1876 / 114 p. 4 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 15 May 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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Kurz vor 12 Uhr erschienen als 8 des Regiments die rinzen des Königlichen Hauses und die fremden Fürstlichkeiten, militärische Gefolge Sr. Majestät des Kaisers Rußland, sowie viele andere fremde und hiesige Offiziere, und nahmen im Innern des Kasernen⸗ hofes am Eingange Stellung. Um 12 Uhr fuhren Beide Kaiserliche Majestäten vor und wurden von dem Offtzier⸗ corps am Portale empfangen; Se. Majestät der Kaiser von Rußland trugen die Uniform Allerhöchstihres Regimentes, wäh⸗ rend Se. Majestät der Kaiser und König die Uniform des mit dem Regiment korrespondirenden Garde⸗Grenadier⸗Landwehr⸗Re⸗ giments angelegt hatten.

Unter den Klängen der von zwei Musikcorps ausgeführten russichen Nationalhymne, an die sich der Kaiser⸗Alexander⸗Marsch schloß, erfolgte der Rundgang beider Kaiserlichen Majestäten und die Besichtigung des Regimentes, dessen Mannschaften die Monarchen mit lauten Hurrahs begrüßten.

Die Allerhöchsten Herrschaften traten alsdann durch den Mittelgang in den Garten und begaben Sich nach den Räumen

Offizierskasinos, welche mit den DOelgemälden der

Allerhöchsten Chefs des Regiments, und mit denen

Er. Majestät des Kaisers und Königs und der

preußische Könige geschmückt sind. Den Ehrenplatz an der

Feessttafel nahmen Se. Majestät der Kaiser von Rußland ein; zur Rechten hatten Se. Majestät der Kaiser und König zur Li Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz Platz genommen.

Wäaͤhrend der Tafel erhoben Sich Se. Maäjestät der Kaiser von Rußland und brachten auf Se. Majestät den Kaiser und König einen Trinkspruch aus, der unter den Klängen der Na⸗ tionalhymne einen begeisterten Widerhall in der Gesellschaft fand. 8 Se. Maäjestät der Kaiser und König erwiderten hierauf mit Allerhöchstihrem Danke und leerten nach der Versicherung, daß

das Regiment sich stets der hohen Ehre, die ihm zu Theil ge⸗ worden, würdig erweisen werde, das Glas auf das Wohl des Hohen Chefs.

Dem Allerhöchsten Trinkspruche folgte ein begeistertes Hoch, welches die Musik mit der russischen Nationalhymne begleitete.

Se. Majestät der Kaiser von Rußland tranken alsdann noch auf das Wohl des Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗

Kegiments Nr. 1.

Nach Beendigung des Dejeuners verließen beide Kaiserliche Majestäten die Kaserne.

Nachmittags ertheilten Se. Majestät Rußland dem Reichskanzler Fürsten Bismarck eine Audienz, folgten später, wie bereits gemeldet, der Einladung

Kaiserlichen und Königlichen Hoheit des Kron⸗ prinzen zum Familiendiner und verabschiedeten Sich nach Beendi⸗ gung desselben von den Prinzessinnen des Königlichen Hauses, sowie dem Reichskanzler Fürsten Gortschakoff und von dem österreichisch⸗ungarischen Minister des Aeußern, Grafen Andrassy. Abends 8 ½ Uhr erfolgte die Abreise Sr. Majestät nach Ems

auf dem Potsdamer Bahnhofe.

Die Halle des Bahnhofs war mit russischen, deutschen und preußischen Fahnen festlich dekorirt; die für den Kaiserlichen Hof reservirten Zimmer prangten im Glanze zahlreicher Kerzen

und dem Schmucke grüner Blattpflanzen.

Beide Kaiserliche Majestäten wurden am Bahnhofe von den Prinzen des Königlichen Hauses und den fremden Fürstlichkeiten, vom Botschafter v. Dubril mit dem gesammten russischen Botschafts⸗ personal, von den General⸗Feldmarschällen, den obersten Hof⸗ und Ober⸗Hofchargen, von der Begleitung und dem Ehren⸗

dienste Sr. Majestät des Kaisers von Rußland, ern r Wene⸗ ralität dc. empfangen und nach den reservirten Salons geleitet.

Nachdem der Polizei⸗Präsident v. Madai die Meldung gemacht, daß Alles zur Abfahrt bereit sei, betrateu die Allerhöchsten Herrschaften mit der glänzenden Suite den Perron. Se. Majestät der Kaiser von Rußland verabschiedeten Sich in herzlichster Werse von Sr. Majestät dem Kaiser und Koönig durch Kuß und Händedruck, reichten den Prinzen des Königlichen Hauses die Hand, und bestiegen alsdann den Salon⸗ wagen. Se. Majestät traten hierauf nochmals an die Thür und grüßten die Hohe Gesellschaft, während sich der Zug bereits in Bewegung gesetzt hatte. 1“

der Kaiser von

Der russische Reichskanzler Fürst Gortschakoff hat heute Vormittag Berlin verlassen, während der österreichisch⸗

ungarische Minister des Aeußern, Graf Andrassy, bereits gestern die Rückreise nach Wien angetreten hat.

Die in den letzten Tagen hier abgehaltenen Konferenzen zwischen den leitenden Ministern von Rußland, Oesterreich⸗Ungarn und Deutschland führten, dem „W. T. B.“ zufolge, entsprechend dem intimen Bündnisse der drei Kaiserhöfe, sofort zur vollen Verständigung über die bei der gegenwärtigen Sachlage in der Türkei gebotenen Entschließungen, welche aufs Neue den engen Beziehungen der drei Regierungen, sowie der friedlichen Politik der Kaiserreiche Ausdruck geben. Der Inhalt der getroffenen Vereinbarungen ist bereits in der am Sonnabend Mittag 1 Uhr stattgehabten Zusammenkunft, welcher auch der Staats⸗Sekretär von Bülow und der Kaiserlich Russische Wirkliche Staatsrath Baron Jomini beiwohnten, von den genannten Ministern den hier beglaubigten Botschaftern von Frankreich, Großbritannien und Italien mitgetheilt worden.

b Hiermit im Wesentlichen übereinstimmend, meldet die „Pol. Korr.“ unterm 13. aus Wien, daß die Verständigung der drei Mächte, betreffend die weiteren Schritte in der Pacifikation des Aufstandes in der Türkei nicht blos in den Prinzipien, sondern auch in den Details bereits als vollkommen gesichert zu betrach⸗ ten sei, und sei das vollständig gelungene Einigungswerk wesent⸗

lich auf die Haltung Rußlands zurückzuführen, welches nunmehr bei dem Pacifikationswerke entschiedener in den Vordergrund

treten werde. Besonders betont und hervorgehoben werde das persönliche Verdienst des russischen Reichskanzlers Fürsten

Gortschakoff um die so rasch erzielte volle Verständigung und um die neuerliche Bekräftigung der Pacifikationsideen.

8 Nach den neuesten Meldungen aus Salonichi ist da⸗ selbst am 13. d. Mts. die erwartete Truppenverstärkung aus Konstantinopel angekommen, ebenso waren zwei italienische Fre⸗ gatten und eine französische Korvette an demselben Tage einge⸗ laufen. Die Stadt wurde militärisch besetzt und die außer⸗ 8 ordentlichen Kommissare der Pforte vereinigten sich im Konak des Gouverneurs mit den Delegirten von Deutschland und Frankreich, sowie den Konsuln von England und Italien. Es wurden sodann die Befehle zur Verhaftung der kompromittirten Personen ausgetheilt und im Laufe des Tages 36 Individuen ergriffen und an Bord der türkischen Panzerfregatte gebracht. Die Arrestationen verliefen ohne jede Ruhestörung. Am 14. sollten weitere Verhaftungen vorgenommen werden. Der Körper

des ermordeten Fonsul Abbot ist einstweilen in eine Kirche, in der Nähe des deitschen Konsulats, gebracht worden, bis die feierliche Beisetzumg stattfinden kann.

Aus Konsuntinopel sind in den letzten Tagen keine be⸗ unruhigenden Rcchrichten eingegangen.

Der heu igen (6.) Sitzung des Herrenhauses, welche der erste Vize⸗Präsident v. Bernuth um 12 Uhr 25 Minuten mit der Mitthefung eröffnete, daß der Erste Präsident des Hauses Graf Aso zu Stolberg⸗Wernigerode für heute und die nächste Zeit dinstlich behindert sei, an den Verhandlungen des Hauses theilzunhmen, wohnten am Ministertisch der Minister für die landwirthschaftlichen Angelegenheiten Dr. Friedenthal und mehrere Regiezungs⸗Kommissarien bei. Das Haus be⸗ schloß, das Gesetz über die Einverleibung Lauenburgs in die preußsche Monarchie an die Justizkommission zu verweisen. In Betreff des Gesetzes, betreffend die Abtretung der preußischen Eisenbahnen an das Deutsche Reich, beantragte Herr v. Bernutg die Ueberweisung an die Eisenbahnkommission. Dagegen beantugte Herr v. Goßler, das Gesetz durch zweimalige Berathung im Plenum zu erledigen. Nach kurzer Geschäftsord⸗ nungsdebatte, ander sich die Herren Graf zur Lippe, Baron Senfft

1 Graf Rittberg, Graf Udo zu Stolberg, Frhr.

und Graf Brühl betheiligten, wurde der An⸗ trag des Herrn v. Ur. gngenommen. Der Präsident theilte sodann mit, daß seit dergbren Sitzung der Wirkliche Geheime Rath Graf, v. Königsmark⸗Hdaen vstorben und das Mandat des Prof. Wein⸗ hold für die Unhersttät Fiel durch dessen Berufung nach Breslau erloschen sei. Das Haus ehrte das Andenken des Verstorbenen durch Erheben van den Plätzen. Nach Mittheilung des Mi⸗ nisters des Innem sind die Herren Fürst Blücher von Wahl⸗ statt und Vize⸗Bürgermeister Dr. Hermann Weigel aus Cassel zu neuen Mitgliedern des Hauses ernannt. Der Fürst Blücher von Wahlstatt war bereits in das Haus eingetreten und wurde vom Präsidenten begrüßt.

Dann trat das Haus in die Tagesordnung. Der erste Gegenstand dersiben, der aus dem Hause der Abgeordneten in abgeändeter Fassüng zurückgekommene Gesetzentwurf, betreffend die Ablösbarkei der Erbenzins⸗ und Erbpachtsverhältnisse in den Moor⸗ und Vehnkolonien der Provinz Han⸗ nover, wurde mit einer redaktionellen Abänderung in einmaliger Schlüßberathung vom Hause angenommen. Der zweite Gegenstanz der Tagesordnung war der Bericht der Matrikel⸗ Kommission. Aufüntrag des Berichterstatters Grafen zur Lippe ge⸗ nehmigte das Haus die Anträ e der Kommission ohne Diskussion. Es folgte als dutter Gegenstand der Tagesordnung der münd⸗ liche Bericht der Kommission für die Geschäftsordnung in Be⸗ treff der Uebersicht der von der Staatsregierung gefaßten Ent⸗ schließungen auf Anträge und Resolutionen des Herrenhauses. Der vierte Gegenstand der Tagesordnung war der mündliche Bericht der Justizkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Erhöhung der Gebühren der Notarien im Bezirke des Appel⸗ lationsgerichtshofes zu Cöln. Nachdem der Referent Herr Henrici und ebenso auch Herr Bredt die Vorlage in Uebereinstimmung mit dem Abgeordnetenhause zur Annahme empfohlen, beschloß das Haus diesem Antrage gemäß.

Bei Schluß des Blattes begann die Berathung des letzten Gegenstandes der Tagesordnung, des Berichts der VIII. Kom⸗ mission über den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ver⸗ waltung der den Gemeinden und öffentlichen Anstalten gehörigen Holzungen in den Provinzen Preußen, Brandenburg, Pommern,

Paosen und Schleszen. 8 4

Der Schrußvericht über die Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 13. d. M. befindet sich in der Ersten Beilage.

In der heutigen (55.) Sitzung des Hauses der Ab⸗ geordneten, welcher am Ministertische die Staats⸗Minister Graf zu Eulenburg, v. Kameke und Dr. Friedenthal mit meh⸗ reren Kommissaren beiwohnten, wurde nach einigen geschäft⸗ lichen Mittheilungen des Präsidenten und einer Bemerkung des Abg. Hansen vor der Tagesordnung in dritter Berathung der Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ablösung der den Kirchen, Pfarren, Küstereien und Schulen zustehenden Holzabgaben im Gebiete des Regierungsbezirks Wiesbaden und in den zum Regierungsbezirk Cassel gehörigen vormals Groß⸗ herzoglich hessischen Gebietstheilen, ohne Diskussion angenommen. Der Entwurf eines Gesetzes wegen Ergänzung der Verordnung vom 13. Mai 1867, betreffend die Ablösung der Servituten, die Theilung der Gemeinheiten und die Zusammenlegung der Grundstücke für das vormalige Kurfürstenthum Hessen, wurde auf Antrag des Abg. Dr. Wehrenpfennig der verstärkten Agrarkommission überwiesen. Es folgte die dritte Berathung des Entwurfs eines Gesetzes, betressend die Beseiti⸗ gung einzelner kirchlicher Abgaben und Leistungen für Schul⸗ Kommunal⸗ und Armenzwecke. Im §. 2 wurden die in zweiter Lesung auf Antrag des Abg. Richter (Sangerhausen) eingeschalteten Worte „oder auf Verordnung oder auf Herkommen“ auf Antrag des Abg. Lauenstein gestrichen, im Uebrigen das Gesetz unverändert nach den Beschlüssen zweiter Lesung genehmigt. Den Gesetzentwurf, be⸗ treffend die Umwandlung des Zeughauses zu Berlin in eine Ruhmeshalle für die preußische Armee, beantragte der Abg. Rickert an die Budgetkommission zu überweisen. Gegen die Vorlage sprach zunächst der Abg. Windthorst (Bielefeld), und beantragte die Weiterberathung der Vorlage im Plenum. Der Kriegs⸗Minister Kameke hob die patriotische und wissenschaftliche Bedeutung der Vorlage hervor. Nachdem noch die Abgg. v. Bismarck (Flatow), Windthorst (Meppen), v. Benda und Dr. v. Gerlach gesprochen hatten, wurde die Vorlage der Budgetkommission überwiesen. Es folgte die Fortsetzung der Spezialberathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Geschäfts⸗ sprache der Beamten, Behörden und politischen Körper⸗ schaften des Staats. Die §§. 3 und 4 wurden nach kurzer Debatte, an welcher sich außer dem Regierungskommissar Geh. Regierungs⸗Rath Oelschläger und dem Referenten Abg. Beisert die Abgg. v. Czarlinski, Witt, Sarrazin und Plath be⸗ theiligten, angenommen. Zu §. 5 wurde ein Antrag des Abg. Beleites angenommen, welcher lautet:

„dem §. 5 folgendes Alinea zuzusetzen: Bei denjenigen Handlungen der frelwilligen Gerichtsbarkeit, bei denen die Zuziehung eines Pro⸗ tokollführers gesetzlich nicht erfordert wird, bedarf es auch der Zu⸗ ziehung eines Dolmeischers nicht, wenn der Richter der fremden Sprache mächtig ist.“

Ebenso zu §. 6 folgender Antrag des Abg. Hansen:

„dem §. 6 als Absatz 2 hinzuzufügen: Falls das in dentscher Sprache aufgenommene Protokoll der Genehmigung Seitens einer der deutschen Sprache nicht mächtigen Person bedarf, ist es der⸗ selben durch eine der amtlich mitwirkenden Personen in der fremden Sprache vorzutragen“.

Die §§. 6a und 9 wurden unverändert nach den Kommis fions⸗ beschlüssen angenommen, dagegen auf Vorschlag der Kosttulssion

die §§. 7, 8 und 10. abgelehnt. Die §§. 11 und 12 wurden dee itn zur Diskussion gestellt und nach den Kommissions⸗ beschlüssen unverändert genehmigt. An der Debatte nahmen Theil die Abgg. v. Lyskowski, Plath, Kantak, Dr. Aegidi, von Chlapowski, Hansen und der Referent Abg. Beisert. Es folgte die dritte Berathung des Gesetzentwurfs über die Aufsichtsrechte des Staats bei der Vermögensverwaltung in den katholischen Diö⸗ zesen. Beim Schlusse des Blattes ergriff nach einer Rede des Abg. Frhr. v. Schorlemer⸗Alst der Abg. Haucke das Wort.

Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten hat die Provinzial⸗Schul⸗Kollegien durch Cirkularreskript vom 4. d. M. ermächtigt, künftighin Präparanden, welche körperlich gehörig entwickelt sind und hoffen lassen, daß sie die Aufnahmeprüfung mit befriedigendem Erfolge bestehen werden, auch in dem durch die Verfügung vom 3. Mai 1873 der Entscheidung des Ministers vorbehaltenen Falle zu der Prüfung zuzulassen, daß ihnen bis zum Prüfungs⸗ Termine mehr als drei Monate zum vorschriftsmäßigen Alter von siebenzehn Jahren fehlen, sofern sie dasselbe innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Aufnahmetermine erreichen. Aspi⸗ ranten, welche an diesem mehr als sechs Monate von dem vor⸗ schriftsmäßigen Alter von siebenzehn Jahren fehlen, sowie solche, bei denen die eine oder die andere der beiden oben erwähnten Voraussetzungen nicht zutrifft, sind jedenfalls von der Theil⸗ 75)me an der Prüfung auszuschließen.

12 Der Großherzoglich hessische Minister⸗Präsident Hoff⸗ mann ist gestern Abend nach Darmstadt zurückgekehrt.

= Der zum Kaiserlichen Konsul in Canton ernannte Frei⸗ herr von Soden ist dort eingetroffen und hat die Konsulats⸗ geschäfte übernommen.

Der Kaiserlich russische Hofmeister von Gerebtzow ist heute früh aus St. Petersburg hier eingetroffen und im Hotel Royal abgestiegen.

S. M. S. „Gazelle“ list am 12. d. Mts. in Kiel außer Dienst gestellt.

S. M. Kanonenboot Kiel in Dienst gestellt.

Der heutigen Nummer d. Bl. liegt der heut in Kraft tretende neue Fahrplan der Rheinischen Eisenbahn bei.

Ems, 14. Mai. (W. T. B.) Se. Majestät der Kaiser von Rußland ist heute um 10 ½ Uhr hier eingetroffen und wurde am Bahnhofe vom Regierungs⸗Präsidenten v. Wurmb und den Spitzen der Königlichen und städbtischen Behörden empfangen. Die Stadt ist festlich geschmückt. Eine Stunde vor Ankunft des Kaisers wurde die neu erbaute russische Kirche eingesegnet.

Batzern.

„Comet“ ist am 14. d. Mts. in

München, 13. Mai. Der „Allg. Ztg.“ wird geschrieben: „Die plötzliche Enthebung des Hrn. Staats⸗ raths v. Eisenhart von seiner bisherigen Stellung im Königlichen Kabinet hat begreiflicher Weise allgemein überrascht und bildet in allen Kreisen, sowohl der Beamten als nicht we⸗ niger bei den Abgeordneten, das Tagesgespräch. So uner⸗ wartet diese Personalveränderung auch kommt, so mag nicht unerwähnt bleiben, daß Hr. v. Eisenhart schon wiederholt um Enthebung von seiner Stelle im König⸗ lichen Kabinet nachgesucht hatte. Es entzieht sich zur Zeit jeder Diskussion, welches das bewegende Motiv hierzu gewesen sein mag. Bei dem Umstande jedoch, daß der mit der Geschäfts⸗ führung vorläusig betraute Staatsanwalt Hr. Dr. v. Ziegler, welcher bekanntlich schon seit Jahren im Königlichen Kabinete verwendet ist, bezüglich seiner politischen Anschauung mit Hrn. v. Eisenhart harmonirt hatte, darf der Schluß wohl nicht ge⸗ wagt erscheinen, daß diese Personalveränderung mit einem politischen Systemwechsel nicht zusammenhängt.“

In der gestrigen Sitzung der Abgeordnetenkammer gab der Präsident Frh. v. Ow gegenüber einer auch von uns inproduzirten Korrespondenz der „A. A. Z.“ eine Erklärung über die Geschäftslage ab. Die Vorwürfe wegen langsamen Geschäftsganges seien vollständig unbegründet und der gegen⸗ wärtige Landtag werde zur Budgetberathung weniger Zeit brauchen als irgend ein früherer. Der Abg. Crämer erklärte, daß seine Aeußerung vom 6. d. M. sich auf ein gewünschtes schnelleres Tempo der Wahlpruͤfung bezogen habe, nicht auf die Budgetberathung, die natürlich Zeit brauche.

(A. Abendztg.) Aus einem d. d. München, 1. Mai 1876, erlassenen Cirkularschreiben ist zu ersehen, daß am 10. August v. J. auf Schloß Köfering (Oberpfalz) eine Versamm⸗ lung von Mitgliederndes bayerischen Adels stattgefunden hat, welche den Beschluß faßten, daß sie „in einem gemeinsamen Wirken des katholischen Adels in Bayern, zu dem Zwecke, die in den Statuten des Vereins katholischer Edelleute (zu Münster) gestellten Aufgaben auch in Bayern zur Ausführung zu bringen, ein zu erstrebendes Ziel“ erkennen und daß weitere Berathungen in Munchen stattfinden sollten, wenn mindestens 50 Standesgenossen ihren Beitritt erklärt haben würden. Diese Anzahl ist nun erreicht, da 56 (in jenem Cirkular namentlich aufgeführte) Mitglieder des bayerischen Adels ihren Beitritt erklärt und andere denselben ia Aussicht gestellt haben; deshalb ladet das erwähnte Cirkularschreiben zu einer Versammlung ein, die auf den 21. Mai d. J. zu München anberaumt worden ist, um über die Bildung einer selbständigen bayerischen Adels⸗ gensssenschaft im Geiste des Münsterschen Vereins katholischer Sdelleute zu beschließen.

In dem Prozeß der Kirchenverwaltung Haidhausen gegen den hiesigen Magistrat, das Eigenthumsrecht an der Haid⸗ hausener Kirche betreffend, ist das appellationsgerichtliche Urtheil gegen den Magistrat ausgefallen.

Baden. Baden⸗Baden, 15. Mai. (W. T. B.) Der König und die Königin der Belgier haben sich heute früh von hier zum Besuch des Kaisers von Rußland nach Ems begeben und werden heute Abend von dort ihre Reise nach Brüssel fortsetzen.

Hessen. Mainz, 11. Mai. Der erste öffentliche altkatho⸗ lische Gottesdienst hierselbst wird, wie das „Frkf. Journ.“ mit theilt, binnen wenigen Wochen eine Thatsache sein, indem den Alt⸗ katholiken eine frühere Klosterkapelle, eine geräumige, vor einigen Jahren als „Englische Kirche“ verwendete kleine Kirche zum gottesdienstlichen Gebrauch von der Gemeinde mit staatlicher Genehmigung überlassen worden ist. Es ist im Plane, die feier⸗ liche Einweihung der Kirche, mit welcher zugleich der Anfang einer regelmäßigen altkatholischen Seelsorge gemacht werden soll, auf den 11. Juni festzusetzen, an welchem Tage die längst in

Aussicht genommene größere Versammlung der Altkatholiken der

Rheingegend und der Pfalz hier stattfinden soll. Zu derselben werden die hervorragendsten Namen und Träger der katholischen Reformbewegung erwartet.

beizulegen.

in Anspruch.“

Anhalt. Dessau, 12. Mai. (St. A.) Im Zustande des Erdprinzen ist insofern Verschlimmerung eingetreten, als das Fieber heute höher ist, der des Prinzen Friedrich ist fort⸗ dauernd günstig. Die Herzogin ist fieberlos, nur leidet dieselbe noch an Genickschmerzen.

Lippe. Detmold. 13. Mai. Die erste öffentliche

Sitzung des Landtags wurde heute Morgen eröffnet. Die Tagesordnung umfaßte u. A.: Vorlage der Regierung. Vor dem Eingehen auf diesen Punkt der Tagesordnung verlas der Abg. Honerla einen von ihm und den Abga. Schlingmann und Nolting unterzeichneten Protest dagegen, daß dieser außer⸗ ordentliche Landtag der Giltigkeit des Domanialabkommens prã⸗ judizire, mit der Bitte, jenen Protest dem heutigen Protokolle Der Vorsitzende verlas sodann die Vorlage der Re⸗ gierung: „Entwurf eines Wahlgesetzes“ und „Entwurf eines Gesetzes, die Zusammensetzung des Landtags und die Ausübung der ständischen Rechte betr.“ und schlug für die geschäftliche Be⸗ handlung zunächst eine Generaldebatte über die Prinzipien des Entwurfs eines Wahlgesetzes vor. Dr. jur. Cäsar reichte einen Antrag ein: daß zur speziellen Prüfung des Entwurfs eine Kommission, d. h. hier der Landtag, als Kommission sich kon⸗ stituire, und auf Grund dieses Kommissionsberichts zur Spezial⸗ debatte überzugehen sei. Bei der Abstimmung über den Antrag Cäsar wurde derselbe einstimmig angenommen. Auch rücksichtlich des Entwurfs eines Gesetzes, die Zusammensetzung des Land⸗ tags ꝛc. betr., wurde der Antrag des Abg. Cäsar auf Kom⸗ missionsberathung einstimmig angenommen.

Elsaß⸗Lothringen. Der Gesetzentwurf, nach welchem der Landesausschuß für Elsaß⸗Lothringen fortan in gewissen, von dem Kaiser näher zu bestimmenden Fällen die Funktionen des Reichstags übernehmen soll, wird fortdauernd in der Tages⸗ presse besprochen. Der „Schwäbische Merkur“ und die „Karls⸗ ruher Zeitung“ erkennen an, daß die Bedeutung des Landes⸗ ausschusses ansehnlich erhöht werde. Eine besonders bemerkens⸗ werthe Stimme läßt sich von Berlin aus in der „Weser⸗Zeitung“ wie folgt vernehmen:

„Wenn man die Geschichte des elsaß⸗lothringischen Landes⸗ ausschusses verfolgt hat, so konnte ein Vorschlag, wie der jetzt aus Straßburg gemeldete, wonach fakultativ diese Körperschaft als gesetzgebender und beschließender Faktor die bisherigen Funktionen des Reichstags übernehmen kann, nicht überraschen. Der Landes⸗ ausschuß hat sich bekanntlich, ganz im Gegensatze zu dem demon⸗ strativen Auftreten der elsässischen Reichstagsabgeordneten, durch Ruhe und Sachlichkeit ausgezeichnet und seine Verhandlungen haben sowohl beim Bundesrathe, wie beim Reichstage die sorgsamste Be⸗ achtung gefunden; der letztere legte diesen Protokollen fast den Werth von Kommissionsbeschlüssen bei und gab in den meisten Fällen eine lediglich formale Bestätigung. Wenn jetzt die begutachtende Kompetenz des Landesausschusses in gewissem Umfange in eine beschließende verwandelt werden soll, so wird der Reichstag einem solchen Umschwunge schwerlich Widerstand bereiten; denn die Beschäftigung mit dem reichsländischen Budget und den sonsti⸗ gen, meistens rein lokalen Angelegenheiten gehörte nicht zu sei⸗ nen angenehmsten Aufgaben und nahm eine ganz erhebliche Zeit

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Mai. Der offizielle Empfang der beiden Delegationen bei dem Kaiser wird erst am 18. d. M. stattfinden, nachdem die Ankunft des bei dieser Gelegenheit intervenirenden Grafen Andrassy in Pest nicht vor diesem Tage zu erwarten ist. Bei dem Empfange dürfte, wie die „Presse“ meldet, die österreichische Regierung durch den Minister des Innern, Freiherrn von Lasser, in Stellver⸗ tretung des beurlaubten Minister⸗Präsidenten vertreten sein.

Der bisherigen Uebung entsprechend, wird in diesem Jahre, nachdem im Vorjahre Ritter v. Schmerling als Präsident der österreichischen Delegation fungirte, diese Würde wohl Hrn. Dr. Rechbauer zufallen. Die ungarische Delegation dürfte, in Be⸗ obachtung desselben Usus, Hrn. v. Szlavy zum Präsidenten, und zum Vize⸗Präsidenten Ladislaus Szögyenyi wählen, der zugleich Präsident des Heeresausschusses der ungarischen Delega⸗ tion werden dürfte.

Der am 15. erfolgende Zusammentritt der Delega⸗ tionen regt abermals, sagt die „N. Fr. Pr.“, die schon mehr⸗

fach berührte Frage an, inwiefern die Ausgleichsabmachungen

zwischen den beiden Regierungen auf das gemeinsame Budget des Jahres 1877, welches die Delegationen festzustellen haben, von Einfluß sein müssen. Die „Budapester Corr.“ spricht sich dar⸗ über so aus: „Es ist selbstverständlich, daß in den den Delega⸗ tionen zu unterbreitenden Vorlagen auf diese Abmachungen keinerlei Rücksicht genommen werden kann und die Delegationen auch nicht in der Lage sein werden, auf noch nicht sanktionirte Gesetze zu re⸗ flektiren oder den Inhalt jener zu votirenden Gesetze zu antizi⸗ piren. Die im Herbste zur Unterbreitung gelangenden Aus⸗ gleichsvorlagen sollen die Bestimmung enthalten, daß die in Folge der Zollerhöhungen resultirenden Mehreinnahmen als Be⸗ deckung für die 1877er gemeinsamen Ausgaben dienen und die Zollrestitution schon im nächsten Jahre nach der neuen Be⸗ rechnung erfolgen soll, wenn das gemeinsame Budgetgesetz, wel⸗ ches die Delegationen jetzt votiren, auch diesbezüglich nicht ver⸗ fügt, d. h. die Mehrbedeckung nicht enthalten wird.“

w1I1“ den Delegationen vorzulegende Armeebudget erscheint, wie die „Presse“ vernimmt, im Ordinarium und Extra⸗ ordinarium um mehr als 1,300,000 Fl. gegen das Vorjahr herabgemindert. Bezüglich des Braunbuches, welches den diesjährigen Delegationen vorgelegt werden soll, wird eine kleine Verspätung signalisirt. Der Druck des Braunbuches hat sich verzögert, und so werden die in demselben ent⸗ haltenen handelspolitischen Aktenstücke wie die „N. Fr. Presse“ meldet nicht am Beginn, sondern erst im Verlaufe der Delegations⸗Session vorgelegt werden. Das Er⸗ gebniß der Sitzung des ungarischen Abgeordnetenhauses vom 11., in welcher die Erklärungen des Minister⸗Präsidenten Tisza über den österreichisch⸗ungarischen Ausgleich einstimmig zur Kenntniß genommen wurden, wird von hiesigen Blättern als ein unerwarteter Erfolg bezeichnet. Das ungarische Abgeordne⸗ tenhaus habe damit den Ausgleich prinzipiell gebilligt, und wenn auch eine Anzahl von Abgeordneten der liberalen Partei sich in Folge dieses Votums von der liberalen Partei lossage, so falle dieser Umstand nicht allzuschwer ins Gewicht, zumal sich unter den Separatisten nur wenige Parlamentarier von größerer Be⸗ deutung befinden.

Innsbruck, 13. Mai. Bei den gestrigen Gemeinde⸗ wahlen im ersten Wahlkörper siegten alle Kandidaten der Ver⸗ fassungspartei mit großer Majorität.

Pest, 13. Mai. Entgegen der Nachricht, der zufolge dies⸗ mal Kriegs⸗Minister Baron Koller wegen seines angegriffenen E1“ an den Delegations⸗Verhandlungen einen

ntheil nehmen dürfte, meldet die „Budap. daß

Baron Koller jedenfalls zu den Ausschußsitzungen der Dele⸗ gationen nach Pest kommen und in den Ausschußverhandlungen das gemeinsame Kriegsbudget vertreten werde. Wenn sich dann seine Erholungsreise als unaufschiebbar erweisen sollte, würde er vielleicht während der Zeit der minder wichtigen öffentlichen Verhandlungen seinen Urlaub antreten.

Die Dissidenten der liberalen Partei des Abge⸗ ordnetenhauses beschlossen in einer heute stattgefundenen Kon⸗ ferenz folgende Erklärung: „Wir haben es für unsere Pflicht erachtet, auf die gestellte Frage mit Nein zu antworten, weil der auf Grundlage der vom Minister⸗Präsidenten dargelegten Prin⸗ zipien vereinbarte Ausgleich die berechtigten Ansprüche Ungarns nicht befriedigt und für die wirthschaftliche Ent⸗ wicklung des Landes nachtheilig ist. Dieses unser Votum einem Parteibeschlusse unterzuordnen, verbietet uns unsere Ueberzeugung und das Gefühl der Pflicht, welche uns dem Lande gegenüber als Ausfluß unserer Stellung als Ab⸗ geordnete obliegt. Dies ist unsere Ueberzengung; aus diesem Grunde traten wir aus dem Klub der liberalen Partei aus, der die zur Abstimmung gebrachte Frage als Partei⸗ und Kabinets⸗ frage aufstellte. Wir erklären, daß wir, getreu dem Programm, nach welchem sich die liberale Partei konstituirte, auch ferner Mitglieder der liberalen Partei bleiben; wir behalten uns aber, unabhängig von der Regierung und jeder andern Partei, die Freiheit unserer Entschließung vor.

Zara, 12. Mai. Der Landeausscherß hat sich heute nach zweimonatlicher Geschäftspause neu konstituirt und den Abgeordneten Dr. Klaic zum Vorsitzenden gewählt.

Schweiz. Bern, 13. Mai. Der „N. Zürch. Ztg.“ wird berichtet: Ueber die gestrige Abweisung des jurassischen Rekurses gegen das bernische Kultus⸗Polizeigesetz durch den Bundesrath läßt sich erst ein Urtheil bilden, wenn dessen ein⸗ läßliche Erwägungen vorliegen. Der Bundesrath betrachtet den Nichtwiderruf der bekannten Protestation der römisch⸗katholischen Geistlichen nicht als fortdauerndes Vergehen, verlangt die Ab⸗ urtheilung über die Vornahme von gottesdienstlichen Handlungen renitenter Priester durch den Richter und nicht auf administra⸗ tivem Wege und behält sich seine weitere Schlußnahme bei all⸗ fälligen Rekursen gegen solche Urtheile vor.

Die Regierung des Kantons Aargau beschloß, dem Central⸗Comité des schweizerischen Vereins frei⸗ sinniger Katholiken auf seine bezügliche Anfrage Folgendes zur Kenntniß zu bringen: 1) daß diejenigen religiö⸗ sen Vereine, welche sich der christkatholischen Kirche anschließen, von Staats wegen als kirchliche Genossenschaften anerkannt wer⸗ den sollen; 2) daß der Staat sich der aktiven Mitwirkung bei der Bischofswahl enthalten werde, er aber behufs gutfindender Anerkennung die Mittheilung der getroffenen Wahl ver⸗ lange; 3) daß die staatliche Anerkennung nur so lange Geltung haben werde, als der betreffende Bischof nach allen Richtungen in seiner verfassungsmäßigen Stellung gegen die staatsgefährlichen Grundsätze des päpstlichen Syllabus vom 8. Dezember 1864 so wie der vatikanischen Dekrete vom 18. Juni 1870 verharrt und sich überhaupt nicht mit den Rech⸗ ten des Staates in Widerspruch setzt; 4) daß der Staat nicht in der Lage sei, einen Beitrag an die Dotation des Bischofs zuzusichern, und endlich 5) daß er dagegen bereit sei, sich zu be⸗ theiligen bei der Wahl einer Prüfungskommission für nicht vati⸗ kanisch gesinnte katholische Studenten der Theologie. Eine in Olten abgehaltene Volksversammlung beschloß, von den kompetenten Behörden die Entfernung der Kapuziner aus dem Kanton zu verlangen, weil sie namentlich in letzter Zeit ihre Stellung zu konfessionellen Hetzereien benutzt haben soben.

Großbritannien und Irland. London, 13. Mai. Im Oberhause wurde das schottische Pachtreformgesetz in dritter Lesung angenommen. Im Unterhause bestätigte der Unter⸗Staatssekretär im Auswärtigen Amte die von den Blät⸗ tern mitgetheilten Berichte über die Vorfälle bei Wegnahme des britischen Schooners „Clementius“ durch einen spanischen Zollkutter als im Wesentlichen richtig. Er fügte hinzu, die Regierung habe sich mit dem spanischen Ministerium in Verbindung gesetzt und eine gründliche Untersuchung verlangt und erreicht. Sodann wurde ein Antrag auf Schließung der Wirthshäuser in Irland an Sonn⸗ tagen mit 224 gegen 167 Stimmen nach langer und erregter Diskussion angenommen. Der Unter⸗Staats⸗Sekretär für die Kolonieen erklärte, der neue Aufruhr auf Tabago beschränke sich nach einem Telegramm des Gouverneurs Pope Hennessy auf eine einzige Pflanzung, wo ein Polizeimann ein Weib getödtet habe und dann das Gesindel dem Polizeimann das Leben nahm. Im übrigen seien die Ruhestörungen durch⸗ aus gestillt und der Gouverneur befürchte keine weitere Gewalt⸗ -hätigkeit.

Die Agitationen gegen die chinesische Einwan⸗ derung mehren sich; so wird der „Times“ von ihrem ameri⸗ kanischen Korrespondenten telegraphirt, daß das Parlament von Britisch Columbia zu Victoria in einer Resolution die Erklä⸗ rung abgegeben hat, es sei angezeigt, daß die Regierung Maßregeln ergreife, um die Ueberschwemmung des Landes durch chinesische Einwanderer zum Schaden der weißen Bevölkerung zu verhüten. Ebenso hat das Abgeordnetenhaus von Vancouvers⸗ Insel eine Resolution gegen chinesische Einwanderung gefaßt.

Auf dem Ministerium für die Kolonien ist, wie es heißt, von dem gemeldeten Ausbruch von Feindseligkeiten zwischen den Königen Ta Ta und Oko Tumbo an der West⸗ küste Afrikas nichts bekannt.

(W. T. B.) Nach der „Army and Navy Gazette“ hat das englische Mittelmeergeschwader Befehl erhalten, sich sofort nach Smyrna zu begeben.

Die Verhandlungen vor dem Court for crown cases reserved über die Kompetenzfrage in dem Prohese gegen den Kapitän Keyn wegen des Zusammenstoßes der Dampfer „Strathelyde“ und „Franconia“ wurden heute fortgesetzt und schließlich auf nächsten Freitag vertagt. Ein ministe⸗ rieller Erlaß untersagt die Landung von ausländischem Vieh in Dover, Folkestone und Newhaven vom 18. Mai cr. ab.

Frankreich. Paris, 13. Mai. Der Tod Ricards und die Wahl seines Nachfolgers, über die verschiedene Angaben verlauten, beschäftigt noch in hohem Grade die öffentliche Meinung und die Blätter aller Farben, unter denen nur die klerikalen und legitimistischen ihrer Freude einen offenen, das allgemeine Gefühl verletzenden Ausdruck geben.

Die Budget⸗Kommission hielt gestern unter dem Vorsitz Gambetta's zwei lange Sitzungen; die erste beschäftigte sich mit dem Antrage Boyssets, das Budget des Kultus ganz abzuschaffen. Derfelbe hielt eine Rede, in welcher er nach der „Indep.“ u. A. sagte: „Die katholische Kirche ist heut⸗ zulage ein Herd der Rebellion gegen die Regierungsform wie gegen die Herrschaft der modernen

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schaft. Darf man eine Korporation unterstützen, welche alle französischen Ideen bekämpft und sich auf einen Souverän sützt, dessen ausländischer Charakter hinreichend dadurch festgestellt ist, daß Frankreich einen Gesandten bei demselben unterhält? „Trotz dieser Rede fanden sich in der Kommission nur vier Stim⸗ men für den Antrag, und somit ist er gefallen. Dafür aber hat die Kommission den Antrag des Ministers Waddington, das Budget des öffentlichen Unterrichts noch um 6 Millionen, welche zur Aufbesserung des elementaren mittleren und höheren Unterrichts dienen sollen, zu erhöhen, günstig auf⸗ genommen. Auch hat der Minister nach der „Opinion“ das Prinzip des Schulzwanges angenommen, doch sollen, ehe es durchgeführt wird, die Gemeinden erst mit den hinreichenden Schulen versehen werden.

Wie der ‚Soir“ versichert, hat der französische Minister des Aeußern an alle Konsular⸗Agenten einen Erlaß ge⸗ richtet, worin er sie auffordert, die größte Vorsicht in ihren Be⸗ ziehungen mit den Eingeborenen der Länder, wo sie angestellt find, zu beobachten, und sich niemals in Angelegenheiten zu mischen, in welchen die Interessen der französischen Landesange⸗ hörigen nicht betheiligt sind.

Der aus den Deputirten Bethmont, Tiersot und Tur⸗ quet bestehende engere Ausschuß für die Untersuchung wegen der Wahl des Grafen de Mun ist, wie der „Köln. Ztg.“ gemeldet wird, in Pontivy angekommen und hat die Personen, welche er vernehmen will, vor sich geladen. Der Ausschuß sollte schon vor drei Wochen in dem Departement ankommen, seine Abreise wurde aber durch Unwohlsein Bethmonts verhindert. Wie eine Korrespondenz der „Opinion Nationale“ aus Pontivy vom 9. Mai behauptet, hätte die Geistlichkeit diesen Verzug dazu benutzt, um eine Gegenuntersuchung zu veranstalten und die Wähler durch Drohungen u. dergl. zu bestimmen, sich nicht zu stellen. Da dem Unterausschuß dieses aber bekannt geworden, so habe er beschlossen, die sieben Kantone, welche den Wahlbezirk des Grafen de Mun bilden, zu besuchen und sich nicht darauf zu beschränken, die Personen, welche er vernehmen will, nach Pontivy zu fordern.

Msgr. Freppel, Bischof von Angers, hat in der Angelegenheit des Hospizes von Segré, über welche vor Kurzem schon berichtet wurde, nicht ganz nachgegeben. Da die Ver⸗ waltung des Hospizes (Falloux und Genossen) sich bis jetzt nicht dazu verstanden hat, den Ankauf des „Kirchengutes“ rückgängig zu machen, so befahl er den barmherzigen Schwestern, welche bisher den Dienst in demselben versahen, die Anstalt bis zum 31. Juli zu verlassen. Das Auftreten des Bischofs erregt nach der „Köln. Ztg.“ in Angers allgemeinen Unmuth. Nur die Jesuiten und ihr Anhang stehen auf der Seite dieses Prälaten.

Die „Liberté“ zeigt heute an, daß sie die Farbe wechsele: sie verläßt das bonapartistische Lager und wird republikanisch⸗ konservativ.

14. Mai. (W. T. B.) Der „Agence Havas“ zufolge ist die Ernennung des bisherigen Unterstaatssekretärs im Mini⸗ sterium des Innern Marcère zum Minister des Innern heute früh vom Präsidenten der Republik unterzeichnet worden und wird demnächst veröffentlicht werden. Dem Vernehmen nach wird Faye von der Linken ihn als Unterstaatssekretär im Ministerium des Innern ersetzen.

Spanien. Madrid, 13. Mai. (W. T. B.) In dem Kongreß wird demnächst ein Antrag eingebracht werden, dahin gehend, eine parlamentarische Untersuchung über die während der Revolutionsperiode von 1868 bis 1875 mit dem Staasschatze vorgenommenen Operationen zu veranstalten. Der Antrag ist veranlaßt durch von mehreren Deputirten ge⸗ machte Mittheilungen über während jener Zeit vorgekommene Mißbräuche. Der Gesetzentwurf, betreffend die Aufhebung der Fueros soll dem Kongreß am nächsten Mittwoch vorgelegt werden.

Ein weiteres Telegramm von demselben Datum meldet: Die Budgetkommission hat beschlossen, den früher auf den 20. d. M. angesetzten Termin zur Empfangnahme der Vorschläge und Vollmachten der Delegirten der Staats⸗ gläubiger behufs einer parlamentarischen Untersuchung über die Staatsschuld bis zum Ende dieses Monats zu ver⸗ tagen. Der Kongreß hat nunmehr die Kommission zur Untersuchung der spanischen Finanzoperationen in der Zeit vom Jahre 1869 bis 1874 ernannt.

Italien. Rom, 11. Mai. (Ital. Nachr.) In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer verlangte der Abg. Massari, den Minister des Aeußern über die Ereignisse in Salonichi befra⸗ gen zu dürfen, und da sich Herr Melegari bereit erklärte, sofort darauf zu antworten, fragte ihn der Abgeordnete, ob die italie⸗ nische Regierung die zum Schutze des Lebens und der Inter⸗ essen der itallenischen Bewohner von Salbonichi nöthigen Vorkehrungen getroffen habe. Der Minister entwickelte der Kammer den Hergang der traurigen Ereignisse und theilte mit, daß der König auf die Kunde davon zwei Fregatten nach dem Salonischen Meerbusen zu schicken befohlen, und daß die italie⸗ nische Kolonie von Salonichi der Regierung bereits ihren Dank dafür ausgesprochen habe. Ferner bemerkte der Minister, daß der italienische Konsul in Salonichi alles gethan, was in seinen seine Kollegen von Deutschland und Frankreich zu retten, daß es aber unmöglich gewesen wäre, weil die türkischen Truppen zu spät eingeschritten seien. Auch der türkische Gouverneur habe alle Kraft aufgeboten, nm die Ver⸗ treter Deutschlands und Frankreichs zu retten. Die Ursache des Unglücks sei der Fanatismus der griechischen und muselmänni⸗ schen Bevölkerung. Nachdem der Minister noch versichert hatte, daß die italienische Kolonie in Salonichi außer Gefahr sei, weil sie bis zur Ankunft der italienischen Kriegsschiffe unter dem Schutze von denen der befreundeten Mächte stehe, erklärte sich der Interogant mit der Antwort zufrieden gestellt.

Nachdem der Papst am Tage des heiligen Pius (5. Mai) die französischen Pilger empfangen hat, werden, den ZIJtal. Nachr.“ zufolge, am 13., wo er in sein 85. Lebensjahr eintritt, die deutschen, und am 29, am Jahrestage der Schlacht von Legnano, die italienischen empfangen werden. Der Kardinal Ledochowski wird morgen (11.) seine Titularkirche Santa Maria in ara Coeli feierlich in Besitz nehmen.

Von Catanzaro wird den „Ital. Nachr.“ telegraphirt, daß der Assisenhof den ehemaligen Senator Filippo Satriano von der Anklage, Privaturkunden gefälscht zu haben, freige⸗ sprochen habe.

13. Mai. (W. T. B.) Von der mit der Vorberathung der Wahlreformvorlage beauftragten Kommission der De⸗ putirtenkammer wird beantragt, daß das Lebensalter, mit wel⸗ chem die Berechtigung zur Theilnahme an den politischen Wah⸗ len eintritt, auf⸗2] Jahre herabgesetzt werde und daß für die

politische Wahlberechtigung das nämliche Einkommen, wie bei