.Pilsach, Ober⸗Bürgermeister Hasselbach, Graf Udo zu Stol⸗ berg⸗Wernigerode, v. Kleist⸗Retzow und Graf Brühl; auch der Finanz⸗Minister Camphausen, sowie der Regierungs⸗Kom⸗ missar, Geheimer Ober⸗Finanz⸗Rath Rohde nahmen Veranlas⸗ sung, in die Diskussion einzugreifen. 1
Der Erstere nahm nach dem Herrn v. Kleist⸗Retzow, welcher für die Verwandlung! der direkten in indirekte Steuern ge⸗ sprochen und den Finanz⸗Minister gebeten hatte, für Abschaffung der Matrikularbeiträge zu wirken, das Wort:
Meine Herren! Wenn ein Fremder der heutigen Verhandlung beiwohnte, wenn Jemand aus Staaten, wo man genöthigt gewesen ist, zu bedeutenden Steuererhöhungen zu schreiten, der heutigen Be⸗ sprechung hier beiwohnte, der würde vielleicht auf den Gedanken gerathen können, daß es in Preußen nothwendig gewesen wäre, die direkten Steuern außerordentlich zu erhöhen. Ist dem nun so? Da muß die Antwort lauten: Nein, das ist nicht geschehen. Wir kennen seit einer Reihe von Jahren in dem Gebiete des Steuerwesens nur Ermäßigungen für die direkten Steuern, wir kennen in dem Gebiete des direkten Steuerwesens der Erhöhungen gar keine. Aber allerdings erleben wir, daß die Ermäßignngen, kaum gewährt, sehr an Werth verloren zu haben scheinen, und daß die Umwandlung einer Steuer, der Mahl⸗ und Schlachtsteuer, seiner Zeit von vielen Seiten außer⸗ ordentlich lebhaft gewünscht, nunmehr das Gefühl des Unbehagens hervorgerufen hat. 1
Was die Klassensteuer betrifft, meine Herren, so kann nicht der geringste Zweifel pestehen, daß die Gesammtheit der Klassensteuer⸗ pflichtigen heute mehr als 3 Millionen Thaler weniger bezahlt, als wie sie vor 4 Jahren bezahlt hat, und wenn der letzte Herr Vor⸗ redner hervorhob, von Ermäßigung ist niemals die Rede, immer nur von Erhöhung, so muß ich dem auf das Allerbestimmteste widersprechen. Wenn wir die Behörde damit belästigen wollten, eine Statistik aufzustellen, wo Kopf für „Kopf gezählt würde von den Steuerpflichtigen in dem Jahre 1869/79, genug vor der Steuerreform, und dem gegenüber gestellt würde, wie hoch die Betreffenden heut zur Klassenstener veranlagt seien, so wür⸗ den ganz gewaltige Ermäßigungen zum Vorschein kommen, d. h., meine Herren, gewaltig relativ genommen; derjenige, der einen Thaler zu zahlen hatte und jetzt nichts zahlt, sieht das natürlich als eine große Ermäßigung an, und für den Staat ist es im Endresultat auch eine solche.
Dies als Eingang ausgesprochen. Im Uebrigen hat ja der Herr Regierungs⸗Kommissarius darauf hingewiesen, wie auch in Bezug auf die Veranlagung der Einkommensteuer die früheren Vorschriften durchaus nicht wesentlich modifizirt worden sind. Wenn denn die heutige Dobatte dahin ge⸗ führt hat, sich über das Verhältniß der direkten und indirekten Steuern avszusprechen, so kann ich nur wiederholen, was ich bei frü⸗ heren Anlässen gesagt habe, daß ich der Meinung bin, eine jede Er⸗ höhung der Anforderung an die Steuerkraft des Landes hat sich nicht an die direkten Steuern zu wenden, sondern an die indirekten Steuern, und ich kann ferner wiederholen, daß, was die Matrikular⸗ beiträge betrifft, ich der Ansicht war und bin, daß diese Ma⸗ trikularbeiträge durch indirekte Steuern ersetzt werden möchten. Meine Herren! Haben wir uns nun in dieser Hinsicht ganz und gar mit frommen Wünschen begnügt? Ist es Ihnen nicht Allen bekannt, daß wir den Versuch gemacht haben, vom Reichstag die Börsensteuer zu erlangen? Ist es Ihnen nicht Allen bekannt, daß wir den Versuch gemacht haben, eine Erhöhung der Biersteuer zu erlangen? Leider ist es uns nicht gelungen, mit unsern Anträgen durchzudringen, und es wird nun eine Aufgabe der Zukunft sein, wann und wie der Frage wiederum näher getreten werden kann. Die Ueberzeugung, daß es nicht die Meinung sein kann, die Matrikular⸗ beiträge in ihrer gegenwärtigen Höhe ewig fortdauern zu lassen, ist, glaube ich, eine allgemein verbreitete. Für ein großes Land, wie Preußen, ist der Unterschied nicht einmal so groß, ob Matrikular⸗ beiträge erhoben werden, oder ob durch direkte Besteuerung für Zwecke des Reiches der Geldbetrag aufgebracht wird. Aber der Zustand ist wahrhaft unerträglich für kleinere Staaten mit einer relativ in weniger günstiger Lage sich befindenden Bevölkerung, da werden die Matrikularbeiträge zu einer Art Kopfsteuer, die viel zu boch ist für die Verhältnisse solcher kleinen Steaaten. So weit sie natürlich in günstiger Lage sich befinden, wie z. B. die Hansestädte, da sind die Matrikulorbeiträge eine außerordentlich beliebte Form der Besteuerung.
Soweit also Werth darauf gelegt wird, aufs Neue zu konstatiren, welche Ziele ich in dieser Hinsicht zu verfolgen wünsche, so glaube ich, dem durch meine Aeußerungen entsprochen zu haben.
Aber, meine Herren, überschätzen Sie meine Kraft gegenüber dem Reiche nicht, darum bitte ich dringend. Ich habe ja doch nur den Einfluß geltend zu machen, wenn ich mit der Macht der preußischen Regierung ausgestattet werde, nur die Schritte zu thun, nur die Vorschläge dem Bundesrathe und dem Reichstage in dieser Beziehung zu machen, wenn Se. Majestät der Kaiser sie vorher genehmigt hat. Was aber dann das Loos der Vorschläge dem Reichstage gegenüber ist, das ist so leicht nicht zu sagen und da stehen in Deutschland sehr vielfältige Interessen einander gegenüber. Und dann, meine Herren, ist in der Diskussion auch noch vorgekommen, ob ich in Bezug auf unsere direkten Steuern noch der Meinung wäre, daß es wünschenswerth wäre, die Befreiung nach üͦben weiter aus⸗ dehnen zu können. Diese Frage, meine Herren, kann ich auf das Positivste beiahen. Wenn der Himmel mir je vergönnen sollte, mir einen Herzenswunsch erfüllen zu wollen, dann möge es der sein, daß die Befreiung unten höher hinaus ausgedehnt werden kann. Es würden dadurch, glaube ich, am einfachsten und richtigsten die Be⸗ schwerden, mit denen man in großen Städten zu kämpfen hat, ge⸗ hoben werden.
Endlich, meine Herren, ist die Frage wegen der Kommunal⸗ besteuerung ins Auge gefaßt worden. Da möchte ich nun darum bitten, die Verantwortlichkeit für die Kommunalbesteuerung nicht lediglich bei mir zu suchen; ich habe dabei zwar mitzusprechen, aber doch nur eine von mehreren Stimmen geltend zu machen. Die Städte haben, als wir mit großem Nachdruck und unter dem Kampf mit widerstrebenden Richtungen für sie durchgesetzt haben, daß sie die Schlachtsteuer beibehalten könnten, von dieser Befugniß nur einen sehr geringen Gebrauch gemacht. Wenn man jetzt davon spricht, den Kommunen müßte die Erhebung von indirekten Steuern gestattet werden, dann würde ich doch dringend bitten, diesen allgemeinen Gedanken etwas zu spezialisiren, und uns in einer praktisch ausführbaren Weise dar⸗ zulegen, wie denn indirekte Steuern für die Kommunen geschaffen werden könnten, die nicht mehr Uebelstände mit sich führten, als sie Gutes
aben könnten. Für die Kommunalbesteuerung giebt es, glaube ich, einen Gesichtspunkt, dem alle sich dienstbar machen können, und das ist der, daß man die Anforderungen an die Leistungen der Kommu⸗ nen nicht immer fort und fort ausdehne, daß man da auch einmal ie Grenze zu finden suche, wo man sagt: huc usque.
In der Spezialdiskussion gab zunächst die Position der Rennprämien Veranlassung zu einem kurzen Meinungsaustausch zwischen den Herren Graf Udo zu Stolberg, Graf Lehndorff und Herzog v. Ujest bezüglich des Beschlusses des Unionklubs, zu den Stoeplechasen auch Jockeys zur Konkurrenz zuzulassen, was den Fauanz⸗Minister zu der Erklärung veranlaßte, daß die Regierung diesem Gegenstande ihre Aufmerksamkeit zuwenden werde. Bei dem Etat der allgemeinen Finanzverwaltung bezeichnete Graf zur Lippe das System der Schatzanweisungen als inkorrekt, welcher Ansicht der Finanz⸗Minister durch eine Gegenerklärung entgegentrat. Bei dem Etat des Kultus⸗Ministeriums berührte Baron Senfft v. Pilsach wiederum die früher schon be⸗ sprochene Angelegenheit bezüg.ich des noch nicht aus Staats⸗ mitteln ersetzten Ausfalls an Stolgebühren der Geistlichen. Der Minister für die geistischen ꝛc. Angelegenheiten Pr. Falk gab die Gründe an, durch welche eine Ver⸗
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zögerung eingetreten ist. Frhr. v. Mirbach hob bei demselben Stat die gesteigerte Belastung der Gemeinden zu Schulzwecken hervor, die namentlich durch die wiederholte Aufbesserung der Lehrergehälter hervorgerufen sei. Dies gab dem Staairs⸗Minister Dr. Falk Veranlassung, die Schwierigkeiten hervorzuheben, die sich der Aufstellung eines Unterrichtsgesetzes entgegenstellen. Der⸗ selbe erklärte: 1
Wenn ich zunächst auf die zuletzt gehörte Bemerkang erwidern darf, se mag ich hervorheben, daß in Bezug auf den Erlaß des Unterrichtsgesetzes gerade die großen Schwierigkeiten auf der finanziellen Seite liegen, die der Herr Ober Bürgermeister Gobbin besonders behandelt sehen will. Ich darf wohl voraussetzen, daß die Mitglieder dieses hohen Hauses den Vorgängen im anderen Hause gefolgt sind: dort ist an mich die Frage gerichtet, wie es mit dem Unterrichts⸗ gesetze steht. Ich habe über die gegenwärtige Sachlage und die zu überwindenden Schwierigkeiten dort ausführliche Auskanft gegeben; diese Auskunft zeigt aber, daß es gerade die finanzielle Seite ist, die schwer zu über⸗ windende Schwierigkeiten uns entgegengesetzt. Werden sie überwunden, dann wird auch au das gesammte Unterrichtsgesetz herangegangen wer⸗ den können, und ob dieses dann in seiner völligen Gestalt oder nur in dem die äußeren Verhältnisse betreffenden Theil zu Stande kommt, werden ja die demnächstigen Debatten im Landtage und die Erfah⸗ rungen, die wir dabei machen, lehren 8
Ich bin meinerseits von der Ueberzeugung durchdrungen, daß es 5— nothwendig ist, diese äußere Seite zu einem Abschluß zu ringen. öWir haben in dieser Richtung mehrere Beschwerden gehört. Die Beschwerden sind aber noch viel reichlicher vorhanden, als sie bier auch nur angedeutet wurden, nicht blos in Beziehung auf das häufige Vor⸗ kommen derselben Beschwerden, sondern es giebt noch eine ganze Menge anderer Beschwerden, die in der That in hohbem Grade be⸗ denklich sind und eine Beseitigung fordern. Deswegen ist es allerdings mein Streben, soweit es eben irgend geht, in dieser Angelegenheit zu einer gesetzgeberischen Regelung zu kommen. Ich boffe, daß, was das Elementarschulwesen betrifft, bis zum Erlangen dieser gesetzlichen Regelung wenigstens, neue Be⸗ schwerden nicht mehr zu Tage kommen werden; daß dies Aufbesserungs⸗ werk, von dem Herren v. Mirbach den Ausgangspunkt seiner Argumen⸗ tation nahm, nun, soweit lediglich die Verwaltung dabei thatig zu sein hat, seinen Abschluß erlangt hat und das Weitere vom Gesetz erwartet und gefordert werden muß Es ist aber, solange eben ein Gesetz nicht zur Ausführung kommen konnte, ein anderes Verfahren, als das, was grundsätzlich eingehalten worden ist, in der That nicht möglich gewesen. Es ist darüber geklagt worden, daß die Verwaltung nicht blos Ein Mal, sondern in einem geringen Zeitraum von Jahren vier Mal mit einer Aufbesserung vorgegangen sei. Die Thatsache ist ja nicht zu bestreiten. Aber, wie ist sie denn geworden? Doch dadurch, daß nicht auf Ein Mal, sondern im Laufe der Jahre wiederholt in dem Staatshaushalt größere und geringere Summen zu dem Zweck der Aufbesserung der Lehrergehälter ausgesetzt worden sind, im Jahre 1865 ein Betrag von 200,000 bis 300,000 Tha⸗ lern, 1872 einer von 500,000, demnächst ein Betrag — ich glaube — von 700,000 und schließlich ein Betrag von 1,000,000 Thaler im vergangenen Jahre — aber das Alles unter der Voraussetzung, daß nur, insoweit als ein Unvermögen der eigent⸗ lich Verpflichteten vorhanden sei, der Staat einzutreten habe und ein⸗ treten dürfe. Es war also für die Verwaltung einmal bei jedem dieser 4 Anlässe die Nothwendigkeit gegeben, die Leistungsfähigkeit zu prüfen, um sich klar zu machen, was sie von diesen ihr bewilligeem Mitteln an leistungsunfähige Personen oder Körperschaften geben könnte. Es war ferner die Noth⸗ wendigkeit da, sich über die Frage der Leistungsfähigkeit auch deshalb genau zu vergewissern, um sie da, wo sie vorhanden, an⸗ zusprechen, soweit es zulässig ist, — weil eben die Pflicht des Staats ausdrücklich bei diefen Bewilligungen des Etats als nur subsidiär be⸗ zeichnet worden ist. Von diesen Gesichtspunkten aus sind die Regierungen verfahren. Ich will nicht in Abrede nehmen, daß da und dort die Sache etwas gar zu schablonisch gemacht worden ist. Mir sind aus einem Regierungsbezirke sogar Formulare vorgelegt worden, die in jedem Betheiligten die erregen mußten, daß man nicht ausreichend auf die indivi⸗ duellen Verhältnisse, auf die esz doch ankommt, Rücksicht nehme, sondern daß man die Sache nach einem allgemeinen Satz mache, da in dem Formular die anordnenden Bestimmungen gedruckt enthalten waren und schriftlich nur die Summe eingerückt wurde, da, wo die Stelle für die Summe offen gelassen war. Sobald dies zu meiner Kenntniß gekemmen ist, babe ich lebhaft dagegen reagirt, und ich hoffe, daß die Folgen dieser Reaktion sich geltend machen werden. Ebenso würde ich es für etwas Schablonistisches halten, wenn es sich so bestätigte, wie Herr von Winterfeld sagt, daß in der Mark 100 Proz. Schulabgaben überall gegeben werden müssen und dann erst es für zulässig gelte, eine bestimmte Summe aus Staatsmitteln zu gewähren. Das würde ja gerade gegen den Satz gehen, daß die Leistungsfähigkeit individuell geprüft werden muß. Es kann woyl sein, daß die Regierung für gewisse Kreise und Distrikte der Meinung ist, es sei in der That möglich, eine Abgabe von 100 Proz. der direkten Staatssteuern zu tra⸗ gen, ehe der Staat eintreten muß; provinzenweise wird sich das aber bei der vorhandenen Verschiedenheit der Verhäͤlt⸗ nisse nicht rechtfertigen lassen, und wenn eine Breschwerde an mich käme, würde ich dafür sorgen, daß die individuellen Verhältnisse näher ins Auge gefaßt werden und solche allgemeine Normen nicht gültig bleiben für die Frage, ob Leistungsfähigkeit ob⸗ waltet oder nicht.
Daß die Verwaltung in den von Herrn v. Mirbach erwähnten Fällen mit ihrer Entschließung eiatreten muß, ist etwas, was eine Praxis der preußischen Regierung seit dem Jahre 1817 ge⸗ wesen ist; eine Praxis, die ich auch, so lange positive ge⸗ setzliche Normen nicht aufgestellt sind, für eine berechtigte und nothwendige halte. — Was die Provinz Preußen anbetrifft, so ist mir wohl bekannt — und im andern Hause ist der Punkt auch schon zur Sprache gekommen — daß man auf Grund der Schulordnung vom Jahre 1845 generell der Verwaltung die Befugniß absprechen zu können meint, wenn im Laufe der Zeit sich höhere Minimalbedürfnisse herausstell⸗ ten, diesen gerecht zu werden; die Verwaltung sei gebunden an gewisse Sätze, welche in der Schulordnung vom Jahre 1845 niedergelegt seien. Ich kann diese Frage doch nicht so beantworten, wie das Seitens des Herren v. Mirbach geschehen ist. Ich glaube aber, da über diesen Punkt gerade eine Spezialbeschwerde vorliegt, und es sich um eine Reihe von juristischen Argumenten handeln möchte, wird es richtig sein, auf diesen Punkt nur in dieser Allgemeinheit einzugehen, und im Uebrigen die Berathung der Petition aus Osterode abzuwarten, die auch bereits beim anderen Hause eingereicht worden ist.
Was die anderen Punkte betrifft, so habe ich zu bemerken, daß, wenn ein Streit darüber entsteht, ob die Naturalien richtig ver⸗ anschlagt seien, die einem Lehrer als Einnahmebestandtheile zufließen, diese Frage im Gebiete der Kreisordnung, welche ja in der Provinz Preußen gilt, von Seiten des Kreisausschusses zu entscheiden ist.
Wenn geglaubt worden ist, daß das Verhältniß des Gehaltes, welches ein Lehrer in seiner gleichzeitig bestehenden Eigenschaft als Kirchenbeamter erhebt, zu dem, was er im Schulamte erhebt, unrichtig bemessen sei, so kann ich darüber keine bestimmte Meinung aussprechen. Die Fälle sind verschieden und es ist schwierig, über Einnahmen, die in einem großen Theile der Fälle ganz indistincte dem betreffenden Inhaber zweier Aemter zufallen, eine Entscheidung zu treffen. Es wird auf die kirchlichen Stiftungen und an⸗
dere Dinge zurückgegangen werden müssen, und deswegen wird jeder einzelne Fall in der That individuell entschieden werden müssen. Ich glaube auch, daß solche Mißverhältnisse, wie sie mir vorgetragen wurden, wo z. B. das Fünffache auf der Seite des Or⸗
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ganisten und das Einfache auf Seiten des Lehrers steht, der Heilung bedürfen können; eine Entscheidung darüber ist aber nur herbeizu⸗ führen im Wege der speziellen Beschwerde.
Leistungefähigkeit einzelner Gutsbesitzer.
i die Leistungsfähie keit der Gemeinden und an die Ich kann das grundsätzlich nicht anerkennen; es ist ausdrücklich ausgesprochen worden, daß die⸗ selben Gesichtspunkte, welche für die Leistungsfähigkeit der Gemeinden gelten, auch für die Leistungsfähigkeit eines Gutsbezirks und ⸗Be⸗ sitzers zu gelten haben, und es ist nicht zu lange her — wie ich mich ganz bestimmt erinnere — daß ich gerade nach der Provinz Preußen diesen Grundsatz ausgesprochen habe. Aber freilich, wir dürfen uns nicht verhehlen, daß die thatsächliche Anwendung desselben Grundsatzes bei Verschiedenheit der Verhältnisse zu verschiedenen Resultaten führen kann, und es ist allerdings häufiger der Fall, daß in solchen Fällen ein einzelner Mann noch leistungefähig ist, während es eine größere Zahl, der Komplex der Gemeinden nicht mehr ist. Sollten die Gemeinden zu wenig herangezogen sein im Verhältniß zum Gutsbesitzer, so würde es doch in dem einzelnen Falle erörtert werden müssen. Ich kann überhaupt nur wünschen, daß die anzubringenden Beschwerden sich weniger auf allgemeinen Ausführungen basiren möchten, als auf Darlegung der konkreten Verhältnisse. Gehen solche allgemeine Ausführungen an die Centralinstanz, so befindet sich diese in einer unglücklichen Situation; sie kann die Sache nur vom allgemeinen Standpunkte prüfen; findet sie, daß prinzipielle Einwendungen sich nicht erheben lassen, so muß sie die Sache zur Entscheidung im Ein⸗ zelnen zurückgeben an die Provinzialinstanzen, über deren etwas zu formales Verhalten Beschwerde erhoben wird. — Wo man sich in speziellen Fällen mit ausreichender Darlegung der Gründe an mich gewendet hat, da bin ich auch in der Lage gewesen, Remedur eintreten zu lassen, leider nur in sehr wenigen Fällen, da die Be⸗ schwerden meist solche Eigenschaften hatten, wie die vorher geschildecten.
Hierauf ward die Diskussion geschlossen, und wurden die ein⸗ zelnen Positionen sowie schließlich das ganze Gtatsgesetz geneh⸗ migt. Es folgte als letzter Gegenstand der Tagesordnung der Bericht der Budgetkommission über die Nachweisung der Be⸗ stände der nach dem Gesetze vom 30. April 1873 ge⸗ bildeten Dotationsfonds der Provinzial⸗ und Kreis⸗ verbände. Der Berichterstatter Graf Udo zu Stolberg stellte Namens der Kommission den Antrag, die Angelegenheit durch die geführte Nachweisung als erledigt anzusehen. Bei der Diskussion sprachen die Herren Frhr. v. Mirbach, v. Winterfeld, Gobbin und v. Kleist⸗Retzow; auch der Finanz⸗Minister Camp⸗ hausen nahm wiederholt Veranlassung, sich an der Debatte zu betheiligen.
Dem Herrn v. Mirbach, welcher eine Erklärung über die Courssteigerung am 3. Januar wünschte, entgegnete der Finanz⸗ Minister:
In der Rede des Herrn Berichterstatters und in den Aeußerungen des Herrn Vorredners wird im Grunde genommen die ganze An⸗ gelegenheit nach allen ihren Richtungen wiederum aufgenommen. Ich bitte daher um Entschuldigung, wenn ich mir gestatte, diese Frage in ihrem Zusammenhange kurz zu berühren.
Meine Herren! Als wir im Jahre 1873 uns mit der Frage zu beschäftigen hatten, wie die für die Provinzen bestimmten Gelder zins⸗ bar anzulegen seien, hat damals eine eingehende Erörterung zwischen dem Herrn Minister des Innern und mir stattgefunden, ob bei dieser Anlegung wünschenswerth oder nöthig sei, nur sogenannte deposital⸗ fähige Papiere zu kaufen, oder ob es besser sei, die Gelder anzulegen in anderen sicheren Papieren, und zwar namentlich nach dem Vorgange des Reiches für die Anlegung zuzulassen sichere Eisen⸗ bahn⸗Prioritäts⸗Obligationen. Diese Erörterung hat stattgefunden, ste hat zu der übereinstimmenden Ansicht geführt, daß nach Maßgabe des Gesetzes vom 9. April 1873 die Regierung in der Auswahl der Papiere nicht beschränkt sei. Ich habe nur damals noch ein Super⸗ flunm gethan und mich danach erkundigt, wie in der Landesvertretung dieser Gegenstand aufgefaßt werde. Wenigstens, was das Abgeordneten⸗ haus betrifft, kaun ich den amtlichen Nachweis führen, daß diese Er⸗ kundigung Seitens des Referenten beim Ministerium des Innern und Seitens meines Ministerii bei Mitgliedern der Kommission im Ab⸗ geordnetenhause habe eintreten lassen, nicht allein persönlich, sondern auch durch diejenigen Kommissarien, welche die Angelegenheit in der Be⸗ rathung der beiden Häuser des Landtages zu vertreten hatten. Nun, meine Herren, nachdem der Grundaatz selbst festgestellt war, sind wir an die Ausführung gegangen. Die ganze Korrespondenz, die darüber mit der Sethandlung geführt worden ist, ist in deg Drucksachen des Abgeordnetenhauses veröffentlicht worden. Man wirft nun die Frage auf: wäre es in jener Zeit nicht uabedingt besser gewesen, nur depositalfähige Papiere zu kaufen? Wenn man nach einer un⸗ bedingten Sicherstellung streben wollte, waz würde dann eigentlich haben geschehen müssen? Da hätte man untersuchen können, ob man bei irgend einem Bankinstitute die Gelder anlegen könne, und es würde dann die Frage entstanden sein, welchem Bankinstitute man ein so großes Vertrauen schenken wolle, ob man bei einem solchen Bankinstitute sich eine mäßige Zinsforderung ausbedinge, wogegen jede Schwankung in dem Course ausgeschlossen sein solle. Nun würde man ein Uebereinkommen haben treffen können: nach dem Zeitpunkte ist die Summe integraliter wieder auszuzahlen unter Zu⸗ schießung von 2 ½, möslicherweise von 3 % Zinsen. Sobald man nun einen solchen Weg nicht einschlug, war die Möglichkeit des Cours⸗ verlustes überhaupt nicht ausgeschlossen. Er kann eben so gut bei Staatspapieren eintreten oder bei anderweitigen depositalfähigen Papieren, wie er bei Prioritäten eintreten kann. Nun, meine Herren, ich babe mich damals dafür entschieden, Eisenbahnprioritäten zu kaufen. Daß der Staat nicht etwa sich darauf einlassen könnte, vas Geld für sich zu behalten und einen mäßigen festen Zins zu gewähren, das war zu jener Zeit ein Ding der Unmöglichkeit. Die Bestände der Staatskassen, sowohl der Reichskassen als auch des preußischen Staates zusammengenommen, zählten damals nach
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summen auch zu einem ganz niedrigen Zinsfuße zu verwalten, war im höchsten Grade erschwert und es wücde für den Staat eine große Last gewesen sein, wenn er sich damals hätte verpflichten sollen, für das Geld 2 ½ % oder gar 3 % zu vergüten. Nun hat die Seehandlung zu jener Zeit den Auftrag bekommen, höhere Prioritäts⸗Obligationen anzukaufen. Die Prioritäts⸗Obliga⸗ tionen, die im Jahre 1873 angekauft worden sind, gehörten nicht künstlichen Unternehmungen an, auch nicht Emissionen, die erst erfol⸗ gen sollten, sondern sie zählten zu Papieren, die emittirt waren und an der Börse Cours hatten. Im Jahre 1873 sind angekauft worden außer einigen zerstreuten Obligationen, wenn ich mich so ausdrücken darf, im Wesentlichen Berlin⸗Görlitzer und Hannover⸗-Altenbekener Prioritäts Obligationen. Ich glaube, was die Sicherheit dieser Pcio⸗ ritäten betrifft, kann ich mich doch wohl heute dessen entheben, noch⸗ mals den Nachweis zu führen, daß diese Papiere zwar den lebhaftesten Anfeindungen unterlegen haben, aber daß doch noch niemals für den Sachkundigen die unbedingte Sicherheit dieser Papiere jemals hat zweifelhaft werden können und in diesem Augenblick nicht mehr zweifel⸗ haft sein kann. Der verehrte Hr. von Mirbach hat auch noch mit einem Worte an die Courssteigerung erinnert, die am 3. Januar d. J. angeblich stattgefunden haben soll, oder ich will sagen, die wirk⸗ lich stattzefunden hat. Denn es ist unzweifelhaft, daß sowohl am 31. Dezember v. J. als am 4. Januar d. J. die Spekulation à la baisse das Uebergewicht hatte und nur am 3. Januar d. J. der Ver⸗ such gemacht worden ist, ihr entgegenzutreten. Ich würde die Herren, die sich füc diese Angelegenheiten interessiren, bitten, gegenwärtig einen Blick in den Courszettel zu werfen; sie werden dann bei den angefoch⸗ tenen Prioritäts⸗Obligationen den sogenannten in die Höhe getriebenen Cours nahezu erreicht finden, und mich würde es sehr wundern, wenn er im Laufe dieses Jahres nicht überstiegen werden sollte. Wir haben eigentlich nur zu warten auf die Beschlüsse der betreffenden Eisenbahn⸗ gesellschaften; dann hoffe ich, wird für Jedermann der Beweis wie 2 £ 2 = 4 geführt sein, daß diese Prioritäten unbedingt sicher sind
aß ein anderer Maßstab 8 1 11“ “ 8₰
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Es ist dann darüber geklagt worden,
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ihnen diese Prioritäten verschafft haben, den Vortheil ziehen werden. 8
Hunderten von Millionen Mark, und die Möglichkeit, ähnliche Geld⸗
und daß die Provinzialverhände aus dem höheren Zinsgenuß, den
— 1 11“ 8 8 Meire Herren! Den höheren Zinsfuß möchte ich dech bitten, nicht so geringschätzig anzusehen, wie das von vielen Seiten geschehen ist und wie es sich auch heute in den Worten des ersten Herrn Redners kund gab. Wenn man einer jeden Coursschwankung überhoben sein will. ein Kapital unverändert mit einem mäßigen Zinsenaufschlage zurück⸗ erlangen will, so kann diese Zinsvergütung immer nur eine sehr ge⸗ ringe sein Nehmen wir einmal an, dieselbe wünde auf 3 % sich baben normiren lassen, meine Herren, was ist dann nun für ein Verhältniß eingetreten? Der angefochtene Ankauf der Hannover⸗Altenbekener und Berlin⸗Görlitzer Prioritäten hat stattgefunden im Juni 1873. Seitdem sind 33 Monate verflossen. Ob ein Kapital 4 ½ % oder 3 % Zinsen bringt, das macht pro Monat ½ % Unterschied und es kann also jetzt schon bei jenen Papieren ein Coursverlust von 4 ½ % eintreten und der Eigen⸗ thümer des Papiers hat dann doch noch eine volle Zinsnutzung neben verf unreränderten Gewährung des Stammkapitals von 3 % ge⸗ nossen.
Miine Herren, schwieriger liegt das Vechältniß in Bezug auf die Halle⸗Sorau Gubener Prioritäten. Ich muß bekennen daß wir in Beziehung auf diese Niioritäten allerdings außerordentlch viel Unglück gehabt haben, von dem ich aber hoffe, daß es bald zum glücklichen Ende führen wird. Die Prioritäten — ich glaube, daß der geehrte Herr Bericht⸗ erstatter sich nur auf diese Prioritäten bezog, als er nach dem Cours sich erkundigte — sind überall dem Hauptbestandtheile nach nicht irgend aus Beständen eines Konsortiums erworben worden, sondern in ihrem Hauptbetrage an der Börse gekauft, ebenso wie jeder Privatmann im Stande ist, sich einen Posten von 100,000 oder 200,000 Thalern an der Börse beschaffen zu lassen. Als der An⸗ kauf Seitens der Serhandlung erfolgte — er hat bekanntlich theils uim Januar 1874, theils Ende März 1874 stattgefunden — da hatten diese Papiere nie einen Cours unter 100 Prozent gehabt, sie waren da⸗ gegen längere Zeit hindurch zu mehr oder weniger höheren Coursen gehaadelt worden, nicht zu sehr viel höheren Coursen, denn, meine Herren, ein 5 prozemiges Papier, das jederzeit konvertirt werden kann kann ein großes Agio über Pari hinaus nicht gewähren. Die See⸗ handlung hat im Januar und März 1874 diese Papiere ihrerseits für unbedingt sicher gehalten.
Der Geschäftsbericht pro 1873, dessen der Graf ndo zu Stol⸗ berg gedachte, war zu jener Zei! noch nicht erzangen; der Bericht ist im Juni 1874 der Generalversammlung vorgelegt worden. Der Ab⸗ schluß selbst hat stattzefunden am 31. März 1874. Von diesen Resurtaten mag hier und da Einem etwas bekaunt geworden sein, jeden⸗ falls den Mitgliedern des Ausschusses. Die Seehandlung hat aber nichts davon gewußt, und natürlich noch weniger der arme Finanz⸗Minister der wirklich nicht von jeder einzelnen Verhandlung, die bei einer Eisenvahngesellschaft vorkommen kann, schon Tags darauf oder Mo⸗ nate vorher, ehe noch etwas davon in die Oeffentlichkeit kommt Kenntniß erlangt. Nun, seitdem ist es jener Bahn im Ganzen schlecht ergangen, und zwase hauptsächlich deshalb, meine Herren, einmal, weil sie ein Gegenstand beharrlicher Anfein⸗ dung gewesen ist, und zweitens, weil sie mit unge⸗ nügenden Geldmitteln hat bewirthschaftet werden müssen. Lassen Sie mich noch mit einem Worte näher darauf eingehen, ob denn die Seehandlung so gar keinen Grund hatte, an die Sicherheit dieser Prioritäten zu glauben. Da habe ich anzuführen, daß die Prioritäten der Halle Sorau Gubener Bahn, die erworben worden sind für den Dotationsfonds — eine Kleinigkeit gebört einer noch besseren Priorität an — der Haupsache nach bestehen in soge⸗ nannten Obligationen Litt. B. der Halle⸗Sorau⸗Gubener 1X“ dieser Bahn ausfallen muß die sesammte Zahl der A nit ihren Dividenden, einmal etwas über 6 ½ Millionen Thaler an Stammaktienkapital, ferner 6 ½ Millionen Thaler an Prioritäten⸗Stammaktienkapital, zusammen, glaube ich, 13 ½ Millionen Thaler, daß ferner ausfallen muß eine Priorität, die noch später kreint worden ist, die aber bisher noch nicht emittirt, sondern nur be⸗ liehen ist, und daß also von dem Unternehmen nur zu erwarten ist die Verzinsung der ersten Prioritöt und der durch den Dotationsfonds er⸗ worvenen zweiten Priorität, damit auch nicht der geringste Verlust ür den Dotationsfonds eintreten kann. 18 een. meine 86 die Regierung über diese Prioritäten,
ls sie ins Leben gerufen wurden, gedacht hat, möge Ihnen zeigen
ein Passus, den ich zu Ihrer Kenntnes 1 will, “ 1 diatbericht, den erstattet haben der damalige Handelsminister Graf von Itzenplitz und meine Wenigkeit am 10. November 1871 an Se. Majestät den König, um die Genehmigung zu erwirken, daß ein Peivilegium zur Ausgabe von Prioritäts⸗Obligationen ertheilt werde. In diesem am 10. November 1871 erstatteten Immediatbericht sprechen die beiden Ministerien — natüclich war die Sache im Handels⸗Ministerium gemacht worden — sich aus, wie folgt: Nach der edeutung des an und für sich als aussichtsvoll zu bezeichnenden Uaternehmens kann es einem Zweifel nicht unterliegen, daß Kapital und Zinsen der Anleihe durch die Priorität von dem ge⸗ sammten Aktienbestande in dem Unternehmen völlig sicher fundirt sind. Später ging die Gesellschaft dazu über, neben dem Hauptunternehmen, das sie begründet hatte, die Eisenbahn von Eilen⸗ burg nach Leipzig zu bauen. Damals war man allgemein der An⸗ sicht, daß erst durch diese Zweigbahn die wirklich große Bedentung der Bahn Halle⸗Sorau⸗Guben erlangt werden würde, und, meine Herrken, es ist für diese Zweigbahn Eilenburg⸗Leipzig, daß die Prioritäts⸗Obligationen Lit. B kreirt worden sind, bei deren Befürwortung sich bie Minister im Jahre 1872 wiederum Sr. Majestät gegenüber dahin geäußert haben, daß die Anlage als eine völlig sichere zu betrachten sei. Ich erwähne dies, um auf Vorgänge hinzuweisen, die lange vor dem Ankauf stattgefunden haben, die etwas mehr als anderthalb Jahre zurückliegen und die Ihnen bekunden mögen, wie die Staatsbehörden über ienes Unternehmen zu jener Zeit gedacht haben.
8 „Nun, meine Herren, das schließt ja Alles nicht aus, daß sich die Staatsbehörden zu jever Zeit geirrt haben konnten, und daß die Prio⸗ aitäts⸗Obligationen nicht so sicher waren, als wofür die Seehandlung und ich sie damals erachtet haben. Aber, meine Herren, deshalb füge ich hinzu, daß wir diese Ansicht über die Sicherbeit der Prioritäten bis jetzt noch keineswegs geändert haben. Die Frage über die Dotations⸗ fonds wird ja eher vollständige Erledigung schon dann finden, wenn das dem Landtage vorgelegte Gisetz wegen Uebernahme der Verwal⸗ tung der Halle⸗Sorau⸗Gubener Bahn durch den Staat, wegen Ueber⸗ nahme einer Zinsengarantie und wegen des künftigen Ankaufs dieser Bahn Genehmigung findet. Dann versteht sich ja von selbst, daß nicht allein mit Leichtigkeit der Preis wiederum zu erlangen ist, den der Dotationsfonds angelegt hat, sondern, daß, wenn der Staat nicht sehr bald darauf hinwirkt, die Prioritäten konvertiren zu lassen — was ich allerdings meinerseits für wünschenswerth erachte — dann mit Sich⸗rheit auf ein Agio gegen den Ankaufspreis bei diesen Prioritäten zu rechnen ist. Nun bleibt es ja fraglich, ob die Landes⸗ vertretung der Ansicht der Staatsregierung in Bezug auf diesen schon im vorigen Jahre mit der Halle⸗Sorau⸗Gubener Eisenbahngesellschaft abgeschlossenen Vertrag beitreten wird, oder nicht, und sollte die Lan⸗ desvertretung den Vertrag verwerfen, so werden temporär unzweifel⸗ haft erhebliche Schwierigkeiten für die Gesellschaft sich ergeben, die einstweilen mit ihren Geldmitteln nicht gehörig fundirt ist. 8
Wenn ich mich aber frage, ob selbst in einer solchen Eventualität die ich doch heute nicht in Anssicht nehmen mag, die Dotationsfonds zu kurz kommen würden, dann antworte ich Ihnen ganz positiv: Nein! dann antworte ich Ihnen ganz positiv: eine Bahn, wie die Halle⸗ Sorau-Gubener Bahn, die in Verbindung mit der Halle Casseler Bahn steht, wegen deren Ankaufs in den naͤchsten Tagen dem Land⸗ tage eine Vorlage zugehen wird, wie ich hoffe, — diese Bahn bildet eine wichtige Bahnlinie durch die Mitte Deutichlands; sie verbindet an dem einen Ende die Niederschlesisch⸗Märkische Bahn und an dem anderen die Staatsbahn, die wir im Westen Deutschlands besitzen. Diese Bahn hat meines Ecachtens eine sehr bedeutende Zu⸗ kunft, und wenn die Prioritätsgläubiger, wenn die Inhaber der Obligationen erster und zweiter Priorität so thöricht sein sollten, ihr Kapital im Stich lassen zu wollen, wenn ste
will einmal diese Unterstellung einen Angenblick hegen — die Stamm⸗ aktionäre und die Prioritäte⸗Stammaktionäre um alle ihre Intraden gebracht werden — dann muß ich sagen, daß ich vor der merkantilen Befähigung der Besitzer dieser Prioritätsobligationen eine sehr geringe chtung haben würde. Denn diese Bahn, um die es sich hier handelt, ist den Betrag den die Prioritätsobligationen 1. und 2. Serie repräsentiren, jeden Tag werth, und die Eicenthümer werden jeden Tag einen entsprechenden Kaufpreis für diese Bahn erlanzen können Für die Verwaltung ist es allerdings recht unangenehm gewesen, daß die Seehandlung in den Jahren 1873 und 1874 mit ihrem Ankau⸗ gerade auf diese Prioritäten, die nachher per tot discrimina rerum gezangen sind, gefallen ist, und es ist eine keineswegs angenehme Auf⸗ gabe gewesen, allen den Anforderungen, die sich daran kaüpften, gegen⸗ über immer eine ruhige, unbefangene und unerschü terte Haltung zu beobachten. Das glaube ich aber hoffen zu dürfen, daß wir der end⸗ lichen Rezulirung dieser Anaelegenheit nunmehr uns von Tag zu Tag mehr nähern, und daß das Resultat sein wird, daß alle diejenigen die so lebhafte Aafeindungen gegen dieses Geschäft geführt haben, doch noch den Zeitpunkt erleben werden, wo ste sich dieser Anfeindung einigermaßen schämen. 1
Auf eine Replik des Hrn. v. Kleist⸗Retzow erwiderte der Finanz⸗Minister Cam phausen:
erDer gechrte Herr Vorredner führt die Angelegenheit der Entledigung entgegen und hat eigentlich alles Schlimme was sich sagen läßt, wiederholt; ich glaube mich dadurch nicht verführen lassen zu müssen, auf die ganze Asgelegenheit von Neuem einzugehen. Ich will nur, da mehrere Male und mit eener gewissen Zähigkeit auf den unbedeutenden Vorfall vom 3. Januar zurückgekommen ist, abweichend von dem Verhalten, was im Abgeordnetenhause auch Seitens der erklärtesten Gegnec der Maß⸗ regel verfoigt worden ist, mich doch dem nicht entziehen, auf diesen Punkt näher einzugehen. Ich habe schon vor einiger Zeit im Ab⸗ geordnotenhaufe die Bemerkung gemacht, daß nach richtiger Inter⸗ pretation des Gesetzes vom Jahre 1873 für die Staatsrezierung der Cours, der am 3. Januar dieses Jahrcs bestand, vollkommen gleichgüttig war, daß nicht die entferntest n Interessen dam bestimmen konnten, auf diesen Cours eine Einwirkung üben zu wollen. Ich habe dort erktärt, und die Erklärung ist in einem spaͤteren Stadiam nachdem meine Herren Kommissarien den Präsidenten der See⸗ handlung auf meine Weisung positiv darüber befragt hatten auch im Namen des Präsidenten der Seehandlung abgegeben, daß eine Einwirkung zur Herbeiführung künstlicher Course nicht stattgefunden hat. Nun, meine Herren, ich möchte also glauben, daß nach diesen Erklärungen dech der Staats⸗ verwaltung als solcher jeder Anlaß, sich um die Verhandlungen an der Börse, die am 3. Januar stattgefunden haben, zu bekümmern fehlt, wie ihr denn ja auch unbedingt die Mittel fehlen zu der von einer Seite in Anregung gebrachten eidlichen Vernehmung von Maklern. etztere würden einfach antworten: wie komme ich dazu, bei eidlicher Versicherung über einen solchen Vorfall Auskunft zu geben? Dazu würde vielleicht eine Möglichkeit gegeben sein, wenn das Ganze Gegenstand einer gerichtlichen Untersuchung gewesen wäre. Nun, meine Herren, fragt sich das Publikum: wie kann überhaupt der Vorfall sich ereignet haben? Der Finanz⸗Minister hat erklärt, er hat ihn nicht ver⸗ anlaßt; der Fianz⸗Minister ist sogar weiter gegangen, er hat erklärt, was auch fur jeden Sochkundigen unzweifelhaft ist daß man etwas Unangenehmeres für ihn persönlich sich garnicht ersinnen konnte als am 3. Januar die Courgerhöhung durchzusetzen und sie am 4. Ja⸗ nuar fallen zu lassen. Denn dadurch wurde anscheinend wenigstens der Beweis geführt, daß die Coursnotirung am 3. Januar rein künst⸗ licher Natur war. Was mag nun das Ganze herbeigeführt haben? Da muß ich zunächst der Aeußerung eines börsenkundigen Mit⸗ gliedes widersprechen, daß am 31. Dezember stets die höchsten Course stattfänden. Bis auf einen gewissen Grad ist die Aeuße⸗ rung richtig. Wenn diejenigen Institute, die an der Sacke ein Interesse haben, dominiren, wenn sie im Stande sind, mit geringen Opfern die Course höher notiten zu lassen, als sie außerdem sein würden, so ist es richtig, daß man öfter die Wahrnehmung macht daß gerade am Tage des Jahresschlusses die Course höher geworden sind. Aber, meine Herren, sie sind ebenso häufig an jenem Tage nie⸗ driger, als wie sonst; denn es werden bekanntlich an der Börse Dif⸗ ferenzgeschäfte gemacht, die Erfüllung dieser Differenzgeschäfte richtet sich nach den Coursen an dem bestimmten Tage, und es liegen eben⸗ sowohl die Interessen auf der anderen Seite vor, die Course möglichft niedrig zu haben, als wie für gewisse Jastitute das Interesse bestehen kann, die Course möglichst hoch zu halten. Wenn Sie den Gang der Börse verfolgen wollen, so fiaden Sie, daß in der zweiten Hälfte des Dezember v. J. die Speku ation à la haisse ein bedeuten des Uebergewicht gchabt hat; Sie finden, daß diese Hangover⸗Altenveckener Obligationen in der ersten Hälfte des Monats Dezember v. J, in den Tagen vom 11. bis zum 14. ogar mit 95,50 G. norirt waren, noch zu einem höheren Satze, als wo der anscheinend übertrirben hohe Cours am 3. Januar d S stand; denn der Cours des 3. Januar d. J. hat sich auf 95 B. verlaufen, während er im Laufe des Monats Dezember zu 95,50 G. tagelang notirt gewesen ist. Da könnte man ebenso nach der Ursache fragen. Glücklicherweise ist damals Niemard in die Lage sebracht worden, für die Courssteigerung Rede und Antwort zu stehen; sonst würde sich auch damals der Glaube erzeugt haben, sie beruht lediglich auf künstlicher Einwirkung. Am Anfange des Jahres pflegen nun Schwankungen schon deshalb einzutreten, weil sehr häufig Verkaufs⸗ wie Ankauftanträge mit dem 31. Dezember abgelaufen sind und noch nicht Erneuerung gefunden haben für das neu begonnene Jahr. Dieser Umstand hat, wie ich glaube darauf eingewirkt, daß Höhernotixungen am 3. Januar c. haben durchgesetzt wer⸗ den können. Von welcher Seite diese Notirungen stattgefunden haben, das lasse ich dahingestellt sein. Ich glaube, daß die Einwirkung stattgefunden hat von einer Seite, die geglaubt hat, dem Staate damit einen Dienst zu erweiten. Ich glaube aber nicht minder, daß die Gegen⸗ wirkung, das plötzliche Hinunterschrauben des Courses, das theils am 31. Dezember stattgefunden hatte, theils am 4. Januar erneuert wurde, umgekehrt von einer Seite stattgefunden hat, die ein wesent⸗ liches Interesse daran hatte, der Finanzverwaltung einen kleinen Schabernack zuzufügen. In dies Gewirre die Regie⸗ rung näher hineinzumischen, nachdem doch jetzt wohl von allen Seiten aner kannt ist, daß man sich üver die Bedeutung des ganzen Vorganges im ersten Augenblicke auf den Provinziallandtagen und im Lande geirrt hat, würde ich nicht für entsprechend halten. Ich bin meinerseits der Ansicht, die im Abgeordnetenhause bei der neulichen Berathung der Sache bereits Anerkennung gefunden hat, daß man diese Sache nun endlich möge auf sich beruhen lassen und nicht immer wiederum aufs Neue aufwühlen möge und nicht mehr den Versuch machen möge, etwas hineinzulegen, wo doch für diejenigen Theile, die Ihnen gegenüber in Frage kommen, nichts hineinzulegen ist. Das glaube ich schließlich für mich in Anspruch nehmen zu ö wenn ich sage, ich habs nicht gethan, dann ist es nicht ge⸗ schehen.
Der König empfing heute Mittag in Audienz den Kaiserlich
Dann wurde der Kommissionsantrag angenommen und die Sitzung um 4¼ Uhr geschlossen. Nächste Sitzung unbestimmt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 22. März. russischen Wirklichen Staatsrath und Kammerherrn Okunew, welcher Sr. Majestät seine Kreditive als außerordentlicher Ge⸗ sandter und bevollmächtigter Minister des Kaisers von Rußland überreichte. — Die heutige „Post⸗ och Inr. Tdn.“ enthält in ihrem amtlichen Theil folgende Mittheilung aus der Kanzlei des Königs: Da der bei dem Festungsbau Carls⸗
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nicht dazu übergehen sollt dem im Konkursverfahren ich 11““ B 8 8
Carlsborg zu einer Vorrathsfestung für die Armee zu machen, der Chef der Fortifikation aber im unterthänigen Memorial vom 27. Juli v. J. die Bedeutung hervorgehoben hat, wenn i gehörige Erwägung gezogen würde, wie weit nicht Carlsborg im mehr oder minderen Grade zu einer Manöverfestung oder möglicher⸗ weise sogar zu einem Rückzugspunkte im Falle des Unglücks für Theile des schwedischen Heeres gestaltet werden könnte, und ersucht hat, daß ein Comité niedergesetzt werden möchte, damit diese für die Vertheidigung des ganzen Landes besonders wichtige Frage einer sachkundigen und vielseitigen Prüfung unterworfen werde, so hat Se. Majestät unterm 10. März d. J. beschlossen, daß zur Be⸗ handlung der genannten Angelegenheit ein Comité gebildet werden und am 27. d. M. hier in der Hauptstadt zusammentreten soll. Zum Vorsitzenden dieses Comités hat Se. Majestät den General Befehlshaber im ersten Militärdistrikt, General⸗Lieutenant E. M. . af Klint ernannt und zu Mitgliedern desselben: General⸗Major und Chef der Fortifikation Freiherr B. A. Leijohufvud, Gene⸗ “ enn General⸗Major Frei . G. Leijonhufvud und den e alstab Oberst Freiherr C. F. . Raab. Chef des Generalsabes
— Dänemark Kopenhagen, 23. März. Das Lands⸗ thing genehmigte zu Anfang feiner gestrigen Sitzung den Ueber⸗ gang der Gesetzentwürfe, betreffend das Uebungslager und die Nachtragsbewilligung zum Finanzgesetz, zur zweiten Lesung ohne Debatte. Ueber den Gesetzentwurf, betreffend die Beob⸗ achtung der Feiertage der Volkskirche, welcher zur zwei⸗ ten Lesung stand, entspann sich eine lange Verhandlung, an wel⸗ cher sich der Justiz⸗Minister wiederholt betheiligte. Zu §. 1 wurde der Antrag des Ausschusses, daß nicht nur lärmende Beschäfti⸗ gungen, sondern auch solche, welche „im Uebrigen durch die Art und Weise, wie sie vorgenommen werden, störend wirken, an Feiertagen von 9 Uhr Vormittags bis 4 Uhr Nachmittags ver⸗ boten sein sollen,“ einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf wurde schließlich einstimmig zur dritten Lesung verwiesen.
Das Folkething beschäftigte gestern die erste Lesung des Gesetzentwurfs, betreffend die Gehälter der Beamten der Volkskirche. Nach einiger Diskussion wurde der Ueber⸗ gang des Gesetzentwurfs zur zweiten Lesung und die Verwei⸗ sung desselben an einen Ausschuß von 11 Mitgliedern beschlos⸗ sen. Eine Interpellation J. A. Hausens an den Kultus⸗ Ministe : „Mit welchem gesetzlichen Recht hat der Minister einen vom Kommunalrathe nicht empfohlenen Lehrer und Kirchensänger im Dorse Tjörring angestellt?“ rief eine erregte Diskusston hervor. Schließlich wurde folgende vom Interpellanten vorgeschlagene motivirte Tag esordnung: „Indem das Folkething ausspricht, daß es das Verfahren bei der neulich geschehenen Be⸗ setzung des Schullehreramtes in Tjörring nicht für berechtigt an⸗ erkennt, geht es zur nächsten Sache auf der Tagesordnung über“, in namentlicher Abstimmung mit 53 gegen 25 Stimmen angenommen.
Landtags⸗Angelegenheiten.
Berlin. Von vielen Einwohnern der Provinz Westfalen sind dem Herrenhause gemeindeweise Petitionen eingereicht, welche die Ertheiluag des Religionsunterrichts in den katholi⸗ schen Volksschulen betreffen.
Der Inhaft sämmtlicher Petitionen ist wört sind gedruckt; ihre Anzahl beträgt 207 und schriften ca. 36,214.
Im Eingang⸗ der Petitionen wird allgemein behauptet, daß die von Seiten der Staateregierang seit dem Erlaß des Schulaufsichts⸗ gesetzes vom 11. März 1872 auf dem Gebiete des Schulwesens ge⸗ troffenen Maßregeln die ernstesten Besorgnisse der Katholiken wach⸗ rufen müßten. Sodann wird speziell auf eine bei „Giebe, Verord⸗ nungen, betreffend das gesammte Volksschulwesen in Preußen“ ab⸗ gedruckte Cirkularverfügung der Königlichen Regierung zu Tüsseldorf vom 3. Februar 1875, Bezug genommen und insbesondere hervorgehoben, daß nach derselben der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗ Angelegenheiten erklärt habe: es bestehe keine gesetzliche Bestimmung daß der Geistliche in der Volksschule den Religionzunterricht ertheilen dürfe, vielmehr falle diese Ertheilung des Religionsunterrichts ledig⸗ lich dem Lehrer zu; die den Religionsgesellschaften zustehende Leitung des Religionsunterrichts berechtige den mit der Leitung beauftragten Geistlichen nur, dem Religionsunterrichte beizuwohnen und etwaige Beschwerden bei den Organen der staatlichen Schulaursicht anzubringen. . Die Petenten behaupten, daß durch praktische Anwendung dieser Ansichten das der katholischen Kirche nach Art. 24 der Verfassungs⸗ Urkunde zustehende Recht der Leifung des Religionsunterrichts in der Volksschule illusorisch gemacht würde, und führen dann weiter aus daß die katholischen Eltern ein heiliges, nicht erst von Staatswegen ihnen zugestandenes Anrecht darauf hätten, zu verlangen, „daß ihren Kindern der römisch⸗katholische Glaube nach seinem ganzen Inhalt und Umfang durch die katholische Volksschule vermittelt werde.*
Diese Anführung des Anrechts auf eine katholische Bolksschule,
wörtlich gleichlautend; sie die Gesammtzahl der Unter⸗
gs bisher befolgte Plan hauptsächlich bezweckte,
wobei das Wort „katholische“ groß gedruckt ist, deutet an, daß für den gesammten Urterricht eine konfesstonell getrennte katholische Volks⸗ schule in Anspruch genommen wird. Die Inhaltsangabe der Peti⸗ tionen spricht ebenfalls von Ertheilung des Religionsunterrichts in den katholischen Volksschulen; aber in dem nächsten Satz der Petition selbst wird doch nur verlangr, daß die von Gott gesetzten Hirten der Kirche ganz unumschränkt, frei von jeder staatlichen Einmischung, die und Ertheilung des Religionsunterrichts in ihrer Hand u te .
Der Antrag der Petenten geht schließlich dahin: „Das hohe Haus wolle die Königliche Staatsregierung auffordern, im Einklange mit den bisherigen Normen die volle Geltung des Art. 24 der Ver⸗ fassungsurkunde mit aller Entschiedenheit aufrecht zu halten, und zwar so, daß die Religionsgesellschaften in ihrem Rechte auf volle Freiheit in der Leitung und Ertheilung des Religionsunterrichtes geschützt werden, oder aber — falls uns dies verfassungsmäßig begründete Recht fernerhin wider Verhoffen beschränkt und bestritten werden sollte — uns nunmehr die in dem Art. 20 und 22 der Verfassungsurkunde bereits grundgelegte volle Unterrichtsfreiheit zu gewähren.“
Die Petitionskommission des Herrenhauses spricht indessen nach den bestehenden Gesetzen der Staatsregierung das Recht zu, die ka⸗ thol;schen Geistlichen von der Ertheilung des religiösen Unterrichts in der Volksschule auszuschließen oder sie dazu nur bedingungsweise zu⸗ zulassen und kann unter den obwaltenden Verhältnissen auch nicht anerkennen, daß die in den betreffenden Berfügungen des Kualtus⸗Ministers gestellten Bedingungen und gegebenen Vorschriften über die Zulassung von Geistlichen zur Ertheilung des Religions⸗ unterrichts in der Volksschule unangemessen und unzweckmäßig seien.
Der eventuelle Antrag der Petenten, „ihnen nunmehr die in den Art. 20. und 22. der Verfassung bereits grundgelegte volle Unter⸗ richtsfreiheit zu gewähren“ widerspricht den Vorschriften der Ver⸗ faseungsurkunde. Unter der beantragten vollen Unterrichtsfreiheit kann nach dem ganzen Inhalt der Petitien nur die Freiheit verstanden werden, öffentliche Volksschulen ohne Mitwirkung und Kontrole der Staatsbehörden zu errichten und Privatschulen der Aufsicht des Staates zu entziehen. Das würde den Art. 23 und 24 der Ver⸗ fassungsurkunde und allen bestehenden Gesetzen über das Schulwesen widersprechen und auch als Grundlage für eine künftige Gesetzgebung nicht zu empfehlen sein.
Auf Grund dieser Ausführungen hat die Kommission Uebergang zur Tagesordnung in Betreff aller Petitionen beantragt.