1875 / 264 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 10 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

1.“ 8* 1.“

Kunstindustrie und gegen die zur Ueberproduktion führende Massenproduktion. Zügleich schütze man mit dem Gesetze die unter dem Musterschutz entstandene elsaß⸗lothringische Industrie. Der Abg. Ackermann befürchtete von dem Gesetze in seiner ge⸗ genwärtigen Fassung eine zu große Bevorzugung des Auslandes durch den Schutz seiner Muster und eine Schädigung des Klein⸗ gewerbes in seiner Konkurrenz mit der Großindustrie. Er empfahl als Gegenmittel Hebung der Ausbildung der Gewerbe in künstlerischer Hinsicht und Schutz gegen den Vertrauensbruch der Arbeiter. Die Diskussion wurde hierauf geschlossen, und wurden die drei Gesetzentwürfe an eine Kommission von 14 Mit⸗ gliedern zur Vorberathung überwiesen.

Bei der darauf folgenden ersten Berathung des Gesetz⸗ entwurfes wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Gründung und Ver⸗ waltung des Reichs⸗Invalidenfonds, wünschte der Abg. Windthorst die Institution des Invalidenfonds, welche er schon früher für verfehlt gehalten habe, aufgelöst zu sehen und empfahl die Auslieferung der entsprechenden Theile dieses Fonds an die einzelnen Bundesstaaten, wenn genügende Sicherheit für die Interessen der Invaliden gegeben wäre. Der Redner erklärte sodann, daß er eine Anlage in ausländischen Pa⸗ pieren, nach §. 1, bei der bureaukratischen Verwaltung des Fonds nicht für heilsam erachte und verlangte dann nähere Erklärungen über die Erwerbung der ungaran⸗ tirten Prioritäten, die er gern zum heutigen Börsencourse ver⸗ kaufen würde. Da dies nicht möglich sei, so wollte er eine Pro⸗ longation des Verkaufstermins nur von Jahr zu Jahr. Der Abg. Dr. Bamberger behauptete den Vorwürfen des Abg. Windt⸗

horst gegenüber, daß der jetzt vorhandene Umschwung der Ver⸗ hältnisse keine Berechtigung zu Angriffen gegen die Prinzipien des Gesetzes gebe. Die Veräußerung der angekauften Prioritäten sei zwar augenblicklich aus verschiedenen Rücksichten unthunlich, dieselbe könne aber auch ohne jeglichen Schaden verschoben werden. Der Redner tadelte sodann, daß zu wenig Geld in frem⸗ den Papieren und namentlich in Wechseln angelegt sei. Von Seiten des Bundesraths erwiderten auf die Angriffe der vorigen Redner der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Michaelis und der Königlich sächsische Bevollmächtigte zum Bundesrathe v. Nostiz⸗ Wallwitz. (S. unter Reichstagsangelegenheiten.) Darauf wurde die Debatte gegen 4 Uhr vertagt.

In der heutigen (8.) Sitzung des Deutschen Reichs⸗ tages, welcher am Tische des Bundesraths der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Dr. Delbrück sowie der Ge⸗ heime Ober⸗Regierungs⸗Raͤth Dr. Michaelis und mehrere andere Kommissarien beiwohnten, wurde die Debatte über den Gesetzentwurf wegen Abänderung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Gründung und Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds fortgesetzt. Der Abg. Richter (Hagen) bedauerte, daß das Reich nicht verantwortliche Reichs⸗Minister habe, sondern daß die gesammte Verantwort⸗ lichkeit auch für den Invalidenfonds der Reichskanzler trage, der die Geschäftslast nicht allein zu tragen vermöchte. Der In⸗ validenfonds könne zwar jetzt nicht mehr aufgelöst werden, er sei jedoch für die Invaliden von 1870 zu hoch bemessen, und wollte Redner denselben auf Invaliden von 1863 und 1866 ausgedehnt wissen. Der Redner rügte, daß die Vorlage an das Haus ge⸗ langt sei, bevor der thatsächliche Bestand durch Bericht klar ge⸗ stellt sei. Er sei zwar von der Integrität der Regierung den Interessentenkreisen gegenüber bei dem Ankauf von Prioritäten überzeugt, doch glaube er, die Regierung sei nicht den vom Reichs⸗ tage aufgestellten Grundsätzen gefolgt. Er suchte sodann nach⸗ zuweisen, daß der Ankauf von ausländischen Papieren für den Invalidenfonds im Frieden unnütz, im Kriege schädlich

ei. Außerdem würde die Veräußerung der Prioritäten für den Ankauf von ausländischen Papieren, verbunden mit den dem⸗ nächstigen großen Eisenbahnanleihen, einen Kapitalmangel herbei⸗ führen. Der Redner befürwortete schließlich, die Prioritäten über⸗ haupt zu behalten und den §. 1 zu streichen, und wollte die Vor⸗ lage der Budgetkommission zur Vorberathung überweisen. Der Abg. v. Benda wies die gestrigen Angriffe des Abg. Windt⸗ horst gegen die Verwaltung des Invalidenfonds energisch zurück. Alle Effekten, welche im Besitze des Invalidenfonds seien, garantir⸗ ten nach menschlichem Ermessen einen stetigen Zinsfuß von 4 ½ Pro⸗ zent; ein Nothstand sei nicht vorhanden, sondern die Vorlage habe nur eine formale Bedeutung. Der Redner schloß sich dem Antrage des Abg. Richter um Aufnahme der Prioritäten in das Definitivum an, event. bat er um Annahme der Vorlage, jedoch hielt er die Verweisung derselben an eine Kommission nicht für nothwendig, jedenfalls wolle er keine Untersuchungskommission. Bei Schluß des Blattes hatte der Bundeskommissar, Geheimer Ober⸗Regie⸗ rungs⸗Rath Dr. Michaelis, das Wort. Derselbe legte in sehr eingehendem Vortrage die ve. umen korrekte Verwaltung und befriedigende Lage des Reichs⸗Invalidenfonds dar.

Die Reichstags⸗Kommission zur Vorberathung der Entwürfe eines Gerichtsverfassungs⸗Gesetzes, einer Strafprozeß⸗Ordnung und einer Civilprozeß⸗ Ordnung nebst Einführungsgesetzen setzte in ihrer Sitzung vom 6. d. M. die erste Lesung des Gerichtsverfassungs⸗ gesetzes fort. Unter einstweiliger Aussetzung des §. 2 gelangte zunächst §. 3 zur Berathung. Derselbe enthält eine Aufzählung derjenigen „besonderen Gerichte“, bei welchen die Reichsgesetz⸗ gebung gestatten will, daß durch die Einzelstaaten Gerichte in einer von den Vorschriften des Reichsgesetzes abweichenden Weise eingerichtet und eine von den Reichs⸗Prozeßordnungen verschiedene Prozedurform eingeführt resp. beibehalten werde.

Absatz 1, welcher die auf Staatsverträgen beruhenden Rhein⸗ schiffahrtsgerichte und Elbzollgerichte aufrecht erhält, und Absatz 2, welcher von den sogenannten Agrargerichten (Ablösung von Reallasten, Separationen, Konsolidationen, gutsherrlich⸗bäuer⸗ lichen Auseinandersetzungen u. s. w.) handelt, blieben unbean⸗ standet. Dagegen wurde Absatz 3, welcher vorschreibt, daß Pürgerliche Rechtsstreitigkeiten bis zu 60 durch die Landes⸗ gesetzgebungen an Gemeindedrgane verwiesen werden können, ge⸗ strichen. Beibehalten wurde Absatz 4, welcher die „Gewerbe⸗ gerichte“ nach Lage der Landesgesetzgebungen zur Zeit aufrecht erhält. Absatz 5 des Entwurfs, welcher die Einrichtung und das

Verfahren der „Forst⸗ und Feldrügegerichte“ den Landesgesetz⸗ gebungen ganz allgemein vorbehält, wurde dahin näher präzisirt,

daß die Landesgesetze anordnen können, daß diese Sachen ohne Zuziehung von Schöffen durch die Amtsgerschte in einem beson⸗ dern, mehr beschleunigten Verfahren mhieeehess werden können. Absatz 6 endlich, welcher landesgesetzlich organisirte „Polizei⸗ rügegericht“ für Uebertretungen, welche nur mit Geldstrafe von

höchstens 60 oder Haft von höchstens 14 Tagen bedroht sind, zulassen wollte, wurde gestrichen. Man verließ damit den

Standpunkt des §. 64 der preußischen Kreisordnung vom 13.

Dezember 1872, welcher eine polizeiri

tsvorstehers in Aussicht

auch für die geringfügigsten Straffälle sbei den Vorschriften des Rechts. .” §. 4 Abschn. 1 und 2 des Entwurfs, welcher besagt: „Die Gerichte sind Staatsgerichte. Die Privat⸗ erichtsbarkeit ist aufgehoben; an ihre Stelle tritt die Gerichts⸗ barkett desjenigen Bundesstaates, in welchem sie ausgeübt wurde. Präsentationen für Anstellungen bei den Gerichten finden nicht statt,“ lagen Petitionen der deutschen Standes⸗ herren vor, welche auf Grund des Art. 14 der Bundes⸗ akte den eximirten Gerichtsstand, sowie die Gerichtsbarkeits⸗ befugnisse der deutschen Standesherren zur reichsgesetzlichen An⸗ erkennung zu bringen sich bestrebten. Man nahm jedoch die Bestimmungen des Entwurfes, welche die standesherrliche Privat⸗ gerichtsbarkeit beseitigen, an. Auch dem weiter gestellten Ver⸗ langen der Standesherren, wonach denselben die Ableistung von Parteieiden durch ihre Beamte und Behörden gestattet werden sollte, wurde nicht beigepflichtet. Schließlich befaßte sich die Kommission mit den Ansprüchen des Hauses Schönburg in Sachsen, welches in einer Reihe von Denkschriften den Nach⸗ weis zu erbringen suchte, daß die von ihm in fünf sogenannten Rezeßherrschaften ausgeübte Gerichtsbarkeit auf Grund eines Rezesses vom 4. Mai 1740, durch welchen dieses unter die Oberbotsmäßigkeit von Sachsen gelangte, als eine Staats⸗ gerichtsbarkeit anzusehen sei und demzufolge reichsgesetzlich auf⸗ recht zu erhalten sei. Man konnte diesem Verlangen schon aus dem Grunde nicht beipflichten, weil die Staaten, aus welchen das Deutsche Reich gebildet ist, durch die Reichsverfassung be⸗ zeichnet werden, das Reich aber darnach nur das Königreich Sachsen als Staat anzuerkennen vermag.

Nach der vom Reichseisenbahn⸗Amt in der heutigen Nummer dieses Blattes veröffentlichten Nachweisung wurden im Monat September d. Is. auf den unter 58 verschiedenen Ver⸗ waltungen stehenden Eisenbahnen Deutschlands, exkl. Bayerns, mit einer Gesammtlänge von 23,196,1 Kilometern be⸗ fördert: an fahrplanmäßigen Zügen: 12,219 Expreß⸗, Courier⸗ und Schnell⸗, 75,319 Personen⸗, 28,829 gemischte, und 67,583 Güterzüge; an außerfahrplanmäßigen Zügen: 2740 Personen⸗ und gemischte und 33,678 Güterzüge.

Im Ganzen wurden 616,738,622 Achskilometer bewegt, von welchen 174,032,989 Achskilometer auf die fahrplanmäßigen Züge mit Personenbeförderung entfallen. 8

Es verspäteten von den 116,367 fahrplanmäßigen Expreß⸗, Courier⸗, Schnell⸗, Personen⸗ und gemischten Zügen im Ganzen 2092 Züge oder 1,89 Prozent. Von diesen Verspätungen wur⸗ den jedoch 957 durch Abwarten verspäteter Anschlußzüge hervor⸗ gerufen, so daß durch im eigenen Betriebe der Bahnen liegende Ursachen 1135 Verspätungen bei 0,98. Prozent der beförderten Züge entstanden.

In Folge dieser Verspätungen wurden 261 Anschlüsse versäumt.

In demselben Monat des Vorjahrs verspäteten auf 51 Eisen⸗ bahnen 949 Züge gleich 0,3, Prozent der beförderten Züge.

Mit der am 1. Januar 1876 in Kraft tretenden Vor⸗ mundschaftsordnung vom 5. Juli d. J. hat auch das nach §. 52 derselben zu errichtende Amt der Waisenräthe als ein unentgeltliches Gemeindegamt seine Wirksamkeit zu beginnen. Damit in der Handhabung der Vormundschaften nicht Verzöge⸗ rungen und Störungen eintreten, hat der Minister des Innern die Bezirksregierungen ꝛc. durch einen Cirkularerlaß vom 8. d. M. darauf aufmerksam gemacht, daß die Ernennung der Waisen⸗ räthe bereits vor diesem Zeitpunkte wird ausgeführt werden müssen. Es erscheine daher rathsam, die Ausführung dieser Maß⸗ regel zeitig in Angriff zu nehmen, da mit derselben bei größeren Gemeinden auch die Abgrenzung der Bezirke mehrerer Waisen⸗ räthe und unter Umständen eine anderweite z. B. kollegialische Organisation des Waisenrathsamtes verbunden sei. Bei Erlaß der Vormundschaftsordnung sei es im Hinblick auf das hervorragende Interesse, welches jede Gemeinde an der Erziehung und an der körperlichen, sowie an der sittlichen und intellektuellen Ausbildung ihrer künftigen Mitglieder hat, als selbstverständlich angesehen werden, daß die Vormundschaftsgerichte, welche mit den Waisenräthen in fortdauerndem Verkehr stehen sollen, sowohl von den in dieser Beziehung zuerst hergestellten Einrichtungen und der Ernennung der Waisenräthe, als auch von allen späteren hierin eintretenden Veränderungen sofort in Kenntniß gesetzt werden.

Die Bezirksregierungen ꝛc. sind angewiesen worden, das Nöthige alsbald zu verfügen, damit die Gemeindebehörden resp. die Gutsvorsteher mit entsprechender Anweisung versehen werden.

Die Einberufung der neuen Provinzialland⸗ tage der Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien und Sachsen ist für die ersten Tage des Januar k. J. in Aussicht genommen.

Die Wahlen zu den neuen Provinziallandtagen sind fast durchweg vollzogen; aus den Provinzen Pommern und Sachsen liegen die Ergebnisse vollständig vor, aus Preußen fehlen die Nachrichten nur noch von einem Kreise, aus Schlesien von zwei, aus Brandenburg von fünf Kreisen. Schon jetzt ist, wie die „Prov. Corr.“ bemerkt, zu erkennen, daß die mehrfach

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Aus Bogota, Septemher d. J., wird mitgetheilt, daß am 12. August d. J. zu Ocaüsta im Staate Santander ein deutscher Botaniker, Namens Bruchmüller, angeblich aus Magdeburg gebürtig, ermordet ist. Verdächtig des Verbrechens, und zwar des Raubmordes, ist ein Franzose, Namens Henri Bertrand. Der Richter in Ocana ist in Verfolgung des Ver⸗ brechens mit Nachdruck vorgegangen, und haben sich dieserhalb mit den lokalen Autoritäten die Kaiserlichen Konsuln in Bucara⸗ manga und Bogotaà in Verbindung gesetzt. Auch sind von Sei⸗ ten der Letzteren die nöthigen Schritte gethan, um die Ange⸗ hörigen des ermordeten Landsmannes zu ermitteln.

Breslau, 9. November. (W. T. B.) Nachdem am 5. d. M. dem Fürstbischof Förster das Erkenntniß des kirchlichen Gerichtshofes, durch welches seine Absetzung ausgesprochen wird, behändigt worden, ist heute von dem Ober⸗Präsidenten an das Domkapitel die Aufforderung zur Wahl eines Bis⸗ thumsverwesers ergangen.

Stralsund, 8. November. Der diesjährige ordent⸗ liche Neuvorpommersche Kommunallandtag ist im Landständischen Hause hierselbst heute Vormittag um 10 Uhr durch den Vorsitzenden, den Fürsten und Herrn zu Putbus eröffnet worden. Zunächst theilte der Vorsitzende mit, daß die Neuwahl von 6 Abgeordneten und deren Stellvertretern für die Wahlperiode pro 1. Oktober 1875 bis dahin 1881 im gegen⸗ wärtigen Jahre stattgehabt habe, daß in 5 Fällen eine Wieder⸗ wahl der bisherigen Abgeordneten erfolgt und nur der Kammer⸗ herr von Buggenhagen auf Dambeck für den Stand der Ritter⸗ schaft des Greifswalder Kreises neu gewählt sei, den er als neues Mitglied der Versammlung vorstellte und begrüßte. Hierauf wurde der Jahresbericht der Landkastens⸗Bevoll⸗ mächtigten durch den stellvertretenden Landessyndikus vorgetragen ud sodann zur Neuwahl der 4 Landkastens⸗Bevollmächtigten und deren Stellvertreter geschritten. Nachdem hiernächst die in einzelnen zur Berathung stehenden Verwaltungssachen für zweckmäßig erachteten Referate von dem Vorsitzenden unter die Abgeordneten vertheilt und die Versammlung die Mitglieder der Kommissionen zur örtlichen Inspizirung der hiesigen ständischen Irren⸗ und Siechenbewahranstalt, sowie der Taubstummenanstalt ernannt hatte, wurde über die Revision der Landkastens⸗ rechnungen pro 1874 berichtet und auf den Antrag der Revisionskommission die Decharge ertheilt. Darauf wurde der Cirkular⸗Erlaß des Königlichen Landtags⸗Kommissa⸗ rius, den bisherigen Erfolg der Beschlüsse des vorjährigen Neu⸗ Vorpommerschen Kommunallandtages betreffend, mitgetheilt und endlich die Vorlage der Abschlüsse sämmtlicher Landeskassen pro 1875 und der Etats pro 1876 entgegen genommen. Von den Etats pro 1876 wurde der die Chaussee⸗Unterhaltungs⸗ kasse betreffende einer besonderen Kommission zur Vorprüfung übergeben, alle übrigen dagegen nicht beanstandet.

Hiermit war die heutige Tagesordnung erledigt, und wurde die Sitzung geschlossen.

Bayern. München, 7. November. Der König hat gestern Abends nach 6 Uhr dem aus Wien zu einem mehr⸗ tägigen Besuche hier eingetroffenen Kronprinzen Rudolf von Oesterreich im Palais Leopold einen längeren Besuch abgestattet. Zu Ehren der Anwesenheit des Kronprinzen Ru⸗ dolf fand heute Nachmittags 4 ½ Uhr im Saale des alten Hof⸗ gartenbaues auf Befehl Sr. Mafestät Familientafel statt. Zur Rechten des Königs saß Prinzessin Gisela, zur Linken Kron⸗ prinz Rudolf. Außerdem waren anwesend: die Prinzen Luit⸗ pold, Ludwig, Leopold, Arnulf und Prinzessin Therese. Die Kapelle des 2. Infanterie⸗Regiments „Kronprinz“ war zur Tafelmusik befohlen. Abends wohnte der König mit dem Kron⸗ prinzen Rudolf der Vorstellung des „Tannhäuser“ im König⸗ lichen Hoftheatar bei. Vom Kriegs⸗ Ministerium wird dem⸗ nächst eine von Sr. Majestät dem König bereits genehmigte Verordnung behufs Vereinfachung des dienstlich⸗ schriftlichen Verkehrs ergehen, ähnlich wie solche im Ressort der Civil⸗Ministerien schon im April v. J. stattgefunden hat, jedoch mit Berücksichtigung der bezüglichen Gebräuche bei den übrigen deutschen Truppen. Es wird aber an das Kriegs⸗Ministerium nicht mehr in der Form berichtet werden, wie diese für unmittel⸗ bare Vorstellungen an Se. Majestät den König vorgeschrieben ist, sondern in der gewöhnlichen Berichtform aller Militär⸗ Dienstesbehörden an ihre vorgesetzten Stellen; das hierfür gel⸗ tende Formular wird das gleiche sein, wie für Korrespondenzen mit koordinirten oder untergeordneten Behörden, und der Bericht⸗ vortrag in der ersten, anstatt wie bisher in der dritten Person abzufassen sein.

8. November. Der Königliche Staats⸗Minister der Justiz, Dr. v. Fäustle, wird sich in einigen Tagen zur Theilnahme an den Verhandlungen des Bundesraths und des Reichstages nach Berlin begeben. Gestern präsidirte der Justiz⸗Minister einer aus Staatsbeamten und sechs hierzu be⸗ rufenen Königlichen Anwälten den Herren Dr. Henle, Hagen und v. Auer von hier, Dr. v. Gutermann aus Augsburg, Dr. Niedermayer aus Nürnberg und Lenk aus Würzburg be⸗

gehegte Besorgniß wegen einer zu geringen Berücksichtigung der Stadte sich nirgends bestätigt hat. In allen Provinzen ist der sich nach der Bevölkerung ergebende Prozentsatz für die Städte nicht nur erreicht, sondern mehr oder weniger überstiegen. Gerade in der Provinz Schlesien, aus welcher jene Besorgniß besonders lebhaft kundgegeben war, hat das städtische Element bei den Wahlen die größte Berücksichtigung gefunden.

Der Kaiserliche Botschafter Fürst Hohenlohe ist von dem ihm bewilligt gewesenen Urlaube nach Paris zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Kaiserlichen Botschaft wieder über⸗ nommen.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrathe, Wirklicher Ge⸗ heimer Rath und Kaiserlicher Oberpräsident von Möller und Großherzoglich hessischer Ministerial⸗Rath Göring, sind nach Straßburg beziehungsweise Darmstadt abgereist.

Der General⸗Lieutenant Freiherr von Barnekow, Kommandant von Danzig und der General⸗Lieutenant von Werder, General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Militär⸗Bevollmächtigter in St. Petersburg sind aus Anlaß ihrer kürzlich erfolgten Beförderung zu General⸗ Lieutenants, hier ein etroffen.

Der General⸗Major von Abendroth, Commandeur der Königlich sächsischen 1. Infanterie⸗Division und der General⸗ Major von Rex, Commandeur der Königlich sächsischen 4. In⸗ fanterie⸗Brigade Nr. 48, welche zur Abstattung persönlicher Meldungen von Dresden resp. Leipzig hier eingetroffen waren, haben sich dorthin zurückbegeben.

S. M. S. „Ariadne“, welches am 16. August cr. den Hafen von Nagasaki verließ, ist am 20. dess. Mts. wieder

stehenden Kommission, welche überdie Grundsätze zu berathen hatte, nach welchen die Anwaltsgebühren⸗Ordnung vom 22. August 1873 der neuen Reichswährung angepaßt wer⸗

ordnung soll noch vor der Abreise des Staats⸗Ministers nach Berlin definitiv festgestellt werden. Der General⸗Major Aug. Frhr. v. Leonrod begiebt sich heute Abend nach Augsburg, um sofort das ihm übertragene Kommando der zweiten Division zu übernehmen. Das heute erschienene Gesetz⸗und Verordnungs⸗ blatt publizirt die neue Allerhöchste Verordnung bezüglich der Verwaltung und den Betrieb der Königlichen Verkehrs⸗ anstalten. Dieselbe hat mit dem 1. Januar 1876 in Wirk⸗ samkeit zu treten. Der Bischof v. Haneberg wird zu der Feier des 25jährigen Jubiläums des hiesigen Benedictiner⸗ stifts, dessen Abt er 17 Jahre lang und bis zu seiner Bischofs⸗ ernennung war, hierher kommen und am Sonntag, den 21. d. M., in der Basilika die Festpredigt halten. In Folge stürmischer Witterung ist heute Abend der Telegraphendienst auf meh⸗ reren Linien unterbrochen, da zahlreiche Telegraphenstangen umstürzten.

10. November. (W. T. B.) Die von den baye⸗ rischen Bischöfen an den König gerichtete Vor⸗ stellung, betreffend die Altkatholiken, das Schulwesen und die Erhaltung der Kloͤster, ist ohne eine Verfügung an das Kultus⸗ Ministerium gelangt.

Sachsen. Dresden, 7. November. Angesichts des mit dem 1. Januar 1876 in Kraft tretenden Eivilstandsgesetzes hat das evangelische Landeskonsistorium mit Rücksicht auf diejenigen Brautpaare, welche sich noch vor Jahresschluß nur

auf der Rhede von Chefoo eingetroffen. An Bord Alles wohl.

kirchlich trauen lassen wollen, den Superintendenten die Ermäch⸗

gen in der geschlossenen Advents⸗ heilen oder auf Wunsch der gung des dreimaligen Aufgebots i Gebühren, welche in besonderen Vom nächsten Jahre Zeiten auf Charfreitag, Bußtage

tigung ertheilt, die für Trauun zeit nöthige Dispensation Brautpaare die Zusammenle gegen Erlegung der gesetzliche Fällen ganz erlassen werden, an werden die geschlossenen und Todtenfest beschränkt.

Darmstadt, 7. November. ein Gesetzentwurf zu sterium darüber zu be ab das auf Grund d gebene und durch das Reichsgesetz vom lösung eingerufene Staatspapierge seinen Werth verliert und an den Staat gütung nicht mehr erhoben werden

zu gestatten.

Den Ständen ist gegangen, nach welchem das Finanz⸗Mini⸗ finden haben soll, von welchem es Gesetzes vom 26. April 1864 ausge⸗ 30. April 1874 zur Ein⸗ Id d. d. 1. Juli 1865, ein Anspruch auf Ver⸗ Die „Darmst. ausführliche Auslassung herzoglichen Regierung zur tze getroffen worden sind. zu Zwangs⸗ oder Straf⸗ es haben sich überhaupt in Castell Schwierigkeiten älle werde aber die Regierung dem ung zu verschaffen wissen.

Schwerin, 9. November. Am 1. d. M. putatischen Verhandlungen tolgebühren, an welchen als Graf von

die Maßregeln, welche v Ausführung der Demnach hat sich maßregeln hierbei bis auf einen unbedeutenden Fall nicht ergeben. Gesetze die gebührende Acht

Mecklenburg. sind die kom missari wegen Ablösung der S strelitzsche Kommi Bernstorff und geschlossen worden. Ablösung der Gebühr schränkt, so haben, dem Resultat geführ auch eine Abminderun Allerdings darf man nennen; definitiv kann stätigung einerseits der 8 Da nun de

die Einführung des Reichsge nenstandes aber s ie Stände zu eine durch den En nate geschieht.

Sachsen⸗Weima

on der Groß sog. Kirchengese bis jetzt ein Anl⸗ nicht geboten,

Auf alle F

ssarien der Regierungs⸗Rath Dr. storial⸗Rath Dr. Ohl Theil nahmen, Hatte der Regierungsantrag sich auf die en für Proklamation und Kopulation be⸗ die Verhandlungen zu ösung dieser Gebühren g der Beerdigungsgebühren eintreten soll. dies Resultat noch nicht ein definitives es erst durch die Genehmigung und Be⸗ Regierungen, andererseits der Stände g erst im Februar eröffnet wird, setzes wegen Beurkundung des Per⸗ chon zum 1. Januar bevorsteht, so werden m Konvent einberufen werden gern Ausschuß wahrscheinlich noch in d

der Konsi

wie man vernimmt, t, daß außer der Abl⸗

ssen, was iesem Mo⸗

r⸗Eisenach. Weimar, 9. November. vorgestern

stimmungen hinsichtlich der Aufsicht über die Schulen auch in Tirol vollkommen ausgeführt worden seien.

Prag, 9. November. Die Militärabtheilung, welche aus Anlaß der Konkurseröffnung über das Vermögen des Dr. Strousberg nach Zbirow und Umgebung verlegt werden mußte, ist gestern bis auf eine Compagnie nach Pilsen wieder abgerückt.

Pest, 8. November. In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses wurde der Einundzwanziger⸗Verwaltungs⸗ Ausschuß gewählt. .

In der Sitzung des Oberhauses stellte der Minister⸗ präsident Tisza das neue Kabinet vor und skizzirte in kurzer Rede in derselben Weise, wie er dies schon im Abgeordneten⸗ hause gethan, den Standpunkt der Regierung. Derselbe berührte namentlich die Zollverhandlung und die Bankfrage und empfahl die Regierung der unparteiischen Unterstützung des Hauses. Hierauf erwiderte der Präsident: „Indem ich das Ministerium Namens des Hauses achtungsvoll begrüße, verspreche ich der Regierung, daß das Oberhaus dieselbe in ihren patriotischen Be⸗ strebungen immer unterstützen wird.“

9. November. (W. T. B.) Der „Pester Lloyd“ be⸗ merkt gegenüber den über die bevorstehende u ngarische Renten⸗ Anleihe verbreiteten Nachrichten, daß der Finanz⸗Minister Szell allerdings während seiner letzten Anwesenheit in Wien eine Be⸗ gegnung mit einigen Mitgliedern der Gruppe Rothschild gehabt habe, hierbei jedoch mit Rücksicht auf die gegenwärtige ungün⸗ stige Lage der europäischen Börsen die Ansicht ausgesprochen habe, daß er augenblicklich an die Durchführung einer Anleihe⸗ Operation nicht denken könne. Das genannte Blatt fügt hinzu, der Finanz⸗Minister verfüge über hinreichende Mittel, um gün⸗ stigere Konstellationen abwarten zu können, da er vollkommen freie Hand habe.

Agram, 8. November. Der Lan dtag hat sich auf un⸗ bestimmte Zeit vertagt.

Belgien. Brüssel, 9. November. 7(W. T. B.) Die Kammern sind heute ohne Thronrede eröffnet worden. Der Senat wählte das frühere Präsidium wieder; in der Repräsen⸗ tantenkammer wird die Wahl der Bureaus morgen stattfinden.

Großbritannien und Irland. London, 8. November Die Königin verläßt, den bis jetzt getroffenen Dispositionen zufolge, am 19. ds. Balmoral und kehrt nach Windsor zurück. Ueber die Landung des Prinzen von Wales in Bombay meldet eine Reutersche Depesche vom 8. ds. folgende Einzelheiten: „Se. Königliche Hoheit landete hier heute Nach⸗ mittag 4 Uhr, begleitet von dem Vize⸗König und seinem Ge⸗

Der Großherzog hat nachdem derselbe auf der Rückreise in Muskau bei Friedland beim Grafen vorgestrigen Tages zur E mehrstündigen Aufenthalt rungsblatt für das Groß enthält in Nr. 29 die Reichsgesetzes über die die Eheschließung vom Reichsgesetz selbst, der da nung und den vorgeschri

Sachsen⸗Meinin November. Der dem irchengemeinde⸗ vangelische Lande erste Abschnitt umfaßt

Organen der Kirchenge

Paragraphen und behandelt d ist die Schlußfassu rungen kirchlicher Einrichtu bücher und Agenden, resp. zugewiesen. Die Thätigk

der Mitwirkung bei d den Kirchenfinanzen, bei Allem, was mit dem Kirchenvermögen, den Dotatione Die landesherrliche und ständische G cheneigenthum ist nicht me g in der Schrift und in der Die Kirchengemeinden sollen gegen des Bisherigen in den Formen en, Gesangbuͤchern und Agenden Die obere Kirchenbehörde erhält die enrath und besteht aus den Mitgliedern Kultus und aus ist für gewisse Angele zur Schlußfassung beigegeben.

Anhalt. Dessau, 9. November.

Herzogthum Anhalt enthält: Zertheilung und Zusammenlegu eine Verordnung, ung der Dismembrationskarten.

Lippe. Detmold, 9. November. D lichten Bulletins über das Bei Sr. Durchlaucht der

dem entsprech Detmold,

Abend die Wartburg bezogen, Heinrichau einen Besuch der Niederlande und in Clam⸗Gallas gemacht und während des gung von Geschäften in Weimar einen genommen hatte. herzogthum Sachsen⸗Weimar⸗Eis enach“ chste Verordnung, die Ausführung des Beurkundung des Personenstandes und 1875 betreffend, nebst diesem zu vom Bundesrath erlassenen Verord⸗ ebenen Formularen.

gen⸗Hildburghausen. Meiningen, Landtag proponirte Entwurf einer Wund Synodalordnung für skirche zerfällt in zwei Abschnitte. 36 Paragraphen und handelt von den Der zweite Abschnitt hat 26 ie Landessynode. ng über Einführung und Ab⸗ ngen, religiöser Lehrbücher, Ge⸗ Vorbehalt der Bestätigung eit der Synode besteht vor⸗ er Kirchengesetzgebung und dem allgemeinen Kirchenetat, n, Kirchen⸗ und

Prinzen Friedrich

Das „Regie⸗

6. Februar

Den Kirchen⸗

der Synode, zugsweise in

Pfarrlasten enehmigung hr erforder⸗ Fortbildung

zusammenhängt. bei Veräußerung lich. Die freie Fors⸗ ehre ist nicht besch ihren Willen zur Aenderung

des Gottesdienstes, in Katechism nicht gezwungen werden. Bezeichnung Ober⸗Kirch des Ministeriums für § Ober⸗Kirchenrath Synodalausschuß

2—3 Geistlichen. genheiten ein besonderer

Die Gesetzs⸗Samm⸗ das Gesetz, die Ver⸗ iug der Grundstücke Anfertigung

lung für das äußerung, betreffend,

betreffend die bezw. Beglaubig

ie neuesten veröffent⸗ Befinden des Fürsten lauten:

i Fürsten war die nd ist heute das Befinden e 8. November 1875.

letzte Nacht weniger benfalls weniger gut.

Hofrath Dr. Eschenb Verschlechterung im Befinden Sr. at wieder ciner Besserung gen nicht von Bedeutung.

9. November 1875.

den soll. Die desfalls zu erlassende Königliche Allerhöchste Ver⸗, 1 Die gestern gemeldete laucht des Fürsten h sind die Aenderun Detmold,

Platz gemacht; jedoch

Hofrath Dr. Eschenburg.

Bei der bevorstehenden Voll⸗ städtischen Armenwesens wird Leitung in neue Hände übergehen. ist vom Senat dessen jüngstes ersehen worden, welchen Senator IUI. Vor dem Antrit

Bremen, 7. November. ziehung der Reform des auch die oberste administrati Zum Direktor des Armeninstit Mitglied, Senator Nielsen aus Dr. Ehmk eventuell vertreten so mit kommendem Neujahr beab ch die Armenpflege in zu lernen.

t ihres Amts

die beiden Herren noch Elberfeld und anderen rheinischen

Städten kenn 8

Wien, 9. November. en ertheilen.

geordnetenhauses antragte Gesetzentwurf, r Debatte mit Hinweg⸗ agraphen angenommen. Minister für den öffentlichen Reichsrathes in dieser Frage urf weder als opportun, noch Bestimmungen desselben schon

ch⸗Ungarn. Kaiser wird am 11. d. M. hie IZr der wurde der von betr. die Schul lassung des au Im Laufe

Oesterre r Audienz heutigen Sitzung des Ab dem Abg. Dr. Wildauer be⸗ gesetzgebung, nach längere f Galizien bezüglichen Par der Debatte erkannte der Unterricht zwar die Kompetenz des an, bezeichnete jedoch den Gesetzentw

auch nothwendig, weil sämmtliche

folge. Hinter der Königlichen Barke folgten die Admirale und Kapitäne der Königlichen Schiffe in ihren Booten. Das Ge⸗ schwader auf der Rhede sowie die Küstenbatterien feuerten Sa⸗ lutschüsse ab. Sämmtliche Schiffe prangten im Flaggenschmucke und ihre Ragen waren bemannt, was einen großartigen An⸗ blick darbot. Se. Königliche Hoheit, der die Uniform eines Feldmarschalls trug, wurde bei der Landung von Sir Philip Wodehouse, dem Gouverneur von Bombay; Lord Napier von Magdala, dem Truppenbefehlshaber in Indien, und Sir Michael R. Westropp, dem Oberrichter von Bombay, und vielen anderen Hohen Civil⸗ und militärischen Würdenträgern empfan⸗ gen. Ueber 70 eingeborene Fürsten, Häuptlinge und Sirdars in schimmernden orientalischen Kostümen waren ebenfalls zu⸗ gegen. Die Munizipalität von Bombay überreichte eine Bewill⸗ kommnungs⸗Adresse, auf welche der Prinz eine kurze Erwiderung ertheilte. Dann wurde ein glänzender Zug gebildet, der lang⸗ samen Schrittes sich nach dem Gouvernementspalast bewegte. Truppen bildeten ein Spalier bis zum Eingeborenenviertel, von welchem Punkte ab Polizei⸗Abtheilungen den Weg freihielten. Die Begrüßung, welche das Volk Sr. Königlichen Hoheit zu Theil werden ließ, war sowohl herzlich wie ach ungsvoll. Der größte Enthusiasmus gab sich auf dem ganzen Wege kund und die dichte Volksmasse aller Kasten, die von dem Straßen⸗ pflaster bis zu den Hausdächern jeden Zoll Stehraum einnahm, schätzte man auf nahezu 200,000 Personen. Unter den Zuschauern befanden sich Gäste aus Mofussil. Als der Prinz sich gewissen Punkten näherte, nahm die Aufregung zu; die Eingeborenen schaarten sich in dichten Haufen um die prinzliche Equipage und wurden von der Begeisterung der Europäer mit ergriffen. Nichtsdesto⸗ weniger herrschte ausgezeichnete Ordnung. Se. Königliche Hoheit sah sehr wohl aus und schien über die ihm zu Chren veranstal⸗ teten Volkskundgebungen sehr erfreut zu sein. Die ganze Stadt ist prächtig dekorirt. Auf dem Wege, welche der Prinz einschlug, waren acht Triumphhögen errichtet. Heute Abend hält Se. Kö⸗ nigliche Hoheit eine Levée im Gouvernementspalast.“ Der amerikanische Kardinal Mec. Closkey kam am Sonnabend Abend in Dublin an, wo er der Gast des Kardinals Cullen ist.

10. November. (W. T. B.) Bei dem gestrigen Lord⸗ mayors⸗Banket, dem auch der deutsche und der öster⸗ reich⸗ungarische Botschafter beiwohnten, beantwortete der Letztere den auf die Vertreter der auswärtigen Mächte aus⸗ gebrachten Toast und betonte dabei, daß er Namens seiner an⸗ wesenden und abwesenden Kollegen die Zuversicht aussprechen zu können glaube, daß eine Störung des allgemeinen Friedens nicht zu erwarten stehe. Der Premier Disraeli beantwortete den Toast auf die Mitglieder des Ministeriums. In seiner Rede erwähnte er, daß er die Gefahr eines Krieges mit China, Dank der Einsicht der Chinesen und der Energie des englischen Gesandten Wade, sowie durch die Hülfsmittel der englischen Regie⸗ rung als beseitigt ansehe. Er hätte gewünscht, über die politi⸗ schen Angelegenheiten in einem weniger entfernten Lande, als China sich mit eben solcher Befriedigung, wie über die zufrieden⸗ stellenden Beziehungen Englands zu der chinesischen Regierung aussprechen zu können. Es würde indeß Affektation sein, der⸗ gleichen vorzugeben. Der Aufstand in einer türkischen Provinz habe einen Zustand herbeigeführt, der in diesem Lande leicht kritisch werden könne. Im gegenwärtigen Falle habe eine nicht hoch genug anzuschlagende weise Nachsicht der direkt dabei inter⸗ essirten Großmächte eine so glückliche Wirkung hervorgebracht, daß man vor einigen Monaten zu glauben berechtigt gewesen sei, es würde jene ernstliche Unruhe schleunigst beseitigt werden. Ein unglückliches Ereigniß, eine finanzielle Katastrophe habe den be⸗ reits im Verscheiden begriffenen Kampf wieder angefacht, allen Verhältnissen ein neues Ansehen gegeben und Hoffnungen und Befürchtungen an Stellen und in Kreisen geschaffen, wo dieselben bis dahin nicht bestanden hätten. Es sei unmöglich, zu sagen, daß Verhältnisse solcher Art nicht kritisch seien; aber er habe unausgesetzt das größte Vertrauen auf die weise Nach⸗ sicht der direkt interessirten Großmächte und glaube, daß diese Nachsicht auch ferner werde ausgeübt werden. Er habe nicht nur die Hoffnung, sondern auch die Ueberzeugung, daß Mittel gefunden werden würden, die ein befriedigendes Ergebniß herbeiführten, ein Ergebniß, das mit der Erhaltung des Friedens vereinbar und zugleich befriedigend für die öffentliche Meinung

in den sanktionirten Landesgesetzen enthalten seien und

Europas sei (Beifalh). Ein anderes Resultat wünsche er nicht in

Aussicht zu nehmen (abermaliger Beifall), er wünsche nur noch her⸗ vorzuheben, daß die Interessen der Kaisermächte in dieser Frage unzweifelhaft direkter, als diejenigen Englands berührt würden, daß dieselben aber, wenn schon direkter, doch nicht wichtiger und bedeutender seien, als diejenigen Englands, und die Leiter der englischen Regierung seien sich des Charakters und der Wichtig⸗ keit dieser Interessen vollständig bewußt und entschlossen, dieselben zu wahren und zu behaupten. (Lebhafter Bei⸗ fall.) Disraeli erwähnte demnächst noch die Reise des Prinzen von Wales nach Indien, von der er sich wichtige Erfolge verspreche, und sprach die Hoffnung und Zuversicht aus, daß das englische Volk mit der Politik der Regierung im Innern, wobei man die Verbesserung der sozialen Lage in aufrichtiger Weise anstrebe, zufrieden sein werde. Er hoffe, beim nächstjährigen Banket die Versammlung dazu beglück⸗ wünschen zu können, daß der Frieden erhalten worden sei; er rechne aber auch auf erfolgreiche Resultate der inneren Politik der Regierung, damit, falls die Nothwendigkeit entstehe und falls der Königin die Pflicht auferlegt werde, ihre Macht und Stärke zu zeigen, die Königin im Stande sei, ihren Appell an ein zu⸗ friedenes und ihr vertrauendes Volk zu richten.

Frankreich. Versailles, 9. November. (W. T. B.) Die Nationalversammlung setzte in ihrer heutigen Sitzung die zweite Berathung des Wahlgesetzes fort und nahm die sechs ersten Artikel desselben ohne erhebliche Debatte in der bereits be⸗ kannten Fassung an. Die Bedingung eines vorherigen sechs⸗ monatlichen Domizils an demselben Wahlorte ist nur für die Theilnahme an den politischen Wahlen beibehalten. Das zur Wahlberechtigung erforderliche Lebensalter ist im §. 6 auf 25 Jahre festgesetzt. Eine längere Debatte rief Artikel 7, be⸗ treffend die Wählbarkeit von Militärpersonen hervor Jules Simon bekämpfte das von Francisque Rive und Réné

aktiven Dienst befindlicher Soldat wählbar sein soll. Der Kriegs Minister de Cissey dankte den Rednern, welche zu Gunsten des Amendements gesprochen, für die dabei dem Patriotismus und der Disziplin der Armee erwiesene Huldigung, sprach sich aber ebenfalls gegen die Wählbarkeit von Militärpersonen im Allgemeinen aus, weil vor allen Dingen die Disziplin in der Armee aufrecht erhalten werden müsse. Die Armee dürfe sich nicht in die Politik mischen; ihre alleinige Aufgabe sei der Schutz und die Vertheidigung der von der Nationalversammlung votir⸗ ten Verfassung. Der Minister schlug vor, das Amendement Rive dahin abzuändern, daß die Offiziere, welche zu der ersten Sektion der Kadres des Generalstabes gehören, wie solche, die bereits ein oberstes Kommando gegen den Feind geführt haben, wählbar sein sollen, ebenso die Offiziere der Territorialarmee. Die Nationalversammlung nahm hierauf mit 425 gegen 212 Stimmen den Artikel 7 in der von dem Kriegs⸗Minister vorge⸗ schlagenen Fassung an, mit Ausnahme der auf die Offiziere der Territorialarmee bezüglichen Bestimmung, über welche die Be⸗ rathung auf morgen vertagt wurde.

Italien. Rom, 10. November. (W. T. B.) Gestern ist die Antwort der Kurie auf die letzte Note der spanischen Regierung nach Mad id abgegangen. Die⸗ selbe widerlegt die in der Note aufgestellten Behauptun⸗ gen und ergeht sich in einer Prüfung der Grundlagen des Konkordates, welche nicht geändert werden sollen. Weiter heißt es dann, der Vatikan wolle der neuen spanischen Regierung keine Verlegenheiten bereiten, sondern sie im Gegentheil mit wahrhaft wirksamen Mitteln unterstützen, auf daß das geheiligte Band nicht zerrissen werde, das stets den Ruhm Spaniens gebildet habe. Die Glaubenseinheit, die man verbannen möchte, sei kein Hinderniß für die Entwickelung der Civilifation. Wenn die spanische Regierung dennoch aus Gründen der äußersten Nothwendigkeit glaube, diese Prinzipien in andere Formen bringen zu müssen, so sei der heilige Stuhl bereit, hierüber in Verhandlung zu treten und solche Mo⸗ difikationen des Konkordates eintreten zu lassen, die er für an⸗ nehmbar erachten werde. Aus den gegenseitig auszutauschenden Erklärungen werde man ersehen, bis zu welchem Punkte die 85 den Entwurf der neuen Verfassung werde annehmen önnen.

Türkei. (W. T. B.) Aus südslavischer Quelle wird über Ragusa, 9. November, Nachmittags, gemeldet, daß die Insur⸗ genten ein türkisches Blockhaus in dem Bezirke Gaczko fortge⸗

nommen haben. Einer anderen Insurgentenabtheilung soll es gelungen sein, eine türkische Proviantkolonne zu erbeuten. Der Verlust der Türken in beiden Gefechten wird auf 24 Todte, der der Insurgenten auf 14 Verwundete angegeben.

Griechenland. Athen, 9. November. (W. T. B.) Die von der Deputirtenkammer eingesetzte Kommission von 9 Mitgliedern hat den Antrag gestellt, die in der letzten Session ohne die gesetzliche Anzahl von Stimmen beschlossenen Gesetze für ungültig zu erklären, das ehemalige Ka⸗ binet Bulgaris, das sich eines Verfassungsbruches schuldig gemacht habe, in Anklagezustand zu versetzen und demselben zugleich die Verpflichtung aufzulegen, entsprechenden Schaden⸗ ersatz zu leisten. -

Asien. (W. T. B.) Wie dem „Reuterschen Bureau“ aus Penang vom 9. November gemeldet wird, ist der verstüm⸗ melte Leichnam des ermordeten britischen Agenten Birch nun⸗ mehr aufgefunden worden. Zwischen den nach Perak gesandten englischen Truppen und den Malayen ist es zu einem Zusammenstoß gekommen, in welchem ein Kapitän der eng⸗ lischen Truppen hefallen, 2 Offiziere und 8 Mann verwundet sein sollen.

8 b

Die Nr. 85 des „Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 6. November 1875. Verbot der in Krakau erscheinenden Zeitung „Czas“. Außerkurssetzung der Münzen der lübisch⸗hamburgischen Kurautwährung, sowie verschiedener anderer Landesmünzen.

8 Steatistische Nachrichten. In der am 30. Oktober zu Ende gegangenen Woche starb en der „Nat. Z.“ zufolge von je 10,000 Einwohnern auf den Johres- durchschnitt berechnet: in Berlin 276, in Breslau 218, in Han burg 254, in München 353, in Wien 218, in Budapest 364, Hen. 324, in Brüssel 177, in Amsterdam 282, in Rotterdam 275, in Haag 235, in Kopenhagen 169, in Christianig. 230, in Rom 310, in Neapel 251, in Turin 187, in Alexandria (Aegypten) 332, in Nero⸗York 265, in London 224 und in den 18 größeren Städten Englavds 236.

Im Jahre 1874 hatten vie bayerischen Staatsbahnen

8 8.

eine durchschnittliche Läcge vo⸗ 2236 Kilometer. 2um Schlusse dieses Jahres betrug deren Länge 2385,0, Kilometer, Hierzu kommen ;

Brice zu demselben eingebrachte Amendement, wonach kein im