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— D¶Der hiesige Königlich niederländische Gesandte Herr von Rochussen hat Berlin mit Urlaub verlassen. Der Le⸗ gations⸗Sekretär Herr A. de Tets fungirt während der Abwe⸗ senheit des Gesandten als interimistischer Geschäftsträger.
Bayern. München, 12. Juli. (Corr. v. u. f. D.) Mit der Berathung des Militäretats ist im Finanz⸗ ausschusse der Kammer der Abgeordneten heute begon⸗ nen und ein großer Theil desselben bereits in der Vor⸗ mittagssitzung erledigt worden. Wesentliche Aenderungen an den Spezialetats wurden nicht beschlossen. — Bei der heute in den Abtheilungen erfolgten Feststellung des Be⸗ richts über die Regensburger Wahl hat Abg. Pfahler die Bezeichnung Ultramontane und resp. ultramontane Partei beanstandet, da seine Partei weder eine ultramontane noch kleri⸗ kale, sondern sich als patriotische bezeichne. Es wurde denn auch beschlossen, das letztere Wort, jedoch mit Anführungszeichen, — „patriotisch“ — zu benutzen.
— 13. Juli. (W. T. B.) Bei der heutigen Berathung des Etats für das Kultus⸗Ministerium in der Abge⸗ ordnetenkammer kam der ultramontane Abgeordnete Joerg auf die Angelegenheit des Bischofs von Regensburg, Dr. v. Senestrey, zurück und bezeichnete die Regierungsweise des Kultus⸗Ministers v. Lutz als von „Spionage und Denun⸗ eiation“ umgeben, durch welche der „Samen der Charakterlosig⸗ keit“ in das Land getragen werde. (Große Unruhe links.) Der Abgeordnete Kraußold sprach darauf für ein frei⸗ sinniges Kirchenregiment auf protestantischem Gebiete. So⸗ dann rechtfertigee der Kultus⸗Minister die Grundsätze seiner bisherigen Verwaltung, bei welchen er auch ferner beharren werde. Zum Reformator der protestantischen Kirchengesetzgebung fühle er sich als Kultus⸗Minister eines katholischen Staates nicht berufen. Dennoch wünsche er eine regere Betheiligung der Gemeinden an der Kirchenverwaltung und hoffe, daß dieses Moment bei der nächsten Generalsynode zur Geltung kommen werde. Hierauf folgte eine längere De⸗ batte über das Fortbestehen des obersten Schulrathes, für welchen die Abgeordneten Herz, Peszl, Haushofer und der Kultus⸗Minister eintraten. Die Abgeordneten Rußwurm, Merkle und der Referent Anton Schmidt beantragten dagegen die Auf⸗ hebung dieses Instituts, welches die katholische Bevölkerung nicht wünsche, und welches religiösen Indifferentismus verbreite. Schließlich wurde die diesbezügliche Posfition abgelehnt und dadurch der oberste Schulrath vom 1. Januar 1877 ab auf⸗ gehoben.
Sachsen. Dresden, 14. Juli. (W. T. B.) Der Kron⸗ prinz und die Kronprinzessin von Italien sind gestern Abend um 10 Uhr von München hier eingetroffen. Zum Empfange waren auf dem Bahnhofe anwesend: Der Prinz Georg von Sachsen, Prinz Thomas von Savoyen und der italienische Botschafter in Berlin, Graf de Launay.
Baden. Karlsruhe, 12. Juli. Der Großherzog hat sich heute Nachmittag 2 Uhr zum Besuch des Deutschen Kai⸗ sers und des Großfürsten und der Großfürstin Michael von Rußland nach Baden begeben. Der Großherzog kehrte am Abend in die Residenz zurück und gedenkt in der Nacht nach Schloß Mainau abzureisen. — In der gestrigen Abendsitzung der Zweiten Kammer wurde die Vorlage der Regierung über die Staatsunterstützung der durch das Hochwasser Beschädigten berathen. Da die Regierung keine bestimmte Summe als Entschädigung bezeichnete, sondern nur angab, daß sie an Einzelne Entschädigungen wegen zerstörter Gebäude und an Gemein⸗ den Beiträge wegen Zerstörung von Dämmen, Brücken ꝛc. und auch Unterstützungen an solche Gemeinden, in denen der Armen⸗ aufwand in Folge des Hochwassers eine große Höhe erreiche, zu bewilligen wünsche, so stellte der Abg. Schneider von Mannheim den Antrag, nur eine Pauschalfumme von einer halben Million Mark zu genehmigen. Dieser Antrag wurde aber von keiner Seite unterstützt, vielmehr die Vorlage der Regierung ein⸗ stimmig genehmigt. Da in diesem Fall, wie das „Frankf. J.“ mittheilt, die Vorlage auch Gesetzeskraft erhält, wenn die Erste Kammer dagegen sein sollte — weil die Stimmenzahl den Aus⸗ schlagt gibt — so kann dieselbe als perfekt betrachtet werden.
Desterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Juli. Der „Pol. Korresp.“ wird aus Pest mitgetheilt, daß Minister⸗Präsident Tisza gleich nach seiner Ankunft aus Wien Mitgliedern der Legislative gegenüber erklärte, er habe allen Grund, mit den Intentionen, welche Graf Andrassy nach Reichstadt mitgenommen, vollauf zufrieden zu sein, da ganz bestimmt keine den Gebiets⸗ interessen und dem staatlichen Ansehen Ungarns zuwiderlaufende Territorialveränderungen statthaben werden. Nunmehr liegen dem Minister⸗Präsidenten bereits von Seite des Grafen Andrassy und auch von Seite des in Wien zurückgebliebenen Finanz⸗Mi⸗ nisters Szell umfassende Mittheilungen vor, welche ihn — dem genannten Blatte zufolge — außerordentlich befriedigten.
— Der „N. Fr. Pr.“ wird aus Pest mitgetheilt, daß an
der südlichen Grenze Ungarns die Stimmung meesentlich
ruhiger werde, besonders seit die Serben erkannten, daß die Phantasien vom großen südflavischen Reich undurchführbar seien. Nichtsdestoweniger wäre in Semlin doch ein Omladinist, Dr.
Milankovich, zum Bürgermeister gewählt worden, dürfte aber
wohl kaum bestätigt werden. Prag, 12. Juli. Bei der heutigen Bürgermeisterwahl erhielt der Möbelfabrikant Skramlik 54 von 73 Stimmen,
12 Stimmzettel waren leer, 4 Stimmen erhielt Klenka, die
übrigen Stimmen waren zersplittert. Skramlik erklärte in czechischer und deutscher Sprache, die Wahl vorbehaltlich der Kaiserlichen Bestätigung anzunehmen.
Pest, 11. Juli. Bekanntlich soll auf Grund des Zoll⸗
und Handelsbündnisses mit Rumänien der Spezial⸗
tarif ausgearbeitet werden. Es ist nun, wie die „Bud. Korr.“ erfährt, eine Schwierigkeit in Betreff des Verhandlungsortes der
ad hoc zu entsendenden Kommission aufgetaucht. Die rumä⸗
nische Regierung hat zu diesen Berathungen einen, höchstens zwei Vertreter zu senden. Die österreichisch⸗ungarische Monarchie muß aber mindestens drei, einen der ungarischen Regierung, einen der österreichischen Regierung und einen der gemeinsamen Regierung, entsenden und dennoch fordert die rumänische Regie⸗
rung, es mögen diese Konferenzen in Anbetracht der großen
Kosten, welche die Entsendung der Vertreter verursacht, und des
Umstandes, daß Rumänien seine Fachbeamten nicht entbehren
könne, in Bukarest stattfinden. Bisher ist diese Frage noch “ 95 -eägs nächsten Donnerstag tritt aber die Konvention ins Leben.
—. 12. Juli. Der „Hon“ schreibt über die Affaire
Mileties: Die Versetzung desselben in den Anklagestand hat der Groß⸗Becskereker Gerichtshof ausgesprochen. Da jedoch die Abgeordneten⸗Immunität zur Sprache kam, fragte der
Ober⸗Staatsanwalt bei dem Minister⸗Präsidenten an, wie die Regierung sich diesem Umstande gegenüber verhalte. Der Minister⸗Präsident theilte in einem Reskripte vom 4. Juli den Beschluß des Ministeriums mit, in welchem die Nothwendigkeit der Wahrung der Immunität ausgesprochen, zugleich jedoch konstatirt wird, daß der Wirkungskreis dieses Rechtes in unseren Gesetzen nicht geregelt ist; darum erachtete die Regierung es als im Interesse des Landes und des öffentlichen Wohles geboten, die Verantwortung dafür zu übernehmen, daß im vorliegenden Falle, da die Anklage wegen Aufwiegelung gegen den inneren und äußeren Frieden des Lan⸗ des obschwebt, vor der Rechtspflege jenes Hinderniß entfernt werde, welches vielleicht in der Interpretation des Immunitäts⸗ gesetzes gelegen ist. Dieses wird dem Abgeordnetenhause sofort nach dessen Zusammentritt gemeldet werden, damit dieses, wenn es demselben genehm ist, die Sistirung der Untersuchung und die Aufrechthaltung der Immunität beschließe. Bis dahin jedoch übernimmt die Regierung die Verantwortlichkeit und fordert den auf, die Untersuchung energisch weiterzu⸗ ühren.
Schweiz. Das „Genfer Journal“, welches sich gegenüber dem Entwurfe zu einem Militärsteuergesetze ablehnend ver⸗ halten, knüpft nun an die Verwerfung desselben folgende Be⸗ trachtungen: „Der Entwurf ist gefallen, aber das zu lösende Problem ist geblieben. Unsere eidgenössischen Finanzen sind den Lasten nicht gewachsen, welche ihnen die neue Militärorganisation auferlegt hat. Diese Thatsache mahnt uns zugleich an unsere Pflicht, unser Budget zu erweitern und ihm neue Hülfsquellen zuzuweisen. Mit dem negativen Resultat der letzten Abstimmung ist es nicht gethan, sondern wir müssen uns schon von heute an mit dem Studium einer eidgenössischen Steuer beschäftigen, welche, auf den Prinzipien der Gerechtigkeit und der Gleichheit der Bürger aufgebaut, uns den Unterhalt unserer Armee er⸗ möglichen wird. Die Frage ist eine ernste und kann nicht auf⸗ geschoben werden, denn ein Volk, das sich selbst achtet, zerstört nicht sein eigenes Werk von einem Tage auf den andern und es schreckt auch nicht vor Opfern zurück, wenn es sich darum han⸗ delt, die eingegangenen Verpflichtungen einzulösen.“
Großbritannien und Irland. London, 12. Juli. Die Königin empfing gestern den durch Lord Derby ihr vor⸗ gestellten neuen amerikanischen Gesandten, Eduard Pierrepont und nahm sein Beglaubigungeschreiben entgegen.
— Parlamentsverhandlungen vom 10. Juli. (A. A. C.) Beide Häuser des Parlaments wurden durch Verhandlungen über die orientalische Frahs in Anspruch genommen.
— Im Oberhause brachte Earl Granville eine Interpellation ein bezüglich der in Bulgarien von den irregulären Truppen der Pforte angeblich verübten Barbareien. Der Earl von Derby erwiderte, daß er nicht in der Lage sei, irgend etwas Be⸗ stimmtes mitzutheilen. Nach der vom Herzog von Argyll eingebrachten Interpellation habe er an Sir Henry Elliot geschrieben und sich von demselben Auskunft erbeten, aber die Antwort darauf sei noch nicht eingegangen. Nachdem indeß wiederholte Mit⸗ theilungen über den Gegenstand in der Presse erschienen, und wissend, welche Stimmung darüber im Lande vorherrsche, habe er diesen Morgen an Sir Henry Elliot telegraphirt, der Regierung ohne Ver⸗ zug Mittheilungen über die fragliche Angelegenheit zu machen. Das Resultat werde er dem Hause seiner Zeit mittheilen.
Im Unterhause erkundigte sich Bruce beim Premier⸗Minister, wann die Diskussion des Antrages über die Angelegenheiten in Bosnien und der Herzegowina auf die Tagesordnung gesetzt werden würde. Disraeli erwiderte: es würde kaum möglich sein, eine Diskussion über den Gezgenstand in einer für das Haus befriedigenden Weise anzuberaumen, so lange nicht die Schrift⸗ stücke darüber auf dem Tisch des Hauses liegen. Wenn die Schrift⸗ stücke in den Händen der Mitglieder sind, dürfte der Marquis von Hartington vielleicht wünschen, den Gegenstand der Erörterung des Hauses zu unterbreiten. Wenn er dies thut, würde jedes unabhängige Mitglied auf einer der beiden Seiten des Hauses ihm natürlich weichen. Ich anerkenne völlig, daß mein ehrenwerther Freund (Bruce) in Folge der Ankündigungen, die er gemacht, einen locus standi in der Frage hat. Indem ich es als selbstverständlich annehme, daß eine Diskussion über den Gegenstand stattfinden wird, selbst wenndieselbe nicht eine solche sein sollte, welche die Meinung des Hauses über einen formellen Antrag involvirt, dürfte ich unter diesen Umständen den Anspruch meines ehrenwerthen Freundes anerkennen und mich bestreben, demselben Rechnung zu tragen, aber so lange die Schriftstücke nicht vorliegen, dürfte ich den Gefühlen des Hauses schwerlich Ge⸗ rechtigkeit erweisen, wenn ich Vorkehrungen für die Diskussion eines von einem Privatmitgliede ausgehenden Antrages träfe. Zu⸗ nächst fragte E. Jenkins den Kabinetschef, ob er bestimmt an⸗ geben könne, wann die Schriftstücke über die orientalische Frage in den Händen der Mitglieder sein würden.
Disraeli antwortete: Es wird im Auswärtigen Amt jede An⸗ strengung gemacht, daß diese Schriftstücke auf den Tisch des Hauses niedergelegt werden, aber es ist mir unmöglich, einen bestimmten Tag an⸗ zuberaumen, an welchem sie in den Händen der Mitglieder sein wer⸗ den, weil dies nicht lediglich von Ihrer Majestät Regierung abhängt. Ich sprach vor einer halben Stunde den Staatssekretär für auswär⸗ tige Angelegenheiten und er sagte mir, wir könnten darauf zählen, daß die Schriftstücke zum Beginn nächster Woche auf den Tisch des Hauses niedergejegt werden würden
Sodann interpellirte Forster den Premier⸗Minister, ob eine Antwort auf die vorige Woche von Lord Derby an den britischen Botschafter in Konstantinopel gerichtete An⸗ frage in Bezug auf die angeblichen Barbareien in Bul⸗ garien eingegangen sei. In der „Times“ und „Daily News“ vom vori⸗ gen Sonnabend seien Briefe erschienen, welche die ersten Mittheilungen die⸗ ser Blätter bestätigen und hinzufügen, daß eine Menge bulgarischer Mädchen öffentlich in die Sklaverei verkauft wurden und daß sehr viele Bul⸗ garier in türkischen Gefängnissen auf die Folter gespannt wurden. Disraeli erwiderte, daß auf die nach Konstantinopel gerichtete Anfrage noch keine Antwort eingegangen sei; auch sei es unmöglich, daß schon eine Antwort da sein könne. Was die mit diesen Barbareien in Bulgarien verknüpften Schriftstücke betrifft, fuhr der Kabinetschef fort, so wird darin ein zwischen der Regierung und unserem Bot⸗ schafter gepflogener Schriftwechsel vorgefunden werden. Alles was wir über die Angelegenheit empfangen haben, wird in den
Tagen erfolgen wird. Was die fürchterlichen rbareien be⸗ trifft, von denen wir gelesen haben, und auf welche der sehr ehren⸗ werthe Herr hinweist, so wage ich noch immer die Hoffnung auszu⸗ drücken, daß wenn wir erst besser unterrichtet sind, wir finden werden, daß diese Mittheilungen durch die thatsächlichen Vorgänge kaum ge⸗ rechtfertigt sind. Wir sind in beständiger Verbindung mit unserem Botschafter in Konstantinopel, der gegen solche fürchterliche Vorgänge nicht unempfindlich sein wüͤrde. Ich kenne keinen Mann, der in sol⸗ chen Fällen fester oder energischer handeln würde, als Sir Henry Elliot. Wir sind auch in Verbindung mit unseren sehr fähi⸗ gen Konsuln in Belgrad, Ragusa und Cettinje, aber ihre Berichte enthalten nichts, was auf einen so schrecklichen Stand der Dinge in Bulgarien schließen ließe. Daß während des Krieges in Bulgarien Gräuel verübt wurden, bezweifle ich nicht und habe es auch niemals einen Augenblick bezweifelt. Insurrektionskriege sind stets Gräuelkriege. Es sind Kriege, die nicht von regulären Truppen geführt werden, und in diesem Falle sind es selbst nicht irre⸗ guläre Truppen, sondern eine Art von posse comitatus einer bewaff⸗ neten Bevölkerung. Daß Aufstandskriege barbarisch sind, wissen wir aus unserer eigenen kleinen Erfahrung. Wir wissen, daß jüngst
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eine unserer Kolonien, eine alte Kolonie Englands, — ich spreche
von Jamaika — die Scene einer Panik war, auf die Niemand ohne ein Gefühl tiefer Erschütterung und Pein zurückblicken kann. Aber daß in diesem Falle 10,000 Einwohner einer einzigen Provinz einge⸗ kerkert wurden, verdient wohl kaum Glauben. Die Berichte von der Anwendung der Folter sind auch sehr zweifelhaft, denn orientalische Völker pflegen mit ihren Gefangenen weit summarischer zu verfah⸗ ren. Obwohl im Ganzen genommen ohne Zweifel Vieles stattge⸗ funden haben mag, was wir beklagen müssen, so kann ich nur die Hoffnung hegen, daß manche der Angaben der Begründung entbehren. Ich kann dem Hause nur wiederholen, daß ede Anstrengung gemacht werden wird, der Regierung
„Konstantinopel an’s Herz zu legen, die fürchterlichen Scenen, die t unvermeidlich scheinen, so viel als möglich zu mildern. Wenn die Information von Konstantinopel ankommt, wird nicht ein Augen⸗
blick verloren werden, dieselbe zur Kenntniß des Hauses zu bringen,
aber vor der Hand ist keine eingegangen.
An die Darlegung des Kabinetschefs knüpfte sich eine kurze Debatte, im Verlaufe welcher der Regierung aus dem liberalen Lager heftige Vorwürfe gemacht wurden. Sir E. Watkie empfahl, den britischen Borschafter in Konstantinopel zu instruiren, eine Untersuchungskommission nach Bulgarien zu senden. Disraeli wieder⸗ he daß alle Information im Besitz der Regierung in dem in
urzem dem Hause vorzulegenden amtlichen Schriftwechsel gefunden werden würde. Er fügte hinzu, er leugne nicht, daß Barbareien in Bulgarien verübt worden, aber die Regierung habe keine Kenntniß von den Details, welche die Journale veröffentlichten. Damit wurde der Gegenstand verlassen.
— Die vor einigen Tagen durch die ganze englische Presse gegangene Mittheilung, daß 100 Milizen des Bezirkes Armagh vor der Einschiffung ihres Truppentheiles zu den bei Dorking stattfindenden Manövern desertirt seien, erweist sich, der „E. C.“ zufolge, als eine starke Uebertreibung. Einem Schreiben des Lord⸗Lieutenants von Armagh zufolge, fehlte bei der Ab⸗ fahrt nur ein einziger Mann.
—, Am Freitag wird eine Konferenz von Besitzern ägyptischer Bonds hier stattfinden, um denselben Gelegen⸗ heit zun geben über die Bestellung Goschens als Schiedsrichter zwischen den Bondsbesitzern und der ägyptischen Regierung Be⸗ schluß zu fassen.
Frankreich. Paris, 12. Juli. Das Hauptereigniß des Tages ist die Kammerdebatte und die Abstimmung über das Maire⸗Gesetz. Dasselbe ist, wie gemeldet, angenommen, und der Minister des Innern hat seinen Posten behalten. Das „Journ. des Deb.“ bemerkt dazu: „Nichts ist lehrreicher als eine Prüfung der beiden Abstimmungen über den Antrag Le Pomellec wegen Vertagung des Maire⸗Gesetzentwurfes und wegen des Art. 1 des Gesetzes. Nach allen Zeitungen ist es mit 389 gegen 80 geschehen, nach dem „Journal officiel“ bildeten nur 76, nach einem Telegramm der „Köln. Ztg.“ 77 die Minorität. Die Gründe dieser Abweichungen sind leicht zu erklären; mehrere royalistische Deputirte liefen, als die Abstimmung begann, durch die Reihen der Rechten und des Appel au peuple, um ihre Freunde zu bewegen, Herrn v. Fourtou in seinem Kampfe gegen das Ministerium zu folgen. Um das Kabinet zu stürzen, verbanden sie sich ohne Zaudern mit den Bonapartisten. Aber das Mandõover scheiterte, weil es vorher nicht verabredet war. Einige Royalisten blieben zwar in der Reihe der Besiegten, andere traten noch vor der Niederlage den Rückzug an, andere zogen ihre Namen aus der Urne zurück. Und so erklärt sich die Differenz zwischen den verschiedenen Angaben. Jedenfalls haben Royalisten und Bona⸗ partisten gesehen, wie schwach ihre Partei vertreten und auch die Linke hat erkennen müssen, daß sie sich nicht von dem Kabinet trennen darf. — In der Abstimmung über Artikel I. hatte die Regierung 434 Stimmen gegen 22 für sich; dies ist der Rest die so lange Frankreich nach Belieben hat gängeln wollen.“
— Bei den Berathungen des Senatsausschusses hat sich herausgestellt, welches jetzt der Bestand der katholischen Fakultäten ist. Die non Paris, bei Weitem die bedeutendste, hat 125 Studenten der Rechte, 30 der Philologie und 8 der Naturwissenschaften.
Versailles, 13. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer erwiderte der Minister des Auswärtigen, Herzog Decazes, auf die Interpellation des Deputirten Louis Blanc, betreffend die orientalischen An⸗ gelegenheiten, er sei nicht in der Lage, die auf die orienta⸗ lische Frage bezüglichen Dokumente der Kammer mittheilen zu fönnen, auch erachte er es weder für opportun noch für nützlich, in eine Diskussion über die in Rede stehenden Ereignisse einzu⸗ treten. Die Frage über die Allianzen Frankreichs im Orient sei nicht geeignet, zum Gegenstande einer öffentlichen Debatte gemacht zu werden. Die Kammer felbst er⸗ warte von der Regierung, daß sie sich nicht thätig bei den Ereignissen im Orient betheilige. Frankreich habe das Recht, sich ausschließlich mit seinen inneren Angelegenheiten zu beschäf⸗ tigen, theuer genug erkauft. Die Regierung sei in dieser Hin⸗ sicht derselben Ansicht, wie die Kammer, sie könne sich indeß nicht gänzlich dieser Frage fern halten und bemühe sich deshalb, mit den übrigen Mächten ein Einvernehmen herzustellen, welches gegenwärtig auf einer Basis der absoluten Nichtinterven⸗ tion und eines vertraulichen Einverständnisses über alle Even⸗ tualitäten, welche sich ereignen könnten, hergestellt sei. Diese Politik ermöglichte es, den entbrannten Kampf zu lokalisiren, und lasse in Kurzem ein Ende desselben zum größeren Wohle selbst derjenigen erwarten, welche den Kampf in so unkluger Weise unternommen haben. Die Veröffentlichung der bezüglichen Aktenstücke würde zur Zeit nur Unzuträglichkeiten haben und der Regierung sowie der Kammer nur eine bedauerliche Verantwortlichkeit auf⸗ bürden. Seit einem Jahre habe Frankreich fortgesetzt Beweise von Umsicht und Würde gegeben. Die Spuren hiervon würde man bei jedem Stücke der diplomatischen Korrespondenz finden.
Die Regierung müsse daher die Kammer ersuchen mit die⸗ Schriftstücken gefunden werden, deren 11ee in wenigen 3 9 T h fush S. 8
ser Erklärung zu begnügen und sich überzeugt zu halten, daß die Interessen, sowie die Würde des Landes weder in Bezug auf die innere noch auf die äußere Politik von der Regierung werde kompromittirt werden. — Die Erklärung des Ministers wurde mit großem Beifall aufgenommen.
Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde die Wahl des klerikalen Deputirten Mun mit 308 gegen 181 Stimmen für ungiltig erklärt. Der Deputirte Germain Casse (radikal) theilte schließlich dem Hause mit, daß er morgen eine Inter⸗ pellation wegen der bei der Wahl Muns vorgekommenen unge⸗ setzlichen Handlungen des Klerus an die Regie⸗ rung richten werde. — Morgen wird in der Deputirten⸗ kammer der Bericht der Kommission für die internationale Ausstellung im Jahre 1878 berathen.
Türkei. Die heute vorliegenden Telegramme vom Kriegsschauplatze lauten:
Konstantinopel, 13. Juli. (W. T. B.) Nach Nach⸗ richten, welche der Regierung aus Mostar zugegangen sind,
ist der General Selim Pascha, welcher mi 2 Bataillonen von Gaczko (auf manchen Karten Metochia genannt), nach Ne⸗ wesinje marschirte, in dem Engpaß von Zallan mit einer bedeutenden montenegrinischen Truppenmacht zusammen⸗ getroffen. Die Montenegriner versuchten ihn einzuschließen. Nach einem hartnäckigen zwölfstündigen Kampfe gelang es Selim Pascha, durchzubrechen und sich noch aller der Punkte zu be⸗ mächtigen, welche der Feind besetzt hatte. Die Montenegriner er⸗ litten beträchtliche Verluste und mußten sich zurückziehen. Der Engpaß von Zallan und die Straße nach Gaczko sind dem⸗ nach frei. Konstantinopel, 14. Juli. (W. T. B.) Der Regie⸗ rung ist vom Kriegsschauplatze folgende Meldung zugegangen: Die Division von Wischegrad hat am 11. d. auf serbischem Gebiete bei Kondreduman (2) ein siegreiches Gefecht geliefert und nach demselben den genannten Ort besetzt. Achtzehn große Depots von Munition und Lebensmitteln sind in die Hände der türkischen Truppen gefallen. Der Ort ist durch das Feuer der türkischen Artillerie eingeäschert worden. Die Ver⸗ luste der Serben sind beträchtlich. Die türkischen Truppen sind gegenwärtig damit beschäftigt, sich an verschiedenen Stellen des Ortes zu verschanzen. Eine serbische Division, welche von Jeni⸗Warosch her einen Angriff gemacht hatte, wurde eben⸗ falls zurückgeschlagen. Sechszig bis siebenzig christliche Familien aus der Umgegend von Mitrovitza sind mit den Serben geflüch⸗ tet und befinden sich ohne Mittel des Unterhalts im Balkan. Einige von ihnen haben sich bereits unterworfen und sind nach ihrer Heimath zurückgekehrt. Belgrad, 13. Juli. (W. T. B.) Der Regierung ist vom Kriegsschauplatze folgende Meldung zugegangen: Gestern Nachmittag griff Oberst Leschjanin die verschanzten Stellungen
DOsman Paschas an. Der Kampf dauerte bis in die Nacht
und wurden die Türken gezwungen, ihre Stellungen aufzu⸗ geben. Die serbischen Truppen standen der Konstantinopeler Garde gegenüber.
— Einer Meldung der „Politischen Korrespondenz“ vom 13. Juli aus Belgrad zufolge würde die Absetzung des Fürsten Milan, wenn dieselbe von Seiten der Pforte aus⸗ gesprochen werden sollte, mit einer vollständigen Unabhängigkeits⸗ erklärung Seitens Serbiens beantwortet werden. — Derselben Korrespondenz zufolge haben sich viele griechische Gemein⸗ den in Bulgarien erboten, dem Sultan Freiwillige zu stellen. In Fula Bulgar, Popinzi und anderen Orten haben sich griechische Freiwillige gegen bulgarische Insurgenten
geschlagen. Der Verkehr zwischen den Griechen und den Bul⸗ garen wird immer gespannter.
— „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ wird aus
Ragusa gemeldet: Peko Pavlovitsch hat die Türken am
13. d. bei Klek geschlagen und denselben 150 Hinterlader ab⸗ genommen. Der Verlust der Türken wird auf 150 Todte und Verwundete, der der Insurgenten auf 30 Todte und Verwundete
angegeben.
— Wie das „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ vom 13. Juli erfährt, sind außer dem Hafen von Klek sämmtliche Häfen an der dalmatinischen Küste für jede Art tür⸗ kischer, wie montenegrinischer Kriegscontrebande gesperrt.
— Den „H. N.“ wird aus Semim unter dem 12. Juli telegraphirt: Zwischen Serbien und Montenegro ist ein Ueber⸗ einkommen getroffen worden, demzufolge Serbien die Führung eventueller Unterhandlungen mit der Türkei allein übernimmt. Serbien verlangt für sich die Abtretung Altserbiens, eines Theiles von Bosnien und Bulgarien und 15 Mill. Dukaten, für Montenegro einen Theil von Bosnien und die ganze Herzegowina. — Die Mo⸗ rava⸗Armee der Serben hatte für die letzten Tage der vergan⸗ enen Woche einen Infanteriesturm auf Nisch vorbereitet, der jedoch bis heute unausgeführt blieb, da die Armee gezwungen ist, zahlreiche Unterstützungstruppen an die serbische Drina⸗- und die Timok⸗Armee abzugeben. Am Timok sind die Türken im Vorrücken. Ser⸗ bischerseits sind alle mobilen Reserven bereits in Aktion getreten, die letzte wird eben mobilisirt und schleunigst an die Grenze be⸗ ordert. Das Land ist von Truppen entblößt. Bei einer großen Menge von Verwundeten ist wenig ärztliche Hülfe zur Hand.
— Einem Telegramm der „D. A. C.“ von heute 8 Uhr Morgens zufolge, wäre „nach den siegreichen Gefechten der Montenegriner bei Gaczko und der Serben bei Wischegrad die Verbindung zwischen diesen beiden Heeren vollzogen.“
— Eine übersichtliche Schilderung der Kriegslage giebt eine Korrespondenz aus Konstantinopel vom 7. d. M., welche der Nat. Ztg.“ zugeht.
Die türkischen Truppen halten danach Serbien und Montenegro umklammert. Ihr äußerster rechter Flügel unter
sman Pascha hat die Festung Widdin zum rückwärtigen Stütz⸗ punkt, und lehnt sich an die Donau, wo eine Flotille, aus fünf gepanzerten Kanonenbooten bestehend, zur Aktion wider Serbien bereit ist, während der äußerstelinke Flügel (nunmehr unter Derwisch Paschas Befehl) sich rechts und links vom Bofana⸗ Fluß am Skadar See, die türkische Festung Podgorizza in Front, postirt befindet und bis zum adriatischen Meere, bei Antivari (Bar), reicht. In dem Raume zwischen Montenegro und Ser⸗ bien, d. h. in der Herzegowina und in Bosnien, befehligt
Achmed Moukhtar Pascha. Derselbe wird demnächst sein seit⸗
heriges Hauptquartier von Gazko nach Wischegrad, d. h. an die serbische Grenze, etwa gleich weit von dem Einfluß des Drinaflusses in die Save einerseits, und von Jeni Basar an⸗ dererseits, entfernt verlegen.
Auf dem vorehrwähnten rechten Flügel führt Achmed Ejub Pascha den Oberbefehl. Er hatte seither sein Hauptquartier zu Nissa. Unter ihm steht der vorerwähnte Os⸗ man Pascha und als Chef seines Generalstabes fungirt der in Belgien ausgebildete Nedschid Pascha. Die von Achmed Moukh⸗ tar Pascha in Gacko leer zu lassende Stelle als Ober⸗Befehls⸗ haber in der Herzegowina wird Mustapha Dschelal Eddin Pascha, ein geborener Pole, einnehmen. — Ach med Ejub Pascha, dem zunächst die Aufgabe, den Angriff gegen Serbien zu leiten, anheim fällt, ist ein Mann in der zweiten Hälfte der vierziger Jahre stehend, in der türkischen Militärschule Harbije
ekteb ausgebildet, und zwar unter den Augen des späteren Seraskers Hussein Avni Pascha, der damals an dieser Anstalt als Lehrer fungirte und ebenfalls seine Erziehung in ihr erhalten hat. Der heutige Chef des Corps von Nissa zeigte früh eine gleich⸗ artige Begabung, wie Hussein Avni Pascha, für die Administration. — Ein noch jüngerer Mann als Achmed Ejub ist Achmed Moukhtar Pascha. Man glaubt, daß er das 40. Lebensjahr noch nicht überschritten habe. Auch er fungirte, ähnlich wie Hussein Apni Pascha, vordem als Lehrer an der erwähnten Militärschule Harbsse Mekteb, und hat, wie dieser, einige Schrif⸗ ten ins Türkische übersetzt. Längere Zeit stand er dem in Jemen formirten VII. Armee⸗Corps als dessen Chef und später dem II. in Schumla und dem IV. in Erzerum vor. Unmittelbar
von letzterem Posten aus trat er, im Dezember 1875, den als
Befehlshaber in der Herzegowina an. — Im Gegensatz zu den beiden Vorgenannten ist Derwisch Pascha (derselbe, welcher bei Ausbruch der Insurrektion General⸗Gouverneur von Bosnien und der Herzegowina war) ein bereits älterer Mann, vielleicht ein hoher Sechziger. Er macht den Eindruck eines Alttürken. — Osman Pascha wird als der Entschlossenste und als rasch zu⸗ greifend geschildert, zugleich als ein noch jüngerer Mann, sein Rang ist Divisions⸗General.
— Der „Politischen Correspondenz“ entnehmen wir fol⸗ gende Mittheilungen:
Belgrad, 9. Juli. „Die gestrige offizielle Zei⸗ tung „Srbske Novine“ brachte in der bekannten An⸗ gelegenheit der Beschießung des Remorqueurs „Tis za“ fol⸗ gendes Communiqué: „Indem die Fürstlich serbische Regie⸗ rung ihrem Bedauern über den Vorfall, der sich blos aus Miß⸗ verständniß ereignen konnte, Ausdruck giebt, erklärt sie hiermit, daß sie eine strenge Untersuchung angeordnet und gleichzeitig befohlen hat, daß der Kommandant des betreffenden Wachpostens zur Verant⸗ wortung gezogen und bestraft werden soll. Gleichzeitig hat die Fürstliche Regierung die bestehenden Vorschriften verschärft, um solche unliebsame Vorfälle künftighin unmöglich zu machen. Denn so sehr wir auf der Hut sein müssen wegen der ver⸗ breiteten Gerüchte, die Türkei wolle Serbien zu Wasser angreisen, eben so sehr müssen wir uns bemühen, daß die freie Schiffahrt auf der Donau ungestört vor sich gehen könne. Namentlich müssen wir trachten, Alles zu vermeiden, was auch nur die ge⸗ ringste Veranlassung zur Unzufriedenheit der benachbarten Mon⸗ archie geben könnte.“
Der Präfekt von Belgrad, Tuzakovits, fordert im amt⸗ lichen Blatte alle Einwohner der Hauptstadt auf, binnen fünf
Tagen der Behörde über die Quantität der Lebensmittel wie die
Zahl der Wagen, über die jeder verfügt, Bericht zu erstatten; widrigenfalls würde die strengste Strafe auf Grund des Art. 41 des Reglements über Requisitionen jeden treffen.
Der montenegrinische Minister des Innern und Repräsentant des Fürsten von Montenegro im serbischen Hauptquartiere, Mascha Vrbica, ist hier eingetroffen. Gestern wurde er einem Ministerrathe beigezogen, der mehrere Stunden andauerte. „Es soll sich um die von den Fürsten von Serbien und Monte⸗ negro gegenüber der in den Insurgentenlagern vorgenommenen offiziösen Proklamirung derselben zu Fürsten der Herzegowina und Bosniens einzunehmende Haltung gehandelt haben. Wie verlautet, wäre beschlossen worden, daß die Insurgenten⸗Depu⸗ tation, welche aus Wucjak in Bosnien aufgebrochen und unter⸗ wegs nach Paratschin ist, vom Fürsten Milan vorläufig offiziell nicht empfangen werden soll. Dasselbe Verhalten wird Fürst Nikolaus den Herzegowinern gegenüber beobachten.“
„Der Minister⸗Präsident Steftscha Michailovits ist ins Haupt⸗ quartier abgereist. Man bringt diese Reise mit der Frage der Einberufung der Skupschtina zu einer außerordentlichen, sehr kurzen Session in Verbindung. Es soll die Mitwirkung der Skupschtina für Herbeischaffung von Finanzmitteln zur Füh⸗ rung des Krieges als Nothwendigkeit sich herausgestellt haben.“
Auf Antrag des Kriegs⸗Ministers werden abermals zwei neue Divisionen, eine uchte und neunte formirt werden. Dazu werden der Rest der zweiten und die ganze dritte Klasse der Milizreserve herangezogen werden. Die Reserve, welche bis jetzt mit Vorderladern bewaffnet war, erhält nun Hinterlader, in deren Handhabung sie eingeübt wird.
Der Kriegs⸗Minister ließ das Armee⸗Corps des Obersten Leschjanin mit 7000 Mann verstärken. Leschjanin ist in diesem Augenblicke ziemlich weit im Widdiner Paschalik vorgerückt und sind stündlich von ihm Nachrichten über eine größere Aktion zu gewärtigen. Alimpics organisirt bei Beljina 6000 bosnische Freiwillige. Ebenso is( Tschernajeff bei Ak⸗Palanka mit militä⸗ rischer Organisirung zahlreicher bulgarischer Freischaaren beschäf⸗ tigt. Die Drina⸗Armee erhielt 3000 Mann Verstärkung. Wenn man die ganze dritte Klasse der Milizreserve auf den Kriegsfuß bringen sollte, würden 32,000 Mann dem Oberkommandanten zur Verfügung gestellt werden können. Das Armee⸗Corps am Ibar soll gleichfalls auf 20,000 Mann gebracht werden.
Auf allgemeines Verlangen wird die erste Verlustliste dieser Tage veröffentlicht werden. Die Armee hat bis jetzt schon große Verluste, namentlich an Offizieren, zu beklagen. Die Feldspitäler sind mit Verwundeten überfüllt.“ *
— Ueber die Insurrektion in Bosnien wird der „Pol. Corr.“ aus Dvor, 8. Juli geschrieben: Das Insurgentenlager von Corcovaca ist von einer stärkeren türkischen Truppenabthei⸗ lung aus Buzim am 7. d. M. nach Versprengung der Insur⸗
enten zerstöct worden. Die siegreiche türkische Truppe wurde jedoch alsbald durch eine von Brezovaca herbeigeeilte Insur⸗ gentenabtheilung zum Rückzuge gezwungen.
Aus Priedor vom 8. d. M. wird gemeldet, daß die meisten Insurgentencorps gegen die serbische Grenze hin abgezogen sind, um sich mit den serbischen Truppen zu vereinigen. Mit Aus⸗ nahme einiger kleineren Banden, welche im Gebirge zwischen Novi⸗Priedor und Kozara hausen und das gewöhnliche Räuber⸗ handwerk treiben, ist das nördliche Bosnien von Insurgenten fast gänzlich geräumt.
Unter den Türken herrscht große Bewegung. Alles, vom 17. bis zum 60. Jahre, stellt sich zur Vertheidigung des Reiches. Redifs und Askers (Reserven) eilen nach Tuzla, wahrscheinlich um der serbischen Armee in den Rücken zu fallen.
— Ferner liegen der genannten Korrespondenz aus Kostai⸗ nica, 9. Juli, folgende Nachrichten aus Bosnien vor: „Die Insurgenten vom Kozara⸗Gebirge haben ihre Verstecke ver⸗ lassen und einige Bewegungen ausgeführt, welche mit Kämpfen verbunden waren. Tripko Amelits, welcher zwei Kanonen mit sich führt, hat die Kula von Avala cernirt und beschießt nun dieselbe. Vidoje Milanovits besetzte die Straße zwischen Petro⸗ vac und Bihac und unterbricht auf diese Art die Verbindung zwischen diesen beiden wichtigen Städten. Golub cernirt Ostro⸗ vica. Die Kämpfe, welche bei diesen Ortschaften vorfielen, waren ohne Belang.
Dagegen fanden im Vucjack⸗Gebirge ernstere Gefechte statt. Zwei Tabors Baschibozuks und 800 Mann Redifs griffen die Ceta des Djordje Jovanovits am 2. Juli an; es entspann sich ein heftiger Kampf, der nahezu acht Stunden dauerte und nicht gerade glücklich für die Türken endigte, welche 80 Mann an Todten und 140 an Verwundeten verloren. Aber von einem Erfolge der Insurgenten konnte eben so wenig die Rede sein, da dieselben froh waren, sich nur behaupten zu können. Die Insurgenten aus dem Motaica⸗Gebirge sind auf Befehl aus dem serbischen Lager nach Dervent und Odzack aufgebrochen, um in Nord⸗Bosnien zu operiren. Die Zahl dieser Aufständischen wird auf 2200 Mann angegeben.
In Türkisch⸗Brod (Berbir) fand eine Zusammenkunft mehrerer Bosnier aus der Umgegend mit den von Hay⸗ dar Effendi abgeschickten Vermittlern, den Begs Kapitano⸗
vits und Ljubonits, statt. Haydar ließ volle Gemeindeautonomie, Ersatz aller Schäden, Steuerfreiheit für fünf Jahre versprechen und eine neue Verfassung in Aussicht stellen, welche weitgehende Rechte dem Volke gewähren werde. Die Knezen verfügten sich zu den Aufständischen, um denselben diese Propositionen zu überbringen und dieselben zur Niederlegung der Waffen zu bewegen. Sie kehrten jedoch alsbald unverrichteter Sache zurück. Die Insur⸗ gentenchefs erklärten, kein Recht zu Unterhandlungen mehr zu haben; „jetzt seien sie nicht mehr selbständig und ihre Befehle lauten: zu kämpfen.“ Der türkische Divisionär Veli Pascha ist aus Serajewo an die Drina abgegangen. Er führte Verstärkungen nach Beljina.“ — Der „Augsb. Allg. Ztg.“ wird von der bosnischen Grenze vom 6. Juli berichtet: „Seit nahezu drei Wochen haben sich die Insurgenten sowohl in Bosnien als in der Herze⸗ gowina nicht einmal gerührt. Dies hatte wohl seine Bedeu⸗ tung. Man wußte bereits, daß der Krieg zwischen Serbien und der Pforte gewiß sei; auch wußte man, daß ein Allianz vertrag zwischen Serbien und Montenegro besteht, daß daher auch Montenegro in die Aktion treten werde. Und da man alles dies wußte, so sparte man die Kräfte und blieb ruhig, bis Serbien und Montenegro aufmarschiren würden. Indessen ist die Lage der Insurgenten in der Herzegowina auch in dieser Beziehung bei weitem günstiger als die der Insur genten in Bosnien. Die Insurrektion in der Herzegowin grenzt unmittelbar an Montenegro, und Fürst Nikola konnte mit Muße die herzegowinischen Insurgenten organisiren, um gleich bei seinem Uebertritt über die Erenze dieselben seinen montenegrinischen Truppen einzureihen. Ganz anders ist d Lage der Insurgenten in Bosnien. Diese sind von Serbien ganz abgeschnitten, und so lange die serbischen Truppen das geräumige Terrain von der Drina bis zur Unna nicht erobern, kann eine Vereinigung mit der eigentlichen bosnischen Insurrektion nicht stattfinden.“ — Aus Pera, 8. Juli, wird der „Allg. Ztg.“ berichtet: Der tunisische General Rustem Pascha ist hier ange⸗ kommen, um dem Sultan im Namen des Bey von Tunis zu seiner Thronbesteigung Glück zu wünschen. — Die Tabaks⸗ regie der Hauptstadt ist nun definitiv aufgehoben und dafür das in den Provinzen bestehende System eingeführt, nach welchem die Tabaksfabrikation der Privatindustrie überlassen ist. Dem⸗ zufolge ladet eine amtliche Anzeige die bisherigen Regie⸗Unter⸗ nehmer ein, sich bei der Regie zu melden, um die Bedingungen zu erfahren, unter welchen sie hier Fabriken anlegen können. — Der bisherige türkische Gesandte in Amerika, Hr. Blacque, ist zum Direktor des Preßbureaus ernannt; derselbe hat seine Wirksamkeit damit eröffnet, daß alle bis jetzt unterdrückten ader suspendirten Journale freigegeben sind. 8 — Laut Telegramm des „W. T. B.“ aus Salonichi ist das deutsche Mittelmeergeschwader heute früh zur Uebung auf einige Tage in See gegangen. 8 — Von Hrn. Heinrich Wallsee, den eine Depesche aus Semlin bereits für todt erklärt, erhält die „N. fr. Pr.“ das nachfolgende Telegramm: „Semlin, 11. Juli. Ich bin soebe mit gebundener Marschroute von Krusevac in Begleitung d mitverhafteten Hrn. Coutouly von Temps und Galli vom Na⸗ tional hier eingetroffen. Das uns betreffende Gerücht ist wahr⸗
wichen sind und die stationsweisen Meldungen unterlassen haben.“ 1 — Wie der „Messager de Vienne“ meldet, ist in Paris ein Hülfscomité für die Verwundeten aus dem orienta⸗ lischen Kriege mit Hülfscomités zu Brüssel, Bern und Wien gebildet worden. Dasselbe hat sich unter das Patronat der di⸗ plomatischen internationalen Konvention von 1864 zur Verbesse⸗ rung der Lage der verwundeten Krieger in den im Felde stehen⸗ den Heeren gestellt.
Amerika. New⸗York, 12. Juli. Der Kaiser und die Kaiserin von Brafilien treten morgen an Bord des Cunarddampfers „Russia“ von New⸗Vork die Reise nach ESurop an. — Alarmirende Nachrichten über die Indianer übermittelt ein New⸗Yorker Kabeltelegramm der „Daily News“. Da selbe meldet: „Die bisher freundlichen Ventres und Maudan Indianer haben sich in einer Stärke von 3000 Mann den Sioux angeschlossen und andere Stämme drohen dem Beispiel zu folgen. Ein allgemeiner Indianerkrieg scheint unvermeidlich zu sein. Es kursirt ein unbestätigtes Gerücht von der Niederlage und dem Tode des Generals Croock, welcher die Sioux nach der traurigen Niederlage des Generals Custer verfolgte.“
— Die Legislatur von Maine hat an Stelle des zum Schatzsekretär ernannten Hrn. Morrill, den früheren Sprecher des Repräsentantenhauses, Blaine, in den Senat der Union gewählt. 3 Afrika. Aegypten. Kairo, 14. Juli. (W. T. B.) Der Vertrag zwischen der ägyptischen Regierung und dem Syndikate der Bankhäuser für die Zahlung der Coupons de ägyptischen Anleihen ist gestern unterzeichnet worden.
Die Nr. 53 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 6. Juli 1876: Verbot der Beförderung von ge⸗ münztem Golde, Silber. Juwelen u. s. w. in Briefpostsendungen nach Belgien; vom 8. Juli 1876: Briefe mit Werthangabe nach Frankreich und Algerien; vom 4. Juli 1876: Päͤckereisendungen nach Venlo und Oldenzaal.
Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stad Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche vom 2. Juli bis incl. 8. Juli er. zur Anmeldung gekommen: 270 Eheschließungen, 891 Lebendgeborene, 29 Todtgeborene, 891 Sterbefälle.
Kunst, Wissenschaft und Literatur. u“ Nach dem Monarsbericht der Königlich preußi⸗ schen Akademie der Wissenschaften zu Berlin lasen im April d. J. folgende Herren: Schrader, über das lautliche Schwan- ken im Assyrischen; Papadopulvs, Beiträge zur inschriftlichen Topo⸗ graphie von Kleinasten; Rieß, über die neutralen Kämme der Holtz⸗ schen Maschine. Kronecker, Mittheilung; Hercher, über die Geographie der homerischen Flüsse; Hagen, über die gleichförmige Bewegung des Wassers; Peters, uͤber die von Dr. Reinhold Buchholz in Westafrika gesammelten Fische; v. Martens, die von Prof. Dr. R. Buchholz in Westafrika gesammelten Land⸗ und Süßwasser⸗Mollusken. 8
Gewerbe und Handel. 8
Ans dem Geschäftsbericht der Magdeburg⸗Cöthen⸗ Halle⸗Leipziger Eisenbahn⸗Gesellschaft ergeben sich fol gende Daten: Die Einnahmen auf der Stammbahn Magdeburg. Leipzig betrugen insgesammt 9,498,144 ℳ, wovon 2,498,659 ℳ auf den Personenverkehr, 6,590,655 ℳ und 408,830 ℳ auf Extraordinaria entfallen; hierzu 456,793 ℳ Einnahme von Nordhausen⸗Nixei ergiebt in Summa 9,954,938 ℳ Die Ausgaben für die Stammbahn be⸗
trugen 4,849,852 ℳ, woran die allgemeine Verwaltung mit 222,590 ℳ
86.
scheinlich entstanden, weil wir von unserer Marschroute abge⸗