1876 / 27 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 31 Jan 1876 18:00:01 GMT) scan diff

S 8 8 Monate über die im Grundgesetze bestimmte Dauer hinaus und zwar bis zum 29. März c. versammelt bleiben soll. Es ist das erste Mal, daß der König von diesem ihm nach dem Grund⸗ gesetze zustehenden und seit 16 Jahren überhaupt nicht aus⸗ geübten Rechte Gebrauch macht.

(Dagbl.) Ein alter fürstlicher Gast des dänischen Hofes, Se. Durchlaucht Prinz Ludwig Casimir von Bentheim⸗Steinfurt, ist gestern Vormittag still und ruhig entschlafen. Der Verstorbene, am 22. November 1787 geboren, war ein Vaterbruder des jetzigen Oberhauptes des fürstlichen, früher reichsunmittelbaren Hauses Bentheim⸗Steinfurt. Er kam seiner Zeit hierher zusammen mit dem damaligen Prinzen, spä⸗ teren Landgrafen Wilhelm von Hessen, und ist über ein Menschen⸗ alter hier in Zurückgezogenheit wohnhaft gewesen. Der Gouverneur der dänisch⸗westindischen Inseln, Ka⸗ pitän Garde, ist hier angekommen, um im Auf⸗ trage des Kolonialrathes der Inseln der Regierung das Gesuch zu überbringen, für die Errichtung von gemeinschaftlichen Zuckerkochereien eine Unterstützung aus Staatsmitteln ge⸗ währen zu wollen, wodurch der Kolonialrath hofft, die Plantagen⸗ besitzer vor dem drohenden Ruin bewahren zu können.

Amerika. Washington, 30. Januar. (W. T. B.) Im Re⸗ präsentantenhause ist für nächsten Montag die Einbringung cines Antrags angekündigt, worin Präsident Grant um Mit⸗ theilung derjenigen Antworten ersucht wird, welche den im Aus⸗ lande beglaubigten nordamerikanischen Gesandten von den be⸗ treffenden ausländischen Regierungen in der Kuba⸗Angelegen⸗ heit ertheilt worden seien.

New⸗York, 29. Januar. (W. T. B.) Nach Meldung

hiesiger Blätter ist auf Haity ein Aufstand ausgebrochen und suchten die Aufständischen die Stadt Jacmel in ihre Ge⸗ walt zu bringen. Nach Nachrichten aus Cuba hatten die Insurgenten sich der Stadt Cienfugos bemächtigt und dieselbe geplündert.

(W. T. B.) Den „Daily News“ vom 31. Januar wird aus New⸗York gemeldet, der der demokratischen Partei an⸗ gehörige Deputirte Springer habe im Kongreß eine Bill eingebracht, wonach allen im Auslande befindlichen Staats⸗ angehörigen der Union, welche Sklanen besitzen oder mit Sklaven handeln, der Schutz des Heimathsstaates entzogen wer⸗ den soll. Es wird hinzugefügt, die Bill habe in parlamenta⸗ rischen Kreisen in Washington eine sehr günstige Aufnahme gefunden.

Statistische Nachrichten.

Nr. 4 der Statistischen Correspondenz (verantwortlicher Herausgeber: Dr. E. Engel in Berlin) enthält: Der Betrieb der preußischen Staats⸗ und Privat⸗-Eisenbahnen im Jahre 1874. Die Staatseinnahmen Belgiens 1874 und 1875. Riga's Schiffahrt und Handel im Jahre 1873 und 1874.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Das P 1 für Oersted, welches auf einer Anhöhe in den neuen agen des Beulevard in Kopenhagen errichtet werden soll, gedenkt man am Todestage des Gelehrten, am 9. März, zu enthüllen.

Am 24. Januar starb in St. Pete ig der Staatsrath Adam Frey, Heransgeber gediegener tsschriften und Mit⸗ verfasser des brauchbarsten russischen Wörterbuck

Die „A. A. C.“ meldet aus London, 28 Januar: An der irischen Küste hat während der letzten vier Tage ein furcht⸗ barer Sturm gewüthet, der, insbesondere auf der Nähe von Gal⸗ way, Schiffen beträchtlichen Schaden zufügte.

Gewerbe und Handel.

In dem Geschäftsjahr 1875 hat die Berliner Vieh⸗ markts⸗Aktien⸗Gesellschafteine Jahreseinnahme von 1,117,599 erzielt, welcher eine Gesammtausgabe von 626,925 gegenüber⸗ steht, so daß ein Ueberschuß von 490,673 oder 8 % auf das Aktien⸗ kapital von 6,000,000 verbleibt. Von diesem Ueberschuß sind zu⸗ nächst die statutenmäßigen Abschreibungen abzusetzen, zu denen ca. 57,000 Düngerpachtforderungen an den Dr. Strousberg und die statutenmäßige Dotirung des Reservefonds hinzukommen. Die Divi⸗ dende kann demnach mit der vorjährigen (6 %) in etwa gleicher Höhe

festgestellt werden. Verkehrs⸗Anstalten

Triest, 29. Januar. (W. T. B.) Der Lloyddampfer „Vesta“ ist heute Nachmittag 1 Uhr mit der ostindisch⸗chinesischen Ueberlandpost aus Alexandrien hier eingetroffen.

New⸗York, 29. Januar. (W. T. B.) Der Hamburger Postdampfer „Frisia ist gestern Nachm. 5 Uhr hier eingetroffen.

Melbourne, 27. Januar. (W. T. B.) Der Dampfer „Mongolia“ nimmt 466,000 Pfd. Sterl. nach Europa mit.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Wien, Montag 31. Januar, Nachmittags. Der Kaiser empfing heute Nachmittag 2 Uhr den bisherigen deutschen Bot⸗ schafter, General⸗Lieutenant v. Schweinitz, in feierlicher Abschieds⸗ audienz und nahm dessen Abberufungsschreiben entgegen.

Pest, Montag, 31. Januar. Die Leiche Deaks wurde heute früh zur Aufbewahrung nach dem Akademiegebäude über⸗

geführt.

Berlin, den 31. Januar 1876.

Von Dr. Andreas, der mit Unterstützung des Kultus⸗ Ministeriums, der Akademie der Wissenschaften hierselbst und der Hamburger geographischen Gesellschaft eine antiquarische For⸗ schungsreise nach Persien unternommen hat, ist über Teheran eine telegraphische Depesche eingetroffen, daß er bei Rischehr im Gebiet des alten Elam, auf der Grenze zwischen Persien und Chuzistan eine Ausgrabung mit gutem Erfolge begonnen und gegen 500 ganze Ziegel und größere oder kleinere Frag⸗

0 mente mit susischer Keilschrift gefunden habe.

Die dritte der Vorlesungen, welche zum Besten des Studien⸗ Stipendienfonds des Victoria⸗Lyceums abgehalten werden, war ein Vortrag des Direktors der hiesigen Sternwarte, Professor Dr. Förster, über die Sternwarten der Erde und ihr Zusammenwirken.

Der erste Abschnitt dieses Vortrages enthielt einen kurzen Ueber⸗ blick über das Zusammenwirken der Sternwarten verschiedener Zeit⸗ alter. Alsdann wurde eine Uebersicht über den gegenwärtigen Stand der Verbreitung der Sternwarten auf der Erde geseben, und dabei in Kürze der Zustand in Deutschland, Frankreich, England, Rußland, Oesterreich und Italien mit einer etwas ausführlicheren Episode, be⸗ treffend die Berliner Sternwarte und die auf dem Telegraphenberge bei Potsdam im Banu begriffene neue physikalisch⸗astronomische Warte, dargelegt. An die Erörterung der gegenwärtigen Vertheilung der Sternwarten auf der Erde schloß sich eine Mittheilung über diejenigen Maßnahmen, welche zu 5 einer Or⸗ ganisation des Zusammenwirkens der be Sternwarten und ihrer künftigen Vertheilung auf 8 im Werke seien. Es wurde die den deutschen Astronomen zu verdankende Gründung einer internationalen astronomischen Gesellschaft erwähnt, welche bereits die meisten leitenden Astronomen

r Kulturlände umfasse. Im vorigen Jahr hat die Gesellschaft ihre alle zwei Jahr wiederkehrende Generalversammlung in Leyden abgehalten, zur näch⸗ sten haben die schwedischen Astronomen nach tockholm ein⸗ geladen und spätere Versammlungen in noch entfernteren Punkten seien nicht aussichtslos, wobei es sich natürlich im Wesentlichen um Wanderungen des Vorstandes der Gesellschaft zum Zwecke der Pflege ihrer Organisation in den verschiedenen Län⸗ dern handle. Ferner wurden noch einige andere beginnende Organi⸗ sationsmaßregeln, z. B. die Hervorbildung von Mittelpunkten telegra⸗ phischer Kommunikationen und das allmähliche Entstehen einer frei⸗ willigen internationalen Mitarbeiterschaft an dem Berliner astrono⸗ mischen Jahrbuch erwähnt.

Der Vortragende schloß, indem er darauf hinwies, daß durch solche und ähnliche Entwickelungen nicht nur die Oekonomie der Wissenschaft, Verständigung der Völker

ij sondern auch die friedliche Verstö geförderf werden könne.

Allgemeine deutsche Pensionsanstalt Lehrerinnen und Erzieherinnen.

26. d. M. Abends fand unter persönlichem Vorsitze Ihrer

en und Königlichen Hoheit der Kronpriazzessin

g des Kuratortums der Anstalt statt, in welcher die anwesenden Mitglieder desselben: Fr. Unter⸗Staatssekretär Sydow, Fr. Präsident Elwanger, Gräfin Fanny v. Reventlow, Fr. Ministerial⸗Direktor Greiff, Fr. Ministerial⸗Direktor Förster, Miß G. Archer, die Schulvorsteherinnen Frl. Hacken⸗ schmidt, Stöphasius, Kannegießer, Frl. Starkloff aus Schleswig, Frl. Mithene, die Herren Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Wätzoldt, Ge⸗ heimer Regierungs⸗Rath Beinert, Abg. Dr. Wehrenpfennig, Dr. G. v. Bunsen, Banquier Julius Bleichröder, Schuldirektor Gleim aus Breslau, Schuldirektor Nöldecke aus Leipzig und Schuldirektor Dick⸗ mann aus Hannover, Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit vor⸗ gestellt wurden, welche Sich in leutseliger und eingehender Weise uͤber den Stand des Unternehmens aussprach. Nachdem Frau Staats Minister Falk als Vorsitzende des Kuratoriums Ihrer Kaiser⸗ lichen und Königlichen Hoheit den ehrerbietigsten Dank für die Förderung des eben so wichtigen als schwierigen Unter⸗ nehmens ausgesprochen hatte, übernahm der stellvertretende Vor⸗ sitende, Prof. Dr. Gneist, die geschäftliche Leitung. Das Statut der Pensionsanstalt ist durch Kabinetsordre vom 15. Oktober v. J. unter Ertheilung der Korporationsrechte Allerhöchst bestätigt und ein geschäftsführender Ausschuß, bestehend aus den H Ministerial⸗Direktor Greiff, Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath Bätzold, Schuldirektor Dr. Haarbrücker, Geh. Regierungs⸗Rath Bei⸗ nert, Banquier J. Bleichröder, gebildet. Der Vorsitzende, Direktor Greiff erstattete einen ausführlichen Bericht über die augeablickliche Geschäftslage der Anstalt, für welche der Universitätsquästor Geh. Rechnungs⸗Rath Polenz die Rendantur vorläufig unentgeltlich über⸗ nommen hat. Destnitiv versichert sind in der kurzen Zeit von etwas über zwei Monaten bis jetzt ctwa 130 Pensionen; erheblich größer ist aber die Zahl der vorläufigen Anmeldungen und Anfragen. Ein reichliches Drittel der Versicherungen ist bisher zu Pensionen von 300 erfolgt, etwa ein Viertel der Versicherungen geht darüber hinaus, einige bis zu 1000, selbst bis zu 1200 ℳ; die übrigen auf kleinere Beträge bis zu jährlich 100 Am meisten beliebt (trotz der hohen Beiträge) erscheinen bisher die Pensionsversicherungen vom 50. Lebersjahre an, weniger vom 55., noch weniger vom 60. und 65. Jahre an. Die Hauptschwierigkeit des Unternehmens bleibt die un⸗ vermeidliche Höhe der Jahresbeiträge, die in der Regel nur von solchen Lehrerinnen, welche in früheren Lebensjahren beitreten, aus eigenen Mitteln werden entrichtet werden können. Zu Gunsten solcher Lehrerinnen, die in späteren Jahren eintreten, können aber die rech⸗ nungsmäßig nothwendigen Beiträge nicht ermäßigt werden, ohne die Lebensfähigkeit der Anstalt unmittelbar zu gefährden und ohne die jüngeren Lehrerinnen zu benachtheiligen. Es ist daher die Wohl⸗ thätigkeit in weiten Kreisen damit die mit der Pen⸗ sionsanstalt verbundene Hülfskasse die oft unerschwinglichen Bei⸗ träge für ältere Lehrerinnen übernehmen und iiekres in außerordent⸗

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lichen Unglücksfällen leisten könne. Es ist dazu ein erfreulicher Anfang gemacht mit einem Vermächtniß einer Schulvorsteherin von 30,000 und anderen bereits gesicherten Geschenken und Beiträgen. Eine große Anzahl hiesiger Schulvorsteher und Schulvorsteherinnen haben sich verpflichtet, bis zu einem gewissen Alter nur solche Lehrerinnen anzusteller, welche zu der Pensionskasse beitreten und ihrerseits jährliche

Beiträge zum Hülfsfonds der Anstalt zu leisten. Auf solche Weise ist ein

jährlicher Kollektivbeitrag von etwa 2400 zugesichert worden. An einer Stelle ist durch solche Verabredungen ein jährlicher Kollektivp⸗ beitrag von etwa 4000 zuzesichert worden. Eine besondere För⸗ derung in dieser Richtung muß die Anstalt aber vor Allem von den Zweigvereinen erhoffen, welche sich in sämmtlichen preußischen Pro⸗ vinzen und größeren deutschen Ländern bereits gebildet haben und später auch zur großen Erleichterung für die laufende Geschäftsfüh⸗ rung der Centralverwaltung dienen werden. Zur Herbeiführung eines gleichmäßigen Geschäftsganges durch eine Instruktion für die Zweizvereine und für einige andere Erleichterungen der Geschäfts⸗ führung wird dem Ausschuß vom Kuratorium eine Vollmacht ertheilt. Von vielen Seiten wurde wiederhelt die Ueberzeugung ausgesprochen, daß die Pensionsanstalt den Tarif ihrer Beiträge nur uach den Grundsätzen einer soliden, sich selbst erhaltenden Renten⸗

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versicherungsanstalt normiren könne und dürfe, daß abeg edie An⸗ rufung der Wohlthätigkeit schon aus dem Grunde unv,. meidlich bleibe, um die für die einzelnen Lehrerinnen und Erzieherinnen oft ie Mitglieder des prechen, in ihrem ilfe

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werschmina!l X△2 zpeitr.Z 5 unerschwinglichen Jahresbeiträge zu ergänzen.

Kuratoriums schieden mit dem gegenseitigen Versprech Kreise dafür kräftig zu wirken. Auf eine Staatshul

der Kommunen glaubt man erst dann rechnen zu dürfen, wenn durch die Betheiligten und durch die Privatwohlthätigkeit das Fundament zu einer größeren Kapitalbildung und zu einer umfangreichen Wirk⸗ samkeit der Anstalt gelegt sein wird.

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und Förderung

In der laufenden Woche werden die Vorbereitungen zur Auf⸗ stellung derbeiden Bronze⸗Statuen Sr. Majfestät des Kaiserz d Königs von Keil, und Kurfürst Friedrichs I. von Enke, gegossen

G eck, in den beiden Nischen am Hauptportal des Rath⸗ hauses beginnen. Die Enthüllung der Standbilder foll am Ge⸗ burtstage Sr. Majestät des Kaisers und Königs stattfinden.

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Der milde Winter hat, der „A. A. C.“ zufolge, den Paupe⸗ rismus in London mwesentlich verringert. In rvergangener Woche betrug die Gesammtzahl der Paupers, welche entweder Verpflegung in den Armenhäusern oder Unterstützung aus den öffentlichen Armen⸗ kassen genossen, nur 88,948, d. i. 10,968 weniger als in der entspre⸗ chenden Woche des Vorjabres und 17,960 resp. 22,742 weniger als in derselben Woche der Jahre 1874 und 1873.

Theater.

Im Königlichen Schauspielhause hat ein neu einstudirtes älteres gutes Lustspiel, „Der beste Ton“, von Carl Töpfer, am Sonnabend einen weit besseren Erfolg gehabt, als die Mehrzahl der Lustspiel⸗Novitäten: ein Beweis, daß die Vertreter dieses Bühnengenres in der Gegenwart noch immer Manches von ihm lernen können, na⸗ mentlich, was Wahrheit der Charakterzeichnung, Schlichtheit und Oekonomie der Mittel betrifft. Das Stück ist mit Frl. Keßler Leopoldine von der Streblen, Wittwe), Frl. Meyer (Louise), Hrn. Liedtke (Major von Warren), Hrn. Oberländer (Ober⸗Jägermeister von der Strehlen) und Hrn. Ludwig (Philipp) vortrefflich besetzt, welche durch wiederholten Hervorruf am Scolusse ausgezeichnet wurden.

Die Novität des Krollschen Theaters, eine von Rosen

Jacobsohn für die hiesige Bühne bearbeitete Fastnachts⸗Burleske Anton Langer, „Wo ist denns Kind?“ erfreute sich am mabend vor vollem Hause einer günstigen Aufnahme. Der In⸗

es Stücks entspricht seiner Bezeichnung in jeder Hinsicht. Den Gipfel übermüthigen Humors erreicht die Burleske schon im zweiten Bilde, in der Kaserne, die folgenden aber kommen auf diesen Höhevunkt nicht mehr. Indessen ist durch witzige, melodiöse Couplets und komische Situationen für erheiternde Abwechselung reichlichst gesorgt, so daß bei ausgezeichneter Darstellung das Stück noch viele Wiederholungen erleben dürfte. Die Hauperolle (Kolonialwaaren⸗Kaufmann Fleck) ist in den Händen des Hrn. Ed. Wei der darin morgen als Benefiztant sein 25 jähriges Künstler⸗Jubiläum feiern wird. Frl. Mejo als Inhaberin cines Blumenkellers, Frl. M. Stolle als Hausmädchen, Frl. Lebkien (Buffetmamsell), die HH. Heder (Faktotum bei Fleck), g. Weiß (Gastwirth aus Cöpenick), Idali und Bäckers unterstützten den Jubilar auf das Beste. Hr. Hauptmann gab in der Rolle des dramatischen Lehrers Anchifes Geste eine gelungene parodistische Kopie des bekannten italienischen Tragöden Rossi als Othello. Frl. Meinhold debütirte in der Partie der Nichte desselben und als Desdemona recht vortheilhaft. Ein im 4. Bilde eingelegtes originelles Ammenballet, welches Hr. Brus arrangirt und Hr. Michaelis (von dem auch die Coupletmusik herrührt) komponirt haben, fand, von den Damen Dettmer, Fugmann, Henkel und Rockoy getanzt, vielen Beifall. Die Weihnachts⸗Ausstellung, welche sich in diesem Jahre einer besonderen Beliebtheit erfreut, wird fortgesetzt und er⸗ leidet durch den Wechsel des Theaterstückes keinerlei Abänderung.

Die Direktion des Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Thea⸗ ters macht bekannt, daß Billets zu den bestimmten Vorstellungen bereits am Tage vorher zwischen 9—1 Uhr an der Tageskasse in Empfang genommen werden können, eine Einrichtung, die um so mehr willkommen zu heißen ist, als bei den stets ausverkauften Häu⸗ sern die Erlangung eines Billets am Tage der Vorstellung selbst zu den Glücksfällen gehört. Die Vorstellung der „Reise durch Berlin in 80 Stunden“ am Donnerstag ist zum Benefiz für Hrn. Max Schulz bestimmt.

Aus München, 29. Januar, wird der „Allg. Ztg.“ geschrieben: Mit dem vom Hoftheater⸗Inspektor Hrn. Stehle im Königlichen Hof⸗ und Nationaltheater eingerichteten neuen Feuerlösch⸗ apparat wurde diesen Nachmittag in Gegenwart zahlreicher hierzu

Ehhchs Personen eine Probe angestellt, die vollkommen gelungen

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zte sofort von der Höhe des großen

her Platzregen hernieder, und zwar in solcher hingereicht haben würde, einen auch größeren

as vorhandene Wasserquantum wird ausreichen, nuten lang zu unterhalten. Die neue, großartige jedenfalls als ein sehr bedeutender Fortschritt zu be⸗

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8 er Altmeister der französischen Schauspielkunst, einer der größten Darsteller, welchen man überhaupt seit Talma, Lud⸗ wig Devrient und Edmund Kean auf den Brettern gesehen, Frédé⸗ ric Lemaltre, ist am 26. Abende zu Paris, in einem Hause der Rue de Bondy, welches an den Jlanzjährigen Schauplatz seiner Triumphe, das Theater der Porte Saint⸗Martin, anstößt, i von 78 Jahren am Zungenkrebs gestorben.

Böttchers instruktive Soiréen im Konzertsaal des Königlichen Schauspielhauses interessiren allabendlich durch „malerische Wanderungen und astronomische Exkursionen“ ein zahl⸗ reiches Publikum, während die nicht minder zahlreich versammelte Jugend den bunten Farbenspielen und humoristischen Bildern der letzten Abtheilung, der Soirée fantastique, den meisten Beifall spendet. Fuüͤr die Woche vom 30. Januar bis zum 5. Februar entspricht öttcher vielfachen Wünschen um Wiederholung des neuen zeit⸗

Bilder⸗Cyklus „Meeresfahrt, Schiffesfreud, Schiffesleid“ „Exkursionen in das Sonnengebiet“; Frl. Marianne w, die treffliche Geigerin, wird ihr Gastspiel auch in dieser rtsetzen.

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Im Festsaale des far Konzert zum Besten

f statt. Schon die äußere Phy. e desserb n

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Sonnabend das em!’ Niederwald war eine festliche, Wagenreihe führte

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von der anderer Konzerte abweichende. Eine la die Gäͤste, die durchweg distinguirten Gesellschaftskreisen angehörten, zur Eingangsthür des Rathhauses, die besonders drapirt war; denn Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin hatten Ihre An⸗ wesenheit verheißen. Die Treppenabsätze waren mit blühenden Blu⸗ men geschmückt, und gewährte es schon einen eigenen Eindruck, von der Gallerie herab die Menge zu sehen, welche den strahlend heller⸗ nvie. schönen Treppenraum hinauf wallte. Der Festsaal war

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auf den letzten Platz von einer auserlesenen Gesell⸗ schaft gefüllt. Gegen 7 ¼ Uhr öffneten sich die Flügel⸗ thüren, das Publikum erhob sich von den Sitzen und, empfangen von den Mitgliedern des Comités, erschienen Se. Majestät der Kaiser, Ihre Majestät die Kaiserin, Ihre Kaiserlichen und Königlichen oheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin, Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl mit Höchstihren Töchtern, und mit den Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften die Damen und Herren des Hofes und nahmen Platz in den Fauteuils der ersten Reihe, gegenüber dem Podium und der mit grünen Topfgewächsen dekorirten Hinterwand. Sofort begann denn auch das von Hrn. Professor Joachim geleitete Konzert, bei dem alle Mitwirkenden es zu fühlen schienen, daß es einer nationalen Ehrensache gelte und Jeder sein Bestes ein⸗ zusetzen habe. Es wurde eröffnet mit Schuberts Variationen für Streichquartett, mit künstlerischem Verständniß und großer Präzision und Kraft und zugleich seelenvoller Zartheit ausgeführt von den Her⸗ ren Joachim, Schieber, Rampelmann und Müller. Dann sang Frl. Minnie Hauk eine Ariette und eine Arie aus „Abu Hassan“ von Weber; es ist ei ne, eigentlich mit Recht vergessene frühe Jugendarbeit des Meisters, eine kindlich gehaltene Komposition, die mehr kunst⸗ historischen als künstlerischen Werth hat, aber doch, eben des Meisters wegen, interessirte und, aus dem Munde dieser Sängerin kommend, um ihrer schönen Stimme willen sehr gefiel. Dann folgte der Glanzpunkt des Abends, der 2. und 3. Satz aus Beethovens s. g. Kreuzersonate (op. 47), von Fr. Schu⸗ mann und Hrn. Joachim so vorgetragen, wie es von zwei solchen echten Künstlern, die, jede Effekthascherei verschmähend, sich ganz dem Werke hingeben, zu erwarten ist. Nach diesem ersten Theile verließen Se. Majestät der Kaiser den Saal, die übrigen Allerhöchsten und Höchsten Gäste blieben bis zum Schluß. Den zweiten Theil eröffnete Fr. Schumann mit dem Vortrage dreier Piecen, (Schlummerlied von Schumann, zur Guitarre von Himmel und dem Bondo capricceioso von Mendelssohn) und fand wieder großen und wohlverdienten Beifall; dann folgte Frl. Hauk, welche zuerst aus den „Traumliedern, den Vorstudien Wagners zum Tristan, das zarte und erhabene „Sag, welch wundersame Träume,“ und dann einen Mazurka von Chopin sang, und den Schluß bildete Hr. Joachim mit drei ungarischen Tänzen von Brahms, die geradezu elektrisirend wirkten. So verlief das schöne Fest, das dem guten Zweck wesentliche Bei⸗ hülfe gewähren wird, in gelungenster Weise. 1

Der in den letzten Nummern der „Bes. Beilage“ des Reichs⸗ und Staats⸗Anzeigers abschnittsweise veröffentlichte Bericht über den wesentlichen Inhalt der Verhandlungen und Beschlüsse der orthographischen Konferenz wird in den nächsten Tagen in dem 2. Heft des neuesten Bandes der „Deutschen Monats⸗ hefte“ vollständig erscheinen und zugleich auch als „Separat⸗ abdruck“ für den Preis von 20 durch die Expedition des Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeigers zu beziehen sein. 18

Redacteur: F. Prehm.

Verlag der Expedition (Kessel). Druack W. Elsner. Vier Beilagen

(einschließlich Börsen⸗Beilage).

(105 ¼)

Alter

Erste Beilage

zum Deutschen Reichs⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzei

Deutsches Reich. Bekanntmachung. Postanweisungsverkehr mit Frankreich und Algerien.

Vom 1. Februar d. J. ab können Beträge bis zu 300

auf Postanweisungen nach allen größeren Postorten in Frankreich und Algerien eingezahlt werden. Die Einzah⸗ lung erfolgt bei sämmtlichen deutschen Postanstalten auf ein ge⸗ wöhnliches Postanweisungs⸗Formular. Die Ausfüllung dessel⸗ ben muß, auch wenn der Absender sich nicht der französischer Sprache bedient, mit lateinischen Schriftzeichen geschehen. Der Betrag ist vom Absender, unter entsprechender Abänderung des auf die Reichswährung lautenden Vordrucks des Formulars, in Franken und Centimen und zwar in Zahlen und in Buchstaben ohne irgend welche nachträgliche Abänderung anzugeben, dagegen in der Reichswährung einzuzahlen, wobei für jetzt das Umwandlungsverhältniß von 100 Franken = 82 Anwendung findet. Der Name und die Adresse derjenigen Per⸗ sonen, an welche der Betrag ausgezahlt werden soll, ist genau zu bezeichnen, ebenso die französische Postanstalt, durch welche die Auszahlung zu bewirken ist. Die diesseitigen Postanstalten ertheilen auf Verlangen Auskunft darüber, welche franzöfsische Postorte zur Auszahlung von Postanweisungen ermächtigt sind. Die in Marken zu frankirende Gesammtgebühr beträgt für

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Der Abschnitt der Postanweisungen nach Frankreich und Algerien darf nur zur Angabe des Namens und Wohnortes des Absenders, nicht auch zu weiteren Mittheilungen benutzt werden. Die pünktliche Auszahlung der Postanweisungsbeträge ist wesent⸗ lich von der genauen Erfüllung dieser Bedingungen abhängig.

In Frankreich und Algerien können Beträge bis 300 nach sämmtlichen Orten Deutschlands bei den hierzu ermäch⸗ ti ten französischen Postanstalten auf Postanweisungen (Mandat) eingezahlt werden. Die Postanweisungen werden nach der in Frankreich bestehenden Einrichtung an die Einzahler gegeben, deren Aufgabe es ist, in verschlossenen Briefen zuzusenden. Während dessen be⸗ nachrichtigen die betreffenden französischen Postanstalten die deutschen Postanstalten, welche die Auszahlung bewirker sollen, von der erfolgten Einzahlung unter Uebersendung von Einzahlungsscheinen. Die Auszahlung der Beträge an die Empfänger erfolgt, sofern dieselben aus den Einzah⸗ lungsscheinen unzweideutig zu erkennen sind, in gewöhnlicher Weise durch die bestellenden Boten, welchen dagegen die zuge⸗ hörigen, von den Empfängern ordnungsmäßig quittirten Po st⸗ anweisungen auszuhändigen sind und welche sich vor der Aus⸗ zahlung den Namen des Absenders angeben zu lassen haben. Ist der Empfänger aus dem Einzahlungsscheine nicht unzweifel⸗ haft zu erkennen, so wartet die Auszahlungs⸗Postanstalt, bis jener sich zur Empfangnahme des Geldes meldet und die quit⸗ tirte Postanweisung unter Bezeichnung des Einzahlers vorlegt. Die Empfänger von Postanweisungen aus Frankreich oder Algerien werden daher wohlthun, die Meldung bei der Post⸗ anstalt zu bewirken, sofern ihnen nicht der Betrag spätestens im Laufe des folgenden Tages überbracht worden ist.

Berlin W., den 22. Januar 1876.

Der General⸗Postmeister.

Königreich Preußen.

Uebersicht der im Winter⸗Semester 1875/76 an den landwirthschaflichen Akademien Studirenden.

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Bezeichnung der Akademien.

tudirende emestern. tretene

tudirende.

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früheren S Zusammen.

Neu einge⸗

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Staats⸗ nd landwirthschaftliche Akademik in Eldena . . . .. 9 17 Landwirthschaftliche Akademie in 1b56*—] 33 48 86 Landwirthschaftliche Akademie in 11 17 31 Landwirthschaftliches Lehr⸗Institut —““ 11 57 97

Zusammen 62 131 38 231 Davon sind aus der Provinz Preußen 20, Brandenburg 57, Pommern 5, Posen 10, Schlesien 24, Sachsen 12, Hessen⸗Nassau 1, Westfalen 11, Hannover 2, Schleswig⸗Holstein 3, Rheinpreußen 11, den Hohenzollernschen Landen —, zusammen aus Preußen 156, aus den übrigen deutschen Staaten 13, zusammen aus Deutschland 169, aus dem Auslande 62, zusammen wie oben 231.

Bekanntmsachung.

Zufolge der Bestimmungen im ersten Theil der durch das Centralblatt für das Deutsche Reich veröffentlichten Deutschen Wehrordnung vom 28. September 1875 werden alle diejenigen jungen Männer, welche in einem der zum Deutschen Reiche gehörigen Staaten heimathsberechtigt und

1) in dem Zeitraum vom 1. Januar bis einschließlich 31. Dezem⸗

ber 1856 geboren sind,

2) dieses Alter bereits überschritten, aber sich noch nicht bei einer

Ersatz⸗Aushebungs⸗Behörde zur Musterung gestellt, 3) sich zwar gestellt, über ihr Militärverhältniß aber noch keine feste Bestimmung erhalten haben und gegenwärtig innerhalb des Weichbildes hiesiger Residenz sich aufhalten, soweit dieselben nicht von der persönlichen Gestellung bei der Ersatz⸗Kommission in diesem Jahre entbunden sind, hierdurch angewiesen: sich, behufs ihrer Aufnahme in die Rekrutirungs⸗Stammrolle, in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar d. J. bei dem König⸗ lichen Polizei⸗Lieutenant ihres Reviers persönlich zu melden und dabei die über ihr Alter sprechenden, sowie die etwaigen sonstigen Atteste, welche bereits ergangene Bestimmungen über ihr Militär⸗ verhältniß enthalten, mit zur Stelle zu bringen. 1

Für Diejenigen, welche im hiesigen Orte nach §. 23 der Ersatz⸗ ordnung gestellungspflichtig, zur Zeit aber abwesend sind (auf der Reise begriffene Handlungsdiener, auf See befindliche Seeleute ꝛc.), müssen die Eltern, Vormünder, Lehr⸗, Brod⸗ und Fabrikherren die Anmeldung in der vorbestimmten Art bewirken.

die Postanweisungen den Empfängern

Berlin, Montag, den 31. Januar

Wer die eigene oder die Anmeldung abwesender Militärpflich⸗ tiger, zu welcher er verpflichtet ist, versäumt, wird nach §. 33 des Reichs⸗Militärgesetzes vom 2. Mai 1874 mit einer Geldbuße bis zu 30 oder mit Haft bis zu 3 Tagen bestraft.

Berlin, den 10. Januar 1876.

Königliche Ersatz⸗Kommission.

8 72 2 Nichtamtliches.

Türkei. Konstantinopel, 25. Januar. Die Verord⸗ nung über die Zusammensetzung und die Thätigkeit des Exekutivrathes, der die Durchführung der in dem türkischer Reformferman enthaltenen Anordnungen vorzunehmen und zu überwachen hat, lautet nach der „Allg. Ztg.“ wie folgt:

„Hobe Pforte. Verordnung, betreffend die Befugnisse des Exe⸗ kutiorathes. Ein bestärndiger Exekutivrath ist bei der Hohen Pforte in der Absicht eingesetzt worden, die Ausfährung der Arordnungen des neulich veröffentlichten großberrlichen Fermans betreffs der all⸗ gemeinen Reformen in allen Provinzen des Reiches vollständig nach und nach zu bewerkstelligen. Dieser Rath, der unter dem Vorsitz Sr. Heoheit des Großwessiers steht, wird aus einer hin⸗ reichenden Anzahl von beständigen Mitgliedern, theils hohen Wür- denträgern, theils anderen Staatsbeamten, und einem General⸗Sekre⸗ tär zusammengesetzt. Die Berichte der Ministerien und der Vilayets, welche sich auf die Ausführung der Anordnungen des Großherrlichen Fermans beziehen, werden dem genannten Rath unterbreiter werden, welcher beauftragt ist, unverzüglich nicht nur die Erlasse auf etwaige in den genannten Berichten enthaltene Anfragen, sondern auch die Be⸗ fehle des Wessiers, welche dieser betreffs zu erlassender Instruktionen und Erklärungen über die Ausführung der Verordnungen des Groß⸗ herrlichen Fermans zu ertheilen für gut erachtet, zu registriren und zu befördern. Die beständigen Mitglieder des Rathes werden täglich zusammentreten und auf eine schnelle und vollständige Erfüllung des ihnen zugetheilten Auftrags achten. Die Verhandlungen über dringende Angelegenheiten werden unter dem Veorsitz Sr. Hoheit des Großwessiers und in Gegenwart aller ordentlichen und außerordentlichen Mitglieder des Rathes stattfinden. Die be⸗ ständigen Mitgliede in den Provinzen z luten Norhwendigkeit

1

r sind beauftragt, die Ducchführung der Reformen u überwachen; indeß ist in Anbetracht der abso⸗

it einer unausgesetzten Ueberwachung und Einzie⸗ hung beständiger Erkundigungen ein aus kompetenten Persönlichkeiten zusammengesetztes Kontrolcomité dem Rathe beigegeben, welches be⸗ ständig seine erwähnten Funktionen in den Provinzen ausüben wird. Nachdem der Exekutivrath auf diese Weise beauftragt ist, auf die Durchführung und Beaufsichtigung der vorerwähnten Maß⸗ regeln zu achten, werden andererseits die durch das Vertrauen des Volkes erwählten Abgeordneten ermächtigt, alle gerechtfertigten Klagen und Alles, was dem Gesetz und den Befehlen Sr. Kaiserlichen Ma⸗ jestät des Sultans zuwiderläuft, zur Kenntniß der Hoben Pforte zu bringen. Der Exekutivrath wird, außerdem, daß er die Durchführung dieser Reformen überwacht, auch ermächtigt, andere Reformvorschlage in Erwägung zu ziehen und dieselben der Hohen Pforte zu unter⸗ breiten. Die durch diese Anordnung bestimmten Befugnisse des Exe⸗ kutivraths werden später die Erweiterungen erhalten, welche die Er- fahrung als für die thatsächliche Durchführung der dekretirten Re⸗ formen nöthig erscheinen lassen wird.“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. Januar. Von dem Detachement im Bezirk Namangan gehen dem „Russ. Inval.“ folgende Nachrichten zu:

Als der Ober⸗Befehlshaber der Aktionstruppen im Chanat Kokand in dem neuerdings zum Kaiserreich annektirten Bezirk Namangan eine selbständige Streitmacht zurückließ, sah er voraus, daß die Ruhe in unserem neuen Grenzlande so lange keinen festen Boden ge⸗ winnen könne, bis die Kraft des im Chanat herrschenden Elements, der Kiptschaken, gebrochen sei. Trotz der bei der vorjährigen Expe⸗ dition nach Kokand mehrfach erlittenen Niederlagen fuhren diese fort, durch Terrorismus auch die übrige Bevölkerung zum heiligen Krieg gegen uns anzustacheln. 6

Angesichts dieser Sachlage ertheilte General⸗Adjutant von Kauff⸗ mann vor seiner Abreise aus dem Bezirk Namangan dem Chef des dort zurückbleibenden Detachements, General⸗Major der Suite Sfkobelew, die Instruktion, in den letzten Dezembertagen mit einem Theil seines Detachements gegen die zwischen dem Naryn und dem Kara⸗darja gelegene Ortschaft Jeki⸗su⸗arssy, das Centrum der kiptschaki⸗ schen Bevölkerung, vorzurücken, um den Kiptschaken eine empfindliche Züchtigung gerade zu der Zeit zu Theil werden zu lassen, in der die Nomaden nothgedrungen mit ihren Familien und ihrer Habe in ihren Winterlagern verbleiben müssen, da der Zutritt zu den verschneiten Bergen unmöglich ist. Sobald diese Operation ausgeführt, sollte unser Detachement einen Schlag gegen Andidshan oder einen anderen Punkt führen, wo sich die feindlichen Horden sammeln, um dieselben zu vernichten oder zu zerstreuen und auf diese Weise der übrigen Be⸗- völkerung Ruhe zu verschaffen.

Nach den eingelaufenen Telegrammen ist der erste Theil der dem General Sskobelem gegebenen Weisung mit gutem Erfolg aus⸗eführt worden. Am 25. Dezember (a. St.) rückte er mit einer 2800 Männ starken Truppenabtheilung aus Namangan aus, setzte üuber den Naryn und detachirte, am 27. am Kura-darja angelangt, die Kolonne des Obersten Baron Möler⸗Sakomelski, um einen Theil des linken Fluß. ufers zu rekognosziren, wobei in einem der Dörfer ein Scharmützel stattfand. Nach den eingezogenen Erkundigungen konzentrirte sich der Feind in großen Massen in Margelan und Andidshan. Am 28. Dezember setzte die Abtheilung des General⸗ Majors Sskobelew ihren Marsch den Kara⸗darja aufwärts fort und zerstörte die von den Bewohnern verlassenen Dörfer. Die vor⸗ deren feindlichen Banven begannen sich in der Nähe des Flusses und auf den Verbindungslinien des Detachements zu zeigen, zogen sich aber vor dem Anrücken unserer Truppen zurück und schlugen die Rich⸗ tung nach Andidshan ein, wohin auch die Banden von Margelan folgten. In den drei letzten Dezembertagen stieg die Kälte bis 15 , die Truppen setzten ihren Marsch aber rüstig fort. Dank den mitge⸗ nommenen Zelten hatten sie nur 5 Mann Kranke. Unterwegs wurden alle Wohnstätten der Vernichtung preisgegeben, darunter auch Paitok, der Hauptpunkt der kiptschakischen Bevölkerung in Rayon Jekisu⸗ arassy. Von hier wurde eine starke Kolonne in die Bergdärfer ab⸗ eschickt.

5 victe. die Kiptschaken ihren vollständigen Ruin vor Augen sahen, schickte ein Theil derselben Deputationen ab und ließ um Gnade bitten. Zum Zeichen aufrichtiger Unterwürfigkeit, für welche Gene⸗ ral⸗Major Sskobelew den Kiptschaken Schonung zusagte, verlangte er die Auslieferung der Haupträdelsführer des Hasawat. Am 31. Dezember und⸗ 1. Januar stieß unsere Kavallerie auf eine Bande Kiptschaken, schlug sie und verfolgte die Fliehenden, von denen viele bei dem Dorfe Jangissabaka niedergehauen wurden. Nachdem das rechte Ufer des Kara⸗darija vom Feinde gesäubert worden, setzte Ge⸗- neral. Major Sskobelew am 2. Januar bei Ssarchaba über denselben und bezog am linken Ufec ein Lager; dasselbe wurde befestigt und gleichzeitig eine Brücke über den Musulmankularyk geschlagen. Bei einer sodann vorgenommenen Rekognoszirung empfing der Feind unser Detachement mit Gewehrfeuer, wobei der Kosaken⸗Offizier Bojalski durch einen Schuß in die Brust schwer verwundet wurde. Alle

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welche sich unterwarfen und die ihnen auferlegte Kontribution wurden von den Truppen nicht angrtastet.

En Andidshan, wo Abdurrahman⸗Awtobatschi erschien

ohner der Umgegend zum Widerstand anspornte, hatten sich be⸗⸗

iche Streitkräfte gesammelt, nach genauen Nachrichten waren

mit Gewehren bewaffnet 10,000 Mann Kavallerie, Sarbasen und 15,000 Stadtbewohner. Da ein Rückzug hinter den Naryn, ohne vorher diese Banden zerstreut und Andidshan exemplarisch bestraft zu haben, die Bedeutung unserer Stärke unter⸗ die bereits errungenen Resultate wieder in Frage gestellt 6 General⸗Major Sikobelew, falls die erlassenen Prokla⸗ s bliebe, die Stadt Ankidshan mit Gewalt zu ie Absicht, zu diesem Zweck das Bombardement mar zu beginnen. Gesundheitszustand und Stimmunz im

ut sind vorzüglich.

Ueber den offiziellen Austausch der Kurilen gegen den südlichen Theil der Insel Sachalin schreibt der „R. J.“: Die Uebergabe des Kurilen⸗Archipels an die Ja⸗ panesen leitete russischerseits Hr. Matjunin, während mit Entgegennahme Sachalins der Konsul Olarowski und O5 Barabasch betraut waren, von denen ersterer in der Bucht, letzterer in den Niederlassungen der Ostküst Patience⸗Bai thätig war. Von den 12 ed welche Hr. Olarowski in Empfang nahm drei, Zibejsan, Parantomari und Kusun La ig werden;

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Ferlassen der Insel Sachalin nahmen die 350 Ainos mit, welche nach Beddo überzusiedelr hrend die Mehrzahl der Ainos es vorzog, dem nüerthanenverbande anzugehören. Auf den 1 2 Eingeborene in japanischer in die russischen Best⸗ sind und schon seit langer Zeit G mit den Russen unterhalten. Unter den Bewoh⸗ des Kurilen⸗Archipels fanden sich auch Aleuten, welche von sogenannten „Eis“⸗Compagnie dort angesiedelt worden waren. Bei näherer Besichtigung des neu erworbenen Terri⸗ toriums fand man in dem Bezirk Zibesjan Steiakohlen, die an Qualität die Kohle bei dem Dorfe Dui übertreffen, desgleichen in geringer Entfernung reiche Steinsalz⸗, sowie Kupfer⸗ und Eisenerzlager, deren Ausbeute durch nahe gelegene schiffbare uchten wesentlich erleichtert wird. Längs der Küste der ganzen üdlichen Hälfte Sachalins sind von den Japanesen große Fischereien angelegt, deren weiterer Betrieb jedenfalls vortheilhaft äre, sei es auch nur, um Thran und Fischleim, nach China r gangbare Artikel, zu gewinnen.

Amerika. Mexico. (A. A. C.) Aus Mexieco liegen fol⸗ gende bis zum 1. ds. reichende Nachrichten vor: Der Präsident der Republik beabsichtigt, demnächst eine Reise nach dem Rio Grande bis Tampico zu unternehmen. Es heißt, Porfirio Diaz sei nach New⸗Orleans gegangen, um Verwickelungen mit der Re⸗ gierung zu vermeiden und seine eigenen Anhänger zu verhin⸗ dern, eine revolutionäre Bewegung ins Werk zu setzen. Die große, für die Stadt Mexico bestimmte Statue von Christoph Columbus ist in Vera Cruz eingetroffen. Sie wird wegen der ungeheueren Größe des Piedestals auf einem mit Ochsen be⸗ spannten Fahrzeuge über die Berge geschleppt werden müssen. Sie hat so riesige Dimensionen, daß sie nicht durch den Eisen⸗ bahn⸗Tunnel zwischen Vera⸗Cruz und der Stadt Mexico trans⸗ portirt werden kann. Die Revolution von Michovacan dauert fort.

Asien. China. (A. A. C.) Aus Hongkong wird unterm 24. ds. gemeldet: Mr. Grosvenor und seine Begleiter setzten am 3. ds. ihre Reise von Chung⸗King (nicht Ching⸗Kiang, in der Provinz Punnan, wie anfänglich irrthümlich gemeldet) nach Yunnan fort.

Aus Calcutta wird der „Times“ unterm 25. d. tele⸗ graphirt: Die mit der Feststellung der Grenze des Kareni⸗ Landes betraute Kommission unter der Führung des Obersten Browne hat gestern Rangoon verlassen. Die vorliegenden indischen Zeitungen vom 3. Dezember berichten aus Allahabad über die jüngsten Exzesse des Naga⸗Stammes. Am Weihnachtstage wurde Kapitän Butlers Forschungs⸗Ex⸗ pedition in den Naga⸗Hügeln, zwischen Lalehuti und Pangti von den Einwohnern des letztgenannten Dorfes ange⸗ griffen. Die direkte Ursache der Feindseligkeiten bildete die Er⸗ mordung eines der Diener des britischen Lagers, eines Kuka⸗ Kuli's, der, während er Gras schnitt, von den Wokha’s in einen Hinterhalt gelockt wurde, wo man ihm die Kehle abschnitt. Kapitän Butler verlangte die Auslieferung der Mörder, aber der Häuptling des Dorfes verweigerte dies, und sehr bald dar⸗ auf wurde das Lager der Forschungs⸗Expedition angegriffen. Zwei oder drei Tage hintereinander wurde der Angriff erneuert; aber die Sniderbüchsen der Sepoys richteten solche Verheerungen in den Reihen der wilden Krieger an, daß letztere sich zurück⸗ zogen, ohne den Briten irgend welchen Schaden zugefügt zu haben. Später wurde einer der Mörder des Kuka's aus⸗ geliefert. Die Expedition wurde hierauf nicht weiter behelligt.

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Reichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin, den 31. Januar. In der Sitzung des Deutschen Reichstags am 29. d. Mts. gab in der Diskussion über §. 353a. des Strafgesetzes der Bundesbevollmächtigte Staats⸗ Sekretär v. Bülow nach dem Abg. Dr. Marquardsen fol⸗ gende Erklärung ab: 8 2₰

Meine Herren! Die Gründe, aus denen das Auswärtige Amt den verbündeten Regierungen den Entwurf, wie er Ihnen in . 353 a. vor⸗ gelegt ist, unterbreitet hat, sind Ihnen bekannt und in den Motiven nãher auseinandergesetzt. Ich brauche daher nicht darauf einzugehen, son⸗ dern beschränke mich darauf, zu wiederholen, daß diese Gründe prak⸗ tischer und sachlicher Natu⸗ sind. Auch der Herr Vorredner hat dies anerkannt, und ich erlaube mir nur zu bemerken,

ie Sache, worauf es dem Auswärtigen Amte ankommen mußte, ne quid res publica detrimenti capiat, ift nur die, daß die in dem genannten Paragraphen aufgezählten Pflichtverletzungen seiner Beamten strafrechtlich verfolst werden können; daß kein Zweifel dar⸗ über bestehe, daß solche Pflichtverletzungen nicht auf dem Diszipli⸗ narwege, sondern in einer der Größe ihrer Gefährlichkeit und ihrer Tragweite entsprechenden Weise im Strafzesetzöuch aufgenommen sind, und aus diesem Grunde zur Rechenschaft gezogen werden kön⸗

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