„1histeetl.
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eisenbahnen bestehenden Berechtigungen und Verpflichtungen des Staates gegen angemessene Entschädigung kaufweise dem Deutschen Reiche übertragen werden; 2) alle Befugnisse des Staates bezüglich der Verwaltung oder des Betriebes der nicht in seinem Eigen⸗ shum stehenden Eisenbahnen, sei es, daß dieselben auf Gesetz, Konzession oder Vertrag beruhen, an das Deutsche Reich übertragen werden; 3) im gleichen Umfange alle sonstigen dem Staate an Eisen⸗ bahnen zustehenden Antheils⸗ und anderweiten Vermögensrechte — gegen angemessene Entschädigung — an das Deutsche Reich abgetreten werden; 4) ebenso alle Verpflichtungen des Staates bezü lich der nicht in seinem Eigenthum stehenden Eisenbahnen vom Deutschen Reiche gegen angemessene Vergütung übernommen werden.
§. 2. Bezüglich der im § 1 unter 1. 3 und 4 erwähnten Ver⸗ einbarungen bleibt die Genehmigung der beiden Häuser des Landtages vorbehalten.
Der Abg. Dr. Lasker beantragte:
In § 1. 1) In Nr. 2 die Worte: „sei es, daß dieselben auf Gesetz Konzessien oder VBertrag beruhen“ zu streichen; 2) unter Annahme des §. 1 folgende Resolution zu fassen: Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, dahin zu wirken, daß, für den Fall der Uebertragung der preußischen Staatseisenbahnen auf das Reich, gleich⸗ zeitig alle Eisenbahn⸗Aufsichtsrechte des preußischen Staates von dem Deutschen Reiche übernommen werden.
Der Abg. Windthorst (Bielefeld) wägte die politischen und nationalökonomischen Gründe für und wider die Vorlage gegen einander ab und konstatirte, daß beide ziemlich gleichwerthig seien. Weil aber der Reichskanzler ohne Noth diese entscheidende Frage aufgeworfen, mache er ihm Opposition. Der Abg. Dr. Lasker erklärte, seine heutigen Anträge sollten zum Ausdruck bringen, auf welche Weise die Aufsichtsrechte auf das Reich übertragen werden sollen. Der Handels⸗Minister Dr. Achenbach erklärte das Einverständniß der Regierung mit den Anträgen des Abg. Dr. Lasker. Die Debatte wurde hierauf geschlossen, und wurden die beiden Paragraphen der Vorlage — §. 1 mit dem Amendement Lasker — genehmigt. Demnächst wurde der Gesetzentwurf im Ganzen
in namentlicher Abstimmung mit 216 gegen 160 Stimmen an⸗
genommen. Endlich wurde die Resolution Lasker gleichfalls genehmigt. Schluß 4 ¼ Uhr.
— In der heutigen (47.) Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses, welcher am Ministertische der Vize⸗Präsident des Staats⸗ Ministeriums, Finanz⸗Minister Camphausen, der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal mit mehreren Kommissarien beiwohnten, begründete nach einigen ge⸗
schäftlichen Mittheilungen des Präsidenten der Abg. Dr. Kapp
seinen Antrag:
„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, den am 18. Juli
1867 mit dem Fürsten von Waldeck abgeschlossenen Vertrag im
Laufe dieses Jahres zu kündigen“, indem er den Accessionsvertrag als eine staatsrechtliche Abnor⸗ mität charakterisirte. Der Vize⸗Präsident des Staats⸗Ministeriums Finanz⸗Minister Camphausen erklärte, daß auch die Staats⸗ regierung die weitere Verlängerung des Vertrages auf zehn Jahre nicht für zuträglich halte und deshalb in Laufe dieses Jahres den Vertrag mit Allerhöchster Ermächtigung kündigen, zugleich aber sich bemühen werde, einen neuen Vertrag mit dem Fürsten von Waldeck zu schließen, welcher dem Interesse beider Länder entspräche. Der Abg. Miquel glaubte nicht, daß über die Frage der Annexion jetzt zu entscheiden sei, man werde bei dem hoffent⸗ lich der Genehmigung des Landtages zu unterbreitenden neuen Vertrage über den materiellen Inhalt desselben
in Bezug auf das staatsrechtliche Verhältniß zu befinden haben.
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Der Redner wies auf die verschiedenen Punkte hin, welche beim Abschluß des neen Vertrages zu berücksichtigen seien. Der Finanz⸗Minister Camphausen gab in dieser Beziehung eine zu⸗ stimmende Erklärung, worauf Abg. Dr. Kapp seinen Antrag zurückzog.
Eine Petition von Fischern am kurischen Haff um Ge⸗ stattung des Neunaugenfangs vom 1. September bis 1. Dezem⸗ ber in der Einkehle des kurischen Haffs wurde nach dem An⸗ trage der Kommission für Agrarverhältnisse der Regierung zur Berücksichtigung Behufs Einschränkung des Schonreviers in der Einkehle des kurischen Haffs überwiesen. Ueber eine Pe⸗ tition des Großgrundbesitzers Kette auf Jassen, behufs Auf⸗ hebung einer Verordnung von 1777, Hundeknüttelung betreffend, im Kreise Bütow, beantragte dieselbe Kommission zur Tages⸗ ordnung überzugehen, während der Abg. Kette beantragte, die Petition der Staatsregierung zur Berücksichtigung zu überweisen. Der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten, Dr. Friedenthal, war mit dem Zweck der Petition vollständig einverstanden, doch müßte derselbe auf legislativem Wege erreicht werden. In Anbetracht der abgegebenen Erklärung des Ministers, beantragte auch Abg. Kette den Uebergang zur Tagesord⸗ nung. Das Haus trat dem Antrage bei. Die Petition des Hans Kröger und Genossen beantragte die Agrarkommission der Königlichen Staatsregierung zur Berücksichtigung dahin zu über⸗ weisen, daß dieselbe
1) prüfen wolle, ob die Baggera beiten, welche die Hamburger
Regierung auf der Unterelbe vornehmen läßt, zum Schaden der Uferbestigungen der Petenten gereichen, und wenn das der Fall, die nöthigen Schritte thue, eine die Petenten schützende Abhülfe zu schaffen und erwägen wolle,
„ 2) ob die von der Königlichen Regierung zu Schleswig pro⸗ jektirten und in Vorschlag gebrachten Schutzwerke unter ordirärer Fluthhöhe nicht baldmöglichst auf Kosten des Staates anzulegen sein möchten und
3) ob nicht den Petenten sodann zur Herstellung der durch die
außerordentlich hehen Sturmfluthen der Jahre 1873 und 1874 be⸗ schädigten Bollwerke eine außerordentliche Unterstützung aus Staats⸗ mitteln zu gewähren fei. “ “
Der Antrag wurde angenommen. ““
„Ebenfalls ging das Haus nach dem Antrage der Kom⸗ mission über die Petition des Wirthschaftsbesitzers Pankratz zu Bobrowkerhof bei Ostrometzko, in Erwägung
daß die Königliche Staatsregierung schon Anorduungen getroffen
habe, durch zweckmäßige Uferbauten die Grundstücke des Petenten vor Abbruch möglichst zu schützen zur Tagesordnung über.
Die Petitionen der Wasserlösungsverbände in dem Kreise Eiderstedt, Regierungsbezirk Schleswig, wurden der Staats⸗ regierung als Material für ein künftig zu erlassendes Wasser⸗ lösungsgesetz überwiesen.
Der Referent Abg. Frhr. v. Schorlemer⸗Alst beantragte
Namens der Agrarkommission, die Petition des landwirthschaft⸗ lichen Vereins des Greifswalder Kreises, betreffend den Fort⸗ bestand der landwirthschaftlichen Akademie Eldena, der König⸗ lichen Staatsregierung zur Erwägung dahin zu überweisen: .11) daß eine baldige definitive Entscheidung betreffs der Akademie in Eldena im allseitigen Interesse liegt; 2) im Fall der Auflösung der landwirthschaftlichen Akademie in Eldena, bezüglich deren Vereinigung mit der Universität in Greifs⸗ wald, die Errichtung einer landwirthschaftlichen Mittelschule in Eldena in Aussicht zu nehmen.
Nach einer kurzen Debatte, an welcher außer dem Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten zDr. Friedenthal die Abgg. Frhr. v. d. Goltz, Schmidt (Stettin), und Wendorff
.
Theil nahmen, wurden die Anträge der Kommission ange⸗ nommen.
Der Referent Abg. Berger empfahl Namens der Budget⸗ kommission dem Antrage des Dr. Dohrn gemäß die Königliche Staatsregierung aufzufordern, schleunigst mit der Einrichtung von Nebelsignalen an den gefährlichsten Küsten vorzugehen. Der Antrag wurde angenommen.
Das Haus überwies die Petitionen des Gutsbesitzer Berndt der Regierung zur Berücksichtigung und ging über die Petitionen von Ilt und Genossen und Füten und Genossen, in Erwägung, daß den allgemeinen Wünschen der Petenten durch den Erlaß der Minister des Innern und für die landwirthschaftlichen An⸗ gelegenheiten vom 21. Mai 1875 stattgegeben, für die Abhülfe ihrer Beschwerde in concreto aber der Rechtsweg zulässig ist, zur Tagesordnung über. Die Petition der Segeberger Stadt⸗ kollegien wurde der Staatsregierung zur Abhülfe überwiesen. Der Königlichen Staatsregierung wurden ferner die aus der Pro⸗ vinz Hessen⸗Nassau eingegangenen Petitionen aus den Gemeinden Breckenheim, Diedenbergen, Eddersheim, Eschborn, Lorsbach, Massenheim, Nordenstadt und Weilbach zur Abhülfe über⸗ wiesen, sofern und soweit geeignete Personen zur Führung des Standesamts in den einzelnen Gemeinden vorhanden sind.
Die Mitglieder der Einschätzungs⸗Kommission für klassifi⸗ zirte Einkommensteuer im Kreise Marienburg beschweren sich über das Verfahren des Vorsitzenden der Kommission, indem er die Einschätzung der Grundbesitzer nur dann als richtig an⸗ erkenne, wenn sie nach vorherbestimmten Prozentsätzen der Grundsteuer erfolgt sei. Dieser Beschwerde sind die Grund⸗ besitzer des Großen und Kleinen Marienburger Werders bei⸗ getreten. Es wurde unterschieden zwischen dem Verfahren des Vorsitzenden bei der Einschätzung des Jahres 1875 und 1876. Die Kommission, Namens derer Abg. v. Goldfus referirte, be⸗ antragte:
„die Petitionen in ihrem ersten Theile der Königlichen Staats⸗ regierung zur Erwägung zu überweisen;
L-Se.gh. ihres zweiten Theiles aber zur Tagesordnung über⸗
zugehen.“ —
Nach einigen Bemerkungen des Regierungskommissars, Ge⸗ heimen Ober⸗Finanz⸗Raths Marot, wurden die Anträge der Kom⸗ mission angenommen.
Ueber eine Petition des Ackerwirths Sakuttis endlich ging das Haus zur Tagesordnung über. Schluß 1 ¼ Uhr. Nächste Sitzung morgen 10 Uhr.
— Nach einer Uebersicht, welche der Reichskanzler dem Bundesrath vorgelegt hat, sind bis Ende März d. J. den einzelnen Bundesstaaten an Silber⸗, Nickel⸗ und Kupfer⸗ münzen überwiesen worden: in Silbermünzen: 30,169,290 ℳ Fünf⸗, 114,309,594 ℳ Ein⸗Markstücke, 16,974,272 Fünfzig⸗ und 20,646,780 Zwanzig⸗Pfennigstücke; in Nickelmünzen: 12,890,318,0 ℳ Zehn⸗ und 6,878,629, 30 ℳ Fünf⸗Pfennigstücke; in Kupfermünzen: 4,459,543,73 ℳ Zwei⸗ und 2,542,844,9 ℳ Ein⸗Pfennigstücke; zusammen 208,871,273,14 ℳ, wovon Preußen 69,502,816, ½2 ℳ und Bayern 67,216,992,838 ℳ erhalten hat.
— Der Minister des Innern hat durch Cirkularerlaß vom 21. April d. J. die Frage, ob ein Pfarrer im Hinblick auf §. 18 Titel 7 Theil II. A. L. R. Waisenrath im Sinne des §. 52 der Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 für eine ländliche Gemeinde oder für einen Gutsbezirk werden könne, bejaht. Wenn es auch richtig sei, daß nach der Verfassung der Landgemeinden in den sechs östlichen Provinzen die Geistlichen als bloße Einwohner, die nicht mit bäuerlichen Grundstücken angesessen sind — zu den Gemeindemitgliedern im engeren Sinne nicht gehören vielmehr den übrigen — d. h. den unangesessenen Dorfeinwohnern beizuzählen sind, so sei doch in dem §. 52 Alin. 1 der Vormundschaftsordnung nicht der Ausdruck „Ge⸗ meindemitglied“ sondern das Wort „Gemeindeglied“ ge⸗ braucht. Der zuletzt gedachte Ausdruck sei von Seiten des Herrenhauses dem ersteren substituirt worden, welcher sich im §. 51 des von der Staatsregierung vorgelegten bezüglichen Gesetzentwurfes befand. Diese Substitution habe, wie sich an⸗ nehmen lasse, hauptsächlich darin ihren Grund, daß bei den be⸗ treffenden Verhandlungen des Herrenhauses der Wunsch, unter Umständen auch geeignete Persönlichkeiten aus den nicht stimm⸗ berechtigten Gemeindeangehörigen, insbesondere Geistliche oder Lehrer, zu Mitgliedern des Waisenraths zu berufen, mehrfach Ausdruck fand. Aber auch bei dem in dem Regierungsentwurfe gebrauchten Worte „Gemeindemitglied“ habe nicht die Absicht vorgelegen, diesen Ausdruck im striktesten Sinne zu verstehen, vielmehr sei dabei generell an „Gemeindeangehörige“ gedacht. Hierfür spreche die Bestimmung in §. 53 Alin. 2 des Regierungs⸗ Entwurfes, wonach der Gemeindewaisenrath aus Männern ge⸗ bildet werden sollte, welche das allgemeine Vertrauen genießen; im Uebrigen gereiche jener Auffassung des Begriffes: „Gemeinde⸗ glied“ der §. 1 Alin. 2 resp. §. 2 der Deklaration vom 26. Juli 1847 zur Rechtfertigung, wonach die Nutzungen des Gemeinde⸗ glieder⸗Vermögens sowohl den „Gemeindemitgliedern“ wie den „Einwohnern“ einer Gemeinde zustehen können.
— In der Zeiteintheilungfür die Frühjahrs⸗Besich⸗ tigungen beim Garde⸗Corps sind folgende Aenderungen eingetreten:
5. Mai: früh 9 Uhr. Spezialbesichtigung des Lehr⸗Infan⸗ terie⸗Bataillons bei den Kommuns, und gegen 10 Uhr Besichti⸗ gung der Bataillone des 1. Garde⸗Regiments zu Fuß im Lust⸗ garten zu Potsdam. 9. Mai: Besichtigung des Garde⸗Jäger⸗ Bataillons und der Unteroffizierschule im Lustgarten, sowie des 1. Garde⸗Regiments zu Fuß auf dem Bornstedter Felde zu Potsdam. 11. Mai: früh ½9 Uhr. Besichtigung des Garde⸗Füsilier⸗Regiments auf dem Exerzirplatze an der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. 12. Mai: Exerziren einer aus dem 2. Garde⸗Regiment zu Fuß, dem Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 1, dem Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 2, dem 1. Garde⸗ Dragoner⸗Regiment und der 1. Abtheilung des 1. Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗-Regiments zu kombinirenden Brigade vor des Kaisers von Rußland Majestät auf dem Exerzirplatz des Tempelhofer Feldes bei Berlin. 16. Mai: Besichtigung des Garde⸗Schützen⸗ Bataillons und des Garde⸗Pionier⸗Bataillons auf dem Exerzir⸗ platze an der Tempelhofer Chaussee bei Berlin. Die Besichti⸗ gungen der Garde⸗Infanterie⸗Regimenter, welche an dem Exer⸗ ziren am 12. Mai theilnehmen, fallen aus.
— Ein Volksschullehrer kann nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 29. März d. J. in allen preußischen Landestheilen zur diensteidlichen Bestärkung seiner gerichtlichen Aussage verstattet werden, wenn der Gegen⸗ stand, worüber er als Zeuge vernommen wird, sein Amt betrifft. „Daß ein Volksschullehrer zu den öffentlichen Beamten zu rechnen ist, kann nach Art. 21 und 23 der preußischen, durch das Gesetz vom 20. September 1866 in die Provinz Hannover eingeführten Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850 und
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die allgemeine Regelung der Staatsdiener⸗Verhältnisse und die Heranziehung der Staatsdiener zu den Kommunal⸗Auflagen in den neu erworbenen Landestheilen keinen begründeten Bedenken unterliegen.“
— Der General der Kavallerie Baron v. Rheinbaben, General⸗Inspecteur des Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungs⸗ ebe hat sich mit mehrwöchentlichem Urlaub nach Karlsbad egeben.
— Der General der Infanterie von Groß⸗ gen. von Schwarzhoff, kommandirender General des III. Armee⸗Corps,
hat sich zur Besichtigung der dem Corps unterstellten Truppen⸗ theile auf Dienstreisen begeben.
— Auf dem außerordentlichen westfälischen Städtetage, welcher am 1. d. M. unter dem Vorsitz des Ober⸗Bürgermeisters Becker (Dortmund) zur Berathung des
sämmtliche westfälische Städte bis auf wenige unbedeutende durch 85 stimmberechtigte Mitglieder vertreten. Das allgemeine gleiche
31 Stimmen verworfen, dafür aber bei dem Dreiklassen⸗Wahl⸗ system Jeder für wahlberechtigt erklärt, der überhaupt Kommunal⸗ steuer oder, falls solche nicht erhoben wird, Staatssteuer bezahlt. Außerdem sollen der ersten Klasse mindestens ein Sechstel, der zweiten Klasse windestens zwei Sechstel der Wähler angehören, und eventuell die fehlenden Wähler aus den Höchstbesteuerten der nächstfolgenden Klasse entnommen werden. Das Wahlrecht der Forensen und jurestischen Personen wurde gestrichen.
— Die mit dem Lehrter Zuge aus England gestern um 4 Uhr 45 Minuten Nachmittags fällige Post ist ausgeblieben.
— Der heutigen Nummer d. Bl. liegt der am 15. d. M. in Kraft tretende Fahrplan der Chemnitz⸗Komotauer Eisenbahn bei.
— In Mälsungen ist, wie der „Straßburger Ztg.“ ge⸗ schrieben wird, der Metropolitan Vilmar, weil er sich nicht freiwillig gestellt, durch die Polizei in das Gefängniß abgeführt worden, wo er wegen unbefugter Vornahme geistlicher Amts⸗ handlungen eine rechtskräftig gewordene Strafe von 34 Tagen abzubüßen hat.
Bayern. Fraktion der Folge der Berufung fessors Marquardsen zur Zustizkommission nach die verbleibenden Mitglieder der Vorstandschaft zur Kooption
München, 30. April. Die liberale
Alvens, Wülfert, Crämer und Dr. v. Schauß.
herigen Weise und in dem bisherigen Verhältnisse durch die Grundsteuer und durch die Gewerbe⸗ und Personalsteuer auf⸗ zubringen und nunmehr die in Pos. 15/16 des Einnahme⸗ budgets mit 662,000 ℳ eingestellten Chaussée⸗ und Brücken⸗ gelder in Wegfall zu bringen.
des Geburtsfestes Sr. Majestät des Kaisers von Rußland wurde gestern Vormittag feierlicher Gottesdienst in der griechischen Kapelle des Residenzschlosses abgehalten. Abends fand große Hoftafel statt, an welcher Ihre Majestäten der König und die Königin, der Prinz Wilhelm (welcher gestern von seiner Reise nach Italien zurückkehrte), der Herzog und die Herzogin Eugen von Württemberg, sowie der Prinz und die Prinzessin von Sachsen⸗Weimar Theil nahmen und zu der auch
dungen erhalten hatten.
des Kultetats zu Ende gekommen. Kammer findet am Mittwoch statt.
Landtag hatte der Abg. Schröder einen Antrag eingebracht, welcher die Aufhebung der den Standesherren und der Ritter⸗ schaft des Großherzogthums, sowie den Freiherren Riedesel zu Eisenach bisher zustehenden Patronats⸗ und Präsentations⸗ rechte bei Besetzung von Pfarr⸗ und Schulstellen, sowie der Stellen der Verwalter von Kirchenkasten, Schulfonds und milden Stiftungen bezweckte; der Antrag kam aber damals nicht zur schließlichen Berathung, weshalb der genannte Abgeordnete den⸗ selben beim Beginn des jetzigen Landtags sofort erneuerte. Vor Kurzem hat sich nun der vierte Ausschuß der Zweiten Kammer mit der Sache befaßt und ist dabei zu einem dem Antrage überall günstigen Resultat gelangt. Nach dem, was über die Stimmung der Zweiten Kammer betreffs des besproche⸗ nen Antrages verlautet, dürfte, wie das „Frkf. J.“ mittheilt, die Annahme des Ausschußantrages in der Hauptsache kaum einem
Zweifel unterliegen.
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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. Mai. (W. T. B.) In dem heute unter dem Vorsitz des Kaisers stattgehabten ge⸗ meinschaftlichen Ministerrathe ist, wie die „Politische Korrespon⸗ denz“ meldet, in allen die Erneuerung des Ausgleichs betref⸗ fenden Punkten, einschließlich der Quotenfrage, eine vollstän⸗ dige Einigung erzielt worden. Die betreffenden Vorlagen werden gleichzeitig vor die Vertretungskörperschaften beider Reichshälften gebracht werden und haben sich die beiderseitigen Regierungen zur Vertretung und Durchführung dieser Vorlagen selidarisch verbindlich gemacht.
— Die „Presse“ bestätigt, daß der österreichisch⸗ungarische Ausgleich perfekt geworden ist. Ueber die einzelnen Punkte des Ausgleichs meldet die „Presse“: Das bisherige Quoten⸗ verhältniß der Leistung des Beitrages der beiden Reichshälften zu den gemeinsamen Staatsausgaben wird auf weitere 10 Jahre beibehalten. Die Streitfrage wegen der Verzehrungssteuern wird fallen gelassen. Bezüglich der Zollrestitution macht die österrei⸗ chische Regierung das bereits bekannte Zugeständniß. Betreffs der Bankfrage bleibt die Einheit der Zettelbank und der Währung bestehen. Die Frage, ob ein Theil des Metallschatzes nach Pest kommen soll, wird erst bei den Verhandlungen der ungarischen Regierung mit der Nationalbank über die Verlängerung des
nach den Verordnungen vom 23. September 1867, betreffend
Privilegiums, welches Ende 1877 abläuft, entschieden werden.
ortm. ur Entwurfs der Städte⸗ ordnung für die sechs östlichen Provinzen in Hamm tagte, waren
Wahlrecht wurde bei namentlicher Abstimmung mit 54 gegen
Kammer der Abgeordneten hat in des Dr. Völk und des Pro⸗-⸗ Berlin
ermächtigt, und es besteht demgemäß der Vorstand der Fraktion jetzt aus den Herren Frhr. v. Stauffenberg, Dr. Frankenburger,
Sachsen. Dresden, 2. Mai. In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde die Berathung der Pos. 23, 24 und 27 des Einnahmebudgets, direkte Steuern, fortgesetzt. Nach längerer Diskussion, in welcher allseitiges Einverständniß darüber sich kundgab, daß für das laufende Jahr von einer Erhebung der Einkommensteuer abzusehen sei, beschloß die Kammer, für die jetzige Finanzperiode von der Erhebung der Einkommensteuer abzusehen, vielmehr den Staatsbedarf ausschließlich in der bis⸗
Württemberg. Stuttgart, 20. April. Aus Anlaß 8
die Angehörigen der Kajserlich russischen Gesandtschaft Einla-
— Die. Zweite Kammer ist am 28. mit der Berathung Die nächste Sitzung der
Hessen. Darmstadt, 2. Mai. Bereits auf dem vorigen
— Hiesige Blätter melden, daß die Einberufung der Dele⸗ gationen unmittelbar nach Abschluß der gegenwärtigen Aus⸗ gleichsverhandlungen erfolgen werde. Das Braunbuch sei bereits fertig und werde bald nach Eröffnung der Session vor⸗ gelegt werden.
Schweiz. Aus den Bundesrathsverhandlungen vom 1. Mai wird mitgetheilt, daß die spanische Gesandt⸗ schaft angezeigt habe, daß Don Mariano Remon Zarco del Nalle vom König zum bevollmächtigten Minister Spaniens bei der Eidgenossenschaft ernannt sei. — Das neueste Bundesblatt (vom 29. April) publizirt das „Bundesgesetz, betreffend die eidgenössische Oberaufsicht über die Forstpolizei im Hoch⸗
gebirge.“ Die Einspruchsfrist gegen dieselbe läuft am 28. Juli 1876 ab.
Großbritannien und Irland. London, 1. Mai. Die Aufmerksamkeit des Parlaments wird, nach der „A. A. C.“, in Kurzem auf den Stand der Dingein Gibraltar gelenkt wer⸗ den. Gegenwärtig wird der „Felsen“ hauptsächlich als ein militä⸗ risches Depot benutzt. Die Regierungsform in Gibraltar ist eine militärische Selbstherrschaft; unter den zuletzt veröffentlichten Dekre⸗ ten befindet sich eines, welches verheiratheten Civilisten verbietet, innerhalb des militärischen Viertels zu wohnen. Eine Hei⸗ rath annullirt die gewährte Erlaubniß auf dem „Felsen“ zu bleiben, und nöthigt beide Parteien, nach dem spanischen Fest⸗ lande zu verziehen. Der Klerus bekämpft deshalb diese Be⸗ stimmung, welche dazu angethan ist, zur Sittenlosigkeit zu führen, und der Kolonialsekretär hat unlängst eine Kommission zur Untersuchung der Angelegenheit niedergesetzt. 4
— Die Unruhen an der Grenze des Pendschabs sind, wie die „E. C.“ mittheilt, noch nicht wieder beigelegt und eine starke Abtheilung wird von Peshawur gegen die unruhigen und kriegerisch gestimmten Gebirgsstämme ausgesandt werden.
— Die letzten Nachrichten von Cape Coast Castle lau⸗ ten dahin, daß der König von Dahomey die ihm (wegen Miß⸗ handlung eines Engländers zu Waidah) auferlegte Buße (500 Faß Palmöl) nicht entrichten will, sondern an Commodore Hewitt, den Kommandanten des englischen Geschwaders, die Einladung hat ergehen lassen, er möge nur nach Abomey kommen, dann werde er ihn mit Pulver und Blei bezahlen. Dieser Auffor⸗ derung werden, der „E. C.“ zufolge, die Engländer nachkommen.
Frankreich. Paris, 1. Mai. Das „Bien Public“ bringt die Nachricht, der Marine⸗Minister hätte Befehl gegeben, die Armirung des „Loire“ und des „Friedland“ zu beschleunigen. Diese beiden Transportschiffe wären bestimmt, die politischen Ver⸗ urtheilten, welche durch den Präsidenten der Republik be⸗ gnadigt worden, nach Frankreich zurückzuführen. “
— Die „Rep. Fr.“ spricht sich heut entschieden für Ein⸗ ührung des Schulzwanges aus. 8 8 ggegeen 88 unter großem Gepränge und unter Betheili⸗ gung vieler hochgestellter Persönlichkeiten, die Hauptw allfahrt nach der provisorischen Kapelle des „Voeu national au sacré coeur“ statt. In der politisch gefärbten Predigt ließ sich der Jesuitenpater Ré über die Wohlthaten aus, welche das Herz Jesu über die Menschheit verbreite; er suchte, nach der „Kötn. Ztg.“, darzu⸗ thun, daß dasselbe vor allen Nationen Frankreich ausgezeichnet, zu Frankreichs Gunsten bereits viele Wunder verrichtet habe, und daß man es ihm verdanke, wenn die Pest, welche sich vor einiger Zeit in Marseille gezeigt, wieder verschwunden sei. Frankreich würde, wie er prophezeite, durch die Kirche seine frühere Größe und seinen Glanz zurückerhalten, und Rom und Paris in Zukunft nur eine Stadt bilden. — In ähnlichem Sinne lauten die Reden der Wanderprediger, welche für die „Her⸗ stellung Frankreichs“ und die Wiedergewinnung des Kirchen⸗ staates das Land durchziehen. Das Jahr 1876 wird als Vor⸗ bereitung für den auf 1877 prophezeiten Umschwung der Dinge und den Sieg des Syllabus bezeichnet.
— Das „Journ. off.“ veröffentlicht folgende vom General⸗ gouverneur von Algerien erhaltene telegraphische Depesche aus Mustapha vom 29. April: „Dank den guten, vom General Carteret getroffenen Dispositionen, seinem Geschick und seiner Energie; ist die Revolte des Bou⸗Azid ohne irgend welchen Verlust auf unserer Seite voll⸗ ständig überwunden. Alle haben ihre Unterwerfung angezeigt. Der Marabut Ahmed ben Aiech und die Scheiks der vier Abtheilungen der Tribus sind Gefangene. Die hauptsäch⸗ lichsten Persönlichkeiten befinden sich als Geißeln im Lager. Die Räumung des El⸗Amri hat begonnen; jede Abtheilung geht nach dem bestimmten Terrain, wo sie unter Aufsicht der Kolonnen so lange zu bleiben hat, bis definitive Maßregeln ergriffen sind.
Allle Heerden sind zurückgegeben und gezählt; die Haltung
der umliegenden Tribus und die vorzüglichen Nachrichten, die ich von allen Punkten des Gebiets erhalte, stellen unzweifelhaft fest, daß die Rebellion des Bou⸗Azid ein ganz isolirtes Unter⸗ nehmen bleibt.
Spanien. Madrid, 2. Mai. (W. T. B.) Bei den gestern eröffneten Konferenzen mit den Delegirten von Navarra und den baskischen Provinzen erklärte der Minister⸗Präsident Canovas del Castillo, die Frage der Fueros müsse jetzt zu einer endgiltigen Lösung gelangen und die baslischen Provinzen und Navarra müßten, wie die anderen Provinzen, an der Konskription und an den Staatsabgaben theilnehmen. Den Delegirten wurde auf ihr Verlangen zur Ab⸗ gabe ihrer Erklärung eine Frist bis zum 7. d. Mts. gewährt.
— Ueber die Festlichkeiten aus Anlaß des Besuches des Prinzen von Wales melden die „Times“ Folgendes:
„Gestern (26. April) Vormittags hat der Prinz von Wales die Ge⸗ mälde⸗Gallerie besucht und der Herzog von Connaught die Urmerig und das Artillerie⸗Museum. Um 2 Uhr befand sich ganz Madrid auf den
Straßen oder in den Fenstern der Häuser entlang den Straßen und
dem Prado, wo die Truppen unter einem reinen blauen Himmel und bei warmem, Indiens würdigen Sonnenschein aufgestellt wor⸗ den. Es war ein voller Festtag. Alle Läden waren ge⸗ schlossen und das Geschäft eingestellt. Ausländer können kaum die Thatsache begreifen, daß sie sich in der Haupt⸗ stadt einer Nation befinden, welche eben dem Schrecken eines Bürgerkrieges durch schwere Schlachten entronnen ist, in denen Monate lang Spanier gegen Spanier standen und den spanischen Boden mit dem Blut ihrer Mitbürger in Strömen benetzten. Da sah man verwundete Soldaten in den Straßen herumhinken und Schaaren von verabschiedeten Soldaten mit Kriegsdenkmünzen und Bändchen auf mancher Brust zum Zeugniß der traurigen Thatsache. Die versammelten Volksmassen waren ungeheuer groß, so dichtgedrängt als sie nur Platz hatten, und sie benahmen sich ruhig und geordnet, und warteten in Geduld lange auf die für das Ereigniß festgesetzte Zeit. Um zwei Uhr ritten König 8,es mit seiner Suite, der Prinz von Wales in Feldmarschalls⸗Uniform und der Herzog von Connaught mrt ihrem Gefolge, Kavallerie voraus und hinter sich einen äußerst glän⸗ zenden Generalstab und die Eskorten des Köniss, durch die Haupt⸗ aßen und den Prado hinunter, welche mit Kavallerie und In⸗ hrern. zur Königlichen Musterung besetzt waren. Es war wirklich
ein überrasch endes Schauspiel. Niemand, der seine Eindrücke über Spanien von der Fondsbörse, den Erhevungen auf Cuba, den Carlisten⸗ kämpfen oder aus neuerer spanischer Geschichte entnommen hat, kann sich eine wirkliche Vorstellung von dem Glanze machen, welcher der alten katholischen Monarchie anhaftet, und von dem intensiven mili⸗ tärischen Geist, welcher Spanien so oft einem Pronunciamiento überantwortet hat. Die Haltung der Soldaten, meist junge Leute unter 23 Jahren, war bewunderungswürdig, und die Revue war, in allem was auf die Anordnung einer militärischen Schaustellung sich bezieht, vollendet. Die Truppen waren vor der Kirche San José in der Alcalastraße aufgestellt, beim Defi liren kamen zuerst die Jafanterie⸗Divisionen, darauf das Genie⸗Corps und die Telegraphen⸗Compagnien, dann einige sehr vorzügliche Berg⸗ Batterien, 36 Stücke, wobei ein Maultbier die Räder, eines die Protze, eines die Laf⸗tte und eines den Munitionskarren trug; 10 Bataillone Jäger, darauf die Guardia Civil, Truppen, deren Aeußeres kaum üͤberboten werden kann, mit der malerischsten Uniform; sie trugen Stulphüte mit weißem Rande, blaue Röͤcke mit rother Brust, weiße Hosen und schwarze Gamaschen. Alsdann kam die Artil⸗ lerie, gezogen von sehr schönen Maulthieren, leichte und schwere Kruppsche Kanonen, insgesammt 80 Stück; nach der Artillerie folgten drei schöne Regimenter Kavallerie. Es war nahezu 5 Uhr, als die Reue vorüber war und der König mit den Prinzen in den Palast zurückkehrte. Um 8 Uhr war ein Staats⸗ banket, welches der König dem Peinzen zu Ehren veranstaltet hatte, urd dem die Minister, die fremden Gesandten mit ihren Dam n, der Nuntius, die Granden, auch Marschall Serrano anwohnten. Der Prinz von Wales drückte wiederholt seine Zufriedenheit über den glänzenden Empfang am Madrider Hofe aus. Heute haben der König, der Prinz von Wales und der Herzog von Connaught einen Ausflug nach Toledo gemacht; sie kamen daselbst Vormittags 11 Uhr an, von den Behörden und einer großen und entbustastischen Volks⸗ menge empfangen. Sie besuchten die Kathedrale, die öffentlichen Denkmäler und die Wassenfabrik.“
Italien. Rom, 30. April. In der vorgestrigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde der die Niedersetzung einer Untersuchungskommission über die Lage der Landbevölke⸗ rung Italiens betreffende Gesetzentwurf durchberathen, und mit der Modifikation angenommen, daß dieselbe aus 12 statt 9 Mitgliedern bestehen solle, von denen die Regierung, der Senat und die Deputirtenkammer je 4 zu ernennen haben. — Bei der Wahl eines Mitgliedes in den Budgetaus⸗ schuß erhielt gestern der Abgeordnete Ferrara von der Linken 129 Stimmen, die Abgeordneten Corbetta und Lanza von der Rechten 99 und 97. — Hr. Visconti⸗Venosta be⸗ reist die Südprovinzen und wird überall mit Auszeichnung auf⸗ genommen.
— 2. Mai. (W. T. B.) Die zwischen dem Baron Edmund Rothschild und dem Finanz⸗Minister Depretis geführten Ver⸗ handlungen über die Baseler Konvention haben, einer Meldung des „Diritto“ zufol e, zu keinem definitiven Resultat geführt und sind abgebrochen worden. Baron Rothschild ist wieder nach Paris abgereist. 8
— 3. Mai. (W. T. B.) Wie die hiesigen Journale melden, hätte bei den Verhandlungen zwischen dem Minister⸗ Präsidenten Depretis und dem Baron Edmund v. Rothschild der Umstand die Hauptschwierigkeit gebildet, daß die italienische Regierung auf einer Herabsetzung des Preises für das Material der ober⸗italienischen Eisenbahnen bestanden hätte.
Griechenland. Athen, 3. Mai. (W. T. B.) Die Verhandlungen in dem Prozesse gegen das Gesammt⸗ Ministerium Bulgaris wegen Verletzung der Verfassung sind wegen Ausbleibens wichtiger Entlastungszeugen bis zum 3. Oktober c. vertagt wo den.
Türkei. Konstantinopel, 2. Mai. (W. T. B.) Die türkische Regierung veröffentlicht über die Exp edition Moukhtar Paschas nach Niksic und von da zurück nach Gaczko folgende weitere offizielle Mittheilung: Der Zug Moukhtar Paschas nach Niksic ist ein durchaus siegreicher gewesen und der durch denselben beabsichtigte Erfolg ist vollsäändig erreicht. Unser Truppen⸗Oberbefehlshaber hat die Insurgenten, welche alle ihre Streitkräfte in dem Engpaß von Dugas zusammengezogen hatten, zurückgeworfen und geschlagen und die von ihnen eingenommenen Positionen, eine nach der anderen, ge⸗ nommen. Er hat darauf die für Niksic bestimmten Proviant⸗ und Munitionsvorräthe nach Niksic hinein schaffen lassen und persönlich die Nacht in Nikfic zugebracht. Auf dem Rückmarsch von Niksic sind die Kaiserlichen Truppen von den Insurgenten, die sich wieder gesammelt hatten, aufs Neue angegriffen worden; sie haben die Insurgenten zwei Mal wiederholt geschlagen und vollständig zerstreut, wobei die letzteren sehr erhebliche Verluste erlitten haben. Die Kaiserlichen Truppen sind darauf, nachdem das bei der Expedition im Auge gehabte Ziel vollständig er⸗ reicht worden war, siegreich in ihre Quartiere in Gaczko zurück⸗ gekehrt.
— 3. Mai. (W. T. B.) Ein von der Regierung ver⸗ öffentlichtes Telegramm Moukhtar Paschas vom 1. meldet noch folgende weitere Einzelheiten: Am Freitag zer⸗ streuten meine Truppen die Insurgenten, die die Straße von Presjeka verlegt hatten, nach vierstündigem Kampfe und brach⸗ ten die von uns mitgeführten Proviantzüger siegreich nach Nikfic. Nach Presjeka zurückgekehrt, wurden die Truppen am Sonn⸗ abend von den verst rkten Insurgenten angegriffen; sie schlugen dieselben zurück. Am Sonntag griff ich die abermals verstärkten Insurgenten, die sich im Walde bei Presjeka verschanzt hatten, an und schlug dieselben in achtstündigem Kampfe. Die Insur⸗ genten zählten am Sonntag 16,000 Mann. Meine Truppen verloren, Alles in Allem, 50 an Todten und 161 an Verwun⸗ deten, die Insurgenten hatten 1000 Todte und Verwundete.
— Der Ragusaner Berichterstatter der „Pol. Corr.“ meldet: „Wiewohl die mit den Insurgenten in der Herzegowina per⸗ manente Fühlung unterhaltenden Kreise von Ragusa schon seit drei Tagen nichts Anderes vernehmen lassen und zugeben wollen, als daß fortwährend bei Presjika gekämpft werde; wiewohl aus Cettinje heute noch hierher telegraphirt wird, daß gleich bei Beginn der Schlacht ein kleines türkisches Detachement nach Niksic gedrungen sei, während angeblich Mukhtar Pascha mit dem Gros seiner Armee sich bis gestern (30. April) Abends noch immer kämpfend und mit dem mitgeführten Proviant auf ein und derselben Stelle befand, können wir vollständig und glaubwürdig beßätigen, daß der Muschir diesmal die Insurgenten sowohl durch Uebermacht, wie auch durch gelungene strategische Dispositionen schon am
ben Tages hatte Mukhtar mit seiner ganzen Armee Niksic erreicht, nicht ohne zuvor die Insurgenten aus ihren natürlichen Verschanzungen gänzlich delogirt zu haben. Erst am darauf forgenden Tage bewerkstelligte er die Verpro⸗ viantirung des Platzes. — Mukhtar, welcher am 27. von Gaczko auszog, gelangte am selben Tage noch ohne Schwertstreich nach Zlostop. Am 28. mußte er bei Presjika die ganze Macht der
28. sehr empfindlich geschlagen hat. Noch am Abend dessel⸗!
stemmte, angreifen. Die Schlacht währte fast 8 Stunden und endigte mit der Zersprengung der Insurgenten und ihrer Ver⸗ treibung aus allen ihren festen und verschanzten Stellungen. Achmed Mukhtar Pascha brachte für seine Person die Nacht vom 28. auf den 29. bereits in Niksic zu.“ “
— (W. T. B.) Nach Mittheilungen aus südslavischer Quelle über Ragusa, 2. Mai, Abends, soll der Rückzug von Mukhtar Pascha nach Gaczko in Folge eines Gefechtes erfolgt sein, das am Sonntag stattgefunden und in welchem die durch weiteren Zuzug verstärkten Insurgenten Mukhtar ge⸗ zwungen hätten, seine Stellung bei Douga aufzugeben. Die Insurgenten geben ihren Verlust auf 400 Mann an, während die Türken 2500 Mann verloren haben sollen. 1 Montenegro. Aus Cattaro geht der „Pol. Corr.“ ein Schreiben zu, welches die Politik und die Persönlichkeit der maßgebenden montenegrinischen Staatsmänner näher beleuchtet. Es heißt darin: Nach dem Fürsten Nikita ist dessen Vetter Bozidar Petrowitsch die erste Person des Landes. Der Familie der herrschenden Vladiken⸗Dynastie entstammend, wurde er, der heute kaum mehr als 30 Jahre zählt, als Jüngling nach Paris gesandt, wo er durch einige Jahre im Collége Louis le Grand sich die Elemente europäischer Bildung eigen machte. Heute nimmt er die nach dem Fürsten höchste und einflußreichste Stellung ein: die eines Senatspräfi⸗ denten, und bezieht dafür die in Montenegro höchsten Einkünfte, welche sich auf ein Jahreseinkommen von 5000 Frs. belaufen. Als Vize⸗Präsident des Senats fungirt der Schwieger⸗ vater des Fürsten, Petar Stefanov Vukotitsch, welcher im Land und über die Grenzen desselben hinaus wegen seines biederen und offenen Wesens sich großer Achtung erfreut. Das Senats⸗ Kollegium wird aus den Senatoren Bajo Boscowitsch, Marco Millanitsch, Andrjo Giurowitsch und Archimandrit Ljubisza gebildet. Neben dem Senat besteht aber auch ein Ministerium, welches aus vier Departements gebildet ist. Die Minister sind gleichzeitig ihre eigenen Sekretäre, Redacteure und Expedienten und beziehen einen Jahresgehalt von 2400 Frs. Das Portefeuille des Aeußern ruht in der Hand des ersten Adjutanten des Fürsten, Stanko Radowitsch, welcher ein Zögling der Militärschule von St. Cyr, gleichzeitig Oberst des General⸗ stabs ist Dem Departement des Innern, mit welchem auch die Wahrnehmung der kommerziellen und der Agrikultur⸗Interessen verbunden ist, steht der Wojwode Mascha Vrbiza vor. Dieser Wojwode ist der reichste Privatmann der schwarzen Berge Gleich dem ehemaligen päpstlichen Prominister der Waffen, Msgr. de Merode, leitet hier der Pope Elia Plamenatz das Kriegs departement. Finanz⸗Minister ist Gjuro Tzerowitsch. Die Ein künfte betragen durchschnittlich 300,000 Frs. im Jahre.
— Die neueste Nummer des in Cettinje erscheinenden „Glas Cernagorca“ bringt eine Polemik gegen die Belgrader Presse, welcher systematische Feindseligkeit gegen Montenegro vor geworfen wird. Der Artikel schließt mit der Bemerkung, daß Montenegros Politik sonnenklar sei und entstellende Nachrichten sie nicht verfinstern köͤnnten. Für sich suche Montenegro wede bei den Türken, noch bei den Mächten Vortheile. Wenn Serbie den Krieg erklären sollte, dann werde Montenegro nachfolgen.
Rumänien. Bukarest, 2. Mai. (W. T. B.) Der Senat hat sich konstituirt und den Metropoliten zum Prä⸗ sidenten gewählt; 8 Senatoren, deren Wahl in den Abtheilungen beanstandet worden war, wurden durch die die Majorität habende Opposition von der Theilnahme an der Wahl des Bureaus ausgeschlossen, obschon die Illegalität ihrer Wahl noch nicht festgestellt ist. — 8
— 3. Mai. (W. T. B.) Die der Oppositionspartei angehörigen Kandidaten Vernescu, Manolachi und Costachi sind zu Vizepräsidenten des Senats gewählt worden.
Rußland und Polen. Am 15. (29.) April waren es zwanzig Jahre, daß Fürst Gortschakow an die Spitze des Ministeriums der äußeren Angelegenheiten berufen wurde. „Wenn wir diese Thatsache konstatiren“, sagt das „Journal de St. Petersbourg“, „so geschieht es nicht, um auf die großen Verdienste hinzuweisen, welche der Staatsmann, der die Ehre und die In⸗ teressen Rußlands in dessen auswärtigen Beziehungen zu wahren berufen ist, um das Reich, um Europa, um den allgemeinen Frieden in den Funktionen sich erworben hat, welche Se. Ma⸗ jestät ihm im Jahre 1856 anvertraute; das würde heißen die diplomatische Geschichte dieser letzten zwanzig Jahre schreiben wollen. Es geschieht lediglich, um einer völlig freiwilligen Ovation zu erwähnen, welche heute dem Fürsten Seitens der Beamten seines Ministeriums bereitet wurde, die ihrem erlauch⸗ ten und verehrten Chef ihre aufrichtigsten und ergebensten Glück⸗ wünsche darbrachten. Es war ein Familienfest, bestimmt dem Fürsten⸗Kanzler die tiefe Anhänglichkeit aller Glieder und Be⸗ amten des Ministeriums zu bezeugen, welches er leitet. Aber wenn der gänzlich private Charakter dieses Festes uns nicht gestattet, weiter dabei zu verweilen, so können wir doch wohl hinzufügen, daß die Gefuͤhle, welche dem Reichskanzler bei dieser Gelegenheit ausgedrückt wurden, von jedem wahren Patrioten Rußlands getheilt werden.“ 1
Schweden und Norwegen. Christiania, 28. April. Das Odelsthing beschloß in seiner heutigen Sitzung in namentlicher Abstimmung mit 58 gegen 22 Stimmen, daß nicht der von der Regierung vorgelegte Entwurf eines Dienst⸗ pflichtgesetzes, sondern der von dem Militärausschuß aus⸗ gearbeitete Entwurf, in welchem für alle Waffengattungen eine kürzere Dienstzeit als in dem Regierungsentwurf angenommen ist, im Storthinge zur Verhandlung kommen soll. *
Amerika. San Francisco, 29. April. Der Kaiser von Brasilien ist von hier nach Chicago abgereist. 8
Afrika. Aegypten. Kairo, 3. Mai. (W. T. B.) Der italienische Kommissar, Scialoja, welchen der Khedive und die Repräsentanten der französischen Gruppe der Inhaber von ägyptischen Schatzbons zum Schiedsrichter gewählt hatten, hat ein Reglement für die Schuldenkommission aus⸗ geaͤrbeitet. Dasselbe ist von beiden Parteien gebilligt und unterzeichnet worden.
RNeichstags⸗Angelegenheiten. 1 Berlin, 3. Mai. Gestern Abend um 8 Uhr trat die Justiz⸗ Kommission des Reichstages zur Wiederaufnahme ihrer Ar⸗ peiten zusammen.
Landtags⸗Angelegenheiten. 1“ Berlin, 3. Mai. Das Präsidium des Herrenhauses theilt den Mitgliedern desselben in einem Cirkular mit, daß am Montage, den 15. Mai, und den folgenden Tagen Plenarsitzungen stattsiaden werden, um die dem Hause vorliegenden Gesezentwürfe und Berichte 8 ee Die Städte⸗Ordnungs Kommission des Hauses
Insurgenten, welche sich seinem weiteren Vorrücken entgegen⸗
[der Abgeordneten hat sich den Vorschlägen der Subkommisston