tung der auf den Nordwesten beschränkten Versuchsstation die
16. September 1872 die Ansicht ausgesprochen, daß eine Person,
und der Zeugniß⸗ resp. Eidesfähigkeit verlustig ge⸗ welchem in Milderung der bezüglichen früheren Strafvorschriften
oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, bedroht ist,
zum Diner gezogen worden, zu welchem auch die Mitglieder des
und Königs und Commandeur der 12. Division, hat sich nach
von Kiel nach Plymouth in See gegangen.
Städtetag seine Verhandlungen über die neue Städte⸗
waltsverein übermittelt werden. Das Referat stellte vier Punkte
chener Landtagswahlen erhobene Reklamation veranlaßte, wie die „Allg. Ztg.“ mittheilt, gestern Abend in der II. Abthei⸗ lung der Kammer eine mehrstündige Berathung, die jedoch noch zu keinem definitiven Resultat führte. Man war eben schließlich doch der Ansicht, daß, bevor man auf den Antrag des Abg. Hauck, als Referenten, die Wahlen zu kassiren, eingehen könne, weitere Erhebungen, bezw. Akteneinsicht, erforderlich seien. Dem⸗ zufolge wurde in späker Abendstunde die weitere Behandlung der Frage vertagt. — Das Abgeordnetenhaus setzte heute die Berathung des Hundesteuergesetzes fort und nahm schließlich das ganze Gesetz mit 126 gegen 20 Stimmen an.
beendete heut die Berathung des Etats des Kultus⸗Ministeriums und bewilligte fast sämmtliche Postulate in Uebereinstimmung mit den Beschlüssen des Abgeordnetenhauses. Das Letz⸗ tere beschäftigte sich mit Petitiomren.
heute Nachmittag der Königin vun Großbritannien und Irland in dem Palais des Prinzen Audwig einen halbstündigen Besuch ab. — Da die Freigebung des Gewerbe⸗Betriebes im Umherziehen durch die Reichs⸗Gewerbe⸗Ordnung an manchen Orten in Hessen eine Schädigring der stehenden Ge⸗ werbe durch die sog. Wanderlager ergeben hat, so ist Seitens des Abg. Hirschhorn der nach der Reichsgesetzgebung nicht aus⸗ geschlossene Antrag gestellt worden, die Regierung, im Hinblick auf das Vorgehen anderer deutschen Staaten, um schleunigste Vorlage eines Gesetzes über anderweite — höhere — Besteuerung des Gewerhebetriebes im Umherziehen, insbesondere der sog.
rungs⸗Rath v. Nathustus, der Lar.oes⸗Oekonomie⸗Rath Dr. Thiel,
sodann &. Vertreter des Fineaz⸗Ministers der Landforstmeister Ulriv, ferner aus Preußen. der Vertreter des schleswig⸗holstein⸗ schen Haidekultur⸗Vereins B. A. Winter aus Rendsburg, sowie
8 Landdrost v. Quadt aus Osnabrück, Geheimer Regierungs⸗Rath
Roloff aus Aurich, Wasserbau⸗Inspektor Oppermann und Ober⸗ förster Clauditz aus Meppen, Senator Holtermann aus Stad⸗, Dr. Köpke aus Bremervörde, Rittergutsbesitzer Rimpau uus Cunrau, Professor Dr. Märcker aus Halle, Professor Orth aus Ber⸗ lin, die Abgg. Dr. Hammacher, v. Schorlemer⸗Alst und v. Saucken⸗ Tarputschen, Dr. König aus Münster, Baron v. Osten⸗Sacken aus Pommern und Baron v. Massenbach aus Ostpreußen. Die oldenburgische Staatsregierung war durch den Ober⸗-Kammer⸗ Rath Rüder, Bremen durch Hrn. A. Lammers (Verein gegen das Moorbrennen) vertreten. Die Kommission tagte am 3. und 4. April und beschloß im Wesentlichen Folgendes: Unter finanzieller Mitwirkung von Preußen, Oldenburg und Bremen vereinigen sich zunächst der Haidekultur⸗Verein der Provinz Schles⸗ wig⸗Holstein, die landwirthschlichen Vereine für die Landdrostei Stade, das Fürstenthum Ostfriesland, das Herzogthum Aremberg⸗Meppen, das Herzogthum Oldenburg, das Staatsgebiet Bremen und der Verein gegen das Moorbrennen zur Gründung der erwähnten Versuchsstation. Als Sitz der Anstalt wurde mit bedeutender Majorität Bremen in Vorschlag gebracht; an Gründungskosten sind 10,000 ℳ, an laufenden Unterhaltungskosten 15,000 ℳ in Aussicht genommen. Zur Vorbereitung der Maß⸗ regeln gegen das Acoorwesen fungirt in Berlin als Cen⸗ tralstelle eine aus 5 Mitgliedern (darunter je 1 Olden⸗ burger und Bremer) bestehenden Kommission, die sich je nach der wechselnden Natur ihrer Aufgaben zeitweilig passend verstärken kann. Ihr fällt zu, nach vollendeter Einrich⸗
Vermittelung des Verkehrs derselben mit anderen preußischen Versuchsstationen; die Herstellung von Moorkarten, die Herbei⸗ führung einer Statistik der Moorkultur; Vorstudien für admini⸗ strative und legislative Maßregeln auf diesem Gebiete, also auch für die Beschränkung des Moorbrennens.
— Das Ober⸗Tribunal hatte in einem Plenarbeschluß vom
welche unter der Herrschaft des preußischen Strafgesetzbuches in Folge einer Zuchthausstrafe dauernd der bürgerlichen Ehrenrechte
gangen, durch die Einführung des Reichs⸗Strafgesetzbuches, nach nur noch der Meineid mit dauernder Unfähigkeit, als Zeuge
die Zeugnißfähigkeit eo ipso nicht wieder erlangt hat. Dieser Ansicht des höchsten preußischen Gerichtshofes hat sich nunmehr auch das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht, I. Senat, in einem
Erkenntniß vom 22. Februar d. J. angeschlossen.
☛☚ — Eine Deputation aus Hanau, bestehend aus Stadtschul⸗Inspektor Junghenn, dem Bijouterie⸗ abrikanten Carl Backes, Tabaksfabrikanten Otto Hosse, Rentier Fr. Ziegler, Mitglied des Abgeordneten⸗
ist hier eingetroffen und hat dem Reichs⸗
Fürsten Bismarck ein Ehrengeschenk über⸗
Die Mitglieder derselben waren von dem Fürsten gestern
Reichsbankkuratoriums und mehrere andere Herren Einladung rhalten hatten.
— Der General⸗Lieutenant Kraft Prinz zu Hohenlohe⸗ Ingelfingen, General⸗Adjutant, Sr. Majestät des Kaisers
urzem Aufenthalt hierselbst in seine Garnison Neiße zurück⸗ egeben.
— S. M. Kanonenboot „Nautilus“ ist am 5. d. M.
Insterburg, 3. April. Gestern hat der preußische
rdnung fortgesetzt. Nach Beendigung der Berathung ent⸗ schied man sich dahin, die für Berlin in Aussicht genommene Delegirtenkonferenz mit drei Abgeordneten zu beschicken, zu denen die Bürgermeister Bollmann⸗Thorn, Korn⸗Insterburg und Kotze⸗ Osterode gewählt wurden. Als nächster Sitz des Städtetages wurde Elbing festgesetzt.
Frankfurt a. M., 5. April. Gestern fand hier eine zahl⸗ reich besuchte Versammlung der hiesigen Anwälte unter dem Vorsitz des Justiz⸗Raths Dr. Reinganum statt. Dr. Siebert er⸗ stattete den von dem Ehrenrathe in seiner überwiegenden Mehr⸗ heit genehmigten Bericht über den von der Reichs⸗Justiz⸗Kom⸗ mission vorgeschlagenen Entwurf einer deutschen Anwalts⸗Ord⸗ nung. Dieser Bericht sollte nach Beschluß des Ehrenraths den hiesigen Anwälten vorgelegt und alsdann dem deutschen An⸗
auf, welche im Prinzip die Freigebung der Advokatur bedeuten und zu deren Annahme sich die Versammlung im Laufe der Debatte einigte.
Batern.
München, 5. April. Die gegen die Mün⸗
Sachsen. Dresden, 6. April. Die Erste Kammer
Hessen. Darmstadt, 5. April. Der Großherzogstattete
1 Wanderlager zu ersuchen. Das Ober⸗Konsistorium hat eine Instrukticn für die Erhehung der allgemeinen evangelischen Kirchensteuer ertheilt. Hiernach erfolgt deren Berechnung in den Hebelisten für die Gemeinde⸗Umlagen, und sie wird von dem Gemeinderechner mit den übrigen Umlagezielen erhoben und in den Central⸗Kirchenfonds einbezahlt.
Lippe. Detmold. 5. April. Die Wahlen zum Landtage sind mit der vorigen Woche beendet, und es sind gewählt worden 7 Fortschrittsmänner, 2 Nationalliberale, 3 Kon⸗ servative und zwei, die keiner der genannten Parteien angehören.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. April. Der „Prag. Ztg.“ wird von hier geschrieben: Die Verhand⸗ lungen mit den ungarischen Ministern nehmen ihren ununterbrochenen Fortgang. Obwohl über die Details der Verhandlungen nichts verlautet, so ist die Thatsache doch bemerkenswerth, daß trotz der wenig freundlichen Haltung der ungarischen Presse die hiesigen Blätter über den Verlauf der Verhandlungen nur Günstiges zu berichten wissen und sich darin durch keine Provokation eines ungarischen Blattes beirren lassen. — Die Diskussion auf wirthschaftlichem Gebiete bewegt sich gegenwärtig bereits in ruhigeren Bahnen, die auch der einen Moment lang irritirte Geldmarkt eingeschlagen hat. Die Frage der Goldwährung, welche die „N. Fr. Pr.“ aufwirft und mit allem Nachdrucke vertheidigt, findet immer entschiedenere Be⸗ kämpfung und ist es bemerkenswerth, daß auch nicht ein Organ, ausgenommen das genannte, für jene Maßnahme eintritt. Die „Presse“ hält es heute sogar für angezeigt, den Gedanken, als könnte mit der Umwandlung der Silberzinsen in Goldzinsen irgend eine Zinsenreduktion eintreten, mit allem Nachdrucke zurück⸗ zuweisen.
Wien, 6. April. (W. T. B.) In dem heute Nachmittag unter Vorsitz des Kaisers stattgehabten gemeinsamen Mi⸗ nisterrathe ist das gemeinsame Budget pro 1877 end⸗ gültig festgestellt worden. Die Verhandlungen über Er⸗ neuerung des Zoll⸗ und Handelsbündnisses beginnen erst übermorgen wieder, da morgen noch Sachverständige gehört werden sollen.
Lemberg, 5. April. Um dem Landesfonds die mit der Vertagung des Landtages bis nach Ostern verbundenen bedeu⸗ tenden Auslagen zu ersparen, hat der Landmarschall im Einver⸗ nehmen mit dem Statthalter beschlossen, die Erledigung der Landtagsangelegenheiten zu beschleunigen und den Schluß des Landtages vor Ostern vorzunehmen. Von heute ab werden täglich Doppelsitzungen stattfinden. Das Präliminare für den Landesschulfonds weist ein Erträgniß von 338,842 Gulden aus, das Defizit beträgt 251,747 Gulden.
Prag, 5. April. Die Landtagskommission zur Berathung der Universitätsfrage hat heute ihre Berathungen geschlossen. Die Kommission erkennt die Billigkeit des Wunsches auf Er⸗ richtung einer ezechischen Universität an, deren Gründung sei jedoch günstigeren Zeiten vorzubehalten. Die Kommission er⸗ kennt ferner das Bestreben der Regierung an, die Gleichberech⸗ tigung an der Universität durchzuführen, und beantragt, die diesbezüglichen Petitionen der Regierung abzutreten. Die jung⸗ czechischen Mitglieder traten diesem Antrage bei.
Pest, 5. April. Der „Pester Korrespondenz“ zufolge hat sich im Verlaufe der bisherigen Konferenzen der ungarischen und der diesseitigen Minister kein Anlaß ergeben, welcher den einen oder den anderen Theil berechtigt hätte, sich auf den Standpunkt des „Non possumus“ zu begeben, welcher in man⸗ chen Blättern sowohl dies — wie jenseits der Leitha empfohlen wurde. Die „konferirenden Minister — so fügt das genannte Blatt hinzu — hegen offenbar eine an Ueberzeugung grenzende Hoffnung, das neue Zollbündniß zu Wege zu bringen, ohne daß das eine oder andere Kabinet mit der Demission als ul⸗ tima ratio aufzutreten nöthig hätte.“
Großbritannien und Irland. (E. C.) Der Bericht über die Cave'’sche Sendung nach Aegypten liegt nunmehr vor, und stellt sich weder so günstig dar, als die Freunde, noch so un⸗ günstig, als die Gegner des Khedive prophezeit hatten. Auf⸗ regende Enthüllungen und Neuigkeiten enthält das lange Akten⸗ ftück keineswegs, und was über die ägyptische Verwaltung ge⸗ äußert wird, war jedem Beobachter der Tagesereignisse zur Genüge bekannt. Herr Cave entwickelt zunächst die Ursachen, welchen die heutige Lage der ägyptischen Finanzen zuzuschreiben ist, dann setzt er diese Lage selbst auseinander, und schließlich folgen seine Vorschläge zur Abhülfe. Es werden im Einzelnen die Fortschritte des Landes: Zunahme in Aus⸗ und Einfuhr, der Staatseinnahmen, allgemeine Zunahme der Bevölkerung, Gründung von Schulen und Verbesserungen des Unterrichtswesens mit größter Genauigkeit aufgeführt, und die Verdienste des Khedive nach Gebühr gewürdigt. In Finanzsachen klingt die Sprache des Berichterstatters streng. Er zeigt, „wie Aegypten zugleich unter der Unwissenheit, Unehrlichkeit und Ver⸗ schwendung des Orients und unter den gewaltigen Ausgaben gelitten habe, welche voreilige und unüberlegte Versuche zur Ein⸗ führung westlicher Civilisation nach sich zogen.“ Er entwickelt, wie der Khedive „mit beschränktem Einkommen in wenigen Jahren Unternehmungen zu Stande zu bringen versucht hat, welche sich über eine lange Periode vertheilen sollten“. Von der Behandlung der ländlichen Bevölkerung und der Art der Ad⸗ ministration der Privatgüter des Khedive wird Bekanntes gemeldet. Hrn. Cave „scheint es unmöglich, daß diese Privat⸗ güter jemals einen angemessenen Ertrag des aufgewandten Kapitals einbringen sollen.“ Der Bericht charakterisirt dann die Staats⸗ verwaltung und Buchführung und weist nach, daß beinahe Alles, was Aegypten eingebracht hat, an Verwaltungskosten, Tribut für die Pforte und „Arbeiten von unzweifelhaftem oder zweifelhaftem“ Nutzen aufgegangen und für die ganze Schuld Nichts als der Suezkanal aufzuweisen sei. Was nicht auf diesen aus den An⸗ leihen verwandt wurde, ist an Zinsen und Tilgungsfonds auf⸗ gegangen. Die Anleihe von 1873 sollte die schwebende Schuld absorbiren, allein diese bleibt nach wie vor Aegyptens schwerste Last, und Hr. Cave sieht nur eine Rettung in der Konsolidirung und Konvertirung der Anleihen von 1860 und 1873 und der
London, 4. Apr.l.
schwebenden Schuld: „Die unerläßliche Bedingung des Erfolges dieser Dperation wäre die Ernennung einer Vertrauensperson, wie des von der britischen Regierung hinausgesandten Finanz⸗ agenten, zum Haupt eines Kontrolldepartements für Erhebung und Einnahme der Steuern.“ Die Inspektoren dieser Behörde
würden die Einnahme und die Einnehmer zu überwachen und das Volk vor Unterdrückung zu schützen haben. „Schließlich
sollte sich auch der Khedive anheischig machen, ohne Zustimmung des Kontrolldepartements keine neuen Anleihen aufzunehmen.*
“
„Die Einzelheiten können festgestellt werden, wenn man über das Prinzip einig geworden ist.“
— Der Herzog von Edinburgh ist gestern hier ange⸗ kommen. — Die reschen Geschenke indischer Fürsten und Städte, welche der Prinz von Wales aus dem Orient nach Hause bringt, werden hier in zwei Museen, dem neuen indischen Museum zu South Kensington und dem Bethnal⸗Green Museum, ausgestellt werden.
— 5. April. Im Unterhause ist gestern festgesetzt worden, daß der Fawcettsche Antrag gegendenindischen Kaisertitel, der mit dem Antrage Lord Shaftesbury's im Oberhause über⸗ einstimmt, am 10. zur Verhandlung und zur Abstimmung ge⸗ bracht werden soll. — Eine lebhafte Diskussion fand ferner statt über den Sklavenhandel zu Lande im Gebiet deis Sultans von ZanzibarF; dieser Handel soll sich seit dem Vertrage von 1873 stark entwickelt haben und wurde die Regie⸗ rung um Schritte dagegen gebeten, was der Unterstaats⸗ Sekretär im Auswärtigen Amte, St. Bourke, auch in Aussicht stellte. Uebrigens hat erst jetzt ein englisches Schiff an der Küste von Mozambique ein Sklavenfloß aufgebracht und 103 Sklaven befreit. Auch hat der Sultan eine Proklamation gegen der Sklavenhandel erlassen.
(E. C.) Der Cave'sche Bericht über Aegypten wird seit seinem Erscheinen in sämmtlichen Blättern aufs lebhafteste erörtert. Mission anbelangt, so spaltet sich die öffentliche Meinung streng nach den Linien der zwei großen Parteien. Sämmtliche liberale
Blätter erklären heute die ganze Mission für eine verfehlte Speku⸗ ion. Insbesondere werden der Regierung Vorwürfe gemacht, weil sie durch schwankende Haltung hinsichtlich Veröffentlichung Ueber
lation.
des Berichtes Anlaß zum Börsenspiel gegeben habe. den Inhalt des Berichtes sind die Stimmen ebenfalls getheilt, nur ist hier die Trennung eine andere. „Daily Telegraph“ und „Pall Mall Gazette“, die die Finanzen und die Lage Aegyptens in günstigem Lichte sehen, weisen auf den Bericht als glänzende Bestätigung ihrer Ansichten hin. citirt die „Times“ das Aktenstück als schlagende Bekräftigung ihres stets absprechenden Urtheils über Aegypten, welche un⸗ günstige Ansicht auch von der Börse getheilt wird.
— 6. April. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte der Unterstaatssekretär im Departement des Auswärtigen, Bouͤrke, auf eine Anfrage Goldsmids, die Regierung habe von der spa⸗ nischen Regierung die Befreiung der britischen Staatsangehörigen von der Kriegssteuer verlangt, die spanische Regierung habe zugesagt, daß sie die Sache in Erwägung zie⸗ hen wolle. Auf eine andere Anfrage Gourleys erklärte Northeote, England habe keine Verpflichtung zu Finanzmaßregeln für Aegypten Anleitung zu geben, auch habe der Khedive keinen darauf bezüglichen Antrag gestellt, Wilson sei, als er im Dienste des Khedive gestanden, zu Ertheilung von Aufschlüssen über die Ansichten der englischen Regierung nicht verpflichtet gewesen. Ferner erklärte Northcote auf eine Anfrage Hartingtons, die Verhandlungen mit den hetheiligten Mächten über die Tonnen⸗ gelderabgabe im Suezkanal würden fortgesetzt.
Frankreich. Paris, 5. April. Die Aufhebung des Belagerungszustandes ist heute Morgen offiziell angezeigt worden. Die nächste Folge ist zuerst die freiere Bewegung der Presse, welche neue Blätter ins Leben rufen wird. Indessen ist die konstitutionelle Republik stark genug, die Angriffe ihrer Gegner
zurückzuweisen; das Gesetz, welches die Presse regelt, ist mehr
als hinreichend, um etwaige Excesse zu zügeln.
— Die neuen Präfekten haben bei ihrer Ankunft in den Departements Ansprachen an die Maires gerichtet, welche, wie das „J. d. D.“ meint, die höchste Anerkennung verdienen; sie haben zum ersten Male den Namen der Regierung auszu sprechen gewagt, der sie dienen und haben sich als ebenso republikanisch wie konservativ gesinnt gezeigt; sie erklären, wie der Präfekt der Oberen Garonne, die heiligen Gesetze der Religion, der Sittlichkeit und der Familie als Grundlagen der civilisirten Gesellschaft, nennen die Regierung keine Partei⸗Regie⸗ rung, und daß ihr Prinzip die Ordnung, der Friede, die Ein⸗ tracht sei.
— Auch eine andere Rede hat nach dem „J. d. D.“ einen sehr beruhigenden Eindruck gemacht, nämlich die, mit welcher Gambetta den Vorsitz in der Budgetkommission über⸗ nommen. Das genannte Blatt nennt sie eine Rede voll Weis⸗ heit und guter Vorsätze. Gambetta spricht es aus, daß die Regierung allen legitimen Interessen volle Sicherheit gewähre, und daß nur die Freunde der Unordnung letztere ungenügend finden könnten; die kriegerische Periode sei überstanden, die Politik eine friedliche, ruhige, so daß sich alle Sorge und alle Bemühungen einzig auf die Förderung der materiellen und moralischen Interessen wenden könnten. In die⸗ sem Sinne nennt auch das „J. d. D.“ die beabsichtigte Pariser Weltausstellung eine der Welt gegenüber übernommene Ver⸗ pflichtung nicht nur den Erzeugnissen aller Länder ein sicheres Afyl zu geben, sondern auch selbst das Schauspiel einer voll⸗ kommenen Ruhe und Friedfertigkeit zu gewähren.
Aus der Provinz lassen vielfache Mittheilungen erkennen, daß die dortigen liberalen Wähler von dem Auftreten der Kammer gegen die Ultramontanen in hohem Grade befriedigt sind.
— Einer Deputation von republikanischen Abge⸗ ordneten, welche dem Minister Ricard ihre Wünsche betreffs der Präfektur⸗ und Bürgermeisterfrage vorlegten, hat derselbe ebenso wohlwollend als liberal geantwortet und erklärt, daß wenn nach Ostern ein neues Gemeindegesetz zu Stande kommen würde, er bis Ablauf dieses Jahres alle Gemeinderäthe durch Neuwahlen erneuern wolle. Zunächst wird ein zweiter Wechsel in den Präfekturen stattfinden und zwar soll derselbe neue Absetzungen, einige Zurdispositionsstellungen und einige zwanzig Versetzungen umfassen.
— Der „Temps“, eines der leitenden Organe des linken Cen⸗ trums, knüpft an die durch die Wahl des Grafen Mun und andererseits durch die jüngste Prälatenversammlung in Paris aufgeworfene Frage folgende Betrachtungen: „Die unter dem Pontifikate Pius IX. in den Beziehungen zwischen Kirche und Staat eingetretenen Schwierigkeiten haben einen zu ernsten Charakter, sie verrathen eine zu tiefgehende Veränderung in den Grundgesetzen, auf welche das gute Einvernehmen zwischen der Kirche und der weltlichen Macht gebaut sein soll, als daß sich noch länger ein Verfalltag hinhalten ließe, den der Klerikalismus nur noch zu beschleunigen bemüht ist. Wir werden somit, wie zu besorgen steht, für die Unvorsichtigkeiten der früheren Regie⸗ rungen und namentlich des Kaiserlichen Regimes büßen müssen. Die Bewegung, die uns heute einem mit Recht ge⸗ fürchteten Abhange zutreibt, hätte noch gehemmt werden können, wenn man es verstanden hätte, sich durch gute Bischofswahlen,
durch eine feste und regelmäßige Bekräftigung des Konkordats
gegen die rasch aufeinander folgenden Uebergriffe zu wahren. “ “ “ 1“
1“
Was zunächst die politische Seite der Cave'schen
Andererseits
Diese Uebergriffe haben allmählich die unumgänglichsten Grenz⸗ linien verwischt und die ehrmuͤrdigsten Ueberlieferungen unserer Landesgeistlichkeit einer Art von Weltbürgerthum geopfert, das beinahe unwiderstehlich den Ungehorsam gegen die Staatsgesetze nach sich ziehen mußte. Der Kultus⸗Minister nimmt sich, wie er gesagt hat, vor, zu ermitteln, ob dieser Ungehorsam wirklich existirt. Daß er existirt, ist leider nur zu wahr, und man darf sich nicht verhehlen, daß er schon zu lange geduldet worden ist, als daß man an eine sofortige Abhülfe, wie sie noch vor zwanzig Jahren möglich gewesen wäre, denken dürfte. Die gallikanische Kirche, die Pius VII. als die gesetzliche Grund⸗ lage des Unterrichts in den französischen Seminarien anerkannt hatte, ist nur noch eine Erinnerung; die, welche sie noch zu üben wagen, werden des liberalen Katholicismus beschuldigt, von den Bischöfen und dem Vatikan auf den Index gesetzt. Wozu erst eine Untersuchung, ob diese Lehre in den Seminarien vorgetragen wird? Es ist längst ausgemacht, daß man sie dort als eine Ketzerei verpönt. Und das Konkordat? Wer hat sich daran gekehrt, als es sich darum handelte, in Frankreich jene Doktrinen aus einer andern Welt, die im Syllabus zusammen⸗ gestellt sind, zu verkünden? Haben in jenem entscheidenden Augen⸗ blicke die Bischöfe und die Regierungen, nicht dieselbe Gleichgültigkeit für den Art. 1 des Gesetzes vom Germinal des Jahres X. an den Tag gelegt, welcher verbietet, in Frankreich irgend ein Breve oder Reskript der römischen Kurie, das nicht mit der Ermächtigung der Regierung versehen ist, aufzunehmen, zu veröffentlichen oder zu drucken? Der Syllabus ist einfach über diese Vorschriften hinweggesprungen, die Regierung hat ihn gewähren lassen und die gallikanische Lehre sich eines Tages durch eine Lehre von jenseits der Berge ersetzt gesehen, die unserer Verfassung zum Trotz eingeführt worden und bestimmt ist, in die Grundlagen unseres öffentlichen Rechts Bresche zu legen. So hat sich die ultramontane Satzung unter dem erstorbenen Auge einer dahin⸗ siechenden Regierung der französischen Satzung gegenüber aufge⸗ richtet. Die Nationalversammlung von 1871 hat diese gefährlich⸗ Nebenbuhlerschaft nur noch begünstigt. Heute stehen uns ihre traurigen Wirkungen vor Augen. Sogar die öffentlichen Ge⸗ walten sind davon beunruhigt. Aber vermögen sie etwas dagegen und wie? Der Kultus⸗Minister hat erklärt, daß die Regierung die Pflicht hat, die klerikalen Ueberschreitungen zu ahnden. Welche Mittel stehen ihr zur Verfügung? Ein einziges, der Appell wegen Amtsmißbrauchs, d. i. ein platonischer, jeder Sanktion entbehrender Rekurs. Fassen wir also die Dinge
mit männlicher Entschlossenheit ins Auge! Die Mißbräuche,
worüber man sich beklagt, sind sehr bedenklich und voller Ge⸗ fahren; aber sie sind das Ergebniß einer schon alten Usurpation, einer verwegenen Besitznahme, vor der die Landesgesetze sich so lange geneigt haben, daß sie heute nicht mehr im Stande sind, sich aufzurichten. Man darf bezweifeln, ob der Kultus⸗Minister mit diesen abgenutzten und verdorbenen Waffen noch etwas wird anfangen können. Wenn daher die Regierung den Augenblick für gekommen hält, dem Uebel abzuhelfen, so wird sie kaum umhin können, bei den Kammern die geeigneten Mittel dazu nachzusuchen und wirksame Vorschriften an Stelle solcher zu setzen, die es längst nicht mehr sind.“
— Die „Republique frangaise“ charakterisirt die Stellung der Majorität der Deputirtenkammer gegenüber den Klerikalen wie folgt: „Sie tritt ebenso entschlossen dem Umsichgreifen der Klerikalen als den Verschwörungen der Bonaäpartisten entgegen. Sie wird weder die Herrschaft des Vatikans noch die des Appells an das Volk hinnehmen. Sie hat in ihrem Votum über gewisse Wahlen deutlich ihre Ge⸗ sinnung ausgesprochen und z. B. anläßlich derjenigen des Herrn von Mun gezeigt, daß sie gewillt ist, der Thätigkeit der allzu eifrigen Mitglieder der Kirche ein Ziel zu setzen. Nicht als ob die republikanische Majorität der Religion auch nur im geringsten abhold wäre. Nur der böse Glaube oder die Albernheit können eine solche Anklage wider sie vorbringen. Die Majorität ist im Gegentheil voll tiefer Ehrfurcht für die Reli⸗ gion, allerdings für die richtig verstandene, nämlich die Religion, welche sich nur mit den Bedürfnissen der Seele, nicht aber mit den materiellen Interessen dieser Welt beschäftigt. Uebrigens hat die republikanische Partei einen solchen Unterschied jederzeit fest⸗ gehalten. Nie hat sie die Religion bedrücken, nie irgendwie die freie Kultusübung hindern wollen. Die römischen Sektirer sind es, die sich in ihrem Vergrößerungstriebe beengt fühlen, wenn ihnen rechtmäßige Schranken gezogen werden: dann klagen sie über Verfolgung und Märtyrerthum, wohl wissend, daß dies das beste Mittel ist, eine gewisse Theilnahme zu erregen, die ihren weltlichen Unternehmungen sicherlich verweigert würde.
Die republikanische Maforität des Abgeordnetenhauses kann jedoch nicht ernstlich böswilliger Absichten auf die Religion ver⸗ dächtigt werden. Die Haltung, welche sie seit der Eröffnung
der Session beobachtet, ist die beste Widerlegung dieser lächer⸗
lichen Beschuldigung. Sie hat deutlich erklärt, was sie will, und sie wird dieses ihr Ziel verfolgen, ohne sich von eitlem Geschrei davon abwendig machen zu lassen; sie will den Priester wieder an seinen Platz setzen, ihn auf die Kirche beschränken, wo er frei seine Dogmen soll lehren und seinen Kultus üͤben können; aber man wird ihm verbieten, sich auf den öffentlichen Platz vorzu⸗ drängen, um sich an den leidenschaftlichen Kämpfen der Politik zu betheiligen, um zu versuchen, bald zu Gunsten der einen, bald der anderen Partei maßgebend auf den Ausgang hinzuwirken. Der Priester, der Mann des Friedens und der Eintracht, soll nicht für die Einen gegen die Anderen Partei ergreifen, sich nicht in den Streit um persönlichen Einfluß mischen und, wie man dies schon erlebt hat, als Wahlmakler auftreten, um im Interesse der kirchlichen Lage in die Beschlüsse des allgemeinen Stimm⸗ rechts einzugreifen. Das ist es, was die republikanische Majorität der Kammer entschlossen ist, nicht zu ertragen. Sie wird den Geistlichen, welche ihrem Beruf gewissenhaft und mit weiser Mäßigung obliegen, mit aller Achtung und Sympathie entgegen⸗ kommen; aber sie wird gegen offene oder heimliche Uebergriffe, welche darauf abzielen, die Rollen zu verwechseln und in der Gesellschaft gefährliche Verwirrungen hervorzubringen, mit un⸗ erbittlicher Festigkeit vorgehen. Die wahrhaft politischen Män⸗ ner können diese Haltung der Majorität nur gutheißen. Sie ist der Vorbote einer ruhigen und friedlichen Zeit; denn man darf nicht übersehen, daß seit einigen Jahren nichts die Gesellschaft stärker aufgeregt hat, als gerade der Krieg, welchen die Führer des Ultramontanismus gegen die modernen Einrichtungen, und namentlich gegen den Geist der französischen Revolution vor aller Welt betrieben haben. Die bedauernswerthe Nachsicht der vorigen Kammer hat all das Uebel angerichtet; Dank der aus⸗ nehmenden Schwäche, die sie der römischen Kurie gegenüber an den Tag gelegt, hat der Antagonismus Verhältnisse erreicht, zu denen man es nie hätte kommen lassen sollen. Wenn diese Kammer noch einige Jahre fortbestanden hätte, so würden wir ein wahres Schisma in Frankreich erlebt haben. Die Ereig⸗
risse haben uns davor bewahrt und wir sind heute im Besitze
eines Parlaments, das die so bedenklich erschütterte Eintracht wieder herzustellen vermag: es wird dies nicht versäumen, die Umstände sind günstig, die Herzen erschließen sich dem Vertrauen, das Land harrt freudig des Antriebs, den seine Vertreter ihm werden geben müssen.“
Türkei. (W. T. B.) Die „Politische Korrespondenz“ vom 6. d. M. meldet aus Ragusa, daß die Insurgentenführer Vukalovich, Pazevic, Gjuriczie, Zimunic, Radovic, Perovic und Sotschitscha mit 20 anderen hervorragenden Unteranführern am 5. in der Suttorina eingetroffen seien. Am Abend habe sich denselben der russische Agent Bozedar Wesselitsky als mit Voll⸗ machten des russischen Reichskanzlers, Fürsten Gortschakoff, ver⸗ sehen vorgestellt und den versammelten Insurgentenführern er⸗ klärt, der Kaiser von Rußland rathe ihnen in der ernstesten und bestimmtesten Weise, Frieden zu machen und die von dem Sultan zugesicherten Reformen gutwillig anzunehmen. Die In⸗ surgentenführer hätten darauf erklärt, daß sie über die Eröff⸗ nungen Wesselitsky's im Laufe der Nacht eine Berathung ab⸗ halten wollten.
RAußland und Polen. St. Petersburg, 3. April. Die (von uns telegraphisch bereits erwähnte) Mittheilung des „Regierungs⸗Anzeigers“ über die Reisedispositionen des Kaisers lautet wie folgt:
Se. Majestät der Kaiser wird gegen Ende des Monats April eine Reise nach Ems antreten und bei dieser Gelegen⸗ heit etwa drei Tage in Berlin verweilen. Aus Ems begiebt sich Se. Majestät nach Zugenheim. Gegen die zweite Lälfte des Juni von der ausländischen Reise zurück zekehrt, wird Se. Majestät dann bis zur Mitte des August, d h. bis zum Schluß der Lagerübungen der Truppen in Krassuoje⸗Sselo, in der Umgebung der Residenz seinen Aufenthalt nehmen.
Desgleichen während des diesjährigen Sommers beabsichtigt Se. Majestät Helsingfors zu besuchen; auch wird einem Besuch des Kaisers von Brasilien und des Königs von Dänemark, sowie des Prinzen und der Prinzessin von Piemont in der Re⸗ sidenz entgegengesehen.
— In der zweiten Hälfte des August begiebt sich Se. Majestät nach Warschau und wird dann auf dem Wege in die Krim an einigen anderen, zu Truppenkonzentrationen bestimmten Orten Revuen abhalten. Gegen Ende des Herbstes geruhen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin aus Livadia zurückzu⸗ kehren und ihren Winteraufenthalt in St. Petersburg zu nehmen.
— 6. April. (W. T. B.) Der Kassationshof des Senats verhandelte gestern über die Appellation des Kom⸗ merzien⸗Raths Owsjannikoff gegen das Schwurgerichts⸗ urtheil, welches denselben wegen Brandstiftung zur Verbannung nach Sibirien verurtheilt. Die Verkündung des Urtheils wurde vertagt.
— Das „Journal de St. Petersburg“ bespricht den Artikel der „Times“ über die Nichteinlösung der am 1. d. M. fällig gewesenen türkischen Coupons und konstatirt bei dieser Gelegenheit, daß der Mangel an Voraussicht auf Seiten der türkischen Verwaltung das Haupthinderniß sei, das die An⸗ strengungen der Mächte im Interesse der Pforte vereitele.
— Die russische „St. Petersburger Zeitung“ wendet sich gegen die Artikel englischer Blätter, in denen der russischen Presse eine gegen das Dreikaiserbündniß gerichtete Ten⸗ denz beigemessen wird. Das Blatt drückt sein Erstaunen uber diese unfruchtbaren Agitationen aus und meint, daß sich der⸗ gleichen selbst aus der mangelnden Kenntniß der obwaltenden Verhältnisse nur schwer erklären ließe.
Nr. 14 des Justiz⸗Ministerial⸗Blatts für die Preußische Gesetzgebung und Rechtspflege, herausgegeben im Bureau des Justiz⸗Ministeriums, enthält einen Plenarbeschluß des Königlichen Ober⸗Tribunals vom 20. Dezember 1875 — betref⸗ fend die Stempelsteuer für den Einschuß nicht in baarem Gelde be⸗ stehender Einlagen bei Aktiengesellschaften.
— Nr. 16 des „Beiheft zum Marine⸗Verordnungs⸗ Blatt“ enthält: Torpedoversuche in Toulon 1875 (Eldorado). — Das englische Admiralitäts⸗Cirkular Nr. 11 de 1875. — Ueber Seetaklik. Von Ferdinand Attlmayr, Professor an der K. K. Marine⸗ Akademie, ehemaligem K. K. Korvetten⸗Kapitän. — Englische Küsten⸗ Nebelsignale. — Ueber das Schießen von bewegtem Schiffe. — Ueber die Bestimmung der Drehkreise eines Schiffs. — Welche Gedanken müssen wir der Taktik für das Gefecht zur See künftig zu Grunde legen? — Zusammenstellung der Erfahrungen im Verwundetentrans⸗ port beim Uebungsgeschwader 1874 und 1875.
Berlin. Die XI. Kommission des Hauses der Abgeordneten hat den Bericht über den Entwurf eines Gesetzes, betref⸗ fend die evangelische Kirchenverfassung in den acht älteren Provinzen der Monarchie erstattet.
6 Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 26. März bis incl. 1. April cr. zur Anmeldung gekommen: 329 Eheschließungen, 861 Lebendgeborene, 33 Todtgeborene, 459 Sterbefälle.
— Dem kärzlich von dem Königlich schwedischen Kommerz⸗ kollegium veröffentlichten Bericht über Schwedens Bergwerks⸗ Uund Hüttenbetrieb im Jahre 1874 entnehmen wir Folgendes: Obwohl Schwedens Bergbvau von dem in den letzten Jahren einge⸗ tretenen Konjunkturwechsel auf dem Metallmarkte nicht ganz unbe⸗ rührt geblieben ist, so zeigen die für das genannte Jahr vorliegenden Ziffern doch noch keinen so wesentlichen Rückgang, wie die Bergbau⸗ statistik mehrerer anderer Länder zu verzeichnen gehabt hat; in einzelnen Richtungen hat der schwedische Bergbau sogar beträchtliche Fort⸗ schritte gemacht. An Eisenerz wurden in 696 Gruben gegen 21,693,000 Crr. gewonnen, der größte bisher erreichte Ertrag. Koppar⸗ kergs Län lieferte von diesem Quantum 6,088,193 Ctr. (ca. 28 %) und Oetrebro Län 5,744,996 Ctr. (ca. 26 ½ %). Die Gußeisenproduktion betrug gegen 7,575,400 Ctr., und 137,390 Ctr. wurden bei den Schmelz⸗ oöfen direkt zu Gußwaaren verarbeitet. Gegen 1873 hat die Pro⸗ duktion um ca. 5 % abgenommen. Die Stangeneisenfabrikation 3,943,872 Ctr., hat seit 1870 um 13 ½ % abgenommen; die Stahl⸗ fabrikation dagegen 539,866 Ctr., hat sich gegen das Vorjahr um mehr als 35 % und gegen 1870 um über 88 % vermehrlt. An Bessemerstahl wurde allein etwas über ½ Mill. Ctr. produzirt. Die Fabrikation an Esen und Stahlmanufaktar ist mit 805,147 Etr. angegeben, gegen 1873 eine Verminderung um ca. 11 %. Es wurden ferner an anderen Erzen gefördert: aus 38 Gru⸗ ben 287,027 Ctr. Silber⸗ und Bleierze; ans 40 Gruben 678,316 ½ Ctr. Kupfererz; aus 23 Gruben 663,364 ½ Ctr. Zinkerz; aus 8 Gruben 106,580 Ctr. Nickelerz und aus 3 Gruben 90,445 Ctr. Schwefelkies. Während letztere Produktion in sehr rascher Zunahme begriffen ist (1870 nur 6000 Ctr., 1873 ca. 60,000 Ctr.), nimmt dagegen die Kupferfabrikation von Jahr zu
Jahr ab; in den letzten fünf Jahren ist dieselbe von 43,853 Ctr auf 22,574 Cir. heruntergegangen. An Gold wurdea 7 ⅛ Pfund und an Silber 1740 Pfund gewonnen. Die Steinkohlengewinnung scheci⸗ tet langsam, aber sicher vorwärts; es wurden 2,729,610 Kubikfuß oder ziemlich 1 Mill. Kubikfuß mehr, als in 1870 gewonnen. Bei dem Berzwerks⸗ und Hüttenbetriebe waren in 1874 28,557 Arbeiter beschäftist; davon beinahe 7500 bei den Eisengruben und 10,859 bei den Eisenwerken. 8 “
Kunst, Wissenschaft und Literatir.
Kunst und Alterthum in Elsaß⸗Lothringen. Be⸗ schreibende Statistik im Auftrage des Kaiserlichen Ober⸗Präsidiums von Elsaß⸗Lothringen. Herausgegeben von Dr. Franz Faver Kraus. 1. Band, 1. Abth. Straßburg, C. F. Schmidts Universitäts⸗Buch⸗ handlung. Friedrich Bull. 1876. Der Plan des Werkes ist ein dem Bedürfniß oder der Bequemlichkeit entsprechend lexikographischer. Die Orte werden in alphabetischer Reihenfolge aufgeführt, ihre ältern uckundlich datirten Namen beisefüzt. — Die aufgefundenen In⸗ schriften und sonstigen Altekthümer nebst ihrer Literatur werden er⸗ wähnt; dann die Baudenkmäler, sehr viele in Grund⸗ und in Detail⸗ zeichnungen kurz beschrieben, und ihre Geschichte und Literatur gege⸗ ben. Es wird dabei aufmerksam gemacht auf Eigenthümlichkeiten des Baues, auf das Mobiliar, auf Gemälde, Altarzeräthe und andere Gegenstände der Kleinkünste. Nicht minder werden die bürgerlichen Wohn⸗ und Rathhäuser, denen fich noch viele ausgezeichnete aus der gothi chen und aus der Zeit der Renaissance in den großen und kleinen Städten der Ebene erhalten haben, so wie die stattlichen Burgen, welche die Vor⸗ höhen der Vogesen in so reicher Zahl besetzt halten, aufgeführt und beschrieben. Das prachtvolle Sandsteinmaterial erlaubte, bei den Befestigungsbauten einen schw ren kräftigen Charakter mit feinen zeitbestimmenden Detailausführungen zu verbinden. 88
Wenn das Buch an sich und durch die sorgfältigen literarischen Nachweise Jedem, der sich zu Hause über die Baugeschichte jenes Landes unterrichten will, alle Hülfe bietet, so ist es für den reisenden Kunstfreund ein Handbuch, das ihn auf alles Sehenswerthe aufmerk⸗ sam macht.
Gewerbe und Handel.
In dec bevorstehenden ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Germania, Eisenbahnwagen⸗Leihanstalt, wird ein Antrag der Direktion und des Aufsichtsrathes auf Auflösung und Liquidation der Gesellschaft zue Beschlußfassung kommen.
— Die Generalversammlung der „ypothekenbankgenehmigte die Anträge des Verwaltungsraths, und beschloß, für das Jahr 1875 eine Dividende von 7 ½ % per Aktie zu vertheilen.
— Die Besitzer der in der Eisasserstraße 8 befindlichen Cigarren⸗ fabrik, die Herren C. Keilpflug u. Co. haben, wie die „Post“ mit⸗ theilt, sich entschlossen, den Reirgewinn ihres Detailgeschäfts mit ihren Fabrikarbeitern dergestalt zu theilen, daß Letzteren die Hälfte desselben zustehen soll. Verluste haben dieselben nicht zu tragen. An dem Gewinn soll jeder Arbeiter, welcher mindestens ein Jahr in der Fabrik gearbeitet hat, Theil nehmen, nur Abripper⸗Lehrlinge und Burschen sind ausgeschlossen. Zur Vertretung der Arbeiter fungiren zwei Delegirte, denen hinsichtlich der Geschäftsführunz eine berathende Stimme eingeräumt ist und welche Einsicht in den Geschäftsbetrieb haben und erforderlichen Falls zur Unterstützung herangezogen werden können. Dieses Arrangement hat am 1. April d. J. bezoanen.
Meiningen, 6. April. (W. T. B.) Die Generalversammlung der Mitteldeutschen Kreditbank genehmigte sämmtliche An⸗ träg des Verwaltungsraths, sowie auch den Antrag auf Reduktion des Aktienkapitals der Gesellschaft durch Rückkauf von 10,000 Stück Aktien. Der Rest der Dividende kommt mit 3 ℳ pro Aktie zur Auszahlung.
Verkehrs⸗Anstalten. New⸗York, 6. April. (W. T. B.) Der Dampfer „Ca⸗
nada“ der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureaur
Bremen, 7. April. Dr. Finsch, Dr. Brehm und Graf Waldburg⸗Zeil, welche im Auftrage des hiesigen Polarvereins eine Forschungsreise nach Westsibirien unternehmen, sind, wie hierher gemeldet wird, nach Ueberwindung vicler durch plötzliches Thauwetter verursachter Schwierigkeiten gestern glück⸗ lich in Jekaterinburg jenseits des Ural angelangt. Heute sollte die Weiterreise in südlicher Richtung nach Semipolatinsk fortgesetzt werden.
London, Donnerstag, 6. April. Im weiteren Ver laufe der Verhandlung vor dem Central⸗Kriminalgerichts hof gegen den Kapitän der „Franconia“ erklärte de Vertheidiger desselben, Parry, er werde sein Plaidoyer bis nach Beendigung der Vernehmung der Entlastungszeugen aussetzen; er glaube, daß die Geschworenen den Kapitän von stcafbarer Nachlässigkeit freisprechen würden. Hierauf begann die Vernehmung der Entlastungszeugen. Der erste Steuermann der „Franconia“, Heinrich Meyer, sagt aus, daß die Geschwin⸗ digkeit des Schiffes nicht 9 Knoten erreicht habe; die Ordre, die Boote auszusetzen, sei gegeben und die Boote auch wirklich über Bord gehängt worden. Der Kollisionsschott sei bedeutend gewesen. Im Uebrigen berichtigte Meyer seine früheren Aussagen. Der zweite Steuermann, William Caspar Lubbe, bestätigt die Größe des Schadens am Schott und erklärte, daß der Schlepper „Pal⸗ merston“ in der Nähe gewesen sei. Der erste Maschinist, Kretz⸗ acher, giebt die Geschwindigkeit des Schiffes auf 8 ¼ Knoten an; dieselbe sei vor dem Zusammenstoß bedeutend vermindert worden. Der zweite Maschinist, Robert Stein, bestätigt, daß die Ordre „Stoppen“ gegeben worden und daß die Beschädigung erheblich gewesen sei. Der Quartiermeister Bentien erklärte, die Ordre „Backbord⸗Ruder“ sei erst gegeben worden, als die Maschine bereits zurückging. Der Zimmermann Kiebbers sagt aus, daß er mit anderweiter Hülfe über eine Stunde an der Verstärkung des Schottes gearbeitet habe. Der Trinity⸗Lootse James Porter wiederholte seine frühere Aussage und erklärte, der Bug des „Strathelyde“ sei zur Zeit der Kollision südwestlich gewendet gewesen. Er sei von der dringenden Gefahr der „Franconia“ überzeugt gewesen, sowie davon, daß, wenn der „Strathelyde“ den angegebenen Cours gesteuert wäre, derselbe sich nicht auf dem Platze befinden konnte, an welchem die Kollision stattfand. Die sonst noch vernommenen Zeugen wiederholten ihre früheren Aus⸗ sagen. Alle Zeugen von den Mannschaften wurden vernommen, ebenso auch der erste Steuermann des „Strathelyde“, Bevan. — Morgen sollen die Zeugen über die Ausdehnung der Beschädi⸗ gung vernommen werden.
London, Freitag, 7. April, Vormittags. Die Journale veröffentlichen ein Schreiben des hiesigen türkischen Bot⸗ schafters an das Bankhaus Dent, Palmer & Comp., in welchem derselbe erklärt, die Bank von England würde ihnen die Hälfte der Zinsen der Anleihen von 1854 und 1871 dann zahlen, wenn sie sich bereit fänden, eine bestimmte Summe zu
Amortisation der Anleihe von 1858 zu opfe Das Bankhau habe indessen dies Anerbieten abgelehnt. ““ 1