1876 / 67 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 17 Mar 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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liche Positionen des Etats des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten waren hiermit genehmigt. Auf Antrag der Budgetkommission wurde bei Schluß des Blattes noch folgende Resolution angenommen: 1

„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern:

Bei der Aufstellung der Bauanschläge zugleich die Kosten der inneren Einrichtung und Ausstattung veranschlagen zu lassen und dem Landtage bei der Forderung der ersten Raten den festgestellten Gesammtanschlag vorzulegen.“

In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 14. d. M. hatte bekanntlich der Abg. Dauzenberg den Re⸗ ligionsunterricht in der Volksschule zur Sprache ge⸗ bracht, und den Standpunkt der Königlichen Staatsregierung in dieser Frage in einer längeren Rede angegriffen, die mit der Mahnung schloß, dem Staate zuzuweisen, was des Staats sei, aber auch der Kirche, was nur ihr gehöre, sonst würde ein trau⸗ riger Beweis gegeben sein für die schmerzliche Nothwendigkeit der Trennung des Staats von der Kirche. Der Staats⸗Minister Dr. Falk wies darauf in der in Nr. 65 d. Bl. veröffentlichten Rede die Forderungen des genannten Abgeordneten energisch zurück, und mehrere der heute vorliegenden auswärtigen Blätter sprechen dem genannten Abgeordneten ihren Dank aus, daß er dem Minister Gelegenheit gegeben habe, den Klerikalen zuzurufen: „Sie wollen als Preis des Kampfes die Schule. Nun, ich antworte Ihnen ganz einfach, diesen Preis bekommen Sie niemals.“

Die „Wes. Ztg.“ bespricht diesen Vorgang ebenfalls und bemerkt dabei u. A.: „Die Herren haben sich bereits so fest in den Gedanken eingelebt, sie seien die Gebieter, und die Königliche Regierung sei die Handlangerin des Papstes, daß sie es als eine Art von Hochverrath empfinden, wenn die weltliche Obrigkeit es wagt, sie zu behandeln wie jeden anderen Unter⸗ than.“ „Die römischen Parteigänger fühlen in der That so wie sie sprechen. Sie haben den Begriff des Staates voll⸗ ständig verloren; sie kennen den Staat gar nicht anders mehr als in der Gestalt einer der Kirche untergeordneten Maschinerie ... Man vergleicht den Kulturkampf mit einem Kampfe zwischen zwei Mächten, zwischen Deutschland und Frankreich zum Beispiel. Aber der Vergleich geht nicht weit genug. Wenn zwei weltliche Mächte mit einander Krieg führen, so erkennt jede der anderen das Recht zu, sich zu wehren. Die römische Kurie dagegen, indem sie den Staat bekriegt, bestreitet dem Staate das Recht der Nothwehr. Er soll die Hände in den Schooß legen und auf Verlangen ihr sogar die Waffen (Unterrichtsfreiheit u. dgl.) und die Schlüssel zu seinen Festungen (Aufsicht über die Volksschulen) ausliefern.“ ... „Gerade die aufrichtig gemeinten

Klagen der Ultramontanen über Tyrannei sind die schwersten

Zeugnisse für die Absolutheit derjenigen Tyrannei, der sie dienen und der sie Deutschland unterwerfen möchten. Er⸗ kennten sie nur bis zu einem gewissen Grade ein eigenes Recht

des Staates, so würden sie sich nicht darüber wundern, viel

weniger beschweren, daß der Staat sein Recht zu vertheidigen wünscht, daß er nicht seine festesten Positionen seinen erklärten Feinden einräumen will. Wir würden es nicht erleben, daß die nämlichen Männer, welche täglich und laut verkünden, daß sie in der Schule, in der Unterrichtsfreiheit das Mittel erblicken, den Staat zu besiegen, ebenso täglich und laut klagen, daß der Staat ihnen dies Mittel nicht gönne und sie von jedem Einfluß auf

die Schulen ausschließe.“

Die „Volkszeitung“ weist aus derselben Veranlassung in einem Artikel über die Autorität des Staates im Unterrichtswesen darauf hin, daß die volle Verantwortlichkeit für verbrecherische Handlungen nicht vor dem zurückgelegten 18. Lebens⸗

jahre eintrete. Daraus folge schon, daß man von

Staatswegen die Pflicht habe, jedes Institut zu über⸗ wachen, worin die Jugend bis zum 18. Jahre unter⸗ richtet wird. „Wären nun die katholischen Geistlichen geneigt, sich unbedingt der Ueberwachung zu unterziehen und der Staatspflicht vollauf zu genügen, so könnte man immerhin dieselben als Vollstrecker der Staatspflicht an⸗ erkennen. Dies aber ist nicht der Fall und kann solange nicht

der Fall sein, so lange sich die kirchlichen Obern dieser Staats⸗ pflicht entgegenstellen und den Geistlichen die Unterordnung unter den Staat als Sünde anrechnen. Da bleibt denn in der That nichts anderes übrig, als jede Art von Unterricht den Geistlichen zu entziehen und ihn nur Lehrern anzuvertrauen, die die volle Staatsautorität anerkennen.“

Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten erachtet es in einem Cirkularerlaß vom 8. d. M. gemäß §. 10 Absatz 1 des Gesetzes vom 20. Juni v. J. über die Vermögens⸗ verwaltung in den katholischen Kirchengemeinden für zulässig, daß dem zur Kassenverwaltung und zur Rechnungsführung von dem Kirchenvorstande gewählten Kirchenvorsteher eine fortlaufende Entschädigung (Remuneration) durch die Gemeindevertretung bewilligt werden kann, insofern die aus der Kassenverwaltung und der Rechnungsführung erwachsenden Mühewaltungen ihres Umfanges wegen oder aus anderen Gründen als außergewöhn⸗ liche zu erachten und dauernde sind. Auch sei nicht ausgeschlos⸗ sen, daß die gewährte Entschädigung in einem gewissen Prozent⸗ satz der Hebungen bestehe.

Ein Kreisausschuß hatte gegen eine Entscheidung des Königlichen Bezirks⸗Verwaltungsgerichts bei dem Minister des Innern Bedenken erhoben, weil in den Entscheidungsgründen die Ansicht ausgesprochen war, daß ein stellvertretender Gutsvorsteher, wie ihm die Legitimation abgehe, den Guts⸗ besitzer in Prozessen, in welchen Vermögensrechte des letzteren in Frage sind, zu vertreten, so auch insbesondere zur Bewilli⸗ gung dauernder Armenunterstützungen nicht be⸗ fugt sei. . Der Minister des Innern hat in dem hierauf erlassenen Bescheide vom 6. Januar d. J. nicht verkannt, daß die Anwendung dieser allgemeinen Grundsätze auf die Fälle des 8 63 des Ge⸗ setzes, betreffkend die Ausführung des Bundesgesetzes über den Unterstützungswohnsitz vom 8. März 1871, zu Zweifeln Ver⸗ anlassung giebt und zu Schwierigkeiten in der Handhabung des Armenwesens führen kann.

Nach dem zweiten Absatze des allegirten Paragraphen er⸗ scheinen die Vorstände der Ortsarmenverbände legitimirt, darüber, ob, in welcher Höhe und in welcher Weise Armenunterstützungen zu gewähren sind, Verfügungen zu treffen und sich auf die von Armen hiergegen erhobenen Beschwerden einzulassen.

Bei Regelung des äußeren Geschäftsganges bei den Depu⸗ tationen für das Heimathwesen sei daher daran festgehalten

worden, daß sich die Beschwerden der Armen nicht gegen die Ortsarmenverbände, sondern gegen die Vorstände derselben zu richten haben, und daß gegen die erstinstanzlichen Entscheidungen, außer den Armen, auch die Vorstände der Ortsarmenverbände Berufung einzulegen und hierdurch in der höheren Instanz eine Parteirolle zu übernehmen befugt sind. 1“

Infanterie,

§. 63 in Verbindung mit den §§. 2 und 7 des Gesetzes erhelle ferner, daß die Funktionen, welche das Gesetz vom 8. März 1871 den Vorständen der Ortsarmenverbände zu⸗ weist, soweit die Verwaltung der Armenangelegenheiten nicht anderweitig statutarisch geregelt sei, von den Vorständen der po⸗ litischen Gemeinden den Gemeinde⸗ und Gutsvorstehern wahrzu⸗ nehmen sind.

Der Unterschied, welcher zwischen den nach §. 63 zu be⸗ handelnden Angelegenheiten und den im Verwaltungsstreitver⸗ fahren zu erledigenden Streitigkeiten besteht, sei auf innere Gründe zurückzuführen. Während in den Fällen des §. 63, in denen auf die Beschwerden von Armen wegen ver⸗ sagter oder ungenügender Fürsorge der Ortsarmenverbände im geordneten Aufsichtswege Entscheidung getroffen wird, das öffent⸗ liche Interesse vorwiege, trete dagegen in den, dem Streitverfahren zugewiesenen Fällen, wo nach vorläufig geordneter Fürsorge für den Armen selbst, ein Armenverband einen anderen auf Er⸗ stattung von Kosten, bezw. auf Uebernahme eines Hülfsbedürf⸗ tigen oder die fürsorgepflichtigen, Verwandten eines Hülfsbedürf⸗ tigen auf Gewährung einer Unterstützung in Anspruch nimmt, das Vermögensinteresse der betreffenden Armenverbände in den Vordergrund.

Wenn nach diesen Erwägungen die Legitimation der Vor⸗ stände der Ortsarmenverbände, die letzteren in den wesentlich nach den Anforderungen der öffentlichen Ordnung und Wohl⸗ fahrt resp. der staatspolizeilichen Fürsorge zu entscheidenden Fällen des §. 63 den Armen und den Aufsichtsbehörden gegen⸗ über zu vertreten, füglich nicht in Zweifel gezogen werden könne, so werde hierdurch die Frage, ob die gedachten Vorstände inner⸗ halb ihrer Befugnisse im Verhältnisse zu den vertretenen Orts⸗ armenverbänden gehandelt haben, als eine innere Angelegenheit der Kommunalverwaltung oder des zwischen Gutsbesitzer und Gutsvorsteher bestehenden privatrechtlichen Verhältnisses selbst⸗ verständlich nicht berührt.

Der General⸗Major von Hartmann, Inspecteur der Kriegsschulen, ist nach beendigtem Urlaubahierher zurückgekehrt. 1 S. M. Aviso „Pr. Adler“ ist am 15. d. Mts. in Wilhelmshaven, S. M. S. „Arcona“ am 15. d. Mts. in Kiel in Dienst gestellt. —yy

„e Hechingen, 14. März. (Schw. M.) Die dreihundert⸗ jährige Jubelfeier der Fürstlichen Linie Hohenzollern⸗Sigma⸗ ringen ging, da der Fürst gewünscht, daß öffentliche Kundgebungen unterbleiben möchten, in aller Stille vor sich. Von den Städten Hechingen und Sigmaringen wurden Deputationen mit Ergeben⸗ heitsadressen abgeordnet, die Seitens der Fürstlichen Familie sehr wohlwollende Aufnahme fanden. Die Feier des hundert⸗ jährigen Geburtstages der Koͤnigin Luise von Preußen hat in sämmtlichen Schulen Hohenzollerns, in Sigmaringen auch in einer vom deutschen Verein veranlaßten Festversammlung in würdiger Weise stattgefunden. Die Neubauten des hiesigen Kreisgerichtes, die unserer Stadt zur besonderen Zierde gereichen, werden noch im Laufe dieses Jahres vollendet werden. Schon in diesem Frühjahr wird mit der inneren künstlerischen Aus⸗ schmückung (Wandgemälde und Büsten) begonnen werden. Als⸗ Geschenk des Fürsten von Hohenzollern wird Höchstdessen Büste, ausgeführt von dem Bildhauer Kauer in Kreuznach, im Audienz⸗ saal zur Aufstellung kommen.

Batzern. München, 15. März. (Allg. Ztg.) Der König hat hinsichtlich des Hofranges und des Hofzutritts von Militärpersonen bestimmt: 1) die sämmtlichen aktiven und inaktiven Generale und Stabsoffiziere sind hof⸗ und cortége⸗ fähig; ihr spezieller Rang am Königlichen Hofe bemißt sich nach den bisherigen einschlägigen Bestimmungen mit der einzigen Mo⸗ difikation, daß der General⸗Lieutenant, welcher ein Armee⸗Corps kommandirt, fortab unmittelbar nach den Generalen der Generalen der Kavallerie und Feldzeug⸗ meistern rangiren soll. 2) Die Hauptleute und Rittmeister, sowie die Subalternoffiziere genießen den Hofzutritt, wenn und insolange sie im aktiven Militärdienst verwendet sind. Außer Aktivität stehende Offiziere dieser Grade können den Hof⸗ zutritt im Wege besonderer, alljährlich durch die Kommandantur der Haupt⸗ und Residenzstadt zu vermittelnder Anmeldung er⸗ langen. Die mit den Kammern jüngsthin vereinbarten vier Gesetze werden heut im Gesetz⸗ und Verordnungsblatt publi⸗ zirt. Der kürzlich der Würde eines Königlichen Kämmerers entho⸗ bene mehrgenannte Freiherr E. v. Linden ist jetzt „auf Ansuchen“ auch des Offizierscharakters als Major à la suite enthoben worden. Gestern hat wieder eine Sitzung des Ministerrathes stattgefunden. Der Bischof von Passau, Weckert, war, der „Südd. Pr.“ zufolge, zu Anfang dieser Woche hier, um sich zur Eidesleistung bei Sr. Majestät dem König anzumelden.

Die „Augsb. Abdztg.“ vom 14. bringt folgenden Artikel aus München: „Die telegraphische Mittheilung der „Augsb. Postztg.“, daß der Herr Staats⸗Minister v. Lutz seine Ent⸗ lassung eingereicht habe, beruht auf Erfindung. Daß die klerikale Partei den Rücktritt besonders dieses Ministers wünscht, ist erklär⸗ lich; allein dieser Wunsch wird derselben so bald noch nicht erfüllt werden. Es ist in klerikalen Blättern ein beson⸗ deres Gewicht darauf gelegt worden, daß, wie diesel⸗ ben behaupten, unmittelbar nach dem Schlusse der vorletzten Kammersitzung und nachdem Herr Jörg in so parlamentarischer Weise „zur Geschäftsordnung“ gesprochen hatte, Herr Staats⸗ Minister v. Lutz mit dem Herrn Abgeordneten von Landshut ein Gespräch angeknüpft habe; der Vorgang verhält sich aber umgekehrt. Es war Herr Jörg, der im Vorübergehen den Staats⸗Minister angesprochen hat und zwar, wie Nahestehende genau vernehmen konnten, mit den Worten: „Excellenz! es thut mir leid, so gesprochen zu haben, allein Jeder wehrt sich eben seiner Haut!“ Erst hierauf sprach der Minister mit Herrn Jörg und hielt hierbei die von ihm eben in der Kammer gegebene Erklärung vollständig aufrecht.“

Württemberg. Stuttgart, 15. März. Der König hat heute den am hiesigen Hofe beglaubigten Königlich italie⸗ nischen Gesandten, Grafen Rati⸗Opizzoni, in Audienz empfangen, um dessen Abberufungsschreiben entgegenzunehmen.

Baden. Die „Karlsr. Ztg.“ enthält folgende Erklärung: „Die „Badische Korrespondenz“ fährt in ihrer scharfen Polemit gegen das sogenannte Pfarrdotationsgesetz und die ein⸗

zelnen Bestimmungen desselben ununterbrochen fort. Gegen ein

solches Verfahren wäre nichts einzuwenden bei einem systema⸗ tischen Gegner der Regierung, welcher um jeden Preis Ver⸗ werfung des Gesetzes, nicht Verständigung über dasselbe anstrebt. So finden wir es z. B. ganz begreiflich, daß, wie wir aus guter Quelle hören, die Kurie, welche die Annahme des Gesetzes durch die Kammern für wahrscheinlich hält, schon jetzt an entscheidender Stelle die Bitte vorgetragen hat, das Gesetz nicht zu sanktioniren. Von der großen Mehrheit der Zweiten Kammer erwarten wir,

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gegenüber eine lage der Regierung, auf welche diese nach wie vor einen entscheidenden Werth legt, ein anderes, auf wirkliche Verständigung innerhalb der wesent⸗ lichen sachlichen Bestimmungen des Entwurfs gerich⸗ tetes Verhalten beobachten wird. Einzelne, welche in sich individuell eine abweichende Ansicht festgestellt haben, werden in der politischen Gesammtsituation auch ihrerseits genügende Motive finden, um zu einer Verständigung in der angedeuteten Richtung mitzuwirken. Um so mehr bedauern wir, daß die „Badische Korrespondenz“ in ihrer neuesten Nummer apodiktisch erklärt: der „Revers der Geistlichen“ werde, obgleich mit der Regierung noch schlechthin kein Meinungsaustausch über das Gesetz statt⸗ gefunden, sicherlich abgelehnt werden. Der Revers kann mit Rücksicht auf die katholische Kirche ohne totale Umwandlung des Gesetzentwurfs in sein Gegentheil füglich nicht beseitigt werden. Die Beseitigung des Reverses heißt also nicht Verständigung, sondern Ablehnung des Gesetzes mit allen daran sich knüpfenden Konsequenzen. Wir hoffen, trotz der Sicherheit der „Badischen Korrespondenz“, es werde dahin nicht kommen.“

Hessen. Darmstadt, 15. März. Heute trat hier die ordentliche Landessynode wieder zusammen. Von allen heute der Synode gemachten Vorlagen war die wichtigste, die Summe zu bestimmen, bezw. die Anträge von Kirchenregiment und Ausschuß zu genehmigen, wie viel nach dem ermittelten Steuer⸗ Kapital aller Angehörigen der evangelischen Landeskirche auf den Gulden Kommunalsteuer⸗Kapital an Kirchensteuer gelegt wer⸗ den solle. Nach längerer Verhandlung wurden schließlich, nach⸗ dem von einem Mitgliede der Nachweis geführt worden war, daß die Steuer auf den Gulden Kommunalsteuer⸗Kapital nur 3 Pfennige, später noch weniger, betragen werde, so daß sie kaum nennenswerth sei, die Anträge fast einstimmig genehmigt.

Oldenburg. Oldenburg, 15. März. Die „Wes. Ztg.“ schreibt: Der Vortrag des Staats⸗Ministeriums an den Großherzog über die Auflösung des Landtages, welcher auf Höchsten Befehl an der Spitze des offiziellen Blattes ver⸗ öffentlicht ist, giebt eine entschiedene und unumwundene Er⸗ klärung über den von der Staatsregierung innegehaltenen Standpunkt. Bedeutsam ist vor Allem die Zurückweisung des vom Abg. Ahlhorn aufgestellten Grundsatzes, nach welchem der Staatsregierung keine andere Stellung zukommt, als die Be⸗ schlüsse einer Achtzehnermajorität ohne Widerrede auszuführen. Die versöhnliche Stimmung, welche in der stark besuchten Wahl⸗ versammlung der Stadt Oldenburg vom letzten Sonnabend so entschieden zum Durchbruch kam, wird sich ohne Zweifel auch des Landes bemächtigen, nachdem eine ruhigere Auffassung die unbefangene Prüfung des jetzt von allen Seiten hinreichend bei⸗ gebrachten sachlichen Materials über die Landtagsverhandlungen ermöglicht hat. J1“

Wien, 15. März. Die „Po⸗ litische Correspondenz“ schreibt: „Gegen die Konstituirung der evangelischen Gemeinden in Tirol ist u. A. auch an⸗ geführt worden, daß hierdurch ausländische evangelische Seel⸗ sorger zur Ausübung öffentlicher Funktionen in Oesterreich ge⸗ langen. Dies ist vollständig unrichtig. Ehedem konnten aller⸗ dings auch Ausländer als evangelische Seelsorger angestellt werden. §. 37 der unter dem Ministerium Belcredi zu Stande gekommenen evangelischen Kirchenverfassungläßt dies ausdrücklich zu. Dagegen wurden durch Art. 3 des Staatsgrundgesetzes über die allge⸗ meinen Rechte der Staatsbürger die öffentlichen Aemter, wor⸗ unter allerdings auch die der Seelsorger der anerkannten Kulte zählen, als nur österreichischen Staatsbürgern zugänglich erklärt, und das Kultus⸗Ministerium hat daher seither auch von den evangelischen Seelsorgern ausnahmslos den Nachweis der öster⸗ reichischen Staatsbürgerschaft verlangt. In Folge dessen ist denn mit der Konstituirung der zwei evangelischen Gemeinden in Tirol gerade das Gegentheil von dem eingetreten, was angegeben wird. Während beiden Gemeinden früher wo sie thatsächlich, wenn auch ohne staatliche Anerkennung und ohne öffentlichen Gottesdienst, be⸗ standen allerdings ausländische Geistliche vorstehen konnten, müssen dieselben jetzt zu ihrer Seelsorge österreichische Staats⸗ bürger berufen. Daß das österreichische Staatsinteresse in die⸗ ser Weise gewahrt wird, ist nicht eine Folge der Belcredi’schen Kirchenverfassung, die gerade das Gegentheil sanktionirte, sondern der in Tirol so vielfach angefeindeten Staatsgrundgesetze.“

Pest, 15. März. Im Abgeordnetenhause unterbreitete der Minister⸗Präsident das sanktionirte Gesetz über das Tabak⸗ Monopol. Dasselbe wurde promulgirt. Es folgte die Spezialberathung über die Dienstbotenordnung. Dieselbe gedieh bis zu §. 62. Sodann interpellirte Abg. Kukuljevies den Minister⸗Präsidenten, ob die Regierung nicht trachten wolle, den bosnischen Flüchtlingen die Möglichkeit zu verschaffen, in der Heimath, wohin man dieselben zurückschickt, ihr Leben zu fristen. Demnächst erneuerte der Abg. Szalay eine von ihmn vor zwei Monaten an den Minister⸗Präsidenten gerichtete Interpellation wegen eines Vorfalles, wobei ein Offizier den Civilbehörden Widerstand leistete. Der Minister⸗Präsident verhieß, diese Inter⸗ pellationen bald zu beantworten.

Das Oberhaus erledigte den Gesetzentwurf über die Steuermanipulation bis zu §. 53.

Schweiz. Bern, 14. März. Der von dem Berner De⸗ putirten Hofer im Ständerath gestellte Antrag, den Bundes⸗ rath zur beförderlichen Berichterstattung über den finanziellen Stand des Gotthardbahn⸗Unternehmens einzuladen, kam heute zur Berathung. Der Bundes⸗Präsident Welti verwies den Antragsteller auf den jüngsten Finanzbericht der Direktion, den er vor seiner eigenen Berichterstattung, welche übrigens den betreffenden Kantonen und Gesellschaften mittels eines bundes⸗ räthlichen Schreibens am 11. v. M. angekündigt worden sei, habe genau prüfen lassen. Die Bezeichnung des Zeitpunktes, wann er diese seine eigene Berichterstattung ablegen könne, müsse er sich vorbehalten. Eine neue Finanzirung des Unternehmens sei nur durch das Zusammenwirken der betheiligten Staaten möglich, dazu aber seien Unterhandlungen über verschiedene Punkte noth⸗ wendig, welche ohne Verletzung wichtiger Landesinteressen zur Stunde nicht öffentlich diskutirt werden können. Die Motion wurde scheießlich, nachdem sich die Versammlung durch die Er⸗ widerung zufriedengestellt erklärt hatte, wie bereits telegraphisch gemeldet, von ihrem Urheber zurückgezogen.

Belgien. Brüssel, 12. März. (A. Z.) Die Berathung des neuen Gesetzes, betreffend die zur Ausübung der sogenannten liberalen Professionen erforderlichen akademischen Prü⸗ fungen, sowie die Einrichtung der mit Vornahme derselben zu befassenden Staatsjuries wird noch eine Reihe von Sitzungen der Kammer der Abgeordneten in Anspruch nehmen. Zu der Regierungsvorlage ist eine große Anzahl von Amendements

Oesterreich⸗Ungarn.

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eingebracht worden, welche zu großem Theile darauf hinaus⸗ gehen, die Ausübung der liberalen Professionen freizugeben und nicht mehr von einem Staatsdiplom abhängig zu machen. Letztere Reform, welche auf beiden Seiten des Hauses Unter⸗ stützung findet, hat namentlich in Frére⸗Orban einen beredten Fürsprecher erhalten. Sein Projekt betrifft die Einsetzung eines aus sechzehn Mitgliedern bestehenden „Conseil Professionnel“, welches die Aufgabe hätte, nach vorgängiger Untersuchung über gehörigen Gymnasial⸗ und Universitätsbesuch im Namen des Staats die Ermächtigung zur Ausübung gewisser liberalen Professionen zu ertheilen. Die Reform verfolgt das Ziel, durch Beseitigung der bestehenden Examensvorschriften das wissenschaft⸗ liche Streben wie das gesellschaftliche Interesse zu fördern. Der Senat hat gestern die Berathung des Budgets des Innern begonnen. Am 9. fand am Königlichen Hofe zu Ehren des neu accreditirten deutschen Gesandten Grafen von Brandenburg ein Galadiner statt.

Großbritannien und Irland. London, 16. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses wurde nach einer lebhaften sechsstündigen Debatte über den Gesetzentwurf, welcher die Königin ermächtigt, den Titel „Kaiserin von Indien“ den übrigen Königzlichen Titeln hinzuzufügen, mit 305 gegen 200 Stimmen beschlossen, zur Spezialberathung der einzelnen Paragraphen des Gesetz⸗ entwurfs überzugehen. Somit war das von Hartington im Namen der liberalen Partei gestellte Amendement, welches sich gegen den Titel „Kaiserin von Indien“ erklärte, verworfen.

Italien. Rom, 16. März. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer legte zunächst der Minister des Auswärtigen den Handelsvertrag mit Paraguay vor, hierauf gab der Minister⸗Präsident und Finanz⸗Minister Minghetti sein finanzielles Exposé. Nach demselben schloß das Finanzverwaltungsjahr 1875 mit einer Differenz von nur 28 Millionen zwischen Kasseneingängen und geleisteten Zahlungen, anstatt des Betrags von 77 Millionen, den man hierfür in Aus⸗ sicht genommen hatte, und obschon die Kammer nach erfolgter Genehmigung des Budgets noch weitere 15 Millionen mehr zum Bau von Eisenbahnen und 6 Millionen Rente an Stelle römischer Obligationen bewilligt hatte. Der Minister wies dem⸗ nächst nach, auf welche Weise man wegen jener 28 Millionen vorgesorgt habe, und knüpfte daran eine Uebersicht der Einnah⸗ men und Ausgaben von 1875, woraus sich ergebe, daß der Er⸗ trag aller Abgaben in stetem Wachsen begriffen sei und daß auch Ersparnisse im Betrag von 20 Millionen hätten gemacht werden konnen. Die finanzielle Lage habe sich in Folge dieser Umstände den Voranschlägen gegenüber um 50 Millionen ver⸗ bessert und zwar durch 30 Millionen Mehreinnahmen gegen⸗ über dem Voranschlag und durch die gemachten Ersparnisse im Be⸗ trag von 20 Millionen. Der Minister ging demnächst auf das definitive Budget von 1876 über, erörterte, ob außer den in das Budget eingestellten Ausgaben, unter denen sich die Zinsen für das Eisenbahnbaukapital bereits befinden, noch andere Aus⸗ gaben nothwendig werden könnten, und kam zu dem Schlusse, daß das Budget von 1870 den Ausgaben gegenüber eine Mehr⸗ einnahme von 10 Millionen ergeben werde. Auch bei der Staatsschatzverwaltung werde der Dienst im Jahre 1876 geführt werden können, ohne daß man von der Kammer weitere Maß⸗ regeln zu beantragen nöthig haben werde. Hierauf legte der Finanz⸗Minister das Budget von 1877 vor, das in Einnahme 1305, in Ausgabe 1290 Millionen aufweist, mithin einen Aktivüberschuß von 15 Millionen ergiebt. Der Minister hobd dabei hervor, daß darin inbegriffen sind 15 Millionen für den Bau von Eisenbahnen, durch welche die Ueberschüsse sich noch erhöhen würden. Die Eventualität, daß die außerordentlichen SEinnahmen in Zukunft etwa sich mindern und daß neue Aus⸗ gaben nothwendig werden könnten, werde durch die naturgemäße Zunahme des Abgabenertrages paralysirt, eine Zunahme, von welcher die Erfahrung der letzten 3 Jahre lehre, daß sie bedeutend und progressiv steigend sei. Endlich müsse man auch das muthmaßliche finanzielle Ergebniß der neuen Handels⸗ verträge in Betracht ziehen, die voraussichtlich nicht nur dem Staatsschatze von Nutzen sein, sondern auch den wirthschaftlichen Interessen des Landes Vortheil bringen würden. Nachdem der Minister noch hervorgehoben hatte, daß das Verdienst, die künf⸗ tigen finanziellen Verhältnisse gesichert und befestigt zu haben, eben sowohl der günstigen Stimmung und Lage des italieni⸗ schen Volks, wie den beständigen Bemühungen des Par⸗ laments gebühre, kam derselbe endlich auf den Ankauf der italienischen Bahnen, theilte über die bezüglichen Verhand⸗ lungen das Erforderliche mit und bestätigte, daß die Belastung des Schatzes wegen des Ankaufs der römischen Bahnen 5 ½ Millionen betrage, während durch den Ankauf der Südbahn der Staatsschatz gar nicht velastet werde. Der Minister berechnete, daß die Belastung für die oberitalienischen Bahnen im Ganzen auf 6 Millionen sich belaufen werde, daß man aber große Vortheile durch eine Abänderung des Tarifs und durch die Entwickelung des Handelsverkehrs werde herbeiführen können. Die Exploiti⸗ rung der Eisenbahnen sei seiner Ansicht nach der Regierung zu überlassen, mit derselben könne auch ohne irgend welche Störung für die bestehenden Eisenbahnverwaltungen und ohne Präjudiz für die Zukunft begonnen werden, wenn die Regierung sich ver⸗ pflichte, innerhalb einer Frist von zwei Jahren eine Vorlage be⸗ züglich der definitiven Organisation vorzulegen, wobei das finan⸗ zielle Ergebniß ins Budget aufgenommen werde.

Die italienische Kammer hat die Thronrede mit folgender Adresse beantwortet:

„Sire! Die erhabenen Worte Ew. Majestät erheben immer die Herzen der Vertreter der Nation. Die Sprache, welche in den Tagen der Trauer geeignet war, den Glauben und die Hoffnung in die Zukunft des italienischen Vaterlandes zu kräftigen, bestärkt heute un⸗ seren Vorsatz, diese Zukunft immer sicherer und dauerverheißender zu

estalten.

8 Die wichtigen Fragen des Ankaufs der Eisenbahnen und der Reviston der Verzehrungssteuer, auf welche Ew. Majestät unsere Auf⸗ merksamkeit lenken, werden Gegenstand unserer ernsten Studien sein und wir werden bei Prüfung derselben jene Ausdauer und jenen Eifer bekun⸗ den, welche uns die Sorge für die Interessen des Landes einflößt, und der feste Entschluß, das Gleichgewicht im Staatshaushalte wiederherzustellen und jene Grundsätze der Freiheit unangetastet zu er⸗ halten, von denen unsere gesammte Gesetzgebung durchtränkt ist und deren Verwirklichung einen der großen Ruhmestitel der Regierung Ew. Majestät bildet. 1 8 8

Nicht geringere Sorgfalt werden wir unsererseits verwenden auf die Gesetzesvorlagen über die Regelung des Justizwesens, des Volks⸗ unterrichts und der Steuer⸗ und administrativen Reform, welche Ew. Majestät Ihrer Regierung uns wieder vorzulegen befoclen haben.

Die Fortschritte, welche unser Heer, wie Ew. Majestät mit wohlbegründetem Beifalle hervorhoben, in den Instruktionslagern ge⸗ macht hat, beweisen dem Parlamente, daß einer seiner heißen Wünsche ecfüllt wird und daß sich auf diese Weise der Alllerhöchste Wunsch

Ew. Mazjestät 8 rechtigte . Streirkräfte zu geben, welche die Unabhänzigkeit unangetastet erhalten

erfüllt, Italien das

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berechtigte Vertrauen

und Gewähr bieten für den Schutz einer selbständigen Politik. Wir werden in unserer Sache nicht erschlaffen und den gerechten Wunsch Ew. Majestät unterstützen, daß auch in gleich liebevoller Weise die Marine entwickelt werde, welche so mächtigen Antheil hat an der Vertheidigung und an der Größe der Nation.

haben einen glänzenden Ausdruck erhalten in dem Besuche, welchen Ew. Majestät im April des verflossenen Jahres vom Kaiser von Oesterreich-Ungarn und im Oktober des verflossenen Jahres vom Kaiser von Deutschland erhalten haben. Die herzliche Gastfreundschaft, welche Ew. Majestät den beiden befreundeten Souveränen bewiesen, entspricht volständig den Wünschen und den Gefühlen Italiens. Venedig und Mailand waren die würdigen Dolmetscher der Gefühle Ew. Majestät und derjenigen der ganzen Nation. Die Erlauchten Besuche und die prächtigen Empfangsfeierlichkeiten sind Gegenstand der Befriedigung und des Stolzes für Sie, Sire, und für Italien und eine neue und wirkunzsvolle Bürgschaft des europäischen Friedens.

Indem Ew. Majestät an den Verhandlungen der Garantiemächte für die Integrität des Ottomanischen Reiches sich mitbetheiligt haben, baben Sie zugleich dem Gedanken Rechnung getragen, die Ruhe des Orients zu erhalten und das Schicksal der christlichen Bevölkerungen desselben zu verbessern. Die günstige Aufnahme der Vorschläge,

welche schließlich gemacht wurden, von Seite des Sultans, bezeugt die Deferenz, mit welcher allerwärts die Worte des ersten Königs von Italien aufgenommen werden.

Sire! Italien hat Dank sei dafür Ew. Majestät seine Pflichten gegenüber der Civilisation wieder aufgenommen, indem es ein En e machte jener Herrschaft, welche die unbedingte Verneinung dieser Civilisation selbst ist; aber damit sind seine Pflichten noch nicht alle erfüllt. Es ist eine Großmacht geworden und muß mit den befreundeten Regierungen Sorge tragen für die Aufrechterhaltung des Friedens. Wir geben uns der Zuversicht hin, daß unser Vater⸗ land nicht mehr in der Erfüllung dieser Pflicht beirrt werde und daß es, unter der Führung Ew. Majestät, seine freien Institutionen und seine Wohlfahrt entwickelnd, auch fernerhin seinen Einfluß geltend machen könne in der Weise, indem es immer mehr an Ansehen und Vertrauen gewinnt bei den civilisirten Nationen.“

Rußland und Polen. St. Petersburg, 13. März. Die heutige Ausgabe des „Praw. Westn.“ enthält den Aller⸗ höchsten Befehl vom 19. Februar (2. März), durch welchen das ehemalige Chanat Kokand unter dem Namen „Ferghana⸗ Gebiet“ dem russischen Reiche einverleibt wird. Der Befehl lautet: 1) Das neuerdings von den russischen Truppen besetzte Territorium, welches bis zum vergangenen Jahre 1875 das Chanat Kokand bildete, in das Gebiet des russischen Reiches einzuverleiben und das Gebiet Ferghan aus demselben zu bilden. 2) Dem General⸗Gouverneur von Turkestan zu überlassen, die Administration in die⸗ sem neuen Gebiet unter Berücksichtigung der gegenwär⸗ tigen Lage und der Lokalverhältnisse in Form einer zeit⸗ weiligen Maßregel in der Weise zu organisiren, wie sie in den Gebieten Serawschan und Amu⸗Darja eingeführt war. Seiner Zeit ist diese zeitweilige Verordnung zur Allerhöchsten Bestätigung vorzulegen. 3) Die Kosten der Verwaltung des neuen Gebiets aus den von der Bevölkerung desselben zu er⸗ wartenden Einnahmen zu decken und der Rechnungsführung dieselben Prinzipien zu Grunde zu legen, wie sie für die Ein⸗ nahmen der Gebiete Amu⸗Darja, Kuldsha und Serawschan be⸗ standen.

Schweden und Norwegen. Christiania, 11. März. Das Storthing genehmigte in seiner heutigen Sitzung ein⸗ stimmig und ohne Debatte auf den Antrag des Zollcomités eine Veränderung in dem zwischen Schweden und Norwegen und Italien bestehenden Handels⸗ und Schiffahrts⸗ traktat.

Dänemark. Kopenhagen, 16. März. Auf der Tages⸗ ordnung des Landsthinges stand gestern die erste Lesung des Gesetzentwurfes, betreffend die Organisation des Heeres. Die Verhandlungen wurden vondem Kriegs⸗Minister eröffnet, welcher daran erinnerte, daß, obwohl der Gesetzentwurf dem Reichstage schon viermal vorgelegt worden, es in diesem Jahre doch das erste Mal sei, daß derselbe an das Landsthing gelangt sei. Der Minister kritisirte die vom Folkethinge an dem ursprünglichen Entwurf vorgenommenen Veränderungen. Der vom Folkethinge angenommene Gesetzentwurf könne auf keine Weise die Forderungen, welche an das Heer gestellt werden müßten, befriedigen; es sei ihm unmöglich, auf denselben einzugehen, da derselbe keinen hinreichenden Schutz gewähre. Die minder wesent⸗ lichen Uebereinstimmungen zwischen der Minorität des Folkethinges und ihm glaubte der Minister dagegen durch nähere Verhandlungen ausgleichen zu können. Er wünschte, daß Einigkeit erlangt wer⸗ den möge über diese für das Land so wichtige Sache, und bat schließ⸗ lich das Landsthing, den Gesetzentwurf einer gründlichen Be⸗ rathung zu unterwerfen. Nach längerer Debatte genehmigte das Thing den Uebergang des Gesetzentwurfes zur zweiten Lesung einstimmig und überwies denselben auf Plongs Antrag dem Befestigungsausschusse. Das Folkething erledigte gestern einige kleinere Gesetzentwürfe und er⸗ theilte für die Staatsrechnungen der Finanzjahre 1872/73 und 1873/,74 Decharge. In einer außerordentlichen Nach⸗ mittagssitzung wurden vom Minister des Innern im Namen des im Landsthinge anwesenden Kriegs⸗Ministers zwei Gesetz⸗ entwürfe vorgelegt, von welchen der eine die Errichtung eines Uebungslagers bei Hald in Jütland und der andere eine interimistische Abweichung von §. 90 des Heergesetzes betrifft.

In den vergangenen 11 Monaten des Finanzjahres 1874/75 sind zufolge der „Ministerialtid.“ eingegangen an Ein⸗ fuhrzoll und Stempelabgaben von Spielkarten 17,661,324 Kronen gegen 16,163,823 Kronen in dem entsprechenden Zeit⸗ raume des vorigen Finanzjahres, Packhausmiethe 60,514 Kronen gegen 57,591 Kronen, Schiffsabgaben, worunter Schiffs⸗ vermessungsgebühren, 781,631 Kronen gegen 679,678 Kronen, Branntweinsteuer 2,296,385 Kronen gegen 2,245,192 Kronen, diverse Einnahmen 93,414 Kronen gegen 83,148 Kronen. Nach Abzug der Bonifikationen betragen die Einnahmen aus den allgemeinen Zoll⸗, Branntwein⸗ und Schiffsabgaben 20,571,974 Kronen gegen 18,951,118 Kronen, also eine Mehreinnahme von 1,620,856 Kronen, was einer Verbesserung des Status im Februar um 240,849 Kronen entspricht. In dem⸗ selben Zeitraume hat die Kriegssteuer nach Abzug der Bonisi⸗ kationen eingebracht: Zölle 2,130,887 Kronen gegen 1,972,223 Kronen, Branntweinsteuer 1,129,920 Kronen gegen 1,102,215 Kronen, zusammen 3,260,807 Kronen gegen 3,074,438 Kronen, mithin beträgt die Mehreinnahme 186,369 Kronen, wodurch der Status im Februar um 72,884 Kronen verbessert wird. Die Gesammteinnahme aus allen Zoll⸗, Branntwein⸗, und Schiffs⸗ abgaben betrug Obigem zufolge 23,832,781 Kronen gegen 22,025,556 Kronen, mithin eine Gesammtmehreinnahme von 1,807,225 Kronen, was eine Verbesserung des Status im

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ebruar im Ganzen um 313,733 Kronen h.

in seine

Die freundschaftlichen Beziehungen mit den auswärtigen Mächten

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Amerika. Havanna, 15. März. (W. T. B.) Das Freibeuterschiff „Octavia“ ist in den Gewässern der Antillen von spanischen Kriegsschiffen genommen worden.

Asien. (Allg. Ztg.) Die spanischen Autoritäten in Ma⸗ nila beschlossen, eine Expedition gegen die Piraten von Sulu auszurüsten. Diese Piraten sind mohammedanische Ma⸗ lahen, welche die Archipele von Sulu und Tawi⸗Tawi in Austra⸗ sien bewohnen und alle benachbarten Inseln plündern. Es sind dieselben, welche auch die österreichische Korvette „Erzherzog Friedrich“ in den Gewässern von Borneo insultirt hatten. Diese Thatsache wird im „Diario de Manila“ unter den Motiven angeführt, welche die spanischen Behörden zu dem erwähnten Entschlusse bewogen haben. Das „Diario“ sagt in dieser Beziehung: „Der österreichische Kommandant hatte die Absicht, Kohlen zu suchen und dann zum Schauplatz der Insulte zurückzukehren, um die Schuldigen zu bestrafen, aber er erhielt in Sarawak telegraphische Instruktionen von seiner Regierung, die Wiedervergeltung aufzuschieben wahrscheinlich weil der Marine⸗Ober⸗Kommandant in Wien wohl weiß, daß die Armirung einer Korvette ungenügend ist, um in ensprechen⸗ der Weise eine so grausame Insulte zu bestrafen.“ Und an einer anderen Stelle heißt es im „Diario“: „Die früher ge⸗ nannten Inseln von Sulu und Tawi⸗Tawi sind wahre Nester von Raubvögeln, welche in energischer und furchtbarer Weise gezüchtigt werden müssen. Wir hoffen, daß die österreichische Regierung, zu welcher Spanien in freundschaftlichen Beziehungen steht, in kurzer Zeit die vollste Genugthuung erhalten wird, welche sie nur wünschen kann.“ Wir lesen ferner im „Diario“: „Es herrscht große Thätigkeit in allen militärischen Departements in Bezug auf die Expedition gegen Sulu. Die verschie⸗ denen Corps, welche die Garnison ausmachen, werden jeden Abend gemustert. Die Gebirgs⸗ und die Fuß⸗Artille⸗ rie wie auch die Kavallerie werden auf der Ebene von Bogumbayan und andere Regimenter auf den Esplanaden vor ihren respektiven Quartieren exerzirt. Wir haben ersahren, daß ein englisches Panzerschiff in Bälde in unserer Bucht ankommen wird, um unseren Operationen in Sulu beizuwohnen.“ Die Journale von Manila erklärten: „Nur eine Eroberung und per⸗ manente Besetzung der Inseln Sulu und Tawi⸗Tawi könne der Seeräuberei in jenen Gewässern ein Ende machen.“

der Deutschen Reichs⸗ ng“ hat folgenden Inhalt: 8 7

Die Nr. 23 des „Amtsblatts DPost⸗ und Telegraphen⸗Verwalt Verfügungen: vom 10. März 1876: Fortfall der Aufgabenummern bei den Werthbriefen, vom 10. März 5: Wiegen der Geldbande in den Bahnposten bei dem Verkehr mit Bayeran und Württemberg, vom 11. März 1876: Umwandlung der Beträge auf Postanweisungen nach Großbritannien und Irland, sow e nach Ostindien, Süd⸗Austra⸗ lien und Queensland, vom 12. März 1876: Hebung von Störungen der Telegraphenleitungen. Bescheidungen: vom 8. März 1876: Aus⸗ händigung von Telegrammen in Abwesenheit des Empfängers.

Die Nr. 5 des „Marine⸗Verordnungs⸗Blatts“ hat folgenden Jahalt: Gerichtsbarkeit der Kommandanten der mit ver⸗ minderter Besatzung im Reserve⸗Verhältniß befindlichen Schiffe. Einführung der Personalbvogen in der Marine. Bildung eines Torpedo⸗Personals. Deklaration der Bestimmung in der Vei⸗ lage 6 unter Bemerkungen zu 11 B. des Friedens⸗Gekkverpflegungs⸗ Reglements. Zusammenstellung der Aenderungen, welche die unterm 19. Januar 1875 für die Marine Allerhöchst genehmigten Vorschriften über Einrichtung und Ausstattung der Kasernen fortan erleiden. Noten der bisherigen Preußischen Bank. Zusatz zur Hafenordnung für die Rhede und den Kriegshafen von Wilhelmshaven. Verpacken der Reichsmünzen. Bekanntmachung der Lebens⸗Versicherungs⸗ Anstalt für die Armee und Marine. Verwendung von Texppichen aus Brüssel⸗Stoff für die Kommandanten⸗Kajüten. Aufbraunch von Messegeräthen alten Modells. Einlösung von Papiergeld der Preußischen Monarchie. Benach⸗ richtigungen.

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Personal Veranderungen.

Statistische Nachrichten.

Die General⸗Direktion der Zölle und indirekten Steuern in Straßburg hat eine Uebersicht der Ein⸗ und Ausfuhr der hauptsächlichsten Waarenartikel bei dem Verkehr von Elsaß⸗Lothringen mit dem Zollausland im Jahre 1875 veröffentlicht. Darnach war die Einfuhr der wichtigeren Wagren (im Vergleich mit 1874) folgende: rohe Baumwolle 367,753 Ctr. (s— 167,709 Ctr.), Baumwollengarn 9357 Ctr. (+ 1187 Ctr.), Baum⸗ wollenwaaren aller Art 6836 Ctr. (—58 Ctr.), Farbhölzer 17,041 Ctr. (— 10,662 Ctr.). Indigo 1447 Ctr. (+ 168 Ctr.), Roheisen 184,818 Ctr. (— 107,748 Ctr.), Eisenbahnschienen 65,187 Ctr. (+ 63,366 Ctr.), ganz grobe Eisenwagren 101,792 Ctr. (— 41,464 Ctr.), grobe Eisen⸗ und Stahlwaaren 55,742 Ctr. (+. 899 Ctr.), Eisenerze 1,456,241 Ctr. (+ 450,357 Ctr.), Weizen 593,541 Ctr. und 7076 Hektoliter (+ 269,507 Ctr. uad 7076 Hektoliter), Roggen 730,611 Ctr. und 1183 Hektoliter ( 24,077 Ctr. und 1183 Hektoliter), Oel⸗ sämereien 14,154 Ctr. (+ 6734 Crr.), rohe Häute und Felle zur Lede bereitung 56,123 Ctr. (— 15,827 Ctr.), Leder 10,962 Ctr. (+. 2015 Ctr.), rohes Leinengarn, Maschinengespinnst 8754 Ctr. (— 1230 Ctr.), Wein in Fässern 274,140 Ctr. (—71,756 Ctr.), Wein in Flaschen 8191 Ctr. (— 797 Ctr.), Batter 16,541 Ctr. (+. 117 Ctr.), Heringe 7177 To. (+ 1129 To.), roher Kaffee 50,664 Ctr. (+ 10,202 Ctr.), Käse 25,362 Ctr. (+ 706 Ctr.), geschälter Reis 44,158 Ctr. (— 8017 Ctr.), Salz 143,704 Ctr. (+ 11,184 Ctr.), raffinirter Zucker 195,217 Ctr. (s— 17,303 Ctr.), Baumöl in Fässern 6880 Ctr. (+851 Ctr.), Leinöl in Fässern 11,017 Ctr. (—133 Ctr.), Talg 21,335 Ctr. (—8129 Ctr.), Seidenkokons und Rohseide 18,950 Ctr. (+ 4555 Ctr.), Seiden⸗ und Halbseidenwaaren 1964 Ctr. (— 61 Ctr.), Schweine 25,671 Stück (— 19,840 Stück), rohe Schafwolle 67,212 Ctr. (+ 7810 Ctr.), rohes Wollengarn 15,030 Ctr. (+– 244 Ctr.), Wollenwaaren 15,507 Ctr. (+ 726 Ctr.). Bei der Ausfuhr aus dem freien Verkehr des deutschen Zollge⸗ bviets über die elsaß lothringische Grenze gegen das Ausland kommen für 1875 folgende wichtigere Artikel in Betracht: Lumpen 30,607 Ctr. (+ 18,675 Ctr.), Baumwollengarn 31,509 Ctr. (21,032 Crr.), Baumwollenwaaren 66,489 Ctr. (— 12,084 Ctr.), rohe Sod 4582 Ctr. (—5481 Ctr.), Roheisen 228,130 Ctr. (+ 75,613 Ctr.), Eisenbahnschienen 144,702 Ctr. (s— 258,115 Ctr.), ganz grobe Eisen⸗ waaren 90,195 Ctr. (— 8124 Ctr.), Eisenerze 192,064 Ctr. (+ 67,761 Ctr.), Weizen 281,014 Ctr. (— 62,479 Ctr.), Hülsenfrücht 44,013 Ctr. ( 28,537 Ctr.), rohe Häute 66,004 Ctr. (— 10,879 Ctr.), Leder 17,045 Cfr. (+ 2786 Ctr.), Branntwein 28,092 Ctr. und 400 Hektoliter (— 23,781 Ctr. und 400 Hektoliter), Käse 20,793 Ctr. (+. 18,254 Ctr.), unverarbeitete Tabaksblätter 99,461 Ctr. . 39,495 Ctr.), Rohseide 9772 Ctr. (+ 6809 Ctr.), Seiden⸗ und Halbseiden⸗ waaren 1329 Ctr. (+ 597 Ctr.), Steinkohlen 14,960,924 Ctr. (+3,517,653 Ctr), rohe Schafwolle 34,580 Ctr. (s—38,201 Ctr.), Wollengarn 3502 Ctr. (— 20,378 Ctr.), Wollenwaaren 27,233 Ctr.

4447 Ctr.). 8 Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 5. März bis incl. 11. März cr. zur Anmeldung gekommen: 157 Che⸗ schließungen, 862 Lebendgeborene, 37 Todtgeborene, 452 Sterbefälle.

Im Verlage von J. Bädeker in Iserlohn ist soeben eine „Statistische Beschreibung des Kreises Iserlohn“ er⸗ schienen, zusammengestellt von Overweg, Königlicher Landrath

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