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That solche Anschauungen, d 5 bI Jahren zu Tage traten, jetzt unmöglich noch maßgebend sein dürften.
Die “ ee. den im Jahre 1873 inaugurirten Weg nicht verlassen, indem sie den veränderten Verhältnissen gemäß die Mitwirkung und thätige Leitung dieser Angelegenheit durch das Reich in Anspruch nimmt, glaubt sie sich in voller Uebereinstimmung mit den beiden Häusern des Landtages zu befinden, und richtet daher auch an dieses hohe Haus die Bitt⸗, den Vorschlägen, welche sie Ihnen unterbreitet hat, zuzustimmen. Stimmen Sie zu, so folgen Sie nach meiner Ueberzeugung den besseren preußischen Traditionen.
Verlaufe der Sitzung nahm Herr
Hasselbach das Wort, um zwar einige Bedenken, die er gegen die Vorlage hege, hervorzuheben, jedoch die Erklärung abzugeben, daß er für das Gesetz stimmen werde, um der Staats⸗ regierung durch den Fall des Gesetzes nicht scheinbar eine Nieder⸗ lage zu bereiten, die von den außerdeutschen Staaten in schwer⸗ wiegender Weise ausgebeutet werden würde. Er behalte sich jedoch wie Dr. Beseler die Freiheit seiner Beschlüsse in dieser Frage vor. — Herr von Kleist⸗Retzow verwies, hieran anknüpfend, auf die Widersprüche derjenigen Redner, welche für die Vorlage ge⸗ sprochen; die Freiheit der Entschließungen, welche sie sich für die Zukunft vorbehalten, habe prinzipiell wenig Bedeutung. Er sei ein Anhänger des Prinzips der Staatsbahnen, halte aber den eingeschlagenen Weg nicht für den richtigen und sei der Mei⸗ nung, daß der Staat nicht alle Bahnen selbst bewirth⸗ schaften, sondern nur seine starke Hand über das ganze Eisen⸗ bahnwesen legen könne. Die Vorlage führe zum Reichseisenbahn⸗ prinzip, welches er trotz aller gegentheiligen Behauptungen aus der Reichsverfassung nicht herausfinden könne. Hierauf ergriff der Reichskanzler Fürst Bismarck das Wort:
Der Herr Vorredner hat sich die Bekämpfung der Vorlage, wie das ja auch an anderen Orten und außerhalb der parlamentarischen Versammlungen geschehen ist, dadurch erleichtert, daß er ihr eine bedeutendere Tragweite und weiteren Umfang gegeben bat, als sie nach ihrem Wortlaut, wie er vorliegt, überhaupt hat. Er hat zwei Reihen Gründe aufgezählt, die ihn bestimmen, dagegen zu votiren. Ich erlaube mir, weil sie mir so besser im Gedächtniß sind, von rückwärts sie einzeln zu besprechen, und mit dem letzten anzufangen: die Sorge, daß die armen Landestheile in Zu⸗ kunft von Seiten des Reichs die Pflege nicht haben würden, die sie bisher von Seiten des preußischen Staats gehabt haben, wie der Herr Vorredner wenigstens in Bezug auf Pommern bereitwillig anerkannt, und ich glaube auch in Bezug auf Ostpreußen hätte an⸗ erkennen können, wenn man die großen Leistungen des Staates in dieser Provinz erwägt. Das glaube ich auch nicht, daß das Reich sich dazu verpflichtet fühlen wird; ist auch nicht seine Aufgabe. Warum aber der preutische Staat in seiner Gesammtheit nicht späterhin, wenn er die Nothwendigkeit oder Nützlichkeit anerkennt, dieselbe Für⸗ sorge für seine ärmeren Landestheile aus dem gemeinsamen Säckel aller Provinzen üben sollte, die er bieher geübt hat, warum er allen seinen Unterthanen aus eigenen Mitteln nicht auch ferner sollte helfen sollen, und ebenso bereitwillig wie bisher, das sehe ich nicht ein; das bleibt dem preußischen Staate unbenommen. Der Herr Vorredner wünscht, daß der preußische Staat dieselbe Aus⸗ bildung des Eisenbahnaufsichtsrechts und seiner materiellen Hülfs⸗ mittel in die Hand nehme, die wir hier dem Reiche zuführen wollen; ich kann nicht ersehen, wie er dabei gleichzeitig das Argument des Miß⸗ trauens in die Schranken hat führen können, von dem die übrigen Bundesstaaten Preußen segenüber erfüllt sein würden, wenn die preußischen Bahnen in den Händen des Reichs wären. Dies Mißtrauen würde viel stärker berechtigt sein, wenn der ganze gewichtige Komplex einer Basis von staatlichem Einfluß ausschließ⸗ lich in den Händen Preußens bliebe und dort so ausgebeutet würde im einseitigen preußischen Interesse, wie es das Reich nicht könnte; denn das ist das Eigenthümliche der Reichsverwaltung, daß dort gerade die Regierungen, von denen der Herr Vorredner das Miß⸗ trauen hefürchtet, mitzureden und mitzubeschließen haben über die Ge⸗ setze und Anordnungen, welche das Eisenbahnwesen regeln, über das Budget der Eisenbahnen und über die Tarife, und diese ihre Mit⸗ wirkung dazu benutzen können, eine solche Reichseisenbahnpolitik, welche ihre eigenen partikularen Interessen schädigt, zu verhindern und öffentlich zu diskutiren, während, wenn diese Schädigurg und Been⸗ gung von Preußen als Bundesstaat ausschließlich, ohne daß das Reich dabei betheiligt wird, ausgeübt würde, ich gar nicht sehe, was sie für Hülfsmittel dagegen hätten.
Eine Beschwerde wegen Mißbrauchs der Souveränetät beim Bundesrathe in Eisenbahnsachen würde schwerlich haften. Also dieses Mißtrauen würde meines Erachtens viel stärker sich entwickeln müs⸗ sen, wenn wir die Mittel zur Abhülfe, über deren Nothwendigkeit dem gegenwärtigen Zustand der Dinge gegenüber doch die Meisten einig sind, auf dem Wege des Großpreußenthums ergriffen, als wenn wir sie auf dem Wege der Reichspolitik nähmen, offen und unter dem anerkannt n Einflusse unserer Bundesgenossen im Reich. Ich kann die Theorie, die der Herr Vorredner darüber entwickelte, doch gegen die Bezeichnung eines Großpreußenthums nicht in Schutz nehmen, obschon er sich da⸗ gegen verwahren wollte. Das ist ja eben, was ich vermeiden möͤchte, daß ein einzelner Bundesstaat, der schon bevorrechtigt ist durch die große Ausdehnung, durch die Thatsache, daß sein Souverän zugleich der Kaiser ist, und der durch seine geographische Lage genöthigt sein würde, die Konsolidation seiner Eisenbahnverhältnisse im Verein mit einer Anzahl kleinerer norddeutscher Staaten zu suchen, durch diese Konsolidation Preußen noch wieder ein neues Vorgewicht im Reiche erwirbt. Ich würde damit nicht glau⸗ ben, die mir obliegende Pflicht zur Durchführung der Reichsverfassung, zur Herstellung einer richtigen und einheitlichen Eisenbahnaufsicht zu erfüllen; ich würde dazu beitragen, die Mittel dazu im verstärkten Maße in die Hand der preußischen Regierung zu legen, und das Mißverhältniß, den Widerspruch gegen die Reicheberfassung; der heute darin besteht, dg thatsächlich die preußische Partikular⸗Eisenbahn⸗ verwaltung im Reiche bereits mächtiger, einflußreicher ist, als das Reich, mehr Aufsichtsrecht faktisch ausübt — diese der Reichsver⸗ fassung entgegenstehende Situation würde ich dadurch wesentlich ver⸗
Im weiteren
Dder Herr Vorredner hat dann gefürchtet, daß das Reich in die⸗ sen Eisenbahnen einen Besitz erwerbe, dessen Rentabilität von Jahr zu Jahr mehr zurückgehen werde, daß der allgemeine Rentenrückgang dann auch für Preußen zu befürchten sei. Auch diese Befürchtung ist geknüpft an die unrichtige Uebertreibung der Vorlage, an die Voraus⸗ setzung, als wollten wir die gesammten Eisenbahnen Deutschlands er⸗ werben; denn wenn diese irrthümliche und durch die Vorlage in keiner Weise gerechtfertigte Voraussetzung nicht dabei gemacht wäre, so würde der Herr Vorredner sich dech selbst den Einwand haben machen müssen, daß die Gefahren dieses Rentenrückganges von Preußen in Bezug auf seine Staatsbahnen, vom Reiche in Bezug auf seine bisher von ihm besessenen Reichsbahnen im Reichslande so wie so getragen werden müssen. Er hat dabei ganz besonders seine Für⸗ sorge für Preußen accentuirt, daß es darunter leiden würde. Ich hätte es natürlich gefunden, wenn er als Advokat der übrigen Bun⸗ desstaaten aufgetreten wäre und gesagt hätte, daß es ungerecht sei, daß diese in den Preußen vermöge seines großen Eisenbahnbesitzes naturgemäß bevorstehenden Verlust an Rentenrückgang mit hinein⸗ gezogen werden sollen; aber daß Preußen an dem ihm natur⸗ gemäß bevorstehenden Verlust durch den Rentenrückgang noch stärker Aeeede. werden könnte, als ohne diese Vorlage, das kann ich nicht
„Daß die Rentabilität der Eisenbahnen im Allgemeinen stetig zurückschreitet, ist ja eine bekannte Thatsache, die sich in allen Ländern beobachten läßt und nicht blos bei uns. Es ist das eine natürliche Folge des fortdauernden Abbaus der Hypotenuse zu den beiden Katheten und der Vervielfältigung der Linien zwischen zwei Punkten, des Irrthums, daß die Konkurrenz in Eisenbahnlinien den Verkehr wohlfeiler macht. Es haben darüher in England sehr lehrreiche Berech⸗
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nungen stattgefunden: so lange Eine Linie zwischen 2 großen Orten vor⸗ handen gewesen, ist die Fracht für die Tonne von, ich weiß nicht was, 17 Schilling gewesen, wie die zweite Konkurrenzlinie gebaut war, ist sie auf 22 Schilling und, wie die dritte Linie gebaut war, auf 28 Schilling gestiegen, indem derselbe Verkehr, der sich nicht wesentlich vermehrt hat, anstatt der Verzinsung für die eine Linie nun eine solche für die 3 Linien aufbringen mußte. Solche Verhältnisse wiederholen sich ja überall, und sie bewirken, daß, wie ein Engländer sagte, die Eisenbahnen so ünße vermehrt werden, bis keine von ihnen über 2 % bringt; das fühlen auch, glaube ich, die meisten Aktionäre der Privatbahnen, und ich glaube, daß auf Seiten der Aktionäre das Widerstreben gegen den Uebergang eines Theiles der Bahnen an den Staat ein bei weitem geringeres ist, die Direktionen aber sind in einer anderen Lage. Die Aktionäre würden zum großen Theil froh sein, eine zurückgehende Rente zu einem festen Course, wenn der Preis annehmbar ist, loszuschlagen. Die Direktionen aber sind zum Theil ia einer Lage, die ihnen keine Gesetzgebung ersetzen kann; sie sind deshalb nicht zu tadeln, es sind organisch mächtige Gebilde, die sich geschichtlich und berechtigt her⸗ ausgestellt haben mit einem Einkommen und Tantième und sonsti⸗ gen berechtigten Emolumenten, wie sie in einigen Fällen doch auch die Botschafter vom Staate nicht beziehen, die höchst bezahlten Beamten, die wir haben, daneben eine sehr große Clientel, eine sehr erhebliche Machtstellung im Staate und dann die Vortheile der Verbindung in der Stellung von Eisenbahn⸗ direktionen mit den Direktionen anderer industrieller Unter⸗ nehmungen, Bankunternehmungen, Hüttenwerken und Eisenwerken, das sind ja alles berechtigte und legitime Vortheile, die aus der Stellung der Direktionen gezogen werden und nicht alle ersetzt wer⸗ den können, obschon ja die Privateisenbahnen auch jetzt das auf⸗ bringen, was nach dieser Richtung hin gezahlt werden muß, und also nicht abzusehen ist, warum die jetzigen Nutznießer dieser ausgezeich⸗ neten Stellen nicht für ihre Lebenszeit, was ihnen, wie ich glaube, in den meisten Fällen vertragsmäßig zusteht, aus den Eisenbahn⸗ repenüen das weiter genießen sollten, bis auf die Clientel, die wird fehlen, die ist aber meines Erachtens auch richtiger schließlich in den Händen der Staatsbehörden.
Der Herr Vorredner hat weiter in dem früheren Abschnitt seiner Rede gesagt, daß der Versuch noch nicht gemacht sei, einen so großen Komplex von Eisenbahnen aus einer Hand zu bewirthschaften. Nun, was diese Vorlage betrifft, so ist ja in derselben der Versuch toto die bereits gemacht, die preußische Regierung bewirthschaftet den⸗ selben Komplex, der an das Reich übergehen soll; ob ihn das Reich und wie weit es ihn vergrößern will, das haben wir hier nicht zu erörtern, darüber wird das Reich beschließen, wenn es sich überzeugt haben wird, daß es im Stande ist, einen so greßen Komplex zu bewirthschaften und zu übersehen, und daß es vielleicht im Stande ist, ihm eine ähnliche Einrichtung zu geben, wie bei der Post, die auch bei uns beut zu Tage eine große Ausdehnung, eine umfassende Verwaltung hat, von der wir in unserer Jugend zu der mit Freude begrüßten Zeit Naglers urs noch nichts träumen ließen, wo wir doch schon der Meinung waren, daß eine recht vollkommene, ausgedehnte und schwer zu übersehende Ausdeh⸗ nung vorhanden sei. Ich glaube, daß die Zahl der Eisenbahnbeam⸗ ten zum Beispiel, die jetzt zu übernehmen sein würden, die der Post⸗ beamten, die das Reich bereits hat, höchstens um 30 bis 50 Prozent über⸗ steigen würde, ich kann mich in diesen Ziffern irren, aber um sehr viel, glaube ich, wird es nicht sein, ich habe sie nicht im Gedächtniß, sondern nehme sie nur annäherungsweise. Wenn in anderen Ländern bisher ein so großer Verwaltungskomplex nicht existirt, so kann uns doch eine Umschau in der Eisenbahngesetzgebung überzeugen, daß kein an⸗ deres Reich davor zurückschreckt, im Gegentheile alle dem Ziele zu⸗ streben dadurch, daß sie, was nur bei uns unterlassen oder in einer anderen, später aufgegebenen wirthschaftlichen Form zu erstreben ver⸗ sucht wurde, daß sie sich alle das Heimfallsrecht für sämmtliche Eisen⸗ bahnen stipulirt, und namentlich das französische System, wo nach 90 Jah· ren nach der Konzession alle Bahnen dem Staat anheimfallen, an⸗ genommen haben. Aber nicht nur auf das französische Reich, sondern, wie ich glaube, auch auf Oesterreich und auf Italien erstreckt sich dieser Zustand, den der Herr Vorredner befürchtet, als etwas gesetzlich Erstrebtes, als ctwas, was die Staatsmittel sofort zu erreichen nicht erlaubten, was die gedachten Länder sich aber durch die Gesetzgebung haben sichern wollen. Das einzige Land, welches in dieser Beziehung unter allen anderen curopäischen großen Ländern keine Vorkehr ge⸗ troffen hat, ist bekanntlich England, und dort sind mir von sehr einfluß⸗ reichen und bedeutenden Staatsmännern mannigfache Sorgen und ein leb⸗ haftes Bedauern über diese Situation wiederholt ausgesprochen worden. Angesehene englische Staatsmänner haben mir gesagt: bei uns besteht leider die Befürchtung, daß es schon zu spät sei, den Uebergang der Privatbahnen in die Hände des Staates zu bewirken; von der Nothwendigkeit und Nützlichkeit, daß es geschehe, sind wir Alle überzeugt. Wir glauben deshalb, daß es zu spät ist, weil die Macht der Eisenbahn⸗Direktionen in den Wahlen und in dem Parlamente schon zu stark geworden ist, als daß die Regierung ohne ein verfassungswidriges Verfahren sie brechen könnte. Die Interessen daran werden aber für so wichtig gehalten, daß mir gesagt ist, als vor wenig Jahren die nur noch wenigen aber sehr mächtigen Eisen⸗ bahngesellschaften, zu welchen die ursprüngliche Masse der eng⸗ lischen Unternehmungen sich konsolidirt hat, damit umgingen, sich in eine einzige zu verschmelzen, um einen einzigen Direktor an ihrer Spitze zu haben — gewissermaßen einen Eisenbahnkönig — die Re⸗ gierung darin eine solche Gefährdung des St atswohles erblickt hat, daß sie außeramtlich die Eisenbahngesellschaften mit etwes in Eng⸗ land so ziemlich Unerhörtem bedroht habe; daß sie dann zu Mitteln greifen müßte, deren Verfassungsmäßigkeit zweifelhaft sein könnte, um das zu verhindern. Sie wären aber über⸗ zeugt, daß sie die öffentliche Meinung und das Volk von England dabei für sich haben würden, aber in Folge dieser Drohung ist diese Fusion, wie mir gemeldet wurde, unterblieben. Sie sehen also, daß bei einer so intelligenten, praktischen, auf die Freiheit der Ent⸗ wickelung jedes mit der Sicherheit des Staates verträglichen Unter⸗ nehmens so eifersüchtigen Nation dieselbe Ueberzeugung herrscht, daß man sich dort nicht fürchtet vor der kolossalen Aufgabe, sämmtliche englische Eisenbahnen in Regierungsverwaltung zu nehmen, und das zeigt doch, daß unser Unternehmen hier nicht für ein so ungeheuer⸗ liches und auffälliges im Auslande und von anderen Regierungen ge⸗ halten wird, wie der Herr Vorredner es darstellt. Am allermeisten hat mich überrascht, was der Herr Vorredner über die Verfassungs⸗ widrigkeit unserer Vorlage andeutete.
Ich habe gerade geglaubt, als verantwortlicher Beamter für die Ausführung der Reichsgesetze und der Reichsverfassung dafür sorgen zu müssen, daß jene Paragraphen auf diesem Wege eine Wirklichkeit werden sollen. Der Herr Vorredner scheint der Meinung zu sein, um dies zu können, müßte erst nachgewiesen werden, daß jeder andere Weg unmöglich sei. Das kann ich nicht einsehen. Ich verlange den Nachweis der Verfassungswidrigkeit dieses Weges. Ich glaube voll⸗ ständig freie Wahl zu haben für jeden Weg, dessen Verfassunse⸗ widrigkeit mir nicht nachgewiesen ist. Die Verfassungswidrigkeit eines Eisenbahnerwerbs durch das Reich nachzuweisen, wird dem Herrn Vorredner schwer werden, es würde ihm nicht gelingen, zumal das Reich sich schon im Besitz eines bestehenden Eisenbahnnetzes, so groß oder so klein es sein mag, befindet, zu dem unter Umständen zugckauft und gepachtet wird, und des erweitert in die Nachbarländer hineingespielt. Das Reich würde befugt sein, wenn seine Organe im Interesse des Verkehrs und der militärischen Sicherheit es für erfor⸗ derlich hielten, ohne Rücksicht auf das vorhandene preußische System, um das es sich handelt, und auf sämmtlichen Privatbahnen würde es, nach der ausdrücklichen Bestimmung der Verfassung, befugt sein, sich ein eigenes Eisenbahnnetz zu bauen durch ganz Deutschland, was o angelegt wäre, als ob es keine andere Eisenbahn gäbe. Diese praktische Utopie würde theoretisch vollkommen berechtigt sein, und ich weiß daher nicht, worauf er die Verfassungs⸗ widrigkeit stützt. Die Thatsache, daß die Eisenbahnfrage sehr tiefe und umfangreiche Interessen des gesammten Volkes berührt, hat mit der Frage, ob die Vorlage vperfassungswidrig ist oder nicht, nichts zu thun. Es giebt Dinge, die noch viel tiefer die
v 8 11““ . 1“ 111“ Interessen des Volkes berühren — ich spreche nur von unserer äußeren und inneren Sicherheit, die doch durch das Reich verfassungsmäßig geregelt werden. Sollte das Reich das Kriterium der Verfassungs⸗ widrigkeit lediglich darin zu finden haben, ob eine Sache für das Volkswohl wichtig oder unwichtig wäre, und nur die unwichtigen dem Reiche gehören? 8
Der Herr Vorredner ist in dem Nachweise seiner Ansicht von der Verfassungswidrigkeit nicht glücklich gewesen. Im Uebrige habe ich nach dem Eingange des Herrn Vorredners eigentlich vermuthet, er würde für die Vorlage stimmen und habe mich zunächst der Täuschung hinge⸗ geben, daß ich mich in der Rednerliste geirrt habe und daß er für die Vorlage und Herr Kollege Hasselbach dagegen eingeschrieben wäre. Da ich nun gar keine Aussicht habe, die Herren, die darüber schon entschlossen sind, wie sie abzustimmen haben, durch meine Argumente zu überzeugen, sondern ich nur dafür spreche, diese Argumente im Sinne anderer zu entkräften, so glaube ich, ist es doch eine dankens⸗ werthe Aufgabe, wenn ich dem Herrn Kollegen Hasselbach den schweren Entschlaß, für die Vorlage zu stimmen, etwas zu erleichtern suche, wenn ich eine oder zwei seiner Einwendungen noch beleuchte. Das betrifft namentlich die Sorge, daß Beschwerden über Eisenbahnmißbräuche, die jetzt schon ziemlich s folgen seien, dann, wenn sie Reichsangelegenheit wären, nicht mehr durchzuführen sein würden. Ich glaube, das ist doch nicht zutreffend. Einmal ist für Alles, was auf den Reichsg setzen und auf dem Reichsbetriebe beruht hat, doch eine sehr starke Kontrolle in Gestalt der Verhandlungen des Reichstages. Wenn da Beschwer⸗ den eingebracht werden im Wege der Petitionen oder von Anträgen, so haben sie dort ein ganz anderes Gewicht, als eine Klage gegen eine Privateisenbahn. Der ist es unter Umständen ziemlich gleichgültig,
wie der Reichstag oder die Abgeordneten darüber denken, während
es der Regierung niemals gleichgültig sein kann, wie die Parla⸗ mente und die öffentliche Meinung denken. Außerdem be⸗ ziehe ich mich als Vergleich auf die Reichs⸗Postverwaltung. Ich glaube, der Herr Vorredner wird mir in dem Lobe für diese Verwaltung beistimmen, daß sie sehr bereitwillig, sehr energisch Be⸗ schwerden untersucht und nicht unbeantwortet läßt und, wenn sie irgend begründet sind, sie auch wirksam abstellt. Warum seollte es nicht ge⸗ lingen, in einer Reichsverwaltung ein ähnliches Ressort wie das der Post zu schaffen, wie bieher in der Post, eine Verwaltung, die eine in sich wesentlich geschlossene Karriere, eine besondere Dienstvor⸗ bereitung von der Schule her hat, wie sie bei der Post der Fall ist. Ich halte das für einen der vorhandenen Mißstände, daß das bisher nicht der Fall ist, daß die Eisenbahnverwal⸗ tungen darauf angewiesen sind, wenigstens die Staatsverwaltungen, aus den Kräften, die sich zwar einer hohen Bildung, aber eigentlich in der Richtung eines anderen Brodstudiums erworben haben, wesent⸗ lich ihre Beamten zu beziehen, daß sie nicht ähnliche Einrichtungen wie die Post besitzt, um sich mehr eine Fachbildung zu verschaffen, und das E senbahnstudiren als Brodstudium schon auf der Univer⸗ sität oder den polytechnischen Anstalten und vorher begin⸗ nen zu lassen. Wenn eine solche Einrichtung getreffen wird, so sehe ich nicht ein, warum sie nicht Beschwerden gegenüber eben so zugänglich und bereitwillig sein sollte, wie die jetzige Postverwaltung. Ich weiß nicht, ob der letzte oder vorletzte Herr Redner das Bedenken aussprach, daß in dem Vertrage mit dem Reich preußische Interessen verletzt werden könnten, und daß von hier aus nicht zu übersehen sei, inwieweit das geschehen werde. Nun, meine Herren, das wird nach Möglichkeit vermieden werden, und wenn von mir nicht ausreichend, dann von meinem Herrn Nachbar, dem Finanz Minister, wahrschein lich mit großer Bestimmtheit und Festigkeit. Sollte cs uns aber nach Ihrer Meinung dennoch nicht geglückt sein, das zu vermeiden, so sind Sie vollständig in der Lage, das Abkommen, das wir mit dem Reiche geschlossen hätten, an dieser Stelle zu verwerfen und uns zum nochmaligen Abschluß an das Reich zurückzuschicken.
Ich halte nicht für nothwendig, auf meine prinzipielle Stellung zu der Vorlage näher einzugehen Mein Kollege, der Herr Handels⸗ Minister, hat das ausreichend bewirkt, und die Sache ist so viel
öffentlich besprochen, daß ich doch wohl Ihnen nichts Neues würde
sagen können; nur das möchte ich dem ersten Herrn Redner, den ich auf dieser Tribüne hörte, dem Herrn Grafen zur Lippe, noch sagen, daß es uns absolut fern liegt, irzend welche Pression auf den Bundes⸗ rath oder auf den Reichstag dadurch üben zu wollen, daß wir die Frage in den beiden Häusern des preußischen Landtages zur Sprache bringen haben, daß die Gegner dieser Vorlage über eine solche Suppo⸗ sition noch verdrießlicher und empfindlicher werden, wenn sie das glau⸗ ben; aber diejenigen Männer, die im Bundesrath und im Reichstage selbst sitzen, die, kann ich dem Herrn Redner versichern, glauben das nicht, die sind so furchtsam nicht; was sollte der Bundesrath sich machen aus einem Beschlusse de preußischen Herren⸗ und Abgeord⸗
netenhauses; er kann ihm gleichgültig sein. Wenn er es nicht für
rathsam fidet, die Sache anzunehmen, so werden die preußischen Häuser des Landtages keinen Druck auf den Bundesrath ausüben, und noch viel thörichter wäre ein solcher Versuch der Regierung gegenüber dem Reichstage, wo zum gr ßen Theile dieselben Persönlichkeiten vorhanden sind, wie in den Landtagen, die leitenden Elemente im Wesentlichen identisch sind, und die Idee, den Reichstag mit dem preußischen Land⸗ tage zu vergewaltigen, zu ängstigen, ich glaube kaum, daß die im Reichstage von irgend Jemand ernsthaft genommen werden würde; — daß der Herr Redner, der sie anbrachte, sie ernsthaft genommen hat, davon bin ich nach der Ernsthaftigkeit seines Charakters allerdings überzeugt. 3
Die Generaldiskussion wurde hierauf geschlossen und das Haus trat in die Spezialdiskussion.
Zu §. 1 des Gesetzes, welcher lautet:
„Die Staatsregierung ist ermächtigt, mit dem Deutschen Reiche Verträge abzuschließen, durch welche
1) die gesammten im Bau oder Betriebe befindlichen Staats⸗ Eisenbahnen nebst allem Zubehör und allen hirsichtlich des Baues oder Betriebes von Staatseisenbahnen bestehenden Berechtigungen und Verpflichtungen des Staates gegen angemessene Entschädigung kauf⸗ weise dem Deutschen Reiche übertragen werden;
2) alle Befugnisse des Staates bezüglich der Verwaltung oder des Betriebes der nicht in seinem Eigenthum stehenden Eisenbahnen an das Deutsche Reich übertragen werden;
3) im gleichen Umfange alle sonstigen dem Staate an Eisen⸗ bahnen zustehenden Antheils⸗ und anderweiten Vermögensrechte — gegen angemessene Entschädigung — an das Deutsche Reich abgetreten
erden;
4) ebenso alle Verpflichtungen des Staates bezüglich der nicht
in seinem Eigenthum stehenden Eisenbahnen vom Deutschen Reiche
gegen angemessene Vergütung übernommen werden;“
nahmen die Herren Graf v. Rittberg, Wilkens, v. Kleist⸗Retzow 8—
und Graf Udo zu Stolberg⸗Wernigerode das Wort und richteten einige Anfragen an die Staatsregierung, welche der Handels⸗ Minister Dr. Achenbach beantwortete. Dann wurde der §. 1 in der vorliegenden Fassung unter Namensaufruf mit 57 gegen 26 Stimmen angenommen. Während der Abstimmung theilte der Präsident noch mit, daß das neue Mitglied des Hauses Graf zu Dönhof⸗Friedrichstein während der Sitzung in das Haus 8“ sei, und daß derselbe an der Abstimmung theilnehmen
Der §. 2, welcher lautet:
„Bezüglich der im §. 1 unter 1, 3 und 4 erwähnten Verein⸗
barungen bleibt die Genehmigung der beiden Hä 3 L vorbehalten. gung der beiden Häuser des Landtags
Urkundlich ꝛc.“ wurde ohne Diskussion mit gleicher Majorität angenommen. Es folgte als zweiter Gegenstand der Tagesordnung die Erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Vereinigung des Herzogthums Lauenburg mit der preußischen Monarchie. Nachdem der Referent Herr Sul⸗ zer den Antrag der Justizkommission: dem Gesetzentwurfe in der
schwer zu ver⸗
Es kann eine solche Erwägung ja vielleicht die Wirkung
vom Abgeordnetenhause angenommenen Fassung die Zustimmung
zu ertheilen, mit kurzen Worten empfohlen, wurde auf Antrag des Grafen Rittberg der Gesetzentwurf ohne weitere Debatte vom Hause en bloc angenommen. Hiermit war die Tagesordnung erledigt und schloß der Präfident um 3 ½ Uhr die Sitzung.
— Die Antwort, welche der Minister des Innern Graf zu Eulenburg auf die Interpellation des Abg. Dr. Franz in der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten ertheilte, hatte folgenden Wortlaut:
Gegenüber den Ausführungen des Herrn Interpellanten gebe ich eine Darstellung des ganzen Herganges, wie er aus den mir einge⸗ reichten Akten ersichtlich ist. Wenn ich einige Stellen daraus vor⸗ lese, so bitte ich, dies damit zu entschuldigen, daß die Sache etwas komplizirt ist, ich werde diese Stellen daßer lieber vorlesen, als daß ich mündlich referire.
Der Pfarrer Jaros in Zottwitz bei Ohlau verhängte im März d. J. gegen den ihm beigegebenen Kaplan Neumann die Amts⸗ suspension. Er stützte sich dabei auf eine zu Anfang des Jahres 1873 vom Fürstbischofe ihm ertheilte Vollmacht. Der Kaplan Neumann erkannte diese Amtssuspension nicht für rechts⸗ beständig an, behauptete, die Vollmacht, die im Jahre 1873 vom Fürstbischofe ertheilt sei, könne nach dessen Ab⸗ setzunz keine Wirkung mehr üben, er sei auch nicht, wie es die neueren Gesetze bestimmten, gehört worden, es sei ihm keine abschriftliche Ent⸗ scheidung unter Angabe von Gründen mitgetheilt worden; er hat sich deshalb an den Gerichtshof für kirchliche Angelegenheiten gewendet, und beantragt, daß die Suspension für nichtig erklärt werde. Was darauf für eine Entscheiduag ergangen ist, weiß ich nicht. Eine andere Entscheidung aber ist erlassen worden. Der Pfarrer Jaros klagte nämlich auf Exmission des Kaplan Neumann aus der Wohnung im Pfarrhause, wurde aber durch Erkenntniß des Königlichen Kreis⸗ gerichts zu Ohlau abgewiesen, weil die Vollmächt wirkungslos sei, da der Fürstbischof Förster inzwischen abgesetzt sei, und selbst, wenn dieselbe noch jetzt im Amte wäre, in Rücksicht auf dies inzwischen ergangenen Besetze, die Suspension ohne prozessualisches Verfahren nicht hätte ausgesprochen werden können Nun ging am 9. April der Kaplan Neumann in bürgerlicher Kleidung in die Kirche, um dem Gottes⸗ dienste beizuwobnen, und setzte sich auf eine Bank in der Nahe des Altars. Der Pfarrer Jaros bemerkte ihn und rief der versammelten Gemeinde zu: „Jesus Maria, rettet Eure Kirche!“ Es entsteht großer Lärm Neumann wird beschimpft und unter lauten Drohun⸗ gen veranlaßt, sich zu entfernen. Das thut er auch, um Streit und Schlägereien zu vermeiden. Der Vorsitzende des nach dem Gesetz vom 20. Juni v. J. eingesetzten Kirchenvorstandes — Morade heißt der Mann — der sich ebenfalls in der Kirche befand und sich vergeblich bemüht hatte, den Tumult zu unterdrücken, sowie der Kaplan⸗ Neu⸗ mann beantragten bei der Königlichen Staatsanwaltschaft die Be⸗ strafung des Pfarrers. Durch Beschluß des Königlichen Kreig⸗ gerichts wurde der Pfarrer Jaros am 15. April gegen Mittszg in gerichtliche Untersuchungshaft genommen. Ich glaube, diese Unter⸗ suchung hat mit Freisprechung geendet, ich weiß das aber nicht genau. Am 15. April also wurde der Pfarrer Jaros verhaftet, an demsel⸗ ben Tage erschien der Herr Interpellant mit der Schwester des Pfarrers Jaros in der Wohnung des Erzpriesters Beer zu Ohlau, zu dessen Aufsichtsbezirk die Kirche in Zottwitz gehört, und übergab ihm die Schlüssel zum Tabernakel des Altars dieser Kirche mit dem Bemerken, er müsse ja wissen, was er als Geistlicher zu thun habe, um die Hostien vor Profanation zu schützen. Der Erzpriester Beer begab sich hierauf zum Kreisse kretär, und theilte ihm mit, daß er aufgefordert sei, die Meßzeräthe aus der Kirche zu Zottwitz fortzu⸗ nehmen; als aber der Kreissekretär ihm davon abrieth, meinte er, daß er es lieber unterlassen wolle, um sich nicht einer Bestrafung auszusetzen. An demsesben Abend traf der Kaplan Müller aus Lortzendorf bei dem Erzpriester Beer ein und erbot sich, als er von der Sachlaze in Kenntniß gesetzt worden war, zur Abholung der Hostie in Zottwitz, fuhr in einem von Beer gemietheten Wagen dorthin und kehrte hierauf mit der Hostie zurück. Im Landraths⸗ mte war von dieser Sache gar nichts bekannt geworden als wie die Anfrage des Erzpriesters beim Kreissekretär. Drei Taze spä⸗ ter meldete sich der Vorsitzende es Kirchenvorstandes aus Zotiwitz bei dem Landrathsamte zu Ohlau mit der An⸗ zeige, daß alle zum Gottesdienste bestimmten Geräthe
aus der Kirche entwendet seien und sich in der Wohnung des Erz⸗ priesters Beer befaͤnden und beantragte die Bestrafung der Schuldigen und sofortige Herbeischaffung der S achen, da sonst kein Gottesdienst abgehalten werden könnte. Der Landrath übersandte dem für eilige Fälle dem Staatsanwalte zu Strehlen substituirten Kreisgerichts⸗ Rathe zu Ohlau die protckollarische Anzeise mit dem Ersuchen, zu genehmigen, daß die Haussuchung nach den entwendeten Geräthen in
theilt und de Haussuchung dann durch den städtischen Polizeisekretäe unter Zuziehung des Gensd'armen Nichler ausgeführt. Aus der hierüber aufgenommenen Verhandlung geht hervor, daß in der Wohnung des Beer, der verreist war, in Anwesenheit der Wirthin Leuchter, Meßzeräthe und Kelche mit Beschlag belegt wur⸗ den, und es wurde sodann, um weitere Gegenstände zu ermitteln, die Haussuchung auf die Kirche unter Zuziehung des Glöckners Michalke ausgedehnt. Letzterer nahm aus einem Kästchen des linken Seiten⸗ altars ein Papier, welches zwei große und eine kleinere Hostie entbielt und übergab sie dem Polizeisekretär mit dem Bemerken, daß sie der Kirche n Zottwitz gehörten. Die in den Papieren befindlichen Hostien wurden zu den übrigen mit Beschlag belegten Gegenständen in einen Kasten verschlossen und nach dem Landrathsamt geschafft. Dort war der Kaplan Neumann zugegen, er konnte indessen die Gegenstände als zur Kirche in Zottwitz gehörig nicht rekognosziren, weshalb auf An⸗ ordnung des Landraths der Kasten mit allen Gegenständen wieder in die Wohnung des inzwischen zurückgekehrten Kaplans Beer über⸗ bracht wurde. Letzterer erklärte, daß die Hostien und zwei kleine ihm von Jaros am Tage vor dessen Verhaftung zugesandte Kästchen, welche die Oelgefäße enthielten, der Kirche in Zottwitz gehörten. Hierauf wurden die Verhandlungen durch den Landrath an den stell⸗ vertretenden Staatsanwalt und von diesem an die Staatsanwalt⸗ schaft in Strehlen gesendet. Diese ging von der Ansicht aus, daß ein Diebstahl nicht vorliege und von einer strafbaren Handlung nur soweit die Rede sein könne, als etwa der Erzpriester Beer und der Kaplan Müller durch Fortnahme der geweihten Hostien sich einer unbefugten Amtshandlung im Sinne des Att. 2 des Deklarations⸗ gesetzes vom 21. Mai 1874 schuldig gemacht hätten. In diesem Sinne beantragte die Staatsanwaltschaft die gerichtliche Vernehmung der genannten Geistlichen. Bis jetzt ist nur der Erzpriester vernommen, der jede gesetzwidrige Absicht in Ab⸗ rede stellt.
So liegt die Sache augenblicklich.
Nun konstatire ich aus der amtlichen Darstellung der Sachlage, daß die Behauptungen des Herrn Interpellanten in folzenden spezi ll hervorgehobenen Punkten nicht richtig sind. Erstens sagt er, die Kirche war verwaist und deshalb mußte die Maßregel erfolgen.
Der Staat hielt die Kirche nicht für verwaist, weil er die Sus⸗ pension des Neumann nicht für nicht existent hielt.
Zweitens sagt er, das Landrathsamt hatte ganz ohne alle Befugniß sich eingemischt; eine Haussuchung halten lassen, dazu hätte es gar keine Veranlassung gehabt. — Ich habe mitge⸗ theilt, daß der Kirchenvorstand der Kirche zu Zottwitz gekommen ist und gesagt hat, man hat uns aus der Kirche die zum Gottesdienste bestimmten Geräthe gensmmen, sie befinden sich in Ohlau, wir koͤn⸗ nen keinen Gottesdienst halten.
Das war die Ursache der Einmischung. Der Hr. Interpellant
hat dann ferner gesagt: der Landrath habe sich an die Staatsanwalt⸗ schaft gewendet, und diese habe ihn abgewiesen. Dagegen ist konsta⸗ tirt, daß die Staatsanwaltschaft die Haussuchung bei dem Erzpriester Beer und in der Kirche genehmigt hat.
Der Interpellant hat endlich gesagt, der Gensde arm hätte den Schrark geöffnet und die Hostie herausgenommen. Der Gensd arm bat die Hostie nicht genommen, sondern es ist der Glöckaer gewesen, der die in Papier eingewickelte Hostie dem Gensd'arm übergeben und gesagt hat, dies ist die Hostie von Zottwitz.
Nun, meine Herren, solche Vorgänge sind jz im höchsten Grade betäubend, das ist gewiß und wenn katholische Gemüther dadurch verletzt werden, so verstehe ich das, auch protestantische Gemüther sind nicht sehr angenehm von dergleichen Vorgänge berührt, aber so wie die Sache liegt, nehme ich die Polizeibeherde in Schutz, zumal ich in diesen Vorgängen nichts sehe, was ihr zum Vorwurf gereichen könnte.
Wenn Sie glauben, daß die Staatsanwaltschaft oder die richter⸗ lichen Behörden keine richtigen Beschlüsse gefaßt haben, so bleibt Ihnen der Weg der Beschwerde an die vorgesetzte Jastizbehörde übrig, und es wird ja nach Recht und nach Gewissen entschieden werden. Hier auf die Interpellation noch etwas Besonderes zu erklären, finde ich mich nach dieser Darstellung weder veranlaßt noch berechtigt.
des Innern Graf zu Eulenburg noch einmal das Wort:
Nach dem Abg. Windthorst (Meppen) ergriff der Ministez
noch der Landrath her!“ b 1 . redner vorhin über die Polizeibeamten überhaupt aussprach, habe ich nicht genau verstanden, b 1 ist; ich sehe aber an dem Eindruck, den es im Hause machte, daß
an und für wiederholen, keinen 8 hier eine Erklärung fordern, ich würde nie und nimmermehr leiden, daß bei einer Haussuchung irgendwie eine Hostie in polizeiliche Hände kommt, so kann ich das nicht; ich würde, wenn ich, blos meinem Ge⸗ fühl folgend, eine solche Ecklärung abgäbe, den gerichtlichen Behörden in einer eklatanten Art präjudiziren und in den Fall kommen, daß die gerichtlichen Bebörden bei der nächsten Gelegenheit sagten: diese Er⸗ klärung ist falsch und unberechtigt.
der §. 2 der Regierungsvorlage als §. 1a. eingeschaltet selbe lautet:
Ich fiande, da Landrath von Eicke macht, nicht gerechtfertigt ist. redner wolle nicht vergessen, daß der Landrath von Eicke gar nicht die Polizei behörde von Ohlau ist, er ist der Vorgesetzte der Polizei, die kontrolirende Behörcde, und es müßte ein ganz besonderer Grund vorliegen, der ihn veranlaßte, die Sache in seine Hand zu nehmen, und sie nicht die Polizei der Stadt zu überlassen. Daß er Veranlassung hatte, weil
zugeben. Jedenfalls
kann ich nicht 8 8 gesagt worden sein:
zunehmen, 1 es gethan hätte, hier
wenn er
der Wohnung des Beer, eventualiter in der seiner Wirthin und in der Kirche abgehalten werde. Diese Genehmigung wurde er⸗
zu einer solchen verbrecherischen Handlung
die Anmuthung, die der Hr. Vorredner an den Der Herr Vor⸗
es sich um eine Haussuchung in der Kirche handelt, diese selbst vor⸗ würde, 1 „und giebt sich auch
1
Das Urtheil, welches der Herr Vor⸗
wie das überhaupt von hier aus sehr schwer
es ein außerordentlich abfälliges gewesen ist.
Ich kann nur wiederholen, daß diese ganze Angelegenheit eine sich peinlich berührende ist; ich muß aber auch daß ich, wie die Sachen liegen, den Beamten
Vorwurf machen kann, und wenn Sie von mir
Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die Spezialdebatte
des Gesetzentwurfs, betreffend die Befähigung zum höheren Verwaltungsdienst, fortgesetzt. Abgg. Dr. (Meppen) gegen die Kommissionsbeschlüsse erklärt, während der Regierungs⸗Kommissar, Geh. Justiz⸗Rath Dr. Stölzel, der Re⸗ ferent Abg. Dr. Nasse und der Abg. Klöppel für dieselben ein⸗ traten, wurde an Stelle der §§. 1 bis 2d. der Kommissions⸗ beschlüsse auf Antrag des Abg. Wisselinck folgender §. 1 gesetzt.
Nachdem sich die
Gneist, Windthorst (Bielefeld) und Windthorst
„Zur Erlangung der Befähigung für den höheren Verwal⸗ tungsdienst ist ein mindestens dreifähriges Studium der Rechte und der Staatswissenschaften und die Ablegung zweier Prüfungen er⸗ forderlich.
Ferner wurde auf Antrag des Abg. Windthorst (Bielefeld) Der⸗ §. 1a. Die erste Prüfung ist die erste juristische, für deren Ablegung die §§. 1 bis 5 und 14 des Gesetzes vom 6. Mai 1869 maßgebend sind.
Die zweite Prüfung — große Staatsprüfung — ist bei der „Prüfungskommission für höhere Verwaltungs⸗Beamte“ ab zulegen.
Die §§. 3 bis 9:
§. 3. Zur zweiten Prüfung für den höheren Ver⸗ waltungsdienst ist eine Vorbereitung von wenigstens zwei Jahren bei den Gerichtsbehörden und von wenigstens zwei Jahren bei den Verwaltungsbehörden erforderlich.
§. 4. Die Vorbereitung bei den Gerichten ist so einzurichten, daß der Referendarius in Gemäßheit des Gesetzes vom 6. Mai 1869 mit den Geschäftszweigen des richterlichen und staatsanwalt⸗ lichen Dienstes bei den Gerichten erster Instanz vertraut wird.
(§. 5. Fällt fort.)
§. 6 Wer nach dem Zeugniß der Gerichtsbehörde die An⸗ forderungen des §. 4 erfüllt hat, wird von dem Regierungs⸗Präft-
denten (Landdrosten, Präsidenten der Finanzdirektion in Hannover), in dessen Bezirk er beschäftigt werden will, zum Regierungs⸗Refe⸗ rendarius ernannt
§. 7. Der Regierungs⸗Referendarius ist bei dem Vorstande einer Stadtgemeinde, bei einem Landrathe, bei einem Bezirksver⸗ waltunzsgerichte und bei einer Rezierung (Landdrostei und Finanz⸗ direktion in Haanover) zu beschäftigen.
§. 8. Nach Ablauf der Vorbereitungszeit (§§. 3 bis 7) ist der Referendarius, wenn aus den über die gesammte Beschäftigung vorzulegenden Zeugnissen sich ergiebt, daß er zur Ablegung der zweiten Prüfung für vorbereitet zu erachten sei, und der Regierungs⸗Präsi⸗ dent (Landdrost, Präsident der Finanzdirektion in Hannover) ihm in dieser Beziehung ein Zeugniß ertheilt, zu der bezeichneten Prü⸗- fung zuzulassen.
§. 9. Die zweite Prüfung (§. 2) ist eine mündliche und eine schriftliche. Die Prüfung erstreckt sich auf das in Preußen geltende öffentliche und Privatrecht, insbesondere das Verfassungs⸗ und Vecwaltungsrecht, sowie auf die Volkswirthschafts⸗ und Finanzpolitik.
Bei der Prüfung kommt es darauf an, festzustellen, ob der Kandidat für befähigt und gründlich ausgebildet zu erachten sei, im höheren Verwaltungsdienste eine selbständige Stellunz mit Erfolg einzunehmen. d wurden fast ohne Debatte mit den als Konsequenz der bis⸗ herigen Beschlüsse nöthigen Modifikationen genehmigt.
§. 10. Der Referendarius, wilcher die zweite Prüfung bestanden hat, wird von den Ministern de⸗ Finarzen und des Innern zum Re. gierungsassessor ernaunt und erlangt die Befähigung zur Bekleidung einer Stelle im höheren Verwaltungsdiene 8 wurde ohne Debatte angenommen, die Berathung über §§. 11, 12 und 13 vorläufig ausgesetzt, worauf sich das Haus um 3 Uhr vertagte.
Staats⸗Anzeiger, das Central⸗Handelsregister und das Postblatt nimmt an: die Königliche Expedition des Heutschen Reichs⸗Anzeigers und Königlich Breußischen Staats-Anzeigers:
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8 Fuserate für den Deutschen Reichs⸗ u. Kgl. Preuß. E en
Steckbriefe und Untersuchungs-Sachen. 8. Industrielle Etablissements, Fabriken ans Subhastatienen, Aufgobote, Vorladungen —
u. dergl. Verkiufe, Verpachtungen, Subzissionen etc. Verloosung, Amortisation, 3. w. ven ößentlichen Papieren.
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3 8 2 14290] Oeffentliche Vorladung.
Der Kaufmann L. Eichelmann, wohnhaft hier⸗ selbdst, Badstraße Nr. 54,56, hat gegen den Kanf⸗ mann Hugo Bellin, früher hierselbst Behrenstraße Nr. 23 wohnhaft, aus den beiden von letzterem aus⸗ gestellten und Jacob Neustadt acceptirten Wechsel vom 1. Oktober 1875 und 1. November 1875 über je 1500 ℳ auf Zahlung von 3000 ℳ nebst 6 % Zinsen von 1500 ℳ seit dem 1. März 1876 und don 1500 ℳ seit dem 20. März 1876, 21 ℳ Protestkosten und 10 ℳ Provision Klage erhoben.
Die Klage ist eingeleitet, und da der jetzige Aufenthalt des Verklagten unbekannt ist, so wird dieser hierdurch öffentlich aufgefordert, in dem zur Klagebeantwortung und weitern mündlichen Ver⸗ handlung der Sache auf
den 6. Oktober 1876, um 10 Uhr,
vor der unterzeichneten Gerichts⸗Deputation im Stadtgerichtsgebäude, Jüdenstr. Nr. 59, Zimmer Nr. 67, anstehenden Termin pünktlich zu erscheinen, die Klage zu beantworten, etwaige Zeugen mit zur
telle zu bringen, und Urkunden im Original einzureichen, indem auf spätere Einreden, welche auf Thatsachen beruhen, keine Rücksicht genommen wer⸗ den kann.
Erscheint der Beklagte zur bestimmten Stunde nicht, so werden die in der Klage angeführten That⸗ sachen und Urkunden auf den Antrag des Klägers in contumaciam für zugestanden und anerkannt er⸗ achtet, und was den Rechten nach daraus folgt, wird im Erkenntniß gegen den Beklagten ausge⸗ sprochen werden. 1
Berlin, den 16. Mai 1876.
in dem auf
Der Dienstmann B. Branner hier hat ange⸗ zeigt, daß ihm folgende Wegsel: 1) der Wechsel vom 31. Auguft 1857 über 380 Thaler, mit dem Ausstellungs, und Zahlungs⸗ orte Breslau, ausgestellt von B. Brauner, an⸗ genommen von Paul Theiner,
) der Wechsel vom August oder September 1857 über 50 Thlr., mit dem Ausstellungs⸗ und Zahlungsorte Brauner, angenommen von Paul Theiner, der Wechsel vom September 1857 über 58 Thlr. 22 Sgr. 6 Pf., mit dem Ausstellungs⸗ und Zahlungsorte Breslau, ausgestellt von Kittlaus,, 8 angenommen von Paul Theiner, eingelöft von B. Brauner, 8
verloren gegangen und die Amortisation dieser Wechsel beantragt.
Es werden deshalb die unbekannten Inhaber der
bezeichneten Wechsel aufgefordert, dieselben spätestens
den 6. Oktober 1876, Vormittags 11 Uhr. vor dem Herrn Kreisgerichts⸗Rath Trautwein in unserem Parteienzimmer Nr. 2 angesetzten Termine vorzulegen, widrigenfalls diese Wechsel für kraftlos 3 8 werden erklärt werden Breslan, den 28. Februar 1876. Königliches Kreisgericht.
Es ist auf Todeserklärung des am 2. Oktober 1828 zu Nordhausen geborenen Carl Otto Mieth angetragen worden, welcher sich im Jahre 1849 oder 1850 von hier entfernt, und seit dem Jahre 1851 keine Nachricht von seinem Leben gegeben haben soll. 6 Der Süie Se Otto Vees 8,.8 Herahes
önigli tadtgericht, I. Abtheilung für Civilsachen. zurückgelassenen unbekannten Erben und Erbnehmer Könisliches S bö 11* werden hierdurch aufgefordert, sich spätestens in dem
auf den 9. März 1877, Vormittags 11 Uhr,
werden wird.
Königliches Kreisgericht.
Oeffentliche Vorladung. an hiesiger Gerichtsstelle, Zimmer Nr. 27, zu melden, widrigenfalls der Carl Otto Mieth für todt erklärt
Nordhausen, den 15. Mai 1876. . I. Abtheilung.
daselbst auch Abschriften der Bedingungen, sowie Kopien der Zeichnungen gegen Erstattung der Kosten in Empfang genommen werden. Berlin, den 13. Mai 1876. Königliche Direktion
[4338]
Breslau, ausgestellt von B.
Die Lieferung von
24000 20000
1900 eisen,
eisen,
12500
I. Abtheilung. Termin hierzu ist auf
eingereicht sein mussen.
8
Die Submissionsbedingungen (Modelle u nungen) liegen in den Wochentagen Vormittags im vorbezeichneten Lokale zur Einsicht aus und können
Verkäufe, Verpachtungen, Suhbmissionen ꝛzꝛc,
1
40000 Kilogramm Laschen aus Walzeisen, 11 Laschenbolzen aus Schmiedeeisen, Querverbindungsstangen aus Schmiedeeisen, Unterlageplatten aus Schmiede⸗
Schraubenbolzen aus Schmiede⸗
Klemmplatten aus Schmiedeeisen, (größere) aus Schmiedeeisen, “ Winkel aus Schmiedecisen, soll im Wege der Submission vergeben werden.
Sonnabend, den 27. Mai d. J., Vormittags 11 U.
in unserem Geschäftslokale, Koppen Nr. d hierselbst anberaumt, bis zu welchem die Offerten frankirt und versiegelt mit der Aufschrift: 8 „Submission auf Kleineisenzeug“
Modelle und Zeich⸗
hr,
straße Nr. 88/89
der Niederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn.
Die Lieferung von: 1,150,000 Kilogramm
1,280,000 185,000 b Querschwellen aus Schmiedeeisen, soll im Wege der Submission vergeben werden. Termin hierzu ist auf: Sonnabend, den 27. Mai d. J., Vormittags 11 Uhr, in unserem Geschäfts⸗Lokale, Koppenstraße Nr. 88/89 hierselbst anberaumt, bis zu welchem die Offerten frankirnt und versiegelt mit der Aufschrift: „Submission auf Eisenbahnschienen resp eiserne Schwellen“
eingereicht sein müssen.
Die Submissions⸗Bedingungen (Modelle und Zeich⸗ nungen) liegen in den Wochentagen Vormittaas im vorbezeichneten Lokale zur Einsicht aus und können daselbst auch Abschriften der Bedingungen, sowie Kopien der Zeichnungen gegen Erstattung der Kosten in Empfang genommen werden.
Berlin, den 12. Mai 1876.
Königliche Direktion 1 der Riederschlesisch⸗Märkischen Eisenbahn.
Eisenbahnschienen aus Gußstahl,
Langschwellen aus Schmiedeeisen,