1875 / 267 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 13 Nov 1875 18:00:01 GMT) scan diff

5 WE11““ Sicherung von Schiff und Ladung erforderlichen Maß regeln zu veranlassen. Der Kaiserliche Konsul spricht die Erwartung aus, daß die chinesischen Behörden, welchen an der Bestrafung eines so gemein gefährlichen Verbrechens gleichfalls gelegen sein müsse, diesem Ansuchen mit aller Energie nach⸗ kommen würden.

Dieser bedauerliche Vorfall hat begreiflicher Weise bei dem schifffahrttreibenden Publikum eine um so größere Aufregung hervorgebracht, als der Fall, daß auf einem an den chinesischen Küsten verkehrenden deutschen Segelschiffe nur Kapitän und Steuermann Deutsche, alle Matrosen aber Chinesen oder Malayen sind, keineswegs zu den Seltenheiten gehört.

Die Reichstags⸗Kommission zur Vorberathung der Entwürfe eines Gerichtsverfassungs⸗Gesetzes, einer Strafprozeß⸗Ordnung und einer Civilprozeß⸗ Ordnung nebst Einführungsgesetzen erledigte in ihrer Sitzung vom 8. November den Rest des ersten Titels des Ge⸗ richtsversassungs⸗Gesetzes über Gerichtsbarkeit (§. 4. Abs. 3 9) und aus dem Titel „Amtsgerichte“ die §§. 10 und 11) des Entwurfs. Bei §. 5 des Entwurfs, welcher Ausnahms⸗ gerichte mit Ausnahme der Kriegs⸗ und Standgerichte für un⸗ statthaft erklärt, wurde beigefügt, daß nur die desfalls bestehenden Landesgesetze aufrecht erhalten werden sollen, und daß auch innerhalb des Rahmens dieser Gesetze nur nach vorausgegan⸗ gener Erklärung des Kriegs⸗ und Belagerungsstandes Kriegsgerichte in Aktivität treten dürfen. Die von der Exterritorialiätt der Gesandten und Bundesraths⸗Mit⸗ glieder handelnden §§. 6—9 des Entwurfs wurden un⸗ verändert angenommen. Vor dem Eintritt in die Berathung des zweiten Titels wurde an die anwesenden Vertreter der Reichsregierung und der Einzelregierungen die Anfrage ge⸗ richtet, ob man sich regierungsseitig bereits eine bestimmte Vor⸗ stellung von der Größe und dem Umfang der einzelnen Gerichtsbezirke gemacht habe, und welche Berhandlungen darüber unter den verbündeten Regierungen stattgehabt haben. Von Seiten der Reichsregierung wurde erwidert, daß die Reichs⸗ gesetzgebung in dem Entwurfe des Gerichtsverfassungs⸗

gesetzes darüber keine Bestimmungen getroffen habe, weil man diesen Gegenstand, sowie die Errichtung gemeinsamer Gerichte Seitens mehrerer Bundesstaaten den einzelnen Landesgesetzgebungen, als eine Sache der Justizhoheit, überlassen habe; man sei aber bei der Konstruktion des Verfahrens in bei⸗

den Prozeßordnungen davon ausgegangen, daß die Gerichts⸗ Sprengel recht groß gegriffen würden, ohne daß man jedoch für thunlich erachtet habe, etwa nach der Meilenzahl oder Bevö ke⸗ rungsziffer Zwangsvorschriften zu erlassen; es sei übrigens nicht zu zweifeln, daß in allen diesen Beziehungen unter den ver⸗ bündeten Regierungen Einheitlichkeit werde erzielt werden. Von Seiten der preußischen Regierung wurde auf die An⸗ frage erwidert, daß sie noch keine definitiven Beschlüsse habe fassen können, da das Gerichtsverfassungsgesetz zuerst fest⸗ stehen müsse. Von Seiten des Vertreters der bayerischen Regie⸗ rung wurde bemerkt, daß auch in Bayern noch keine definitiven Feststellungen hätten erfolgen können, daß aber dort ohne Zweifel in Uebereinstimmung mit den Wünschen der Bevölkerung die

8 bisherigen Gerichtsbezirks⸗Eintheilungen, die sich erprobt hätten, thunlichst beibehalten werden würden. Man trat dann in die Titels von den Amtsgerichten ein.

8 unverändert angenommen, nachdem auf Ankfrage konstatirt war, daß die hierin erwähnte, von der Landes⸗Justizverwaltung einem der mehreren Amtsrichtern

es; übertragenden Dienstaufsicht sich nur auf den allgemeinen Geschäftsmechanismus beziehe, nicht aber eine Beaufsichtigung

der übrigen am Gerichte angestellten Amtsrichter, deren dienst⸗ liches und außerdienstliches Verhalten in sich schließe, wie schon der Wortlaut und der Inhalt des Gesetzes zeige. §. 11 schreibt vor: „Für die Verhandlung und Entscheidung von Strafsachen werden Schöffengerichte gebildet.“ Diese Vorschrift wurde mit

17 gegen 9 Stimmen angenonmen.

In den deutschen Münzstätten sind bis zum 30. Oktober 1875 geprägt: an Goldmünzen: 936,905,240 Doppelkronen, 274,241,710 Kronen; hiervon auf Privat⸗ rechnung: 45,486,600 ℳ; an Silbermünzen: 23,143,270 5⸗Markstücke, 96,728,209 1⸗Markstücke, 3,338,977 50 50⸗ Pfennigstücke, 19,053,149 20 20⸗Pfennigstücke; an

Niickelmünzen: 10,496,071 50 10⸗Pfennigstücke, 5,552,159

5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 4,328,815 42 2⸗Pfennigstücke; 2,245,387 98 1⸗Pfennigstücke.

Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 1,211,146,950 ℳ; an

Silbermünzen: 142,263,605 70 ₰; an Nickelmünzen:

16,048,230 50 J; an Kupfermünzen: 6,574,203 40 ₰.

Heute Vormittag um 11 Uhr hielt der Gerichtshof zur Entscheidung der Kompetenzkonflikte unter Vorsitz des Wirklichen Geheimen Raths Dr. von Koenen eine Sitzung ab.

Die Stempelpflichtigkeit der von den Dis⸗ ziplinarbehörden gegen Beamte erlassenen Straf⸗ verfügungen und der im Disziplinarverfahren er⸗ gehenden Erkenntnisse wird von verschiedenen Behörden verschieden beurtheilt. Ein Theil der Behörden hält die Tarif⸗ bestimmung „Strafresolute der Finanzbehörden“ allgemein für anwendbar und unterwirft demnach alle Strafverfügungen und Strafurtheile dem Stempel, ohne Rücksicht darauf, ob eine Aus⸗ fertigung ertheilt ist oder nicht, andere Behörden verwenden den Stempel nur in dem Falle, wenn eigentliche Erkenntnisse aus⸗ gefertigt werden und zwar als Aussertigungsstempel; noch andere end⸗ lich erachten eine Stempelverwendung in Disziplinarstrafsachen über; haupt nicht für erforderlich. Diese zuletzt erwähnte Ansicht wird insbesondere darauf gestützt, daß die Tarifbestimmung „Strafresolute der Finanzbehörden“ nur auf Steuerkontraventions⸗ und Defraudationssachen anzuwenden sei, die Disziplinar⸗ untersuchungen dagegen lediglich im Interesse des

taates zur Aufrechterhaltung der Dienstordnung angestellt werden; wie denn auch demgemäß durch den §. 53 der Verord⸗ nung vom 20. Juli 1843 für ehrengerichtliche Untersuchungen in der Armee durch den §. 19 der Verordnung vom 30. April 1847 für die bei dem Chrenrathe der Justiz⸗Kommissarien ꝛc. geführten Untersuchungen, durch den §. 6 des Gesetzes vom 3. Mai 1853 für die bei den Gerichten geführten Disziplinarunter⸗ suchungen und durch den §. 124 des eichsgesetzes vom 31. März 1873 rücksichtlich der Disziplinaruntersuchungen gegen Reichsbeamte die Stempelverwendung ausgeschlossen sei.

Zur Herstellung eines gleichmäßigen Verfahrens hat der Finanz⸗Minister durch einen Cirkularerlaß vom 4. d. M. be⸗ kimmt, daß in Zukunft allgemein nach dieser zuletzt erwähnten Auffassung zu verfahren, und soll demgemäß zu Strafverfü⸗ gungen und Straferkenntnissen in Disziplinarsachen, sowie zu X“ derselben Stempel nicht mehr erfordert

Berathung des 19 wurde

868 „— Der Minister des Innern und der Minister für die geistlichen Angelegenheiten haben in einem Cirkular⸗Erlasse eine Anweisung bezüglich der Handhabung der Vorschriften über das Kollektenwesen ertheilt, welcher wir Folgendes entnehmen: 1) Unter den Begriff der Kirchen⸗Kollekte fallen nur die⸗ jenigen von kirchlichen Oberen für kirchliche Zwecke angeordneten Kollekten, deren Einsammlung innerbalb kirchlicher Räume gele⸗ gentlich des Gottesdienstes erfolgt. Ueber diesen Bereich hinaus unterliegen auch die für kirchliche Zwecke, beziehungsweise von kirchlichen Oberen veranlaßten allgemeinen Kollekten denjenigen Beschränkungen, welche bei Abhaltung solcher Kollekten staatlicher⸗ seits im Interesse der öffentlichen Ruhe, Sicherheit und Ordnung vorgesehen sind. Hiervon macht auch der Fall keine Ausnahme, wo die Mittel zur Bestreitung eines kirch⸗ 1 lichen Bedürfnisses mit Genehmigung der kirchlichen Oberen, statt durch ordnungsmäßige Umlage auf die dafür Verpflichteten, durch freiwillige Gaben, aber in Form einer Hauskollekte auf⸗ gebracht werden sollen. Es dürfen hiernach auch solche Kollekten, welche zwar für kirchliche Zwecke und auf Veranlassung von kirchlichen Oberen, aber von Haus zu Haus abgehalten werden sollen, nur mit vorgängiger Genehmigung des Ober⸗Präsi⸗ denten der Provinz stattfinden, und es würden gegen diejenigen, welche ohne Einholung dieser Genehmigung Hauskollekten veran⸗ stalten oder von Haus zu Haus kollektiren, die Strafbestimmun⸗ gen unserer Polizeiverordnung vom 29. Dezember 1866, A.⸗Bl. pro 1867 Seite 18 zur Anwendung gebracht werden. 2) Nach der von den Ministern ertheilten Anwei⸗ sung soll ferner dem in der Form der Hauskollekte bewirkten Einsammeln von Geldbeiträgen durch Vereine dann entgegenge⸗

treten werden, wenn anzunehmen ist, daß deren Hauptzweck eben

nur ein organisirtes Kollektiren bildet.

. Da unter dem Abholen von Vereinsbeiträgen nur die Ein⸗ ziehung von solchen, nach Zeit und Höhe bestimmten Beiträgen verstanden werden kann, zu deren Entrichtung eine nachweisbare rechtliche Verpflichtung auf Seiten der Vereinsmitglieder vor⸗ liegt, so bedarf jedes von Haus zu Haus bewirkte Einsammeln von Beiträgen bei Personen, welche dem Verein nicht ausdrück⸗ lich beigetreten sind, mögen sie auch früher thatsächlich bereits Beiträge an denselben entrichtet haben, sowie jedes derartige Er⸗ heben von Zahlungen, zu denen eine rechtliche Verpflichtung nicht nachweisbar ist, als Hauskollekte der staatlichen Genehmigung, ohne deren vorgängige Ertheilung solche Sammlungen unstatt⸗ haft sind. Ein gleiches gilt von dem in der gedachten Form be⸗ wirkten Einsammeln von Zeichnungen zu Vereinsbeiträgen bezw. von Beitrittserklärungen zu Vereinen der oben bezeichneten Art.

Der Kaiserlich deutsche Botschafter bei der Hohen Pforte, Freiherr von Werther, ist nach Beendigung des Sommeraufenthalts in Bujukdere mit dem Botschaftspersonal nach Pera zurückgekehrt.

Der Königlich italienische Gesandte am hiesigen Hofe, Graf von Launay, ist von Mailand, wohin derselbe sich in Anlaß des Besuches Sr. Majestät des Kaisers und Königs be⸗ geben hatte, nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Gesandtschaft wieder übernommen.

Dem kommissarischen Kreis⸗Thierarzte Janson zu Prie⸗ born ist die kommissarische Verwaltung der Kreis⸗Thierarztstelle der Kreise Erefeld und Gladbach übertragen worden.

Breslau, 11. November. Ihre Königlichen Hohei⸗ ten der Prinz und die Prinzessin Albrecht trafen gestern Abend 8 Uhr 44 Minuten von Schloß Camenz auf dem Centralbahnhofe ein. In ihrer Beglestung befanden sich der Haus⸗ und Hofmarschall Graf von der Schulenburg⸗Wolfsburg und der persönliche Adjutant von Jagow, Rittmeister à la suite des 1. Brandenburgischen Dragoner⸗Regiments Nr. 2, sowie die Ober⸗Hofmeisterin Gräfin von Keyserlingh und die Hofdame Gräfin von Schweinitz und Crain. Mit dem Schnellzuge der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn setzten Höchstdieselben die Weiterreise nach B lin fort, um Sich von da nach Hannover zu begeben.

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Stralsund, 10. November. In der heutigen (3.) Sitzun des Neuvorpommerschen Lsunsis Prase. nach lebhafter Diskussion bezüglich der Verbesserung der Kom⸗ munikation zwischen Stralsund und Altefähr beschlossen, in einer nochmaligen Vorstellung an den Ober⸗Präsidenten der Provinz die staatliche Unterstützung zur Erreichung des angestrebten Zweckes dringend zu erbitten, und eine besondere Kommission zur Ausarbeitung und Vorlegung einer solchen Vorstellung nieder⸗ gesetzt. Hierauf wurde der Jahresbericht und die Rechnung pro 1874 der ständischen Irrenheil⸗Anstalt zu Greifswald durch Er⸗ theilung der Decharge erledigt. Um 12 Uhr wurde die Sitzung geschlossen, und begaben scch darauf die zur Inspizirung der stän⸗ dischen Irren⸗ und Siechenbewahr⸗, sowie der Taubstummen⸗ Anstalt ernannten Kommissionen nach den genannten Instituten.

Cassel, 11. November. In der heutigen Sitzung des Kommunallandtags wurde der Gesetzentwurf und das Reglement über die Hessische Brand⸗Versicherungs⸗Anstalt be⸗ rathen. Ein aus der Mitte der Versammlung eingebrachter An⸗ trag auf anderweite Bestimmungen über die Klassifikation und den Prämientarif war die Veranlassung einer Aussetzung des ganzen hierüber lautenden Abschnitts des Reglements. Im Uebrigen wurde der I“ mit den von dem Hauptausschuß gestellten Abänderungsanträgen zugestimmt. vb1““

Lauenburg. Ratzeburg, 13. November. Nach einer Allerhöchsten Verordnung vom 3. d. M. wird die Di 1 de ühn vom Aufgebot, vom gesetzlichen Alter der Ehemündigkeit, vom Verbote der Che zwischen einem wegen Ehebruchs Geschiedenen und seinem Mitschuldigen, sowie von dem Verbote, nach welchem Frauen vor Ablauf des zehnten Monats seit Beendigung ihrer früheren Ehe eine weitere Ehe nicht schließen dürfen, von dem Minister für Lauenburg ertheilt.

In dringenden Fällen kann der Landrath zu Ratzeburg eine Abkürzung der für die Bekanntmachung des Aufgebots be⸗ stimmten Fristen (§§. 46 und 47 des Reichsgesetzes vom 6. Fe⸗ bruar 1875) gestatten und bei vorhandener Lebensgefahr von dem Aufgebote ganz entbinden.

Diese Verordnung tritt mit dem 1. Januar 1876 in Kraft.

Bayern. München, 11. November. Der Kronprinz Rudolf von Oesterreich hat mit dem gestern Abend kurz nach 8 Uhr von hier abgegangenen Simbacher Schnellzuge die Rückreise nach Wien angetreten. Prinz und Prinzessin Leopold hatten dem Kronprinzen das Abschiedsgeleite zum Bahnhof ge⸗ geben. Der König überraschte alsbald die hohen Herrschaften

mit einem Besuch und begleitete den Kronprinzen, nachdem der Gala⸗Königszug dem betreffenden Schnellzug angehängt und der

König den Kronprinzen zu sich in seinen Reisewaggon eingeladen hatte, bis nach Simbach. Nach einem dort Hxee Souper kehrte Se. Majestät um 11 ½ Uhr mittels Extrazuges hierher zurück und traf nach 2 Uhr Morgens wieder in der Königlichen Residenz ein. Das zum Königlichen Hof⸗ lager gehörige Personal hat am künftigen Sonntag zu Hohen⸗ schwangau in Funktion zu treten. Es haben dorthin abzugehen: Staatsrath v. Eisenhart, Major Frhr. v. Hertling, Leibarzt Ober⸗ Medizinal⸗Rath Dr. Schleiß v. Löwenfeld, Staats⸗ anwalt Dr. Ziegler und Geheimer Sekretär Stautner. Der König wird am kommenden Sonntag nach Hohen⸗ schwangau übersiedeln. Außer den früher erwähnten vier Legaten des Prinzen Karl für die Armee im Gesammt⸗ betrage von 196,000 Gulden hat der Prinz der bayerischen Armee auch seine Bibliothek nebst den gesammten Landkarten⸗ und Plansammlungen zur Aufstellung im Hauptkonservatorium der Armee, und ferner dem 1. Kürassier⸗Regiment einen Betrag von 952 Fl., wie ihn der Verstorbene bei Lebzeiten diesem Re⸗ giment alljährlich hatte zufließen lassen, vermacht. Der König hat nun durch Allerhöchste Entschließungen vom 24. September und 24. Oktober d. J. die Annahme sämmtlicher Vermächtnisse genehmigt, sowie die Stiftung von 46,000 Fl. zur Verleihung theilweiser Freiplätze im Kadettencorps mit der Bezeichnung „Prinz Karl⸗Stiftung für Militär⸗Freiplätze im Kadettencorps“ bestätigt und angeordnet, daß diese Stiftung mit den übrigen Legaten als ein neuer Beweis der unermüdeten Fürsorge, welche Se. Königliche Hoheit Prinz Karl von Bayern schon bei Lebzeiten den Militärangehörigen und deren Hinterbliebenen angedeihen ließ, durch das Kriegsministerial⸗Verordnungsblatt der Armee bekannt gegeben werde. Wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, hat der König den hochbetagten Staatsrath im o. D. v. Fischer „unter Verleihung des Prädikats „Excellenz“ in den erbetenen Ruhestand versetzt und an dessen Stelle den Staatsrath im außerordentlichen Dienst Hrn. v. Eisenhart unter Beibehaltung seiner bisherigen Stellung als Sekretär Sr. Majestät heute er⸗ nannt. Die „Allg. Ztg.“ schreibt: Die zur Zeit noch unaus⸗ getragene Kontroverse zwischen dem Bischof von Re⸗ gensburg und dem Staats⸗Minister v. Lutz hat bezüg⸗ lich der Persönlichkeiten, welche angeblich dem Minister v. Lutz über die in seiner „Offenen Antwort“ an den Bischof enthaltenen Angaben Mittheilungen gemacht haben sollten, zu verschiedenen Gerüchten und Vermuthun⸗ gen Anlaß gegeben; einzelne Blätter bringen bereits ganz offene Andeutungen. Wir können versichern, daß diese Gerüchte that⸗ sächlicher Begründung entbehren; dieselben können wohl nur aus dem Grunde veranlaßt sein, daß eine der genannten Per⸗ sönlichkeiten damals noch in der Regensburger Diözese sich be⸗ fand, als der in Frage gestellte Pauschalbericht erlassen wurde, und so möglicherweise von der Existenz und dem Inhalt der⸗ 227 Sollte das böse Gewissen diesen anz unbegründeten Verdacht wachgerufen habe dient dies immerhin Beachtung. 8 v1““ Würzburg, 11. November. Betreffs der Beschwerde welche Domkapitular Melchior Hohn E“ seines verfassungsmäßigen Wahlrechtes im Juli d. J. bei der Königlichen Staatsregierung eingereicht hat, ist eine ministerielle Entschließung dieser Tage erfolgt. Dieselbe soll, in ihren Aus⸗ I“ LE“ 1 Hohn seine Stellung im Kapitel a eirat es Bischofs diesem gegenü ach⸗ drücklichst wahren.] 8

Sachsen. Dresden, 12. November. Se. Majestät der König wird mit dem ehemaligen Großherzog von Toscana, dem Prinzen Gustav von Wasa und dem Prinzen Georg heute Abend wieder hier eintreffen.

Hessen. Darmstadt, 10. November. Nach den Land⸗ tagsabschieden von 1824 und 1856 können die auf der Staats⸗ kasse haftenden jährlichen sändigen Renten durch Ueberein⸗ kunft mit den Rentenberechtigten abgelöst werden. In diesem Fall wird gegen Abtretung der Rente an die Staatsschulden⸗ Tilgungskasse den Rentenberechtigten der der abgetretenen Rente entsprechende Kapitalbetrag in 4proz, auf den Fonds dieser Rente selbst ausgefertigten Obligationen ausgezahlt, die bezügliche Rente aber, welche nunmehr in Folge deren Abtretung jährlich von der Haupt⸗Staatskasse zur Staatsschulden⸗Tilgungskasse zu bezahlen ist, zur jähr⸗ lichen Verzinsung und successiven Abtragung des Kapitals mit⸗ telst jährlicher Verloosung verwendet. In welchem außerordent⸗ lichen Umfang von jener Ablösung nach und nach Gebrauch ge⸗ macht worden ist, mag daraus erhellen, daß zu dem fraglichen Zwecke von der Staatsschulden⸗Tilgungskasse allmählich für drei Millionen Gulden Obligationen hinausgegeben worden sind. Hiervon entfallen auf das vorige Jahr und das Jahr 1867 allein je 1 Million Gulden, während in den Jahren 1824 und 1825 und bezw. für die Zeit bis 1867 im Ganzen nur 1 Million Gulden hinausgegeben wurden.

Mecklenburg. Ludwigslust, 11. November. Der Großherzog ist mit seinem hohen Besuche, dem Prinzen August von Württemberg, heute Abend von hier nach Letz⸗ lingen zur Jagd abgereist, und kehrt am Sonntag, 14, früͤh Morgens, hierher zurück. Am Dienstag, den 16. d. M., wird der Großherzogliche Hof von Ludwigslust nach Schwerin wiederum übersiedeln.

Desterreich⸗Ungarn. Wien, 12. November. Der Kaiser ist gestern von Gödöllö, der Kronprinz Erzherzog Rudolf von München in Wien angekommen. 1

Der Kaiser hat am 28. Oktober d. J. dem vom krainischen Landtage beschlossenen Gesetzentwurfe, womit der §. 39 des Gesetzes vom 29. April 1873 zur Regelung der Rechtsverhältnisse des Lehrstandes an den öffentlichen Volks⸗ schulen abgeändert wird, die Allerhöchste Sanktion zu ertheilen geruht. Durch dieses Gesetz werden die Bezüge des weiblichen Lehrpersonales jenen des männlichen gleichgestellt.

—. (W. T. B.) Die Kaiserin hat aus Anlaß des 100 jährigen Jubiläums des in Hernals bestehenden Bildungs⸗ Institutes für Offizierstöchter zur Vermehrung der Zög⸗ lingsstellen zehntausend Gulden angewiesen und in einem von der „Wiener Zeitung“ veröffentlichten Handschreiben zur wirk⸗ samen Unterstützung und Förderung der Zwecke des Institutes

aufgefordert.

Der Budgetausschuß berieth gestern den Titel Unter⸗ richts⸗Ministerium, wobei eine längere Debatte über die Ver⸗ theuerung der Lehrmittel an den Mittelschulen und Voksschulen stattfand. Der Unterrichts⸗Minister gab beruhigende Aufklä⸗ rungen. Bei dem Titel „Universität in Innsbruck“ beantragte der Referent die Resolution, die Regierung möge sämmtliche auf Innsbruck bezügliche Universitätsakten sowie die Institutionen

und Gesetze des Jesuitenordens dem Abgeordnetenhause vorlegen.

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Der Unterrichts⸗Minister gab den Aufschluß, daß mittlerweile zwei Professuren durch Nichtjesuiten besetzt wurden, und lehnte entschieden die Resolution ab, welche schließlich als zurückgezogen erklärt wurde, nachdem der Referent bemerkt hatte, er werde

önlich die Akten vom Minister verlangen. Auf die Anfrage Giskra's wegen der mährischen Universität erwiderte der Unterrichs⸗ Minister, daß die Verhandlungen fortgesetzt würden, doch könne unter den gegenwärtigen finanziellen Verhältnissen von der Errichtung einer Univerfität keine Rede sein. Eine Versammlung von 33 Ab⸗ geordneten berieth die Zeollfrage und beschloß, ein Comité zu wählen, welches erwägen möge, ob ein Resolutionsantrag im Sinne der vertragsfreundlichen gemäßigten Zollpolitik mit Ab⸗ sehung von einem Minimaltarife sich empfehle. Das Comité „habe ein Programm für die freie Vereinigung von Abgeordneten zu entwerfen, welche für eine gemäßigte, alle Reichsinteressen gleichmäßig, berücksichtigende Zollpolitik günstig gestimmt sind. Dieser Parteigruppe sind bisher 50 verfassungstreue Abgeordnete beigetreten. In das Comiteé wurden gewählt: Brestel, Coronini, Schaup, Granitsch und Walterskirchen.

Pest, 11. November. In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses wurde die Generaldebatte über das Budget mit dem Referate Oerdödys eröffnet, nachdem der Finanz⸗ Minister Szell versprochen, daß der Quartalausweis über die Finanzgebahrung in den Monaten Juli bis September morgen veröffentlicht werde, und die Annahme der Anträge des Finanz⸗ ausschusses empfohlen hatte. Der Finanz⸗Minister Szell wies auf die Rede hin, die er anläßlich der Unterbreitung des Budgets gehalten, und sagte, daß er es nicht für nothwendig erachte, jetzt seine Ansichten nochmals auseinanderzusetzen. Ignaz Helffy be⸗ fürwortete sein Separatvotum. Zsedenyi sprach für die An⸗ nahme der Vorlage. Er drückte die Hoffnung aus, daß die Regierung auch noch an den zu votirenden Sum⸗ men Ersparnisse durchführen, dieselben aber jedenfalls als Maximalausgaben berechnen werde. Sollten die Einnahmen geringer ausfallen, als sie präliminirt worden, müsse dieser Aus⸗ fall jedenfalls auf einer anderen Seite erspart werden, und dies sei nicht so unmöglich, namentlich wenn der Staat die ver⸗ schiedenen Unternehmungen aufgeben würde. Den anzulegenden Reservefonds dürfe der Finanz⸗Minister keineswegs zur Deckung eines Defizits verwenden. Benjamin Kalley (rechte Opposition) erkärte, daß er das Budget eben so wenig, wie die Steuer⸗ erhöhung acceptire, nachdem die Regierung mit keinem Schritte bewiesen habe, daß sie den Staatshaushalt auch wirklich regeln werde.

12. November. (W. T. B.) Nach den amtlichen Aus⸗ weisen der Staatskassenverwaltung betrugen die Staats⸗ einnahmen in den ersten 9 Monaten dieses Jahres 5,366,566 Fl. mehr, die Ausgaben 11,966,695 Fl. weniger, als im vorigen Jahre. 8

Schweiz. Bern, 12. November. (W. T. B.) Der Präsident des Bundesgerichts Dr. Blumer ist heute in Lausanne gestorben. Kasimir Pfyffer, der von 1848 bis 1863 das Amt des Bundesgerichts⸗Präsidenten bekleidete, starb gestern in Luzern.

Großbritannien und Irland. London, 11. November. Der Prinz von Wales vollendete am 9. d. M. sein 34. Lebensjahr. Der Geburtstag des Thronfolgers wurde in London, Windsor und Sandringham. in der üblichen Weise festlich begangen. Die Quartiere des Westendes von London waren zu Ehren des Ereignisses am Abend glänzender als je illuminirt. Eine Depesche aus Calcutta meldet die Ernen⸗ nung des General⸗Lieutenants Sir F. P. Heines zum Ober⸗ Befehlshaber der Truppen in Indien an Stelle von Lord Napier of Magdala, dessen Amtstermin abgelaufen ist.

Canada. Aus Quebeck wird unterm 10. d. per Kabel gemeldet: Die Regierung hat die Adresse in Erwiderung auf die Rede des Vize⸗Gouverneurs durchgesetzt, nachdem die Amen⸗ dements der Opposition mit großen Majoritäten niedergestimmt worden. .

Ueber die Festlichkeiten zu Ehren des Prinzen von Wales in Bombay wird der „Times“ von ihrem Spezial⸗ berichterstatter unterm 10. d. berichtet:

Der Empfang der eingeborenen Fürsten Seitens des Prinzen von Wales war großartig und glänzend. Hinter den Rajahs von Kolapur, Mysore, Udaypore, Kutch und Baroda kam Sir Salar Jung mit der Deputation des Nizam, in der sich viele Rajahs, Nabobs und Häuptlinge befanden. Der Geburtstag des Prinzen wurde in ganz Indien durch Salutschüsse gefeiert. Um 4 Uhr Nach⸗ mittags besuchte der Prinz die Admirale, unnd als er sich von ihnen verabschiedete, wurden Salutschüsse abgefeuert und die ganze Flotte war illuminirt. Bei seiner Landung wurde er von dem Vize⸗ könig und dem Gouverneur von Bombay empfangen. Der Prinz, der Vicekönig und der Gouverneur machten hierauf mit ihrem Gefolge in sieben Equipagen eine zweistündige Fahrt durch die glänzend illu⸗ minirten Straßen Bombays. Die Meilen von Lampen boten einen feenhaften Anblick, und die Eingeborenen entfalteten auf der ganzen Rounte ungewöhnlichen Enthustasmus. Der Vizekönig verabschiedet

morgen von dem Prinzen und begiebt sich nach Mittel⸗Indien und Rajputana. Das Thermometer zeigt 88 Grad. Bombay prangt noch immer im Festesschmucke, und es herrscht lebhafte Be⸗ wegung, da ein solches Schauspiel daselbst noch niemals geboten wurde. Der Prinz dankte dem Gouverneur für die zu seinem Empfange ge⸗ troffenen Arrangements. Die Besatzungen der „Serapis“ und des „Osborne“ wurde festlich bewirthet. Außer den Häuptlingen und ihren Gefolgen sind Tausende von Eingeborenen in Bombay ver⸗ sammelt. Der Nizam ließ sich wegen Kränklichkeit entschuldigen. Sir Salar Jung wurde gut empfangen.

Die neueste Depesche des Dr. Russell aus Parell (Bombay), 11. Rovember, berichtet:

Der Vizekönig verabschiedete sich von dem Prinzen von Wales ig Parell nach dem Empfange der Sirdars in herzlicher Weise. ige der Letzteren waren enttäuscht, weil bei der L⸗vée nicht län⸗

rere Audienzen gegeben wurden. Den Angaben des Sekretariats zu⸗

folge wurden 800 Personen, hauptsächlich opäer und Parsen, vor⸗ gestellt. Der Rajah von Kolapore erschien in großer Gala. Der Prinz sprach die Hoffnung aus, daß der Tod des letzten Rajahs den gegenwärrigen Rajah nicht verhindern würde, England zu besuchen. Er vernahm mit Vergnügen, daß der Raja. Fortschritte in seiner Ausbildung gemacht habe, und bemerkte, es sei ein großer Vortheil für ihn, daß er im Stande sei, englisch zu sprechen. Der Prinz machte ihm eine Diamanten⸗Tabatière, einen Krummsäbel, ein Miniatur⸗ bild, Bücher, sowie eine Medaille zum Geschenk. Er empfing ein Schwert und einen Dolch. Zunächst wandte sich Se. König⸗ liche Hoheit an den Häuptling von Udeypore, dem er sein Bedauern darüber ausdrückte, daß er wegen Mangel an Zeit die auptstadt seiner alten und tapferen Dynastie nicht besuchen könne.

Er überreichte ihm einen Krummsäbel, eine Büchse, eine Medaille, sein Portrait, sowie eine Diamanten⸗Tabatibre und verschiedene Bücher. Er empfing Geschenke von ähnlichem Werth. Dann wurde der jugendliche Guikowar von Baroda vorgestellt. Der Prinz be⸗ merkte, er werde seine Carrière mit Interesse verfolgen, und empfahl ihm dringend, seine Studien im Englischen und in der Reit⸗ kunst nicht zu vernachlässigen. Er überreichte ihm eine Reitpeitsche, einen Krummsäbel, eine Diamanten⸗Tabatière, Bücher und einen Ring. Die Aeußerungen des Prinzen erzeugten einen günstigen Ein⸗

druck. Bei dem Diner im Gouvernementspalast waren 82 Couverts gelegt. Die Tischgesellschaft bestand hauptsächlich aus Beamten und deren Damen. Am Abend erschien der Prinz in Begleitung des Gouverneurs und seines Gefolges auf dem vom Byculla⸗Klub den Offizieren des Geschwaders veranstalteten Balle, der sehr glänzend war. Der Vizekönig hat Bombay verlassen, um eine Rundreise durch die bisher noch nicht besuchten Staaten von Rasputana zu unternehmen. Die Folgen des Besuches des Prinzen nehmen größere Dimensionen an. Während des gestrigen Tages wohnte der Prinz auch einem großen Schulfest an, bei welcher Gelegenheit über 7000 Schulkinder aller Kasten festlich bewirtbet wurden. Die Kinder sangen bei dieser Gelegenheit die ins Hindostanische übertragene Hymne „God bless the Prince of Wales“.

Frankreich. Paris, 12. November. (W. T. B.) Das Ergebniß der gestrigen Abstimmung der Nationalversamm⸗ lung über den Wahlmodus bei den politischen Wahlen erregt große Sensation. Wie aus parlamentarischen Kreisen verlautet, wären die Konservativen jetzt sehr geneigt, auf eine möglichst baldige Auflösung der Nationalversammlung einzugehen.

Versailles, 12. November. (W. T. B.) National⸗ versammlung. Die zweite Lesung des Wahlgesetzes wurde fortgesetzt, die Artikel 15 21 wurden genehmigt. Ein Amendement, wonach die Uebernahme eines Mandats zu der gesetzgebenden Versammlung unentgeltlich erfolgen und eine Ent⸗ schädigung daher nicht stattfinden sollte, wurde abgelehnt. Zur Berathung des Munizipalgesetzes wurde der nächste Montag bestimmt. Der Justiz⸗Minister Dufaure hat das neue Preß⸗ gesetz vorgelegt. Nach demselben sind die meisten Preßdelikte, wie seither, der Kompetenz der Schwurgerichte überwiesen, nur einige Preßvergehen werden von den Zuchtpolizeigerichten abge⸗ urtheilt. Bei Beleidigung auswärtiger Souveräne tritt auf An⸗ trag des Ministers des Auswärtigen die gerichtliche Verfolgung von Amtswegen ein. Mit der Annahme des Preßgesetzes erfolgt die Aufzebung des Belagerungszustandes an allen Orten, aus⸗ genommen in Paris, Lyon, Marseille, Versailles und Algier, wo derselbe noch bis zum 1. Mai 1876 bestehen bleibt.

Spanien. Barcelona, 12. November. (W. T. B.) Gestern haben sich abermals 548 Carlisten den Regierungs⸗ behörden gestellt, nachdem eine Streifschaar derselben an⸗ gegriffen und zersprengt worden war.

Italien. Rom, 9. November. Heute Morgen sind der Minister⸗Präsident und der Minister des Auswärti⸗ gen nach der Hauptstadt zurückgekehrt. Der Minister für Handel, Gewerbe und Ackerbau hat heute im Namen des Königs den vierten Kongreß von Vertretern der italienischen Handels kammern im großen Saale der Horatier und Curatier des Konservatorenpalastes auf dem Kapitol eröffnet. Der Präsident der römischen Handelskammer und nach ihm der Bürgermeister Venturi gaben ihre Freude zu erkennen, die Vertreter der großen italienischen Handelsplätze in Rom ver⸗ einigt zu sehen, um die Interessen des italienischen Handels zu berathen. Der Minister und die Ministerialbeamten, der Präfekt und der Bürgermeister verließen darauf den Saal. Die Ver⸗ sammlung, etwa 100 Delegirte zählend, wählte darauf C. Guer⸗ rini zum Präsidenten und zu Stellvertretern desselben die Präsi⸗ denten der Handelskammern von Mailand, Turin, Genua und Neapel. Die zur Untersuchung der sizilianischen Zu⸗ stände ernannte Kommission ist am 5. d. Mts. auf dem Kriegsschiffe „Messagere“ im Hafen von Palermo angekommen. Mehrere sizilianische Parlamentsdeputirte, der stellvertretende Präfekt, der Bürgermeister, der Präsident des Provinzialraths, der Quästor und andere Civil⸗ wie Militärbeamte nahmen sie am Ausschiffungsplatze in Empfang und begleiteten sie in das Hotel Trinacria, wo die Kommission ihr Ouartier aufschlug. Ein Bataillon Linien⸗Infanterie war aufgestellt und die Regimentskapelle spielte den Königsmarsch auf.

Griechenland. Athen, 12. November. (W. T. B.) Die mit der Untersuchung gegen die früheren Minister Va⸗ lassopulos und Nikolopulos beauftragte Kommission der Deputirtenkammer hat dieselben einem Verhör unter⸗ zogen und darauf die Untersuchungshaft gegen sie verhängt. Die Kammer hat dem Antrage des Ausschusses gemäß das Gesetz angenommen, durch welches 31 in der vorigen Session mit ungenügender Stimmenzahl beschlossene Gesetze für ungültig erklärt werden.

Türkei. Konstantinopel, 11. November. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Agence Havas⸗Reuter“ wäre man in Folge hier eingelangter Nachrichten nicht ohne Besorgnisse wegen Ruhestörungen, die in Bulgarien ausbrechen könnten. In dem Befinden des Großvezirs ist eine Verschlimmerung ein⸗ getreten und gilt sein Zustand als bedenklich.

Die „Politische Korrespondenz“ vom 12. d. M. meldet aus Belgrad, daß, da die serbische Regierung die Mittheilung erhalten habe, daß beträchtliche türkische Truppenkörper aus dem Lager von Nisch in das Innere des Reichs zurückbeordert wor⸗ den seien, auch der Rück marsch der serbischen Truppen von der Grenze angeordnet worden sei und daß deshalb auch der beabsichtigte Abmarsch der Belgrader Miliz an die Grenze unterbleibe.

Nußland und Polen. St. Petersburg, 11. November. Ein Theil des Chanats Kokand ist unter russische Verwal⸗ tung gestellt worden. Dieser Akt ist durch einen Tagesbefehl des General⸗Adjutanten Kaufmann, datirt vom 25. September (a. St.), aus dem Bivouak bei der Furth Min⸗Bulak am rechten Ufer des Syr⸗Darja, vollzogen worden, der an der Spitze der letzteinge⸗ troffenen Nummer der „Turkest. Ztg.“ in folgendem Wortlaut abgedruckt ist: „Bis zur Allerhöchsten Genehmigung gehen die Landstriche am rechten Ufer des Syr⸗Darja von unserer Grenze gegenüber der Ansiedelung Obchurek bis zum Fluß Naryn, die bisher zum Bestande der Besitzungen des Chans von Kokand gehörten, von heute ab in russische Verwaltung über. Zum Chef dieser Verwaltung im Namanganschen Gebiet und der in demselben zurückbleibenden Truppen wird der Flügel⸗Adjutant Oberst Skobelew ernannt.“ Ein zweiter Tagesbefehl überträgt den durch die Ernennung des Obersten Skobelew freigewor⸗ denen Posten des Chefs der Kavallerie des Detachements dem Oberst⸗Lieutenaut von Brevern. Die Kaschgarische Ge⸗ sandtschaft hat am 7. November Abends auf der Nikolai⸗ bahn die Rückreise in ihre Heimath angetreten.

Amerika. (A. A. C.) Aus New⸗York wird unterm 10. ds. per Kabel gemeldet: Vize⸗Präsident Wilson in Washington hatte heute im Bade einen zweiten Schlag⸗ anfall. Man hält jedoch seine baldige Wiedergenesung für ge⸗ wiß. Die letzte Anwesenheit des Präsidenten Grant in Utah dürfte, wie aus Washington gemeldet wird, eine ent⸗ schlossenere Politik Seitens der Regierung der Vereinigten Staaten gegen die Mormonen zum Ergebniß haben. Der Präsident ist dem Vernehmen nach zu der entschiedenen Ansicht gelangt,

daß die Mormonen als Personen behandelt werden sollten,

welche absichtlich den Gesetzen der Union Trotz bieten, und ge⸗ zwungen werden sollten, den Gesetzen, ebenso wie andere Bürger, Gehorsam zu leisten.

Asien. Dem Reuterschen Bureau wird aus Singapore vom 10. d. M. telegraphirt: Gouverneur Jervois ist von Pe⸗ rak hierher zurückgekehrt. Den neuesten Berichten zufolge wurde der Leichnam des von den Eingebornen ermordeten Mr. Birch im Flusse gefunden. Fünfzehnhundert Mann britische Truppen sind von Kalkutta und Hongkong auf dem Marsche, um an den weiteren Operationen gegen die Malayen Theil zu nehmen.

Pr. 46 des „Central⸗Blatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt, hat folgenden Inhalt: Allge⸗ meine EBbb Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Münzwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. Maß⸗ und Gewichtswesen: Nachträge zur Eich⸗ ordnung vom 16. Juti 1869, zum Erlasse vom 15. Februar 1871 und zur Instruktion vom 10. Dezember 1869. Zoll⸗ und Steuerwesen: Bundesrathsbeschluß, betreffend zollamtliche Behandlung der Güter auf Eisenbahnen; Veränderung der deutschen Zollgrenze und damit zusammenhängende Veränderungen bei Steuerstellen. Marine und Schiffahrt: Bekanntmachung, betreffend Ergänzung des § 23 der Schiffsvermessungs⸗Ordnung vom 5. Juli 1872; Beginn von See⸗ steuermanns⸗ ꝛc. Prüfungen; Hafenabgaben in Honfleur. Justiz⸗ wesen: Uebereinkunft zwischen der Kaiserlich deutschen und der König⸗ lich belgischen Regierung wegen gegenseitigen Verzichts auf die Bei⸗ bringung von Trauerlaubnißscheinen. Heimathswesen: Entscheidun⸗ gen des Bundesamts für das Heimathwesen. Konsulatwesen: Er⸗ nennungen ꝛc. Personalveränderungen ꝛc.: Ernennungen beim Rech⸗ nungshofe.

Die Nr. 86 des „Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 10. November 1875. Einziehung der Dreipfennigstücke durch die Landeskassen. Bescheidungen: vom 5. November 1875. Weiter⸗ sendung von postlagernden Chiffre⸗Briefen unter der Adresse einer be⸗ stimmten Person.

Reichstags⸗Angelegenheiten.

„In der gestrigen Sitzung der Konkursordnungs⸗Kom⸗ mission des Reichstages gelangte dieselbe bis zu §. 19 des Entwurfs, erkl., und genehmigte §. 1— 18 in der Fassung der Regierungsvorlage. Ven den gestellten Anträgen sind folgende hervorzuheben: §. 4, 2, welcher dem Reichskanzler, mit Zustimmung des Bundesraths, die Anwendung eines Vergeltungsrechts ausländischen Gläubigern gegen⸗ über gestattet, beantragte Abg. Frankenburger zu beseitigen und dafür die Anwendung eines Vergeltungsrechts gegenüber den Konkursgläu⸗ bigern in Staaten, zwischen denen und dem Deutschen Reiche Gegen⸗ seitigkeit nicht besteht, den Gerichten selbständig zu überlassen. Dieser Antrag wurde verworfen. Ein fernerer Antrag des Akg. Frankenbur⸗ ger zu §. 11, daß während der Dauer des Konkursverfahrens zu Gunsten einzelner Konkarsgläubiger Arreste und Zwangsvollstreckungen in dasjenige Vermögen des Gemeinschuldners stattfinden, weiches er nach Eröffnung des Konkarses durch Erbschaft, Vermächtniß, Schen⸗ kung, Glücksfälle erwirbt, wird von der Kommission, als an sich bverechtigt, anerkannt, die Beschlußfassung darüber jedoch verschoben. Die nächste Sitzung der Konkursordnungs⸗Kommission findet Montag statt.

Nr. 32 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Telegraphen⸗Verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügung vom 6. November 1875: Sorgfältige Berichtigung und Ergänzung der Stationsverzeichnisse, Tarife ꝛc.; Bescheidung vom 7. November 1875: Verfügung der Kaiserlichen General⸗Direktion der Telegraphen vom 7. November 1875 an sämmtliche Kaiserliche Telegraphen⸗Direk⸗ tionen, betreffend Telegraphen⸗Apparate.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. in Mailand erscheinende „Lombardia“ schreibt: In einem Saale unseres Stadthauses ist gegenwärtig Tizians Danas ausgestellt, welche die russische Regierung kürzlich für 630,000 Lire angekauft hat. Tizian malte dasselbe im Jahre 1530 zu Beologna und hatte zum Modell die Tochter seines Freundes Palma Vecchio, Namens Violante. Eine Magistratsperson in Bologna erstand vor an⸗ deren Bewerbern das Meisterwerk um die Summe von 1200 Goldscudi. 1796 gelang es seinem Nachkommen und Erben, das Bild den Nach⸗ forschungen der Franzosen, welche es nach Paris schaffen wollten, zu entziehen. Er ließ es nämlich mit einer Wildschweins jagd in Wasser⸗ farben übermalen. Dieser Besitzer starb im Jahre 1800; seine Erben stritten sich um das Bild, und ihre Prozesse darüber dauerten bis 1860. Das ursprüngliche Bild war nach mannichfachen Schicksalen von einem italienischen Künstler wieder hergestellt worden. 8

Aus Düsseldorf, 11. November, schreibt man der „Köln. Ztg.“: Am 8. November entdeckte Hr. Direktor Palisa in Pola wiederum im Sternbilde des Widders noch einen Planeten zwölfter Größe, dessen Ort so angegeben ist:

mittlere Zeit Pola Rectascension nördliche Deklination 8. Nov. 12 Uhr 14 M. 3 Uhr 0 M. 12 S. + 19 Grad 8 Durch diesen neunten österreichischen Planeten wird die Anzahl der bekannten kleinen Planeten auf 155 gebracht, von welchen im gegen wärtigen Jahre 15 entdeckt sind.

Gewerbe und Handel.

Die Actien⸗Gesellschaft „Saline und Soolbad Salzun gen⸗ hat die Genehmigung zur beabsichtigten Emission von 1,500,000 Mark Prioritäts⸗Aktien erhalten; es soll dieser Erweiterung des Ge⸗ sammt⸗Kapitals gegenüber eine Reduktion des Aktien⸗Kapitals um 850,000 Thlr. vorgenommen werden.

Der Aufsichtsrath der Nürnberger Aktien⸗Brauere (Heinrich Henninger) hat die Dividende für das am 30. Sep⸗ tember cr. abgelaufene Geschäftsjahr auf 6 *+ festgesetzt. In den beiden verangegangenen Jahren waren je 8 + zur Pertheilung ge kommen. : 8 Die Bank für Süddeutschland in Darmstadt fordert die Inhaber der von ihr ausgegebenen Banknoten, wie aus einer im öffentlichen Anzeiger enthaltenen Bekanntmachung zu ersehen, wiederholt auf, längstens bis zum 31. Dezember d. J. die Einlösang derselben zu bewirken, widrigenfalls sie als werthlos verfallen.

St. Petersburg, 13. November. (W. T. B.) In der heuti⸗ gen Nummer des Regierungsanzeigers wird ein Kaiserlicher Ukas an den Senat vom 11. d. veröffentlicht, in welchem die Kom⸗ mission zur Liquidirung der Geschäfte der Moskauer Kommerz⸗ und Leihbank vom Kaiser bestätigt und die sofortige Ausführung des derselben ertheilten Auftrags anbefohlen wird.

Berkehrs⸗Anstalten.

Nr. 89 der „Zeitung des Vereins deutscher Eisen bashn⸗Verwaltungen“ hat folgenden Inhalt: Verein deutscher Eisenbahn⸗Verwaltungen: Bayerische Verkehrsanstalten, Plattling⸗ Mühldorf eröffnet ꝛc. Beilage: Coursblatt vom 30. Oktober 1875.

In den nächsten Tagem wird eine neue bis auf die Gegen⸗ wart vervollständigte und berichtigte Ausgabe des von deia technischen Bureau der Magdeburg⸗Halberstädter Eisenbahn herausgegebenen „Norddeutschen Eisenbahn⸗Kursbuches“ erscheinen. Wir benutzen diese Gelegenheit, um in Ergänzung der von nus bereits in Nr. 253 veröffentlichten Ankündigung des empfehlenswerthen Werk⸗ chens mitzutheilen, daß dasselbe außer bei sämmtlichen Billet. Expe⸗ ditionen der ꝛc. Eisenbahn auch durch die Rezistratur derselben zu Magdeburg zum Preise von 50 zu haben ist. 1

Plymouth, 12. November. (W. T. B.) Der fällige Dampfer

Die

aus Westindien „Moselle“ ist eingetroffen.