widerspricht, kann der Eid in seiner übrigen, dem Gesetze entsprechenden Form aber nicht beeinträchtigt erscheinen.“
— Einer statistischen Nachweisung über die Posteinrich⸗ tungen zur Vermittelung des Postverkehrs der länd⸗ lichen Bevölkerung entnehmen wir, daß im Durchschnitt auf jeden der am 1. Januar 1875 gezählten 6074 Postorte 733v Q.⸗Kilometer und 3000 Landbewohner kommen, ferner daß auf dem platten Lande zur Zeit 20,000 Briefkasten aufgestellt sind und daß täglich 11,100 Landbriefträger den Postverkehr der ländlichen Bevölkerung der 50,000 Landgemeinden des Reichspostgebiets vermitteln. Im Etat für 1876 ist abermals eine Vermehrung der Postanstalten in Landorten um 150 und der Landbriefträger um 400 vorgesehen. Dadurch werden die Bestellbezirke, wo sie noch zu groß sein sollten, verkleinert und die Postbestellungen auf dem platten Lande noch weiter be⸗ schleunigt werden können.
— Der Geheime Legations⸗Rath von Bülow II., welcher von Mailand aus einen Urlaub angetreten hatte, ist hierher zurückgekehrt.
— Der Kaiserliche General⸗Konsul Dr. Schumacher zu New⸗York ist auf seinem Posten wieder eingetroffen.
— Der Kaiserliche russische General⸗Lieutenant Tschert⸗ koff, Flügel⸗Adjutant Sr. Majestät des Kaisers von Rußland und der Kaiserlich russische Oberst Korsakoff sind hier ange⸗ kommen. 8
— Der General⸗Major Knappe⸗ von Knappstaedt, Commandeur der 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, ist von seiner Urlaubsreise hierher zurückgekehrt.
— Der General⸗Major von Trotha, früher Commandeur der 9. Kavallerie⸗Brigade, zuletzt von der Armee, welcher kürzlich zur Disposition gestellt worden, ist zur Abstattung persönlicher Meldungen hier eingetroffen.
— Der General⸗Major von Abendroth, bisher Führer der Königlich Sächsischen 1. Infanterie⸗Division Nr. 23, ist aus Anlaß der vor einiger Zeit erfolgten Ernennung zum Comman⸗ deur dieser Division zur Abstattung persönlicher Meldungen von Dresden hier eingetroffen, sowie der General⸗Major von Rex, bisher Führer der Königlich Sächsischen 4. Infanterie⸗Brigade Nr. 48, aus Anlaß der Ernennung zum Commandeur dieser Brigade, von Leipzig.
— S. M. Knbt. „Meteor“ ist am 7. d. Mts. von Galacz nach Konstantinopel in See gegangen.
Danzig, 6. November. Die reparirte und vom Stapel gelassene Korvette „Nymphe“ geht morgen behufs Bekupfe⸗ rung in das Dock.
Kiel, 7. November. (Kieler Ztg.) Das Kanonenboot „Delphin“ ist gestern in den Hafen eingelaufen; dasselbe kehrt von seinen Fahrten an den deutschen Küsten hierher zurück, nachdem die diesjährigen Vermessungsarbeiten beendet sind, und wird nunmehr hierselbst außer Dienst gestellt werden. — Die neue große Matrosenkaserne wird nach den bis⸗
herigen Dispositionen am 1. Februar n. J. in Gebrauch ge⸗
jnommen werden.
/ In der heutigen Sitzung ge⸗ nehmigte der Kommunallandtag den Entwurf einer Ver⸗ waltungsordnung für die Korrektionsanstalt zu Breitenau und ertheilte sodann Decharge über die Landarmenkassenrechnung vom Jahre 1873 und 1874. Auf Antrag des Hauptausschusses er⸗ mächtigte die Versammlung ferner den ständischen Verwaltungs⸗ ausschuß, nach seinem Ermessen mit Anstellung besonderer stän⸗
8 Cassel, 6. November.
dischen Rendanten für die Einnahmen und Ausgaben der stãn⸗ dischen Verwaltung, soweit dieselben heute no durch Staats⸗ beamte besorgt werden, vorzugehen. Nachdem der Legitimations⸗ ausschuß über die Legitimationen der neu eingetretenen Mit⸗ glieder unter Anerkennung derselben berichtet hatte,
Versammlung zur Neuwahl für die aus dem ständis
waltungsausschuß ausscheidenden Mitglieder über. Ge — den die Landtagsmitglieder: Rittmeister a. D. von Hundels⸗
hausen, Graf von Berlepsch. Ober⸗Bürgermeister Rang, Bürger⸗ 1
meister Hellwig, und die Abgeordneten Herrlein und Nöll.
Wiesbaden, 6. November. In der 11. Sitzung de Kommunallandtags wurde zunächst ein Schreiben des stell⸗ vertretenden Landtagskommissars vom 5. November vorgelesen, wodurch die Vorlage, betreffend die Vereinigung des Stadt⸗ kreises Frankfurt mit dem kommunalständischen Verbande des Regierungsbezirks Wiesbaden zurückgezogen wurde, da die in dieser Angelegenheit bisher gepflogenen Verhandlungen und di darin entwickelten Gründe eine gedeihliche Behandlung dieser Sache nicht erwarten ließen. Ein Antrag, betreffend die Abhal⸗ tung von Wintercoursen für junge Landwirthe, ward angenom⸗ men, dagegen die Ueberweisung der landwirthschaftlichen Lehr
zu Hof Geisberg auf kommunalständische Fond und der Staatsbeihülfe abgelehnt. Ein Gesuch der Ge⸗ meinderäthe zu Aumenau und Seelbach um Erbauung
einer Brücke über die Lahn bei Aumenau wurde auf Antrag der Wegebaukommission dem ständischen Ausschusse zur Berücka sichtigung überwiesen. Ebenso ward auf den Bericht der Finanz5a..
kommission die Zahlung der Diäten ꝛc. des bürgerlichen Mit⸗ gliedes der Ober⸗Ersatzkommission aus kommunalständischen Fonds unter Protest bis zum Nachweise der gesetzlichen Ver⸗ pflichtung genehmigt und der ständische Ausschuß ermächtigt, sich mit den Ausschüssen des rheinischen und westfälischen Landtags und des kommunalständischen Ausschusses zu Cassel wegen eines Turnus in der Wahl dieses Mitgliedes in Verbindung zu setzen. Nachdem noch die Wahl der Beiräthe für die Landesbank vor⸗ genommen war, erklärte der Vorsitzende des Landtags, Graf von Matuschka, die Geschäfte des Kommunallandtages für beendet, worauf der stellvertretende Regierungs⸗Kommissar, Regierungs⸗ Präsident von Wurmb, nach einem kurzen Rückblick auf die Thätigkeit des Landtages den Wunsch aussprach, daß die Diffe⸗ renzen zwischen Staatsregierung und dem Landtage, welche ihren Ursprung nicht in einem gegenseitigen Mißtrauen, sondern in der eigenthümlichen Natur einer Vorlage, welche zunächst von dem Landtage allerdings Opfer erheischt habe, gehabt hätten, im näch⸗ sten Landtage nicht wieder vorkommen würden, und sodann den achten Kommunallandtag des Regierungsbezirks Wiesbaden Namens Sr. Majestät des Königs schloß.
Nach einem von dem Vorsitzenden ausgebrachten Hoch auf Se. Majestät den König trennte sich die Versammlung.
Württemberg. Stuttgart, 9. November. ET. B.) Die evangelische Landessynode ist durch Erlaß des Kultus⸗ Ministeriums vertagt worden mit dem Vorbehalte, sie nach Fertigstellung weiterer Vorlagen wieder einzuberufen. Zur Ent⸗ dieser Vorlagen wurde ein Synodalausschuß ge⸗ wählt.
Baden. Karlsruhe, 9. November. (W. T. B.) Heute fand unter allgemeinster Theilnahme der Bevölkerung das Be⸗ gräbniß des Reichstagsabgeordneten Robert von Mohl statt. Der Großherzog, der Erbgroßherzog, Prinz Karl von Baden, die Minister und zahlreiche Abgeordnete wohnten der Feierlichkeit bei.
Hessen. Darmstadt, 6. November. Den Ständen ist vorgestern ein Gesetzentwurf, betreffend die Ausführung des Reichsgesetzes über die Beurkundung des Personen⸗Stan⸗ des und die Eheschließung, vorgelegt worden. Der Ent⸗ wurf hat hauptsächlich die Ordnung des Verfahrens zum Gegen⸗ stande, welches bei Anweisung eines Standesbeamten zur Vor⸗ nahme einer abgelehnten Amtshandlung sowie bei der Berichtigung einer Eintragung in die Standesregister, insbesondere in der Provinz Rheinhessen, einzuhalten ist; ferner verschiedene durch das Reichsgesetz veranlaßte Kosten⸗, Gebühren⸗ und Stempel⸗ fragen. Neben diesem Gesetzentwurf wird die Ausführung des Reichsgesetzes durch eine von dem Großherzog bereits genehmigte Verordnung, sowie durch eine Instruktion des Ministeriums der Justiz geregelt werden, deren Publikationen im Regierungsblatte in aller Kürze stattfinden wird.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 7. November. Der Großherzog traf heute Abend mit Gefolge, über Leipzig aus Schlesien kommend, auf der Thüringer Bahn hier ein.
Anhalt. Dessau, 8. November. Die Gesetz⸗Samm⸗ lung für das Herzogthum Anhalt, enthält die Bekanntmachung des Rezesses zwischen Anhalt und Preußen, betreffend die Regulirung der Grenz⸗ und Hoheitsdifferenzen betreffs der wüsten Marken Olbitz und Püstenitz bei Roßlau, der wüsten Marken Echtershagen und großer Brühl und der sogenannten Mansfelder Lehnsflur, sowie des Dorfes Abberode im Harz.
Bremen, 6. November. (Wes. Ztg.) In einem unterm 1. November der Bürgerschaft mitgetheilten Bericht der Finanz⸗ deputation über das Budget für 1876 wird im Wesentlichen Folgendes gesagt: Der ihr ertheilten Ermächtigung gemäß hat die Finanzdeputation das Budget der ordentlichen Einnahmen und Ausgaben nach einem neuen Schema aufgestellt, welches besser, als das bisherige, die Einnahmen und die Kosten der ein⸗ zelnen Verwaltungszweige erkennen läßt. Abgesehen von einer sachgemäßeren Eintheilung, besteht die wichtigste Abweichung von der früheren Aufstellung darin, daß die sämmtlichen Beamten⸗ gehalte jetzt auf die einzelnen Etats, zu denen sie ge⸗ hören, vertheilt sind. Für das Jahr 1875 konnten die außerordentlichen Einnahmen noch auf 2,410,350 ℳ angeschlagen werden, für 1876 sind sie nur mit 624,700 ℳ anzusetzen. Von dieser Differenz sind jedoch 768,400 ℳ abzusetzen, für welche im Budget 1875 gleiche Beträge in Ausgabe vorkommen (Gasanstalt, Wasserkunst, Seefahrtschule, Kriegerdenkmal, Umbau am Dom). Der wirkliche Ausfall bleibt aber trotzdem noch 1,017,250 ℳ Die Finanzdeputation hat bereits in ihrem Berichte vom 6. November 1874 bemerkt,
daß für 1876 ein Ausfall an außerordentlichen Einnahmen
von mehr als einer Million vorauszusehen sei. Ganz in Weg⸗ fall kommen die Einnahmen von Stückzinsen (472,500), Bau⸗
8 in Bremerhaven (100,000) und Reichspapiergeld (358,162) sowie 75,000 ℳ von den einmaligen Umschreibegebühren für Grabstellen. Die Gesammtsumme der ordentlichen Ein⸗ nahmen ist auf 9,279,700 ℳ angeschlagen gegen 10,768,700 ℳ für das laufende Jahr. Die Minderschätzung für 1876 ist aber zum größten Theil eine nur scheinbare. Um beide Budgets zu vergleichen, muß man die Einnahmen von der Gasanstalt, der
st, der Seeschiffahrtsabgabe, em Lager für Schreibbedarf beiderseits aussondern. Dann stellt sich der Anschlag für 1876 auf 8,908,700 ℳ gegen 7,988,700 ℳ für 1875. Die gesammten ordentlichen Ausgaben für 1876 find auf 10,857,650 ℳ geschätzt. Der Voransch ag für 1875 nach den erfolgten Abstrichen betrug 12,024,781 ℳ 47 ₰. Behufs der Vergleichung müssen aus letzterem die Anschläge für Tonnen und Baken, Leuchtfeuer, Wangerooge, Gasanstalt, Wasserkunst, aus dem Anschlag für 1876 die Ausgaben für Tonnen und Baken und für Leuchtfeuer ausgeschieden werden. Die Ziffern stellen sich dann, wie folgt: 1876 10,798,650 ℳ, 1875 10,089,336 ℳ 47 ₰. Die Voranschläge für 1876 sind mithin um rund 700,000 ℳ höher. Namentlich sind gestiegen Schuldentilgung rund 169 000, Unterricht 80,000, Eisenbahnen etwa 130,000, Reich 250,000, zusammen 629,000 ℳ%ℳ Der Rest vertheilt sich auf verschiedene Positionen. Die Gesammt⸗ summe der für 1876 beantragten außerordentlichen Aus⸗ gaben ist 1,365,250 ℳ gegen für 1875 bewilligte 1,654,260 ℳ, also rund 289,000 ℳ weniger. Demnach betragen die ordentlichen Ausgaben 10,857,650 ℳ, die außerordent⸗ lichen Ausgaben hetragen 1,365,250 ℳ, zusammen 12,222,900 ℳ. Die ordentlichen Einnahmen betragen 9,279,700 ℳ, die außerordentlichen Einnahmen 624,700 ℳ, zusammen 9,904,400 ℳ%ℳ Defizit: 2,318,500 ℳ Das De⸗ fizit für 1875, welches auf rund 500,000 ℳ sich berechnete, konnte noch auf den Reservefond der Ueberschüsse früherer Jahre angewiesen werden. Auf diese Hülfsquelle ist jetzt nicht mehr zurückzugreifen, da dieselbe für 1876 keine Mittel mehr darbietet. Ebensowenig ist auf einen Ueberschuß des Jahres 1875 zu rech⸗ nen. Das nächstjährige Defizit wird daher durch Vermehrung der Staatseinnahmen beseitigt werden müssen. Die Finanz⸗De⸗ putation kann nicht dringend genug empfehlen, die dahin zielenden Beschlüsse thunlichst zu beschleunigen, damit nicht ein Theil des Jahres ohne Deckung des Bedarfs verstreiche und die Staatskasse zu spät in den Genuß der unentbehrlichen Mehr⸗ einnahmen gelange. Sie macht noch darauf aufmerksam, daß es sich nicht um Beseitigung eines blos vorübergehenden Miß⸗ verhältnisses zwischen Einnahmen und Ausgaben, sondern um Herstellung eines Gleichgewichts handelt, welches schon seit einer Reihe von Jahren nur durch außergewöhnliche Mittel (frühere Ueberschüsse, Kriegsentschädigungen, Reichspapiergeld, Zinsen⸗ zahlung mittelst angeliehener Gelder) künstlich aufrecht erhalten wurde, sowie darauf, daß im Jahre 1877 abermals eine erheb⸗ liche außerordentliche Einnahme (360,000 ℳ für Bauzinsen) wegfallen wird. öXX““
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 7. November. Die für die letzten Tage der vorigen Woche in Aussicht genommene An⸗ kunft des Kaisers in Wien ist auf die laufende Woche ver⸗ tagt worden.
— Der Kronprinz Rudolf ist gestern Nachmittags von Gödöllö in München eingetroffen.
— Der Oberst⸗Stallmeister Graf Philipp Grünne ist in den Ruhestand versetzt und an seine Stelle der Feld⸗Marschall⸗ Lieutenant Emerich Prinz von Thurn und Taxis unter gleichzeitiger Verleihung der Würde eines Geheimen Rathes zum Oberst⸗Stallmeister und Kapitän der Leibgarde⸗Reiter⸗Escadron ernannt worden. Das bezügliche Allerhöchste Handschreiben an den Grafen Grünne ist in den ehrendsten Ausdrücken abgefaßt.
— 8. November. (W. T. B.) Zum Nachfolger Raschid Paschas auf dem hiesigen türkischen Botschafterposten ist Aarify Pascha, der vor Raschid Pascha schon diese Stelle bekleidet
8 Pest, 9. November. (W. T. B.) Wie das „Neue Pester Journal“ meldet, sind die Verhandlungen der ungarischen Regierung mit der Gruppe Rothschild über die Uebernahme eines 6öprozentigen Goldrentenanlehens dem Abschlusse nahe. Demselben Blatte zufolge ist der Uebernahmscours für
hat, designirt.
die ersten 25 Millionen auf 85 festgesetzt. Darüber hinaus wird
der Gruppe die Option mit einer halbprozentigen Erhöhung des Mebernahmscourses für jede weiteren 25 Millionen vorbehalten.
Schweiz. Bern, 6. November. Nationalrath Dr. Dubs, welcher, nachdem das Volk das von der Bundesversammlung im Jahre 1874 berathene Gesetz über das Stimmrecht der schweizer Bürger verworfen, von dem eidgenössischen Justiz⸗
und Polizei⸗Departement mit der Ausarbeitung eines neuen
Gesetzentwurfs, betreffend die gleiche Materie, beauftragt worden war, der einer Spezial⸗Kommission zur Berathung vor⸗ gelegt werden wird, hat diese Arbeit soeben beendigt. Der Ent⸗ wurf des Hrn. Dr. Dubs behandelt nicht nur die Art und Weise, nach welcher die in einem anderen als in ihrem Heimathkanton sich aufhaltenden oder niedergelassenen Schweizer ihre politischen Rechte ausüben können, sondern er regelt auch die Ausübung ihrer Civilrechte, und endlich definirt er auch, die bezüglichen Be⸗ stimmungen feststellend, die Begriffe „Niederlassung“ und „Aufent⸗ halt“, was das verworfene Gesetz vernachläfsigt hatte. „Nieder⸗ gelassen“, heißt es in dem Dubsschen Entwurfe, ist der außerhalb seiner Heimathsgemeinde lebende schweizer Bürger, welcher gemäß Art. 45 der Bundesverfassung an seinem Wohnsitzort eine „Niederlassungsbewilligung“ erhalten hat. Im „Aufenthalt“ ist
er außerhalb seiner Heimathsgemeinde lebende schweizer Vürger, welcher an seinem Wohnsitzorte nicht „niedergelassen“ ist und trotzdem nicht in die Kategorie der „durchpafstrenden Reisenden“ gehört. Den Unterschied zwischen den Bürgern im Aufenthalt und den durchpassirenden Reisenden soll nach dem Entwurfe des Hrn. Dr. Dubs die Kantonalgesetzgebung fest⸗ stellen. Die Niederlassungsbewilligung muß verlangt werden von demjenigen, der an seinem Wohnsitzort ein Grundstück an⸗ kauft oder auf seine Rechnung eine Industrie oder ein Hand⸗ werk ausübt; dann von dem verheiratheten oder eigenen Haushalt führenden Bürger, und endlich von allen denen, welche sich an dem gleichen Orte länger als ein Jahr aufhalten und mündig sind. Die kantonalen wie die eidgenössischen Beamten sind von der Niederlassungsbewilligung frei, indem sie kraft ihrer Aemter als da niedergelassen betrachtet werden, wo sie dieselben ausüben. Die Prüfungs⸗Kommission für diesen Entwurf besteht außer Hrn. Dr. Dubs selbst aus Bundesrath Ceresole, den Nationalräthen Berdez (Waadt), Stützbergen (Bern), Haberstich (Aargau), Heer (Glarus), Kaiser (Solothurn), Segesser (Luzern) und Stoffel (Thurgau), aus den Ständeräthen Roth (Appenzell) und Russenberger (Schaffhausen) und aus den Bundesgerichts⸗ Mitgliedern Anderwert (Thurgau) und G. Pictet (Genf). — Der definitive Entscheid des Civilgerichts in Genf in Sachen der dortigen Notre⸗Dame⸗Kirche, in welchem das genannte Gericht vorläufig die Intervention der römisch⸗katholischen Bür⸗ ger, welche Donatoren sind, als zulässig anerkannt hat, ist auf den 6. Dezember nächsthin anberaumt worden. Bis dahin sind die Herren Mermillod und Genossen aufgefordert, nachzuweisen — sei es durch Titel, sei es durch Zeugen —, daß der Bau
dem Wechselstempel und
Der König und die Königin von
jener Kirche und des zu ihr gehörenden Pfarrhattses einzig und allein auf ihre Bestellung und ihre Verantwortlichkeit ausgeführt und die Baukosten mit den von ihnen angeschafften Fonds, mögen dieselben aus von ihnen angestellten Sammlungen oder abgeschlossenen Anleihen herstammen, bestritten wor⸗ en sind.
Großbritannien und Irland. London, 6. November Dänemark verließen gestern in Begleitung der Prinzessin von Wales sowie der Prin⸗ zessin Thyra Marlborough House und traten die Reise nach San⸗ dringham an, wo sie gegen 6 Uhr Abends eintrafen. Am 23. d. Mts. kehrt der König von Dänemark nach Kopenhagen zurück, um am 29. d. Mts. die dänischen Kammern zu eröffnen, während die Königin und die Prinzessin von Wales mit ihren Kindern etwa 14 Tage später in der dänischen Hauptstadt ankommen werden. — Die Genesung der Herzogin von Edin⸗ burgh ist bereits soweit vorgeschritten, daß keine weitere Bulletins über ihr Befinden ausgegeben werden sollen. Die neugeborene Prinzessin befindet sich ebenfalls völlig wohl. — General Schenck, der amerikanische Gesandte am hiesigen Hofe, hat sich nich Paris begeben. — Der Gemeinderath der Eity von London beschloß vor (Ceraumer Zeit, dem Direktor der königlichen Stern⸗ warte in Greenwich, Sir George Bidwell Airy, in Aner⸗ kennung seiner hervorragenden Verdienste um die Förderung der astronomischen Wissenschaft, wodurch er die Sache des Handels und der Zivilisation wesentlich gefördert, das Ehrenbürger⸗ recht der City zu verleihen. In der gestrigen Sitzung des Gemeinderaths wurde dem berühmten Astronomen der Freibrief in einem goldenen Kästchen im Werthe von 100 Guineen überreicht. Der Gemeinderath hat auch beschlossen, den Lordoberrichter von England, Sir Alexan⸗ der Cockburn, in ähnlicher Weise auszuzeichnen. — Zwei große Schiffe sollen in Chatham vor dem Ende des gegenwärtigen Finanzjahres demolirt werden, nämlich die „Octavia“ und die „Severn“, Schraubenfregatten von resp. 3832 und 3485 Tonnen.
Canada. Aus Toronto wird unterm 4. d. Mts. ge⸗ meldet: Die lokale Legislatur von Quebeck trat heute zusammen. Vierzig Mitglieder waren zugegen. Mr. Haspe wurde mit Akklamation zum Sprecher des Unterhauses gewählt.
Frankreich. Paris, 6. November. Der Herzog von Coimbra, Bruder des Königs von Portugal, ist gestern von Paris abgereist. — Dem neu errichteten Oberaufsichtsrath über die Staatsgefängnisse gehören an: der Unterstaats⸗ sekretär im Ministerium des Innern, der Vizepräsicent des Staatsraths, der Chefpräsident des obersten Gerichtshofs, der Generalprokurator beim obersten Gerichtshofe, der Erzbischof von Paris (der sich vertreten lassen kann), der von dem Erz⸗ bischof zu bezeichnende Almosenier eines der Gefängnisse des Seine⸗Departements, der Präsident des reformi⸗ ten Konsistoriums, der Großrabbiner des israelitischen Kon⸗ sistoriums, der Polizeipräfekt, die Direktoren der Gefängnisse der Departementalverwaltung, der Abtheilung für Straf⸗ und Gnadensachen, die Abtheilungs⸗Chefs für Gefängnißwesen im Kriegs⸗ und Marineministerium, der Präsident der General⸗ Inspektoren der Gefängnisse und der Präsident der Akademie der Medizin. Berufen werden ferner in den Obergefängniß⸗ rath die Abgeordneten Amédée Lefévre⸗Pontalis, Lefébure, Salvy, de Peyramont, Börenger, Adnet, de Pressensé, Tailhand, Felix Voisin, Mettetal, Vicomte d'Haussonville, Roux, Lacaze, Savoye und Graf Bois⸗Boissel, endlich noch zwölf Fachmänner, an ihrer Spitze die Herren Faustin Hélie und Bonnier.
— 7. November. Das „Journal officiel“ veröffentlicht in Form eines Dekrets des Präsidenten der Republik, dessen Datum auf den 30. August d. J. hinaufreicht, und eines erläuternden Rundschreibens des Ministers des Innern an die Präfekten einige Reformen beziehungsweise Er⸗ leichterungen der Handhabung der Polizeiaufsicht. Neu ist darin namentlich die Bestimmung, nach welcher die Polizeiaufsicht, wenn die Hälfte der erkannten Frist abgelaufen und gute Zeug⸗ nisse vorliegen, vom Minister des Innern auf Widerruf suspen⸗ diect werden kann. Das amtliche Blatt enthält ferner die Er⸗ nennung des Contre⸗Admirals Néêron zum Chef der See⸗ Division der chinesischen und japanesischen Meere. — Graf de Gontaut, dritter Sohn des französischen Botschafters in Berlin, ist zum Ordonnanz⸗Offizier des Marschalls Mac Mahon ernannt worden. — Der deutsche Botschafter Fürst Hohenlohe ist heute Abend von Berlin auf seinem hiesigen Posten wieder eingetroffen. — Der Maire von Lyon, M. Rabateau, ist in Folge eines Schlaganfalles plötzlich in Paris gestorben. — Heute wurden in allen Kirchen Frankreichs zum ersten Mal die von Artikel 8 der Verfassung vorgeschriebenen Gebete für die Arbeiten der Nationalversammlung mit großer Feierlichkeit abgehalten. Alle Behörden wohnten denselben an, und in den Städten, wo sich Garnisonen befanden, waren die Truppen kommandirt und die Offizier⸗Corps durch Deputationen vertreten. — In der Schloßkapelle von Versailles erschienen der Präsident der Republik, von einer Escorte Kürassiere begleitet, die Minister, der Präsident der Nationalversammlung und viele Abgeordnete; an dem entsprechenden Gottesdienste in der Notre⸗Damekirche zu Paris nahmen der Gouverneur, General Ladmirault mit seinem Stabe, sowie sämmtliche bürgerlichen und militärischen Behörden Theil. Vor der Kirche bildeten die republikanische Garde und Abtheilungen der verschiedenen Truppen der Garnison in Paradeuniform Spalier. — Im Hotel du Louvre fand gestern ein Banket der „fran⸗ zösisch⸗amerikanischen Union“ statt, d. i. eines von den beiderseitigen Gesandten, Washburne in Paris und Bartholdy in Washington, patronirten Comitées, welches zum Andenken an die Mitwirkung französischer Waffen bei dem nordamerikanischen Un⸗ abhängigkeitskriege auf der Insel Bedlow in der nächsten Nähe des Hafens von Newyork ein Monument zu errichten beabsich⸗ tigt. Zu dem Bankett waren die Notabilitäten der Politik,
Wissenschaft und Kunst, die Chefredacteure der Tagesblätter, her⸗ vorragende Financiers u. s. w., im Ganzen an 200 Personen,
geladen, der Präsident der Republik selbst war dabei durch den General d'Abzac und den Grafen d'Harcourt, das Ministerium durch Hrn. Leon Say, die Nationalversammlung durch die Ab⸗ geordneten Pothuan, Fourichon, Cornelis de Witt, Soubeyran, Tocqueville, Choiseul. Jules Simon, Henri Martin u. A. ver⸗ treten. Den Vorsitz führte Hr. Laboulaye. Reden wurden von den Herren Henri Martin, Washburne (in englischer Sprache), Laboulaye und Oberst Forney gehalten. — Wie man aus Aix meldet, haben die Bischöfe der dortigen Gegend eine Zusam⸗ menkunft abgehalten und in derselben beschlossen, vor der Hand
keine eigene katholische Universität zu gründen, sondern sich mit ihren Mitteln bei der katholischen Universität von Lyon
zu betheiligen.
Hoffnung. In der Kapstadt sollte am 19
Versailles, 8. November. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung begann in ihrer herutigen Sitzung die zweite Berathung des Wahlgesetzes. Bei der Generaldebatt: über dassel de sprach der Berichterstatter der Kommission Marcère (Republikaner) zu Gunsten des Listenskrutintinms, der Deputirte Marquis de Franclieu (Legitimist) zu Gunsten der Wieder⸗ herstellung der Monarchie. Hierauf wurde die Generaldebatte geschlossen und die Spezialdebatte über Artikel 1 begonnen. Mehrere zu demselben eingebrachte Amendements wurden zurückgezogen. §. 1, wonach das Wahlrecht denjenigen Wahlberechtigten zusteht, die bereits ein Jahr lang in die Wahllisten eingetragen sind, wurde fast einstimmig angenommen. Bei der Berathung des §. 2, der das Wahlrecht denjenigen Bürgern verleiht, welche bereits 6 Monate in einer Gemeinde domizilirt sind und deren Eintrag in die Wahllisten von Amtswegen zu erfolgen hat, sprach der Justiz⸗Minister die Besorgniß aus, daß diese Bestimmung die Vornahme der allge⸗ meinen Wahlen verzögern könnte. Derselbe wünschte deshalb die Bestimmung, betreffend die Eintragung der Wahlberechtigten in die Wahllisten von Amtswegen, beseitigt zu sehen. §. 2 wurde hierauf an die Kommission zurückgewiesen und die Sitzung auf morgen vertagt.
Italien. Rom, 6. November. Der König wird am 12. d. M. hier zurückerwartet. — Ein Dekret des Ministers für Ackerbau und Handel vom 24. v. M. beruft den vier⸗ ten Kongreß der Handelskammern nach Rom, wo der⸗ selbe vom 8. bis zum 14. d. M. tagen wird. Für die Sitzun⸗ gen des Kongresses ste-lte die Stadt den Saal des Konserva⸗ torenpalastes zur Verfügung; am 11. soll zu Ehren der Han⸗ delsabgeordneten das Kolosseum und das römische Forum mit bengalischem Licht erleuchtet werden, und für den letzten Kon⸗ greßtag wird eine Galavorstellung im Theater Apollo vorbereitet. Das neue, für die Aufstellung der bei den Erdarbeiten in den neuen Stadttheilen aufgefundenen Alterthümer bestimmte Museum im Palast der Konservatoren kann nicht, wie beabsichtigt wurde, beim Zusammentritt des Kongresses eingeweiht werden, weil die Arbeiten für die Einrichtung desselben noch nicht beendet sind. — Die mit der Untersuchung der sizilianischen Zu⸗ stände betraute Kommission hat sich am 3. Abends in Neapel eingeschifft, um zunächst Palermo zu besuchen. Nach einem Aufenthalte von 8 bis 10 Tagen wird sie darauf die an⸗ deren Provinzen der Insel besuchen und zuletzt nach Palermo zurückkehren. Die Kommission gedenkt ungefähr zwei Monate auf der Insel Sicilien zuzubringen.
Nußlaud und Polen. St. Petersburg, 8. November. Ueber die Expedition unter Sosnowskinach China meldet die „St. Pet. Ztg.“: „Nach den letzten hier eingegangenen Nachrichten ist es Herrn Sosnowski gelungen, zu dem Statt⸗ halter im westlichen China in die allerfreundlichten Beziehungen zu treten, so daß es als ziemlich gewiß gilt, daß unsere Handels⸗ beziehungen sich auch mit jenen Gegenden des himmlischen Reiches immer enger gestalten werden, und daß es namentlich möglich sein wird, einen Haupthandelsweg durch die westlichen Gebiete Chinas herzustellen. Dank der Mitwirkung des Herrn Sosnbwski hat sich der chinesische Statthalter dazu verstanden, eine Karawane mit Mehl nach Gutschan abzufertigen zur Verpflegung der dort Mangel leidenden russischen Truppen. Welcher Art die Zu⸗ stände dort sind, läßt sich aus den Preisen der nothwendigsten Lebensbedürfnisse am besten beurtheilen. In der Umgegend von Landshou kostet der Sack Mehl 100 R. und ein Pfund Fleisch 3 R. Die Absendung der Karawane wird ohne Zweifel günstig auf den dortigen Markt einwirken. Wie verlautet, hat auch das Finanz⸗Ministerium eine gewisse Summe angewiesen, um den Erfolg der beabsichtigten Kommandirung nach Möglichkeit sicher zu stellen. Nach allem steht zu hoffen, daß unsere vor 11 Jah⸗ ren in jenen Gegenden unterbrochenen Handelsbeziehungen nun⸗ mehr einen neuen Aufschwung nehmen und wohl auch von Dauer sein werden.“ — Ueber die fortdauernde Auswan⸗ derung der Krimschen Tataren, um der Ableistung der allgemeinen Wehrpflicht zu entgehen, hat der Direktor des Depar⸗ tements der Exekutiv⸗Polizei ein Memorial verfaßt, welches im Ministerium des Innern berathen worden ist. Da aber die Durch⸗ führung der im Memorial vorgeschlagenen Hülfsmittel gegen den Uebelstand auch das Kriegs⸗, Domänen⸗ und Finanz⸗Mi⸗ nisterium in Mittheilnahme ziehen würde, hat das Ministerium des Innern nach der „M. Z“ das Memorial den bezeichneten Minißerien zur Beschlußfassung zugesandt. Die Gutachten aller mitinteressirten Ministerien sollen dann dem Minister⸗Comité vorgelegt werden.
Asien. Bombay 8. November. (W. T. B.) Der Prinz von Wales ist heute Nachmittag 4 Uhr gelandet. Derselbe wurde von den Spitzen der Behörden und gegen 70 indischen Fürsten und Häuptern indischer Stämme empfangen und unter freudigen Kundgebungen der Kopf an Kopf gedräng⸗ ten Volksmenge nach der Residenz des Gouverneurs geleitet.
— (W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Penang vom 6. November gemeldet: Nach Berichten aus Perak belagern die Malayen das Gebäude der englischen Ge⸗ sandtschaft. Der Leichnam des von den Eingeborenen ermor⸗ deteen Birch ist noch nicht aufgefunden. Die von Penang nach Perak gesandten englischen Hülfstruppen sind mit dem Gouver⸗ neur dort eingetroffen. Die Malayen machen große Vorberei⸗ tungen zum Widerstande. Der Sultan Ismail sammelt be⸗ trächtliche Truppenmassen, um die Engländer aus Malacca zu vertreiben.
Afrika. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ meldet aus Kairo, die über eine angebliche Nichteinlösung der Bons der Daira (Schuld der Domänenverwaltung des Vizekönigs) ver⸗ breiteten Nachrichten seien durchaus unbegründet, alle fälligen Beträge der Dalraschuld würden prompt eingelöst werden.
— Den „Daily News“ wird über Alexandrien fol⸗ gende Depesche aus Khartum, vom 22., übermittelt: „Am 11. Ramadan (9. Oktober) ging ein neuer Dampfer, der „Is⸗ mailia“, nach dem weißen Nil ab und nahm bei seiner An⸗ kunft in Fashode, Jussuf Bey, den Gouverneur und 50 Sol⸗ daten an Bord, die sich nach Kaka begaben, wo die Schwar⸗ zen sich empört hatten. Bei der Ankunft dasahbst rückte Jussuf Bey mit Extra⸗Truppen vor, als die Schwarzer. aus den Wäl⸗ dern hervorstürzten und die Truppen überfielen. In dem Gefecht wurden der Gouverneur, zwei Ofsiziere und 90 Soldaten ge⸗ tödtet. Die Soldaten tödteten einige Schwarze, mußten aber der Uebermacht weichen und kehrten auf dem Dampfer nach Fashode zurück, von wo sie nach Kharvem weiter marschirten, um sich den Beistand der Regierung zu erbitten. Am 23. kehren sie nach dem weißen Nil zurück.“
— Der Dampfer „Angliau’, bringt bis zum 15. v. M. reichende Nachrichten vom Kap der guten
d. M. ein öffent⸗