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Nichtamtliches. Deutsches Neich.
Preußen. Berlin, 18. März. Se. Majestät der
Kaiser und König nahmen heute die Meldung des Prinzen Friedrich Wilhelm zu Hohenlohe entgegen und ließen Sich von dem Vize⸗Präfidenten des Staats⸗Ministeriums, Finanz⸗Minister Camphausen, Vortrag halten. Nach den militärischen Meldun⸗ gen hörten Se. Majestät die Vorträge des Militärkabinets und demnächst des Geheimen Civilkabinets.
— Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin empfing heute den Besuch Sr. Hoheit des Erbprinzen und Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Erbprinzessin von Hohenzollern.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz begab Sich gestern Vormittags 11. Uhr zur Schnepfenjagd nach dem Forstrevier Spandau und kehrte Nach⸗ mittags 4 ½ Uhr wieder hierher zurück. Um 4 ¼ Uhr empfing Höchstderselbe den Ober⸗Bürgermeister Koch aus Leipzig. Abends 9 Uhr begrüßte Se. Kaiserliche Hoheit der Kronprinz Se. Hoheit den Erbprinzen und Ihre Königliche Hoheit die Erbprinzessin von Hohenzollern nach deren Ankunft im Königlichen Schlosse.
— Zu dem bevorstehenden Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers und Königs werden am hiesigen Allerhöchsten Hofe, außer den bereits erwähnten Fürstlichen Herrschaften, noch erwartet: am 19. März Se. Königliche Hoheit der Landgraf Friedrich von Hessen; am 20.: Se. Hoheit der Herzog von Sachsen⸗Meiningen, Se. Durchlaucht der Fürst und Ihre Groß⸗ herzogliche Hoheit die Fürstin zur Lippe, Ihre Durchlauchten der Erbprinz und die Erbprinzessin von Schwarzburg⸗Sonders⸗ haufen; am 21. d. M.: Se. Durchlaucht der Fürst Reuß altere Linie. Außerdem wird dem Eintreffen Sr. Großherzog⸗ lichen Hoheit des Prinzen Ludwig von Hessen entgegengesehen.
— In der gestrigen Abendsitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische die Staats⸗Minister Dr. Achenbach und Dr. Friedenthal mit mehreren Regierungs⸗ kommissarien beiwohnten, stand auf der Tagesordnung die zweite Berathung der an die Budgetkommission verwie⸗ senen Theile des Etats, darunter zunächst das Kap. 99. des Etats des Ministeriums des Innern: Land gensd'armerie.
Bezüglich der Besoldung des Adjutanten und der 44 Distrikts Offiziere ist die neue Bestimmung hinzugefügt: und zwar a. 15 Stellen à 5100 ℳ mit der Charge eines Majors, b. 15 Stellen à 4050 ℳ mit der Charge eines Hauptmanns I. Klasse, c. 15 Stellen à 3000 ℳ mit der Charge eines Hauptmanns II. Klasse. Die Kommission beantragte: '1) bei diesem Titel im Texte die Worte von „und zwar“ bis „eines Hauptmanns II. Klasse“ zu streichen; 2) im Uebrigen Titel 1 Kapitel 99 zu bewilligen; 3) die Königliche Staatsregierung zur anderweiten Ordnung der Pensionsverhältnisse der Gensd’armerie⸗ Offiziere im Wege der Gesetzgebung aufzufordern.
Nachdem der Regierungs⸗Kommissar den Standpunkt der Regierung motivirt hatte, empfahl Abg. Dr. Hammacher den Antrag zu 3 der Kommissionsvorschläge, während der Ge⸗ heime Ober⸗Finanz⸗Rath Hofmann für die unveränderte An⸗ nahme der Etatposition eintrat. Der Abg. v. Benda meinte, daß möglicher Weise die Budgetkommission zu anderen Beschluͤs⸗ sen gekommen wäre, wenn die heute Seitens der Regierungs⸗ Kommissarien abgegebenen Erklärungen schon in der Kommission erfolgt wären.
Nachdem der Referent Abg. Kieschke die Anträge der Bud⸗ getkommission nochmals zur Annahme empfohlen hatte, wurden die Anträge der Budgetkommission angenommen.
Aus dem Etat für Handel, Gewerbe und Bauwesen war der Titel 2 des Kapitels 66 der Kommission überwiesen worden. Diese beantragte, statt der dort vorgeschlagenen „212 Bauinspektoren“ zu setzen: „208 Bauinspektoren“, statt „285 Kreis⸗, Land⸗ ꝛc. Baumeister“ zu setzen: „289 Kreis⸗, Land⸗ ꝛc. Baumeister“ und demgemäß statt 1,468,194 ℳ nur zu bewilligen 1,465,794 ℳ 8
Der Berichterstatter Abg. Dr. Wehrenpfennig begründete den Antrag mit Hinweis auf die bevorstehende Neuregelung der ganzen Organisation des Bauwesens, die es nicht angezeigt erscheinen lasse, die Zahl der etatsmäßigen Bau⸗Inspektoren noch jetzt um vier neue zu vermehren, während der Regierungskommissar haupt⸗ sächlich aus Gründen des vorhandenen Bedürfnisses die unver⸗ aͤnderte Bewilligung der Forderung befürwortete. Der Abg. Dr. Dohrn machte auf den Widerspruch zwischen der heutigen Er⸗ klärung und der früheren des Handels⸗Ministers aufmerksam, welcher selbst die künftige aus der Uebergabe des Chausseebaues an die Provinzen resultirende Reduktion der Stellen anerkannt „Habe. Der Handels⸗Minister Dr. Achenbach wies nach, daß ein solcher Widerspruch zwischen den beiden Erklärungen nicht vorhanden sei, weil die Provinzen das Recht haben, die Fortführung des
Chausseebaues von Staats wegen bis zum 1. Januar 1878
u verlangen, der Staat also in der That gezwungen sei, im
nteresse der Provinzen die Stellen bis zu jenem Zeit⸗
nkt aufrecht zu erhalten. Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Lipke und Kieschke wurde die Position nach dem Vorschlage der Budget⸗Kommission bewilligt. Ein Antrag derselben ging ferner dahin, dem Titel 34 des vtraordinariums dieses Etats: „Zur Anlage von Dock⸗ werken auf der Insel Wangeroge 291,625 ℳ“ den Vermerk hinzuzufügen: „die Verausgabung ist von der Genehmigung des Vertrages mit Oldenburg und Bremen abhängig.“ Nach kurzer Befürwortung durch den Referenten Abg. Dr. Wehrenpfennig ward der Antrag angenommen. Eine vollständige Umarbeitung haben ie auf dem Etat der Berg⸗, Hütten⸗ und Salinenverwal⸗ ung stehenden Ausgabetitel für die bergtechnischen Lehranstalten in der Budgetkommission erfahren. Dieselben wurden in dieser Form vom Hause bewilligt, nachdem der Abg. Dr. Hammacher als sekerent die Gründe der proponirten Veränderungen dargelegt hatte. Derselbe berichtete sodann über den im Interesse der fiskalischen Luisengrube beziehungsweise der Königsgrube mit dem Grafen Guido Henkel v. Donnersmarck resp. der Frau v. Tiska abgeschlossenen Kauf⸗ resp. Mieths⸗ und Exploitirungs⸗ vertrag, indem er die Bewilligung der für den Landerwerb und die Grundentschädigung geforderten 2,321,559 ℳ empfahl. Nach einer Bemerkung des Abg. Schröder (Lippstadt) wurde der Titel bewilligt. — 3 Von dem Etat der landwirthschaftlichen Verwal⸗ tung waren die Titel 4 und 6 des Kap. 106 64 Spezial⸗
Kommissarien mit 2400 bis 4500 ℳ Gehalt und 31 Spezial⸗
Kommissarien aus der Klasse der Regierungs⸗Räthe mit 2100
bis 4200 ℳ auf den Antrag des Abg. Schellwitz an die Budget⸗
änderte Genehmigung der beiden Titel, während der Abg. Schellwitz die Erhöhung der betreffenden Gehälter auf 3000 bis 4800 ℳ beziehungsweise auf 3000 bis 4500 ℳ den Petitionen der genannten Beamten ent⸗ sprechend befürwortete. Bezüglich dieser Petitionen stellte die Budgetkommission den Antrag, dieselben der Regierung zur Berücksichtigung zu überweisen, mit der Anheimgabe, diejenigen Spezialkommissarien, welche sich mit der gemäß dem Gesetze vom 24. Juni 1875 neu geregelten Gehaltsfixirung nicht zufrieden erklärten, in allen ihren Beziehungen bei den alten Verhältnissen zu belassen. Dagegen beantragte der Abg. Kieschke den Uebergang zur Tagesordnung, welche auch die Regierungsvertreter, be⸗ besonders der Geheime Ober⸗Finanz⸗Rath Rötger, mit Hinweis darauf empfahlen, daß die Fixation der Gehälter der definitiv angestellten Spezialkommissarien nach Maßgabe der Gehaltssätze für Richter, sowie für Regierungs⸗Assessoren und Regierungs⸗Räthe in der Weise erfolge, daß dieselben von 2400 ℳ resp. 2100 ℳ in Stufen von je 300 ℳ bis zu 4500 ℳ resp. 4200 ℳ aufsteigen. Nachdem noch die Abgg. Schröder (Lippstadt) — für den An⸗ trag Schellwitz — Kieschke im Sinne seines Antrages und Dr. Seelig als Berichterstatter für die Anträge der Kommission ge⸗ sprochen, wurden die Titel unter Ablehnung sämmtlicher in den Petitionen enthaltenen Anträge unverändert genehmigt.
Im Ordinarium des Etats der Allgemeinen Finanz⸗ verwaltung sind im Kap. 62 die Bewilligung von 10,000 ℳ „als Beihülfe für die Stadt Elbing zur Ver⸗ zinsung und Tilgung der städtischen Kriegsschuld beantragt. Nach einer kurzen Debatte, an welcher die Abgg. Wisselink, Schröder (Königsberg), Röstel sowie, der Geheime Ober⸗Finanz⸗ Rath Rötger Theil nahmen, wurde nach dem Antrage der Budgetkommission die Position genehmigt. Die Etats des Herrenhauses und des Abgeordnetenhauses wurden ohne Debatte angenommen. 1“
Die Berathung des Budgets war hiermit beendet. Nachdem das Haus sodann ohne Diskussion das Etats⸗ gesetz erledigt hatte, wurde die Sitzung um 11 ¼ Uhr geschlossen.
— In der heutigen (30.) Sitzung des Hauses der Abgeord⸗ neten, welcher am Ministertische der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und der Minister der geistlichen ꝛc. Ange⸗ legenheiten Dr. Falk mit mehreren Kommissarien beiwohnten, er⸗ bat der Präsident die Ermächtigung des Hauses, Sr. Ma⸗ jestät dem Könige zu Seinem bevorstehenden Geburtstage die Glückwünsche des Hauses darzubringen. Die Ermächtigung wurde ertheilt.
Nach einigen Bemerkungen der Abgg. Frhr. v. Schorlemer⸗ Alst, Windthorst (Bielefeld) und Windthorst (Meppen) vor der Tagesordnung, in Betreff der vom Kultus⸗Ministerium empfoh⸗ lenen Jugendschrift „Simplicius Simplicissimus“ fragte der Prä⸗ sident, ob die Interpellation des Abg. Frhrn. v. Heereman von der Regierung beantwortet werden würde. Der Staats⸗Minister Dr. Falk erwiderte, daß die Beschwerde der betheiligten Privat⸗ personen an den Ober⸗Präsidenten von Westfalen zur Bericht⸗ erstattung überwiesen sei. Sobald diese erfolgt und die bethei⸗ ligten Minister Beschluß gefaßt hätten, werde er dem Präsi⸗ denten den Termin zur Beantwortung der Interpellation an⸗ zeigen. Damit war dieser Gegenstand für heute erledigt. Es folgte die erste Berathung der Städteordnung, und ergriff zunächst das Wort gegen die Vorlage der Abg. Miquel, dessen Vortrag bei Schluß des Blattes noch fortdauerte.
— Der Disziplinarhof für nichtrichterliche Beamte trat heute im Gebäude des Kammergerichts zu einer Sitzung zusammen.
— Die Einnahmen des Deutschen Reichs an Zöllen und gemeinschaftlichen Verbrauchssteuern haben für die Zeit vom 1. Januar bis zum Schlusse des Monats Februar 1878 (im Vergleich mit demselben Zeitraum des Vorjahrs) be⸗ tragen: Zölle 18,217,576 ℳ (— 147,687 ℳ), Rübenzucker⸗ steuer 13,134,388 ℳ (+ 4,773,275 ℳ), Salzsteuer 5,290,043 ℳ (— 153,775 ℳ), Tabakssteuer 172,252 ℳ (+ 49,532 ℳ), Branntweinsteuer 7,952,951 ℳ (— 332,978 ℳ), Uebergangs⸗ abgaben von Branntwein 21,980 ℳ (+ 3,714 ℳ), Brausteuer 3,818,757 ℳ (+ 108,071 ℳ), Uebergangsabgaben von Bier 151,756 ℳ (+ 11,843 ℳ), Summe 48,759,703 ℳ (+ 4,311,995 ℳ).
— In den deutschen Münzstätten find bis zum 11. März 1876 geprägt: an Goldmünzen: 1,043,099,340 ℳ Doppelkronen, 313,041,880 ℳ Kronen; hiervon auf Privat⸗ rechnung: 134,231,843 ℳ; an Silbermünzen: 32,319,475 ℳ 5⸗Markstücke, 120,989,255 ℳ 1⸗Markstücke, 18,402,422 ℳ 50 ₰ 50⸗Pfennigstücke, 21,407,073 ℳ 60 ₰ 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 14,591,362 ℳ — ₰ 10⸗Pfennigstücke, 8,523,149 ℳ 55 ₰ 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 5,128,977 ℳ — ₰ 2⸗Pfennigstücke; 2,762,880 ℳ 16 ₰ 1⸗Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 1,356,141,220 ℳ; an Silbermünzen: 193,118,226 ℳ 10 ₰; an Nickelmünzen: 23,114,511 ℳ 55 ₰; an Kupfermünzen: 7,891,857 ℳ 16 ₰.
— Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegen⸗ heiten hat in einem Spezialfall ein Provinzial⸗Schulkollegium darauf aufmerksam gemacht, daß die Mittheilung einer prin⸗ zipielle Fragen betreffenden Spezial⸗Verfügung des Ministers für die Behörde, welcher letztere zur Kenntniß⸗ nahme übermittelt wird, in jedem Falle die Bedeutung einer allgemeinen normativen Instruktion hat, deren Grundsätze nach Maßgabe der individuellen Verhältnisse gleichmäßig zur Anwen⸗ dung zu bringen sind.
— Zur Erörterung der bei den diesjährigen Hochfluthen stattgehabten Vorgänge an der Elbe oberhalb Magdeburgs ist eine Ministerial⸗Kommission niedergesetzt, welche aus dem Wirklichen Geheimen Ober⸗Finanz⸗Rath Burghart, dem Geheimen Ober⸗Baurath Gercke und dem Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Rath Dannemann besteht. Die Kommissare sind bereits seit einigen Tagen an Ort und Stelle mit den erforderlichen Erhebungen be⸗
schäftigt.
— Vergehen gegen Landesgesetze innerhalb des ein⸗ geschränkten Gebietes ihrer Wirksamkeit sind strafbare Hand⸗ lungen auch im Sinne des Reichs⸗Strafgesetzbuchs. Die Auf⸗ forderung zur Begehung einer landesrechtlich strafbaren Hand⸗ lung ist daher gleich der Aufforderung zur Begehung einer reichsrechtlich strafbaren Handlung auf Grund des §. 111 des Reichs⸗Strafgesetzbuches zu bestrafen. „Eine Beschränkung der Wirksamkeit des §. 111 auf Handlungen, welche das Strafrecht des Deutschen Reichs für strafbar erklärt, ist weder in dem Wortlaute des Gesetzes angedeutet, noch aus dem Sinne und Zusammenhange desselben zu entnehmen. Durch die Straf⸗
des S rafgesetzbuchs für das De tsche Reich sind“. (Erkenntniß
des Ober⸗Tribunals vom 17. Februar 1876.)
— Der General⸗Lieutenant Friedrich Wilhelm Prinz zu Hohenlohe⸗Ingelfingen, General⸗Adjutant Sr. Ma⸗ jestät des Kaisers und Königs, ist hier eingetroffen.
— Der General⸗Major von Kloeden, Inspecteur der Infanterieschulen, welcher sich vor einiger Zeit auf Dienstreisen begeben hatte, ist hierher zurückgekehrt.
— S. M. S. „Medusa“ ist am 16. d. Mts. von Lissa⸗ bon nach Lagos in See gegangen.
S. M. S. „Vineta“ hat am 9. Januar cr. die Rhede von Montevideo verlassen und ankerte am 26. dess. Mts. bei Punta arenas. An Bord Alles wohl.
— Laut amtlicher Anzeige können die Häfen von San Sebastian und Pasages an der Nordküste von Spanien von Schiffen deutscher Flagge jetzt wieder ohne Gefahr besucht werden.
Sigmaringen, 15. März. Nachträglich berichtet der „Schwäb. Merkur“, daß die Feier des 100 jährigen Geburts⸗ tages der Königin Luise über das bereits mitgetheilte Pro⸗ gramm hinaus erweitert wurde, indem Ihre Königliche Hoheit die Fürstin sämmtliche schulpflichtige Mädchen der Stadt (gegen 300) im Ahnensaal des Schlosses um sich versammelte, wo sie bewirthet und mit einer Lebensbeschreibung der Königin beschenkt wurden. Der Feier im deutschen Verein wohnte auch Se. Hoheit der Erbprinz bei und wurde die Festrede des Superintendenten Nitzsch von den zahlreich erschienenen Vereinsmitgliedern und Gästen in gespannter Aufmerksamkeit angehört und mit reich⸗ lichem Beifall belohnt. Morgen reist Se. Hoheit nach Berlin, um bei dem bevorstehenden Geburtstage Sr. Majestät des Kaisers die Glückwünsche des schwäbischen Zweiges des Hauses Hohen⸗ zollern persönlich zu überbringen.
Bayern. München, 16. März. Die „Allg. Ztg.“ schreibt: In der neuesten Nummer der „Donau⸗Zeitung“ wird mit dan⸗ kenswerther Offenheit erklärt: „Auf patriotischer Seite ist man gleichfalls entschlossen, nur auf eine Wahlkreiseintheilung einzugehen, durch welche der eigenen Partei eine gewisse, wenn auch nur schwache Mehrheit absolut gesichert erscheint.“ Es hand elt sich demnach nicht so eigentlich um ein neues Wahlgesetz, sondern in der Hauptsache um die Sicherstellung einer gewissen, wenn auch schwachen ultramontanen Mehrheit, und dazu sollen, nach dem guten Rath, welchen Hr. Abg. Jörg den Liberalen ertheilte, auch diese mitwirken. Uebrigens sollen, wie in dem Blatt weiter bemerkt wird, „Viele glauben, dies von dem Jörgschen Elaborat nicht einmal mit Sicherheit erwarten zu können. Eine politische Partei aber, welche trotz aller Zirkeleien im letzten Sommer die Mehrheit unter den un⸗ günstigsten Verhältnissen erkämpft hat und dieselbe aus dem Grunde preisgeben wollte, um nur einmal, und zwar à tout prix für die Wahlen auf gesetzlichen Boden zu kommen, würde an sich einen Selbstmord begehen.“ Wir wollen hoffen, daß es zu einem solchen Verbrechen nicht kommen wird, weder auf der rechten, noch auf der linken Seite unserer Abgeord⸗ netenkammer, und uns da lieber noch weiter mit dem Wahl⸗ gesetz von 1848 behelfen, so groß auch dessen Mängel sind. — Hr. Stiftspropst Dr. v. Döllinger und ebenso Hr. Professor Friedrich waren bisher alljährlich in dem Schematismus für die Erzdiözese München aufgeführt, und zwar der letztere mit dem Beifügen, daß er exkommunizirt sei; in dem dieser Tage erschienenen Schematismus für 1876 sind die beiden Namen hinweggelassen, beziehungsweise an der Stelle „Stifts⸗ propst des Königlichen Kollegiatstifts“ ein Strich angebracht, und sohin die Stelle als erledigt erachter. Hr. v. Döllinger ist aber faktisch der von Sr. Majestät dem König ernannte Stifts⸗ propst nach wie vor und bezieht als solcher auch den betreffen⸗
den Gehalt. 3 - —
— (Südd. Pr.) Die nächste Kammersitzung wird nicht vor Montag stattfinden. Zahlreiche Abgeordnete haben sich in ihre Heimath begeben, um an den Landrathswahlen sich zu betheiligen. Der Finanzausschuß wird am Sonnabend mit dem Etat des Ministeriums des Innern beginnen. — Prinz Leopold mit seiner Gemahlin, der Erzherzogin Gisela und sei⸗ ner Schwester, der Prinzessin Therese, wird Ende dieser Woche Lissabon verlassen und sich, da den hohen Reisenden eine noch⸗ malige Fahrt auf dem Meere zu beschwerlich ist, nicht nach den canarischen Inseln, wie beabsichtigt war, sondern nach Madrid begeben, wo sie bis Mitte April zu verweilen gedenken. — Der Großherzog Ferdinand von Toskana ist vorgestern mit seiner Gemahlin von Salzburg hier eingetroffen und gestern nach
Lindau weitergereist.
Württemberg. Stuttgart, 17. März. Der „Schwäb. Merk.“ vom 16. d. Mts. enthält eine längere Betrachtung über die Eisenbahnfrage, in welcher nach einem Rückblick auf die Bedenken, welche s. Z. die Begründung des Zollvereins gefun⸗
.A. gesagt wird: 8 ne. 38 “ 80ag wäre Unrecht, Jedem, der den Erwerb deutscher Eisenbahnen für das Reich vom wirthschaftlichen Gesichts⸗ punkte aus zu bekämpfen unternimmt, sofort den Vorwurf der Reichsfeindschaft entgegenzuschleudern. Ist es doch bei einer Re⸗ form von so ungeheurer Tragweite vor allem Andern nothwendig und wünschenswerth, daß gerade die wirthschaftliche Seite dieser Frage unbefangen und objektiv studirt und erörtert werde. Respek⸗ tablen Nationalökonomen wie Böhmert, Unruh u. A. gegenüber reicht es nicht aus, immer nur auf die politischen Vortheile des Pro⸗ jektes zu pochen, ihre Gründe wollen vielmehr sachlich und öko⸗ nomisch in jedem einzelnen Punkte widerlegt werden. Auf der anderen Seite dagegen ist es ebenso gewiß, daß weitaus die meisten aller Gegner nicht aus wirthschaftlichen Bedenken gegen die Eisenbahnpolitik des Fürsten Bismarck zu Felde ziehen. Mit dem Scharfblicke des Hasses erkannten sie vielmehr gerade in dieser Politik einen neuen mächtigen He⸗ bel des ökonomischen Aufschwunges der Nation, dem sie fast instinktmäßig von vornherein entgegenarbeiten mußten. Der rein partikulare Widerstand tritt in dieser Frage in den Vordergrund. Wessen man sich von ihm zu versehen hatte, war Niemandem unbekannt. Es ist unrecht, dem Reichskanz⸗ ler mit der Behauptung einen Vorwurf zu machen, daß durch die Reichseisenbahnfrage der halberstorbene Partikularis⸗ mus unnöthigerweise gereizt und zu neuem Leben erweckt wor⸗ den sei. Dies Element war durch die Aufrichtung des neuen Reichs nicht gebrochen, sondern nur gebeugt und augen. blicklich zurückgedrängt worden — Uebrigens muthet die in Rede stehende Eisenbahnreform höchstens der eingebil⸗ deten Krankheit des partikularen Wahnes, nicht aber den berechtigten Interessen der Einzelstaaten selbst irgend ein nam⸗
gesetzgebung des Reichs ist die Landesgesetzgebung nur bezüg⸗
Kommission verwiesen worden. Letztere beantragte die unver⸗
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lich solcher Materien eingeschränkt worden, welche Gegenstand
haftes Opfer zu. Es ist wenigstens nicht inzusehen, “
gerade der vollentschädigte nebergang der Bahnen an das Reich den einzelnen Bundesgenossen härter als seiner Zeit die Auf⸗ hebung ihrer Binnenmauthen und Schlagbäume zu Gunsten des Zollvereins ankommen sollte. Auch damals empfanden die Mittel⸗ und Kleinstaaten den Anschluß an das gemeinschaftliche Zollsystem als eine Schmälerung ihrer Souveränetät und eine Gefährdung ihrer selbständigen Finanzgebahrung, bis der nach der Kopfzahl bemessene jährliche und reichliche Antheil an den gemeinsamen Zolleinkünften sie in wenig Jahren alle diese Sorgen gänzlich vergessen ließ. In unserm Falle dagegen wäre der durch die Abtretung der Bahnen an das Reich zu be⸗ fürchtende Souveränetätsverlust der Einzelstaaten eine noch viel eingebildetere Größe. Denn mwährend die Regierungen auf der einen Seite den ihrer Größe und Bedeutung entsprechenden Antheil an der Verwaltung und Leitung des gesammten Eisen⸗ bahnsystems im Reich erhalten müßten, würde auch auf der andern Seite durchaus nichts entgegen stehen, den Einzelstaaten einen Einfluß auf die Lokalverwaltung der innerhalb ihres Gebiets gelegenen Bahnen zu belassen, der soweit reichen könnte, als eine Decentralisirung irgend vortheilhaft ist. In finanziel⸗ ler Beziehung aber soll das Reich seine berechtigten Ansprüche auf Leitung des deutschen Eisenbahnwesens ohne Verletzung der entstehenden, ebenso berechtigten Interessen, d. h. durch volle Entschädigung der bisherigen Besitzer zu verwirklichen suchen. Die Einzelstaaten würden damit ihre Staatsschulden ganz oder zum allergrößten Theil mit Einem Schlage los und in ihren Budgets nicht mehr auf so bedenklich wechselnde Ein⸗ nahmen angewiesen sein, wie es die Einnahmen aus einzelnen Eisenbahnunternehmungen sind, während sie in dem thatsäch⸗ lichen Besitze und Genusse der in ihrem Gebiete gelegenen Bahnen unter Garantie einer volkswirthschaftlich guten und ihrem Einflusse zugänglichen Verwaltung bleiben würden. Die Privatbahnen dagegen würden aus ihrer zum Theil kläglichen Lage befreit und die Aktionäre gegen den jetzigen Zustand ent⸗ schieden gewinnen, die Tariferhöhung würde fallen können und für die gesammte deutsche Volkswirthschaft eine neue Periode ungeahnter Entwicklung und gewaltigen Aufschwungs herein⸗ brechen. „Es klingt vielleicht kühn, so viel zu versprechen“, meint ein ungenannter Fachmann in einer jüngst erschienenen, höchst lehrreichen kleinen Schrift (Tariferhöhung oder Reichs⸗ eisenbahnen? Eine volkswirthschaftliche Studie von einem Fach⸗ mann. Berlin, Guttentag), „aber man kann die Vortheile einer derartigen Maßregel kaum hoch genug anschlagen. Nach meiner festen Ueberzeugung werden wir durch die rasche und ge⸗ schickte Durchführung der Vereinigung der deutschen Eisenbahnen in den Händen des Reiches es erreichen, auch wirthschaftlich den beiden großen Nachbarstaaten, Frankreich und England, welche uns an natürlichen Hülfsmitteln zum Theil bedeutend übertreffen, uns ebenbürtig an die Seite zu stellen. Mit der Entwickelung des Eisenbahnwesens hängt die gesammte Entwicke⸗ lung der modernen Volkswirthschaft so innig zusammen, daß das ganze Volk, welches hier voranschreitet, welches hier die richtigen Wege einschlägt, der gesunden und raschen Entwicke⸗ lung seiner Volkswirthschaft sicher ist, während umgekehrt eine falsche Eisenbahnpolitik die schlimmsten Folgen in dieser Rich⸗ tung haben muß.“ Man hat zwar allerdings in der letz⸗ ten Zeit von verschiedenen Seiten her gefragt, warum man gerade in Deutschland auf Konzentrirung der Eisenbahnen in der Hand des Staates, d. h. des Reiches dringen wolle, wäh⸗ rend die wirthschafelich hochentwickelten Nachbarstaaten England und Frankreich daran gar nie gedacht hätten. Allein diese Behaup⸗ tung, die hauptsächlich von Böhmert und Unruh betont wor⸗ den, ist in diesem Sinne gar nicht richtig. Gerade in England, diesem klassischen Lande der vielgepriesenen freien Konkurrenz, kommt man mehr und mehr zu der Ueberzeugung, daß ein Rückkauf der Bahnen durch den Staat auf die Dauer nicht zu umgehen sein wird. Allerdings hat das Parlament sich geweigert, jetzt schon den Rückkauf der Eisen⸗ bahnen zu beschließen, aber die Frage ist im Fluß und wird vor ihrer Erledigung nicht wieder von der Tagesordnung verschwinden Ganz ähnliche Bewegungen sehe. wir gegenwärtig in Italien und Oesterreich, während in Frank⸗ reich, wo das Eisenbahnmonopol unter 6 große Eisenbahnge⸗ sellschaften vertheilt ist, alle französischen Bahnen nach 90 Jahren ihres Bestehens kostenlos an den Staat fallen müssen und dem⸗ gemäß mit Anfang des nächsten Jahrhunderts sämmtlich fran⸗ zösisches Staatseigenthum geworden sind. So weisen uns also gerade die Erfahrungen der in der Eisenbahnentwickelung s weit vorgeschrittenen großen Industrieländer Frankreich und England gleichmäßig auf das Prinzip der größeren Konzen⸗ trirung unseres Eisenbahnwesens in der Hand des Staates hin. Dieselbe kann aber wirksam und ohne Schädigung berechtigter Interessen nur durch Uebergang der Bahnen in den faktischen Besitz des Reiches erzielt werden....“
Baden. Karlsruhe, 15. März. Die Zweite Kammer erledigte heute das ordentliche Budget des Handels⸗Mini⸗ steriums. Außer vereinzelten kleineren Abstrichen wurde die in der Regierungs⸗Vorlage vorgesehene Anstellung eines Fabrik⸗ Inspektors abgelehnt. Die Ueberwachung der Beschäftigung jugendlicher Arbeiter bleibt also in der bisherigen Weise geregelt und wesentlich von dem Eingreifen der Gemeinde⸗ und der Schulbehörden abhängig. In der Generaldebatte kamen auch die in letzter Zeit durch die Ueberschwemmung zu Tage ge⸗ tretenen Uebelstände auf dem Mannheimer Güterbahnhof zur Sprache. Die Neuorganisation der Handelskammern ist zur Zeit Gegenstand der Vorarbeiten für eine Gesetzesvorlage.
— Die bisherigen Statuten der badischen Bank wurden in Folge des Reichsbankgesetzes und insbesonderedes Beschlusses der Bank, sich dem §. 44 des genannten Gesetzes zu unterwerfen, einer allgemeinen Ueberarbeitung unterzogen, deren Ergebniß das Handels⸗Ministerium im Gesetzes⸗ und Verordnungsblatt ver⸗ öffentlicht. Die neuen Statuten sind mit dem 1. Januar I. J. in Wirksamkeit getreten. Das Gesellschaftskapital wird von 18 Millionen auf 9 Millionen reduzirt, eingetheilt in 30,000 Aktien zu 300 ℳ Vom Reingewinn wird vorerst den Aktio⸗ nären eine ordentliche Dividende von 4 ½ pCt. berechnet, sodann werden 20 pCt. zum Reservefonds bis zum vierten Theil des Grundkapitals, 10pCt. zu Tantiémen verwandt; vom Ueber⸗ schuß über eine 5 prozentige Dividende fallen ein Fünftel an die Staatskasse, vier Fünftel als Superdividende an die Aktionäre.
Hessen. Darmstadt, 16. März. Die Landessynode setzte in ihrer heutigen 11. Sitzung die Berathung der Vorlage des Ober⸗Konsistoriums, die vorzusehenden Einnahmen und Aus⸗ gaben der evangelischen Kirche im Großherzogthum betreffend, fort. Die in Einnahme gestellten Posten: Aufgenommene Kapi⸗ talien 130,000 ℳ, Umlagen auf die evangelischen Kirchen⸗ und Stiftungsfonds 40,000 ℳ und Umlagen auf die Angehörigen
steuerkapital der evangelischen Kirchensteuerpflichtigen des Landes für das Jahr 1876.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 15. März. (Th. C.) Der Landtag genehmigte gestern die Anträge seines Ausschusses in Bezug auf die Anlegung der dem Großherzog⸗ thum aus der französischen Kriegsentschädigung ge⸗ zahlten Summe resp. auf Niederlegung von Baarvorräthen und Ueberschüssen aus der Haupt⸗Staatskasse neben der Weimarischen Bank auch in der Reichsbank. Aus den von der Regierung
gemachten Mittheilungen ging übrigens hervor, daß diese bis jetzt ohne Erfolg eine Geschäftsverbindung mit den Filialen der Reichs⸗ bank in Erfurt und Leipzig angestrebt habe und sich jetzt an das Direktorium der Reichsbank gewendet habe. Die Dauer der Landtagssession dürfte sich auf den Monat März erstrecken, da noch zahlreiche Vorlagen sich im Stadium der Ausschußberathung befinden. —
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 17. März. Das Reichs⸗ gesetzblatt veröffentlicht das Gesetz vom 8. März 1876, wo⸗ durch einige Bestimmungen der Verordnung vom 6. April 1856 dann der Gesetze vom 13. Dezember 1862 und vom 29. Fe⸗ bruar 1864 über die Stempel⸗ und unmittelbaren Gebühren abgeändert werden.
— Der Laibacher Fürstbischof Pogatschar ist im Land⸗ tage erschienen und hat die Angelobung geleistet. Die beiden niederösterreichischen Bischöfe haben das Erscheinen im Landtage abgelehnt.
— Der böhmische Landtag erklärte am 15. d. M. nach erregter Debatte die am 18. März v. J. im Städtewahlbezirke Schlan⸗Laun⸗Rakonitz⸗Welwarn stattgehabte Abgeordnetenwahl, bei welcher der altezechische Kandidat Dr. Milde 63 Stimmen mehr erhielt, als der jungezechische Kandidat Dr. Julius Gréar, für ungültig, weil festgestellt ist, daß die Stimmzettel und Legi⸗ timationskarten den Wählerinnen nicht zugeschickt, vielmehr im Bürgermeisteramt zurückgehalten sind.
Pest, 16. März. Das Abgeordnetenhaus erledigte die Dienstbotenordnung ohne wesentliche Aenderung.
Das Oberhaus votirte den Steuer⸗Manipulations⸗Entwurf, die Vorlage über das Arrangement der Eisenbahnen, den Sanitäts⸗Gesetzentwurf, die vom Abgeordnetenhause jüngst votirten Vicinalbahn⸗Vorlagen, den Rechnungsabschluß für die Sicherheitsauslagen und den schweizer Staatsvertrag.
— Die Schlußrechnungs⸗Kommission beschloß, nach eingehender Diskussion vor dem Plenum bezüglich des Kund⸗ schen Grundes sowohl wie auch wegen der 30⸗Millionen⸗Anleihe ein Absolutorium zu beantragen.
Schweiz. Bern, 13. März. Heute beschloß der Stände⸗ rath, gleich dem Nationalrath, der seine Berathung erst mor⸗ gen wieder aufnehmen wird, auf das Kultussteuergesetz vor⸗ läufig nicht einzutreten. — Im Kanton Solothurn hat die liberale Partei bei der gestrigen Neuwahl des Kantonraths gesiegt. Im Ganzen wurden 105 liberale gegen 9 ultramontane Mitglieder gewählt.
Großbritannien und Irland. London, 16. März. Die „Engl. Corr.“ schreibt: Nachdem der Kriegs⸗Minister wie der Marine⸗Minister mit ansehnlichen Erhöhungen ihres Budgets vor das Parlament getreten sind und auch die ver⸗ schiedenen Abtheilungen des Civildienstes Mehrausgaben erfor⸗ dern, ist es die Sache des Finanz⸗Ministers, für diese gesteigerten Bedürfnisse die nöthige Deckung zu finden. Trotzdem nun aber die Staatseinnahmen, so weit sich jetzt schon absehen läßt, am 1. April einen beträchtlichen Ueberschuß über die Voranschläge aufweisen werden, so konnte doch die mißliche Geschäftslage nicht ohne Wirkung auf die Zuflüsse der Schatzkammer bleiben, und die außerordentliche Steigerungskraft der Einnahmen in früheren besseren Jahren läßt sich nicht mehr wahrnehmen. Es muß deshalb zu einem Steuerzuschlag gegriffen werden, und dem Vernehmen nach gedenkt Sir Stafford Northeote eine Erhöhung der Einkommen⸗ steuer um einen Penny vom Pfund in Vorschlag zu bringen. — Englische Blätter veröffentlichen eine Mittheilung der hiesigen türkischen Botschaft, in der die Angabe, als sei zwischen dem Großvezir und Herrn Hamond, der sich als Abgeordneter englischer Gläubiger der Türkei in Konstantinopel befand, eine Vereinbarung bezüglich der türkischen Staatsschuld zu Stande gekommen, für unbegründet erklärt wird.
Frankreich. Paris, 16. März. (Köln. 3.) Die Wahl des Ministers Ricard zum Senator hat die Kle⸗ rikalen sehr erzürnt. Sie hatten Alles aufgeboten, um dieselbe zu verhindern und dadurch eine neue Ministerkrisis hervor⸗ zurufen und so dem Marschall die Gelegenheit zu bieten, ein Kabinet zu ernennen, das sich auf den Senat allein stützen würde. Die „Union“ klagt Ricard und Dufaure an, daß sie die Ma⸗ jorität vernichtet hätten, welche die Senatswahlen dem Marschall gegeben; der „Monde“ tadelt den Senat aufs heftigste, daß er, um eine Ministerkrisis zu vermeiden, der Republik eine weitere Stimme gegeben habe, und das „Univers“ hält den Senat für kompromittirt, „weil er gegen seine Pflich⸗ ten gehandelt“, da er sich einer Stimme beraubt, wenn die Krisis ausbrechen werde. — Wie der „Moniteur“ mittheilt, ist das Ministerium entschlossen, für den Augenblick nur sehr we⸗ nige Präfekten abzusetzen. Es will sich darauf beschränken, nur die zu beseitigen, welche ihre persönliche Leidenschaften und Bevorzugungen in dem Wahlkampfe zur Geltung gebracht haben. Diejenigen, welche die Instruktionen Buffets ohne persönliches Hinzuthun in Ausführung brachten, sollen einstweilen im Amte bleiben. — Die „Patrie“ bringt folgende militärische Mit⸗ theilung: „Die Kriegsverwaltung beschäftigt sich mehr denn je mit der Organisation solider Unteroffizier⸗Cadres. Leider fehlt es an den nothwendigen Leuten, da fast alle nach ihren fünf Jah⸗ ren den Dienst verlassen. Nach der Ansicht der kompetentesten Generale ist dieser Mangel hauptsächlich dem Wegfall der Prä⸗ mie zuzuschreiben, welche die Unteroffiziere früher rerhielten, wenn sie im Dienst bleiben wollten. Muß man, um diesem Uebel abzuhelsen, auf das frühere System zurückkommen. Das ist die Frage, mit welcher sich der General de Cissey und der Marschall Mac Mahon beschäftigen. Das Problem ist ernst, sowohl vom militärischen als vom finanziellen Standpunkte aus; denn es handelt sich um eine jährliche Ausgabe von mehreren Millionen.“ Versailles, 17. März. (W. T. B.) Der Senat hat heute die für die Departements Gironde, Lot, Sarthe und Savoie vorgenommenen Wahlen, deren Gültigkeit angefochten worden war, für gültig erklärt. Die Berathung der Inter⸗
der evangelischen Kirche 323,000 ℳ wurden sämmtlich gebilligt, ebenso der Aufschlag von 3 ₰ auf den Gulden Kommunal⸗
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pellation Parieu über die Münzfrage wurde auf nächsten
IZtalien. Rom, 14. März. (Allg. Ztg) Heute feiert der König Victor Emanuel seinen 56. und der Kronprinz Humbert seinen 33. Geburtstag. Dieser Tag wird in allen Garnisonen Italiens durch Revuen gefeiert. Hier nahm sie der Prinz Humbert, gefolgt von einem glänzenden Generalstabe, auf dem Marsfelde bei Ponte Molle ab. Im Auswärtigen Amt fand gestern Abends dem heutigen Tage zu Ehren ein diplomatisches Bankett statt. Der deutsche Botschafter von Keudell brachte den Toast auf den König und den Kronprinzen aus. Der Minister Visconti⸗Venosta entgegnete darauf mit einem Toast auf alle mit Italien befreundeten Fürsten und Völker. — Dem Kardinal⸗ Erzbischof S. Marc ist nach Rennes aus dem Vatikan die Frage telegraphirt worden, ob er im Stande sei, die Reise nach Rom zu machen. Im Bejahungsfalle wird mit dem Konsisto⸗ rium auf ihn gewartet, im Verneinungsfalle soll dasselbe am nächsten Montag abgehalten werden.
1 Nach der bereits erwähnten, in der „Perseveranza“ ver⸗ öffentlichten Konvention, betreffend den Erwerb der süditalienischen Bahnen Seitens der Staatsregie⸗ rung, tritt laut Art. 1 der Konvention die Gesellschaft dem Staate alle ihre Rechte und Verpflichtungen, Lasten und Ser⸗ vituten ꝛc. ab; desgleichen sämmtliche pollendeten oder noch im Bau begriffenen Strecken, das Betriebsmaterial, die Bahnhofsanlagen, Wärterhäuser, Telegraphenlinien u. s. w. v Die Gesellschaft zedirt ferner alle anderweitigen Mobi⸗ lien und Immobilien, Privilegien und dinglichen Rechte, Rohmaterialien, Magazinvorräthe, Werkzeuge und Maschinen, sowie ihre Archive, Rechnungsbücher und sonstigen Dokumente, lettzteres unter dem Vorbehalt, daß die Regierung auf 5 Jahre verpflichtet bleibt, den früheren Verwaltungsorganen der Gesell⸗ schaft auf Verlangen Kopien von jedem Dokumente zu verab⸗ folgen. Schließlich tritt die Gesellschaft auch ihre sämmtlichen Kapitalien in baar mit den Aktien und sonstigen Werthtiteln der Regierung ab.
In Art. 2 garantirt die Gesellschaft, daß die einzelnen Posten der Bilanz pro 1875 dem bereits aufgestellten Approxi⸗ mativstatus entsprechen und daß der Reinertrag der Bilanz pro 1875, nach Abzug der statutenmäßigen Abschreibungen, nicht unter 3,923,411,v, wie im vorhergehenden Jahre, betragen werde. Der Verwaltungsrath schreitet in Gemeinschaft mit den ad hoc delegirten Regierungskommissarien zur Vor⸗ nahme der Endregulirung, deren Resultat der Regierung vorgelegt wird. Diese hat sich binnen Monatsfrist darüber zu erklären, ob sie das Resultat acceptirt oder noch Ausstellungen zu machen gedenkt. Im letzteren Falle wird ein Schiedsgericht berufen, das, aus einem Vertreter der Regierung, einem Ver⸗ treter der Gesellschaft und einem von beiden gewählten Mitgliede bestehend, seinen Spruch binnen Monatsfrist zu fällen hat. Gegen den Entscheid des Schiedsgerichtes ist keine Appellation gestattet.
In Art. 3 übernimmt die Regierung vom 1. Januar 1876 ab die Verzinsung und Amortisation der Obligationen und Schatzscheine der Gesellschaft, und tauscht vom 1. Januar 1876 an die in Zirkulation befindlichen 199,340 Aktien der Gesellschaft gegen 5 prozentige konsolidirte Rente um, derart, daß für jede Aktie 25 Lire in konsolidirter Rente gezahlt werden.
Art. 9 setzt fest, daß die Regierung am 1. Juli 1876 von den Bahnen und dem sonstigen Eigenthume der Gesellschaft Besitz ergreift.
Art. 10 unterstellt den Betrieb ꝛc. der Bahnlinien dem Arbeits⸗Ministerium.
In Art. 11 verpflichtet sich die Regierung, ohne sich im Einzelnen die Hände binden zu wollen, zur Uebernahme des ge⸗ sammten Dienstpersonals der Gesellschaft, und übernimmt zu gleich die Pensions⸗ und Hülfskassen in ihren Betrieb.
Art. 12 bestimmt, daß Streitfälle bei Ausführung der vor
stehenden Konvention den gewöhnlichen Gerichten behufs Ab⸗ urtheilung zugewiesen werden sollen. Der Schlußartikel 15 macht die Gültigkeit des Vertrages von der vorhergehenden Genehmigung durch die Generalversamm⸗ lung abhängig und bestimmt, daß alle seine Rechtswirkungen vom 1. Januar 1876 an in Kraft treten.
Nußland und Polen. St. Petersburg, 15. März. Vom Marine⸗Ministerium soll nach der „N. W.“ die Be⸗ urlaubung der Offiziere zum Privatdienst auf Kauffahrtei⸗ schiffen für die nächste Zeit nicht mehr gestattet werden, da sich ein Mangel an Oberoffizieren bemerkbar gemacht und der zeit⸗ weilige Uebertritt junger Offiziere in den Privatdienst der zur Zeit bestehenden Vortheile wegen größere Dimensionen angenommen hat, als es wünschenswerth ist. — Der „St. Pet. Herold“ schreibt: „Ein neuer Be weis der Fürsorge, welche der Staat denjenigen seiner Angehörigen widmet, die der Ehrenpflicht des Militärdienstes nachkommen, ist der soeben erlassene Senats⸗Ukas, welcher für die von der Fahne in die Heimath zu Entlassenden die Bestimmung trifft, daß dieselben mit Diäten⸗Geldern und er⸗ forderlichen Falls mit Reisekleidern und Schuhwerk von der Krone ausgestattet werden sollen. Die dadurch entstehenden Ausgaben sollen aus den Summen, welche für die Kosten des Aufgebots und der Aufnahme in den Militärdienst an⸗ gewiesen sind, bestritten werden.“ — Nach dem Berichte des Chefs der in den griechischen Gewässern gegenwärtig kreuzenden russischen Escadre, Contre⸗Admirals der Suite Sr. Majestät Butakar, ist der Großfürst Alexej Alexandro⸗ witsch, Commandeur der Fregatte „Swetlana“, am 28. Januar von seiner Urlaubsreise in Brindifi eingetroffen und hat das Kommando des genannten Schiffes, welches dort lag, übernommen. Am andern Morgen lichtete die Fregatte die Anker und dampfte nach dem Piräus ab, woselbst sie am 3. Februar um 3 Uhr Nachmittags anlangte.
Türkei. Belgrad, 17. März. (W. T. B.) In Folge der letzten Ministerkonferenz ist eine Kabinetskrisis einge⸗ treten; man betrachtet einen Kabinetswechsel als bevorstehend.
Numänien. Bukarest, 17. März. (W. T. B.) Die Neuwahlen zum Senat sind auf den 7., 9. und 11. April
festgesetzt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 15. März. Der Minister des Innern legte heute in beiden Kammern des Reichs⸗ tages einen Gesetzentwurf, betreffend die Einführung des metrischen Maß⸗ und Gewichtssystems, vor. In den Jahren 1881 und 1882 sollen danach alle Taxen und Verordnungen, betreffend Waa⸗ ren und Effekten, sowie Abmachungen zwischen Privaten und den Staatsbehörden, sowohl das alte wie das neue Maß und
Gewicht angeben. Von Beginn des Jahres 1881 an
oder, wenn es geschehen kaun, noch früher, soll das neue
Dienstag festgesetzt.
Maß⸗ und Gevichtssystem im Zoll⸗ und Postwesen sowie