1875 / 308 p. 13 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 31 Dec 1875 18:00:01 GMT) scan diff

Das begonnene Werk förderte besonders König Friedrich

Wilhelm J. von Preußen, der u. systems die Rekrutirung regelte; es wurde das

A. durch Einführung des Kanton⸗ Bewußtsein wach, daß

der Bürger zur Wehr und zum Schutz des Vaterlandes be⸗ rufen sei. In dem durchweg aus dem Adel des Landes zu⸗

sammengesetzten O fühl der Standese erkannte dasselbe, daß dem König se gabe des Offiziers, wie spä

hre und bei aller Dür

ffiziercorps entwickelte sich ein lebhaftes Ge⸗ ftigkeit sonstiger Bildung ine Dienste gehören. Diese Hin⸗ ter auch des einfachen Soldaten, an

die Person des Königs führte Preußen zu den Siegen, die

seinen Fahnen folgten. Auch Friedrich der Große war mit

Leib und Seele Soldat; seine hohe Bildung aber, seine Be⸗ geisterung für Kunst und Wissenschaft und alles Schöne und

Edle war von der segensre

naturwüchsigen, Offizierstand. König Friedrich II. niedrige Denkungsart, so daß auch

scheu vom Waffendienst

strengen und eins

ichsten Wirksamkeit auf den bisher

eitig militärisch ausgebildeten bestrafte hart jede rohe und

feine Naturen, die sich bishe

fern gehalten hatten, die hohe Aus

zeichnung erkannten, des Königs Degen zu tragen.

Die reichlichste durch die Waff

Kriege, und

Krieger von f

enthaten des preuß

o kam es, daß die ideale Auffassung, die de

Literatur überging; die schönsten

Tapferkeit, Gerechtigkeit, Mäßigung wurden auf den Offizier übertragen. Die bege

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Nahrung fand dieser geistige Umschwung ischen Heeres im siebenjährigen

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einem Beruf zu gewinnen anfing, auch in die

Eigenschaften des Mannes,

isterte Hingabe an König Friedrich undsein Heer

bildet meist den einzig werthvollen Gehalt der in poetischer Hin⸗ sicht ziemlich unbedeutenden Dichtungen jener Zeit, z. B. de

Karschin, 9 Ewald Chr

d 1

amlers, Gleim stian v. Kleist,

Krieges besang; in der Schlacht

seine Liebe zu K

s. Hoch über ihnen steh

der mit Begeisterung di

preußische Armee nach den ersten Waffenthaten des siebenjährigen

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bei Kunersdorf besiegelte er

önig und Vaterland, die sein ganzes Leben er

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füllte, durch den Heldentod; mit den Worten: Kinder, verlaß euren König nicht!“ sank er vom

Seinem Namen ein Denkmal

dessen Hochachtung für Kleist sich s

bezeugt hatte.

richtet, einen M

Pferde.

zu setzen, unternahm Lessing

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chon in den „Literaturbriefen“ Dieselben sind an einen verdienten Offizier ge⸗

ann von Geschmack und Gelehrsamkeit, der, in

der Schlacht bei Zorndorf verwundet und nach Fr. (offenbar Frankfurt) gebracht, durch Beschäftigung mit der neuesten deutschen Literatur die Zeit, die

muß, am besten ausfüllen zu können glaubte. Die öffentliche schon damals Kleist als den Adressaten.

Stimme bezeichnete Im Todesjahr desselben (1759) erschien das einaktige Trauer⸗

spiel Lessings,

das Abbild Kleists, überhaupt das Offiziers, der Soldat geworden ist, nicht aus Neigung zum . der Sache, für die gefochten strenger Pflichttreue und

Soldatenlebens

„Philotas“, dem

Waffenwerk, sondern aus Liebe zu

wird, erfüllt von ritterlichem

lebhaftem Gefü Unter den späteren Dichtern,

Kreis ihrer Darstellung zogen, ist vor Allem Goethe zu nennen

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hl für die Standes

In den „Wahlverwandtschaften“ ( größten Vortheile im Leben überh hat ein gebildeter Soldat. Rohe nicht aus ihrem Charakter, und weil doch meist hinter der Stärk

eine gewisse Gutmüthigkeit verborgen liegt, so ist im Nothfall auchmit

Sinn,

er im Lazareth zubringen

Andenken Kleists gewidmet 1767 „Minna von Barnhelm“, aus lebendiger Anschauung des hervorgegangen; der Major von Tellheim ist Ideal eines preußischen

ehre.

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die den Offiziersstand in den

1809), schreibt Ottilie: „Die

aupt, wie in der Gesellschaft,

Kriegsleute gehen wenigste

ihnen auszukommen. Niemand ist lästiger, als ein täppische Mann vom Civilstande; von ihm könnte man die Feinheit for⸗

dern, da er sich mit nichts Ro

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hem zu beschäftigen hat.“ Zum

Vertreter ruhiger Selbstbeherrschung im Kampf gegen die Leiden⸗

schaft und treuer Hingabe an die

Pflicht hat Goethe in dem an

geführten Roman einen Offizier gewählt, der einen wohlthuen

den Gegensatz zu dem Eduards bilden soll.

In Schillers „Kabale und Lieb der jugendlich feurige Masor Ferdinand von Walter,

des Präsidente

fällt im Kamp

Iffland erkannte

publikum; in

selben Charakt

in karrikirten liert sich S

schwankenden, unzuverlässigen Charakter

e“ (1782), ist es allein der Sohn

n, der inmitten der sittlichen Verderbniß den Muth hat, sich von dem äußeren Glanze abzuwenden und sein höchstes Glück in der Zufriedenheit des Herzens zu suchen. Aber er für die Gleichberechtigung der Stände.

f

e

seinen eigenen za

re in mannigfachen Abstufun

Darstellungen des ehr ins Einzelne

hlreichen Dramen kehren die

mit richtigem Blick die große An⸗

ziehungskraft dieses bürgerlichen Trauerspiels auf das Theater⸗

gen wieder, doch

inneren Lebens; er ver⸗

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und wird dadurch platt

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gewöhnlich und unwahr; alle Stücke sehen sich zum Verwechseln

ähnlich, großer Edelmuth und große Niederträchtigkeit, sonnenhelle Unschuld und schwarze Verbrechen stehen immer neben einander. Die edlen Charaktere sind gewöhnlich aus dem Kriegerstand genommen, wodurch Iffland, wie es scheint, zu erkennen geben wollte, daß er ihn einer sittlichen Korruption weniger zugänglich hielt; so in dem Schauspiel „Der Spieler“ (Iffl. Werke, 1798 1802, Leipzig.). Doch auch diese Charaktere tragen zu wenig Lebenswahrheit in sich, als daß sie ungemischte Freude aufkommen ließen; z. B. bringt der vier und sechzig⸗ jährige noch im aktiven Dienst befindliche Lieutenant Stern, der, trotz seiner „guten Attestate“ wiederholt in der Beförderung übergangen, endlich die Geduld verliert, als er sich einen „jungen Burschen“ von 22 Jahren vorgezogen sieht, schwerlich einen ernst⸗ haften Eindruck hervor, wie ihn der Dichter beabsichtigte.

Mitten in die militärische Umgebung des Großen Kurfür⸗ sten führt uns Heinrich von Kleist'’s Schauspiel „Prinz Friedrich von Homburg“ (,Hinterlassene Werke“, Berlin 1821). Hier tritt uns in den Sieger: von Fehrbellin ein wackeres Ge⸗ schlecht von Männern entgegen, alle, vom Kurfürsten bis zum Wachtmeister herab, voll begeisterter Hingabe an das Vaterland und voll Achtung vor dem für Alle ohne Ausnahme verbindlichen Gesetz. Nur der Held des Stückes ist noch ein unfertiger Charakter; mehr aus Zerstreutheit greift er wider den Befehl mit seiner Reiterei in die Schlacht ein, führt zwar den Sieg herbei, verwirkt aber zugleich nach dem Kriegs⸗ gesetz sein Leben. Doch indem er sich willig, freilich nach schwe⸗ rem Kampf, vor dem verletzten Gesetz beugt und, da der Kur⸗ fürst die Entscheidung in seine Hand gelegt, den Tod wählt, stellt der Dichter die sittliche Integrität des Helden wieder her und berechtigt ihn dadurch, die ihm von der Hand des Kur⸗ fürsten dargebotene Gnade in Ehren anzunehmen.

Nach längerem Zwischenraum, der durch die Ausläufer der Romantik ausgefüllt wird, erscheint wieder in Gustav Freytags Lustspiel „die Journalisten“ (1854) die interessant gezeichnete Figur eines Offiziers, ein allgemein geachteter Oberst, der bei der Abgeordnetenwahl, die den Hintergrund des Stückes bildet, von der konservativen Partei als Kandidat aufgestellt ist, aber unter⸗ liegt und sich dadurch tief gekränkt fühlt. Unter Anführung des ehrlichen Piepenbrink tritt darauf eine Deputation aus dem Lager des Siegers auf, um dem im ehrenvollen Kampf geschlagenen Feinde ihre Huldigung darzubringen; der Sprecher sagt nach den einleitenden Worten: ‚„Sie sind ein Ehrenmann durch und durch und es macht uns Freude, Ihnen das zu sagen. Bei jeder Gelegenheit, wo uns Bürgern ein guter und wohl⸗ wollender Mann Freude machte oder nützlich war, da sind Sie vorangewesen, immer schlicht und treuherzig, ohne schnurrbärtiges Wesen und Hochmuth; daher kommt es denn, daß wir Sie all⸗ Pe lieben und verehren.... . Und wir wünschen Alle, daß

ie noch lange Ihre männliche Gefinnung und Ihr freundschaft⸗ liches Herz uns erhalten mögen, als ein verehrter und äußerst respektabler Herr und Mitbürger.“

Auch der verstorbene Fritz Reuter hat in seinem Buch „Ut mine Festungstid“ zwei würdigen Offizieren ein bleibendes Denkmal gesetzt, den Kommandanten der Festungen Glogau und Graudenz. Der erstere besuchte ihn bald nach seiner Ankunft in Glogau, sorgte für eine seinem Geist angemessene Behand⸗ lung und erleichterte ihm überhaupt sein Loos auf jede mög⸗ liche Weise. Bei Schilderung seiner Abreise von Glogau agt der Dichter tiefbewegt: „De Mann wüßt Bescheid; ei wüßt, wat en Gefangen gaud ded. Ick be⸗ dankt mi bi em, un worüm füll ick dat nich ingestahn de hellen Thranen lepen mi äwer de Backen, as wenn ik von minen besten Fründ up immer Abschid nem. Un hei was en Fründ, un ik heww em meindag nich wedder seihn.“ Aehnlich verhielt sich Reuter gegenüber der General v. T., Kom⸗ mandant von Graudenz, und ähnlich spricht der Dichter sich über ihn aus; bezeichnend fügt er in der Erinnerung an ihn hinzu: „Un noch hüt un desen Dag freut sik min Hart, wenn't so'n ollen witten Snurrbort tau seihn kriggt, durch den de Wind von Anno drütteihn mal weiht is mag't nu General oder Kapperal wesen.“

Fortführung „Wagen“ und Wuotans Wagen zum „großen Bären“ mit

Der durch seine kulturgeschichtlichen Arbeiten bekannte

Prof. E. L. Rochholz hat über das „allemannische Haus“ eine Reihe von Untersuchungen veröffentlicht, deren Resultate wir im Nachstehenden wiedergeben.

Der erste Aufsatz lehrt den innigen Zusammenhang von

„Haus und Kleid“ und läßt aus der Sprache ersehen, daß 1

der nationale, eigenartige Mensch sich sein Haus und sein Kleid auf den Leib gemacht hat. „Heim, schweiz. Ham, die Wohn⸗ ätte, stammt aus altdeutschem hamo, der Mantel, und führt auf Hemde. Das Haus führt auf Häs, Gehäs (Kleidung) und ; gleichwie die Casacke und Husegge aus romanisch asa (Sennhaus) stammen, jene die Mannsjacke, diese das Weiberleibchen bezeichend. Ebenso stehen Kammer und Kamerad zu camisia, chemise und Kamisol. Nicht anders verhält sich Wand zu Gewand, Dach zu Decke, Hütte zu Hut und Haut.“ Die älteste Benennung für Haus ist in den indogerm. Sprachen gart, vedisch garta, es bedeutet Wagen und Haus, weil der Nomade auf dem Fuhrwerk wohnt. Jünger ist schon der ahd. Namen garto, nordisch gards, auf Garten und Gut führend und ein zum Schutz umzäuntes Stück Land bezeich⸗ nend, gleichwie angels. feald beides ist, sowohl Falte, ein Strei⸗ en Gewand, als auch Feld, ein Streifen Landes. Nach frem⸗ er Art sich zu kleiden wie zu bauen wac ehedem etwas Nie⸗ derträchtiges, anfänglich mit gerichtlicher Buße, später mit Schimpf und Hohn bestraft. Wie so mancher Wandspruch an steinernen Bauernhäusern ch trotzig gegen die Sichelreden der Nachbarschaft wendet, be⸗

weist der folgende:

„Wer thut bauen an die Straßen Muß die Leute reden Und die Kühe tragen lassen. Ich Affe steh und gaff;

Und derweil ich muß stehn, Könnt' ich weiter gehn.“ Nach der zweiten Studie: „Wagen, Schiff und Ge⸗ chirr“ umfaßt der Ausdruck „Schiff und Geschirr“ nicht das ausgerüstete Fahrzeug und Fuhrwerk, sondern gesammte Fahrhabe eines bäuerlichen Gemeinwesens berhaupt. „Die Lebensweise des reitenden und steuern⸗ den Waidmannes, des Jägers, Fischers und Hirten, schimmert W durch die Ritzen dieses fix und dunkel⸗

Was die Fuhrwerke betrifft, so wird unterschieden: der Rüst⸗

en (gard), der leichte Wagen (ahd. wakan), die Bennen,

. der aus Ruthen geflochtene und auf das Wagengestell ge⸗

etzte Korbwagen, der Zeiselwagen der Landfahrer und der

tromer. Es wird nachgewiesen, wie in der Diebs⸗ und Gau⸗

ersprache daher Benne Einkehr und Unterschlauf heiße, ben⸗

en sich einquartieren, was an den in Berlin wie Paris üb⸗ lichen Gaunerausdruck: Penne für Diebsherberge erinnert.

Die Reite ist die rheda der Römer, der Wagen zur

des Kriegsgepäcks, der ähnlich wie der

seinem Namen unter die Gestirne versetzt wurde, da er gleichfalls ein Göttersitz war, wenn der wandernde Germane seine Götter⸗ bilder mit in die Fremde nahm. Daher wird in Kirchenhymnen dem Morgenstern „der Reitwagen“ beigelegt. Der Verfasser macht auch darauf aufmerksam, wie man im oberdeutschen Idiom nicht blos zu Roß reitet, sondern auch zu Schiff, zu Schlitten und Wagen, wie selbst des neugewählten Pfarrers Einzug sein „Aufritt“ sei.“

Um Gotthard, Grimsel und Monterosa legen nach der Ver⸗ muthung des Verfassers die hölzernen Hütten das letzte Zeugniß dafür ab, daß hier die Allemannen mit ihrer nomadischen Lebensweise gewohnt haben. „Die Haustreppe ist sicht⸗ bar, die Nachfolgerin jener bloßen Leiter, auf welcher der Allemanne in den bedeckten Wagen stieg. Wo damals zwischen den Wagenrädern das Vieh gelagert war, dient jetzt das hohe Erdgeschoß zum Nothstall für das Vieh; und wie meist unter der beweglichen Leiter, so lagert jetzt der Haushund unter der festen Treppe.

Da die Grabstätten der Urvölker zugleich ein Ab⸗ bild ihrer Wohnstätten darstellen, so vermuthet der Alter⸗ thumsforscher, welcher die verschiedenen Hausurnen charakte⸗ risirt, daß in der Steinperiode wohl auch die Wohnung vc⸗ eckig gewesen sei, wie das Grab. Hierauf folge die Bronzezeit mit den Kegelgräbern, vertreten durch Kelten und Germanen. Daß diese Völker in Rundhäusern wohnten, ergebe sich aus der Rundgestalt ihrer Gräber, und besonders der darin gefun⸗ denen „Urnen“. Durch die alten und neuen Sprachen geht dieselbe Sinnbildlichkeit. Bei den Hebräern ist der Menschen⸗ körper ein Topf, den sein Töpfer wieder zerbricht; beim Römer ist der Leib das Wohnhaus der Seele, wie ihn Cicero nennt.

und um den Hals warf.

Die dritte Abhandlung: „Die Holzbauten und das Heidenhaus“ sucht nachzuweisen, daß in der deutschen Vor⸗ zeit der Holzbau derartig vorherrschend gewesen sei, daß der Steinbau in der Reihe der urkundlichen Ortsnamen nur die Besonderheit ausmache, jener aber allgemein namengebend sei, wie z. B. in Neckarzimmern, Kirchzimmern u. s. w. Frauenzimmer bezeichnet das einzelne Wohngemach und zugleich dessen Bewohnerin; in ähnlicher Weise gehören Zimmermann und Schmidt zu den geläufigsten Ge⸗ schlechtsnamen, weil sie die zwei einzigen aus⸗ drücken, die es in Deutschland ursprünglich gab, jenes für den Hausbau, dieses für Waffen und Ackergeräthe. Die Ausdrücke Mannsbild, Weibsbild führen auf gezimmerte aus einem Baumstamm geschnitzte Menschen. Selbst die Kirchen großer Städte sind ursprünglich hölzern. Rochholz macht dann auch darauf aufmerkam, daß nicht Noth und Kunstlosigkeit dem Gebirgsbewohner den Holzbau empfiehlt, sondern daß mehr als alles andere der andauernde Hain⸗ kultus und die Baumverehrung ein bindendes Motiv war. Er beleuchtet darauf die Worte Stammbaum, Abstammung, Volksstamm, Fortpflanzung, Zweig, welche zugleich den Baum und das Menschengeschlecht betreffen und weist nach, wie aus den Zügen zu den Hain⸗ und Waldtempeln die Wallfahrten zu Kirchlinden, zu Weihenlinden, Gnadenwalde, Heiligenbuch und Maria Waldrast wurden.

„Erle und Esche sind die Namen der beiden erstgeschaffenen Menschen, denen wie der Pflanze das Wasser und die Lebens⸗ kraft, so das Blut und die Seele von der Gottheit gegeben wird.“

Der Verfasser erzählt dann von den uralten soge⸗ nannten „Heidenhäusern“, deren Giebel einen getrockneten Stierkopf oder Roßschädel trägt, der erst dann hinweggenommen wird, wenn die Familie ausgestorben. 1

Die vierte Studie führt die Ueberschrift: „Die Aufrichte.“ Sie beschäftigt sich mit einer Fülle früherer Sitten und Gebräuche. Gelegentlich des „Schnürens und Abschnürens“ auf dem Bau⸗ platze wird z. B. der früher allgemein üblichen Sitte gedacht, der gemäß man sich die Bindebriefe an die Kleider hing Auf solchen Glückwunschzetteln stand z. B.:

„Ich binde Dich nicht mit Seil und Bast, Sondern mit diesem Brieflein fast (fest). 8

Auuch unser Ausdruck Angebinde gehört sicherlich diese fast verschollenen Sitte an. Originell ist der in diesem Abschnitt mitgetheilte Aberglauben, beim ersten Uebernachten im Neubau alle Balken der Diele abzuzählen; darauf wird dem Betreffenden im Traume die Zukunft des Hauses enthüllt, denn die Bäume sind das älteste Orakel gewesen.

Soll der Neubau haltbar sein, so mußte er nach heid⸗ nischer Anschauung, denn ihre Götter waren begehrlich, sein Opfer haben. „Wer am frischgesetzten Grundstein eines Neu⸗ baues zuerst vorüberkommt, muß binnen Jahresfrist sterben, wie man im ,Freienamt“ glaubt, daher das Sprichwort:

„Es neus Hus, 's muß bald eis druß.“

Es läßt daher die Hausfrau ihre Stubenkatze oder ihr Huhn aus der Schürze über die Schwelle vorausspringen (Oberaargau). Dies hängt Alles mit der religiösen Ver⸗ pflichtung zusammen, wonach alle Erstlinge, sofern sie als das Heilbringende gedacht wurden, dankbar dem bescherenden Gotte geweiht, geopfert wurden.“ 1

Auf den Strohbau übergehend, wird die Bedeutung des Strohhalms in anziehenderer Weise erklärt und durch zahlreiche Beispiele erläutert, wie Strohhalm und Aehre als Rechtssymbol seit uralter Zeit bei den verschiedensten Völkern Gültigkeit hatten, und dabei an die Stipulatio (Stoppel) des Eheabschlusses bei den Römern erinnert.

Die fünfte Abtheilung betitelt sich! „Dach und Fach. Die Scheune.“ Rochholz geht von der Bauernhütte aus, um in ihren wenigen Einrichtungen schon jene ersten Spuren von Bräuchen und Rechtssatzungen herauszufinden, unter deren Fortdauer auch das Bauernhaus Form und Stil, Wohnlichkeit und Anmuth gewonnen hat. „Wie der Nomade den höchsten Werth auf den Viehstand legt, mit seinen Thieren sein Obdach theilt, so ist auch hier Haus, Scheune und Stall noch unter demselben Dache; erst der Ackerbau sondert es für Wohnung, Viehzucht und eingeheimste Frucht in drei Theile.“

In der sechsten Abhandlung werden „Küche, Keller und Wohnstube“ besprochen. Erstere sind ein unzertrennliches Paar. Hänschen im Keller ist der noch ungeborene Sohn, Gretel in der Küche die noch ungeborene Tochter. Die Theile des

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