soweit dieselben noch als Standesregister gelte soll es III. der gemeinschaftlichen Verfügung der Staats⸗ und der Kirchenbehörden bedürfen für die Veränderung be⸗ seehender sowie die Bildung neuer Pfarrbezirke. IV. sollen die Punkte und Rechtshandlungen aus dem Kreise der kirchlichen⸗ Vermögensverwaltung zusammengestellt werden, bei denen es einer Genehmigung der Staatsbehörde bedarf, wie sie sich aus der allgemeinen Aufsicht des Staats über das Kirchenwesen ab⸗ leitet. Der Ober⸗Kirchenrath hält eine solche Genehmigung außer den im Gesetz vom 25. Mai 1874 vorgeschriebenen Fällen erforderlich bei dem Erwerb, der Veräußerung oder der ding⸗ lichen Belastung von Grundeigenthum, bei der Veräußerung von Gegenständen, welche einen geschichtlichen, wissenschaftlichen oder Kunstwerth haben, bei Anleihen, beim Bau neuer für den Gottesdienst, die Geistlichen oder andere Kirchendiener be⸗ ammezer Gebäude, bei Anlegung oder veränderter Benutzung von Begräbnißplätzen, bei Einführung oder Veränderung von Stolgebührentaxben, bei Ausschreibung oder Abhaltung von Saäammlungen außerhalb der Kirchengebäude, bei einer Verwen⸗ dung des kirchlichen Vermögens zu anderen als den bestim⸗
ungsmäßigen Zwecken, außerhalb der in §. 31 der Synodal⸗ Ordnung vom 10. September 1873 zugelassenen Grenzen. In Betreff der Schenkungen soll es bei dem Gesetz vom 23. Februar 1870 bewenden. V. Das erwartete Staatsgesetz soll der staat⸗ lichen Oberaufsichtsbehörde das Recht geben, von der kirchlichen
ermögensverwaltung Einsicht zu nehmen, zu diesem Behufe die Etats und die Rechnungen einzufordern, sowie außerordent⸗ liche Revisionen vorzunehmen und auf Abstellung der etwa vor⸗ gefundenen Gesetzwidrigkeiten zu dringen. Dasselbe soll VI. auch aussprechen, daß die auf dem landesherrlichen Patronat beruhen⸗ den vermögensrechtlichen Befugnisse und Obliegenheiten der Staatsbehörden durch gegenwärtiges Gesetz nicht berührt werden, ebenso, daß es in Betreff der Besetzung der kirchlichen Aemter landesherrlichen Patronats und der kirchen⸗ regimentlichen Aemter bei den bestehenden Bestimmungen be⸗ wendet. Ob VII. in Bezug auf die Staatsfonds für kirchliche Zwecke die Synode die Erwartung aussprechen will, daß bis zur Beschaffung einer Dotation der Landes⸗ kirche die jetzt im Staatshaushalts⸗Etat für Bedürfnisse derselben bewilligten Mittel diesem Zwecke nicht entzogen werden, glaubt der Ober⸗Kirchenrath der Synode lediglich überlassen zu müssen. In Betreff der kirchlichen Fonds wird schließlich noch darauf hingewiesen, daß sich der Antrag empfehle, durch Allerhöchsten Erlaß die Verwaltung derselben, so weit solche von den Pro⸗ vinzialregierungen und dem Minister der geistlichen Angelegen⸗ heiten geübt ist, auf die entsprechenden Provinzialkonsistorien und den Evangelischen Ober⸗Kirchenrath zu übertragen.
— Der feierliche Synodal⸗Gottesdienst, welcher, wie bereits erwähnt, gestern Vormittag stattfand, hatte die weiten Kirchenräume des Domes bis auf den letzten Platz gefüllt. Im Schiffe hatten die Mitglieder der Synode selbst Platz genommen, auf den Galerien hatte sich ein zahlreiches Publikum versammelt; in der Hofloge wohnten Se. Majestät der Kaiser dem
feierlichen Akte bei.
Der Gottesdienst begann mit dem Gesange des Chorals: „O heil ger Geist, kehr' bei uns ein“. Die Liturgie, in welcher neben dem Gemeindegesang der Königliche Domchor den Psalm: „Lasset uns frohlocken“ mit vollendeter Meisterschaft vortrug, hielt der Ober⸗Hof⸗ und Domprediger Dr. Kögel ab. Nach Ab⸗ legung des Glaubensbekenntnisses bestieg der General⸗ Superintendent Dr. Brückner die Kanzel zur Festpredigt. Derselben lagen aus dem 2. Brief Pauli an Timotheus die Worte zu Grunde: „Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Zucht. Amen.“ Nach einem herzlichen Gruß an die Synodalen warf Dr. Brückner einen Blick auf die gegenwärtige Lage der Kirche und auf die Aufgaben der Synode, die vor Allem des göttlichen Geistes bedürfe.
Die Synode trete an der Grenzscheide des alten und des neuen Kirchenjahres zusammen; die letzten Ausgänge und die ersten Anfänge der heiligen Geschichte treten zugleich in ihren Gesichtskreis ein und weisen ihr die richtigen Wege und Ziele an. Wenn auch der Glaube und der Bekenntnißstand unberührt bleiben, so sei doch ihre Aufgabe von höchster Bedeutung. Wenn es wieder nicht gelinge, die Kircen⸗ verfassung zum Abschluß zu bringen, so werde der evangelische Kirchen⸗ komplex fort und fort in einem Stadium der Unfertigkeit verharren, welchen unter den heutigen Verhältnissen die evangelische Kirche am allerwenigsten ertragen könne. Das ganze evangelische Volk sehe mit Spannung auf die jetzigen Verhandlungen, und die Synodalen müßten sich bewußt bleiben, daß sie verantwortlich seien nicht blos vor dem Richterstuhle der Geschichte, sondern auch vor dem An⸗ gesichte Gottes. Aber nicht mit Furcht, sondern mit der Kraft der Liebe und der Zucht müsse das große Werk beginnen. Wohl sei die Zeit eine schwere. Die Religion drohe, aufzuhsren das belebende und reinigende Element in unserem Volke zu sein, der Materialismus greife immer weiter um sich; aber gerade in dieser Zeit sei es die denkbar höchste Aufgabe der Kirche, dem Volke die Kleinodien des evangelischen Glaubens und der evangelischen Sitte zu erhalten. Leider aber sehe man die Diener der Kirche ermatten, allenthalben einen Mangel an Theologen eintreten, und die Kirche erscheine gelähmt. Das Charakteristische der Lage sei das Zusammentreffen so vieler ver⸗ schiedener Aufgaben, und bei solcher Lage müsse man zu⸗ nächst die Werkstätten bauen, ehe man ans Werk selbst gehe. Sollte es nicht gelingen, bei so vielen wider⸗ strebenden Ansichten das Verfassungswerk zu Ende zu bringen, so würde das zunächst unsere preußische Landeskirche betreffen; würde diese aber unter einer Katastrophe zusammenbrechen, so wäre ein Rüͤck⸗ schlag auf die anderen Kirchen unvermeidlich. Und doch dürfe man der unvergänglichen Lebenskraft der Kirche vertrauen; mögen ihre Formen brechen, so bleibe doch ihr Wesen bestehen, und sollte man an die Auflösung dieser Kirche gehen wollen, so würde man erst ihre Widerstandskraft erfahren. Aber heute müssen auch die Diener der Krche fest auf ihrem Posten verharren. Der Zugang zum Volke sei ihnen nicht verwehrt; ste müßten ihn nur suchen, sie bedürfen der Erkenntniß der Zeit, eines offenen Auges und der heiligen Vor⸗ sicht, die nach den Lehren der Geschichte die Fundamente der Zukunft legt. Aber vor Allem bedürfen die Diener der Kirche, b5. dürfen die Mitglieder der Synode der Kraft der evangelischen W ahrheit d. i. der Schwer⸗ und Schwungkraft des Protestantismus, um zu gutem Abschluß der Arbeiten zu gelangen. Was sie weiter brau hen, sei der Geist der heiligen Liebe, die keine schroffen Gegen⸗ sätze, keine Parteiparole, keinen leidenschaftlichen Groll kenne. Wenn auf de Synode statt des herzlichen Entgegenkommens die sich selbst überscha tzenden Leidenschaften und die Erbitterung herrsche, dann sei ihr Zw & von vornherein verfehlt. Die Synode solle nicht eine Hierarchie aufbauen, welche die Gewissen bindet, sie solle aber auch die Anarch. ie vermeiden, welche die Gewissen verwirrt, und im Geiste der evangeli schen Liebe, Zucht und Wahrheit bitte er, an die Arbeit zu gehen und dieselbe zu vollenden zum Segen des Vaterlandes, zur Freude des erlauchten Königs und Herrn.
Mit dem Schlußgebet und dem Gesange „Weg hast du allerwegen“ schloß die erhebende Feier.
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung der außer⸗ ordentlichen General⸗Synode ersuchte der Präsident der⸗ selben, Graf zu Siolberg⸗Wernigerode, nach §. 5 der Instruk⸗ tion die Synodalen Mila (Berlin), Henschke (Bromberg),
1“ ö1u“
Sodann Pfeiffer (Fraustadt) und Przygode (Leobschütz), zur Aushülfe in
das Bureau der Synode einzutreten. Dieselben erklärten sich
dazu bereit.
Der Evangelische Ober⸗Kirchenrath theilte mit, daß er die Ober⸗Konsistorial⸗RKäthe Hermes und Dr. Brückner zu seinen Kommissarien ernannt habe.
Bevor die Synode in die Tagesordnung eintrat, theilte der Präsident mit, daß der Synodale Bartels (Gütersloh) noch nicht eingetreten sei, weil er noch keinen Urlaub erhalten habe. Er ersuche die Synode, sich deshalb an den Justiz⸗Minister zu wenden. Der Ministerial⸗Direktor Dr. Förster bat, das Gesuch an den Minister für geistliche ꝛc. Angelegenheiten zu richten, der aufs Schleunigste für das Erscheinen des Synodalen Bartels Sorge tragen werde.
Der erste Punkt der Tagesordnung betraf die Beschlußfas⸗ sung über die Frage, wie die Legitimationen der Synodalmitglie⸗ der festzustellen seien. Der vom Synodalen v. Kleist⸗Retzow gestellte Antrag, das Präsidium mit der Prüfung der Legitima⸗ tionen zu betrauen, wurde ohne Diskussion angenommen.
Die Synode ging sodann zum zweiten Gegenstand der Tagesordnung über, den Antrag der Synodalen v. Horn, Schra⸗ der und Genossen. Der Antrag lautet: 8
„Die Generalsynode wolle beschließen, an Se. Majestät den Kaiser und König eine Dankadresse für die Zusammenberufung der Synode zu richten und mit Abfassung derselben eine Kom⸗ mission von fünf Mitgliedern zu betrauen.“
Der Synodale Schrader erklärte als Mitantragsteller, daß er vernommen, daß es die ursprüngliche Absicht des Präsidenten gewesen sei, eine Audienz bei Sr. Majestät nachzusuchen. Da er überzeugt sei, daß das Präsidium die Gefühle der Synode, ihren Dank, ihre Ehrfurcht und das Bewußtsein ihrer Verant⸗ wortlichkeit würdig vor Sr. Majestät zum Ausdruck bringen werde, so ziehe er den Antrag formell zurück. — Der Beschluß der Versammlung geht dahin, das Präsidium zu beauftragen, eine Audienz bei Sr. Majestät dem Kaiser und König nachzusuchen und Allerhöchstdenselben die Gefühle des Dankes, der Treue und der Ehrerbietung darzubringen.
Der letzte Punkt der Tagesordnung ist der anfolgende An⸗ trag der Synodalen Dr. Hegel, Dr. Techow und Genossen:
Die Hochwürdige Generalsynode wolle zur Ergänzung der Geschästsordnung vom 18. Oktober d. J. beschließen:
1) Der Entwurf der General⸗Synodalordnung wird zweimal im
Plenum berathen. 2) Die erste Plenarberathung beginnt nach der Wahl des Vor⸗
standes der Synode.
3) Der Kommission zur Vorbereitung der Spezialberathung (§. 24) werden im Laufe der Plenarberathung diejenigen Abschnitte, Paragraphen oder Artikel des Entwurfs überwiesen, welche nach Be⸗ schluß der Synode einer weiteren Vorbereitung bedürfen. Der Antrag auf Ueberweisung an die Kommission kann zu jeder Zeit bei der Plenarberathung gestellt werden.
4) Die Wahl der Kommission findet statt nach Abschluß der ersten einleitenden allgemeinen Berathung (§. 22).
5) Nach dem Schlusse der ersten Plenarberathung des ganzen Entwurfs veranlaßt der Präses den Druck der Zusammenstellung der gefaßten Beschlüsse mit dem Entwurf. Sobald dieselbe vertheilt worden, erfolgt die zweite und letzte Plenarberathung auf Grundlage dieser Zusammenstellung.
6) Abänderungsanträge zu dem Entwurf der General⸗Synodal⸗ ordnung können zu jeder Zeit bis zum Schlusse der Plenarberathung über den betreffenden Abschnitt, Paragraphen oder Artikel gestellt und dem Präses schriftlich übergeben werden. Empfängt der Präses solche Anträge früher, als am Tage der bezüglichen Plenarberathung, so hat er den Druck und die Vertheilung derselben zu veranlassen.
) Abänderungsahkräge, welche der Synode nicht gedruckt vor⸗ gelegen haben, müssen, wenn sie angenommen worden, in der nächsten Sitzung nach deren Druck und Vertheilung ohne weitere Berathung nochmals zur Abstimmung gebracht werden.
8) Wird ein Abschnitt, Paragraph oder Artikel des Entwurfs einer Kommission zur Vorberathung überwiesen, so hat dieselbe auch die dazu gestellten Abänderungsanträge in Berathung zu ziehen.
An die einleitende Motivirung des Antrages durch den Synodalen Dr. Hegel knüpfte sich eine längere Debatte, an der sich die Synsdalen Graf v. Rittberg (Glogau), Hering (Arns⸗ berg), v. Diest (Daber), Dr. Techow (Berlin), Dr. Dorner (Berlin), v. Goßler (Königsberg) und v. Kleist⸗Retzow betheiligten. Der Präsident des Evangelischen Ober⸗Kirchenrathes Dr. Herrmann konnte zwar dem Antrag Hegel⸗Techow nicht zustimmen, erklärte aber, daß, wenn die Synode der Ansicht sei, daß ihre Berathun⸗ gen durch den in Rede stehenden Antrag gefördert werden, der Ober⸗Kirchenrath sich fügen werde.
Bei namentlicher Abstimmung wurde der Antrag Hegel⸗ Techow mit 100 gegen 88 Stimmen angenommen.
Der Präsident des Evangelischen Ober⸗Kirchen⸗Rathes, Dr. Herrmann, erklärte die Zustimmung dieser Behörde zum ge⸗ faßten Beschlusse.
— Die heutige (3.) Sitzung der Generalsynode wurde Vor⸗ mittags um 11 Uhr 30 Minuten durch den Präsidenten, Grafen zu Stolberg⸗Wernigerode, mit geschäftlichen Mittheilungen eröffnet. In derselben war der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten, Dr. Falk, anwesend.
Der einzige Gegenstand der Tagesordnung war die General⸗ 11S.n über den vorgelegten Entwurf einer General⸗Synodal⸗ ordnung.
Der Synodale Graf v. Krassow wandte sich in längerer Rede gegen den Entwurf, von dem er ein Heil für die Kirche nicht erwarten könne. Seine Bedenken wandten sich hauptsächlich gegen die §§. 4, 5 und 8 (Wirkungs⸗ kreis und Gesetzgebung). — Der Synodale Dr. Techow theilte die Bedenken des Vorredners, wenn auch von entgegen⸗ gesetztem Standpunkte aus. — Der Synodale von Kleist⸗Retzow sprach sich im Ganzen für die Vorlage aus, wenn er auch einige Bedenken hegte, von denen er hoffe, daß sie im Geiste geistlicher Liebe und Treue beseitigt werden. — Bei Schluß des Blattes ergriff der Synodale Dr. Beyschlag das Wort.
— Durch die Allerhöchste Ordre vom 20. Juli d. J. sind die Bestimmungen im §. 2 des Reglements vom 16/20. Juni 1867, nach welchen 1) Leute der Berliner Schutzmann⸗ schaft, welche im stehenden Heere oder in der Königlichen Marine neun Jahre gedient haben, nach fünfjähriger ununter⸗ brochener Dienstzeit in der Schutzmannschaft den Civil⸗Versor⸗ gungsschein, 2) Leute der Berliner Schutzmannschaft, welche ent⸗ weder 12 Jahre als solche gedient haben, oder welche einschließlich ihrer Militärdienstzeit 12 Jahre gedient haben, den Civil⸗ anstellungsschein erhalten können, auf sämmtliche Schutzmann⸗ schaften der Monarchie ausgedehnt worden.
Die Ausfertigung der Civilversorgungs⸗ und Anstellungs⸗ cheine für die Berliner Schutzmänner erfolgt in Gemäßheit des
.15, letztes Alinea des gedachten Reglements, durch das eneral⸗Kommando des Garde⸗Corps, und zwar der Regel nach
quartaliter, in dringenden, durch das Interesse der betreffenden Schutzmänner bedingten Fällen aber auch außer der Termins⸗
zeit. — In gleicher Weise sind nunmehr nach einer
““ 8 88
zwischen dem Minister des Innern und dem Krieg⸗ Minister getroffenen Verabredung die Civil⸗Versorgungs⸗ und Civil⸗Anstellungsscheine für die Mitglieder der übrigen König⸗ lichen Schutzmannschaften von den zuständigen General⸗Kom⸗ mandos zu ertheilen, dergestalt, daß den letzteren, ebenso wie dies bezüglich der hiesigen Schutzmannschaft bestimmt ist, auch die Entscheidung darüber zusteht, welcher dieser Scheine in dem einen oder anderen Falle zu gewähren ist.
Die Bezirksregierungen sind demgemäß angewiesen worden, vorkomwenden Falles die Betreffenden an das zuständige General⸗Kommando zu verweisen oder selbst den bezüg⸗ lichen Antrag dorthin zu richten, sich jedoch darauf zu beschränken, der genannten Behörde als Anhalt für die zu treffende Entscheidung lediglich die erforderlichen Notizen über die Führung des Nachsuchenden mitzutheilen, ohne hieran ein Urtheil über die Berechtigung desselben zur Civilversorgung oder Civilanstellung zu knüpfen.
— Durch ein Cirkular⸗Reskript vom 15. d. M. hat der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten in Betreff der Be⸗ stellung eines Kaplans zum Kirchenkassen⸗Ren⸗ danten bemerkt: daß nach 8. 10 Absatz 2 des Gesetzes vom 20. Juni d. J. durch Beschluß des Kirchenvorstandes ein dem⸗ selben nicht angehöriger, besonderer Rendant dann soll angestellt werden können, wenn, wie die Motive des Gesetzes hervorheben, die dabei in Betracht kommenden Verhältnisse dies als geboten oder zweckmäßig erscheinen lassen. Die Besoldung desselben würde, wie die Motive hinzufügen, gleichfalls von dem Kirchen⸗ vorstande näher zu bestimmen sein, jedoch, da es sich in einem solchen Falle um eine Bewilligung aus der Kirchenkasse zur Ausstattung einer neuen Stelle für den Dienst der Gemeinde handelt, gemäß §. 21 Nr. 10 des Gesetzes nur unter Zustim⸗ mung der Gemeindevertretung. Daß es unstatthaft sei, dem Pfarrer die Kassenverwaltung in dem Kirchenvorstande zu über⸗ tragen, habe der Minister bereits in seinem Erlasse vom 23. Sep⸗ tember d. J. zu erkennen gegeben. Ebenso wenig entspreche es den Intentionen des Gesetzes, die Bestellung eines anderen Geistlichen zum Rendanten zuzulassen, da, wie auch in den Motiven zum §. 28 ausdrücklich angedeutet sei, die Mitwirkung des geistlichen Standes bei der kirchlichen Vermögensverwaltung auf diejenigen Akte hat beschränkt werden sollen, für welche das Gesetz eine solche Mitwirkung ausdrücklich zuläßt. Die Staats⸗ behörde sei übrigens durch das Gesetz selbst vollkommen in den Stand gesetzt, einer Umgehung desselben, falls sie durch Bestellung eines Geistlichen zum Rendaten versucht werden sollte, wirksam entgegenzutreten. In dieser Beziehung komme zunächst in Betracht, daß der nach §. 60 Absatz 1 mit der Ausführung des Gesetzes beauftragte Minister der geistlichen Angelegenheiten ebensosehr das Recht, wie die Pflicht hat, darüber zu wachen, daß die Aenderung des Gesetzes auf gegebene Fälle überall den Vorschriften und dem Geiste desselben gemäß erfolge. Auf Grund dessen werde die Bestellung eines Geistlichen zum Ren⸗ danten nachdrücklich zu inhibiren sein, zugleich unter dem Hin⸗ weis, daß andernfalls die Mitglieder des Kirchenvorstandes sich der im §. 9 bestimmten civilrechtlichen Verantwortlichkeit aus⸗ setzen wuͤrden, außerdem aber die betreffenden Kirchenvorsteher und Gemeindevertreter die Einleitung des Verfahrens auf Ent⸗ lassung aus dem Amte nach §. 37 Nr. 2 zu gewärtigen hätten. Ferner werde der Regierungs⸗Präsident gemäß §. 52 des Gesetzes und Artikel 1 Nr. 3 der Verordnung vom 27. Sep⸗ tember d. J. den in dem Etat zur Besoldung eines Geistlichen als Rendanten etwa ausgeworfenen Posten zu beanstanden haben, um es dadurch zu verhindern, daß der letztere in Voll⸗ zug gesetzt werde. Sollte wider Erwarten auch dieser Anordnung entgegengehandelt werden, so würde nach Maßgabe des §. 53 Absatz 2 vorzugehen und zugleich die Auflösung der Gemeinde⸗ Organe in Gemäßheit des eventualiter aber nach näherer Vorschrift des §. 46 zu ver⸗ fahren sein.
— Nach der früheren preußischen Hypothekenordnung können gegen die Klage aus einer Hypothek Einreden aus dem persönlichen Schuldverhältniß einem Dritten, welcher ein Recht auf die Hypothek gegen Entgelt erworben hat, ent⸗ gegengesetzt werden, wenn über die abgetretene Forderung ein Hypotheken⸗Instrument nicht gebildet worden. Diese Bestimmung ist jedoch durch das Gesetz über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke vom 5. Mai 1872 aufge⸗ hoben. Nach diesem können dem Erwerber einer Hypotheken⸗ forderung, gleichviel ob ein Hypothekeninstrument über die ein⸗ getragene Forderung gebildet ist oder nicht, Einreden aus dem persönlichen Schuldverhältniß nur in dem Falle entgegengesetzt werden, wenn diese Einreden dem dritten Erwerber vorher be⸗ kannt geworden sind oder sichaus dem Grundbuch ergeben. (Erkennt⸗ niß des Ober⸗Tribunals, III. Senat, vom 6. September d. J.) „Nach H§. 38 des Gesetzes über den Eigenthumserwerb und die dingliche Belastung der Grundstücke ꝛc. vom 5. Mai 1872 kön⸗ nen gegen die Klage aus einer Hypothek Einreden aus dem persönlichen Schuldverhältniß einem Dritten, welcher ein Recht auf die Hypothek gegen Entgelt erworben hat, nur entgegen⸗ gesetzt werden, wenn sie ihm vorher bekannt geworden sind oder sich aus dem Grundbuch ergeben, und Einreden gegen das Ver⸗ fügungsrecht des Klägers aus der Person und seines eingetra⸗ genen Rechtsurhebers sind sowahl gegen die Klage aus einer Grundschuld, als gegen die aus einer Hypothek unzulässig. Hiernach also ist die Sicherheit dessen, der eine Hypothek gegen Entgelt erworben hat, gegen alle Einreden aus dem persönlichen Schuldverhältniß, mithin auch gegen die der Til⸗ gung der persönlichen Forderung nur dadurch bedingt, daß die Einrede dem Erwerber nicht bekannt geworden und auch aus dem Grundbuche sich nicht ergeben hat, nicht aber außerdem noch durch die Beobachtung besonderer gesetzlicher Vorschriften beim Erwerb, von denen die der Hypotheken⸗Ord⸗ nung vom 20. Dezember 1783 und der dieselbe ergänzenden und abändernden Gesetze, also namentlich auch des Gesetzes vom 24. Mai 1853 und der dazu erlassenen Instruktion vom 3. August dess. Jahres durch §. 143 der Grundbuch⸗Ordnung vom 5. Mai 1872 aufgehoben sind. Ebenso wird nach dem angeführten §. 38 des Gesetzes über den Eigenthumserwerb der Wegfall der Einreden gegen das Verfügungsrecht des Erwerbers einer Hypothek nur durch die Eintragung seines Rechtsurhebers und nicht außerdem noch dadurch bedingt, daß dieser Rechts⸗ urheber im Besitz eines über die Post gefertigten Hypotheken⸗ Instruments gewesen.“
— S. M. S. „Vineta“ ist am 10. d. Mts., Nach⸗ mittags, auf der Rhede von Funchal (Madeira) eingetroffen. An Bord Alles wohl.
Bayern. München, 22. November. Der König hat wegen des Ablebens seines Oheims, Franz V., Erzherzogs von Oesterreich, Herzogs von Modena, eine Hoftrauer von 4 Wochen —
—.38 in Erwägung zu nehmen,
“ 1 “ “ “
vom 23. November bis 20. Dezember inel. — anbefohlen. — Die Prinzen Luitpold und Ludwig, ersterer in Begleitung seines zweiten Adjutanten, des Seconde⸗Lieutenants Frhrn. von Wolfskeel, letzterer in der seines Hofmarschalls Otto Grafen pon Holnstein, sind zu den morgen Nachmittags 4 Uhr stattfinden⸗ den Leichenfeierlichkeiten für den verstorbenen Herzog Franz V. 688 S mit dem gestrigen Abendschnellzug nach Wien abgereist.
Baden. Karlsruhe, 24. November. Beide Kammern hielten gestern ihre erste öffentliche Sitzung. In der Ersten Kammer gab Präsident Obkircher der Freude des Hauses Aus⸗ druck, daß der Erbgroßherzog zum ersten Mal von seinem verfassungsmäßigen Rechte der Theilnahme an den Berathungen der Ersten Kammer Gebrauch mache. Das Haus begrüßte den Erben väterlicher und mütterlicher Tugenden mit wärmster Sympathie. Zum Zeichen dessen erhoben sich die Mitglieder von ihren Sitzen. Der Erbgroßherzog sprach hierauf seinen Dank für die Be⸗ grüßung aus. Werde er auch nicht sofort sich an den Be⸗ rathungen des hohen Hauses betheiligen, so wolle er doch fort⸗ fahren, sich durch ernstes Studium dazu vorzubereiten, um, wenn er sich vorbereitet fühle, seine Thätigkeit in diesem Hause, wie er hoffe, zum Wohle des Landes zu beginnen. Darauf erfüllte die Kammer einen Akt der Pietät durch ehrende Erinnerung an die seit der letzten Session verstorbenen früheren Mitglieder, in erster Reihe Roberts v. Mohl und der Herren v. Kettner und v. Türck⸗ heim. — Die Zweite Kammer beschäftigte sich mit Wahlprüfun⸗ gen. — Vor einigen Tagen ist die Prinzessin Wilhelm in Begleitung des Medizinal⸗Raths Dr. Schenk nach Florenz zu ihrer Mutter, der Großfürstin Marie, deren Befinden Besorgnisse einflößt, abgereist. — Das „Mannh. Journ.“ bringt folgendes „Eingesandt“: „Anfrage an Hrn. Wilhelm Emanuel, Bischof zu Mainz. Ueber den Kapuziner Moppey haben sich die sonderbarsten Ge⸗ rüchte verbreitet, und um diesen zweideutigen Reden zu begegnen, ersuchen wir den Hrn. Wilhelm Emanuel, Bischof von Mainz, gefälligst öffentlich Auskunft zu geben, was aus Moppey ge⸗ worden, wohin er gekommen und ob er in einem Strafkloster sich befindet? Erhalten wir binnen einigen Tagen keine Antwort, so nehmen wir an, daß Moppey seiner persönlichen Freiheit be⸗ raubt ist. Mehrere Katholiken.“ Der Genannte ist vor einiger Zeit zum Altkatholizismus übergegangen und hat alsbald wider⸗ rufen, worauf er verschollen ist.
Hessen. Darmstadt, 23. November. (Darmst. Ztg.) Zur Erledigung der in der Zweiten Kammer am 26. d. zur Verhandlung kommenden dringlichen Gegenstände ist eine Sitzung der Ersten Kammer für Dienstag, den 30. d., in Aussicht genommen.
Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Gotha, 23. November. Im Landtage wurde finanziellen Bedenken vom Ministerium mit der Ankündigung begegnet, daß das gegenwärtige Jahr mit einem Etats⸗Ueberschuß von mehr als 100,000 ℳ ab⸗ schließen würde.
Lübeck, 25. Noveniber. Heute Mittag 12 Uhr traf der K 5 nig von Dänemark auf der Rückreise von London mit geringem Gefolge über Hamburg hier ein, wurde am Bahnhof von dem Königlich dänischen Konsul Hrn. Ch. Petit empfangen und fuhr dann sofort nach dem Hafen, um sich an Bord des Dampf⸗ schiffes „Freya“ zu begeben, mit dem die Reise nach Kopenhagen angetreten ward.
Hamburg, 25. November. Bekanntlich war durch die Vermittelung eines zu dem Zweck zusammengetretenen Comité's dem Offiziercorps des 2. Hanseatischen Infanterie⸗ Regiments Nr. 76 ein demselben von hiesigen Einwohnern verehrtes Oelgemälde überreicht worden. In dieser Veranlas⸗ sung wurde vom Senat das nachstehende Schreiben des Ge⸗ neral⸗Kommandos des IX. Armee⸗Corps dem Vorsitzenden des
ite’s mitgetheilt:
1 Altona, den 19. November 1875.
General⸗Kommando IX. Armee⸗Corps.
Es ist Sr. Maäjestät dem Kaiser und König gemeldet worden, daß eine größere Zahl von Einwohnern der freien und Hansestadt Hamburg dem Offizier Corps des 2. Hanseatischen Infanterie⸗Regi⸗ ments Nr. 76 ein schönes Oelgemälde, den Sturm auf Loigny am 2. Dezember 1870 darstellend, verehrt hat. In Folge dessen haben Se. Majestät durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 16. d. M. mich beauftragt, . Senat es auszusprechen, daß Allerhöchstdieselben mit besonderer Befriedigung von diesem patriotischen Akt Kenntni genommen haben, welches Allerhöchsten Auftrages ich mich — gern entledige.
8 Der kommandirende General
8 v. Tresckow.
An den Hohen Senat zc.
Hamburg.
— Die feierliche Enthüllung der Gedenktafel für die während des Feldzuges 1870 — 71 Gebliebenen des 2. Han⸗ seatischen Infanterie⸗Regiments Nr. 76 findet am Donnerstag, den 2. Dezember, Vormittags 11 ½ Uhr, in der Kikolaikirche statt. Zur Theilnahme an der Feierlichkeit werden die Invaliden und die Inhaber des Eiseruen Kreuzes, welche den Feldzug bei dem genannten Regimente mitgemacht haben, eingeladen.
Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 24. November. Der „Gazette du Languedoc“ zufolge wäre Hr. Bischof Räß am Mittwoch Abend voriger Woche auf seiner Rückreise von Rom in Toulouse angekommen, hätte dort übernachtet und am Tage darauf die Reise nach Lourdes angetreten, um ein während der Belagerung von Straßburg gethanes Gelübde zu erfüllen.
Der
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 25. November. Kaiser ist gestern früh aus Gödöllö hier eingetroffen.
— Die feierliche Beisetzung der Leiche des ehemaligen Her⸗ zogs Franz von Modena hat gestern um 4 Uhr Nachmittags unter dem üblichen Ceremoniell und bei lebhafter Theilnahme der Bevölkerung stattgefunden. Der Kaiser, sämmtliche in Wien weilenden Erzherzoge und Erzherzoginnen, die obersten Würden⸗ träger des Hofes, das diplomatische Corps, die Minister, die Präsidenten und Mitglieder beider Häuser des Reichsrathes, die Generalität, die Spitzen der Militär⸗ und Civilbehörde bethei⸗ ligten sich am Kondukte. Die Leiche wurde in der Kaiserlichen Gruft bei den Kapuzinern beigesetzt.
Pest, 24. November. In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses griff Ernst Simonyi in der Generaldebatte über das Budget des Finanz⸗Ministeriums den Finanz⸗Minister Szell an, indem er behauptete, daß derselbe die Finanzlage nicht aufrichtig dargelegt habe, in der Meinung, die Mitglieder des Hauses würden die Schilderung ungeprüft hinnehmen. Es sei nicht wahr, daß der Minister acht Millionen erspart habe; das Ersparniß betrage im Ganzen nur 400,000 Fl. Redner legte gegen den Vorwurf Verwahrung ein, daß die äußerste Linke nicht mit Ernst ihre Anträge stelle. Die beantragte Steuererhö⸗
“
8
3 1“
hung betrage nicht acht, sondern neunzehn Millionen. Die äußerste Linke beantrage wohldurchdachte Reduktionen. Man möge die Ver⸗ waltung nur ihnen überlassen, sie würden es billiger machen. Der Finanz⸗Minister Széll mißbilligte es zuvörderst, daß man bei jedem Budget wieder neuerdings eine Generaldebatte in⸗ augurire; er finde es nicht für nothwendig, den Reichstag gegen den Vorwurf zu vertheidigen, daß er die Budgetvorlage nicht verstehe. Was die Ersparungen betrifft, so seien dieselben postenweise aufgezählt und im Bruttobudget klar ersichtlich. Die Anträge der äußersten Linken hingegen, dies müsse er wieder⸗ holen, entbehrten jeder Grundlage und jedes Ernstes. Denn die Behauptung, daß da oder dort eine Anzahl von Beamten ent⸗ lassen werden könne, ohne sich früher erkundigt zu haben, ob dies auch wirklich möglich sei, könne nicht ernst genommen werden. Was dort beantragt ward, sei keine Reduktion, sondern eine Zersetzung. Simonyi habe den Vorschlag gemacht, er wolle mit weniger auskommen. Dies wäre also eine Mindestlizitation. Da aber Redner überzeugt ist, daß das, was er beantrage, den wahren Interessen des Landes entspreche, sei er auch überzeugt, daß es noch lange währen werde, bis die Regierung an Simonyi und seine Partei gelange. Es wurde hierauf der Voranschlag für das Finanz⸗Ministerium im Allgemeinen und die zwei ersten Kapitel im Sinne der Finanzausschuß⸗Anträge angenommen.
Schweiz. Bern, 23. November. Wie bereits gemeldet, hat Frankreich der Schweiz den am 30. Juni 1864 abge⸗ schlossenen Handelsvertrag für den 24. November 1876 ge⸗ kündigt. Bei Ueberreichung des Kündigungsschreibens der fran⸗ zösischen Regierung an den Bundes⸗Präsidenten durch ihren hiesigen Botschafter, den Grafen d'Harcourt, theilte derselbe gleichzeitig mit, daß man französischerseits so bald als möglich die Unterhandlungen über die Er⸗ neuerung der gegenseitigen Vertragsverhältnisse er⸗ öffnet zu sehen wünsche; inzwischen mache seine Regierung den Vorschlag, daß bis zum Abschluß des neueren Vertrages die seitherigen Vertragsbestimmungen in Anwendung zu bringen seien. Offiziellem Vernehmen zufolge hat sich der Bundesrath zur Aufnahme neuer Unterhandlungen sofort bereit erklärt; in Betreff des Vorschlages, die seitherigen Vertragsbestimmungen bis zum Abschlusse des neuen Vertrages gelten zu lassen, hat derselbe jedoch noch keinen Beschluß gefaßt. — In seiner heuti⸗ gen Sitzung hat der Bundesrath das Budget der Eidge⸗ nossenschaft für das Jahr 1876 nach dem Vorschlage des Finanzdepartements auf 42,000,000 Fr. Einnahmen und auf 42,000,800 Fr. Ausgaben festgestellt.
Großbritannien und Irland. London, 24. No⸗ vember. (A. A. C.) Die Königin kehrte in Begleitung der Prinzessin Beatrice und ihres Hofstaates heute früh gegen 9 Uhr von Balmoral nach Windsor im besten Wohlsein zurück. — Der Prinz von Wales verließ gestern nach Abhaltung einer großen Eberjagd Baroda und kehrte nach Bombay zurück, welches zu Ehren des wiederkehrenden hohen Gastes illuminirte. Am Donnerstag begiebt sich Se. Königliche Hoheit an Bord der „Serapis“ nach Ceylon. — Die Königin von Dänemark, die Prinzessin von Wales und Prinzessin Thyra be⸗ gaben sich gestern nach Chislehurst und statteten der ehe⸗ maligen Kaiserin Eugenie einen längeren Besuch ab. — Ueber den Aufstand auf der Malayischen Halbinsel liegt heute ein weiteres Communiqué aus dem Ministerium für die Kolonien vor. Dasselbe lautet: „Eine gestern (22. No⸗ vember) im Kolonialamte eingegangene Depesche verbreitet einiges Licht auf das Vorgehen der Regierung der Straits⸗ Settlements unverzüglich vor dem Ausbruche der Rebellion. Dieselbe enthält die Proklamationen, welche augenscheinlich die⸗ jenigen sind, die, wie es in dem ersten amtlichen Telegramm hieß, angeschlagen und später abgerissen wurden. Die erste dieser von Sultan Abdullah am 2. Oktober untersiegelten Pro⸗ klamationen erkennt die britischen diplomatischen Agenten, sowie irgend welche andere britische Beamten an, die zu Richtern in Perak mit der Befugniß ernannt worden, alle Ver⸗ brechen zu bestrafen, alle Fälle abzuurtheilen und Magistrats⸗ personen zu ernennen. Die zweite von dem Sultan am näm⸗ lichen Tage untersiegelte Proklamation anerkennt die nämlichen diplomatischen Agenten und Beamten als Repräsentanten des Sultans, befugt in seinem Namen sämmtliche Angelegenheiten des Landes auszuführen, sowie alle Einkünfte einzuziehen und auszugeben und sämmtliche Datus und Pnughulus zu er⸗ nennen, kurz sämmtliche Geschäfte des Landes zu verrichten. Die dritte, von Sir W. Jervois am 15. Oktober unter⸗ zeichnete Proklamation erklärt, daß Ihrer Mafjestät Regierung in Uebereinstimmung mit dem Ersuchen des Sultans und der Häuptlinge von Perak beschlossen habe, die Regierung von Perak im Namen des Sultans zu führen, und daß zu die⸗ sem Zwecke der Gouverneur im Begriff sei, Beamte zu ernennen, welche die Staatsregierung unter dem Titel Kommissäre und Hülfskommissäre der Königin führen werden, und daß ein ma⸗ layischer Rath von Rajahs des höchsten Ranges ernannt werden würde, um diesen Kommissären in Dingen, welche die Angele⸗ genheiten der Regierung von Perak betreffen, beizustehen. — In Folge der Zustände in Perak und der Gesuche der indischen Regierung um Verstärkungen vom Mutterlande ging gestern in Woolwich garnisonirenden 77. Regiments nach
ndien ab.
— Aus Bombay, 25. November Abends, meldet „W. T. B.“: Der Prinz von Wales ist heute Nachmittag um 5 Uhr von hier abgereist. Derselbe wird sich zunächst nach Goa und von dort nach Colombo begeben.
—, 26. November. (W. T. B.) Der Gouverneur für die britischen Ansiedelungen auf Malakka, Streets, hat von der Regierung die Weisung erhalten, sich jeder auf weitere Annexionen abzielenden Politik zu enthalten und ledig⸗ lich die Bestrafung der Mörder des Agenten Birch sich angelegen sein zu lassen.
Frankreich. Paris, 24. November. (Köln. Ztg.) Der Kriegs⸗Minister legte gestern die Note über die Ausgaben vor, zu welchen die Einberufung der Reservisten der ak⸗ tiven Armee (Klasse von 1867) Anlaß Frrten Die Reisekosten belaufen sich im Durchschnitt für den Mann auf 5 Fres, also für die 130,000 Reservisten auf 650,000 Fres. Die großen Mansöver und die Entlassung der Soldaten aus den überschwemm⸗ ten Gegenden in ihre Heimath kosteten 280,000 Fres. Außerdem ver⸗ ausgabte man für den Unterhalt der Reservisten 6,220,000 Frcs. Der Bericht schließt: „Für weniger als 7 Millionen konnten sich 28 Tage lang 130,000 Mann auf die Manöver einüben. Die vermittelst dieser mäßigen Ausgabe erzielten Resultate sind zufrie⸗ denstellend. Die Reservisten zeigten guten Willen. Sie schickten sich leicht in die Mannszucht, und der angestrebte Zweck wurde erreicht.“
— In dem Stadttheile Belleville, auf dem Boulevard Me
8
nilmontant fand gestern eine Privatversammlung statt, in welcher Paul de Cassagnac sprach. Da die Versammlung fast nur aus zusammengesetzt war, so wurde die Rede viel beklatscht. Nach ihm ergriff ein Republikaner das Wort, doch wurde es ihm ent zogen, als er sein Erstaunen ausdrückte, daß Belleville, da
Bonapartisten der höheren Behörden und Stände
Arbeiterviertel, plötzlich so fein gekleidete Bewohner erhalten habe.
Es entstand großer Lärm; die Bonapartisten riefen: Es lebe Napoleon IV.] die Republikaner: Es lebe die Republik! Der Vorsitzende schloß die Sitzung und machte sich nebst Cassagnac durch eine Hinterthür davon. Der Boulevard war mit 200 bis 300 Polizei⸗Agenten besetzt, so daß auf der Straße nichts vor⸗
In Versailles machte die fast sozialistische Rede Cassagnac's
großes Aufsehen. Morgen soll in Belleville eine radikale Privat Versammlung unter Louis Blanc stattfinden.
— 25. November. (W. T. B.) Gegen diejenigen Jour⸗ nale, welche die von Cassagnac am 23. d. in der Bona⸗ partistenversammlung in Belleville gehaltene Rede veröffent⸗ licht hatten, soll die gerichtliche Verfolgung eingeleitet werden. — Das bonapartische Journal „Pays“ ist heute Abend mit Beschlag belegt worden.
Versailles, 25. November. (W. T. B.) National⸗ versammlung. Die Artikel 9 bis 12 des Wahlgesetzes wurden in dritter Lesung genehmigt, ein von der Linken ge⸗ stelltes Amendement, welches die Offiziere der Territorialarmee für nicht wählbar erklärte, wurde mit 383 gegen 295 Stimmen abgelehnt. Der Art. 13, der die Annahme eines imperativen Mandats für null und nichtig erklärt, wurde mit allen gegen 42 Stimmen angenommen. Bei Berathung des Art. 14 ver⸗ tagte sich die Versammlung auf morgen.
Spanien. Madrid, 25. November. (W. T. B.) Nach einer der Regierung zugegangenen offiziellen Depesche aus Pampelona vom 24. cr. hat der General Quesada 12 car⸗ listische Bataillone zurückgeschlagen und nach dreitägigen un⸗ unterbrochenen Gefechten Pampelona besetzt.
— Nach einer Meldung der „Agence Havas“ hat Don Carlos am 23. c. von Durango aus eine Proklamation an die Freiwilligen erlassen und dieselben zur energischen “ des von der Nordarmee drohenden Angriffs auf⸗ gefordert.
Türkei. Konstantinopel, 26. November. (W. T. B.) Der Großvezir ist von seiner Krankheit genesen und wir heute vom Sultan in Audienz empfangen werden.
— Aus südslavischer Quelle wird über Ragusa, 25. No⸗ vember, durch „W. T. B.“ gemeldet, daß eine Deputation der Insurgenten im Begriffe sei, sich nach Wien, Berlin und St. Petersburg zu begeben und bei den dortigen Regierun⸗ gen für die Neutralisirung eines Distrikts für die Familien der Insurgenten zu wirken, sowie um die Intervention der Groß⸗ mächte und die Konstituirung der Herzegowina als Vasallenstgat nachzusuchen.
Dänemark. Kopenhagen, 26. November. (W. T. B.) Der König ist heute Vormittag um 11 Uhr, von England kommend, hier wieder eingetroffen und von der Kronprinzessin, den Ministern und den Spitzen der Militär⸗ und Civilbehörden empfangen worden. — Der Kronprinz ist von seinem in Folge eines Sturzes mit dem Pferde herrührenden Leiden noch nicht ganz wiederhergestellt.
Amerika. Der am 22. d. Mts. in Washington ver⸗ storbene Vize⸗Präsident der Vereinigten Staaten, Henry Wilson, erreichte ein Alter von 63 Jahren. Am 16. Februar 1812 zu Farmington in Newhampsfhire als armer Eltern Kind geboren, arbeitete er als Knabe auf einer Farm, lernte sodann das Schuh⸗ macherhandwerk und ersparte sich in diesem Geschäft so viel, daß er zwei oder drei Jahre lang akademische Vorlesungen besuchen konnte. Nachdem er so das früher Versäumte eingeholt hatte, kehrte er wieder zu seinem Handwerke zurück und ließ sich zu Natick in Massachusetts nieder. Schon während der Jahre, die er seiner Bildung widmete, war er nebenbei journalistisch thätig. Seine politische Laufbahn begann mit dem Jahre 1840, indem er eifrig für die Wahl General Harrison's zum Präsidenten agitirte. In demselben Jahre wurde er Mitglied des gesetz⸗ gebenden Körpers von Massachusetts, trat bald als entschiedener Gegner der Sklaverei auf, kaufte gegen Ende der vierziger Jahre den „Boston Republican“ und redigirte dieses Blatt zwei Jahre lang. 1851 und 1852 war er Präsident des Senats von Massa⸗ chusetis, 1853 wurde er in den Senat der Vereinigten Staaten gewählt, dem er bis zu seiner Wahl zum Vize⸗Präsidenten 1872 angehörte. Während des Bürgerkrieges führte er in dem Aus⸗ schusse für Militärangelegenheiten den Vorsitz, erhielt selbst den Rang eines Obersten und stand eine Zeit lang im Felde. Wilson ist auch Verfasser mehrerer historisch⸗politischer Werke.
Nr. 45 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für di Preußische Gesetzgebung und Rechtepflege, herausgegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums, enthält eine allgemeine Ver⸗ fügung vom 20. November 1875, — betreffend die Vormundschafts⸗ ordnung vom 5. Juli 1875 (Ges.⸗Samml. S. 431).
5 Vereinswesen.
In der Sitzung der Volkswirthschaftlichen Gesell⸗ schaft am 13. d. M. widmete der Vorsitzende Justiz Rath D-. Braun zunächst dem am 2. d. M. verstorbenen ungarischen Volkswirth Eoduard Horn einen ehrenden Nachruf. Nach Erledigung der ge⸗ schäftlichen Mittheilungen trat die Versammlung in die Tagesort nung ein; auf derselben stand zunächst ein Vortrag des Direktors des Kö⸗ niglich preußischen statistischen Bureaus, Herrn Geheimen Ober⸗Re⸗ gierungs⸗Raths Dr. Engel über das Wesen und die Bedeu⸗ tung der bevorstehenden Volks⸗ und Gewerbezahlung.
r Dr. Engel dankte zunächst für die freundlichen Worte, welche der Vorsitzende in der ersten Sitzung in Bezug auf die sogenannten „Katheder⸗Sozialisten“ ausgesprochen habe, zu denen er bekanntl ch, gehöre; er könne zwar nicht im Namen des Vereins für Sozialpoli⸗ tik, sondern nur in seinem eigenen Namen aussprechen, daß zu einer ferneren Isolirung der beiden Vereine keine Veranlassung vorliege, und daß nach seiner Ansicht die vereinte Thätigkeit schon manche Früchte zu Tage gefördert haben würde. — Auf das Thema selbst übergehend, bemerkte der Vortragende, daß er hier das Hauptzewicht nicht auf die Volkszählung, sondern auf die damit verbundene Gewerbe⸗ zählung legen wolle. Die Vorbereitungen zur Zählung, die eine große Sorgfalt erforderten, seien jetzt beentigt, 4000 Centner Papier habe man verbraucht, und die 5 Millionen Zählkarten, neben einander ge⸗ legt, würden eine Fläche von 1000 Hektaren bedecken. Bei der be⸗ vorstehenden Zählung sollen diejenigen Gewerbetreibenden, die mehr als fünf Gehülfen beschäftigen, einen besonderen Gewerbe⸗Fragebogen erhalten, während diejenigen, die mit fünf und weniger Gehülfen ar⸗ beiten, durch die Zählkarten die betreffende Auskunft zu geben haben. Bei einer Gewerbezählung handle es sich nach Feststellung der Vor⸗ fragen darum, wodurch das betreffende Gewerbe sich eigentlich charak⸗
““ u 1“]