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Nichtamtliches.
Deutsches Neich.
Preußen. Berlin, 8. Juli. Gestern nahmen Beide Kaiserliche Majestäten in Coblenz das Dejeuner bei dem Gouverneur, General der Infanterie von Beyer ein. Zu dem großen Diner im Schloß erschienen Se. Königliche Hoheit der Prinz Friedrich der Niederlande und der Fürst und die Fürstin von Wied. Abends beehrten die Majestäten das Stadttheater mit Ihrem Besuch. “ .
—, Se. Majestät der Kaiser und König wer⸗ den Sich am 10. d. M. früh 9 Uhr von Coblenz über Mainz nach Würzburg begeben und dort um 1 ¾ Uhr eintreffen. Der Aufenthalt daselbst wird bis zum Nachmittage des 11. Juli dauern, an welchem Tage Sich Se. Majestät zum Besuche Sr. Kaiserlichen Hoheit des Großfürsten Michael nach Baden begeben werden. Am 13. Juli früh gedenken Se. Majestät Baden zu verlassen, um den Großherzoglich badischen Herrschaften auf der Mainau einen Besuch abzustatten. Mittwoch, den 19. Juli, früh 8 Uhr, erfolgt die Abreise von der Mainau; der Ankunft in Salzburg wird um 6 ¾ Uhr Abends entgegengesehen. Am 20. Juli gedenken Se. Majestät Sich nach Ischl zu begeben, um daselbst Se. Majestät den Kaiser von Oesterreich zu begrüßen; die Rückkehr von Ischl nach Salzburg erfolgt am 21. Juli Abends. Am 22. Juli werden Se. Majestät in Gastein eintreffen. 88 8
— In den deutschen Münzstätten sind bis zum 1. Juli 1876 geprägt: an Goldmünzen: 1,082,085,960 ℳ Doppelkronen, 325,045,080 ℳ Kronen; hiervon auf Privat⸗ rechnung: 171,113,805 ℳ; an Silbermünzen: 56,398,305 ℳ 5⸗Markstücke, 725,994 ℳ 2⸗Markstücke, 140,427,960 ℳ 1⸗Mark⸗
stücke, 29,150,611 ℳ 50 ₰ 50⸗Pfennigstücke, 27,703,846 ℳ 80 ₰ 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 17,788,250 ℳ 40 ₰
10⸗Pfennigstücke, 10,149,645 ℳ 60 ₰ 5.⸗‧Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 5,591,459 ℳ 52 ₰ 2⸗Pfennigstücke; 3,113,341 ℳ 60 ₰ 1⸗Pfennigstücke. Gesammtausprägung: an Goldmünzen: 1,407,131,040 ℳ; an Silbermünzen: 254,397,717 ℳ 30 ₰; an Nickelmünzen: 27,937,896 ℳ — ; an Kupfermünzen: 8,704,837 ℳ 12 ₰.
— Bis Ende Mai 1876 sind für Rechnung des Deutschen Reichs an Landes⸗Silber⸗ und Kupfermünzen inzi A. Landes⸗Silbermünzen
g 594,929 ℳ 11 ₰, süddeutsche Gulden⸗
währung 192,793,146 ℳ 51 ₰, Kronenthaler 7,973,748 ℳ 92 ₰, Konventionsmünzen des Zwanzigguldenfußes 1,909,810 ℳ 88 J, Silbermünzen Kurfürstlich und Königlich sächsischen Ge⸗ präges 53,456 ℳ 62 ₰, Silbermünzen schleswig⸗holsteinischen Gepräges 1,617,855 ℳ 49 ₰, Silbermünzen hannoverschen
Gepräges 1613 ℳ 45 ₰, mecklenburgische Währung 204,824 ℳ
27 ₰, Hamburgische Kurantwährung 1,766,362 ℳ 11 J, Lübische Währung 755,291 ℳ 84 3; Gesammtwerth A.: 473,671,039 ℳ 20 J. B. Landes⸗Kupfermünzen: Thalerwährung 2,063,727 ℳ 46 ₰, süddeutsche Währung 605,890 ℳ 50 J, mecklenburgische Währung 32,645 ℳ 58 ₰; Gesammtwerth B.: 2,702,263 ℳ 54 Z. Hierzu Gesammtwerth N.: 473,671,039 ℳ 20 3. Summe: 476,373,302 ℳ 74 ₰.
—, Der Umfang der Geschäfte der Justiz⸗Prüfungs⸗ kommission hat sich im Jahre 1875 gegen das Vorjahr nur unbedeutend vermindert, indem die Zahl der neuen Aufträge 269 betrug, während im Jahre 1874 272 Aufträge ertheilt wurden. Aus den Jahren 1873 und 1874 war noch ein Be⸗ stand von 75 Kandidaten verblieben; die Gesammtzahl derselben belief sich daher im Jahre 1875 auf 344. Von diesen hatten 20 die Prüfung zu wiederholen und 324 dieselbe zum ersten Male abzulegen. Vor Abnahme der Prüfung sind 2 Kandidaten gestorben und einer ist auf seinen Antrag entlassen; nach Abzug dieser 3 sind mithin verblieben 341 gegen 363 im Vorjahre. Die Prüfung haben mit Erfolg bestanden: mit dem Prädikat „gut“ 35, mit dem Prädikat „ausreichend“ 193, zusammen 228; wegen wiederholten Ausbleibens in den Terminen zur münd⸗ lichen Prüfung ist 1 zurückgewiesen und 24 haben die Prüfung nicht bestanden, sind 253. Es sind mithin als Bestand verblieben 88. Die meisten Prüfungen (43) haben im Departement des Kammergerichts stattgefunden.
In der Zahl der Referendare ist auch im Vorjahre eine erhebliche Vermehrung eingetreten. Es waren nämlich im Juli 1875 überhaupt 1983 Referendare vorhanden, wogegen die Zahl derselben am Schlusse des Jahres 1874 1897, am Schlusse des Jahres 1873 1685, am Schlusse des Jahres 1872 1585 betrug. Die meisten Referendare waren: im Departement des Kammer⸗ gerichts 268, im Departement des Appellationsgerichtshofes in Cöln 251, im Departement des Appellationsgerichts in Breslau 236, im Departement des Appellationsgerichts in Naumburg 134, im Departement des Appellationsgerichts in Celle 132, im Departement des Appellationsgerichts in Königsberg 121.
— Der General⸗Stabsarzt der Armee, Dr. Grimm, 1. Leib⸗ Arzt Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Chef der Militär⸗Medizinal⸗Abtheilung im Kriegs⸗Ministerium, hat sich mit Urlaub nach Kissingen und Wildbad Gastein begeben, ebenso der Königlich bayerische General⸗Major und Militär⸗Bevoll⸗ mächtigte von Fries nach Bayern.
— Briefsendungen für S. M. S. „Ariadne“ sind vom 7. Juli cr. ab bis auf Weiteres nach Aden zu dirigiren. S. M. S. „Luise“ ist, telegraphischer Nachricht zufolge, in Hongkong eingetroffen.
Kiel, 7. Juli. Gestern Nachmittag 12 ⅞ Uhr hat auf der Norddeutschen Werft der Stapellauf der daselbst erbauten Kaiserlichen Pacht stattgefunden. Die Bacht erhielt in der Taufe den Namen „Hohenzollern“, der Taufakt ward von dem Kontre⸗Admiral Henck vollzogen. Bei dem darauf folgenden Festmahl brachte derselbe den Toast auf Se. Majestät den Kaiser aus.
Bayern. München, 6. Juli. Ihre Majestät die Kaiserin von Oesterreich ist heute Morgens 8 Uhr hier eingetroffen und am Bahnhof von den Prinzen Luitpold, Leo⸗ pold, Herzog Max und den Prinzessinnen Gisela und Therese empfangen worden. Die Hohe Frau setzte ihre Reise alsbald nach Feldaffing am Starnberger See weiter fort.
— Bei der Prüfung der Landtagswahlen des Wahlkreises Kempten in der VI. Abtheilung der Kammer haben sich einige Anstände ergeben, die jedoch nicht wesentlicher Natur waren; die Abtheilung hat deshalb in ihrer Sißong von heute Vormittag die in Kempten gewählten Abgg. Dr. Völk, Sepp, Präsident v. Hörmann, Staats⸗Minister Dr. v. Fäustle und Stadler für legitimirt erklärt.
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den Ergebnissen der Reichstädter En
— Dem „Corr. v. u. f. D.“ zufolge wird der Landtag bis zum 29. d. verlängert werden.
Württemberg. Stuttgart, 5. Juli. (Allg. Ztg.) Der w ürttembergische Landtag ist am 27. Juni durch König⸗ liches Reskript vertagt worden. Die Ständemitglieder können mit dem Präsidenten v. Hölder mit Genugthuung auf die Ergebnisse ihrer dreimonatlichen angestrengten Thätigkeit zurück⸗ blicken. Die Reichseisenbahnfrage, der Hauptfinanzetat, das Gesetz über den Weiterbau der Eisenbahnen, das Verfassungs⸗ gesetz über die Bildung eines Staats⸗Ministeriums, das Beamtengesetz, das Gesetz betreffend die Aufsicht über die Gelehrten⸗ und Realschulen wurden in verhältnißmäßig kurzer Zeit erledigt, Dank der geschäftsgewandten und umsichtigen Leitung des Präsidenten v. Hölder und Dank der willigen Arbeitslust der Abgeordneten. Präsident von Hölder hat sich durch die unparteiische und geradzu meisterhafte Führung seines Amtes den wärmsten Dank der Abgeordneten aller Fraktionen erworben, und gerade seine politischen Gegner in der Kammer sprechen nunmehr mit einer Art von Be⸗ geisterung von ihm. Der Gedanke der württembergischen Kammermehrheit, die Durchführung der Reichsverfassung in Sachen der Eisenbahnen nach ihrem Wortlaut und wahren Sinn erst ernstlich zu versuchen, ehe man zu einem Ankauf der Eisenbahnen für das Reich schreite, hat an maß⸗ gebender Stelle die gebührende Aufmerksamkeit gefunden, und die dermalen vorgenommenen Untersuchungen und Erör⸗ terungen, um das deutsche Eisenbahnwesen zu einer gedeihlichen Entwicklung zu führen, geben die frohe Aussicht auf einen ent⸗ sprechenden Erfolg. Die übrigen zur Erledigung gelangten Vor⸗ lagen der Regierung dienen ausschließlich württembergischen Interessen.
Baden. Karlsruhe, 6. Juli. Heute Nacht wird der Großherzog die Residenz verlassen, um sich zu mehrtägigem Aufenthalt nach Schloß Mainau zu begeben. Die Höchsten Herr⸗ schaften erwarten dortselbst, wie die „Karlsr. Ztg.“ mittheilt, den Besuch Sr. Majestät des Deutschen Kaisers gegen den 12. d. M. Nach der Abreise Sr. Majestät gedenkt der Großherzog alsbald hierher zurückzukehren.
Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 7. Juli. (Thür. Corr.). Heute Nachmittag bald nach 5 Uhr traf Se. Majestät der Kaiser Alexander, von Jugenheim kommend, mit zahl⸗ reichem Gefolge hier ein und wurde auf dem Bahnhof von den Großherzoglichen Herrschaften und den Hofstaaten begrüßt. Vom Bahnhof fuhren die Herrschaften in das Schloß, woselbst der Kaiser Ihre Königliche Hoheit die Erbgroßherzogin begrüßte, und dann nach Belvedere. Dort fand um 6 Uhr Tafel statt; den Abend verbrachte die Großherzogliche Familie mit ihrem Gaste in engerem Kreise. Nach Mitternacht wollte der Kaiser Alexander Belvedere verlassen und in seinem Extrazug die Weiterreise nach Dresden und Reichstadt antreten.
Elsaß⸗Lothringen. Metz, 3. Juli. (Ztg. f. Lothr.) Die Betheiligung an dem gestern und vorgestern abgehaltenen zweiten Wahlgange im ersten Kanton war trotz der sehr lebhaften für die Wahl des Herrn Gautiez in Scene gesetzten Agitation eine geringe. Von den 1511 eingeschriebenen Wählern haben nur 419 ihre Stimmen abgegeben und der Kandidat der Protestpartei vereinigte davon nur 389 auf sich. 27 Stimmen wurden für Herrn Sendret, der bekanntlich von der Kandidatur ganz zurückgetreten war, abgegeben und 3 Stimmzettel wurden ungültig befunden. .
Desterreich⸗Ungarn. Wien, 5. Juli. Der „Prg. 3.“ wird von hier „zur Lage“ geschrieben: „Die Freignisfe im Süden unserer Monarchie schreiten ziemlich rasch vor⸗ wärts, und eine ganze Reihe von Kämpfen hat sich zwischen Serben und Türken bereits abgespielt, mit wechselndem Erfolge, wie man aus allen Meldungen ersieht. Die Beurtheilung der Vorgänge wird durch den Umstand wesentlich erschwert, daß sich die türkischen und serbischen Meldungen wesentlich widersprechen, es also ungemein schwierig ist, die positive Wahrheit zu erhalten. Trotz des schon stattfindenden Kampfgetöses wird man der diplo⸗ matischen Aktion die volle Aufmerksamkeit zuwenden müssen, na⸗ mentlich dem Umstande, daß die türkische Cirkulardepesche über den Krie sbeginn von Sekten Serbiens und Montenegros auch von russischer Seite eine zustimmende Antwort gefun⸗ den haben soll. Angesichts der konstanten Verdächtigungen der russischen Politik verdient diese Thatsache volle Beachtung. — Die Kaiserzusammenkunft in Reichstadt rückt immer näher und wird auch bereits der diplomatische Stab bekannt mit dem Graf Andrassy sich in der allerhöchsten Suite dorthin begiebt. An der Spitze desselben steht, wie bei den Berliner Konferenzen, so auch hier der außerordentliche Gesandte, Baron de Pont. Eine erfreuliche Erscheinung bildet mitten in dem Ge⸗ wirr der Ereignisse der Umstand, daß die Verhandlungen der beiderseitigen Regierungen über die Details des Ausgleiches ihren unbehinderten Fortgang nehmen, und im Punkte des Zoll⸗ tarifs, wie der Verzehrungssteuer zur Grenze, in der Bankfrage zu zwei Drittheilen perfekt sein sollen.“
— 6. Juli. Der Kaiser empfing heute eine Deputation aus Agram. — Die Kaiserin hat mit der Frau Erzherzogin Marie Valerie gestern Abends von Ischl die Reise nach München und Feldaffing angetreten.
— Ueber die Kaiserzusammenkunft in Reichstadt schreibt die „Pr.“: Ein bereits mitgetheiltes Telegramm aus Reichstadt spricht die Vermuthung aus, daß die beiden Majestäten in Reichstadt ihren ursprünglich nur auf wenige Stunden ange⸗ setzten Aufenthalt auf eine längere Zeit ausdehnen und im Schlosse Nachtquartier nehmen werden. Wie wir hören, bestätigt sich diese Muthmaßung. Damit erhalten die beiden leitenden Minister im Gefolge der Monarchen die genügende Zeit für ihre ge⸗ schäftlichen Konferenzen. Daß diese bei der gegenwärtigen Lage der Dinge sehr ernster Art und vielleicht für die Erhaltung des Friedens in Europa entscheidend sein werden, ist unter den ge⸗ gebenen Verhältnissen selbstverständlich. Es tritt namentlich an die Leiter der auswärtigen Angelegenheiten in Oesterreich die schwere Aufgabe heran, die Interessen unserer Monarchie mit allem Nachdrucke zu wahren gegen etwaige Gefahren, welche der serbische Krieg in seinen weiteren Konsequenzen uns bringen könnte. Bei den Verhandlungen in Reichstadt wird sich zeigen, ob das Drei⸗Kaiser⸗Bündniß, das bereits so schöne Proben glücklich bestanden und die Krisis im Osten so lange hinausgeschoben hat, auch fernerhin als das beste Bollwerk des europäischen Friedens betrachtet werden darf.
In diplomatischen Kreifen soll man nicht ohne Zuversicht entgegensehen.
hofft auf eine Verständigung über die den Creignissen auf der Balkanhalbinsel gegenüber einzuschlagende Taktik zwischen den beiden zunächst betheiligten Faktoren des Drei⸗Kaiser⸗Bundes; die Zustimmung Deutschlands zu eventuellen Abmachungen wäre dann sicher.
Während seiner Badereise nach Gastein wird der Deutsche Kaiser auch in diesem Jahre wieder einen Besuch am Kviserlich öster⸗ reichischen Hoflager in Ischl abstatten. Die persönliche Freund⸗ schaft, welche die drei Monarchen von Oesterreich, Rußland und Deutschland verbindet, darf wohl als eine Gewähr betrachtet werden, daß auch die Politik ihrer Staaten sich nicht in diver⸗ girenden Richtungen bewege und Kollisionen zwischen denselben vermieden werden.
Aus Berlin schreibt man der „Pol. Corr.“ über die Kaiserbegegnung:
„Die hohe Auszeichnung, mit welcher Ihr erhabener Mo⸗ narch das gesammte russische Botschaftspersonale in Wien, trotz. — oder vielleicht wegen — der Verunglimpfungen beehrt hat, welchen Rußland durch einige dortige Blätter ausgesetzt war, hat auch hier sehr angenehm berührt. Es ist dies die bündigste Antwort auf alle die in den letzten Wochen laut gewordenen Zweifel an dem Einvernehmen zwischen Oesterreich und Rußland, zugleich auch eine vorzügliche Einleitung für die Entrevue zu Reichstadt. Dort wird der Dritte im Bunde zwar nicht vertreten sein, aber seine Stelle ist durch das Ein⸗ vernehmen seiner beiden Verbündeten bezeichnet, welches in und durch Reichstadt eine neue Bestätigung empfangen wird.“
— 7. Juli. (W. T. B.) Die Abreise des Kaisers und des Grafen Andrassy nach Reichstadt, wo der Kronprinz Rudolf bereits eingetroffen ist, erfolgt heute Abend. — Die von der in Lemberg erscheinenden „Gazeta Narodowa“ ge⸗ brachte Meldung, daß Graf Potocky als designirter Nachfolger des Grafen Andrassy hierher berufen worden sei, ist bestem Vernehmen nach ohne die geringste thatsächliche Unterlage.
— Ein späteres Telegramm des „W. T. B.“ vom 7. meldet: Der Kaiser ist heute Abend um 9 Uhr mit dem Grafen Andrassy nach Reichstadt abgereist.
Trautenau, 6. Juli. Von Alt⸗Roznitz begab sich der Kronprinz Rudolf zu Fuß auf den Katzanerberg und von da nach Zriblitz zur Besichtigung des auf dem dortigen Fried⸗ hofe befindlichen Grabes der gefallenen Krieger. Um 3 Uhr erfolgte die Rückkehr nach Trautenau und um 5 Uhr fand das Diner statt, nach welchem Derselbe noch einen Ausflug nach Johannisberg unternahm. Abends war die Stadt aber⸗ mals beleuchtet. Morgen früh erfolgt die Abreise mittelst Separatzuges nach Reichstadt. 8
Prag, 6. Juli. Der „N. Fr. Pr.“ wird von hier telegra-⸗ 82
phirt: Der behördlich aufgelöste amerikanische Damen⸗Klub hat sich als Hülfscomité für verwundete Serben kon⸗ stituirt.
Bodenbach, 8. Juli. (W. T. B.) Der Kaiser von
Rußland ist auf der Durchreise nach Reichstadt heute früh 7 ¼ Uhr hier eingetroffen. (Vgl Tel.)
Pest, 6. Juli. Der österreichische Remorqueur⸗ Dampfer „Tisza“, auf welchen serbische Truppen vom Ufer aus ein Pelotonfeuer asgegeben, schleppte vier Schiffe. Der 8 Dampfer wurde beschädigt. Auf die energische Remonstration der österreichischen Regierung gab man serbischerseits die Er⸗
klärung, daß die Belgrader Regierung das Mißverständniß leb-
*
haft bedauere und volle Genugthuung durch Schaden⸗ ersatz und Bestrafung des Kommandanten leiste wolle. — Die zwei Donau⸗Monitors „Leitha“ und „Maros“ sind gestern Nachmittags von hier abgedampft, um an der unteren Donau Station zu nehmen. Die Ordre hierzu langte vorgestern gegen Mitternacht ein. — Der Landeskommandirende Baron Edelsheim⸗Gyulay, der gestern zum Kurgebrauche nach Karlsbad ees. sollte, bleibt — wie der „Pester Lloyd“ meldet — bis auf Weiteres in Pest. 8 — Heute begaben sich der Minister⸗Präsident, der Finanz⸗Minister und Sektions⸗Chef Köffinger mit dem Courierzuge nach Wien. — Miletiecs trifft heute unter Eskorte mit dem Baziaser Zuge hier ein. — Wie die „Pester Korrespondenz“ aus kompetentester Quelle erfährt, ist der Gesetzentwurf betreffs Ausbaues der Grenz⸗ bahnen im ungarischen Kommunikations⸗Ministerium voll⸗ ständig fertig. — Ueber die theilt der „Pester Lloyd“ mit, daß die seit einigen Wochen durch den Groß⸗Becskereker Gerichthof ge führt wurde. Schon vor zwei Wochen hatte das Groß
Becskereker Gericht die Verhaftung Cornel Joannovics verfügt.
In derselben Affaire schien nun die Einleitung der Strafunter sachung und ein Verhaftsbefehl gegen Mileties nothwendig
Der betreffende Gerichtsbeschluß wurde auf gleichlautenden An⸗ trag der Ober⸗Staatsanwaltschaft und des Untersuchungsrichters 8 durch den Groß⸗Beecskereker Gerichtshof verfügt. In den Mo. tiven des erwähnten Gerichtsbeschlusses wird eingehend darge⸗
than, daß die Abgeordneten⸗Immunität während der Vertagung
des Reichstages nicht berücksichtigt werden konnte. Es handelt sich bei
der Verhaftung Mileties keineswegs um einen Preßprozeß.
Uebrigens besitzt auch der Groß⸗Beeskereker Gerichtshof keine Kompetenz in Preßsachen. Die Strafuntersuchung dürfte wahr⸗
scheinlich an das Budapester Kriminalgericht übergehen. Was
den ungarischen Ministerrath betrifft, so beschäftigte sich der⸗ selbe mit der Affaire nur in sofern, als er beschloß, das Ge⸗
richtsverfahren, welches auch bisher in ordnungsgemäßer Weise vor sich gegangen war, nicht im Mindesten zu beeinflussen.
Großbritannien und Irland. London, 6. Juli. 8 Im Unterhause hat Hr. Russell Guerney angekündigt, er werde demnächst eine Resolution einbringen, durch welche die Regierung aufgefordert wird, sich mit Frankreich darüber zu be⸗ nehmen, ob dieses geneigt ist, gemeinsam mit England einen Druck auf die Pforte auszuüben, um diese zur vollständigen
Erfüllung der Bedingungen anzuhalten, unter welchen die tuͤr⸗
kische Anleihe von 1854 gezeichnet wurde. — Dem Parla⸗ ment wurde gestern der Bericht der von der Regierung zur
Untersuchung der Ursachen des Fallens des Silberpreises niedergesetzten Kommission unterbreitet. Es ist ein von Herrn Goeschen, dem Vorsitzenden der Kommission, ausgearbeitetes sehr voluminöses Dokument. Da der Ausschuß nur nieder⸗ gesetzt wurde, um die Ursachen, welche zu der Silberbaisse führten, zu ermitteln, so macht er keinerlei Vorschläge. Das Fallen des Silberpreises wird drei Ursachen zugeschrieben: 1) den Fuktuationen des indischen Handels; 2) der Veränderung in
dem Münzfuße Deutschlands; 3) der enormen Zunahme in der
Produktion der Silberminen Amerikas. In Betreff des letzteren
Punktes erklärt die Kommission, daß die Produktion sich eher
vergrößern als vermindern dürfte.
— 7. Juli. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte auf frage Wolffs Unter⸗S
atssekretär Bourke, die
öffentlichen Sklavenmärkte in Djedda seien in Folge der
eifrigen Bemühungen des englischen Konsuls zwar geschlossen worden, indeß werde der Sklavenhandel sowohl in Djedda, wie in anderen Städten am Ufer des rothen Meeres in Privatlokalen fortgesetzt. Die Regierung habe im vergangenen Jahre wegen der von den ägyptischen Beamten in Bezug auf den Sklaven⸗ handel bewiesenen Duldung und Nachsicht der ägyptischen Re⸗ gierung Vorstellungen gemacht und werde das auch künftig thun. Ebenso sei dieselbe in Wien vorstellig geworden, weil behauptet worden sei, daß die Lloyddampfer sich mit dem Transport von Sklaven beschäftigten, sie werde es an ähnlichen Schritten nicht fehlen lassen, sobald dieselben nothwendig werden sollten.
Frankreich Paris, 6. Juli. Der Tod Casimir Periers erregt allgemein große Theilnahme. Im Senat äußerte der Präsident, als er den Tod anzeigte: „Es ist nicht der Augenblick, eine Lobrede zu halten, aber ich bin nur das Echo meiner Kollegen hier, wenn ich es ausspreche: Perier nimmt mit sich unser Aller trauernde Theilnahme; er war Allen theuer durch einen hohen Charakter, seine Zuverlässigkeit im Umgange und die Dienste, die er geleistet. Casimir Perier trug seinen großen Namen in edler Weise; gemäß dem Bei⸗ piele seines berühmten Vaters war er der Sache der Ordnung und der Freiheit ergeben, die er nie von einander getrennt hat.
Wir haben ihn arbeiten sehen mit der höchsten patriotischen Hingebung an dem Werke, das Verfassungsleben in seinem Vaterlande wieder aufzurichten — und eben in dem Augenblick, wo eine bleibende Regierung hergestellt ist, entreißt uns der Tod den Collegen und Freund. Möchten unsere Beileidsbezei⸗
gungen den Schmerz der Familie mildern!“
— Die republikanische Linke hat einen Entschluß gefaßt, der, wie das „Journal des Debats“ sagt, ihrem politischen Sinn Ehre macht, nämlich den Beschlüssen der mit der Prüfung des Maire⸗Gesetzes beauftragten Kommission zuzustimmen. Dieselben gehen bekanntlich dahin, daß das Recht, die Maires, von den Hauptorten der Departements an bis zu denen der Cantons, zu ernennen, der Exekutivgewalt zustehen soll, aber provisorisch und unter der Bedingung, daß sie aus der Mitte des Munizipalraths gewählt werden. Diese glückliche und geschickte Kombination, erklärt das „J. d. D.“, deren vorüber⸗ gehender Charakter die Gemüther beruhigen wird, scheint uns darnach angethan, alle gemäßigten Gruppen der Kammer zu be⸗ friedigen; sie setzt der jetzigen, von Allen verworfenen Gesetz⸗ gebung ein Ziel und verpflichtet doch die Zukunft nicht definitiv und erhält die so nothwendige Einigkeit zwischen Regierung und Majorität.
— Die „Estafette“ meldet, daß ein unter dem Befehle des Herzogs von Chartres stehender Soldat auf den Herzog geschossen habe, ohne ihn jedoch zu treffen. Der Herzog von Chartres ist Major im 9. Regimente der Chasseurs à Cheval. — Die „Union“ bestätigt, daß die katholische Universität von Paris den Unterrichts⸗Minister Waddington ersucht habe, er möge unverzüglich die gemischte Jury für die Universitäts⸗ Prüfungen bilden. — Der König von Griechenland wird zum Sonnabend in Paris erwartet. — Morgen soll, wie der „Köln. Ztg.“ telegraphirt wird, die Bewegung unter den Unter⸗ Präfekten im Amtsblatte erscheinen.
Versailles, 7. Juli. (W. T. B.) In der Depu⸗ tirtenkammer führte heute die Berathung über die Wahl des Bonapartisten Peyrusse zu einer sehr lebhaften De⸗ batte, wobei Cassagnac (Bonapartist) u. A. auch heftige An⸗ griffe gegen das Ministerium richtete, die von dem Minister des Innern, de Marcére, zurückgewiesen wurden. Eine Aeußerung Cassagnacs über das zwischen den Bonapartisten und den Legi⸗ timisten bestehende Einverständniß rief einen Protest des Legiti⸗ misten Keller und dessen Gegenerklärung hervor, daß dieses Ein⸗ verständniß nur auf dem Boden der Abwehr sozialer Prinzipien vorhanden sei. Die Wahl Peyrusse’s wurde schließlich mit 334 gegen 139 Stimmen für ungültig erklärt. Die Kammer ver⸗ tagte sich darauf bis zum Montag.
Italien. Rom, 5. Juli. Die italienischen Zeitungen veröffentlichen di)e Antwort des Präsidenten des deutschen Reichstages von Forckenbeck auf das Telegramm, welches ihm der Abgeordnete Benedetto Cairoti im Namen des Fest⸗ comité zur Feier des Jubiläums der Schlacht bei Legnano zugesandt hatte. Die deutsche Nation, entgegnete Hr. von Forckenbeck, habe dem Telegramme mit Freuden entnommen, daß die ruhmreichen Erinnerungen der Vergangenheit, welche jedem Volke mit Recht theuer, heute nicht mehr im Stande sind, Italien und Deutschland zu entzweien, weil beide durch ebenso aufrichtige wie starke Sympathie und große Nationalinteressen sich geeinigt fühlen.
Griechenland. Die „Turquie“ vom 30. Juni ent⸗ nimmt dem „Neologes“ (einem in Konstantinopel in griechischer Sprache erscheinenden Organ) einen Artikel „Die Türkei und Griechenland“, in welchem es heißt: „Die militärische Orga⸗ nisation, welche Griechenland in letzter Zeit vorgenommen, eine übrigens durch die Agitation der Slaven durchaus gerechtfertigte Organisation, hat der Presse und verschiedenen Kreisen Gelegen⸗ heit gegeben, Zweifel an der Aufrichtigkeit der freundlichen Politik des Königreichs, der Türkei gegenüber, auszusprechen. Diejenigen, welche solche Gerüchte verbreitet haben, scheinen wenig mit den Umständen vertraut, unter welchen diese Politik in Griechenland eingeführt worden, oder sie wollen sich vielmehr nicht überzeugen, daß sie Griechenland durch seine wahre In⸗ teressen eingegeben ist. Diese Politik, die Frucht einer langen Erfahrung und früherer harter Prüfungen, hat im Geiste der Hellenen Wurzel gefaßt und ist von allen Politikern Griechen⸗ lands acceptirt worden. Jede hellenische Regierung, gleichviel von welcher Farbe, muß diese Politik unerschütterlich aufrecht halten. Wir fürchten nicht, in diesen Gedanken von den That⸗ sachen dementirt zu werden. Das politische Programm Griechenlands ist bestimmt, einfach und klar; es lautet: friedliche Entwickelung
des Landes und seiner Institutionen; Unterdrückung jeder isolirten Bewegung gegen die benachbarte und befreundete Macht; Ver⸗
besserung der Lage der Griechen in der Türkei durch Unter⸗ haltung freundschaftlicher Beziehungen zur Pforte; Organisation der militärischen Kräfte in Voraussicht der slavischen Bewegung; Wiederherstellung des Landeskredits in Europa und endlich eine virksgmie politische Aktion zu Gunsten der Aufrechterhaltung des Status quo im Orient. Wer sich nicht überzeugen will, aß dies jetzt und für lange Zeit die natürliche und vernünftige Politik Griechenlands ist, verblendet sich absichtlich und sieht
8 nicht, daß die Aenderungen im Status quo im Orient den helleni⸗
schen Interessen ebenso schädlich sein würden als den türki rkischen. Fehn unsere Informationen genau sind, so sind in diesem öng. auch die Erklärungen abgefaßt, welche der Kabinetschef ummudurus und der Minister des Aeußeren Contostavlos kürz⸗
lich und wiederholentlich den Chefs der Gesandtschaft in Athen
gegeben. Aber ohne die Versicherungen der hellenischen Minister
selbst zu verlangen, wiederholen wir, daß diese Politik Griechen⸗ land durch seine eigenen Interessen auferlegt worden ist. Grie⸗ chenland ist ein unabhängiger Staat, und als solcher sind seine Interessen eng verbunden mit den allgemeinen Interessen Europas und des Orients. Ja, selbst in dem Falle, daß sie bedroht sein sollten, wird Griechenland zu den Vertheidigern dieser Interessen gegen diejenigen, welche sie zu schädigen suchen, gezählt werden.“
Türkei. Vom Kriegsschauplatz liegen heute folgende Nachrichten vor:
Konstantinopel, 5. Juli. (W. T. B.) Nach einer hier eingetroffenen Depesche aus Widdin haben die serbi⸗ schen Truppen am Mittwoch die türkischen Vorposten bei Belgradschik (zwischen Pirot und Widdin) angegriffen, wur⸗ den aber mit einem Verluste von ca. 100 Todten zurück⸗ geschlagen. Die türkischen Truppen konzentriren sich zu einer entscheidenden Aktion.
— Die „Politische Korrespondenz“ weldet aus der Herze⸗ gowina, daß die Montenegriner in der Nacht vom 5. zum 6. d. in Velemija im Barzaner Distrikte bivouakirten, am 6. gegen Gaczko, Corrita und Nevesinje (füdöstlich von Mostar) marschirten und in letzteren Ort eingerückt sein sollen. Der Fürst von Montenegro wäre gestern Abend vor Gaczko (auf der Straße zwischen Niksitsch und Nevesinje, auf einigen Karten Metochija genannt) eingetroffen, wo eine beträchtliche Anzahl türkischer Truppen sich verschanzt habe. Das Blatt be⸗ stätigt, daß sich in Albanien gegen 1500 Miriditen wider Monte⸗ negro erhoben haben und daß die katholischen Bosniaken gegen die auf Eroberung Bosniens gerichteten Absichten Serbiens in großer Bewegung sind und die österreichische Regierung um Schutz ihrer Interessen anzurufen beabsichtigen.
— Der „Agence Havgs“ wird unterm 7. d. M. aus Bel⸗ grad gemeldet: Das Corps des Generals Zach ging gestern in der Richtung von Sienitza (in der Herzegowina auf der Straße von Novibazar nach Wischegrad) über die serbische Grenze vor und stieß auf den stark verschanzten Feind. Es gab viel Ver⸗ wundete auf beiden Seiten und die Serben, wie die Türken be⸗ haupteten sich in den von ihnen eingenommenen Stellungen. Ein anderes serbisches Corps ging bei Raschka (am Zusammenfluß des gleichnamigen Flusses in den Ibar an der Südgrenze Serbiens, nördlich von Novibazar) über die Grenze und schlug die Feinde nach heftigen sechsstündigem Kampfe, die Türken zogen sich nach Novibazar zurück. Ein ebenfalls gestern von den Türken gegen Kadibogaz an der Grenze von Bulgarien gemachter Angriff wurde zuruͤckgewiesen.
Belgrad, 7. Juli. (W. T. B.) Ueber die bereits ge⸗ meldeten letzten Ereignisse auf dem Kriegsschauplatze sind der Regierung folgende offizielle Mittheilungen zugegangen: Die Ibar⸗Armee unter dem General Zach überschritt gestern die Grenze bei Javor und traf in einer Entfernung von einer Meile auf den sehr vortheilhaft verschanzten Feind. Derselbe konnte indessen nach fünfstündigem unter dem heftigsten Feuer fortgesetzten Kampfe nicht delogirt werden. Beide Armeen haben ihre Stellungen behauptet. — An demselben Tage überschritt Oberst Czolakanties die Grenze bei Raschka und zwang die Türken nach zehnstündigem hartnäckigen Kampfe nach Novi⸗ bazar zu fliehen. Raschka, Golia und Borea wurden genommen. Das ganze Gebiet zwischen Raschka und Novibazar ist in der Gewalt der Serben. Das Feuer der serbischen Ge⸗ birgsbatterien erwies sich sehr wirksam. Die serbischen Truppen haben nur unbedeutende Verluste erlitten und kampiren auf den eroberten Positionen.
Konstantinopel, 7. Juli. (W. T. B.) Der Regierung ist ein Telegramm Ahmed Moukhtar Paschas zugegan⸗ gen, welches über das letzte Gefecht bei Belina folgende De⸗ tails mittheilt: Die Verluste des Feindes sind viel ernstlichere, als man Anfangs glaubte. In dem Dorfe Belina selbst hat derselbe 200, in der Umgebung desselben mehr als 700 Todte zurückgelassen, unter denselben befinden sich ein Kommandant und mehrere Offiziere. Auch sind von uns mehrere Fahnen er⸗ beutet worden und wird eine derselben nach Konstantinopel ge⸗ sendet werden. Die Einwohner der Umgegend sind mit dem Auf⸗ sammeln der auf dem Schlachtfelde zurückgelassenen feindlichen Gewehyre beschäftigt, unsererseits sind Anstalten zur Beerdigung der Todten getroffen. Unsere jetzt bei Belina konzentrirten Streit⸗
kräfte bestehen aus einer Batterie, 3 Detachements Kavallerie, 3
Bataillonen Infanterie und einer starken Anzahl Reservetruppen, die allmählich in Belina eingetroffen sind.
Konstantinopel, 8. Juli. (W. T. B.) Wie die „Agence Havas⸗Reuter“ meldet, sollen die Softas bewaffnet und auf ihr Verlangen im Felde militärisch verwendet werden.
Die „Presse“ stellt die Lage auf dem Kriegsschauplatz folgendermaßen dar:
6. Juli. Ein heute Nachts aus Pera eingegangenes Telegramm meldet, daß sich die Kämpfe am Timok bei Zaitschar zu Gunsten der Türken wiederholt haben Ein ähnlich lautendes Telegramm des „Pester Lloyd“ will sogar wissen, daß die serbischen Milizen unter Zurück⸗ lassung von Waffen und Gepäck bis Lubnica, einem auf zwei Stunden an der Straße von Zaitschar nach Paratschin gelegenen Dorfe, retirirt seien. Dagegen sollen die Tuürken im Ange⸗ sichte der Vorwerke von Nisch, bei dem Dorfe Komren eine Niederlage erlitten haben. Komren liegt etwa drei Viertelstunden nordwestlich von Nisch auf den Höhen, welche sowohl die Straße nach Alexinatz beherrschen, als den Lagerplatz von Nisch dominiren. Bewahrheitet sich das Gefecht bei Komren zu Gunsten der Serben, so kann erst jetzt von einer Beschießung von Nisch die Rede sein. Die Nachrichten über ein „Bombardement“ der Festung waren also jedenfalls verfrüht, zumal die Serben zu einem Bom⸗ bardement der Heranziehung von Belagerungsgeschütz bedürfen. — Ueber die Kämpfe bei Zaitschar erhält die „Budapester Correspon⸗ denz“ aus serbischer Quelle die Nachricht, „daß Ljeschanin, der Kom⸗ mandant in Zaitschar, den türkischen Angeiff zurückgeschlagen und zwischen Veliki Isvor Vraschogrnac in türkisches Gebiet vorgedrungen sei. Der Ausgang eines bei 89 unbekannt. Im Rücken der Türken flammen auf den Anhöhen Feuer⸗ signale als Zeichen des Bulgarenaufstandes auf.“ Dieselbe Korre⸗ spondenz versichert, daß die Siegeszuversicht in Belgrad, vielleicht in Folge der Niederlagen bei Zaitschar, einigermaßen geschwunden sei. Man glaube in Belgrad, daß der Krieg in spätestens 5 bis 6 Wochen beendigt ist, wie er auch endigen möge. „Man giebt sich keinen übertriebenen Hoffnungen hin,“ berichtet dasselbe Blatt weiter. „Es werden im Stillen alle Vorbereitungen getroffen, um bei einem eventuellen Rückzug den Verwundeten Raum und Hülfe zu sichern und andererseits, um, im Falle die Stadt von der Donau aus bombardirt wird, sich ins Innere der Stadt flüchten zu können. In diesem Falle gedenken die österrei⸗ chisch⸗ungarischen Unterthanen über die Donau und Save zu setzen und sich nach Südungarn und der Militärgrenze zurückzuziehen.“
Angesichts dieser widersprechenden Nachrichten erhält die „Pester Correspondenz“ vom 5. d. folgendes Communiqus: „Von Seiten der Vertretung des türkischen Reiches werden wir um balgfade Mittheilung ersucht: Alle auf die Situation und die Ereigni⸗ se auf dem Kriegsschauplatze bezüglichen Meldungen, welche durch eine hiesige Korrespondenz an die hiesigen Blätter und außerdem
atschichte vorgekommenen Handgemenges sei noch
auch an ein Wiener t gelangten, entbehren jeder Begründung; vielmehr erklärt ein Telegramm der ottomanischen Regierung, daß in den verschiedenen Engagements, welche bisher an den Demarkations⸗ linien Serbiens und Montenegros stattgefunden, die otto⸗ manischen Truppen glänzende Erfolge errangen.“
Von den übrigen Theilen des Kriegsschauplatzes liegen nur wenige Nachrichten vor. Die Vorrückung des Generals Zach von Tschatschak in das Paschalik von Novibazar scheint sistirt zu sein. Er soll von Tschernajeff in Folge der Vorfälle bei Zaitschar den Befehl erhalten haben, zsich vorläufig jeder offensiven Operation zu enthalten und zur Unterstützung der Hauptarmee bereit zu bleiben, für den Fall, als die Türken vom Norden her ihm in den Rücken fallen sollten“. Die Lage Tschernajeffs wird durch ein Telegramm der „Tagespresse⸗ vom 5. d. M. aus Turn⸗Severin charakterisirt: „Nach Widdin soll aus Nisch der Auftrag gelangt sein, schleunigst Truppen an die serbische Grenze bei Repusnica, Aldinci und Linja () zu werfen und die Höhen beim St. Nikolajapaß zu be⸗ setzen, um einen Versuch Tschernajeffs, mit seinem Corps übe die Ostgrenze 10o zurückzukehren, rechtzeitig zu be⸗ gegnen. Aus diesem Grunde wurden weitere Verstärkungen für Zaitschar aufgeschoben und haben dort die Türken durch starke Verschanzungen ihre Position gesichert.“ Hiebei ist zu bemerken, daß die Dörfer Repusnica und Aldinci, östlich Knjaschevaz, noch auf ser⸗ bischen Gebiete liegen. Das Dorf Janja, nicht Linja, Roch an tür⸗ kisch und befindet sich auf dem südlichen Abhange des Balkan, auf der Chaussee von Widdin nach Pirot. Ist die eben citirte Nachricht richtig, so bezwecken die Türken durch die Aufstellung im Sveti⸗Ni⸗ kola Balkan nicht nur die Straße nach Widdin zu decken, sondern auch den Rücken Tschernajeffs zu bedrohen.
Ranco Alimpics hätte nach der „Budavpester Corresp.“ die Verschanzungen Bjelinas eingenommen; die Türken haben, sich zurückziehend die Stadt in Brand gesetzt. Die serbische Artillerie hat sich vortrefflich bewährt.
7. Juli. Die Situation auf den verschiedenen Kriegsschauplätzen hat sich seit gestern nicht wesentl’ch verändert. Die Kämpfe bei Bjelina und Zaitschar scheinen sich gestern, resp. vorgestern an Ort und Stelle wiederholt zu haben, ohne daß einer der beiden Theile nennenswerthe Erfolge erzielt hätte. Die Serben halten sich, nach der überwiegenden Mehrzahl der Nachrichten, noch immer in Zaitschar, und ebensowenig ist entschieden, wer von Bjelina aus vorrücken wird, die Türken oder die Serben. Beide Theise haben den Sieg für sich notifizirt. Eine bisher mehrfach gemeldete und noch nicht dementirte Nachricht betrifft die Vorrückung Tschernajeffs von Ak⸗Pa⸗ lanka nach Pirot. Derselbe scheint wirklich einen größeren Theil des serbischen Gros vor Nisch mit sich genommen zu haben, was die
Beurtheilung seiner gewagten Operationen durchaus nicht alterirt.
Die Serben müssen bei Zaitschar wie vor Nisch in ihren Angriffen glücklich sein, damit nicht Tschernajeffs rechte wie linke Flanke be⸗ droht werden.
Was die türkischen Truppen betrifft, so scheint der Nach⸗ schub der Verstärkungen einigermaßen zu stocken. Nicht nur daß Tschernajeff seit mehreren Tagen auf keinen größeren türkischen Heerestheil gestoßen, es verlautet sogar, daß die Stara⸗Planina, d. h. der Balkan, zwischen Pirot und Sofia, von mehreren Insur⸗ gentenbanden heimgesucht ist. Durch eine Besetzung der Straße zwischen Nisch und Sofia werden Novibazar und Nisch vom Süden nicht gänzlich abgetrennt, denn an Salonich führt bekanntlich die Eisenbahn nach Mitrovic, von wo aus die türkischen Positionen noch immer mit Truppen, Munition und Lebensmitteln versehen werden können. Allein es wäre immerhin mißlich, wenn sich die Türken die wichtigere und bessere Kommunikationslinie Nisch⸗Adrianopel erst wieder erobern müßten. 1
Ueber neue Kämpfe zwischen Türken und Montenegrinern verlautet gar nichts dagegen wird die Beschießuug des türkischen Forts auf der bei Orsova liegenden Donau⸗Insel Ada Kaleh von Kladowo aus und jene des Marktfleckens Ratscha an der Drina⸗ mündung berichtet. Von Ada Kaleh hieß es bereits vorgestern, es sei von den Türken geräumt.
— Aus Sofia erhält die „Politische Corr.“ unter dem 1. Juli folgende Nachrichten über die letzten Ereignisse in Bulgarien: Auf Befehl des Seraskiers werden die kleinen befestigten Plätze Jamboli, Slivno, Schumen, Gabrowo, Sewlijewo und Plieven mit Erdwerken versehen. Gleichzeitig sind nach allen diesen Punkten stärkere Besatzungen gelegt wor⸗ den. Da viele Bulgaren aus Furcht vor Ruhestörungen ihre Geschäfte geschlossen halten, so haben die Behörden unter Trommelschlag bekannt gemacht, daß die Regierung für die Er⸗ haltung der Ruhe allenthalben einstehe und Jedermann seiner Beschäftigung ruhig nachgehen könne. Acht Emissäre wurden in Karamanowa ergriffen und hierher ins Gefängniß gebracht.
Diese Emissäre haben kurz zuvor in Gabrowo eine große Thätigkeit entwickelt. Die ersten Bürger von Gabrowo, welchen die erwähnten Agenten Proklamationen einhändigten, müssen jetzt
dafür büßen. Vierzig Gabrowaner sind nach Adrianopel abe.
geführt worden.
Der Insurgentenführer Christa Botoff bestand bei Wesslitza, in der Nähe der Stara⸗Planina, ein unglückliches Gefecht mit den Türken unter dem Kommando des Deli⸗Nezib, welcher über 1500 Mann, darunter 500 Tscherkessen, verfügte. Botoff verlor mehr als die Hälfte seiner Mannschaft und flüchtete mit knapper Noth in die Stara⸗Planina.
Die Insurgenten aus der Rilja⸗Planina erhielten Befehl, nach der Stara⸗Planina aufzubrechen, um sich mit dem Reste der Schaar des Botoff zu vereinigen und nach Ovtscha⸗Mogila aufzubrechen.
Bei Lom⸗Palanka fand zwischen Insurgenten und Baschi⸗ bozuks am 28. Juni ein Kampf statt. Die Baschibozuks schlugen die schlecht organisirten Aufständischen, welche sich ins Gebirge flüchteten.
Die Städte Orjechowa und Nikopolje werden von den Türken verschanzt. Alle arbeitsfähigen Männer sind zu den Schanzarbeiten requirirt worden. Offiziere des Generalstabes aus Konstantinopel leiten die Arbeiten.
Ibrahim Bey aus Svistowo bereist das Vilajet als Kais⸗e⸗ licher Kommissär und verkündet überall, daß mit dem neue freiheitliche Gesetze für alle Völker ins Leben tre. — den. Viele Steuerarten werden abgeschafft werden. Die Bul⸗ garen werden gleiche Rechte mit den Mohamedanern haben.
Zwei Mitglieder der „geheimen“ bulgarischen National⸗ regierung, Tochekaroff und Tortomanoff, sind in Svistowo er⸗ griffen und unter starker Bedeckung nach Konstantinopel abge⸗ schickt worden.
— Der heute hier eingetroffenen NRummer der „Turquie“ vom 30. Juni entnehmen wir folgende Mittheilungen:
Die Nachricht von der Thronbesteigung des Sultans Mu⸗ rad V. ist am 5. Juni nach der „Heiligen Stadt“, Mekka, ge⸗ kommen. Sofort rief der Scherif alle Scheikhs, Notabeln und Beamte, und verkündete unter Artillerie⸗Salven die Thronbe⸗ steigung des neuen Sultans. Dann begab sich die Korporation der Scheikhs in Prozession zum Tempel der Kaaba, wo feier⸗ liche Gebete für den Sultan verrichtet wurden. Dann zog die Prozession durch alle andren Heiligthümer der Stadt und in das Freitagsgebet wurde in allen Moscheen der Name des Sultans eingeschlossen. — Die türkische Mittelmeerflotte besteht jetzt aus 14 Schiffen, nämlich 8 Panzerschiffen und 6 Holz⸗ Fregatten und Korvetten. — Der Kriegs⸗Minister hat mit einer amerikanischen Fabrik einen Kontrakt auf Lieferung von