e — Den Interessenten der Berliner Baubörse wird an der rgigen Generalversammlung ein neu vereinbartes Statut zur Ge⸗ nebmigung vorgelegt werden. Die Firma wird darnach für die Folge Berliner Baumarkt lauten. 88
— Die außerordentliche Generalversammlung der „Renais⸗ sance“, Aktien⸗Gesellschaft für Holz⸗Architektur und Möbelfabrikation vom 21. d. M. ertheilte nach heftisen De⸗ batten und trotz des Widerspruchs einer großen Minorität der Ver⸗ waltung Decharge.
— Die diesjährige Generalversammlung der Kie er Bier⸗ brauerei⸗Aktien⸗Gesellschaft, zu welcher nur 4 Altionäre erschienen waren, nahmen den Bericht und die Bilanz entgegen und dechargirten die Verwaltung. Die vorgelegte Jahresrechnung wies bei einem Umsatz von 629,325 ℳ einen Brutto⸗Gewinn von 55,996 ℳ mach, der verwandt worden ist zur Deckung des vorjährigen Verlustes mit 20,134 ℳ, für Abschreibungen auf Gebände und Inventar mit 16,463 ℳ, für die Partial⸗Obligations⸗Anleihe 12,289 ℳ, für Rückstellung auf Konto pro Dubiose 7109 ℳ Es hat eine Divi⸗ dende mithin nicht vertheilt werden können. Der Bierabsatz stellte sich auf 29,479 Hektoliter gegen 25,645 Hektoliter im Vorjahre; ge⸗ braut wurden 30,656 Hektoliter gegen 27,333 Hektoliter in 1873/74.
— Welchen Aufschwung die französische Austernzucht in den letzten Jahren genommen hat, ist daraus ersichtlich, daß im Laufe des Jahres 1874 allein in Arcnchon 1177 neue Austernparks gegründet wurden, so daß Anfangs des Jahres 1875 daselbst 2427 Austern⸗ „parks bestanden, welche getzen 40,332,250 Stück des Jahres 1873 ein Mehr von 42,002,983, also über 100 % erzielten. Daß der Preis der Austern hiervon nicht unberührt blieb, ist selbstverständlich; so kosteten 1873 1000 Stück Austern 41 Fr., während jetzt 1000 Stück mit 25 Fr. bezahlt werden. Somit ist jedoch die Austernmast noch immer sehr lohnend.
London, 20. Dezember. (T T. B.) Die Abendblätter melden die Zahlungseinstellung der Firma Lawton & Head, in⸗ disches Haus, hier, Queen Victoria Street. Die Passiva werden auf 190,000 Pfd. Sterl. angegeben, doch sollen die vorhandenen Aktiva, wie es heißt, beträchtlich 8 “
Verkehrs⸗Anstalten. 8 16
Dänemarks Staatseisenbahnen. Zufolge des soeben veröffentlichten Jahresberichts ist im Finanzjahre 1874/75 der Betrieb der Bahnen günstiger als je zuvor gewesen. Der Per⸗ sonenverkehr ist um mehr als 10 % und der Güterverkehr um 3 ¾ % gegen das Vorjahr gestiegen. Das Bahnnetz ist im Laufe des Jahres um 9,7 Meilen (Lunderskov⸗Warde) vergrößert worden und beträgt jetzt 85, Meilen. Die Anzahl der gefahrenen Zugmeilen betrug pr. Bahnmeile 3165 (gegen 264y1 in 1870/71 bei 65,97 Meilen), die An⸗ zahl der Reisen 25,492 (19,529), die Einnahmen aus der Personen⸗ beförderung 26,261 Kronen (18.388 Kr.), Durchschnittsgewicht der be⸗ förderten Güter 86,114 Ctr. (65,617 Ctr.), Einnahmen aus der Güterbeförderung 21,022 Kr. (14,342 Kr.), Bruttoeinnahme 51,125 Kr. (35,546 Kr.), Gesammtausgabe 33,119 Kr. (24,170 Kr.), Nettoüberschuß 18,006 Kr. (11,376 Kr.). Die ganze Anzahl der be⸗ förderten Personen betrug 2,182,160, wovon 135,000 transitirende, und die Gesammteinnahme aus dem Personenverkehr ca. 2,240,000 Kr. Der frühere Unterschied zwischen den Sommer⸗ und Wintertaxen hat aufgehört und sind in Folge dessen neue Uebereinkünfte mit den see⸗ ländischen Bahnen und dem dänischen Postwesen, sowie auch mit den deutschen Bahnen und dem deutschen General⸗Postamt abgeschlossen worden. An Gütern und Vieh wurden ca. 7,371,000 Ctr. befördert und betrug die Einnabme dafür ca. 1,976,000 Kr. Die Dampf⸗ schiffsverbindung zwischen Frederikshafen und Gothenburg hat eine Ausgabe von ca. 214,000 Kr. verursacht, während die Einnahme nur ca. 51,500 Kr. betrug. Die Gesammteinnahme betrug ca. 4,427,800 Kr.,
die Gesammtausgabe ca. 3,049,500 Kr., mithin der Nettoüberschuß ca. 1,378,000 Kr., wovon jedoch 8000 Kr. dem Direktor zufallen. Das in den in Betrieb befinslichen dänischen Staatsbahnen angelegte Kapital von ca. 60,670,000 Kr. hat sich folglich mit 2 ½ ¾ verzinst. — Die Nr. 99 der „Zeitung des Vereins Deutscher Eisenbahn⸗Verwaltungen“, Organ des Vereins, hat folgenden Fe Verein Dentscher Eisenbahn Verwaltungen: Altona⸗Kieler Eisenbahn, Neumünster⸗Oldesloe ecöffnet. Der Ankauf der Deut⸗ schen Eisenbahnen durch das Reich vom militärischen Standpunkt. Berliner Briefe ꝛc.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
London, 20. Dezember. (W. T. B.) Unter dem Vorsitz des Registrars bei der Admiralitäts⸗Abtheilung des High Court of Justice, Rothery, begann heute in dem neuen Gerichtsgebäude der Board of Trade Buildings in Poplar die handelsamtliche Untersuchung über die Strandung des Dampfers „Deutschland“. Anwalt Butt zeigte an, daß er von der deut⸗ schen Regierung beauftragt sei, im Interesse des Handels und zum Zweck der Sicherung einer möglichst eingehenden Unter⸗ suchung die Verhandlungen zu überwachen und wies auf die erstaunliche Thatsache hin, daß das gestrandete Schiff sich über 30 Stunden in der gefahrvollsten Lage befand, ehe die Leistung einer Hülfe erfolgte. Der Anwalt des Handelsamtes, Own, gab dem Wunsche nach Vornahme einer gründlichen Untersuchung gleichfalls Ausdruck. Es wurde so⸗ dann der Kapitän Brickenstein einem sehr langen Kreuzverhör unterworfen und die weitere Verhandlung auf morgen vertagt.
Berlin, den 21. Dezember 1875.
Aus den Sitzungen der deutschen Geschichts⸗ und Alterthumsvereine im Monat Novemberd. J. Verein für Geschichte der Mark Brandenburg in Berlin: Archivw⸗Rath Reuter sprach über die von König Friedrich Wilhelm J. von Preußen eigenhändig entworfone geheime Instruktion, „wie die Etats angefertigt werden sollen“, vom 12. Jauar 1723, ferner über die Instruktion für die Rechenkammer, sowie über die Stellung der Minister und der Geheimen Räthe zum Könige, zu ihren Untergebenen und in ihrem kolle⸗ gialischen Zusammenwirken. — Verein für die Geschichte Ber⸗ lins: Architekt Prüfer hielt einen Vortrag über den Todtentanz in der Marienkirche zu Berlin. Dieses Wandgemälde, das sich bekanntlich in der Halle unter dem Thurme der Marienkirche befindet, rührt etwa aus dem Jahre 1460 her, und stellt Repräsentanten der verschieden⸗ sten Stände, vom Papst und Kaiser an, in Verbindung mit Todten⸗
erippen, dar. Alte deutsche Reime unter den Figuren erklaren die Hüͤder. Den Mittelpunkt bildet Christus am Kreuz mit Maria und Johannes. — Stud. jur. Holtze sprach über Nicolaus Leutinger und die Be- ro inensia in seiner märkischen Chronik. L. war 1547 in Landsberg geboren, besuchte die Schule in Bernau, dann 1571 — 75 die Universität in Frankfurt a. O., bekleidete später 1 ½ Jahre das Rektorat in Crossen, hierauf, eine Zeit lang, das Rektorat in Spandau wurde dann Pfarrer in Landsberg, blieb aber auch in dieser Stelle nicht lange, sondern unternahm weite Reisen und starb endlich 1612 in Osterburg. Das Hauptwerk, das L. hinterlassen, sind die 30 Bücher branden⸗ burgischer Geschichte, die von 1500 — 1594 reichen (vergl. über Leutinger Carl Kletke’'s Quellenschriftsteller z. Gesch. des preuß. Staats, S. 12 — 14). Hierauf hielt Schulvorsteher Budczies einen Vortrag über das Thema „Andreas Sigismund Marggraf und Franz Karl Achard. Ein Beitrag zur Geschichte des Gewerbefleißes in Berlin.“ Marg⸗ graf (geb. zu Berlin am 3. März 1709, † 1782) ist es, der zuerst den Zuckergehalt der Runkelrübe entdeckte, während Achard † 1821) die ersten Rübenzuckerfabriken anlegte. Achard stellte seit 1786 in Caulsdorf Versuche an, Rübenzucker zu gewinnen und wandte sich am 11. Januar 1798 in einer Immediateingabe an König Friedrich Wilhelm III. mit der Bitte, 82 ein Privilegium auf 10 Jahre zu geben und ein Gut zu schenken, auf welchem Rüben gebaut und Zucker hergestellt werden könnte. Schon am 15. Januar erfolgte durch Kabinetsordre die Bestimmung, daß auf sämmtlichen Domä⸗ nen Rübenanpflanzungen gemacht und überhaupt nach Achares An. gaben verfahren werden sollte. Das Privilegium wurde jedoch nicht gewährt, weil durch eine solche Maßnahme die bestehenden Zuckerraffinerien zu Grunde gerichtet würden. Dagegen wur⸗ den andere Königliche Belohnungen in Auesicht gestellt. In den Jahren 1799 und 1800 wurden nun neue Versuche gemacht, 20,000 Thlr. zu dem Zwecke vom Könige zur Disposition ge⸗ stellt und die Sache immer mehr gefördert. Durch die folgenden Kriegswirren wurde nun zwar dieser Industriezweig arg geschädigt und hörte mehrere Jahre fast gänzlich auf, doch kehrte man später wieder zu ihm zurück und seit 1816 gelangte die Rübenzucker⸗Industrie allmählich zu der bedeutenden Blüthe, die sie gegenwärtig einnimmmt. Der Rübenzucker ist eine spezifisch preußisch⸗berlinische Erfindung; die ersten Versuche zur Herstellung desselben wurden in der Dorotheen⸗ straße 10, im Universitäts⸗Laboratorium, angestellt. Zuletzt folgte die Ver⸗ lesung einer Abhandlung des Lehrers Höpfner in Perleberg über Heimaths⸗ kunde von Berlin. Erster Abschnitt. — Historische Gesellschaft in Berlin: Hr. Abraham sprach über „die Varianische Niederlage.“ Die Schlacht habe drei Tage gedauert, Varus habe vor seinem letzten Marsche an der Weser oder in unmittelbarer Nähe derselben gestanden; doch sei der Schauplatz jenes Kampfes bis jetzt von Niemand sicher nach⸗ gewiesen worden und werde auch schwerlich zu finden sein. — Verein für Geschichte und Alterthum Schlesiens und historische Sektion der Gesellschaft für vaterländische Kultur in Breslau: Prof. Dr. Palm las über die Aussöhnung der Schlesier mit dem Kaiser durch den Dresdener Akkord 1621. Als der böhmische König Friedrich von der Pfalz nach der unglücklichen Schlacht am weißen Berge am 23. De⸗ zember 1620 seinen letzten Zufluchtsort Breslau verließ und, auswär⸗ tige Hülfe suchend, nach der Mark Brandenburg ging, geschah dies namentlich in Folge eines Beschlusses der in Breslau versammelten Fürsten und Stände Schlesiens, eine Gesandtschaft an den Kurfürsten von Sachsen zu senden, der als Kommissar des Kaisers sie zur Unter⸗ werfung unter Letzteren aufgefordert und seine Vermittelung ihnen angeboten hatte. An die Spitze dieser Gesandtschaft stellte man den Herzog Karl Friedrich von Oels; ihr Sprecher war der Breslauer Sy dikus Dr. Rosa. Am 25. Februar gelangten die Gesandten nach Dresden, traten sogleich mit der Kurfürstlichen Regierung in Unter⸗ handlungen und schickten ihre desfallsigen Berichte alsbald nach Lieg⸗ nitz, wo vom 1. Februar ab ein Fürstentag versammelt war. Die Unter⸗ handlungen drehten sich vorzugsweise um eine Generalamnestie und um die dem Kaiser als Kriegskosten zu zahlende Summe. Der Kurfürst genehmigte die Herabminderung der ursprünglich geforderten 500,000 Thlr. auf 300,900 und ohne Vorbehalt auch die Ausdehnung des Pardons auf alle Schlesier. So kam der Abschluß des sog. Dresdener Akkords vom 28. Februar zu Stande; jedoch nur mit Widerftreben willigte der Kaiserliche Hof in die unbeschränkte Amnestie. — Magdeburger Ge⸗ schichtsverein: Appellationsgerichts Rath Zacke hielt einen Vortrag über die Frohnhöfe des Mittelalters. Die ursprüngliche Grundlage aller Agrarverhältnisse in Deutschland bildet die „Hufe“, die ursprüng⸗ lich durch das Loos dem freien Manne zugetheilt war. Zu ihr gehörte Krautland, Weideland, Waldland. Ihre Größe schwankt zwischen 20 und 120 Morgen. Der Miitttelpunkt derselben war das Haus. Erbtheilungen und die Unmöglich⸗ keit, das Ritterpferd zu stellen, veranlaßten manchen freien Mann, sich in die Hörigkeit eines Reicheren zu begeben. So entstanden die Edelhöfe, die bei ausgedehnterem Besitz mehrere Meier⸗ höfe mit sich vereinigten. Auf diesen Edelhöfen verrichteten die Hörigen ihren Dienst, den Frohn⸗ oder Herrendienst. Die Edelhöfe oder Frohn⸗ höfe erhielten bald Immunitäten, eigene Gerichtsbarkeit u. s. w. Die Befestigungen waren ebenso ein hervorragendes Zeichen der Edelhöfe. Das feste Haus bestand gewöhnlich aus 4 Stockwerken; im untersten wohnten die Dienstleute, im zweiten war die Wohnung des Epel⸗ herrn, im dritten war der Rittersaal, im vierten die Getreidespeicher.
8
— Sächsisch⸗Thüringischer Geschichts⸗ und Alter⸗ humsverein zu Halle: Prof. Dr. Hertzberg referirte über H. Größlers „Geschichte Eislebens bis zum Ende des 12. Jahrh. — Historischer Verein in Münster (Westf. Prov.⸗ Ztg.): Gymnastallehrer Gruchot gab ein gedränztes Bild von der Entwickelung der deutschen Hansa. Dr. Keller sprach über „Werth und Bedeutung der Archive“. Anknüpfend an die Thatsache, daß die Archive die unentbehrlichsten Hülfsmittel für den Historiker sind, recht⸗ fertigte der Vortragende die Wahl seines Gegenstandes zugleich mit dem Hinweis auf eine häufig begegnende Unbekanntschaft mit den Zielen und Aufgaben der Archive und ihrer Verwaltung Früher sei jene absichtlich gepflegt worden, gegenwärtig aber, zumal nach der neuesten Phase, in welche durch die Ernennung des Hrn. Prof. Dr. v. Sybel die Archivverwaltung getreten sei, habe man die ausgedehn⸗ teste Publizität zum Prinzipe genommen. In kurzen Zügen entwarf dann der Redner ein Bild, welches klar die Wichtigkeit der genannten Staats⸗Institute sowohl für die Wissenschaft als für das praktische Leben in Rechtspflege, Verwaltung und Gesetzgebung kennzeichnete. — Historischer Verein für Niedersachsen in Hannover: Landsyndikus Jugler theilte „Miscellen aus Hannovers Vorzeit“, die kür⸗ zere Skizzen aus dem bürgerlichen Leben der Altstadt Hannover, mit. — Historischer Verein in Osnabrück: Der Vortrag des Obe⸗Gerichtsraths Lodtmann betraf das Verhältniß der Grafen von Tecklenburg zum Hochstifte Osnabrück unter den Kaisern Friedrich I. und Friedrich II. (1152 — 1250). Nach Darlegung der allgemeinen politischen Verhält⸗ nisse in dem betreffenden Zeitabschnitte wurde im Einzelnen ausgeführt, wie die Bischöfe Osnabrücks, meist aus den Häusern der benachbarten Dynasten hervorgegangen, im Interesse ihrer Stammhäuser an den gro⸗ ßen Parteikämpfen sich betheiligten, insonderheit wie die zur sächsischen Partei haltenden Tecklenburger, im Norden die Stifts Grafen über die Freien, zugleich als Kirchenvögte über die vielen geistlichen Im⸗ munitäten, wie Civil⸗ und Militär⸗Gouverneure herrschten und die nach dem Sturze Heinrichs des Löwen sich entwickelnde Landeshoheit der Bischöfe bedrohten. Nachdem in den Kämpfen zwischen den Gegenkaisern Otto dem Sachsen und Philipp von Schwaben durch den Einfluß der sächsischen Partei ein Bruder des Grafen von Tecklen⸗ burg auf den bischöflichen Stuhl gehoben war, nützte der Graf als Schirmvogt seine Macht über die Ministerialen des Stifts und die Bürger der Stadt in solcher Weise, daß Beide unter einem Nach⸗ folger des Bischofs sich verbanden, um die Acht an dem von der Kirche mit dem Banne belegten Grafen zu vollstrecken. Nach blu⸗ tiger zehnjähriger Fehde gelang es dem Bischof mit Hülfe des Kaisers, sich von der Kirchenvogtei zu befreien. Damit war der Schlußstein ge⸗ wonnen für die Landeshoheit des Bischofs, welche auf geistliche Herrschaft, Reichsstandschaft, Grundbesitz, Ministerialität und theilweise auf Gerichts⸗ barkeit gegründet war. — Verein für Geschichts⸗ und Alter⸗ thumskunde in Frankfurt a. M: Prof. Riese sprach über die Kaiserpaläste auf dem Palatin in Rom. Justiz⸗Rath Dr. Euler und Dr. Kelchner sprachen über das Alter der Spielkarten. Das unzwei⸗ felhaft älteste Aktenstück in dieser Hinsicht ist eine Rechnung von 1392 über gemalte Karten, welche in Paris für den französischen König Karl VI. angefertigt wurden. 1538 kommen Kartenmaler in Nürnberg vor und 1549 findet man daselbst die so folgenreiche deutsche Erfindung, die Karten auf geschnittenen Formen zu drucken. Das 1633 bei Vertreibung der Kapuziner aus ihrem Frankfurter Kloster erhobene und auf den Römer gebrachte Inventar wurde erst 1866 auf die Stadtbibliothek translozirt und von Dr. Kelchner einer Durchsicht unterzogen. Dabei fanden sich unter einem schad⸗ haften Bücherverband zwei in Holzschnitt ausgeführte Spielkarten, welche zu den ältesten bekannten gehören und der Tracht nach ins 15. Jahrhundert fallen. Dr. Stricker sprach über das Leben des Arztes im Goethe'schen Hause, Joh. Phil. Burggreve (geb. 1700, † 1775) und dessen verschiedene Schriften, insbesondere über die für jene Zeit verdienstliche medizinische Topographie und Statistik von Frank⸗ furt a. M. welche 1751 unter dem Titel: „de abre, Aquis et locis urbis Francofurtanae ad Moenum“ erschien und noch 20 Jahre später von Dr. Behrens („Die Einwohner in Frankfurt in Absicht auf seine Frucht⸗ barkeit, Mortalität und Gesundheit geschildert“ 1771) vielfach benutzt worden ist. — Philologisch⸗historische Gesellscheft in Würzburg: Prof. Dr. Urlichs über einen Fund, den er im Schiller⸗Archiv zu Greifen⸗ stein of Bonnland gemacht. Es ist das Bruchstück eines Tagebuchs des unglücklichen Dichters Reinhold Lenz, das dieser 1775 für Goethe geschrieben. Es hat sich zufällig in Schillers Papieren erhalten, dem Goethe es 1797 mitgeheilt hatte. (Die Publikation desselben stebt in Kürze bevor. Das Tagebuch an Goethe gerichtet und ausdrücklich für Goethe geschrieben und bis auf den Schluß vollständig, wird mit einem einleitenden Aufsatz des Professors Dr. Urlichs in dem näch⸗ sten Hefte der „Deutschen Rundschau“ erscheinen.) Ein anderer wichtiger Fund, den Dr. W. Vollmer in Stuttgart gemacht, besteht in einer großen Anzahl von Briefen Goethe’s an Cotta.
Am Sonntag Abend 7 Uhr hat Dr. Zenker im Mikroskopi⸗ schen Aquarium das Programm der täglichen Vorträge in dieser Woche durch eine Vorlesung über das Leben der Polypen und Korallen eröffnet. 1
Vom Kunstmarkt. Ku 1 deren gedruckter Katalog 400 Nummern umfaßt, zerfällt in zwei Abthei⸗ lungen, von denen die erste aus einer reichhaltigen, zum Theil aus dem Nachlaß des Lieutenants a. D. Becker herrührenden Sammlung von Kunstgegenständen der mannichfaltigsten Art, Möbeln, Bronzen, Waffen und Rüstungen, Porzellanen und Fescnehs verschiedenster Her⸗ kunft, Delfter Schüsseln und Vasen, Emaillen, getriebenen Arbeiten, Elfenbeinschnitzereien ꝛc., besteht. An die Versteigerung derselben, die am Mittwoch, den 22. Dezember, beendet sein wird, reiht sich die in demselben Lokal. — Markgrafenstraße 87 — stattfindende Auktion einer größeren Anzahl von Oelgemälden, Aquarellen und Kupferstichen. Unter den ersteren befinden sich außer theilweise beachtenswerthen Stücken moderner Maler auch einige ältere Arbeiten, so wie Kopien nach älteren Meistern. Unter den Aquarellen ist neben vier land⸗
schaftlichen Motiven von Eduard Hildebrandt desselben Künstlers in⸗
56 8 Die 178. Lepkesche Kunstauktion,
teressante, durch den Farbendruck vervielfältigte Darstellung: „Alexan⸗ der von Humboldt in seinem Arbeitszimmer“, besonders hervorzuheben.
Wie der isländische Korrespondent des „Dagbl.“ berichtet, wurde Thorwaldsens Statue am 19. November, dem Geburts⸗ tage des Künstlers, unter lebhafter Theilnahme der Bevölkerung in Reykjavik auf Jsland enthüllt. Zu dem gedachten Feste hatte Adjunkt Steinarimur Thortsen ein Lied gedichtet, und die Festrede wurde vom Bischof Dr. Pietursson gehalten. Im Namen der Ko⸗ penhagener Kommune übergab darauf der Landeshauptmann die Statue dem Stadtrath von Reykjavik, und im Namen dieses dankte Landvogt Arni Thorsteinsson für die Gabe. Das Fist endete mit einem Lebehoch auf König Christian IX von Dänemark. Am Abend war die Stadt theilweise illuminirt und festliche Zusammenkünfte fanden statt. — Die Nachrichten aus den durch den Aschenregen der Vulkane heimgesuchten Gegenden lauten beruhigender, als man erwartete, und wie es scheint sind im Ganzen unr 16 Höfe zerstört. 8 8
empfiehlt die vom Präsidenten Grant ernannte Kommission, bestehend aus General Humphreis, Kapitän Patterson und Kommodore Ammen, einstimmig die Nicaragua⸗Route als die beste und vortheilhafteste. Die Kosten dieses 181 Meilen langen Kanals von Brito, einem Hafen am Stillen Ozean, nach Greytown, Nicaragua, am Allantischen Ozean, werden auf 66 Millionen Dollars veranschlagt, und dessen baldmöglichster Bau befürwortet, damit nicht andere Staaten den Vereinigten Staaten zuvorkommen, da allen die Verschiffung kaliformscher Produkte nach Europa und den Unionshäfen am Atlantischen Ozean trotz der bedeutenden Kosten einen solchen Kanal rentabel machen würde.
Als verschollen gilt das neue eiserne Klipperschiff „Culzean Castle“, welches am 25. Mai d. J. von Liverpool nach Melbourne absegelte und seinen Bestimmungsort noch nicht erreicht hat. An Bord dieses Schiffes befanden sich außer einer Mannschaft von 50 Personen etwa 100 englische Auswanderer. Das Fahr⸗ zeug, welches eins der Packetschiffe von Mr. Skinners Castle Linie bildete und bei Lloyds 100 St. klassifizirt war, befand sich auf seine ersten Reise.
In New⸗York ist am 24. November, 84 Jahre alt, einer der reichsten Leute der Gegenwart, Astor, gestorben. Sein aus Wüͤrttemberg stammender, durch seine Freigebigkeit und Geschäfts⸗ erfolge bekannter Vater, hatte ihm 20 Millionen hinterlassen, die er auf 100 Millionen Dollars vermehrte. Das kolossale Vermögen geht auf seinen Sohn über.
Theater.
Am 15. Dezember fand im Wiener Hof⸗Operntheater die unverkürzte Aufführung des „Lohengrin“ statt. Obgleich Kapell⸗ meister Richter das Tempo langsamer, als sonst üblich, nahm, dauerte die Oper doch nur von ½7 bis ½11 Uhr. Privatnachrichten schildern den äußeren Erfolg größer als beim „Tannhäuser“, welcher am 22. November neu scenirt und einstudirt gegeben wurde. Richard Wagner wohnte der Vorstellung bei und erschien, stürmisch gerufen, am Schlusse der Oper auf der Bühne, jedem Darsteller mit herz⸗ lichem Händedruck dankend.
— Der Herzog von Edinburgh legte am 16. d. M. den Grund⸗ stein zu dem neu zu errichtenden großen Opernhause am Themse⸗ quai in London.
Eingegangene literarische Neuigkeiten.
Deutsche Verfassungsgeschichte von Georg Waitz. 7. Band. Die Deutsche Reichsverfassung von der Mitte des neunten Mitte des zwölften Jahrhunderts. Kiel. Ernft Homann. 1876.
Knesebeck und Schön, Beiträge zur Geschichte der Freiheits⸗ kriege. Von Max Lehmann (seinem Lehrer Professor Heinrich von Sybel gewidmet). Leipzia. Verlag von S. Hirzel. 1875.
Anna Amalia von Weimar und ihre poetische Tafelrunde. Romantisches Zeitbild von Robert Springer. Zwei Bände. Berlin. Verlag von Otto Janke. Preis 9 ℳ
Geschichte der deutschen Kunst im Elsaß von Dr. Alfred Woltmann, Peofessor a. d. K. K. Universität in Prag. Mit 74 Illustrationen in Holzschnitt. Leipzig, Verlag von E. A. See⸗ mann. 1876. 8 1 “
Aus Phönizien. Geographische Skizzen und historische Studien von Hans Prutz, Dr. phil., Dozent der Geschichte an der Universität Berlin. Mit vier lithographirten Kartenskizzen und einem Plan. Leipzig, F. A. Brockhaus. 1876. 1 1 Aus der Pension. Frei nach dem Englischen von Sophife Verena. Mit Illustrationen, elegant gebunden 4 ℳ Berlin, Verlag von J. Guttentag.
Fromont junior und Risler senior, preisgekrönter Roman von Alphonse Daudet. Autorisirte Uebersetzung. Dritte Auflage. Berlin 1876. Verlag von Eugen Groffer.
Gesangunterricht für höhere Schulen. III. Kursus. Uebungen, Choräle und Lieder für Sopran, Alt, Tenor und Baß 8 1. g. ; h Partitur. Iserlohn, Verlag von J. Bäde⸗
eer 1875.
Verlagskatalog der G. Groteschen Verlags buch⸗ handlung in Berlin, Bernburgerstraße 35. Januar 1875.
Höhlen und Grotten in Rheinland und Westfalen. Nebst Beschreibung und Plan der Dechenhöhle. Von Prof. Dr. C. Fühlrott. Fserlobn, J. Bädeker. Preis 1,50 ℳ
Beelin: Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Druck W. Elsner
—
Drei Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage). (12032¼)
eines Kanals durch den Isthmus von Darien
Anzeiger und Königlich Pr
Nichtamtliches.
Aurerika. (Monatsübersicht für November.) Die am 2. November abgehaltenen Wahlen haben für die repubtika⸗ nische Partei, wie sich nach dem Ausfalle der Wahlen in Ohio erwarten ließ, fast durchweg ein günstiges Resultat ergeben. In Pennsylvanien und Massachusetts, welche beide Staaten, Penn⸗ sylvanien zum ersten Male seit acht Jahren, im vergangenen Jahre demokratisch gewählt hatten, siegten die Republikaner mit großen Majoritäten, bezw. 25,000 und 10,000 Stimmen, und fand das Gleiche auch in New⸗Jersey, Wisconsin, Minnesota und Kansas statt. Selbst in New⸗Pork, wo die demokratische Partei gewöhnlich mit beträchtlicher Majorität siegt, erhielten die Kandidaten dieser Partei für die Staatsämte nur eine Ma⸗ jorität von 14,582 Stimmen, gegen das vergangene Jahr ein Verlust von etwa 30,000 Stimmen, in der Stadt New⸗VYork trugen sogar die Republikaner, mit denen sich die mit der Tam⸗ many Fraktion unzufriedenen Demokraten verbündet hatten, mit großer Majorität den Sieg davon. In den Staaten Virginia, Mississippi und Maryland stellte sich, wie in New⸗York, eine demokratische Majorität heraus. Der Grund zu dieser Nieder⸗ lage der demokratischen Partei liegt vornehmlich in der von einem Theile derselben eingeschlägenen Finanzpolitik, welche in den westlichen Staaten in dem die Mehrausgabe uneinlöslichen Papiergeldes befürwortenden Parteiprogramme ihren Ausdruck fand, außerdem aber auch in der Nichterfüllung der nach dem vorjährigen Siege, zu dem vornehmlich die mit den Maßregeln der Regierung in Washington mißvergnügten Republikaner beigetragen hatten, auf sie gesetzten Hofsnungen, betreffend eine Reform der sich in fast allen Staaten heraus⸗ stellenden Mißstände in der Verwaltung. In Washington er⸗ regte die Nachricht von dem der Regierung günstigen Ausfalle der Wahlen große Befriedigung und erklärte der Präsident, bei einer ihm gebrachten Ovation, daß das rag baby (Lumpenkind, wie die von den Influtionisten geforderte Vermehrung des Papiergeldes scherz⸗ weise bezeich et wird) jetzt wohl für immer aus der Welt geschafft worden sei und daß diese Wahlsiege deutlich zeigten, das Volk habe sein Vertrauen auf die repablikanische Partei nicht verloren und es werde derselben die Regierung des Landes auf weitere vier Jahre anvertrauen.
In Missouri wurden die dem Volke vorgelegten Abände⸗ rungen zur Staatsverfassung, von denen namentlich die auf das Eisenbahnwesen bezüglichen von Bedeutung sind, mit großer Majorität angenommen. Durch dieselben wird der Staatslegis⸗ latur das Recht verliehen, von Zeit zu Zeit die Maximal⸗Raten für den Passagier⸗ und Frachtverkehr zu normiren, ebenso wird die Konsolidirung von Konkurrenzlinien verboten und es den Eisenbahn⸗ beamten zum Vergehen gemacht, an Lieferungskontrakten oder Spezialtransportverträgen ihrer Gesellschaften betheiligt zu sein. Die neuen Eisenbahngesetze treten im kommenden Winter in Kraft. Aehnliche Bestimmungen wurden in die der Bevölke⸗ rung von Texas demnächst vorzulegende Staatsverfassung auf⸗ genommen.
Am 22. starb plötzlich in Washington der Vize⸗Präsident der Vereinigten Staaten, Henry Wilson. Seit 35 Jahren am politischen Leben betheiligt, war derselbe stets ein treuer An⸗ hänger der republikanischen Partei und einer der Vor⸗ kämpfer für die Aufhebung der Sklaverei in den Vereinigten Staaten gewesen. Sein Nachfolger, der, im Falle der Präsident aus irgend einem Grunde aus dem Amte scheiden sollte, während der Dauer des nicht abgelaufenen Termins als Präsi⸗ dent zu fungiren haben würde, ist den Bestimmungen der Ver⸗ fassung demäß der vom Senate der Vereinigten Staaten zu er⸗ wählende Vorsitzende dieses Körpers. Da nun der Senat in Folge der längeren öfteren Abwesenheit seines damaligen Vor⸗ sitzenden ex officio bereits im vorigen Winter der Bundes⸗ Senator für Michigne, Thomas W. Ferry, zum zeitweiligen Vorsitzenden erwählt hatte, so trat derselbe eo ipso in die Stel⸗ lung des Vize⸗Präsidenten ein.
Beunruhigende Gerüchte Betreffs des Verhältnisses der Vereinigten Staaten zu Spanien, welche mit der von dem Marine⸗Minister angeordneten Indienststellung mehrerer Kriegs⸗ dampfer in Verbindung gebracht wurden, verursachten im ver⸗ gangenen Monate einige Aufregung. Dieselben erwiesen sich indessen als unbegründet, da die Regierung in Washington bei der spanischen Regicrung nur darüber Klage gefuhrt hatte, daß Artikel 7 des Vertrages von 1795, welcher bestimmt, daß in den Vereinigten Staaten, wie in den von der spanischen Krone abhängigen Ländern Bürgern beider Nationen das Recht zustehen soll in allen Prozessen sich ihren eigenen Rechtsbeistand, der freien Zutritt zu der angeklagten Partei haben müsse, zu wählen, von den spanischen Behörden auf Cuba verletzt worden sei. Bereits am 18. macht der spanische Gesandte in Washington die amtliche Mittheilung, daß in Zukunft amerikanische Bürger, die vor ein Kriegsgericht in Cuba gestellt würden, das Recht haben sollten, sich ihren Vertheidiger selbst zu wählen. Als Grund für das bisherige Verfahren wurde angeführt, daß der Vertrag von 1795 nicht bestimmt genug abgefaßt sei, um maßgebend für kriegsgerichtliche Untersuchungen während einer Insurrection zu sein.
Am 13. überreichte der neuernannte Gesandte Italiens, Baron Blanc, dem Präsidenten sein Beglaubigungsschreiben.
Die von dem Präsidenten ernannte Kommission für die Anlage eines interozeanischen Kanals in Central⸗Amerika, welche aus dem General Humphreys, dem Kapitän Patterson und dem Commodore Ammen besteht, empfiehlt in ihrem Berichte einstim⸗ mig die Route von Brito am Stillen Meere nach Gonytown, in Nicaragua am Atlantischen Ozean, und befürwortet den mög⸗ lichst schnellen Bau des Kanals, damit nicht etwa England oder Frankreich den Vereinigten Staaten zuvorkäme. Die Kosten der Ausführung des 181 englische Meilen langen Kanals wer⸗ en auf höchstens 66 Millionen Dollars veranschlagt.
Nach dem, dem am 6. Dezember zusammentreten⸗ den Kongresse vorzulegenden Jahresberichte des Bundes⸗ steuer⸗Kommissars betrugen die während des am 30. Juni 1875 beendeten Fiscaljahres erhobenen Steuern 110,545,154 Doll. 23 Cents Papiergeld, gegen 102,644,746 Doll. 98 Cents in dem Fiskaljahre 1873/74. Die Mehreinnahme war zum Theil den erhöhten Steuern auf destillirte und gegohrene Ge⸗
21. Dezember
tränke und Tabak, zum Theil dem Bemühen der Regierung zu⸗ zuschreiben, rückständige Steuern von Banken, Eisenbahngesell⸗ schaften und anderen Korporationen beizutreiben. Die Mehr⸗ einnahme aus der in Folge der durch das Gesetz vom 3. März 1875 eingeführten Steuererhöhung auf die oben genannten Gegenstände belief sich auf 2,203,818 Doll. Die Steuern auf destillirte Getränke brachten in dem Finanzjahre 1874/75 1,779,799 Dollars mehr ein, als im Vorjahre, die auf gegohrene Getränke dagegen 160,675 Doll. 31 Cents weniger. In Folge der in verschiedenen Staaten vorgekommenen Defraudationen gegen die erstgenannte Steuer, woraus der Regierung ein Verlust von 1,650,000 Doll. erwuchs, wurden 24 Brennereien und 37 Rektifizirungsanstalten mit Beschlag belegt. In dem Berichte wird auf Abänderung der jetzt bestehenden Gesetze ge⸗ drungen und namentlich eine höhere Kaution der Fabrikanten befürwortet. Uebrigens wurde die Untersuchung wegen obiger Defraudationen von Seiten der Regierung energisch fortgesetzt und gegen die Hauptschuldigen, den Subrevisor der Bundes⸗ steuern, General Me. Donald und den Spezial⸗Agenten der Re⸗ gierung Coyen in St. Louis die Anklage erhoben. Ersterer wurde aller der ihm zur Last gelegten Anklagen für schuldig befunden, ein Urtheil indessen noch nicht gefällt, letzterer wurde zu dreieinhalbjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt.
Dem Berichte des General⸗Land⸗Amts⸗Kommissars zufolge wurden in dem Fiskaljahre 1874/75 7,070,271 Acres Bundes⸗ Ländereien, 1,561,000 Acres weniger als im Vorjahre, verkauft oder angewiesen. Der Gesammtertrag für die verkauften Lände⸗ reien betrug 1,784,000 Dollarxs.
Die Armee der Vereinigten Staaten bestand nach dem Be⸗ richte des General Sherman aus fünf Regimentern Artillerie mit 270 Offizieren und 2504 Mann, zehn Regimentern Kavallerie mit 422 Offizieren und 7206 Mann und 25 Regimentern In⸗ fanterie mit 848 Offizieren und 11,000 Mann und 3321 Re⸗ kruten und Ueberzähligen, im Ganzen also aus 1540 Offizieren und 24,031 Mann.
Die Kosten für die inländische Briefbeförderung betrugen nach dem Berichte des General⸗Postmeisters im Fiskaljahr 1874/75 15,353,369 Doll. Dieselben vertheilen sich auf 871 Eisenbahn⸗ linien (70,083 engl. Meilen) 9,216,518 Doll.; 89 Dampfer⸗ linien (15,788 engl. Meilen) 684,130 Doll. und 732 andere, als „Star routes“ bezeichnete Linien (129,002 engl. Meilen) 5,453,721 Doll Die Bewilligung für das laufende Finanzjahr beträgt 17,548,000 Doll., die wahrscheinlichen Kosten werden auf 16,471,383 Doll. 36 Cts. berechnet. Für Beförderung der
linien 336,536 Doll. bezahlt, davon in runden Summen an die Hamburger Linie 46 000 Doll., die Bremer Linie 40,000 Doll., die Adler⸗Linie 18,000 Doll., die Cunnod⸗Linie 52,000 Doll., die White Star Linie 27,000 Doll., die Daman Linie 11,000 Doll. und der Pacific Mail Steamsfhip Companie für die südamerikanische Post 37,000 Doll. Im Ganzen wurden zwischen den Vereinigten Staaten und allen übrigen Ländern 25 Millionen Briefe gewechselt, von denen 14 ½ Millionen auf Europa kamen, davon die Hälfte auf England, etwa ein Viertel auf Deutschland und weniger als acht Prozent auf Frankreich. An Porto für unfrankirte Briefe wurden in den Vereinigten Staaä⸗ ten 783,365 Doll. gegen 599,965 Doll. in Europa kollektirt. Die Gesammteinnahmen des Post⸗Departements in dem abge⸗ gelaufenen Finanzjahr betrugen 27,441,360 Doll. 57 Cts., die Gesammtausgaben 33,611,309 Doll. 45 Cts. Letztere waren um 1,484,894 Doll. 87 Cts., bez. um 4,12 Proz. größer als im Vorjahre, bleiben aber um 318,603 Doll. hinter den Vor⸗ anschlägen zurück.
Nach dem Berichte des Münzdirektors der Vereinigten Staa⸗ ten betrugen in dem abgelaufenen Fiskaljahre in sämmtlichen Münzen die Depositen und Ankäufe von Gold 38,556,293, von Silber 16,070,626 Doll. 24 Cts. Ausgeprägt wurden 33,553,965 Doll. in Gold, 10,070,368 Doll. in Silber und 230,375 Doll. in Nickel und Kupfer. Behufs der vom Kongresse verfügten Einlösung des Papierkleingeldes wurden in der Zeit vom 14. Januar bis 31. Oktober 1875 8,349,747 Doll. 96 Cts. Silber angekauft und 28,424,390 Stück Silberkleingeld im Werthe von 7,820,908 Doll. mit 12 Proz. Nutzen ausgeprägt,
Dem monatlichen Ausweise des Finanz⸗Ministers zufolge belief sich das Total der Bundesschuld am 1. Dezember abzüg⸗ lich des Bestandes an baarem Gelde, Barren und Papiergeld und der für die Pacifichahnen ausgegebenen Obligationen, auf 2,117,917,132 Doll. 57 Cts. gegen 2,118,394,211 Doll. 40 Cts. am 1. November, was für den Monat November eine Vermin⸗ derung von 480,078 Doll. 83 Cts. ergiebt. Der Baarbestand des Schatzamtes betrug an Papiergeld 12,014,962 Doll., etwa 2 ¼ Millionen mehr als im Vormonat, an Gold und Silber 70,404,676 Doll. Von letzterer Summe sind dagegen in Abzug zu bringen 19,796,500 Doll. für ausstehende Goldcertifikate, 34,225,903 Doll. für aufgelaufene Zinsen und 22,488,000 Doll. für gekündigte, aber noch nicht zur Einlösung präsentirte Obligationen, so daß sich den fälligen Forderungen gegenüber am 1. Dezember ein Defizit von 6,105,727 Dollars an baarem Gelde herausgestellt hat. An Staatspapiergeld waren 372,541,479 Dollars, etwa 800,000 Dollars weniger als am 1. November, an Papier⸗Kleingeld 42,356,105, etwa 1 Millionen mehr als am genannten Tage, in Umlauf. Da der Bestand des Schatzamtes an Papiergeld mehr als ausreichend für die laufenden Ausgaben des Monats ist, so ist Seitens des Finanz⸗Ministers ein Verkauf von Gold für Dezember nicht an⸗ geordnet worden.
Nachdem am 1. November 6 rozentige Obligationen im Betrage von zehn Millionen Dollars behufs Konvertirung in 5prozentige gekündigt worden waren, erfolgte Seitens des Finanz⸗Ministeriums am 15. November zu dem gleichen Zwecke die Kündigung von 12,785,350 Dollars, und hört die Verzin⸗ sung der betreffenden Obligationen mit dem 1., bez. dem 15. Februar auf. Mit der letzten Kündigung ist die Konvertirung von 500,000,000 Dollars 6 prozentiger Obligationen in 5 prozentige voll⸗ endet worden. Behufs weiterer Fundirung der Staatsschuld ist es der Regierung, nach dem Gesetze vom 14. Juli 1870 und, dem Amendement vom 20. Januar 1871, ferner nicht mehr ge⸗ stattet, fünfprozentige Obligationen zu emittiren, sondern nur noch 4 ½ prozentige bis zur Höhe von dreihundert Millionen,
eußi
Briefe nach dem Auslande wurden an verschiedene Dampfer⸗
8
8⸗Anzeiger.
und 4prozentige bis zur Höhe von tausend Millionen Dollars. Für den Amortisationsfond werden am 15. November 6ůprozen⸗ tige Bundes⸗Obligationen im Betrage von fünf Millionen ein⸗ berufen, deren Verz nsung ebenfalls am 15. Februar aufhört.
Im Monat Oktober landeten im Hafen von New⸗York 7714 Zwischendeckspassagiere, unter denen sich 2598 deutsche be⸗ fanden. Von diesen Passagieren waren 2351, davon 608 deutsche, bereits früher in Amerika gewesen, so daß sich die Zahl der wirklichen Einwanderer in dem genannten Monate auf 5363, unter denen 1990 deutsche waren, belief. Im Oktober 1874 betrug die Zahl der in New⸗York gelandeten Zwischendecks⸗ passagiere 12,049, 4335 mehr als im Oktober d. J., unter denen sich 3879 deutsche befanden, 1281 mehr als in diesem Jahre. In den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres landeten in New⸗York 92,471 Zwischendeckspassagiere, darunter 25,608 deutsche, gegen 137,635, darunter 40,188 deutsche, in der näm⸗ lichen Periode des Vorjahres. Die Einwanderung hat daher in der Zeit vom 1. Januar bis 1. November 1875 gegen die des Vorjahres um 45,164, die deutsche speziell um 14,580 Personen abgenommen.
Neuerdings haben am Rio Grande abermals Raubeinfälle bewaffneter mexikanischer Banden stattgefunden. Eine solche Bande wurde am 18. von Truppen des Staates Texas über den Fluß verfolgt und auseinander gesprengt, wobei die Mexi⸗ kaner vier Todte verloren. Vereinigte Staaten⸗Truppen halten das Ufer des Rio Grande auf texanischer Seite besetzt.
In den Vereinigten Staaten von Columbia war, Nachrichten aus Bogola zufolge, Dr. Parra zum Präsidenten der Union gewählt worden, da die Stimmen von fünf Staaten, welche der Verfassung gemäß erforderlich sind, auf ihn gefallen waren. In Panama war eine provisorische Regierung in der be⸗ reits früher als wahrscheinlich gemeldeten Zusammensetzung ein⸗ gesetzt worden. Das Land war ruhig. Die neue Regierung hat von dem Handelsstande ein Darlehn von 12,000 Doll. verlangt, doch beschloß letzterer nur die Hälfte der geforderten Summe vor⸗ zustrecken, und sollte der Rest von den Grundbesitzern aufgebracht werden. Eine unblutige Revolution hat in ECcuador stattge⸗ funden, wo eine neue provisorische Regierung errichtet wurde, an deren Spitze Dr. Rafael Polit und Senor Equiguren stehen, welche zu provisorischen Gouverneuren ernannt wurden. Das Resultat der Präsidentenwahl war noch nicht festgestellt, doch wird allem Anschein nach der Kandidat der liberalen Partei, Senor Borrero, über seine Gegner Saenz und Flores den Sieg davon tragen, da in drei Wahlbezirken auf ihn 4082 auf General Saenz 171 und auf Flores nur 50 Stimmen gefallen waren. Der Ausfuhrzoll auf Silber fällt vom 1. Januar 1876 ab fort. In Peru ist General Prado zum Präsidenten erwählt worden. Bei der Wahl kam es in Lima zu blutigen Straßenkämpfen, in denen nicht weniger als 25 Personen ihr Leben verloren und viele verwundet wurden. In den Provinzen ging die Wahl verhältnißmäßig ruhig ab. General Prado wird sein neues Amt am 2. August künftigen Jahres antreten, an welchem Tage die vierjährige Amtsdauer des jetzigen Präsidenten Manuel Prado abläuft. Der Ver⸗ treter Brasiliens in Peru, Sensior Arambuja, hat mit dem peruanischen Minister des Auswärtigen die Ratifika⸗ tionen über den zwischen beiden Ländern abgeschlossenen Ver⸗ trag ausgetauscht, durch welchen die Grenze beider Staaten am Putumayo geregelt wurde. Die Differenzen zwischen Chili und der argentinischen Republik haben einen ernsteren Charakter angenommen. In Folge der von der argentinischen Regierung in Ausführung eines Kongreßbeschlusses vom 11. August einer Dampfschiffahrtslinie ertheilten Konzession zur Fahrt zwischen Buenos Ayres und der Ostküste Patagoniens, wodurch der bis⸗ herige status quo verletzt wurde, der einem Uebereinkommen zwischen beiden Regierungen bis zur Entscheidung der streitigen Frage durch ein Schiedsgericht aufrecht erhalten werden sollte, hat sich die chilenische Regierung veranlaßt gesehen, ihr Geschwa⸗ der in der Magelhansstraße zu verstärken. Zur Vermeidung des Ausbruches der Feindseligkeiten hat die peruanische Regierung ihre Dienste als Vermittlerin angeboten. Der ar enti⸗ nische Nationalkongreß schloß am 12. Oktober seine Sitzun⸗ gen, nachdem vorher das Zollgesetz für 1876 und das neue Kolonisationsgesetz angenommen worden waren. Durch das erstere, welches entschieden protektionistisch ist, werden die Zölle auf viele Artikel von 20 auf 40 Proz. erhöht. Das letztere ge⸗ währt der Regierung die Summe von 300,000 Doll. zu Vor⸗ schüssen von 600 Doll. für jede neue Kolonistenfamilie und zur Vermessung von Staatsländereien, welche in Flächen von 100 Hektaren an Kolonisten verabfolgt werden sollen. Präsident Avellaneda trat Mitte Oktober eine Rundreise durch die Pro⸗ vinzen an, von der er am 30. wieder nach Buenos⸗Ayres zurückkehrte. Derselbe wurde überall gut aufgenommen. In Uruguay dauerte die Revolution fort, und kam es mehrfach zu Gefechten zwischen den Regierungstruppen und den Insurgenten, in welchen beide Theile sich den Sieg zuschrieben. In einem Treffen bei Guayabos, in der Nähe von Paysandu, wurden die Insurgenten unter Gurmandez indessen vollständig zersprengt. Die östlichen Häfen am Uruguay sind auf Befehl der Regierung geschlossen worden. In Paraguay ist eine außerordentliche Session der Legislative einberufen worden und ist das Verhältniß des Landes zur argentinischen Republik ein günstigeres geworden. Das neue Ministerium befürwortete die Abschaffung des Tabaks⸗, Seifen⸗ und Salzmono⸗ pols, Beschränkung der Staatsausgaben, Reduktion des stehenden Heeres und die Ergreifung der erforderlichen Maßregeln zur Zurückziehung des I und Tilgung der inneren und äußeren Schuld. — Ju Brasilien wurde Anfang November der Beschluß des Kongresses publizirt, durch welchen die beab⸗ sichtige Reise des Kaisers nach Europa und den Vereinigten Staaten, welche derselbe im Marz anzutreten beabsichtigt, geneh⸗ migt worden war. Während der Abwesenheit des Kaisers wird die Kronprinzessin die Regierung leiten. Der am 2. Dezember in Kraft tretende Postvertrag zwischen Brasilien und Groß⸗ britannien ist publizirt worden. Nach demselben beträgt das Porto für den einfachen Brief von einer halben Unze von England 9 Pence, wenn frankirt, andernfalls 1 Shilling, von Brasilien aus im ersteren Falle 360 Reis, im letztern 500 Reis Auf Briefe, welche über Frankreich befördert werden, finden dies Sätze ebenfalls Anwendung.