1875 / 303 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 24 Dec 1875 18:00:01 GMT) scan diff

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einen integrirenden Bestandtheil der Karte von Rheinland und West⸗ falen bildet, zu vermeiden, ist es zu empfehlen, bei den gleichnamigen Kartenblättern, stets außer dem Namen, auch den Maßstab oder die Nummer anzugeben. 8 Berlin, den 22. Dezember 1875. Königliche Landesaufnahme. Kartographische Abtheilung.

Die heutige Nummer des „Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeigers“ enthält in der Central⸗Handels⸗Register⸗Beilage:

1) Nr. 49 der Tarif⸗ ꝛc. Beränderungender deut⸗

en Eisenbahnen; 8 2) ö über die in der Vaka nzenliste für Militär⸗Anwärter Nr. 21 enthaltenen Stellen;

3) Zusammenstellung der im Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger zur Be⸗ setzung angezeigten gegenwärtig vakanten Stellen;

4) Uebersicht der im Deutschen Reichs⸗ und Kö⸗ niglich Preußischen Staats⸗Anzeiger bekannt ge⸗ machten anstehenden Submissions⸗Termine.

Die heute ausgegebene Nr. 52 der Allgemeinen Ver⸗ loosungs⸗Tabelle des Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeigers enthält die Ziehungslisten folgender Papiere: Amsterdamer Prämien⸗Anleihe de 1874. Anklamer, Birnbaumer, Inowrazlawer, Mansfelder See⸗Kreis⸗Obligationen. Anklamer, Dem⸗ miner, Hannoversche, Lengenfelder, Mar⸗ burger Stadt⸗Obligationen. Ansbach⸗Gunzenhausener Eisenbahn⸗Prämien⸗Anlehen. Bautzner vereinigte Papier⸗ fabriken, Prioritäts⸗Obligationen. Belgische Kommunal⸗Kre⸗ dit⸗Loose de 1861. Bonner Bergwerks⸗ und Hüttenverein, Obligationen. Deutsche Hypothekenbank Berlin, Pfandbriefe. Dünaburg⸗Witebsker Eisenbahn⸗Aktien. Frankfurter Aktienbrauerei, Prioritäts⸗Obligationen. Frankfurt⸗Ha⸗ nauer Eisenbahn⸗Prioritäts⸗Obligationen. Galizische Boden⸗ kredit⸗Vereins⸗Pfandbriefe. Görlitzer Aktienbrauerei, Priori⸗ täts⸗Obligationen. Leipziger Vereins⸗Bierbrauerei, Priori⸗ täts⸗Obligationen. Mährisch⸗Schlesische Centralbahn⸗Prio⸗

täts⸗Obligationen (Rückstände). Mailänder Prämien⸗An⸗ leihe de 1866. Mälare Güter⸗Hypotheken⸗Anleihe de 1855. Obrabruch⸗Meliorations⸗Obligationen. Pariser Prämien⸗ Anleihe de 1865. Potschappeler Aktien⸗Verein, Prioritäts⸗ Obligationen. Russische 5 ½proz. Central⸗Bodenkredit⸗Pfand⸗ briefe. Sächsische 4 ½6 proz. Alberts⸗Eis enbahn⸗Prioritäts⸗Obli⸗

ationen. Sächsische erbländische Pfandbriefe. Sächsische Landeskultur⸗Rentenscheine. Sächsische 4 proz. Staatsschulden⸗

Kassenscheine de 1852/55/58/59/62/66/68, de 1869 und de 1870

(an Stelle der Albertsbahn⸗Aktien). Soldiner Entwässerungs⸗ Verband⸗Obligationen. Tessiner 4 ½ proz. konsolidirte Kantons⸗ Anleihe. Türkische Anleihe de 1858. Ungarische allge⸗ gemeine Bodenkredit⸗Aktien⸗Gesellschaft, Pfandbriefe. Unstrut⸗ Regulirungs⸗Societät (Bretleben bis Nebra), Obligationen. Unstrut⸗Regulirungs⸗Verband (Mühlhausen bis Merxleben), Obligationen. Vereinigte südösterreichische, lombardische und centralitalienische Eisenbahn⸗Aktien und Obligationen. West⸗ fälischer Draht⸗Industrie⸗Verein, Partial⸗Obligationen.

Die Allgemeine Verloosungs⸗Tabelle erscheint

voöchentlich einmal und ist zum Abonnementspreis von 1 Mark 50 Pf. (15 Sgr.) vierteljährlich durch alle Postanstalten, so wie

durch Carl Heymanns Verlag, Berlin, S. W., Königgrätzer⸗

straße 109, und alle Buchhandlungen zu beziehen, für Berlin auch bei der Expedition, Wilhelmstraße 32. Preis pro einzelne Nummer 25 Pf. (2 ½ Sgr.)

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 24. Dezember. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute Allerhöchstihren General⸗ Adjutanten, General⸗Lieutenant und Commandeur der 14. Di⸗ vision von Obernitz, und Allerhöchstihren Flügel⸗Adjutanten, Major und Militär⸗Attaché bei der Gesandtschaft in München von Stülpnagel, und hörten den Vortrag des Polizei⸗Präsidenten von Madai.

Gestern empfing Ihre Majestät die Kaiserin⸗ Königin Ihre Königlichen Hoheiten den Prinzen und die Prinzessin Carl bei Ihrer Rückkehr aus Rußland. Im König⸗ lichen Palais fand ein Familiendiner statt. Heute wird die Weihnachtsfeier daselbst in gewohnter Weise mit dem König⸗ lichen Hofe und Abends mit der Königlichen Familie begangen.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern um 11 ½ Uhr Vormittags mili⸗ tärische Meldungen entgegen und empfing um 4 Uhr Nac⸗ mittags den General⸗Lieutenant von Obernitz. Von 7 Uhr Abends ab wohnte Höchstderselbe mit den Prinzen Wilhelm,

Heinrich und Waldemar der Vorstellung im Circus Renz bei.

Se. Königliche Hoheit der Erbgroßherzog Friedrich Franz von TT“ Major à la suite des Garde⸗Kürassier⸗Regiments ꝛc., hat sich mit Urlaub nach Schwerin

In der Geschäfts⸗Eintheilung des Allgemei⸗ nen Kriegs⸗Departements treten vom 1. Januar 1876 ab folgende Aenderungen ein: Von dem Ressort der Armee⸗Abthei⸗ lung B. gehen über a. auf das Ressort der Armee⸗Abtheilung A.: das Lehr⸗Infanterie⸗Bataillon, das Militär⸗Reit⸗Institut Offizier⸗Neitschule und Kavallerie⸗Unteroffizierschule, das rei⸗ tende Feldjäger⸗Corps und die Militär⸗Musik; und b. auf das Ressort der Artillerie⸗Abtheilung: die Oberfeuerwerker⸗Schule. Die Armee⸗Abtheilung B. wird ferner vom 1. Januar 1876 ab die Kasernements⸗ und Bau⸗Angelegenheiten der Unteroffizier⸗ schulen und der Militär⸗Schießschule, sowie die ökonomischen Angelegenheiten der Arbeiter⸗Abtheilungen bearbeiten.

An der preußisch⸗belgischen Grenze befindet sich ein Dorf, Namens Moresnet, welches vor dem Pariser Frieden vom Jahre 1815 zu Frankreich gehörte, bei diesem Friedensschluß aber unter anderen Gebieten den alliirten Mächten abgetreten wurde. Preußen und die Niederlande hatten sich über das Moresnetsche Gebiet auseinanderzusetzen. Da diese Staaten sich über die Grenzlinie nicht einigen konnten, so wurden zwei provisorische Grenzen durch das Dorf gezogen, nach welchen ein Theil der

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Gemeinde zu Preußen (sg. Preußisch⸗Moresnet),

den Niederlanden (resp. jetzt zu; Belgien, sg. Belgisch⸗Moresnet) fiel und der mittlere Theil des Dorfes Neutral⸗Moresnet einer gemeinschaftlichen Verwaltung unterworfen wurde. Im Beginn dieses Jahres wurde vom Bürgermeister von Preußisch⸗ Moresnet gegen eine Reihe von jungen Leuten, und unter die⸗ sen auch gegen C., welcher am 10. Februar 1855 zu Neutral⸗ Moresnet geboren und daselbst wohnhaft ist, die Beschuldigung erhoben, daß sie sich zur Stammrolle pro 1875 nicht angemeldet haben, und C. wurde in beiden Instanzen zu einer Geldstrafe verurtheilt. In dem Erkenntniß der zweiten Instanz wird dieses Urtheil folgendermaßen motivirt: „Die Preußen mit Belgien über dies erwähnte Gebiet gemeinschaftlich zustehende Oberhoheit bedingt, daß dasselbe für die Angehörigen beider Staaten als Inland zu betrachten ist, und von einem Verluste der Nationa⸗ lität durch fortgesetzten Aufenthalt daselbst keine Rede sein kann. Ein Uebersiedeln daher preußischer Unterthanen nach Neutral⸗ Moresnet ist nur als ein Domizilwechsel im Inlande anzusehen und dieselben bleiben einestheils zur Erfüllung der bürgerlichen Verbindlichkeiten gegen Preußen verpflichtet resp. den zur Herbeiführung derselben erlassenen Verordnungen unter⸗ worfen und sind anderentheils bei Vernachlässigung derselben den dieserhalb bestehenden diesseitigen, und speziell den für den Regierungsbezirk Aachen, zu dessen Ressort Neutral⸗Moresnet zunächst gehört, bestehenden Strafbestimmungen zu unterziehen.“ Gegen dieses Urtheil legte der Angeklagte den Kassationsrekurs ein, in dem er hinwies, daß die vorinstanzlichen Erkenntnisse die Frage: „ob Neutral⸗Moresnet einen Bestandtheil von Preußisch⸗ Moresnet bilde? nicht klar beantwortet, sondern umgangen haben, daß aber diese Frage für die Entscheidung des vorliegenden Falles entschieden beantwortet werden müsse. Nach Artikel 57 der Verfassung des Deutsches Bundes vom Dezem⸗ ber 1870 seien nur Bundesangehörige militärpflichtig; da nun das neutrale Gebiet nicht zum Bundesgebiet gehöre, so seien die Bewohner nicht militärpflichtig, brauchten sich also auch nicht zur Aufnahme in die Stammrolle zu melden, ebensowenig könnten sie nach der Verfassung des neutralen Gebiets zur Wehrpflicht herangezogen werden. Der rheinische Strafsenat des Ober⸗Tribunals verwarf jedoch in der Sitzung vom 16. November d. J. den Kassationsrekurs, indem er für die preußische Gerichtsbarkeit Neutral⸗Moresnet als einen Bestandtheil der preußischen Monarchie und somit auch des Deutschen Reichs erklärte. „Die in Gemäßheit des Art. 66 der Wiener Kongreßakte vom 9. Juni 1815“, führt das Er⸗ kenntniß des Ober⸗Tribunals aus, „zur genaueren Bestimmung der preußisch⸗niederländischen Grenze zusammengetretenen Kommissionen haben sich nach Inhalt des Art. 17 des Grenzvertrages vom 26. Juni 1816 nicht vollständig einigen können und ist in Folge dessen die Staatshoheit über das Gebiet des s. g. Neutral⸗Moresnet zwischen den König⸗ reichen Preußen und der Niederlande (jetzt Belgien) streitig ge⸗ blieben. Ein derartiger Streit über die Staatsgrenzen kann nur durch Vereinbarung der beiderseitigen Regierungen seine Erledigung finden, so lange aber dies nicht geschehen ist, sind preußische Gerichte nicht befugt, ein Gebiet als Ausland anzu⸗ sehen, welches von der Krone Preußens als der preußischen Staatshoheit unterworfen, betrachtet wird.“

Die Erwählung des in Frankreich naturalisirten Polen Wolowski zum Senator wird von den polnischen Blättern als eine Ehre betrachtet, die der ganzen polnischen Nation ge⸗ schehen sei. „Diese Ernennung,“ sagt der „Dzennik Poznanski“, „hat bei der polnischen Emigration in Paris einen großen Ein⸗ druck gemacht. Sie ist für Hrn. Wolowski die Belohnung eines langen, der Arbeit gewidmeten Lebens, einer tiefen Gelehrsamkeit, einer großen politischen Rechtschaffenheit, so wie der Dienste, welche seinem zweiten Vaterlande ein Mann geleistet hat, welcher sein erstes Vaterland nie vergessen und in dem er sich nach und nach zu den höchsten Aemtern und zu den ersten Würden der Wissenschaft und der Politik in Fente erhoben, zu dem Ruhm des polnischen Namens beigetragen hat.“

Vom 1. Januar 1876 ab werden die Verurtheilten der Marine, welche eine Gefängnißstrafe nach den §8§. 34 bis 148, sowie diejenigen, welche die Strafe der Festungs⸗ haft nach den §§. 149 bis 170 des Militär⸗Strafvollstreckungs⸗ Reglements zu verbüßen haben, an das Festungsgefängniß auf Fort Falkenstein überwiesen und die noch in den Festungsgefängnissen zu Spandau, Magdeburg und Minden befindlichen Militärgefangenen der Marine, sowie das in Dan⸗ zig stationirte Aufsichtspersonal zurückgezogen werden.

Die Bevollmächtigten zum Bundesrath: Königlich bayerischer Ministerial⸗Rath von Riedel, Königlich sächsischer Ge⸗ heimer Justiz⸗Rath Held, Großherzoglich badischer Ministerial⸗ Rath Eisenlohr und Herzoglich sachsen⸗altenburgischer Regie⸗ rungs⸗Rath Schlippe sind von Berlin wieder abgereist.

Der General⸗Major des Barres, von der Armee und Direktor der Ober⸗Militär⸗Examinations⸗Kommission, ist von seiner Dienstreise nach Cassel, Hannover und Potsdam hierher zurückgekehrt.

S. M. S. „Victoria“, welches am 10. November cr. Madeira verlassen hatte, ist am 29. dess. Mts. in St. Thomas eingetroffen und beabsichtigte am 10. Dezember cr. nach Haity in See zu gehen, hierauf nach St. Thomas zurück zu kehren und demnächst nach der Nordküste von Südamerika zu segeln. An Bord Alles wohl.

Hannover, 21. Dezember. Das Amtsblatt veröffentlicht folgende Allerhöchste Kabinets⸗Ordre, die Lustbar⸗ keiten in der vierten Adventswoche betreffend:

Auf den Bericht vom 30. November d. J. will Ich das in der Verordnung vom 15. November 1830 (Gesetz⸗Sammlung für Han⸗ nover Seite 237) enthaltene Verbot der im §. III. der Verordnung vom 25. Januar 1822 (ebendaselbst Seite 65) erwähnten öffentlichen Lustbarkeiten in der vierten Adventswoche dahin beschränken, daß in der Provinz Hannover öffentliche Theater⸗Vorstellungen in der vierten Adventswoche, mit Ausschluß des 24. und 25. Dezember, stattfinden dürfen.

Berlin, den 13. Dezember 1875.

8 Wilhelm. n

8- 1 Gr. Eulenbu An die Minister des Innern und der geistlichen,

Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten. 8

Münster, 18. Dezember. Nachdem gemäß §§. 13 und 17 des Gesetzes, betreffend die Ausführung der §§. 5 und 6 des Gesetzes vom 30. April 1873 wegen der Dotation der Pro⸗ vinzial⸗ und Kreis⸗Verbände vom 8. Juli 1875, die Heb⸗ ammen⸗Lehranstalt zu Paderborn dem Provinzial⸗Ver⸗ bande von Westfalen zur Verwaltung und Unterhaltung über⸗ wiesen worden ist, sind in Betreff der Verwaltung dieser Anstalt auf Grund §. 25 des genannten Gesetzes neue Bestimmungen erlassen worden, die im Amtsblatt veröffentlicht werden.

Baye München, 22. Dezember. Heute Abend ist der König von Hohenschwangau hier angekommen. Se. Ma⸗ jestät hat an die Wittwe des verstorbenen Staatsraths i. a. D. und Regierungspräsidenten v. Zwehl ein huldvolles Hand⸗ schreiben gerichtet, worin er derselben sein inniges Bedauern über das Hinscheiden des um Krone und Land so verdienten Mannes ausspricht. Der Staats⸗Minister v. Pfretzschner ist von Berlin hierher zurückgekehrt und hat sein Portefeuille wieder übernommen.

Die Erklärung, welche der Erzbischof von Bamberg an den Reichsrath und General⸗Staatsanwaͤlt v. Haubenschmied auf erhaltene Aufforderung, über die Vorgänge bei der Kapi⸗ telskonferenz zu Geisenfeld zu berichten, am 25. Mai d. J. abgegeben 5 lautet nach der „Augsb. Allg. Ztg.“:

„Ew. Hochwohlgeboren haben mich mit Zuschrift vom 8./9. d. zur Erklärung darüber aufgefordert, ob oder inwieweit die von Sr. Exc. Hrn. Staats⸗Minister Dr. v. Lutz in der öffentlichen Sitzung der bayerischen Abgeordnetenkammer am 13. Oktober d. J. (Stenogr. Bericht S. 36) gemachte Aeußerung mit dem Inhalt des für das Landkapitel Geisenfeld im Jahre 1875 ergangenen Bescheides des hoch⸗ würdigen bischöflichen Ordinariats Regensburg übereinstimme. Die⸗ ser Aufforderung entsprechend, gebe ich bekannt, daß an dem diesjährigen Capiteljahrtag (25. Mai ds. Js.), an welchem ich mich in meiner damaligen Eigenschaft als Pfarrer von Engelbrechtsmünster betheiligte, nach Abhaltung des üblichen Gottesdienstes im Pfarrhause zu Geisenfeld von dem Kapitelsvorstand ein solcher Bescheid vorgelesen wurde, dessen poli⸗ tischer Theil Nachstehendes enthielt: „„Der Verkehr katholischer Geistlichen mit sogenannten Liberalen ist gänzlich ungeeignet, da Liberalismus und Abfall vom Glauben nahezu immer identisch sind. Ein katholischer Geistlicher soll vielmehr seine kirchliche Ge⸗ sinnung in dem Bestreben bewähren, durch sachgemäße Be⸗ lehrung über die für Kirche und Staat schädlichen Ziele des Libe⸗ ralismus die Bevölkerung zu veranlassen, daß sie gegen denselben kräftigst Stellung nehme, und dieses Bestreben werde bei ange⸗ messener Rücksichtnahme auf die Unzufriedenheit der Bevölkerung mit

den neuen liberalen staatlichen Einrichtungen, durch welche Stockung

im Geschäft und Erwerbe herbeigeführt wurde, um so mehr auf Er⸗ folg rechnen können.“ Hiermit habe ich in Kürze nach Wortlaut und Sinn wiedergegeben, was mir von dem erwähnten Theil des Ordina⸗ riatsbescheides in der Erinnerung geblieben ist. Wenn nun gleichwohl die Kundgabe desselben auf mich den Eindruck hervorbrachte, als sollte hierdurch der Zuhörer zur Vorbereitung der Gemüther auf die bevor⸗ stehenden Landtagswahlen sich angeregt fühlen, weil so am erfolg⸗

reichsten gegen den Liberalismus operirt werden kann, so kann ich

mich doch nicht entsinnnen, daß wenigstens in dem Bescheide für das Dekanat Geisenfeld die Worte .... „die Leute zur Wahl von solchen Vertretern anzuleiten suche, derens echt kirchliche Ge⸗ sinnung die nöthige Bürgschaft giebt,“ wie solche die Er⸗ klärung des Hrn. Kultus⸗Ministers vom 13. Oktober d. J. schließen, vorkommen. Endlich bemerke ich, daß mir von einer anderen ähnlichen Weisung der oberhirtlichen Stelle in e; den bekannten Wahlhirtenbrief ausgenommen nichts bekannt ge⸗ worden sei. Nachdem ich mich der, aus naheliegenden Gründen sehr peinlichen Pflicht nach bestem Wissen und Gewissen entledigt habe, benütze ich schließlich diesen schriftlichen Verkehr zum Ausdruck ausgezeichneter Hochachtung, mit welcher beharrt Ew. Hochwohl⸗ geboren ergebener Friedrich v. Schreiber, Erzbischof. 12. Dezember 1875.“ . 34

Der deutsche Botschafter zu Paris, Fürst zu Hohen⸗ lohe, ist vorgestern Abends hier eingetroffen.

Augsburg, 24. Dezember. (W. T. B.) Der „Allge meinen Zeitung’ wird aus München in der Angelegenheit des Kultus⸗Ministers v. Lutz und des Bischofs von Regensburg, v. Senestrey, gemeldet: Nachdem der Kultus⸗Minister den Beweis seiner Behauptungen durch die Aussage des Erzbischofs von Bamberg, v. Schreiber, erbracht glaube und auf weitere Zeugenaussagen verzichtet habe, bestehe auch der Bischof von Regensburg nicht mehr auf einer Fortsetzung des Verfahrens. Die Vernehmung weiterer Zeugen werde daher unterbleiben.

Sachsen. Dresden, 23. Dezember. Das Ober⸗Hof⸗ marschallamt hat heute bekannt gemacht, daß der König und die Königin am Neujahrstage in den Paradesälen des Königlichen Schlosses Mittags in üblicher Weise eine Beglück⸗ wünschungscour annehmen werden; Abends 8 Uhr ist sodann nach vorausgegangener Präsentationscour Assembléee in den Paradesälen.

Oldenburg. Oldenburg, 21. Dezember. Bei Eröff⸗ nung der heutigen Sitzung des Landtages theilte, nach der „Wes. Ztg.*, der Präsident ein Schreiben der Staatsregierung mit, wonach der Landtag bis zum 19. Februar 1876 verlängert, aber vom 21. d. M. ab bis zum 24. Januar 1876 unter der Voraussetzung vertagt werden solle, daß der Finanzausschuß bereits am 17. Januar seine Geschäfte wieder aufnehme. Der Landtag erklärte sich hiermit einverstanden und nahm sodann das Finanzgesetz für die Finanzperiode 1876/78, sowie den Gesetzentwurf, betreffend die Diäten und Transportkosten der bei den Aemtern in Oldenburg und Lübeck angestellten Civilstaats⸗ diener für Dienstreisen innerhalb des Amtsbezirkes, auch in zweiter Lesung an. Ferner ertheilte der Landtag seine Zustimmung zu einem Tausche zwischen vorbehaltenem Krongute und solchen Ge⸗ bäuden und Ländereien, welche zum Großherzoglichen Hausfidei⸗ kommiß gehören. Die Abendsitzung wurde ausgefüllt durch die Berathung über eine Vorlage der Staatsregierung, betreffend das Abkommen mit dem Bankhause v. Erlanger u. Söhne in Frankfurt a. M. Im Jahre 1868 hatte nämlich das Staats⸗ Ministerium mit diesem wegen der Errichtung der „Oldenbur⸗ gischen Landesbank“ einen Vertrag abgeschlossen, worin der Staat insbesondere die Verpflichtung übernommen hatte, der Bank olden⸗ burgisches Staatspapiergeld im Betrage von zwei Millionen Tha⸗

lern für die Dauer des Vertrages, behufs Ausgabe desselben,

unentgeltlich zu liefern; für diese Ueberlassung des Papiergeldes war die Bank verpflichtet, von ihrem jährlichen Reinertrage zwei Dritttheile an die oldenburgische Landeskasse herauszukehren. Der Vertrag war zunächst auf die Dauer von 10 Jahren, bis zum 1. Juli 1878, abgeschlossen, und zwar der Staatsregierung das Recht eingeräumt worden, die Bank gegen eine zur Zeit 180,000 betragende Entschädigung jeder Zeit einzuziehen und das Geschäft auf eigene Rechnung fortzuführen. Dieser Vertrag, welcher im Laufe des Jabres 1869 zur Ausführung gebracht war, ist theils durch die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes über die Ausgabe von Banknoten, theils durch das Reichsmünzgesetz vom 9. Juli 1873, theils durch das unterm 14. März 1875 erlassene Bankgesetz für das Deutsche Reich in seinen Grundlagen so erheblich alterirt worden, daß das ganze

Vertragsverhältniß als in Folge jener Gesetze hinfällig werdend

anzusehen ist. Die Staatsregierung hat deshalb mit einer von der Generalversammlung der Aktionäre gewählten Kommission wegen einer Modifikation des Vertrags von 1868 Verhandlungen gepflogen, und haben diese zu einem Ergebnisse geführt, dessen Hauptpunkte folgende sind:

1) Für das Jahr 1875 bleibt das Verhältniß der Staats⸗ regierung zu der Landesbank unverändert; die reichsgesetzlichen Be⸗

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Bamberg, am

Betrage von 5 bis 15 Schillingen. An demselben Tage fand

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stimmungen sind aber auft strengste zur Ausfül⸗ u bringen, un darf insbesondere die Bank die ö hzn⸗ Uücechalb der Schranken dieser Bestimmungen ausgeben; für deren jederzeitige Einlösbarkeit haftet lediglich die Bank selbst ohne irgend welche Mit⸗ hülfe oder Garantie Seitens des Staates.

2) Für die Zeit nach dem 31. Dezember 1875 bleibt der Ver⸗ trag 8 3

a. Alles, was sich aunf die Ausgabe von oldenburgischem Papier⸗ geld bezieht, fällt vollständig weg; G u1““

b. die Staatsregierung verzichtet auf das Recht der beliebigen der Bank und Fortsetzung des Geschäftes auf eigene

e ;

.wa. die Landeskasse des Herzogthums erhält am 1. Januar 1876 diejenige Summe des Reservefonds der Bank, um welche der Reserve⸗ fonds an diesem Tage über 180,000 gestiegen sein wird; ferner erhält sie vom 1. Januar 1876 an ein Drittel des jährlichen Ge⸗ schäftsgewinns der Bank, welcher sich ergiebt nach Abzug der Ge⸗ schäftskosten und Tantièmen, der fünfprozentigen Verzinsung der baa⸗ ren Einzahlungen der Aktionäre und der von dem Reste zum Reserve⸗ fonds zu schlagenden zehn Prozent.

1] Der Staatzregierung und den Aktionären ist ein im Einzelnen näher bestimmtes Kündigungsrecht vorbehalten. Kündigen die letzteren, so ist an dem Tage der Auflösung des Verhältnisses an die Landes⸗ kasse aus der Bank der alsdann vorhandene Reservefonds bis zum Betrage von 300,000 ℳ, mindestens aber, sofern der Fonds dann 85 240,000 enthalten sollte, diese letztgenannte Summe zu be⸗ zahlen. 1

4) Falls die Bank das Recht zur Notenausgabe an die Reichs⸗ bank gegen Vergütung abtreten sollte, fließen von dieser Vergütung zwei Drittel in die Landeskasse und ein Drittel in den Reservefonds der Bank.

In der sicheren Erwartung, daß die Aktionäre dieses mit der Kommission abgeschlossene Abkommen genehmigen werden, sind bereits in den Einnahmevoranschlag als Antheil der Landes⸗ kasse an den Erträgnissen der Landesbank für 1876 170,000 und für 1877 und 1878 je 30,000 aufgenommen. Auf. Vor⸗ schlag des Finanzausschusses erklärte der Landtag sich mit dem von der Staatsregierung getroffenen Abkommen einverstanden, in der Voraussetzung, daß dem Lande daraus keine weiteren finanziellen Verpflichtungen erwachsen können, und unter der Bedingung, daß eine Abfindung und Kündigung von Seiten der Staatsregierung nur mit Zustimmung des Landtages er⸗ folgen dürfe. Hierauf vertagte sich der Landtag bis zum 24. Januar k. J.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 22. Dezember. Unter Vorsitz des Kaisers hat am 19. d. M. ein Ministerrath stattgefunden, in welchem die laufenden Geschäfte erledigt und auch die handelspolitischen Verhandlungen mit Ungarn ein⸗ gehend erörtert wurden. Die letzteren sollen bekanntlich während der Weihnachtsfeiertage zwischen den beiderseitigen Regierungen fortgesetzt werden. Nach einer Meldung des „Pesti Naplo“ werden der ungarische Minister⸗Präsident v. Tisza und der Finanz⸗Minister Koloman Szell zu diesem Behufe in den nächsten Tagen in Wien eintreffen; vornehmlich die Zoll⸗ und Bankfrage werden den Gegenstand dieser Verhandlungen bilden. Von dem Resultate der letzteren soll es die ungarische Regie⸗ rung, nach derselben Quelle, abhängig gemacht haben, ob sie einen Vertreter zu den Berathungen des Handelsvertrages mit Italien nach Rom senden werde oder nicht.

Wie aus Pest gemeldet wird, wird der diesmalige Hof⸗ empfang am 29. und 30. d. Mts. in Ofen statt⸗ finden.

Die seit Wochen in verschiedenen Journalen gebrachten Nachrichten über die noch vor Jahresschluß bevorstehende Ver⸗ lautbarung der neuen Beförderungs⸗Vorschrift für die K. K. Armee, des neuen Organisations⸗Statutes für den Generalstab und der neuen Vorschrift zur Verfassung der Qua⸗ lifikationslisten sind in den letzten Tagen durch die Mittheilung ergänzt worden, daß die vorbenannten Normen bereits die Aller⸗ höchste Sanktion erhalten haben. Wie die „Pol. Corr.“ erfährt, ist die bezügliche Allerhöchste Entschließung noch nicht herab⸗ gelangt. Die weiter gemachte Andeutung, daß mit der Publi⸗ kation obiger Vorschriften auch eine weit reichende Veränderung in den bisherigen Befugnissen der Kriegsverwaltung stattfinden, überhaupt den Organismus des Heeres erschütternde Reformen eintreten werden, wird, wie das genannte Blatt hinzufügt, keine Bestätigung finden.

„— Der Botschafter Graf Beust ist am 17. d. M. in Paris angekommen.

(W. T. B.) Die von mehreren Blättern gebrachten Nachrichten über den Stand der Verhandlungen wegen Trennung der Breslauer fürstbischöflichen Diözese werden von gut unterrichteter Seite als jeder Begründung entbehrend bezeichnet.

Die Frage der Wiederbesetzung des hiesigen Erzbis⸗ thums ist, wie die „Politische Korrespondenz“ meldet, bisher kein Gegenstand der Berathungen des Ministerraths gewesen. Die Mittheilungen verschiedener Blätter, die von der bereits er⸗ folgten Wiederbesetzung des erzbischöflichen Stuhles wissen woll⸗ ten, seien daher als durchaus unbegründet anzusehen.

Pest, 22. Dezember. Das Oberhaus nahm den Gesetz⸗ entwurf, betreffend den Einkommensteuerzuschlag, an und votirte einstimmig das Rentenanleihe⸗Gesetz. Die Handelsverträge mit Spanien und Hawai und die Gesetzentwürfe, betreffend das Metermaßsystem und die Salzgefälle, wurden ebenfalls ange⸗ nommen.

Der Präsident schloß die Sitzung mit der Bemerkung, daß nur noch allenfalls behufs Promulgirung der zur Allerhöchsten Sanktion gelangenden Gesetze kurze Sitzungen stattfinden werden.

Das Abgeordnetenhaus nahm in einer kurzen Abend⸗ fitzung die Oberhausnuntien über die zuletzt votirten Gesetzent⸗ würfe entgegen. Dieselben werden zur Allerhöchsten Sanktivn befördert werden. Dann wurde der Entwurf über die Handels⸗ konvention mit Rumänien in dritter Lesung votirt und die Ant⸗ wort des Handels⸗Ministers auf cine Interpellation bezüglich der metrischen Gewichte zur Kenntniß genommen, worauf die Sitzung geschlossen wurde.

Schweiz. St. Gallen. (Neue Zürch. Ztg.) Ein von der österreichischen an die St. Gallische Regierung gesandter Plan sammt Kostenberechnung für den untern Rheindurch⸗ stich bei Fußach veranschlagt die diesbezüglichen Kosten auf 8487000 Fr.; fast eben so hoch würde nach der „St. G. Ztg.“ er obere Durchstich bei Diepoldsau zu stehen kommen, dessen gleichzeitige Ausführung Oesterreich als unerläßliche Bedingung ür seine Betheiligung an dem großen Werke fordert.

Großbritannien und Irland. London, 22. De⸗ zember. Gestern wurden, wie die „A. A. C.“ meldet, die Weihnachtsgaben der Königin an die Armen Londons vertheilt. Ueber 1000 Personen, der Mehrzahl nach gebrechliche, hochbetagte Leute beiderlei Geschlechts, empfingen Summen im

unter dem Vorsitz des Parlamentsmitgliedes Lothian Bell in London eine Versammlung von Interessenten des eng⸗ lischen Eisen⸗ und Stahlhandels statt, in welcher die Bildung einer britischen Eisenhandel⸗Association beschlossen wurde. Die allgemeinen Zwecke dieser Vereinigung werden sein, ein Mittel der Kommunikation zwischen Mit⸗ gliedern des Eisen⸗ und Stahlhandels Großbritanniens über alle Dinge, welche auf diese Industriezweige Bezug haben, zu sichern, Statistiken über diese Handelszweige cirkuliren zu lassen, und überhaupt allen Vorkommnissen auf dem Gebiet des Handels, soweit dieselben Eisen und Stahl be⸗ rühren, Aufmerksamkeit zu schenken. Lohnfragen sollen indeß niemals auf dem Programm der Association figuriren. Das in Grays, fast Gravesend gegenüber, stationirte Uebungsschiff „Goliath“ brannte heute früh bis zum Wasserspiegel nieder. Das Schiff, ein altes Kriegsfahrzeug, war von der Re⸗ gierung für Armenverwaltungszwecke geliehen und für die Ausbildung armer Waisenknaben zu Seeleuten benutzt worden. Menschenleben gingen bei dem Brande nicht verloren. In eng⸗ lischen Blättern liegt eine vom 22. Oktober datirte Depesche des Obersten Gordon, dem Führer der ägyptischen Expe⸗ dition in Central⸗Afrika, vor, worin er meldet, daß er Mr. Stanley weder am noch in der Nähe des Albert Nyanza⸗Sees, wo die zwei Forschungsexpeditionen sich begegnen sollten, ange⸗ troffen habe. Der See ist 350 Meilen lang und 50 Meilen breit, und da beide Expeditionen aller Wahrscheinlichkeit nach sich in der Nähe des Gestades halten dürften, würde es höchst unwahrscheinlich sein, daß sie sich verfehlen könnten, nachdem sie beide an den Gewässern des Sees angekommen seien.

Frankreich. Paris, 22. Dezember. (Köln. Ztg.) Die 75 Senatoren auf Lebenszeit sind nunmehr gewählt; 8 von ihnen gehören der äußersten Linken, 13 der gemäßigten Linken (Gauche républicaine), 26 dem linken Centrum, 3, ohne einem bestimmten Verein beigetreten zu sein (Wilde), der Linken im Allgemeinen, 8 der Gruppe Lavergne, 10 der äußersten Rech⸗ ten, 4 der gemäßigten Rechten, 1 Wilder der Rechten im Allge⸗ meinen, 1 der Gruppe Changarnier (der Gewählte ist Chan⸗ garnier selbst) und 1 dem rechten Centrum (Herzog Audiffret⸗Pasquier) an. Von diesen 75 Senatoren befan⸗ den sich 67 auf der Liste der Linken, 4 auf der der Rechten, 1 (Audiffret⸗Pasquier) auf beiden Listen, 1 (der Kriegs⸗Minister Cissey) auf den Listen der Rechten und des linken Centrums; ein Anderer (Wallon), auf der Liste des rech⸗ ten Centrums und der Linken, und 1 (der Marine⸗Minister Montaignac) auf der von einem Theil der Linken unterstützten Liste der Rechten. Wirkliche Republikaner von radikaler, ge⸗ mäßigter und konservativer Färbung, denen der Premier⸗Minister Buffet nur 13 Senatorenstellen überlassen wollte, errangen ins⸗ gesammt 58 Sitze, während auf die Intransigenten der äußersten Rechten, welche der Regierung feindlich gegenüberstehen, 10, auf die Anhänger der Regierung aber nicht mehr als 7 Sitze fielen, und auch diese Zahl nur, wenn man den Herzog von Audiffret⸗Pasquier noch zu ihnen rechnet.

24. Dezember. (W. T. B.) Der ehemalige französische Botschafter in Konstantinopel, Vicomte de la Gueronnisre, ist gestern plötzlich gestorben. In dem Berichte des Depu⸗ tirten Paris wird als Termin für die Senatorenwahlen der 30. Januar und für die Wahlen zur Deputirtenkammer der 20. Februar 1876 beantragt.

Versailles, 23. Dezember. (W. T. B.) Die National⸗ versammlung setzte die Berathung über die Eintheilung der Wahlbezirke fort und genehmigte, den Anträgen der Kommission entgegen, jedoch entsprechend dem Wunsche der Re⸗ gierung, daß die zwanzig Arrondissements von Paris ebensoviel Wahlbezirke bilden, von denen ein jeder einen Deputirten wählt. Auch die Eintheilung der Wahlbezirke des Departements der Rhone wurde im Einklang mit den Vorschlägen der Regierung festgestellt. Die weitere Berathung wurde auf morgen vertagt, wo wahrscheinlich auch die Verhandlung über den vom Depu⸗ tirten Paris heute vorgelegten Bericht, betreffend die Auflösung der Nationalversammlung, stattfindet.

Spanien. Aus Madrid wird dem Londoner Standard telegraphirt: „General Quesada ist zum Chef des Königlichen Stabes und Befehlshaber der Streitkräfte im Norden Spaniens ernannt worden. Das Kommando über die linke Armee ist dem General Echagua übertragen worden. Diese Ernennungen wurden durch den Umstand veranlaßt, daß Graf Valmaseda seinen Posten als General⸗Gouverneur von Cuba niedergelegt hat. Sennor Ruby, der nach Cuba gesandte Regierungskom⸗ missär, hat umfangreiche Reformen vorgeschlagen. Sämmtliche von Spanien nach Cuba abgesandte Verstärkungen sind daselbst angekommen.“

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Amerika. Der am 7. Dezember dem Kongreß eingereich⸗ ten Jahresbotschaft des Präsidenten U. S. Grant entneh⸗ men wir nachstehende Auslassung über die Finanzen der Ver⸗ einigten Staaten von Nordamerika:

Der Bericht des Finanz⸗Ministers läßt ersehen, daß die Zoll⸗ einnahmen während des am 30. Juni 1874 beendeten Fiskaljahres 163,103,833 Dall. 69 C. betragen haben, und 8 sie während des am 30. Juni 1875 beendeten Fiskaljahres 157,167,722 Doll. 35 C. betrugen, eine Abnahme im Vergleich zum vorigen Fiskaljahre von 5,936,111. Doll. 34 C. Die Einnahmen an Bundessteuern während des am 30. Juni 1874 beendeten Fiskaljahres beliefen sich auf 102,409,784 Doll. 90 C. und während des am 30. Juni 1875 beendeten Fiskaljahres auf 110,007,493 Doll. 58 C., eine Zunahme von 7,597,708 Doll. 68 C. Der Bericht des Finanz⸗Ministers enthält auch eine vollständige Ge⸗ schichte der Thätigkeit des Departements im verflossenen Jahre und ugleich Vorschläge auf dem Gebiet der Reform und der Ge⸗ etzgebung, welche meine Zustimmung haben, die ich aber nicht o ausführlich auseinandersetzen kann, als ich gern möchte, wenn der Raum es gestattete. Ich beschränke mich auf einige Andeu⸗ tungen, die ich für die wichtigsten Interessen des ganzen Volkes für unumgänglich halte ich rede von der Wiederaufnahme der Baar⸗ zahlung. Auf diese Frage kann gar nicht genug Gewicht gelegt wer⸗ den, und ich hoffe, der Kongreß werde sich, so bald es eimmer thunlich ist, veranlaßt sehen, die Vollziehung des Gesetzes zu sichern, welches⸗ der vorige Kongreß in seiner letzten Sitzung angenommen hat, damit die Wiederaufnahme der Baarzahlung spätestens bis zum 1. Januar 1879 erfolge. Es würde ein großer Segen sein, wenn dies noch früher erreicht werden könnte. Nichts er⸗ scheint sicherer, als daß eine vollständige, gesunde und dauerhafte Wendung zu Gunsten des industriellen und finanziellen Wohls des Landes nicht eher statthaben kann, als bis wir zu dem Werthmesser zurückge⸗ kehrt sind, der in der ganzen zivilisirten Welt anerkannt ist. So lange wir eine Währung besitzen, welche jenem Werthmesser nicht gleichsteht, bleibt das Hartgeld ein nothwendiger Handelsartikel, wie . B. die Bodenprodukte; der Ueberschuß davon sucht eben die Märkte, wo eine Nachfrage danach ist. Bei unserem jetzigem Valutasystem würden wir des Goldes nicht bedürfen, wenn nicht die Zölle und die Zinsen der Bundesschuld in Gold bezahlt werden müßten. Das von uns produzirte Edelmetall würde

von hier fortfließen für den Ankauf fremder Produkte und die Ver⸗

einigten Staaten in die Lage von Holzhauern und Wasserträgern versetzen, da die Nationen, mit denen wir Handel treiben, weisere Gesetze über Finanzen haben. Ich will nicht behaupten, daß ich die Gesetze bezeichnen könnte, die am besten zur Erreichung jenes so sehr zu befürwortenden Zieles führen würden; es wird mir aber zu großer Genugthuung gereichen, wenn ich im Stande bin. irgend welche IE. gutzuheißen, welche die Wiederaufnahme der Baar⸗ zahlung wirklich herbeiführen helfen. Eine unbegrenzte Vermehrung des Papiergeldes würde die Wiederaufnahme der Baarzahlung wahrscheinlich rascher herbeiführen helfen, als irgend eine Gesetzgebung welche die Einlösung der Greenbacks durch Gold zum Zwecke hat; aber es würde auf Kosten des Landeskredits geschehen. Die Legal Tendernoten würden keinen Werth haben, außer für die Berichtigung gegenwärtiger Schulden; sie würden, mit anderen Worten, repudiirt werden. Man könnte mit ihnen, wenn alle Schulden bezahlt sind, Nichts mehr kaufen. In dieser Beziehung erscheinen mir einige Maß⸗ regeln sehr wichtig, und ich wünsche, dieselben Ihrer ernsten Erwägung zu 5 eber die bevorstehende Weltausstellung in il a⸗ delphia äußert sich derselbe ferner: 8 8 6 8 „Ich empfehle die Voranschläge der Kommission für die noth⸗ wendigen weiteren Bewilligungen dem Kongreß zur günstigen Beach⸗ tung. Die europäischen Mächte fast ohne Ausnahme, viele der südamerikanischen Staaten und selbst die entfernteren lichen Mächte haben den Vereinigten Staaten die freundschaftlichsten Gefühle zum Ausdruck gebracht, Schritte gethan haben, ins des hundertjährigen Jubiläums der Nation zu betheiligen. empfehle deshalb auf das Nachdrücklichste, daß dieser Ausstellung eine mehr nationale Wichtigkeit durch Gesetzgebung und Verwilligunge gegeben werden sollte, welche geeignet sind, den Erfolg derselben zu sichern. Der Werth und die Wichtigkeit der Ausstellung, indem die⸗ selbe uns unzählige Werke der Kunst und des Gewerbefleißes zuführt, das Zusammenströmen von Bürgern fremder Länder und unserer eigenen, der Austausch von Ideen und Fabrikaten wird jede Auslage von Geld, welche wir dafür machen mögen, bei Weitem übertreffen und aufwiegen.“ Zum Schlusse bemerkt der Präsident: „Ich will in dieser meiner letzten Jahresbotschaft, welche ich die hre habe, an den Kongreß zu richten, nochmals die behandelten Fragen zusammenfassen, und erachte ich es von größter Wichtigkeit, dieser Session die darauf bezüglichen Gesetze erlassen Erstens sollte es den verschiedenen Staaten zur Pflicht geme werden, für eine gute Schulerziehung der Jugend zu hb 1 „Zweitens: In keiner Schule, welche entweder ganz oder theil⸗ weise durch den Staat unterhalten wird, sollte es je gestattet werden, irgend welche religiöse Doktrinen zu lehren; der Schulbesuch sollte überhaupt obligatorisch gemacht und durch einen Zusatz zur Kon stitution bestimmt werden, daß vom Jahr 1890 an Niemand mehr das Recht als Stimmgeber ausüben darf, der nicht lesen und schreibe gelernt hat, ohne natürlich Diejenigen auszuschließen, welche bereits früher stimmberechtigt waren. . „Drittens: Erklären Sie Kirche und Staat als für immer von einander getrennt, mit voller Freiheit in ihren respektiven Sphären; doch sollte das Kircheneigenthum ebenfalls zur Besteuerung heran⸗ gesogen Verbieten Sie pol 8 iertens: Verbieten Sie Polygamie und treffen Sie Maßregeln, wodurch die Einführung von Frauenzimmern zu Feri weenhn in der Folge unmöglich gemacht wird. Um nochmals auf die Cen⸗ tennialfeier zurückzukommen, will es mich bedünken, daß gerade de Zeitpunkt, wo wir das zweite Jahrhundert unserer nationalen Existenz beginnen, der geeignete Moment zum Beginn dieser Reformen ist. „Fünftens: Erlassen Sie solche Gesetze, wodurch die baldige Rückkehr zur Baarzahlung ermöglicht wird, damit wir wieder eine Währung bekommen, welche der Welt Achtung abzwingt. 1 In dem Glauben, daß diese meine Ansichten mit denen de großen Majorität des amerikanischen Volkes übereinstimmen, überlasse ich dem Kongresse das Weitere. 3 Die Revolution in den Vereinigten Staaten von Columbia ist, wie der Londoner „Globe“ erfährt, nunmeh zu Ende. Der Ex⸗Präsident von Panama hat das Land ver⸗ lassen und die Obersten Vergara und Velarda haben die Waffen niedergelegt und sich mit ihren Mannschaften ergeben. Alle po⸗ litischen Gefangenen sind befreit worden und der die National⸗ truppen in Colon befehligende General ist nach Carthagena zu⸗ rückgekehrt. Die englischen Kriegsschiffe, welche zum Schutz der britischen Interessen an der Küste lagen, werden, wie man er⸗ wartet, in Kurzem nach Jamaica zurückkehren.

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eingegangenen Nachrichten aus Perak waren die englische Truppen vor Kintah angekommen, wo die Insurgenten⸗ führer Ismail und Leba mit beträchtlicher Mannschaft Stand hielten. Der Befehlshaber der englischen Expedition, General Colborne, hatte um Verstärkung gebeten. 8

Reichstags⸗Angelegenheiten.

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Wie aus Hannover telegraphisch gemeldet wird, ist dort in der Nacht vom 22. zum 23. Dezember der Reichstagsabgeordnet Dr. Brandé gestorben. Dem preußischen Abgeordnetenhause gehörte derselbe als Vertreter des 21. hannoverschen Wahlbezirks (Einbeck) und Mitglied der nationalliberalen Fraktion von 1867 1870 an; i den Reichstag wurde er bei den Wahlen des Jahres 1874 vom 9. hannoverschen Wahlkreis (Hameln u. s. w.) gewählt. 1

8 Statistische Nachrichten. Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 12. De⸗- zember bis incl. 18. Dezember cr. zur Anmeldung gekommen: 228 Eheschließungen, 829 Lebendgeborene, 40 Todtgeborene, 547 Sterbefälle. Gotha, 22. Dezember. (G. Z.) Die Bevölkerung der hiesigen Stadt betrug nach der Volkszählung im Jahre 1858: 15,700, im Jahre 1861: 16,609, im Jahre 1864: 17,955, im Jahre 1867 19,071, und in diesem Jahre 22,843. Es ist demnach seit der letzten Volkszählung eine Vermehrung von 3772 Einwohner eingetreten Das weibliche Geschlecht wiegt übrigens auch hier vor: anwesend waren am 1. Dezember hier 11,576 weibliche und 11,117 männliche Personen, auswärts abwesend von jenen noch 77, von diesen 73.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der schwedische Maler Egront Sellif Lundgren, welcher sich namentlich als Aquarellmaler ausgezeichnet hat, ist Donnerstag gestorben. Er war 1815 in Stockholm geboren und Sohn eines Seiden⸗ und Tuchhändlers daselbst, bei welchem er einige Zeit in der“ Lehre stand, bis er 1835 Eleve der Kunstakademie wurde und sich nach einem vierjährigen Studium ins Ausland begab. Zuerst hielt er sich in Paris, später in Rom, Spanien und England auf und machte schließlich eine Reise nach Ostindien. 1860 kehrte er nach Schweden zurück. 1861—62 besuchte er Aegypten, bereiste darauf wieder Spanien und England und begab sich 1865 nach Italien. Seit 1867 hat sich Lundgren meist in Schweden aufgehalten. 8 In der Cutlers Hall, Sheffield, wurde am 20, d. M. eine Marmorbüste Sir Sterndale Bennetts enthüllt. Die Kosten der- selben sind von den Freunden und Bewunderern des verstorbenen Kom⸗ ponisten, dessen Vaterstadt Sheffield war, bestritten worden.

Bakareft, 21. Dagember. Gestern Abenzs 7 uhr wurde hie⸗ .

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bei einer Temperatur vor 2 Grade liger Erd verspürt. 1

Asien. Singapore, 22. Dezember. (W. T. B.) Nach hier