der Frage, ob nicht „bäͤnderung oder Ergs azung der Reichs⸗
gesetzgebung beim Wundesrathe zu beantragen sei, insoweit sie sich aber auf die Heranziehung der genamnten Gewerbtreibenden zu den Staatssreuern bezieht, zur Erwägung der Frage, ob und inwieweit die Landesgesetzgebung in dieser Richtung zu ergänzen sei, der Königlichen Staatsregierung zu überweisen.
Hessen. Darmstadt., 21. April. Nach einer Bekannt⸗ machung des Ministeriums des Innern wird in den nächsten Tagen das Gesetz über die Gewährung der nachträglichen Ver⸗ gütungen für Kriegsleistungen der Gemeinden publizirt werden. Da sich das Reichsgesetz vom 23. Februar 1874 nur auf das Gebiet des vormaligen Norddeutschen Bundes be⸗ zieht, hat die hessische Regierung durch ein besonderes Gesetz auch den Gemeinden Südhessens nachträgliche Entschädigungen zugesichert. Das Gesetz schließt sich im Allgemeinen dem Reichs⸗ gesetze vom 23. Februar 1874 an, wonach die Vergütung für Natu⸗ ralquartier und Vorspann nach den in Friedenszeiten geltenden Sätzen, für die übrigen Leistungen nach den in gewöhnlichen Zeitver⸗ hälmissen ortsüblichen Preisen erfolgt. — Bekanntlich ist von einer Reihe von Abgeordneten, schreibt das „Fr. J“, bei der Zweiten Kammer ein Gesetzentwurf eingebracht worden, welcher die Auf⸗ hebung der in den althessischen Landen noch gültigen, bei den Evangelischen zum Abschluß eines rechtsverbindlichen Verlöb⸗ nisses erforderten sog. weinkäuflichen Kopulation be⸗ zweckt. So begründet nun auch der Antrag insoweit ist, als er eine Beseitigung jener, namentlich im Hinblick auf die ein⸗ geführte Civilehe nicht mehr zeitgemäße Bedingung des Eheverlöbnisses erstrebt, so ist doch in juristischen Kreisen dabei gerügt worden, daß nicht gleichzeitig mit der frag⸗ lichen Aufhebung auch in positiver Weise die von nun an gül⸗ tigen Bestimmungen über den Abschluß der Eheverlöbnisse im Entwurfe geregelt worden sind. Es wäre dies um so mehr geboten gewesen, als in den verschiedenen hessischen Gebiets⸗ theilen insofern sehr verschiedene, auch theilweise mit dem Civilehegesetz kaum in Einklang zu bringende Normen bestehen, und man, sofern man sich mit jener negativen Bestimmung be⸗ gnüge, wieder in eine Menge von Streitfragen gerathe.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 21. April. Gestern Abend ist die Mutter der Großherzogin, Prinzessin Adolf von Schwarzburg, aus Rudolstadt zu einem mehrwöchent⸗ lichen Besuch hier eingetroffen.
Rostock, 21. April. Unter dem 27. v. M. hat der Ober⸗ Kirchenrath zwei auf die Verordnung wegen Wegfalls von Stolgebühren ꝛc. bezügliche Cirkulaxre erlassen. Das eine
davon lautet:
„Zur Abwendung fernerer Zweifel und daran sich knüpfender Differenzen macht der Ober⸗Kirchenrath besonders aufmerksam darauf, daß die in vielen, namentlich Landgemeinden des Landes durch Her⸗ kommen begründete Berechtigung und Verpflichtung der Ehefrauen der Pastoren, die Bekränzung der Braut für die Trauung zu be⸗ schaffen und hierfür, sowie für die Hergabe des Kranzes oder der Krone mit Zubehör die je in den verschiedenen Gemeinden hergebrachte Gebühr zu erheben, nicht als in der Trauhandluns einbegriffen, auch nicht als eine besondere Leistung bei dieser Handlung im Sinne der Verordnung vom 13. d. M. §. 1 Abs. 3 (Regierungsblatt pro 1876, Nr. 7) anzusehen ist. Diese Verordnung findet also hier überall keine Anwendung, die Pastorin kann, wo es herkömmlich ist, die Bekränzung der Bräute auch ferner beschaffen. Aber die Pastorin darf die Beschaffung der Bekränzung und die Zahlung der dafür nach Herkommen zu zahlenden Gebühr niemals anders, als wenn sie auf Wunsch der Braut die Bekränzung derselben bei Hergabe des Kranzes oder der Krone mit Zubehör ausgerichtet hat, mithin auch namentlich dann nicht begehren, wenn die Braut zur Tragung des Brautkranzes nicht mehr berechtigt ist. Schwerin, 27. März 1876. Der Ober⸗ Kirchenrath Kliefoth. Cirkulare an die Geistlichen der evangelischen und lutherischen Kirche in Mecklenburg⸗Schwerin.“
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 23. April. Was den
Stand der Ausgleichsverhandlungen an sich betrifft, so sttellen die hiesige „Presse“ und der „Pester Lloyd“ denselben Übereinstimmend ungefähr folgendermaßen dar: In der Zoll⸗
tarifsfrage waltet nur eine unbedeutende (5 Gulden) Differenz bei zwei Positionen ob, welche ausgetragen werden wird. In der Frage der Steuerrestitution fand eine approximative Ziffern⸗ feststellung statt, laut welcher Ungarn eine Bonifikation zukommt. In der Verzehrungssteuerfrage ist eine große prinzipielle Diver⸗ genz vorhanden. Oesterreich will darüber nur gleichzeitig mit der Quote verhandeln, da die Verzehrungssteuern seinerzeit bei der Quoten⸗ bestimmung mitberücksichtigt waren. Ungarn gesteht dies zu, glaubt aber, daß hieraus nur zu folgern sei, daß die Ab⸗ machungen betreffs der Verzehrungssteuern erst mit Ablauf der zehnjährigen Dauer des Ausgleichs perfekt werden sollen. Die Verhandlung könne schon jetzt stattfsinden. Ungarn ist übrigens bereit, noch im Laufe dieses Jahres auf die Quotenberathung einzugehen. In der Bankfrage ist das Kartellprojekt definitiv fallen gelassen, und soll ein Modus mit Noten einheitlicher Form gefunden werden. Gerade diese Frage soll übrigens die größten Schwierigkeiten bieten.
— Das im niederösterreichischen Landtage, der nach Beendigung seiner Arbeiten gestern geschlossen wurde, cirkulirende Gerücht, daß auch die österreichische Regierung den Führern der
Parlamentarischen Majorität Mittheilungen über die Verhand⸗ lungen mit Ungarn zu machen gedenke, greift den Ereignissen vor. Für den Augenblick wenigstens sind derartige Eröffnungen noch nicht in Aussicht genommen. Pest, 24. April. (W. T. B.) Die „Pester Korrespondenz“
bestätigt die Nachricht, daß der ungarische Ministerrath beschlossen habe, die Wiener Ausgleichspunktationen als Basis für die endgültigen Abmachungen anzunehmen, die Minister hätten jedoch gleichzeitig erklärt, daß sie, um die Majorität im Parlamente sicher zu gewinnen, noch gewisse Modifikationen für nothwendig hielten. Die Minister werden sich morgen früh nach Wien begeben.
Schweiz. Bern, 24. April. (Köln. Ztg.) Die Ratifikationsurkunden, betreffend den schweizerisch⸗ österreichischen Niederlassungsvertrag, sind soeben ausgetauscht worden. Der Vertrag tritt nach vier Wochen
Niederlande. Zum Kriege in Atschin wird dem „Korr. v. u. f. D.“ geschrieben: „Durch die nunmehr erfolgte Besetzung von Gualla Gighen in Atschin ist fast die ganze Region er XXVI. Mukim in der Gewalt der niederländischen Truppen. Nach Meldung des Stationskommandanmten an der Nordküste von Atschin hat der Fürst von Pedir am 29. Februar seine Unter⸗ werfung unterzeichnet und beschworen; es wurde ihm eine nie⸗ erländische Flagge überreicht, die er sofort aufhissen ließ. Pedir st nach Gighen der mächtigste Staat an der Nordküste.“
Gropbritannien und Irland. London, 23. April. Die englischen klerikalen Blätter sprechen ihre Freude
darüber aus, daß in Schottland, wo seit drei Jahrhunderten das Ordenswesen verboten und dafür der herbste Calvinismus herrschend gewesen, das Mönchsthum wieder festen Fuß fassen werde, und zwar gerade auf dem Punkt, von wo aus seine Ausrottung am eifrigsten betrieben wurde, in Fort Augustus in der Grafschaft Inverneß. Die „Köln. Ztg.“ bringt über dasselbe einige Mittheilungen; danach wurde es im Jahre 1729 erbaut, um die Hochländer im Zaume zu halten. Bis vor wenigen Jahren blieb es im Besitz der Regierung, obwohl es seit dem Krimkriege keinen militärischen Zwecken mehr gedient hat. Im Jahre 1867 erkaufte es der seitdem verstorbene Lord Lovat von der Regierung, wie die heutige „Tablet“ angiebt, schon damals mit der Absicht, es in ein Klo⸗ ster umzuwandeln. Lord Lovats Wunsch ist nach seinem Tode zur Ausführung gekommen. Die englische Benediktiner⸗Kon⸗ gregation hat das Fort als Geschenk von dem Baron angenom⸗ men und in seinen Mauern soll nun das schottische Benediktiner⸗Kollegium, welches vor langer Zeit zu⸗ letzt in Regensburg zu Hause war, neu aufgerichtet werden. Von dem früheren Regensburger Kollegium lebt noch ein einziges Ordensmitglied in hohem Alter. In dem Fort soll ein Mönchskloster, ein Kollegium oder Seminar und Hospiz für Fremde errichtet werden, und die Katholiken ver⸗ sprechen sich von der neuen Anstalt eine weitgehende Bekehrungs⸗ thätigkeit. Das „Tablet“ freut sich namentlich darüber, daß der Ort, welcher einstmals „die Geißel und der Schrecken“ der Ka⸗ tholiken war, nunmehr zur „Quelle neuen geistlichen und weltlichen Segens“ und zur Pflanzschule für ein neues katholisches Schott⸗ land werden solle, und ruft den heiligen Benedikt um seinen Segen und seine Vermittelung für die neue Anstalt an. Alle die alten verschollenen schottischen Benediktinerabteien, sagt das Blatt, Dun⸗ fermline und Melrose, Coldingham und Arbroath, Paisley und Dundrennan, Kelso und Jona und noch einige zwanzig mehr, werden nun wieder nach und nach aus ihren Trümmern auferstehen und der heilige Benedikt wird noch einmal in dem Lande herr⸗ schen, welches einstmals sein eigen war. Die apostolischen Vi⸗ kare für West⸗, Ost⸗ und Nord⸗Schottland haben dem Unter⸗ nehmen ihren Segen gespendet und ihre Hülfe zugesagt, und auch der Papst hat Allen, die an der Gründung und Erhaltung des Klosters Antheil nehmen, seinen apostolischen Segen ver⸗ sprochen.
Frankreich. Paris, 23. April. Das Amtsblatt ver⸗ öffentlicht die Ernennung des Bischofs von St. Dieé zum Erzbischof von Lyon. Abbé Bricy, Ehren⸗Generalvikar von Poitiers, wird Bischof von St. Dié, und Tibeaudier, Bischof von Sidonien i. p., wird Bischof von Soissons an Stelle von Dours, der seine Entlassung nachgesucht.
— Der Ausschuß für das neue Gemeindegesetz hat seine Arbeiten beendet. Betreffs der Bürgermeister schlägt er vor, die von der Regierung aus den Gemeinderäthen ernann⸗ ten bis zu den nächsten Gemeinderathswahlen, die sechs Monate nach Veröffentlichung des Gemeindegesetzes statt zu finden haben, im Amte zu belassen.
— Die Rede des Ministers Waddington in der Sor⸗ bonne ist von allen liberalen Blättern mit Beifall aufgenommen worden. Die „Rép. Frangaise“, „La France“, „L'Opinion“ versprechen dem Minister die volle Unterstützung ihrer Partei. Die „Indép.“ meint indessen, daß sich gegen den Satz, in welchem der Minister den obligatorischen Elementarunterricht, dem er im Prinzip zustimmt, verschieben will, weil die Unentgeltlichkeit noch nicht ausführbar und die Anzahl der nöthigen Schulen noch nicht vorhanden sei, Widerstand erheben werde.
— Morgen wird sich die Ausstellungskommission versammeln, um über die Stellung des Staats zu dem Unter⸗ nehmen zu beschließen.
— In der gestrigen Sitzung des Kongresses der katho⸗ lischen Ausschüsse trug der ehemalige Deputirte Carron im Namen des Ausschusses für den Unterricht die Erklärung vor, daß „die katholischen Ausschüsse von Frankreich, welche die dem freien Universitäts⸗Unterricht durch den Gesetzentwurf, betreffs der Verstümmelung des Gesetzes vom 12. Juli 1875 geschaffene Lage geprüft, einstimmig anerkannt haben, daß in Anbetracht der im Vertrauen auf dieses Gesetz verpflichteten ernsten mate⸗ riellen und moralischen Interessen sie die Pflicht haben, in den Versammlungen, in der Presse, mit dem Wort und durch alle gesetzlichen Mittel gegen die Zurücknahme einer wesentlichen Be⸗ stimmung eines Gesetzes, mit dem die Probe zu machen ihnen bis jetzt noch nicht gestattet war, entschlossen Einspruch zu erheben.“ Hierauf stellte, der „K. Ztg.“ zufolge, der Bischof von Nimes die Frage, welche Mittel die Katholiken anwenden müßten, falls ihre Gegner, „die Majestät der Gesetze verkennend, wie sie so viele andere achtbare Dinge verkannt hätten“, die gemischten Juries für die Prüfungen abschaffen würden? „Es giebt deren“, fuhr dann der Bischof fort, „zwei; zwei sehr verschiedene Worte charakterisiren sie: der Widerstand und die Nachgiebigkeit ohne Widerstand, wir werden ihn alle leisten, aber wenn wir unterliegen, was muß dann geschehen? Dann muß man sich darein ergeben und zu Gott beten, daß er bessere Tage leuchten lasse. Denn in unserem Lande, wo das Glück so schnell und auf so unerwartete Weise wechselt — wer weiß, ob wir nicht in einem Jahr ein Gesetz über den Universitäts⸗Unterricht haben werden, das besser ist, als das Wenige, was man uns gegeben, und das man uns acht Monate, nachdem wir diese unerhoffte Kon⸗ zession erhalten, wieder nehmen will. Die Vorsehung hat viel⸗ leicht Absichten, die wir erst in einem Jahre kennen werden und die dem Klarschauendsten heute entgehen. Verstehen wir zu warten, meine theuren Freunde, indem wir uns der Worte Bossuets erinnern, daß nichts so zerbrechlich ist, als die Ord⸗ nung der menschlichen Dinge. Dem Gerechten erscheint immer seine Stunde des Triumphs, was auch seine Feinde thun mögen, deren Sieg nur immer ein vorübergehender ist. Die ka⸗ tholische Kirche ist ein Greis, aber ein Greis, der nicht stirbt, der viele Jahrhunderte zählt und noch während langer Jahrhunderte die Morgenröthe über den Gebeinen Derer sich erheben sehen wird, die ihn bekämpft, verkleinert, beraubt und verfolgt haben.“ — Während sonach die Klerikalen auf einen glücklichen Wechsel warten, suchen ihre Blätter nach Bundesgenossen; das „Univers“ fordert die Iren auf, ihre „Reformen“ durchzusetzen und bringt einen anderen Artikel über die „Christenverfolgungen“ in Rußland und Polen. Die „Rép. Francçaise“ ist entrüstet darüber, daß man unter dem Beifall des ganzen Kongresses, der griechisch⸗katholischen Religion den Krieg erklärt habe, also eine Kirche vernichten wolle, deren Oberhaupt der Czar sei. — Zu⸗ gleich verbreiten die „Brüder der christlichen Schulen“ in Rheims, denen dort zwei Gemeindeschuren anvertraut sind, ein Buch des Hrn. v. Séögur: „Edle und Priester“, aus dem die „K 3.“ einige Stellen mittheilt. Der Gemeinderath von Rheims, bemerkt das „Siècle“ dazu, beauftragte den Maire, das Nöthige zu veranlassen. Man könne doch unmöglich den aus
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öffentlichen Mitteln bezahlten Lehrern der Jugend erlauben, der⸗ selben die Verachtung der nationalen Einrichtungen und der Verfassung zu lehren.
— 25. April. (W. T. B.) Bei der n Montauban stattgehabten engeren Wahl wurde Pages (konstitutionell) mit 6490 Stimmen gegen Loqueysie (Bonapartist), welcher 5960 Stimmen erhielt, zum Deputirten gewählt.
Italien. Rom, 21. April. (Ital. Nachr.) Der König gedenkt am 23. dieses Monats wieder in Rom einzutreffen und bis nach der Feier des Konstitutionsfestes (am 1. Sonntag im Monat Juni) hier zu bleiben. — Der „Italie“ zufolge wäre der Unter⸗Präfekt von Voghera seines Amtes noch nicht enthoben worden. — Nach Zeitungsberichten wird ein Verzeich⸗ niß aller in den verschiedenen Ministerien angestellten Civil⸗ beamten aufgenommen, um die zum aktiven Dienste unbrauch⸗ baren Elemente auszuscheiden, wie es im Heer und auf der Flotte schon seit Jahren geschehen ist. Um dem Könige Be⸗ gnadigungen und Strafumwandlungen für solche Verbrecher vorzuschlagen, welche Zeichen von Besserung gegeben haben, hat der Minister⸗Siegelbewahrer Mancini von allen Gefängniß⸗ direktoren Verzeichnisse der Verbrecher und der ihnen zur Last gelegten Verbrechen und sowohl der Strafe, zu welcher sie ver⸗ urtheilt worden sind, als auch der Strafzeit, die sie bereits verbüßt haben, wie sie sich während der letzteren aufgeführt haben und welche Zeichen von Besserung an ihnen bemerkt worden sind u. s. w. verlangt.
— Nach dem „Giornale dei Lavori publici“ gedenkt der Minister der öffentlichen Arbeiten vom Parlamente sieben Millionen Lire zur Erhöhung derjenigen Stellen der Podämme zu ver⸗ langen, wo der Damm nur 0,9 Meter hoch ist.
— 25. April. (W. T. B.) Wie die hiesigen Journale melden, ist Nigra zum italienischen Botschafter in St. Peters⸗ burg ernannt und wird auf dem Pariser Posten durch den seit⸗ herigen Gesandten in Konstantinopel, Grafen Corti, ersetzt. Zum Gesandten in Konstantinopel ist Graf Ulysse⸗Barbolani, seither Gesandter in St. Petersburg, ernannt.
Türkei. Konstantinopel, 24. April. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach ist die unter Moukhtar Pascha stehende Truppenabtheilung durch 10 Bataillone verstärkt worden und würde einen neuen Versuch machen, Niksic zu verproviantiren.
— (W. T. B.) Die Vertreter der Großmächte haben, wie die „Agence Havas⸗Reuter“ meldet, der Pforte den Rath ertheilt, nichts gegen Montenegro zu unternehmen, indem sie gleichzeitig versprachen, ihre Pazifikations⸗ bemühungen fortzusetzen. Die Pforte hat von diesen Zusagen Kenntniß genommen, wird aber ihre militärischen Vorbereitungen nicht unterbrechen.
— Die schriftliche Erklärung, welche Gabriel Wesse⸗ litsky Bogdanovic von den Führern der herzegowinischen Aufständischen am 5. April eingehändigt erhalten hat, damit er sie den Großmächten und der Pforte übermittle, stellt fol⸗ gende Forderungen auf:
1) Das herzegowinisch⸗christliche Volk muß wenigstens ein Drittheil des Bodens zu eigen bekommen, nicht allein, weil der⸗ selbe gegen Recht und Gesetz mit Gewalt in Besitz und Nutz⸗ nießung der Türken ist, sondern auch darum, weil ohne so viel Eigenbesitz das herzegowinisch⸗christliche Volk außer Stande ist, zu leben, und es darum vorzieht, lieber zu Grunde zu gehen, als zu einem Dasein zurückzukehren, in welchem kein Leben möglich ist.
2) Die Türkei muß für immer aus der Herzegowina ihre Armee entfernen und nur so viel im Lande belassen als zu Garnisonen vonnöthen ist, und dies nur in folgenden Orten: Mostar, Stolac, Trebinje, Niksic, Plevlje, Foca.
3) Die Türkei baue allen christlichen Familien die ein⸗ geäscherten Häuser und Kirchen auf und gebe ihnen wenigstens für ein Jahr Lebensmittel und die Geräthe für Landbau, und sollen die christlichen Familien gar keine Abgaben zahlen drei Jahre hindurch, vom Tage der Rückkehr an gezählt.
4) Das herzegowinisch⸗christliche Volk wird die Waffen nicht niederlegen, so lange nicht zuerst alle Mohamedaner sie abgelegt haben und bis die versprochenen Reformen vollends durchge⸗ führt sind.
5) Wird verlangt, daß, falls das ganze herzogowinisch⸗christ⸗ liche Volk zurückkehrt, seine Führer über die Ausführung der Reformen mit den Behörden verhandeln, und daß sie insgesammt eine Konstitution („uprava“) schaffen, welche entsprechend wäre dem Sinne des Reformprojekts des Grafen Andrassy; daß diese Reformen allsogleich eingeführt werden, auch in jenen Geschlech⸗ tern („plemena“, Familien, Gemeinden) ganz Bosniens und Herzegowinas, welche noch nicht aufständisch sind.
6) Daß das Geld, welches die Pforte bestimmen würde für
das herzegowinisch⸗christliche Volk, nicht in die Hände der türki⸗
schen Beamten fällt, sondern unter die unmittelbare Aufsicht einer europäischen Kommission gestellt wird, die es zum Wieder⸗ aufbau der Kirchen und Häuser, so wie zur Anschaffung der Hausgeräthe verwenden und vor der Rückkehr der geflüchteten Familien einige Hauptmagazine mit allem Nothwendigen errich⸗ ten soll.
sa Daß in den sechs Garnisonsorten die Regierungen Oesterreichs und Rußlands je einen Agenten bestellen, welche darüber zu wachen haben, daß die Reformen vollkommen aus⸗ geführt werden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 25. April. (W. T. B.) Der „Regierungsanzeiger“ enthält eine offizielle beruhigende Erklärung über die Lage im Orient. Dieselbe hebt hervor, daß das Einverständniß der Großmächte hinsichtlich der Pazifikation ein festes ist. Die durch Leidenschaften und materielle Hindernisse erzeugten Schwierig⸗ keiten könnten nicht den vereinigten Willen Europas be⸗ zwingen. Das Einverständniß der Mächte sei bei der Nachricht über die intendirte Invasion Montenegros nochmals befestigt worden. Das Kaiserliche Kabinet hat unverzüglich die fünf Groß⸗ mächte eingeladen, ihren Vertretern in Konstantinopel identische Instruktionen zu geben, um der Pforte von der kriegerischen Aktion abzurathen. Deutschland, Oesterreich, Frankreich und Italien haben bereits erwiedert. Es ist aller Grund vorhanden, au den Beitritt Englands zu erwarten. Auch aus Konstantinopel liegen günstigere Nachrichten vor. Der Sultan hat den Minister des Auswärtigen beauftragt, jeden Angriff gegen Montenegro in Abrede zu stellen und zu versichern, die militärischen Maß⸗ regeln bei Skutari seien nur in defensiver Absicht getroffen worden.
— Zum General⸗Gouverneur von Turkestan ist, wie
man der „Köln Ztg.“ mittheilt, da der General⸗Adjutant v. Kauf⸗
mann nicht mehr auf seinen bisherigen Posten zurückkehrt, der bisherige General⸗Gouverneur von Westsibirien, General⸗Adjutant Kasnakow, ernannt worden. .
russischen Klöster
Einkünfte von befindlichen Mühlen in anderen Etablissements beziehen. Die
,— Betreffs der Einkünfte und des Vermögens der Klöster “ „Golos“, daß 540 zusammen ca. Dessjatinen Land — Acker, Wald und Wiesen — besitzen und außerdem große den auf ihren Liegenschaften in Betrieb
Alexander⸗Newosky' sche Lawra z. B. bezieht allein von dem auf ihr gehörigen Grund und Boden in St. Petersburg belegenen Im⸗ mobilien jährlich 200,000 Rbl. Die jährliche Einnahme der Klöster im russischen Reich wird auf 9 Mill. Rbl. veranschlagt.
— Das Gebiet Ferghana, das ehemalige Chanat Kokand nach seiner Vereinigung mit dem russischen Reiche, wird vom „Russ. Inv.“, dem wir das Folgende entnehmen, ein⸗ gehend geschildert:
Das Gebiet Ferghana grenzt nach Norden und Westen an das Ge⸗ biet des Syr⸗Darja, im Osten an das von Semiretschinsk und im Süden an die Besitzungen von Kaschgar, die Hochebenen Pamir und Karntegin und an den Kreis Serawschan. Das Gebiet hat eine Kesselform und ist vom Tian⸗Schan umgeben, der sich nur nach Westen öffnet und dem Syr⸗ Darja den Durchgang in das westliche Turkestan gestattet. Die Größe des Gebiets beträgt über 1300 Q.⸗Meilen; davon ist ein Fünftel Ebene, der Rest ist Bergland. Der höchste Gebirgs⸗ kamm, der Saalni, die südliche Grenze des Gebietes, ist 18,000 Fuß hoch, einzelne Bergspitzen haben sogar 25,000 Fuß Höhe. Von Nordost bis Südwest geht der Syr durch das Gebiet; er wird aus dem Narin, der auf dem Gletscher des Saissi⸗Lul im Tjan⸗Schan und des Karn Darja, der auf der östlichen Grenze des Gebirgskessels entspringt, gebildet, und von einigen Bergströmen gespeist. Die
lüsse und die vielen kleinen Bergströme, welche in das Thal des
yr⸗Darja fließen, ihn aber größtentheils nicht erreichen, sind die
auptquellen der Fruchtbarkeit des neuen Gebietes. Drei große
anäle und viele Arpks (kleine Irrigationskanäle) dienen zur Be⸗ wässerung der Felder und Gärten, die meist an den Füßen der Ge⸗ birge liegen, da die heißen und sandigen Flächen am mittleren Laufe des Syr⸗Darja für den Ackerbau weniger günstig sind.
Die Bevölkerung besteht, wie meist in Mittelasien, aus ansäßigen und aus nomadisirenden Stämmen. Zu den ersteren gehören die Tadshiken, ursprünglich arischer Abstammung, aber allmählich ver⸗ mischt mit den Usbeken, die zu dem im 16. Jahrhundert über Klein⸗ asien sich verbreitenden turanischen Volksstamm gehören. Die Ein⸗ wohner werden aber ohne Rücksicht auf die Abstammung Isarten ge⸗ nannt. Auch die Indier, Afghanen und Juden gehören zur ansäßigen Bevölkerung. Die nomadisirende besteht aus Kirgisen und den ihnen verwandten Kiptschaken. Die ansäßige Bevölkerung hat, nach den allerdings nicht genauen Angaben der bisherigen Beamten, 132,000 Häuser und die nomadisirende 90,000 Kibitken, was im Ganzen 192,000 Familien oder 960,000 Köpfe repräsentirt. Das Gebiet Ferghana ist danach das bevölkertste im General⸗Gouvernement von Turkestan. 1
Uever 10,000 Einwohner haben die Städte Kokand, Margilaän, hütbe und Namangan; Kokand soll sogar zwischen 40 — 50,000
aben.
Während der Herrschaft des Chans war das ganze Gebiet in 15 Verwaltungsbezike unter Leitung eines Begs eingetheilt und nach dieser Eintheilung fand auch die Vertheilung der Abgaben statt, welche in Naturallieserungen, Cheradsh (von den Felderzeugnissen) und in Geldabgaben, Tapapunja (von den Gartenerzeugnissen) be⸗ standen. Außerdem bestanden die Saketsteuer (von importirten Waaren und Vieh); die Bazarsteuer (für das Recht, auf den Märkten Handel zu treiben), eine Steuer für das Uebersetzen über die Flüsse, eine vom Salz und verschiedene schwer lastende Abgaben und Steuern zur Bereicherung des Chans.
Wie ergiebig dies Gebiet war, zeigen die Steuererträge; so er⸗ gaben die Naturalabgaben an Korn in Geld nach den Marktpreisen 5 “ die ge. “ dazu
bol. für Arrenden und alzabgaben, im anzen al 2,186,925 bis 2 ½ Mill. Rbl. “ “
Die Ernten sind, durch die reichliche Bewässerung, sehr ergiebig; gebaut werden Weizen, Reis, Hirse, Gerste, Dsbugara; ferner die gewöhnlichen bekannten Gartenfrüchte, Tabak, Marem und andere Farbenpflanzen. Sodann der Maulbeerbaum — die Seidenraupen geben hier eine der besten mittelastatischen Sorten von Seide —, eine ausgezeichnete Gattung Wein und eine Menge Obstsorten von ange⸗ nehmem und mildem Geschmack. Durch diesen Reichthum und das herrliche Klima ist dies Gebiet als eine der gesegnetsten Gegenden des Orients berühmt.
Die technischen Produkte stehen aber auf der niedrigsten Stufe der Entwickelung; das wichtigste Manufaktur⸗Erzeugniß ist das Bjas, ein Gewebe, welches für die russischen Truppen im Turkestanschen Bezirke verwandt wird, und Seide, zu deren Bearbeitung im Bezirk Marzilan viele Seidenspinnereien und Webereien existiren. Auf den benachbarten mittelasigtischen Märkten gelten als die besten Erzeug⸗ nisse von Ferghana: Komorus (eine Art Seidenzeug), seidene Kleider, Atlas und einfachere Gattungen von Teppichen.
„Die Einverleibung dieses Gebiets bringt daher dem russischen Reiche nicht nur keine Ueberlastung der Steuerkräfte, sondern selbst bei Verminderung der bisherigen Abgaben werden die Einnahmen des Ferghana⸗Thales die Ausgaben für die Verwaltung vollständig decken. Unter geordneter Verwaltung wird sich auch die ökonomische Wohl⸗ fahrt in dem Maße verbessern, das dem natürlichen Reichthum dieses Landes entspricht.
Uebrigens ist der Name Ferghana die älteste Benennung des Territoriums des ehemaligen Chanats Kokand in seinen letzten Gren⸗ zen; er tritt zuerst in arabischen Handschriften des 8. und 9. Jahr⸗ hunderts auf, war aber schon den Chinesen in korrumpirter Form im 4 Jahrhundert bekannt. Das Wort gehört zur iranischen, mit dem Persischen verwandten Sprachenfamilie und bedeutet wahrscheinlich „das Lund des Ueberganges“ (Jrahgana) oder des „Durchzanges“ von „Transopanien“ nach dem nördlichen Turkestan.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 21. April. Der König empfing gestern den Königlich niederländischen Minister⸗Residenten, Herrn Mazel, in besonderer Audienz und nahm dessen Abberufungsschreiben entgegen. — Unterm 7. d. M. hat Se. Majestät den Bau von drei ungepanzerten Kanonen⸗ booten erster Klasse befohlen. — Die „Post⸗ och Inr. Tidn.“ ist zu der Erklärung ermächtigt, daß die hier in deutscher Sprache erscheinende „Schwedisch⸗Norwegische Korrespondenz“ keinen offiziösen Charakter hat.
— Bei der Feier des 80. Geburtstages des Deutschen Kaisers beschlossen, auf Anregung des hiesigen deutschen General⸗Konsuls Redlich, die dahier anwesenden Deutschen einen Hülfsverein zu gründen, der den Namen „Deutscher Hülfsverein vom 22. März 1876“ führen soll. Am 18. April sind nun die Statuten dieses Vereins in einer Versammlung von Deut⸗ schen festgestellt und die Herren General⸗Konsul Redlich, Braue⸗
reibesitzer F. Heiß, Kaufleute S. Warburg, Oskar Barth und⸗
Konsui Blanck zu Mitgliedern des Interims⸗Comités gewählt worden, so daß demnach der Hülfsverein konstituirt ist.
— 22. April. Der König empfing heute Mittags Herrn van Karnebeck in Audienz, welcher Sr. Majestät seine Kre⸗ ditive in der Eigenschaft als Königlich niederländischer Minister⸗ Resident überreichte.
Amerika. Aus Washington, 22. April, wird der „A. A. C.“ gemeldet: Das Staats⸗Ministerium hat noch keine Ant⸗ wort auf die Note erhalten, welche der StaatsSekretär Fish neulich an Earl von Derby richtete, und worin er ernstlich protestirte gegen die Weigerung Englands, den Fälscher Winslow auszuliefern, falls die Regierung der Vereinigten Staaten
nicht die Versicherung ertheile, daß er nur wegen des Vergehens, wegen welchem seine Auslieferung verlangt werde, vor Gericht gestellt werden solle. Es wird hier hervorgehoben, daß die ka⸗ -e, — soeben einen flüchtigen Verbrecher an die ereinigten Staaten ohne irgend einen solch . Seannhe h g solchen Vorbehalt aus — Nach einem Telegramm der „Times“ aus Philadelphia vom 24. April find 4 nordamerikanische mnn mit zusammen 30 Kanonen zum Schutze der nordamerikanischen Interessen nach Matamoras abgeschickt worden.
Afrika. Capstadt, 25. März. Der eben veröffentlichte Bericht Froudes an den Kolonial⸗Minißtr über seine Pasiche für eine südafrikanische Konföderation findet in den Ko⸗ lonien bei den Freunden des Bundesplans eine sehr beifällige Aufnahme. — Von den Präsidenten der beiden südafrika⸗ nischen Freistaaten ist Herrn Brand, der Präsident des DOranje⸗ Freistaats, auf der Reise nach England begriffen und bei seiner Durchreise durch die Capkolonie überall freundlich aufgenommen worden, obwohl fes in erster Linie Gebietsstreitigkeiten zwischen dem Freistaat und der Kolonie sind, die ihn nach England führen. Herrn Burgers, der Präsident der Republik Transvaal, besucht eben die Capkolonie und wurde bei seiner Ankunft in der Cap⸗ stadt mit allen Ehren empfangen.
8 Statistische Nachrichten.
„Bei der jetzt beendigten Musterung der Militärpflich⸗ tigen der Jahre 1852 — 56 in der Stadt München hat sich, der „W. C.“ zufolge, folgendes Resultat ergeben: Gemuftert wurden im Ganzen 2900 Militärpflichtige; hiervon wurden 9 als unwürdig ausgeschlossen, 1001 als untauglich befunden, 59 wurden der Ersatzreserve II., 469 der I. Klasse zugetheilt; als tauglich mit Waffen wurden 4606, ohne Waffen 90, zusammen 556 anerkannt; zurückgestellt wurden 816. Es treffen somit auf je 100 Gemusterte je 34 untaugliche, 18 Reser⸗ visten, 20 taugliche und 28 Zurückgestellte. Von dem zum ersten Male zur Musterung gelangten Jahrgang 1856 waren 1507 Militär⸗ pflichtige vorhanden. Hiervon wurden 568 für untauglich, 269 für tauglich erklärt, 448. zurückgestellt und 222 in die Reserve versetzt. Von den 568 Untauglichen des Jahrgangs 1856 sind 205 wegen zu gerinzem Koͤrpermaß und sonstigen kleinern Fehler zurückgestellt.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Aus Düsseldorf vom 21. April erhält die „Köln. Ztg.“ folgende Notiz: Hr. Prof. J. C. Watson zu Ann Arbor im Staate Michigan entdeckte vor wenigen Tagen den vierten diesjährigen Pla⸗ neten 11. Größe, dessen Ort füͤr April 19 Mitternacht folgender war: Rectascenston 13 Uhr 28 M., südliche Deklination — 11 Grad 45“ tägliche Aenderung der Deklination + 2*. Hiermit steigt die An⸗ zahl der bekannten kleinen Planeten auf 161, von welchen 46 in Amerika, 5 in Asien und 110 in Europa entdeckt sind.
— In der Nacht vom 22. auf den 23. d. M. ist der Direktor der Königlichen Kunstgewerbeschule in Nürnberg, Dr. Auzust von 8
— In Perpignan, dem Geburtsorte des berühmten Physiker und Mathematikerz Franz Arago, soll demselben ein Pge gesetzt merden⸗ h
— Professor A. Nordenskjöld hat, wie den „Hamb. Nachr.“ aus Stockholm unter dem 19. d. M. geschrieben Hen von 9 Firma Edgren & Wahlström in Gothenburg den Dampfer *Ymer“ zur Fahrt um das Nordkap durch das karische Meer nach der Mündung des Jenesei, und womöglich noch eine Strecke flußaufwärts gechartert. Das Schiff soll mit Proviant auf 12 Mo⸗ nat zum 1. Juli cr. segelfertig sein und Mitte Juli Professor Nor⸗ denskjold in Bergen abholen. Am Jenesei werden der Expedition sich die drei Botaniker Dr. Theel, Dr. Trybom und Docent Arnell (sämmtlich Schweden) anschließen, die sich üͤber Finnland, Rußland und Sibirien dorthin begeben. Man verspricht sich von dieser Reise 78 Vortheile, sowohl in wissenschaftlicher wie merkantiler Be⸗ ziehung.
— Von dem Kunstverlage von Werner Große hierselbst, aus welchem wir bereits vor einiger Zeit mehrere lithographische Kunstblätter erwähnten, liegen uns folgende weitere Bilder vor: 1) Elsa und Lohengrin von Pixis, 2) Hans Sachs und Evchen von Pixis, 3) Kommt er, kommt er nicht? ven Jakob Gaisser, (Preis für jedes Blatt 6 ℳ, Nr. 1 und 2 sind litbooraphische Nachbildungen aus der Pixis⸗Kaulbachschen Wagner⸗ Galerie, welche die Photographien um ein bedeutendes an Fein⸗ heit der technischen Durchführung übertreffen. Ihr Kunst⸗ werth ist bereits hinreichend bekannt. Das 3. Blatt gehört zu den gelungensten Lithographien auf dem Gebiete des Genres über⸗ haupt. Nach der Vorlage ist unlängst am Geburtstage Sr. König⸗ lichen Hoheit des Prinzen Carl ein lebendes Bild gestellt worden. Sämmtliche Blätter sind, abgesehen von dem Werth ihrer Ori⸗ sinale, auf das Sauberste ausgeführt und eigenen sich vornehmlich zu einer passenden Zimmerzierde.
„— Wie das „Athenäum“ mittheilt, ist dem britischen Museum kürzlich ein Werk in chinesischer Sprache über den letzten Kriegübermittelt worden. Das Werk besteht aus 8 Bänden und ist von den Verfassern Wang Taon und Chang Tsung Leang nach Zeitungsberichten zusammengestellt. In der Vorrede ziehen sie eine Parallele zwischen dem gegenwärtigen Zustande Euroyas und der Lage Chinas im Jahre 500 vor Christi Geburt. Das Werk beginnt mit einer allgemeinen Schilderung Europas und geht dann zu den un⸗ mittelbaren Ursachen des Kriegs über. Die Audienz des Peen⸗ni⸗teh⸗ti beim Könige von Preußen in Im⸗ße (Ems), die verschiedenen Schlachten, die Katastrsphe bei Sze⸗tan (Sedan) und die Belagerung von Paris sind ausführlich beschrieben. Das Buch schließt mit det Wahl Mak⸗ma han's zum Präsidenten der französtschen Republik.
8 Land⸗ und Forstwirthschaft.
Aus en, 23. April. In voriger Woche hat in Plaue bei Arnstadt eine Versammlung von Jasdfreunden getagt, welche die Gründung eines Thüringer Jasdvereins beschlossen hat. Von den etwa 90 Theilnehmern der Versammlung sind 51 dem Vereine sofort beigetreten. Die von dem vorberathenden Comité entworfenen Sratuten wurden angenommen und der Vereinsvorstand auf die näch⸗ sten drei Jahre gewäaͤhlt, Präsident desselben ist der Herzoglich gothaische Ober⸗Jätermeister v. Schack. Der Großherzog von Sachsen, der Herzog von Coburg⸗Gorha und der Erbprinz von Schwarzburg⸗Sondere⸗ hausen sollen gebeten werden, das Protektorat über den Jagdverein u übernehmen. Der Verein hat den Anschluß an den deutschen Jagdverband in Aussicht genommen.
Gewerbe und Handel.
Berlin. Im Konkurse Strousberg fand am Montag der zweite Prüfungstermin vor dem Kommissar des Konkurses, Stadtgerichts⸗ Rath Bennecke, statt. Der Verwalter der Masse, Kaufmann Dieiitz, gab den Bestand der Masse, wie folgt an: Eine genaue Bilanz lasse sich bei den ungewöhnlichen Dimensionen, die dieser Konkurs ange⸗ nommen, neoch nicht aufstellen. Annähernd betragen die unzweifel⸗ haften Aktiva 377,962 ℳ, welche sich aber bis auf 600,000 ℳ er⸗ höhen dürkten, die im allergünstigsten Falle sich möglicher Weise auch verdoppeln können. Passiva lassen sich selbst annähernd noch gar nicht berechnen. Es sind im Ganzen bis heute 1101 Forderun⸗ gen, worunter aber auch ganz unbegründete, angemeldet. Beispielsweise hat die Aktiengesellschaft für deutsche und böhmische Mahlfabrikate 47 Millionen Mark und die Hannover⸗Altenbekener Bahn 10 Mil⸗ lionen Mark Forderung angemeldet. An bevorrechtigten Forderungen sind mindestens 2 ½ Millionen Mark zu decken. Buchschulden 9— 10 Millionen Mark, Wechselschulden 9 — 10 Millionen Mark vorhanden. Die Moskauer Kommerzleihbank hat 10—15 Millionen Mark zu fordern, so daß wohl anzunehmen ist, daß die Passiven mindestens 40 Mil⸗ lionen Mark betragen. Rechnet man nun die Gebühren und Kosten der Kon⸗
kursverwaltung
8 „die rückständigen Steuerbeträge mit allein 70,000,000 ℳ u. s. w. zusammen, so dürfte selbst im günstigsten Falle auch für di bevorrechtigten Gläubiger keine nexnenswerthe Dividende sich heraus⸗ stellen, für die nicht bevorrechtigten Gläubiger liegt aber absolut nichts in der Masse. — Der Kommissar, Stadtgerichts Rath Benneck⸗ bedauerte den ungünstigen Stand der Masse, der wenig oder gar keine Hoffnung auf Besserung in sich trägt. Er b stätigte im Uebrigen alle Angaben des Verwalters in längerer Auseinandersetzung.
— Dem Jahresberichte der Preußischen Central⸗Boden⸗ kreditgesellschaft pro 1875 entnehmen wir folgende Daten: Die seit Eröffnung des Geschäftsbetriebes (1870) abgeschlossenen Hypotheken⸗Darlehnsgeschäfte beliefen sich bis Ende 1875 au 146,287,000 ℳ Der Zuwachs an Hypothekendarlehen in 1875 be iffert sich auf 21,502,000 ℳ Die unkündbaren Darlehne haben den Betrag von 135,097,000 ℳ erreicht, die kündbaren oder auf einen estimmten Termin fälligen Darlehne betragen 11,190,000 ℳ Die Gesellschaft emittirte im August 1875 4 ½ % unkndbare, im Wege der Ver⸗ loosung mit 10 % Zuschlag zum Nominalbetrage rückzahlbare Central⸗ Pfandbriefe im Betrage von 15,000,000 ℳ Nom., wovon 12,000 (00 ℳ zur Subskription aufgelegt wurden. Die der Generalversammlung vorzeschlagene Dividende pro 1875 beträgt 9 ½ % auf das “ Grundkapital. Außer der statutmäßigen Reserve findet ein Reserve vortrag von 477,745 ℳ in das Jahr 1876 statt. In der gestrigen ordentlichen Generalversammlung der Aktionäre ist nach den Anträge der Direktion die Genehmigung der Rechnungen und der Bilanz pro 1875 beschlossen, die Dividende pro 1875 auf 9 ½ % festgestellt und der Direktion Decharge ertheilt worden. 9
— In der gestrigen ordentlichen Generalversammlung der „Union“ Allgemeinen Versicheruna s⸗Gesellschaft wurd beschlossen, von dem Reingewinn (d6,658 ℳ) zur Abrundung des Re⸗ servefonds auf 50,000 ℳ, 9331 ℳ, zu Tantremen 14,038 ℳ zu ver wenden. Der verfügbare Rest entspricht einer Dividende von 7 % (gegen 5 % im Vorjahr), welche mit 42 ℳ pr. Aktie sofort zur Zah lung gelangt.
— Die Tarnowitzer Gesellschaft für Bergbau⸗ und Eisenhüttenbetrieb schließt das Jahr 1875 mit einem Verlust von 95,467 ℳ ab. Hierzu der Verlust⸗Saldo von 54,446 ℳ au dem Vorjahr, ergiebt ein Gesammtdefizit von 149,913 ℳ, dem ein Reservefond von 118,221 ℳ gegenüber steht, so daß sich die eigent⸗ liche Unterbilanz auf 31,692 ℳ beziffert. Außer einer Hypotheken anleihe von 150,000 ℳ hatte die Gesellschaft ultimo Dezember noch schwebende Schulden in Höhe von 366,202 ℳ, dagegen gleichzeiti für 64,083 ℳ Debitoren, 27,900 ℳ an Kantionen, ein Guthabe von 117,958 ℳ bei der Katharinagrube, einen Effektenbestand von 6000 ℳ, sowie einen Baarbestand von 12,248 ℳ
— Die Generalversammlung des Cölner Bergwerks⸗Ver eins hat die Dividende auf 5 % festgesetzt. Der Verein besitz einen Reservefonds von 854,024 ℳ, d. h. ungefähr 15 % des Aktien kapitals (5,400,000 ℳ), ferner einen Erneuerungsfonds von 326,101 ℳ eine Spezialreserve von 36,212 ℳ und endlich einen Delcrederefonds von 9986 ℳ Zur Vertheilung der Dividende von 5 % sind 270,000 ℳ erforderlich, während der Bruttoüberschuß 483,569 ℳ betrug. An Schluß des Jahres standen der Gesellschaft zur Verfügung: For⸗ derungen an Bankhäuser 886,639 ℳ, sonstige Forderungen 385,203 ℳ und Wechsel und Kassenbestände mit 146,944 ℳ
— Die außerordentliche Generalversammlung des Frankfurter Bankvereins vom 22. d. M. genehmigte den Antrag des Auf⸗ sichtsraths, weitere 10,000 Aktien zurückzukaufen.
— Der Geschäftsbericht der Thüringischen Bank zu Son⸗ dershausen für das Jahr 1875 giebt den Banknoten⸗-Umlauf am Schluß des Jahres auf 540,000 ℳ an. Die Bank hat im vergan⸗ genen Jahre einen Bruttogewinn von 1,757,115 ℳ erzielt, d. i. 311,778 ℳ weniger als im Vorjahr. Der Verlust auf die eigenen Effekten der Bank beziffert sich auf 162,119 ℳ Von der vorjährigen Spezialreserve im Betrage von 711,829 ℳ sind im Jahre 1875 247,393 ℳ berechnet worden und zu dem Reste von 464,435 ℳ aus dem Jahresgewinn 1875 weitere 270,216 ℳ ab⸗ resp. der Reserve zugesetzt worden, so daß sich dieselbe auf 734,651 ℳ erhöht. Der Nettogewinn von 931,764 ℳ rechtfertigt die Vertheilung von 5 % Dividende pro 1875. Das Kassa⸗Konto bestand am 31. De⸗ zember 1875 aus 1,035,517 ℳ (gegen 1874 weniger 1,734,229 ℳ) An Agio wurde vereinnahmt 14,488 ℳ (gegen 1874 4788 ℳ weniger). Wechsel⸗Konto: Eingang: 101,295,677 ℳ Ausgang: 94,199,673 ℳ Restbestand Ende 1875: 7,096,003 ℳ Hypotheken⸗Konto: Es ver⸗ bleiben Ende 1875: 191 Hypotheken im Betrage von 1,106,071 ℳ Effekten⸗Konto: Eingang 21,572,840 ℳ, Ausgang 30,359,748 , Bestand 1,213,091 ℳ Konto⸗Korrent⸗Konto: Die Umsätze betrugen zu dem Bestande vom vorigen Jahre 855,790,954 ℳ und im Aus⸗ gange 804,892,684 ℳ, Bestand 10,898,270 ℳ
Wien, 24. April. (W. T. B.) Das Prager Handelsgerich hat, wie die „Presse“ meldet, in seiner Eigenschaft als Kuratelbehörde das Uebereinkommen der Prag⸗Duxer Bahn resp. des Prioritätenkuraters derselben mit der Regierung seinem ganzen Inhalt nach genehmigt, zu dem Abschluß des vom Kurator mit der Anzlobank und dem Bankhause Erlanger verabredeten Darlehnsgeschäfts im Betrage von 6,0,000 Fl. dagegen die Genehmigung versagt und seine Einwilligung dazu nur dann für möglich erklärt, wenn der Kurator die Zustimmung der Majorität der Prioritätenbesitzer beibringe. — Der Rechnungsabschluß der Ferdinands⸗Nordbahn weist eine Gesammt- einnahme von 22,623,081 Fl. und 9,871,500 Fl. Betriebsauslagen auf. Nach Verzinsung des Prioritätenkapitals und des Aktien⸗ kapitals bleiben 5,288,204 Fl. zur Disposttion der Generalversamm⸗ lung; im vorigen Jahre belief sich dieser Betrag auf 5,899,594 Fl. — Das an der Börse verbreitet gewesene Gerücht von einer bei der Waarenabtheilung der ungarischen Kreditbank vorgekommenen Defrau- dation stellt sich nach eingegangener Erkundigung als vollständig unbe⸗ gründet dar.
— Weiterer Mittheilung zufolge ist von dem Prager Handels⸗ gerichte auch das von dem Prioritätenkurator der Prag⸗Duxer Bahn mit der Anglobank und Konsorten abgeschlossene Dar⸗ lehnsgeschäft genehmigt worden. 11
— Nach einer Meldung der „Presse“ wird sich der Di rektor der Kreditanstalt, Wolff, nach London begeben. Diese Reise wird mit den Verhandlungen wegen der Emission der ungarischen Rentenanleihe in Zusammenhang gebracht. — Der Administrationsrath des Bankvereins wird demselben Blatte zufolge auf der demnächst stattfindenden Generalversammlung die Mittheilung machen, daß die Schuld von 11 Millionen Fl. be⸗ reits an die Boden⸗Kreditanstalt zurückgezahlt sei. —
— Die Inhaber der Bonds der Daira haben nach der „K. Z.“ den Khedive bei den Gerichten seines eigenen Landes ver⸗ klagt. Sie stützen sich auf §. 10 des neuen, seit Januar gültigen Vertrages über die Gerichtsbarkeit in Aegypten, welcher besagt: „Die Regierung, die Beamten und die Dairas Sr. Königlichen Hoheit des Khedive unterliegen der Gerichtsbarkeit der (gemischten) Gerichtshöfe, wenn es sich um Prozesse mit Ausländern handelt.“
1 Berkehrs⸗Anstalten.
„Die auf Veranlassung des Handels⸗Ministes aus Kom⸗ missarien aller betheiligten Behörden gebildete Kommission zur Vor⸗ berathung eines zweiten im Süden von Berlin anzulegen⸗ den Kanals ist, wie die „Nat. Z.“ mittheilt, im Laufe der vorigen Woche in den Räumen des hiesigen Polizei⸗Präsidiums zusammen⸗ getreten und hat aus ihrem Schooße eine Subkommission von Tech⸗ nikern gewählt. Aufgade derselben wird sein, die beste und billigste Linie fuüͤr den Kanal zu ermitteln.
Leipzig, 22. April. (Leipz. Ztg.) Für einen Kanal von Leipzig nach Wallwitzhafen sind vor Kurzem die generellen Vorarbeiten vollendet worden. Die Kosten des Unternehmens sind auf 17,694,000 ℳ (einschließlich 1,234,500 ℳ Zinsverlust während der Bauzeit) veranschlagt, wovon u. a. 1,482,000 ℳ auf den Grund⸗ erwerb, 6,164,000 ℳ auf Erdarbeiten, 1,256,700 ℳ auf Herstellung der geneigten Ebenen, 4,534,900 ℳ auf Brücken, Schleußen u. s. w., 1,319,640 ℳ auf den Muldenzubringer und 474,940 ℳ auf Bau⸗ leitung und „insgemein“ gerechnet sind. Ein Kilometer Kanallänge würde sonach durchschnittlich auf ca. 279,300 ℳ zu stehen kommen