1876 / 38 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 12 Feb 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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Frankreich. Paris, 10. Februar. Das „Journal of⸗ ficiel“ veröffentlicht drei Dekrete des Präsidenten der Republik, denen zufolge (wie bereits telegraphisch mitgetheilt), 1) Felix Voisin, Mitglied der Nationalversammlung, zum Polizei⸗ Präfekten an Stelle des zurücktretenden Leon Renault er⸗ nannt, 2) die Leitung des allgemeinen Sicherheitsdienstes wieder unter die unmittelbare Aufsicht des Ministers des Innern gestellt und 3) v. Boislisle, bisheriger Abtheilungs⸗Chef im Ministerium des Innern, zum Direktor des allgemeinen Sicher⸗ heitsdienstes befördert wird. Das amtliche Blatt meldet fer⸗ ner, daß dem Herrn Julius Fröbel das Exequatur eines deutschen Konsuls in Algier verliehen worden ist.

11. Februar. (W. T. B.) Prinz Louis Napo⸗ leon spricht sich in einem von den Journalen veröffentlichten Briefe gegen die Kandidatur des Prinzen Napoleon (Sohn Jerome’s) um einen Deputirtensitz für Corsica aus und erklärt ausdrücklich, daß der Letztere seine Politik nicht vertrete.

Spanien. Madrid, 11. Februar. (W. T. B.) Die Regierungstruppen stehen in Schußweite vor Estella, und hat der General Primo de Rivero, indem er ein Geschoß nach Estella hineinwerfen ließ, alle Nichtkombattanten zum Ver⸗ lassen der Stadt vor Beginn des bevorstehenden Bombarde⸗ ments aufgefordert, und denselben hierzu eine angemessene Frist bewilligt.

12. Februar. (W. T. B.) Der König wird die Cortes am 15. d. M. in Person eröffnen und darauf an dem⸗ selben Tage zur Nordarmee abgehen.

Türkei. (W. T. B.) Dem „Telegraphen⸗Correspondenz⸗ Bureau“ wird aus Konstantinopel gemeldet, es bestätige sich, daß die Pforte die in der Note des Grafen Andrassy vorgeschlagenen Reformen definitiv angenommen habe. Nur in Bezug auf den Punkt der Verwendung der direkten Steuern der Provinzen wünsche die Pforte, die Reformvorschläge amendirt zu sehen, indem dies für Bosnien und die Herzego⸗ wina geradezu eine Ausnahmemaßregel einführen hieße; die Pforte wolle nur zugestehen, daß die für die Ausführung von Arbeiten zum öffentlichen Nutzen in Bosnien und in der Herze⸗ gowina bestimmte Summe erhöht werde. Der Erlaß eines Kaiserlichen Irade, in welchem die Ausführung des Reform⸗ projektes angeordnet werde, stehe unmittelbar bevor.

Rumänien. Bukarest, 11. Februar. (W. T. B.) In Folge eines vom Senate für den seitherigen Minister⸗Prä⸗ sidenten Catargi beschlossenen ausdrücklichen Vertrauensvotums hat Catargi die ihm übertragene Bildung eines neuen Mi⸗ nisteriums wieder übernommen und ein neues Kabinet konstituirt. Das Unterrichts⸗Ministerium hat an Stelle Majorescu'’s Carp übernommen. Balaceanu wurde zum Minister des Auswärtigen, Strat zum Finanz⸗Minister ernannt. Die übrigen Posten sind wie bisher besetzt geblieben.

Schweden und Norwegen. Christiania, 7. Februar. Inder heutigen Sitzung des Storthings legte Staatsrath Nissen einen Gesetzentwurf, betreffend mehrere Veränderungen im jetzt bestehenden Zolltarife, vor.

Dänemark. Kopenhagen, 11. Februar. Nach drei⸗ tägiger Debatte wurde gestern im Folkething die zweite Le⸗ sung des Gesetzentwurfs, betreffend außerordentliche An⸗ stalten zur Beförderung des Vertheidigungswesens, beendet. Der Konseil⸗Präsident erklärte gestern im Laufe der Verhandlungen noch einmal im Namen der Regierung, daß die⸗ selbe auf die von der Majorität vorgeschlagenen Vertheidigungs⸗ anstalten unter der Bedingung der Einführung einer Ver⸗ mögens⸗ und Einkommensteuer nicht eingehen könne. Bei der Abstimmung wurden die Aenderungsanträge der Majorität in namentlicher Abstimmung mit 53 gegen 40 Stimmen angenom⸗ men; 6 Mitglieder waren abwesend und ein Mitglied enthielt sich der Abstimmung. Der Uebergang zur dritten Lesung wurde mit 84 gegen 10 Stimmen genehmigt.

Asien. Shanaghai, 11. Februar. (W. T B.) Die amtliche Zeitung von Peking veröffentlicht ein Kaiserliches Dekret, durch welches der General Leeseetay seiner militärischen Grade für verlustig erklärt und angewiesen wird, sich nach Vün⸗Nan Foo zu begeben, um dort wegen Theilnahme an der Ermordung Margarys abgeurtheilt zu werden.

Afrika. Aegypten. Kairo, 11. Februar. (W. T. B.) Nach aus Abessynien hier eingangenen Nachrichten waren die türkischen Truppen in Gudurati angelangt.

Nr. 6 des „Central⸗Blatts für das Deutsche Reich“, herausgegeben im Reichskanzler⸗Amt, hat folgenden Inhalt: Allge⸗

meine Verwaltungssachen: Verweisung von Ausländern aus dem Reichsgebiet. Münzwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. Finanzwesen: Nachweisung der bis Ende Januar 1876 stattgehabten Ausführung des Gesetzes, betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen; Goldankäufe Seitens der Reichsbank. Marine und Schiffahrt: Erscheinen der amtlichen Schiffs⸗ ꝛc. Liste für 1876; Aufhebung der Quarantänemaßregeln. Zoll⸗ und Steuerwesen: Kompetenzen von Steuerstellen. Eisenbahnwesen: Die monatliche Zusammenstellung der Betriebsergebnisse der Eisen⸗ bahnen Deutschlands betreffend; Eröffnung der Strecken Schopf⸗ heim⸗Zell i./ W. und Düsseldorf⸗Rath. Konsulatwesen: Vergröße⸗ rung des Amtsbezirks eines General⸗Konsuls; Exequatur⸗ Ertheilung ꝛc.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Professer Dove begeht, der „Köln. Zig.“ zufolge, am 4. März d. J. sein fünfzigjähriges Doktorjubiläum. Sein damaliger Opponent war der Physiker Erman.

Die Münchener Kunstgenossenschaft, welcher bislang ein eigenes Heim noch fehlte, hat jetzt diesem Bedürfnisse durch den Ankauf eines geeigneten Grundstückes in der Luitpoldstraße mit Haus⸗ anwesen Abhülfe geschafft.

Der Polarreisende Dr. Richard King ist gestorben. Er

war der Gefährte des Admirals Sir George Back auf seiner Reise

nach dem Nordpol in 1833 1835, gab mehrere Bücher geographischen und medizinischen Inhalts heraus und war der Gründer der Ethno⸗ logischen Gesellschaft in London.

Mr. Gladstone arbeitet, dem „Guardian“ zufolge, in seinen Mußestunden an einem Werke, welches er „Thesauros Homeri⸗ kos“ zu betiteln beabsichngt.

Der schwedische Komponist August Söderman ist am

Donnerstag in Stockholm gestorben. Gewerbe und Handel.

Wien, 11. Februar. (W. T. B.) Der österreichische Ver⸗ waltungsrath der österreichisch⸗französischen Staatsbahn hat, wie die „Presse“ meldet, beschlossen, für die 1875er Dividende den Reservefond nicht in Anspruch zu nehmen.

Die Jute⸗Industrie Dundee's (Schottland) scheint darnieder zu liegen. Eine große Jutefabrik, welche 300 Arbeiter be⸗ schäftigt, hat, der „A. A. C.“ zufolge, wegen der anhaltenden Stockung des Handels beschlossen, vom 17. d. Mts. ab ihre Thätigkeit gänzlich

einzustellen. Verkehrs⸗Anstalten⸗ New⸗York, 12. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer der Hamburg⸗Amerikanischen Compagnie „Pommerania“ ist hier eingetroffen.

Berlin, den 12. Februar 1876.

In der Juristischen Gesellschaft 8

behandelte gestern Abend der Geheime Justiz⸗Rath Dr. Dernburg die Frage: „Soll neben der Kodifikation des deutschen bürgerlichen Rechtes ein Handelsgesetzbuch im jetzigen Umfange beibehalten, oder soll dasselbe im Wesent⸗ lichen auf eine Handels⸗Gewerbeordnung beschränkt werden?“ Das deutsche Handelsgesetzbuch, dessen Entstehen Würt⸗ temberg bereits im Jahre 1836 anregte, und welches noch unter dem vormaligen Deutschen Bunde in Kraft trat, ist eine bedeutende Etappe in der Entwickelung der deutschen Rechtsgeschichte. Es besitzt zwar nicht die Klassizität der Wechselordnung, da ihm strenge Einheitlich⸗ keit und Konsequenz fehlt, dennoch bezeichnet es formell und materiell einen bedeutenden Fortschritt. Es entsteht nun die Frage: wie haben wir uns zu ihm zu stellen, wenn die Kodifikation des bürgerlichen Gesetzbuches angebahnt wird? Soll „s unverändert bestehen bleiben oder soll es beschränkt werden auf solche Modalitä⸗ ten, welche die Ordnung der Gewerbeverhältnisse betreffen? Sach⸗ kundige Stimmen haben sich dafür ausgesprochen, das Handelsgresetz⸗ buch neben dem Obligationenrecht zu erhalten und ersteres nur so weit zu revidiren, als es nöthig sei. Als Gründe hierzu werden an⸗ gefuhrt, daß das Handelsgesetzbuch den Anforderungen des deutschen Handelsstandes entspreche, und daß die übrigen privatrechtlichen Normen Partikularrechte sind, welche man zur Einheit⸗ lichkeit erst umgestalten wolle, die das Handelsgesetzbuch bereits be⸗ sitze. In Bezug auf diese beiden Gründe entwickelte Redner in län⸗ gerer Auseinandersetzung, daß, soweit das Handelsgesetzbuch bestimmt begrenzt sei, man dasselbe auch nicht antasten solle. Dies sei z. B. beim Seerechte der Fall. Was die übrigen Theile des Handelsgesetz⸗ buches betreffe, so könne der erste Theil, die handelsrechtliche Ge⸗ werbeordnung, bleiben, wie sie jetzt gelte. Im zweiten und dritten Theil, dem Gesellschaftsrecht, würde eine Durchsicht und Säuberung stattfinden müssen, doch würde immer noch ein bedeutender Theil verbleiben. Einer überaus strengen Durchsicht müsse jedoch das vierte Buch, das die Handelsgeschäfte regelt, unterzogen werden. Die Folge der Be⸗ stimmungen dieses Buches sei die gewesen, daß es zur Zeit in Deutsch⸗ land zwei parallel laufende Systeme des Obligationenrechtes gebe. Die Frage, ob das Handelsgesetzbuch oder das bürgerliche Recht ent⸗ scheide, beeinträchtige aber die Einfachheit und Sicherheit des Rech⸗ tes. Redner erläuterte hierauf an einer großen Anzahl aus der Praxis entnommener Beispiele, daß die Frage, wer Kaufmann sei und wer nicht, zur Zeit juristisch und faktisch eine sehr zweifelhafte sei, und man müsse bei einer bevorstehenden Kodifikation des bürgerlichen Gesetzbuches darauf ausgehen, diesen Zustand zu beseitigen. Schließlich präzisirte Redner seine Ansichten dahin, daß eine Reihe veon Bestimmungen wie Firma, Handelsbücher, Handelsgesellschaftsrecht dem Handelsgesetz⸗ buch auch künftig angehören sollen, daß aber ein besonderes Handelsobligationsrecht, wie es jetzt besteht, unzweckmäßig ist. Weil eine Klarheit und Bestimmtheit des Rechtes nöthig ist, muß von vorne herein bei der Kodifikation des bürgerlichen Gesetzbuches das Handelsrecht mit in Betracht gezogen werden. Bei der sich hieran knüpfenden Diskussion erklärte der frühere Reichs⸗Ober⸗Handelsge⸗ richts-Rath, Professor Dr. Goldschmidt, sich mit den Ausführungen des Vorredners einverstanden, sofern nur das bürgerliche Gesetzbuch einen beträchtlichen Grundsteck aus dem Handelsgesetzbuch adoptire.

Die Stadtverordnetenversammlung nahm in ihrer Sitzung vom 10. d. M. den Antrag des Magistrats auf Bewilligung einer Beihülfe von 3000 zu den Kosten der hierselbst für die Tage des 3. und 4. Mai d. J. projektirten Fettvieh⸗Ausstel⸗ lung an. Der Antrag des Magistrats, betreffend den Ankauf eines auf der Lichtenberger Feldmark belegenen Terrains zum Zwecke der Anlegung eines städtischen Schlachthauses nebst Viehhof, wurde einem Aasschuß zur Vorberathung überwiesen.

Die am Mittwoch Abend stattgehabte statutenmäßige Februar⸗

Versammlung des Berliner Schiedsmanns⸗Vereins hat fol.

gende Resolution angenommen: „Der Berliner Schiedsmanns⸗Verein wolle beschließen: Der Verein erklärt, daß es mit dem Ehrenamte des Schiedemannes wie mit jedem anderen Ehrenamte unvereinbar ist, wenn Personen dasselbe bekleiden, welche unter der Form von Darlehns⸗ oder sonstigen derartigen Geschäften so übermäßig hohe

Vportheile für sich erzielen, daß sie zur Klasse der sogenannten „Hals⸗

abschneider“ zu rechnen sind, und daß es Pflicht der betreffenden Be⸗ hörden ist, solche Personen zu einem derartigen Ehrenamte nicht zuzu⸗ lassen, oder, wenn sie es bekleiden sollten, daraus zu entfernen.“

Dem Verein gegen Verarmung und Bettelei sind von dem „Verein zur Beförderung des Gewerbefleißes“ 200 als Ueberschuß einer bei Gelegenheit des letzten Stiftungsfestes ver⸗ anstalteten Sammlung überwiesen worden; 810 hatte der letztere Verein selbst unter 25 unterstützungsbedürftige Gewerbetreibende

82 vertheilt.

Am Freitag Vormittag ist in den oberen ern. der Passage Geflügel⸗Ausstellung der „Cypria“ röffnet worden

Der Katalog weist 1575 Nummern auf, die von 228 verschiedenen Ausstellern herrühren. An der Spitze steht wieder Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Carl, Höchstwelche 36 Paar der schönsten Tauben ausgestellt hat. Darunter befinden sich gescheckte bucharische, schwarze und silbergraue Trommeltauben, weiße ägyptische Mövchen und weiße Mövchen mit schwarzem Schwanz, weiße deutsche Mövpchen (Kreuzung), blaue ägyptische Mövchen, schwarze deutsche Mövchen (Kreuzung), rothe deutsche Mövchen (Kreuzung), blaue Herz⸗ kröpfer (Krenzung), gelbe französische Herzkröpfer, schwarze Herzkröpfer, Kreuzung, rothe und blaue englische Herz⸗ kröpfer, isabellenfarbige Brünner Kröpfer, gelbe Indianer, Almonds, vierfarbig, hell und dunkel, Mottlets, weiße englische und rothgeschil⸗ derte Pfautauben, schwarzgeschilderte Pfautauben, weiße mit schwarzem Schwanz, schwarze, blaue, gelbe und weiße Carrier, weiße und gelbe chinesische Mövchen, Kreuzunz mit ägyptischen, rothgemönchte deutsche Perrückentauben, gelbgemönchte und schwarzgemönchte Perrückentauben, rothgemönchte russische Perrückentauben, Schmalkaldener Mohrenköpfe und rothgeschilderte Lockentauben. Die große Kollektion der Tauben ist in folgende Abtheilungen geschieden worden: Zuerst findet sich die große Familie der Feldtauben mit prachtvollen Schildtauben, ferner Ringschläger, Gimpel, Lockentauben, Trommel⸗ tauben und bucharische Trommeltauben als Unterabtheilungen. Dann folgen die Flugtauben oder Tümmler, und zwar deutsche, englische, echte Purzler, altstämmige und Almonds. Die Perrückentauben sind in 61 Paaren vertreten, unter denen viele als Prachtexemplare gelten können; deutsche, ägyptische, türkische und chinesische Mövchen schlie⸗ ßen sich diesen an. Die meist schön gezeichneten Pfautauben weisen 63 Paare auf, welche, aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands und Oesterreichs kommend, sich hier zusammengefunden haben; von den Hühnertauben sind Malteser, Florentiner und Hühner⸗ schecken vorhanden. Die Kropftauben sind in allen Spielarten, als deutsche, Breslauer, französische, englische, pommersche, holländische, spanische usd Monteaubans, vertreten. Von Brieftauben sind 82 Stück der edelsten Zucht ausgestellt, darunter solche der Brieftauben⸗ gesellschaft „Berolina“, die sich bereits bei Preiswettfliegen ansehn⸗ liche Preise errungen haben. Die große Hauptabtheilung der Hüh⸗ ner wird wieder durch 6 Paare prächtiger Racen, die Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Prinzessin Carl gehören, eröffnet, als gesperberte und schwarze Cochinchina, Bergische Kräher, Dorking, Silber⸗Bra⸗ banter, Schlotterkämme ugd Gold⸗Brabanter. Dann folgen Land⸗ hühner, Italiener, Kampiner, Strupphühner, Bergische Kräher, Dor⸗ kinghühner, Hamburger, Bantams, Zwergkampfer, Malayen, Yokohamas, Bredahühner, Chochinchinas, Brahmapootras, Spanier, la Fléches, Crève cosur, Perlhühner, Truthühner, Gänse und Enten Sing⸗, Schmuck⸗ und Ziervögel, als Papazeien, Kanarienvögel, Kardinäle ꝛc. ꝛc. bilden den Schluß der lebenden Abtheilungen, denen sich noch viele Kollektionen literarischer und sonstiger für die Zucht und Pflege empfehlenswerther Hülfsmittel anschließen. Es sind meh⸗ rere bedeutende Preise ausgesetzt: Eine goldene Staatsmedaille von Sr. Maäjestät dem Kaiser, acht silberne und neun bronzene von dem Staats⸗Minister Dr. Friedenthal und 70 Vereinsmedaillen, Ehrendiplome und Gelkdpreise Seitens der Cypria. Die Ausstellung bleibt bis zum 15. Februar geöffnet.

Der hansische Geschichtsverein, der sich die Aufgabe ge⸗ stellt hat, durch Veröffentlichung der Urkunden, Rezesse und anderer bedeutungsvoller Aktenstücke des Hansebundes die Geschichte dieser früher so mächtigen handelspolitischen Vereinigung deutscher Städte in klares Licht zu stellen, hat bei der im vorigen Jahre in Hamburg abgehaltenen Generalversammlung Cöln für die diesjährige Zusam⸗ menkunft bestimmt. Die Stadt Cöln gehörte zu den vier Haupt und Quartierstädten der Hanse und half auf dem großen Saale ihres Rathhauses die große hansische Konföderation des Jahres 1367 schlie⸗ ßen. Am 8. Abends hat, wie die „Köln. Zta.“ mittheilt, im Sitzungssaale des Rathhauses auf Einladung des Hrn. Ober⸗Bürgermeisters Dr. Becker und des Hrn. Stadtarchivars Dr. Ennen cine Versammlung dortiger Geschichtsfreunde stattgefunden zur Vorberathung und Einsetzung eines Ortsausschusses, welcher das auf die Pfingstwoche d. J., und zwar auf den 6., 7. und 8. Juni anberaumte Fest vorbereiten soll. Die HH. Ober⸗Burgermeister Dr. Becker und Bachem sind an die Spitze getreten, die HH. Regierungs⸗ und Schulrath Florschütz und Dom⸗ vikar Schnütgen haben sich ihnen als Schriftführer beigesellt, und Hr. Stadtrath Meuser hat das Schatzamt übernommen. Zunächst ist das literarische Comité gebildet und unter die Leitung des Hrn. Dr. Eanen gestellt worden. An die niederländische Presse wird die Bitte gerichtet, von diesem Vorgange Keuntniß zu nehmen und die in ihrem Bereiche liegenden Städte, welche ehedem der Hanse angehört haben, wie Amsterdam, Kampen, Dortrecht, Utrecht, Grö⸗ ningen, Middelburg, Harderwigk, Deventer, Zwoll u. A., auf die Tag⸗ satzung von Cöln aufmerksam zu machen. Es ist zum sechsten Male, daß der Hansische Geschichtsverein seine statutenmäßige Jahres⸗ versammlung hält. Er hat bisher zweimal in Lübeck (wo er zuerst unter Vorsitz des Hrn. Prof. Mantels begründet wor⸗ den), sodann in Braunschweig, Bremen und Hamburg getagt.

In Konstanz wird am 16. d. M. der 50. Geburtstag Victor von Scheffels im neuen Inselhotel festlich begangen

werden

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Aus Florenz, 7. Februar, wird der „Allg. Ztg.“ geschrieben: Die Blätter berichten eine Menge Einzelheiten über das Leichen⸗ begängniß Gino Capponit's. Se. Majestät der König hatte den Prinzen Thomas als Vertreter des Königlichen Hauses entsandt, und der Minister⸗Präsident Minghetti war einer der Redner, welche in dem zur Todtenkapelle verwandelten Saale des Palastes Capponi den Gefühlen des Schmerzes über den Verluft des edlen Patrioten Ausdruck gab. Gino Capponi, sagte er, dessen Tod wir ebenso be⸗ klagen, wie wir sein Andenken ehren, ist der letzte jener Generation von großen „Männern“ gewesen, welche die Erlösung und Wieder⸗ geburt Italiens durch Wort und That vorbereitet haben. So lange er lebte, stand er als leuchtendes Beispiel eines reinen Charakters und wohlthätigen Mannes da. Darum beweinen seinen Verlust alle Diejenigen, die ihn gekannt haben, hoch wie niedrig Ge⸗ stellte, und der König, welcher stets an Freud' und Leid der Nation innigen Antheil nimmt, hat einen Prinzen des Königlichen Hauses entsandt, um sein Herzeleid auszudrücken. Die seltensten Gaben des Geistes und des Gemüths, edle Abkunft, tief religiöser Sinn, her⸗ vorragende künstlerische Begabung, kurz alle herrlichen Eigenschaften vereinigten sich in hohem Grade in Gino Capponi, so daß er mäch⸗ tigen Einfluß auf sein Land und seine Zeit ausüben mußte. Er war eben so groß als Privatmann wie als Staatsmann und Schriftsteller, und die Geschichte wird einst erzählen, wie wirksam er in die Be⸗ freiung und Einigung des Vaterlandes mit eingegriffen hat. Sein letzter Wunsch, den er in dem Geschichtswerk ausgesprochen hat, das die Sorge und der Trost seiner alten Tage war, läßt sich in den Worten zusammenfassen: „Möge Toskana und Italien sich in seine gegen⸗ wärtige Lage schicken, um einer glücklichen Zukunft nicht verlustig zu werden.“ Und diese werde Toskana und Italien nicht entgehen, wenn die nachwachsenden Generationen wie die gegenwärtige, das glänzende Beispiel der Tugenden Capponi's stets vor Augen haben würden. Nach dem Minister⸗Präsidenten sprachen der Vertreter des Senats und Freund Gino Capponi's, Comm. Marco Taberrini, und der Präfekt und der Bürgermeister von Florenz, worauf die Leiche aus dem Palaste Capponi nach der Misericordia und in später Abend⸗ stunde nach der Villa Capponi gebracht wurde. Aus allen Provinzen Italiens sind Beileidstelegramme an den Bürgermeister von Florenz und an die Verwandten Gino Capponi's eingelaufen, unter andern auch vom Fürsten Gortschakoff aus St. Petersburg.

Der Brand, der in New⸗York am 8. d. M., halb sieben Uhr Abends ausgebrochen ist, war, der „Wes Ztg.“ zufolge, einer der verheerendsten, die seit funfzehn Jahren erlebt wurden. Ein halbes Häuserviertel zwischen Broadway, Howard, Grand und Crosbystreet, zusammen 30 Gebäude, wurden zerstört. Der Verlust wird auf 1 Million Dollars an Gebäuden und 2 Millionen Dollars an Waaren geschätzt. Di⸗ schwersten Ver⸗ luste erleiden Lescher Whetman 250,000 Doll., Lindeker Wattroß und Boyton 150,000 Doll., Wm. Smith u. Co. 250,000 Doll., Callnie Brundette u Co. 300 000 Doll., Hohenthal, Whitehead u. Co. 300,000 Dell., G. E. Shortridge u. Co. 200,000 Doll., das Con⸗ tinental Hotel 100,000 Doll. Erst um Mitternacht wurde man des Feuers Herr. Drei Feuerwehrleute kamen beim Brande ums Leben.

Theater.

Der Freitag Abend brachte im Königlichen Opernhaufe das zweite Gastspiel des Hrn. Wolff den Lionel in „Martha“. Die Rolle bot dem Gaste Gelegenheit, seine vielen Vorzüge aufs Beste geltend zu machen und zugleich zu zeigen, daß er die gerügten Mängel abzulegen bestrebt ist. Er war dramatisch belebter, wie dies besonders in der großen Scene des 4. Aktes hervortrat, bemühte sich auch, die Vokale klarer zu bilden, während andererseits die volle Schönheit seiner Stimme, die Leichtigkeit seines Gesanges und die treffliche Aus⸗ sprache wieder oftmaligen lebhaften und wohlverdienten Beifall fanden und ihm mehrfach die Ehre des Hervorrufs verschafften. Gleicher Anerkennung erfreuten sich Frl. Lehmann, welche für Frl. Grossi als „Martha“ eingetreten war, FrI. Lammert (Nancy) und Hr. Krolop, ein prächtiger Plumket, der mit der Nancy im Verein ein rrizend humorvolles Paar bildete. Sie alle wurden wiederholt gerufen.

Im Friedrich⸗Wilhelmstädtischen Theater findet Dienstag das Benefiz für den Kapellmeister Hrn. Arno effel statt, welcher gleichfalls das Kassenstück: „Die Reise rch Berlin in 80 Stunden“ gewählt hat.

Die erste Aufführung von „Ein Fallissement“ im Belle⸗ Alliance⸗Theater hat hinausgeschoben werden müssen, da die Darstellungen des Lustspiels „Die Journalisten“ daselbst sich so vielen Beifalls erfreuen, daß dasselbe auf allgemeines Verlangen morgen noch einmal gegeben werden wird. „Ein Fallissement“ wird daher erst am Dienstag, und zwar mit neuer Ausstattung, zum

ersten Male in Scene gehen.

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Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). 8. Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage).

Berlin:

Drack W. Elsner.

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E rste Beilage h⸗Anzeiger und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger.

Berlin, Sonnabend, den 12. Februar

1876.

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Die Strafgesetznovelle lautet nach den Beschlüssen in dritter Berathung:

Gesetz, betreffend die Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 und die Ergänzung desselben.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen ꝛac., verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und des Reichstags, was folgt:

Artikel 1. Die §§. 4, 55, 64, 70 Nr. 2 und 3, 88, 95, 102 103, 104, 113, 114, 117, 130a., 135, 140, 144, 145, 176, 177, 178, 185, 194, 200, 208, 223, 228, 232, 240, 241, 247, 263, 275 Nr. 2, 292, 296, 303, 3/˙9, 321, 360 Nr. 3, 4, 7 und 12, 361 Nr. 6, 363, 366 Nr. 3, 8, 9 und 10, 367 Nr. 5, 8 und 10, 369 und 370 des Strafgesetzbuchs in der durch die Gesetze vom 15. Mai 1871 und 10. Dezember 1871 festgestellten Fassung werden durch nach⸗ den bisherigen Zifferzahlen entsprechende Bestimmungen ersetzt:

§. 4. Wegen der im Auslande begangenen Verbrechen und Vergehen findet in der Regel keine Verfolgung statt.

Jedoch kann nach den Strafgesetzen des Deutschen Reichs ver⸗ folgt werden:

1) ein Deutscher oder ein Ausländer, welcher im Auslande eine hochverrätherische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat, oder ein Münzverbrechen, der als Beamter des Deut⸗ schen Reichs oder eines Bundesstaats eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amte anzusehen ist;

2) ein Deutscher, welcher im Auslande eine landesverrätherische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat, oder eine Beleidigung gegen einen Bundesfürsten begangen hat;

3) ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des Orts, an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist. -

Die Verfolgung ist auch zulässig, wern der Thäter bei Be⸗ gehung der Handlung noch nicht Deutscher war. In diesem Falle bedarf es jedoch eines Antrages der zuständigen Behörde des Landes, in welchem die strafbare Handlung begangen worden, und das aus⸗ ländische Strafgesetz ist anzuwenden, soweit dieses milder ist.

§. 55. Wer lei Begehung der Handlung das zwölfte Lebens⸗ jahr nicht vollendet hat, kann wegen derselben nicht strafrechtlich ver⸗ folgt werden.

Gegen denselben können jedoch nach Maßgabe der landesgesetz⸗

serung und Beaufsichtigung geeigneten

des Reichstags

lichen Vorschriften die zur Bes Maßregeln getroffen werden. Insbesondere kann die Unterbringung in eine Erziehungs⸗ oder Besserungsanstalt erfolgen, nachdem durch Beschluß der Vormundsschaftsbehörde die Begehung der Handlung festgestellt und die Unterbringung für zulässig erklärt ist.

§ 64. Die Zurücknahme des Antrages ist nur in den gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen und nur bis zur Verkündung eines auf Strafe lautenden Urtheils zulässig.

Die rechtzeitige Zurücknahme des Antrages gegen eine der vor⸗ bez ichneten Personen hat die Einstellung des Verfahrens auch gegen die anderen zur Folge 1

§ 70. 2) auf Zuchthaus oder Festungshaft von mehr als zehn Jahren erkannt ist, in zwanzig Jahren;

3) auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder auf Festungshaft von fünf bis zu zehn Jahren oder Gefängniß von mehr als fünf Jahren erkannt ist, in fünfzehn Jahren;

§. 88. Ein Deutscher, welcher während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges in der feindlichen Kriegsmacht Dienste nimmt oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bun⸗ desgenossen trägt, wird wegen Landesverraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft bestraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft nicht unter fünf Jahren ein. J

Ein Deutscher, welcher schon früher in fremden Kriegsdiensten stand, wird, wenn er nach Ausbruch des Krieges in der feindlichen Kriegsmacht verbleibt oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, wegen Landesverraths mit Zucht⸗ baus von zwei bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft bis zu zehn Jahren ein.

Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffent⸗ lichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte erkannt werden.

§ 95. Wer den Kaiser, seinen Landesherrn, oder während seines Aufenthalts in einem Bundesstaate dessen Landesherrn beleidigt, wird mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten oder mit Festungshaft von zwei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft.

Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bekleideten öffent⸗ lichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgeganzenen Rechte erkannt werden.

. S. 102. Ein Deutscher, welcher im Inlande oder Auslande, oder ein Ausländer, welcher während seines Aufenthalts im Inlande gegen einen nicht zum Deutschen Reiche gehörenden Staat oder dessen Lan⸗ desherrn eine Handlung vornimmt, die, wenn er sie gegen einen Bundesstaat oder einen Bundesfürsten begangen hätte, nach Vorschrift der §§. 81 bis 86 zu bestrafen sein würde, wird in den Fällen der §. 81 bis 84 mit Festungshaft von Einem bis zu zehn Jahren oder, wenn mildernde Umstände vorhanden sind, mit Festungshaft von sechs Monaten bis zu zehn Jahren, in den Fällen der §§. 85 und 86, mit Festungshaft von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft, sofern -. Staate dem Deutschen Reiche die Gegenseitigkeit ver⸗

rgt ist. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. §. 103. Wer sich gegen den Landesherrn oder den Regenten eines nicht zum Deutschen Reiche gehörenden Staats einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefängniß von Einer Woche bis zu zwei Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft, sofern in diesem Staate dem Deutschen Reiche die Gegenseitigkeit verbürgt ist. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der auswärtigen Regierung ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

l §. 104. Wer sich gegen einen bei dem Reiche, einem bundesfürst⸗ ichen Hofe oder bei dem Senate einer der freien Hansestädte beglau⸗ bigten Gesandten oder Geschäftsträger einer Beleidigung schuldig macht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Festungs⸗ aft von gleicher Dauer bestraft.

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Beleidigten ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

Gej §. 113. Wer einem Beamten, welcher zur Vollstreckung von 9b etzen, von Befehlen und Anordnungen der Verwaltungsbehörden er von Urtheilen und Verfügungen der Gerichte berufen ist, in der

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drohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer einen solchen Be⸗ amten während der rechtmäßigen Ausühung seines Amtes thätlich Hnres. wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu zwei Jahren estraft.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre oder Geldstrafe bis zu Eintausend Mark ein.

Dieselben Strafvorschriften treten ein, wenn die Handlung gegen Personen, welche zur Unterstützung des Beamten zugezogen waren, oder gegen Mannschaften der bewaffneten Macht, oder gegen Mann⸗ schaften einer Gemeinde⸗, Schutz⸗ oder Bürgerwehr in Ausübung des Dienstes begangen wird.

§. 114. Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde oder einen Beamten zur Vornahme oder Unterlassung einer Amtshandlung zu nöthigen, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft.

Siind milderade Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu zwei Jahren ein.] .☚̈:ã Heesr .l eee S. 117. Wer einem Forst⸗ oder Jagdbeamten, einem Wald⸗ eigenthümer, Forst⸗ oder Jagdberechtigten, oder einem von diesen be⸗ stellten Aufseher, in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes oder Rechtes durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt Widerstand leistet, oder wer eine dieser Personen während der Ausübung ihres Amtes oder Rechtes thätlich angreift, wird mit Gefängniß von vier⸗ zehn Tagen bis zu drei Jahren bestraft.

Ist der Widerstand oder der Angriff unter Drohung mit Schieß⸗ gewehr, Aerten oder anderen gefährlichen Werkzeugen erfolgt, oder mit Gewalt an der Person begangen worden, so tritt Gefängniß⸗ strafe nicht unter drei Monaten ein. .

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt in den Fällen des Absatz 1 Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre, in den Fällen des Absatz 2 Gefängnißstrafe nicht unter Einem Monate ein.

§. 130a. Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher

in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche oder an einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor Mehreren Angelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande einer Verkündigung oder Er⸗ örterung macht, wird mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahren bestraft.

„Glleiche Strafe trifft denjenigen Geistlichen oder anderen Reli⸗ gionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes Schriftstücke ausgiebt oder verbreitet, in welchen An⸗ gelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährden⸗ den Weise zum Gegenstande einer Verkündigung oder Ecörterung ge⸗ macht sind.

§. 135. Wer ein öffentliches Zeichen der Autorität des Reichs oder eines Bundesfürsten oder ein Hoheitszeichen eines Bundesstaats böswillig wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder beschimpfenden Un⸗ fug daran verübt, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.

§. 140. Wegen Verletzung der Wehrpflicht wird bestraft:

1) ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß entweder das Bundesgebiet verläßt oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebietes aufhält: mit Geldstrafe von Einhundertfünfzig bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß von Einem Monat bis zu Einem Jahre;

2) ein Offizier oder im Offizierrange stehender Arzt des Beur⸗ laubtenstandes, welcher ohne Erlanbniß auswandert: mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten; 3

3) ein jeder Wehrpflichtiger, welcher nach öffentlicher Bekannt⸗ machung einer vom Kaiser für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr erlassenen besonderen Anordnung in Widerspruch mit derselben auswandert: mit Gefängniß bis zu zwei Jahren, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann.

Der Versuch ist strafbar.

Das Vermögen des Angeschuldigten kann, insoweit als es nach dem Ermessen des Richters zur Deckung der den Angeschuldigten mög⸗ licherweise treffenden höchsten Geldstrafe und der Kosten des Ver⸗ fahrens erforderlich ist, mit Beschlag belegt werden.

S. 144. Wer es sich zum Geschäfte macht, Deutsche unter Vor⸗ spiegelung falscher Thatsachen oder wissentlich mit unbegründeten An⸗ gaben oder durch andere auf Täuschung berechnete Mittel zur Aus⸗ wanderung zu verleiten, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft.

§. 145. Wer die vom Kaiser

zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See,

über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoße

von Schiffen auf See, oder

in Betreff der Noth⸗ und Lootsensignale für Schiffe auf See und auf den Küstengewässern

erlassenen Vereordnungen übertritt, wird mit Geldstrafe bis zu Ein⸗ tausendfünfhundert Mark bestraft.

§. 176. Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird bestraft, wer

1) mit Gewalt unzüchtige Handlungen an einer Frauensperson vornimmt, oder dieselbe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Duldung unzüchtiger Handlungen nöthigt;

2) eine in einem willenlosen oder bewußtlosen Zustande befind⸗ liche oder eine geisteskranke Frauensperson zum außerehelichen Bei⸗ schlafe mißbraucht, oder

3) mit Personen unter vierzehn Jahren unzüchtige Handlungen vornimmt, oder dieselben zur Verübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen verleitet.

Sind mildernde Umstände vorhanden, nicht unter sechs Monaten ein.

§. 177. Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch Gewalt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine Frauensperson zur Duldung des außerehelichen Beischlafs nöthigt, oder wer eine Frauensperson zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, nachdem er sie zu diesem Zwecke in einen willenlosen oder bewußt⸗ losen Zustand versetzt hat.

Sind mildernde Umstände vorhanden, nicht unter Einem Jahre ein.

§. 178. Ist durch eine der in den §§. 176 und 177 bezeichneten Handlungen der Tod der verletzten Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zucht⸗ hausstrafe ein. §. 183. Wer durch eine unzüchtige Handlung öffentlich ein Aergerniß giebt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bestraft.

Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden.

§. 194. Die Verfolgung einer Beleidigung tritt nur auf Menuc ein. Die Zurücknahme des Antrages (§§. 185— 193) ist zu⸗ ässig.

§. 200. Wird wegen einer öffentlich oder durch Verbreitung n Schriften, Darstellungen oder Abbildungen begangenen Beleidigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Beleidigten die Befugniß zu⸗ zusprechen, die Verurtheilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich

so tritt Gefängnißstrafe

so tritt Gefängnißstrafe

von

Erfolgte die Beleidigung in einer Zeitung oder Zeitschrift, so ist der verfügende Theil des Urtheils auf Antrag des Beleidigten durch die öffentlichen Blätter bekannt zu machen, und zwar, wenn möglich durch dieselbe Zeitung oder Zeitschrift und in demtelben Theile und mit derselben Schrift, wie der Abdruck der Beladigung geschehen.

Dem Beleidigten ist auf Kosten des Schaldigen eine Ausferti⸗ gung des Urtheils zu ertheilen. §. 208. Hat der Zweikampf ohne so kann die verwirkte Strafe bis fünfzehn Jahre, erhöht werden.

§. 223. Wer vorsätzlich einen Anderen körperlich mißhandelt oder an der Gesundheit beschädigt, wird wegen Körperverletzung mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu Eintausend Mark bestraft.

Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist auf Gefängniß nicht unter Einem Monat zu erkennen.

õ. 228. Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist in den Fällen des §. 223 Absatz 2 und des §. 223 a auf Gefängniß bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu Eintausend Mark, in den Fällen der §§. 224 und 227 Absatz 2 ouf Gefängniß nicht unter Einem Monat, und im Falle des §. 226 auf Gefängniß nicht unter drei Monaten zu erkennen. 1

§. 232. Die Verfolgung leichter vorsätzlicher, sowie aller durch Fahrlässigkeit verursachter Körperverletzungen (§. 223, 230) tritt nur auf Antrag ein, insofern nicht die Körperverletzung mit Uebertretung einer Amts⸗, Berufs⸗ oder Gewerbspflicht begangen worden ist.

„Fft das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zu⸗ rücknahme des Antrags zulässig.

Die in den §§. 195, 196 und 198 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung.

§. 240. Wer einen Anderen widerrechtlich durch Gewalt oder durch Bedrohung mit einem Verbrechen oder Vergehen zu einer Hand⸗ lung, Duldung oder Unterlassung nöthigt, wird mit Gefängniß bis zu Jahre oder mit Geldstrafe bis zu ‚echshundert Mark be⸗

raft.

Der Versuch ist strafbar.

§. 241. Wer einen Anderen mit der Begehung eines Verbrechens bedroht, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten oder mit Geld⸗ strafe bis zu dreihundert Mark bestraft.

§. 247. Wer einen Diebstahl oder eine Unterschlagung gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, oder wer einer Person, zu der er im Lehrlingsverhältnisse steht, oder in deren häuslicher Ge⸗ meinschaft er als Gesinde sich befindet, Sachen von unbedeutenden Werthe stiehlt oder unterschlägt, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, welche von Verwandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos.

Diese Bestimmungen finden auf Theilnehmer oder Begünstiger, welche nicht in einem der vorbezeichneten persönlichen Verhältnisse steher, keine Anwendung.

§. 263. Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verschaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Thatsachen einen Irr⸗ thum erregt oder unterhält, wird wegen Betruges mit Gefänzniß bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, so⸗ wie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden.

Der Versuch ist strafbar.

Wer einen Betrug gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des An⸗ trages ist zulässig.

1

Sekundanten stattgefunden, um die Hälfte, jedoch nicht über

unechtes Stempelpapier, unechte Stempelmarken, Stempelblankette oder Stempelabdrücke für Spielkarten, Pässe oder sonstige Drucksachen oder Schriftstücke, ingleichen wer unechte Post⸗ oder Telegraphen⸗Freimarken oder gestempelte Briefcouverts in der Absicht anfertigt, sie als echt zu verwenden, oder

§. 292. Wer an Orten, an denen zu jagen er nicht berechtigt ist, die Jagd ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft.

Ist der Thäter ein Angehöriger des Jagdberechtigten, so tritt die G nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig.

§. 296 Wer zur Nachtzeit, bei Fackellicht oder unter Anwen⸗ dung schädlicher oder explodirender Stoffe unberechtigt fischt oder krebst, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Ge⸗ fängniß bis zu sechs Monaten bestraft.

§. 303. Wer vorsätzlich und rechtswidrig eine fremde Sache be⸗ schädigt oder zerstört, wird mit Geldstrafe bis zu Eintausend Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.

Der Versuch ist strafbar.

Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein.

Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen

verübt, so ist di

Zurücknahme des Antrages zulässig.

§. 319. Wird einer der in den §§. 316 und 318 erwähnten Anzestellten wegen einer der in den §§. 315 bis 318 bezeichneten Handlungen verurtheilt, so kann derselbe zugleich für unfähig zu einer Beschäftigung im Eiseubahn⸗ oder Telegraphendienste oder in be⸗ stimmten Zweigen dieser Dienste erklärt werden.

§. 321. Wer vorsätzlich Wasserleitungen, Schleusen, Wehre, Deiche, Dämme oder andere Wasserbauten oder Brücken, Fähren, Wege oder Schutzwehre oder dem Bergwerksbetriebe dienende Vor⸗ richtungen zur Wasserhaltung, zur Wetterführung oder zum Ein⸗ und Ausfahren der Arbeiter zerstört oder beschädigt, oder in schiffbaren Strömen, Flüssen oder Kanälen das Fahrwasser stört und durch eine dieser Handlungen Gefahr für das Leben oder die Gesundheit An⸗ derer herbeiführt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten be⸗ straft.

Ist durch eine dieser Handlungen eine schwere Körperverletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren, und wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren ein.

Die Kommission des Reichstages, welche sich mit dem Terrain für das künftige Parlamentsgebäude, sowie mit einigen baulichen Veränderungen an dem provisorischen Reichstags⸗ 85 zu beschäftigen hat, war, wie die „Nat. Ztg.“ mittheilt, gestern in Berathung getreten. Der z. Z. hier anwesende und als preußischer Abgeordneter auch für die nächsten Monate in Berlin verweilende Vizepräsident Prof. Dr. Hänel führte den Vorsitz. Wie man der „Nat. Ztg.“ mittheilt, zeigten sich die Schwierigkeiten in der Auf⸗ findung eines geeigneten Platzes in demselben Umfange wie bisher und die Kommission sah sich bereits genöthigt, von einigen bisher vorgeschlagenen Projekten abzusehen. Uebrigens hatte man beschlossen, über die Einzelheiten der Verhandlungen, sowie über die Beschlüsse der Kommission zunächst nichts an die Oeffentlichkeit gelangen zu lassen. Jedenfalls stehe fest, daß die Mitglieder mit Bestimmtheit der Ansicht sind, ihren Auftrag bis zur nächsten Session erledigen und durchaus annehmbare Vorschläge machen zu können. 8

chtmäßigen Ausübung seines Amtes durch Gewalt oder durch Be⸗

bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben ist in dem Urtheile zu bestimmem.

1“