1876 / 165 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 15 Jul 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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heiten, welche imã März monstration der klerikalen Majorität nicht zum Austrag ge⸗ langen konnten. 8

1“ fraktion bestellt ist, darüber giebt eine Münchener Korrespon⸗ pondenz in der „Donau⸗Zeitung“ Aufschluß. Nach derselben beschweren sich nicht blos die liberalen Gegner über nicht erfüllte Hoffnungen auf die diesmalige Landtagssession, sondern es gah auch innerhalb der patriotischen Partei Pessimisten genug, „die mit dem Gange der Dinge innerhalb der Fraktion durchaus nicht zufrieden sind, allein um der Eintracht willen mit dem Gros gingen, um den Gegnern nicht noch mehr Blößen zu geben. In den Klubsitzungen der letzteren Zeit wurden oft harte Worte gewechselt, und namentlich die anfängliche Neigung des Referenten für den Kultusetat zur Aufbesserung der Lehrergehalte hat im Klub sehr heftige Scenen hervorgerufen, so daß das ganze Projekt mußte fallen gelassen werden.“ „In der That, bemerkt die „Allg. Ztg.“, hat der Referent, Hr. Abg. Domkapitular Dr. Schmid, seine Anträge zu Gunsten der Lehrer im Ausschuß selbst fallen gelassen, weil er die Zustimmung seiner Freunde zu denselben nicht erlahgen konnte; die liberalen Ausschußmitglieder hätten jene Anträge freudigst unterstützt und auch die Vertreter der Staatsregierung denselben zugestimmt. Noch steht freilich die Beschlußfassung der Kammer aus, allein es steht zu bezweifeln, ob die dermalige Mehrheit derselben anders als die Ausschuß⸗ mehrheit votiren wird. Die Erhaltung der Eintracht in der Fraktion, die sich so gern die patriotische nennt, wird unsern Volks⸗ schullehrern theuer zu stehen kommen.“

13. Juli. Der Kronprinz von Italien und seine Gemahlin sind heute Morgens nach Dresden abgereist. Der Antrag des Reichsraths v. Bomhard auf Gewährung von 210 Theuerungszulage für die Beamten ist vom Finanzausschuß der Kammer der Reichsräthe abgelehnt worden.

13. Juli. In der II. Abtheilung der Kammer der Ab⸗ ‚geordneten hat die ultramontane Mehrheit gestern Abends nach mehr⸗ stündiger Debatte beschlossen, daß auch die Wahlen des Wahl⸗ kreises Würzburg I. kassirt werden sollen, zwar nicht aus den von den Reklamanten angeführten Gründen, die nicht erwiesen wurden, sondern wegen angeblich ungesetzlicher Eintheilung der Urwahlbezirke, obwohl die Eintheilung in der Hauptsache die⸗ selbe war wie seit dem Bestehen des Wahlgesetzes, ohne jemals angefochten zu werden. Abg. Langlois hat über die Würz⸗ burger Wahl der Kammer einen schriftlichen Bericht zu erstatten.

Baden. Karlsruhe, 13. Juli. Der Großherzog ist gestern Abend, von Baden kommend, in Karlsruhe eingetroffen und heute früh nach Schloß Mainau abgereist.

In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde über die Abänderung der Ersten Kammer in dem Ober⸗ Rechnungskammer⸗Gesetz die Verwerfung der Ein⸗ holung des Gutachtens des ständischen Ausschusses bei der Er⸗ nennung des Präsidenten durch den Großherzog berathen. Die Kammer trat dem Beschlusse der Ersten Kammer bei, um das Gesetz zu ermöglichen, sprach aber den Wunsch zu Protokoll

aus, daß bei der demnächstigen Verfassungsrevision dem Antrage Folge gegeben werde.

In der heutigen Sitzung der Ersten Kammer wurde das Militärwittwen⸗Gesetz nach den neuesten Vorschlägen der Zweiten Kammer genehmigt. Die Verwaltungs⸗Räthe der badischen Privat⸗Eisenbahnen hatten sich nach dem Vorgange der Heidelberg⸗Speierer Bahngesellschaft an beide Kammern gewendet um Feststellung billigerer Grundsätze bei Betriebsabrech⸗ nungen mit der Generalidrektion. Da aber die Regierung er⸗ klärte, daß die gegenwärtigen Grundsätze auch in Zukunft Gel⸗ tung hätten, so gingen heute beide Kammern darüber zur Tages⸗ ordnung über. Auch der von der Zweiten Kammer vorgeschlagene Gesetzentwurf über Vereinfachung der Wahlordnung wurde

in der Ersten Kammer anstandslos genehmigt.

14. Juli. Die „Karlsr. 3.“ veröffentlicht heute die amtliche Bekanntmachung, daß die Ständeversammlung morgen den 15. geschlossen wird.

Hessen. Darmstadt, 13. Juli. (Frkf. J.) Nach der „Reichs⸗Gewerbeordnung sollen Streitigkeiten der Gewerb⸗ treibenden mit ihren Gesellen, Gehülfen oder Lehrlingen, die sich auf den Antritt, die Fortsetzung oder Aufhebung des Arbeits⸗ oder Lehrverhältnisses, auf die gegenseitigen Leistungen, die Zeugnisse ꝛc. beziehen, wenn für diese Streitigkeiten im ein⸗ zelnen Bundesstaat nicht etwa besondere Behörden bestehen, von den „Gemeindebehörden“ entschieden werden. Der Miß⸗ stand, daß für das bei diesen Entscheidungen einzuhaltende Ver⸗ fahren keinerlei reichsgefetzliche Vorschrift besteht, indem ein hierauf bezüglicher Gesetzentwurf vom Reichstag abgelehnt wurde, nöthigt nunmehr die einzelnen Bundesstaaten zum selbständigen Vorgehen, und insbesondere hat bie hessische Regierung in der fraglichen Richtung Abhülfe in Zweiter Kammer zugesagt.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 13. Juli. Die „Presse“ Kschreibt: „Das uns zuerst gemeldete, aus Süddalmatien und

ͤwar aus slavischer Quelle stammende Gerücht, daß der Hafen von Klek fortan während der Kriegsdauer den Türken ver⸗ schlos sen sein soll, wurbe vielfach und auch von uns ange⸗ zweifelt. Heute findet dasselbe in einer uns neuerdings aus Ra⸗ gusa zugehenden Meldung nan doch seine Bestätigung und seine Erklärung. Es sollen Verfügungen getroffen sein, nicht blos Klek, sondern auch die Buchten von Cattaro zu schließen und überhaupt längs des ganzen dalmatinischen Littorals jede Zufuhr von Streitkräften, Munition, Waffen und Kriegskontre⸗ bande welcher Art immer und für melchen der kriegführenden Theile immer zu verhindern. Es wäre das eine praktische Kon⸗ seguenz des acceptirten Prinzips der Nicht⸗Interwention und würde Montenegro und seinen herzegowinischen Heer bann ebenso berühren, wie die Pforte. An der Festlandgren ze ist die Durchführung dieser Absperrung bekanntlich insbesondere gegen⸗ über Serbien mit größter Strenge bereits durchgeführt.“

Ueber die Bankfrage wurde kürzlich gemeldet, daß

Die Fachreferenten von beiden Seiten je ein Bankstatut ausgear⸗ Beitet haben, welches abweichende Bestimmungen enthält, bezüg⸗

lich deren jetzt zwischen den beiden Finanz⸗Ministern Ver hand⸗ ungen gepflogen werden. Wie nun weiter gemeldet wird, wer⸗

deenn auch mit den Leitern der Nationalbank die Verhandlun gen in der nächsten Woche aufgenommen werden.

Der Botschafter Graf Wimpffen hat sich von Rom

direkt nach Paris begeben, um dort seine Beglaubigungsschreiben

zu überreichen.

In nsbruck, 13. Juli. Der „N. fr. Presse“ wird von hier emeldet, daß man hier die Einberufung des Tiroler Land⸗ ags für die zweite Hälfte des Monats August erwartet. Der weck dieser ist die Erledigung jener Angelegen⸗

ieses Jahres wegen der bekannten De⸗

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Pest, 13. Juli. mer Zeit die Nachricht, daß der Handels⸗Minister B. Si⸗ monyi zu demissioniren entschlossen sei. Ein hiesiger Be⸗ richterstatter der „Pol. Corr.“ hatte unlängst, an jene Nachricht anknüpfend, gemeldet, daß Simonyi geneigt wäre, von seinem Vorhaben abzustehen, wenn der in Wien vereinbarte Ausgleich nur auf fünf Jahre geschlossen würde, und daß sich in ungarischen politischen Kreisen eine beachtenswerthe Strö⸗ mung im Sinne einer derartigen Beschränkung der Ver⸗ tragsdauer geltend mache. Auch wurde in jener Pester Kor⸗ respondenz angedeutet, daß diese Bewegung nicht so ganz aus⸗ sichtslos sei, da eine Zersplitterung des gegenwärtigen Kabinets bedenklich wäre, Kommunikations⸗Minister Pechy aber bezüglich des Ausgleiches ganz die Ansichten seines Kollegen Simonyi theile. Alledem gegenüber erklärt nun „Hon“, daß der Rücktritt Simo⸗ nyi's allerdings sehr wahrscheinlich sei, jedoch auf rein persön⸗ liche Motive zurückzuführen und somit ohne politische Bedeutung sein werde; die Kombination bezüglich seines eventuellen Ver⸗ bleibens im Amte sei unbegründet. Was Minister Pechy betrifft, so erinnert „Hon“ an die Rede, mit welcher der Minister im Klub der liberalen Partei für den Wiener Ausgleich einge⸗ treten ist. Bezüglich der Gerüchte von der beabsichtigten Ver⸗ theilung des Handels⸗Ministeriums zwischen Minister⸗Präsidium, dem Ministerium des Innern, des Handels und des Unterrichts sagt dasselbe Blatt, daß hievon wohl in den kompetenten Kreisen die Rede war, doch sei dies noch kein Plan, der zudem nur durch ein Gesetz verwirklicht werden könnte.

Nach dem „Kelet Nepe“ ist zwischen Rumänien und der Türkei sowohl betreffs der Neutralisirung der Donau eine Vereinbarung, als auch zwischen beiden Staaten eine voll⸗ ständige Konvention geschlossen worden, in welcher Ru⸗ mänien verspricht, während des Krieges neutral zu bleiben.

Agram, 13. Juli. In der heutigen Landtagssitzung

tärgrenze und sagte, das einzige Hinderniß derselben seien die Deutschen und Magyaren.

Schweiz. Bern, 12. Juli. Die Konsekration des Bischofs der christkatholischen Kirche in der Schweiz wird am 20. August zu Rheinfelden durch den Bischof Reinkens vorge⸗ nommen werden. Der hiesige spanische Gesandte, Vi⸗ comte de Manzanera, hat dem Bundesrath offiziell gemeldet, daß seine Regierung demnächst ihre diplomatische Vertretung bei der Eidgenossenschaft aufheben wird.

Niederlande. Amsterdam, 14. Juli. (W. T. B.) Die Nachricht, daß das Demissionsgesuch des gesammten Ministeriums von dem Könige nicht angenommen werde, bestätigt sich; nichtsdestoweniger dürften aber dennoch ein oder zwei Minister aus dem Kabinete ausscheiden.

Großbritannien und Irland. London, 14. Juli. (W. T. B.) Die eine der Deputationen, welche heute vom Grafen Derby empfangen wurden, wurde von John Bright geführt. Derselbe überreichte eine Denkschrift, welche von 40 Parlamentsmitgliedern und 571 anderen Persönlichkeiten aller Parteien unterzeichnet ist und sich für Aufrechterhaltung vollkommener Neutralität ausspricht. Graf Derby erklärte in seiner Antwort, daß er für eine Politik

daß die befreundeten Mächte das Ende des gegenwärtigen Kam⸗ pfes beschleunigen wollten. Die überreichte Denkschrift ent⸗ spreche durchaus seinen Anschauungen. Die englische Regierung habe sich nur aus dem Grunde geweigert, dem Berliner Memorandum beizutreten, weil sie nicht geglaubt habe, daß der in dem Memorandum dargelegte Plan sich werde durchführen lassen. Die Regierung sen der Ansicht gewe⸗ sen, daß die Pforte das Memorandum nicht annehmen werde und daß ebenso auch ein großer Theil der Insurgenten dasselbe verwerfen werde. Außerdem habe die Regierung gewußt, daß das Memorandum aus einem Kompromiß hervorgegangen sei zwischen den Mächten, welche, obwohl sie gemeinschaftlich zu handeln wünschten, nicht vollständig über die einzuschlagende Politik einig wären. Die Regierung habe geglaubt, daß das Me⸗ morandum zu Mißhelligkeiten geführt haben vürde. Die englische Politik werde selbst von denen gebilligt, welche sie Anfangs nicht verstanden und mit ihren Maß⸗ nahmen nicht einverstanden gewesen waren. Was die Entsen⸗ dung der englischen Flotte nach der Besika⸗Bai enlange, so habe die Lage der Dinge in Konstantinopel vor dem Tode des Sultans Anlaß zu Befürchtungen gegeben und die Vertreter der fremden Mächte in Konstantinopel hätten in einer Zusammenkunft einstimmig es für wünschenswerth erklärt, für die Nichtkombattanten den Schutz einer bewaffneten Macht zur Verfügung zu haben. Die Initiative zu diesem Schritte sei daher von Konstantinopel und nicht von London ausgegangen. Graf Derby fuhr alsdann fort: Ich billige diesen Schritt voll⸗ ständig und übernehme für ihn die volle Verantwortlichkeit, aber ich bemerke, daß es kein Schritt ist, welcher von England allein unternommen ist, sondern der in Uebereinstimmung mit allen Mächten erfolgt ist. Dieser Schritt rechtfertigt also nicht die Besorgnisse, welche man hinsichtlich unserer Politik hegte. Es ist schwer, über die Zukunft zu urtheilen, aber ich glaube, daß es sehr unwahrscheinlich ist, daß ein allge⸗ meiner europäischer Krieg sich aus den Ereignissen, welche jetzt innerhalb der Grenzen des türkischen Reiches vorgehen, entwickeln wird. (Lebhafter Beifall.) Ich sehe nicht den Punkt, von dem aus der Krieg kommen könnte. Bei der Besprechung der Lage und der Tendenzen der auswärtigen Regierungen ist Zurück⸗ haltung geboten, aber es ist ohne Weiteres ersichtlich, daß Franl⸗ reich und Italien aus finanziellen und anderen Gründen gänzlich abgeneigt sind, irgend einen Schritt zu thun, welcher allgemeine Stbrungen herbeiführen könnte. Es ist wohl bekannt, daß die deutsche Regierung und, wie ich glaube, auch das deutsche Volk kein direktes Interesse an den orientalischen Angelegenheiten haben und diese Frage mit geringerem Interesse ansehen, als die übrigen Länder Europas an ihr nehmen. Ich glaube, sie be⸗ trachten sie nur aus dem Gesichtspunkt und in so weit, als durch dieselbe Verwickelungen in anderen Theilen Europas herbei⸗ geführt werden könnten. Es bleiven noch England, Oesterreich und Rußland. Was England anlangt, so giebt es Niemand in diesem Lande, welcher nicht einen europäischen Krieg als das

rößte Unglück betrachten würde. Oesterreich hat eine besondere Positton und eigenthümliche Schwierigkeiten. Das dualistische System in seiner Verwaltung, welches in seiner Lage ohne Zweifel nothwendig ist, bereitet einer unternehmen⸗ den aggressiven Politik größere Schwierigkeiten, als es sonst der Fall sein würde. Oesterreich hat in seinen Staaten zahlreiche verschiedene Stämme, deren Aufregung ebenso gefährlich für die Sicherheit Oesterreichs wie für die der Türkei ist. Man kann

daher sicher sein, daß Oesterreich aus Gründen seines eigenen Interesses, wenn es nicht andere hat, auf keine Störung des -

Bekanntlich eirkulirt schon seit gerau⸗ Friedens ausgehen wird. Was Rußland anlangt, so giebt es

interpellirte Makanec wegen der Einverleibung der Mili⸗

der vollkommensten Neutralität sei, ausgenommen in dem Falle,

unter einem großen Theile der russischen Bevölkerung sehr starke Sympathien für die Insurgenten in der Türkei. Es giebt dort sogar eine mächtige Partei, welche die . richtung eines mächtigen und einflußreichen reiches unter russischer Leitung wünscht. Aber ein Unterschied, ob eine Partei existirt und mächtig ist, sie die Macht zu handeln in der Hand hat und wenn es ein sichere Thatsache in der Welt giebt, so ist es die, daß der Kaise von Rußland, von dessen Willen und persönlicher Entscheidun mehr abhängt, als von der irgend eines anderen Menschen, ein auf richtiger Freund des Friedens ist. (Beifall.) Außerdem gieb es noch andere Gründe, wie z. B. die Finanzlage, die central asiatischen Angelegenheiten und mehrere andere Ursachen, di nicht nöthig sind zu erwähnen, welche eine aggressive russisch Politik im gegenwärtigen Augenblicke den Interessen de russischen Reiches durchaus nicht entsprechend erscheinen lassen Graf Derby erwähnte zum Beweise dessen die Thatsache daß in Reichstadt zwischen den Kaisern von Rußland und Oesterreich das Einvernehmen hergestellt worden sei au der Basis der absoluten und strengen Nichtintervention so lange der gegenwärtige Kampf dauert. Diese Basis de Nichtintervention, der die englische Regierung zugestimmt habe schließe nicht aus, daß man sich bemühe, ein gutes Ergebniß herbeizuführen und eine Vermittelung anzustreben, aber es se bei dieser Abmachung ausdrücklich die Bedingung hinzugefüg worden, daß, wenn diese Mediation versucht wird, sie in Ueber⸗ einstimmung mit allen europäischen Mächten erfolgen wird (Beifall.) Die Nichtintervention bedeute nicht Gleichgültigkeit Die Erklärung der absoluten Nichtintervention für alle Fälle würde einer Proklamirung der internationalen Anarchie gleich kommen. Diese sei aber weder der Friede, noch der Fortschritt Derby schloß sodann: Wir haben das Mögliche gethan, um den Ausbruch des Krieges zu verhindern, und wir werden jetzt unser Bestes thun, um denselben innerhalb fester Grenzen abzu⸗ schließen. Man darf hoffen, daß man dieses Ziel erreichen wird. Ob das türkische Reich aus inneren Gründen im Stadium des Niederganges ist, das ist eine Frage, über die ich mich nicht aus⸗ sprechen will, aber wenn es der Fall wäre, so würde der Bei⸗ stand der auswärtigen Mächte kein Heilmittel dagegen sein. Wir haben dem kranken Manne unseren Schutz zugesagt gegen Jeden, der ihm nach dem Leben trachtet, aber wir können ihn nicht schützen gegen Selbstmord oder gegen den natürlichen Tod. Wir werden im gegenwärtigen Kriege nicht interveniren und wir werden auch die übrigen Mächte abmahnen, dies zu thun, aber ich glaube nicht, daß unter den gegenwärtigen Um⸗ änden dieses nothwendig sein wird. Wenn sich die Gelegenheit einer Mediation bieten wird, was nicht unwahrscheinlich ist, o werden wir sehr gern die Gelegenheit dazu ergreifen und werden, indem wir uns die Freiheit und Unabhängigkeit des Handelns vorbehalten, mit ebenso viel Nachdruck als die übrigen Mächte, mit denen wir gemeinschaftlich gehandelt haben, zur Befestigung des allgemeinen Einvernehmens unter den großen europäischen Mächten beitragen. Dieses Einvernehmen ist die beste und sicherste Garantie des Friedens. (Großer Beifall). Bright sprach darauf dem Grafen Derby seinen Dank aus und bemerkte, er glaube, daß das ganze Land durch die gegebenen Aufklärungen befriedigt sein werde.

der neue österreichisch⸗ungarische Botschafter, ist gestern hier eingetroffen und hat heute sofort bei den Fürsten Orlow und Hohenlohe Besuch gemacht.

Der „Temps“ erklärt das Gerücht, England sei Frankreich und Italien um freien Durchzug für Truppen ange⸗ gangen, die es nach Aegypten senden wolle, für unbegründet. Es sei ein diplomatischer Gebrauch Englands, diese Mächte jährlich durch eine Note über den zwischen England und Indien stattfindenden Truppenwechsel in Kenntniß zu setzen.

Erneuerung der Handelsverträge beräth, nahm in seiner dritten Sitzung mehrere wichtige Berichte, zunächst einen sol⸗ chen des Herrn Ferdinand Raoul Duval über die Baum⸗ wollen⸗Industrie, entgegen. Schon der alte Tarif hatte den Baumwollen, welche direkt vom Erzeugungsorte eingeführt wer⸗

1860 hatte diese Zollfreiheit auch auf die indischen Baumwollen

schuß empfiehlt, es hierbei auch künftig bewenden zu lassen. Ein zweiter Bericht des Herrn Ferdinand Raoul Duval han⸗ delt von der Leinen⸗ und Hanf⸗Industrie. Der Berichterstatter, welcher eben die Leinendistrikte von Lille in Frankreich und von Leeds, Dundee und Belfast in Großbritannien bereist hat, kon⸗ statirt, daß die Löhne der Arbeiter beider Geschlechter in den eng⸗ lischen Flachs⸗ und Hanf⸗Spinnereien im Allgemeinen höher sind, als in Frankreich, daß dort die Arbeitszeit auf 56 ½ Stunden wöchentlich beschränkt ist, während sie in Frankreich 72 Stunden beträgt, und daß endlich dort kein Kind unter zehn Jahren in den Fabriken zugelassen wird. Auch hier ist der Aus⸗ schuß der Ansicht, daß der Entrepotzuschlag für die Roh⸗ stoffe, welcher durch die Vertragstarife aufgehoben worden ist, nicht wieder hergestellt werden soll. Hr. Balsan endlich berichtet über die Seiden⸗ und Wollenindustrie. Die Seiden⸗ industrie ist danach, Dank ihrem langjährigen Gedeihen, ihrer Kapitalskraft und der Intelligenz und Geschicklichkeit ihres Per⸗ sonals, durchaus in der Lage, den Kampf mit dem Auslande siegreich auszuhalten. Während daher alle anderen Gewerbe⸗ Industrien auf einen Zollschutz dringen, sͤellt sich die Seide ent⸗ schlossen auf den Boden des Freihandels und verlangt nicht nur keinen Schutz⸗, sondern auch keinen Kompensations⸗Zoll. Was die Wollenindustrie betrifft, welche sicherlich eine der reichsten in Frankreich ist, so bieten gewisse Zweige derselben jeder Kon⸗ kurenz Trotz, während andere noch schwer zu kämpfen haben und daher auch mehr oder weniger hohe Zölle für die aus dem Aus⸗ lande eingeführten analogen Artikel bestehen.

In seiner gestrigen (vierten) Sitzung gelangte der Ober⸗ Handelsrath zu folgenden Resultaten: Der disherige Zoll auf Steinkohlen, dessen Herabsetzung, ja selbst gänzliche Abschaffung von einigen Mitgliedern des Ausschusses beantragt worden war, wird beibehalten, desgleichen der Zoll auf Mineralöle. Während für das Regime der Einfuhr von Gold, Silber und Aluminium keinerlei Anordnungen vorgeschlagen wurden, gab der Eisen⸗ zoll zu einer langen und lebhaften Debatte Anlaß, die mit der Beibehaltung des gegenwärtigen Tarifs von 6 Frs. für 100 Kilogramm Eisen endete. Die Zölle auf Stahl wurden hin⸗ gegen von 9 auf 6 Frs. für alle Arten von Schienen und von

11 Frs. 50 auf 9 Frs. für die Bleche herabgesetzt. Die Fabri⸗

kation des unter dem Namen „Bessemer⸗Stahl“ bekannten Coke⸗ Stahls ist übrigens in stetem Wachsen begriffen, im Jahre 1873

Frankreich. Paris, 13. Juli. Graf Wimpffen;

Der Ober⸗Handelsrath, welcher gegenwärtig unter dem Vorsitze des Handels⸗Ministers, Teisserenc de Bort, über die

den, die Zollfreiheit zugestanden und der Handelsvertrag von

ohne Unterschied der Einführungsart ausgedehnt. Der Aus⸗

6 lage angeführt hatte, empfahl er der Versammlung die Annahme

Standpunkte iteUienischer Zollgesetzgebung aus betrachtet, wider⸗

richtung von bloßen punnti franchi verträglich sein. Auch sei es

wurden 15,000 Tonnen Bessemer⸗Stahl geliefert, etwa zwanzig Mal mehr als wenige Jahre zuvor. Ein Antrag des Herrn Reverchon auf Erhöhung des bisherigen Zolls für Nähmaschinen von 6 auf 12 Frcs. per 100 Kilogramm wurde nicht angenom⸗ men, sondern der bisherige Tarif beibehalten. In Betreff der aus Steinkohlenessenz bereiteten Färbstoffe, wie Alizarin, uilin u. a. m., entschied sich der Ober⸗Handelsrath im Hinblick auf die immer wichtigere Rolle, die sie in der Industrie zu spielen beftimmt sind, für ihre gänzliche Entlastung von allen Eingangsgebühren. 1 Versailles, 14. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer beantragte Gambetta, indem er sich die auf die Untersuchung über die Wahl Muns bezüglichen Fragen vorbehielt, den Bericht über die Ergebnisse dieser Untersuchung dem Kultus⸗Minister Dufaure zu überweisen. Nachdem sich letzterer mit der Ueberweisung einverstanden erklärt hatte, wurde dieselbe von dem Hause genehmigt. Der Deputirte Germain Casse zog hierauf seine gestern angemeldete Inter⸗ pellation zurück. Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde der Gesetzentwurf, betreffend die internationale Ausstellung im Jahre 1878 einstimmig angenommen.

Italien. Rom, 13. Juli. (Ital. Nachr.) Die In⸗ terpellation, welche der Graf Mamiani gestern im Senate an den Chef des Auswärtigen Amts gerichtet hat, bewegte sich hauptsächlich um die Fragen: Glaubt der Herr Minister, daß die Mächte, welche den Pariser Vertrag Unterzeichnet haben, sich über wirksame Mittel verständigt haben, um den im Orient ausgebrochenen Krieg zu lokalifiren und sein Endresultat in gewissen Grenzen zu halten. Der Chef des Aus⸗ wärtigen Amtes entgegnete darauf, daß die Großmächte, welche den Pariser Vertrag unterzeichnet haben, sobald sie erkannten, daß die Ereignisse im Orient ernste Verwickelungen in Aussicht stellten, sich dahin zu verständigen gesucht haben, daß es im Orient nicht zum Kriege kommen möchte, oder daß wenigstens im übrigen Europa der Frieden erhalten bliebe. Man suchte die türkische Regierung und die von Serbien und Montenegro durch gütliche Vorstellungen zu einem Ausgleiche zu bewegen. Aber vergeblic; die Unzufriedenheit war zu hoch gestiegen; und so kam es zum Blutvergießen an der Drina und Morava. Wenn es aber nicht gelang, den Ausbruch des Krieges zu verhin⸗ dern, so ist es wenigstens gelungen, ihn zu lokalisiren. Alle Groß⸗ mächte erkennen das Nichtinterventionsprinzip an, und ich habe, fuhr der Redner fort, eine Depesche erhalten, wonach die Kaiser von Rußland und Oesterreich bei ihrer Zusammenkunft in Reich⸗ stadt von Neuem gelobt haben, diesem Prinzipe treu zu bleiben. Was das Endresultat des Kriegs betrifft, so sind die Großmächte darüber einverstanden, daß die rechtliche Stellung Serbiens und Montenegros zur Pforte durch den Sieg der türkischen Waffen nicht verschlimmert werden kann. Und was die Aus⸗ legung betrifft, welche die italienische Regierung dem Pariser Vertrag giebt, so respektirt sie die der Türkei dadurch zuerkannten Rechte und wird dieser Politik stets treu bleiben, indem sie da⸗ mit ihre Pflicht zu thun und den Beifall des Lan⸗ des zu verdienen glaubt. Der Senator Rasponi fragte darauf, nachdem er anerkannt hatte, daß die Erklärungen des Ministers über die von der italienischen Regierung im Oriente befolgte Politik vollkommen befriedigend sind, ob Italien und die anderen Großmächte wegen der Grausamkeiten, die von

den türkischen Truppen in Bulgarien gegen Frauen und Kin⸗ der verübt worden sein sollen, keine Schritte bei der türkischen Regierung gethan haben. Hierauf entgegnete Herr Melegari, die Regierung habe einsichtsvolle und tüchtige Vertreter im Drient, die ihr tagtäglich über alles berichten, was dort vorfalle, über die vom Vorredner erwähnten Grausamkeiten haben sie aber nichts berichtet. Nachdem auch der Graf Mamiani dem Minister für die von ihm ertheilte Auskunft gedankt hatte, fragte er noch, ob die Großmächte keine Schritte gethan hätten, um die Wirkungen des Krieges zu mildern, damit er in keinen Vertilgungskrieg ausarte, worauf Herr Melegari entgegnete, daß dies Bestreben Gegenstand aller Unterhandlungen gewesen ist, welche von den Regierungen über die Verwickelungen im Orient gepflogen worden sind.

Der Senat trat am 11. d. Mts. in die Verhand⸗ lung des die „punti franchi“ (Freihäfen) betreffenden Gesetzentwurfs. Der Berichterstatter theilte mit, daß dem Centralausschusse von Seiten vieler Handelskammern und Ge⸗ meindevorstände Petitionen für und gegen die Vorlage zugekom⸗ men sind. Hierauf erklärte der Senator Spinola, welcher allein im Centralausschusse die Vorlage vertheidigt und die vorgeschlagene Tagesordnung bekämpft hat, für ihn bestehe die gefürchtete Schmuggelei nicht und sie könne sich ohne Mithülfe der Zollbeamten nirgends zeigen. Sollten aber der Staats⸗ kasse aus den punti franchi wirklich einige Nachtheile erwachsen, so verschwinden diese gegen die großen Vortheile, welche jene dem Handel und der Schiffahrt bringen würden. Daß die punti franchi der Entwickelung der Landesindustrie nicht nachtheilig werden, dafür sprächen die Erfahrungen aus den Zeiten der Freihäfen, welche den Aufschwung der in⸗ ländischen Fabrikation eher befördert als gehemmt hätten. Nachdem der Redner noch andere Gründe zu Gunsten der Vor⸗

derselben. Auch der Senator Vacca vertheidigte den Gesetz⸗ entwurf aus kommerziellen, finanziellen und politischen Gründen und sagte unter Anderm, es sei ebenso erwiesene wie traurige Thatsache, daß viele Schiffe mit ihren Ladungen zum Nachtheile von Venedig und Genua in Marseille und Triest einlaufen, weil Die französische und österreichische Zollgesetzgebung ihnen Vortheile vor der italienischen gewähre. Die An⸗ nahme der Vorlage würde diesem Uebelstande abhelfen und nicht: allein diesen Hafenstädten, sondern dem Handel und der Schifsfahrt des ganzen Landes zu Gute kommen. Aber auch aus anderen Gründen empfahl der Redner die Annahme des Gesetzentwurfs. Der Senator de Cesare suchte dagegen nach⸗ zuweisen, daeß die punti franchi die Entwickelung der Landes⸗ industrie in demselben Grade hemmen, wie sie die des Aus⸗ landes befördern würde, und daß ihre Einrichtung vom

sinnig, von dem der Finanzen gefährlich, und von dem der Vernvaltung störend wäre. Dagegen suchte der Senator Asbengo die Unbegründetheit dieser Be⸗ hauptungen nachzu weisen; denn da das italienische vom Jahre 1862 datirende Zollreglement sich mit dem Freihafen⸗ system vertragen habe, so würde es noch viel leichter mit der Ein⸗

nicht wahr, daß die punti franchi ein Privileg wären, denn sie kämen nicht nur einigen Städten oder einem Stande, sondern dem ganzen Lande zu Gute. Daß sie aber die Schmuggelei

Truppen sind hierselbst angekommen. Ein Telegramm

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hätten, nach Abschaffung derselben nicht gestiegen, sondern viel⸗ mehr gefallen sind. Und daß sie für die Entwicklung der Landes⸗ industrie nicht für gefährlich zu erachten seien, bewiesen die Unter⸗ schriften der Industriellen Venedigs, welche die Petition zu Gunsten der Vorlage mit unterzeichnet haben. 15. Juli. (W. T. B.) In der gestrigen Sitzung des Senates vertheidigte der Minister⸗Präsident Depretis den Gesetzentwurf über die Errichtung von Freihäfen in den Seestädten, indem er erklärte, das Ministerium müsse, im Falle der Entwurf abgelehnt werden sollte, die im Interesse des Landes nothwendigen Verfüͤgungen treffen; der Entwurf bilde einen Theil des ministeriellen Programms. Bei der geheimen Abstim⸗ mung wurden 67 Stimmen für und 67 gegen den Gesetzentwurf abgegeben. Bei der zweiten Abstimmung stimmten 66 Senatoren dafür und 66 dagegen, wodurch das Gesetz abgelehnt wurde Mehrere Senatoren protestirten und erklärten die Abstimmung für ungültig.

Türkei. Die heute vorliegenden Depeschen vom Kriegsschauplatze melden:

Konstantinopel, 15. Juli. (W. T. B.) Die österrei⸗ chisch⸗ungarische Regierung hat der Pforte mitgetheilt, daß sie den Hafen von Klek geschlossen habe. Die ägyptischen

des Gouverneurs von Bosnien meldet, daß die Türken bei Suesanicza (?) bei Novibhazar gesiegt haben. Ebenso errang Selim Pascha einen bedeutenden Sieg über die Mon⸗ tenegriner zwischen Gaczko und Nevesinje und stellte die Verbindung mit den Truppen in Nevesinje her.

Belgrad, 14. Juli. (W. T. B.) Der Regierung ist vom Kriegsschauplatze folgende Meldung zugegangen: Die tür⸗ kischen Nachrichten aus Serajewo über die Kämpfe bei Novi⸗ bazar entbehren der Begründung. Antics steht verschanzt vor Novibazar. Sodann wird in der Meldung behauptet, daß die Serben fast überall auf türkischem Gebiete ständen, während die Türken auf keinem Punkte in das serbische Gebiet einge⸗ drungen wären.

Nach über Ragusa eingegangenen Nachrichten hat die montenegrinische Hauptarmee am 11. d. M. Zrnica (süd⸗ lich nicht weit von Gaczko oder Metochia) in der Herzegowina und zwei andere befestigte Orte gegen geringen Widerstand der türkischen Truppen erobert und 2 Kanonen sowie Waffen er⸗ beutet, während detachirte Corps Newesinje und den Hafen von Klek besetzten. Bei Muritji (westlich vom Scutari See) haben die Montenegriner mit einem Verlust von 400 Mann ein türkisches Corps zurückgeschlagen. Die Verluste der Türken sind nicht bekannt. Moukthar Pascha ist am 12. mit seiner Armee aus Bosnien in Mostar eingerückt.

Einem Telegramm der „D. A. C.“ aus Belgrad vom 15. Juli, 7 Uhr 10 Minuten Morgens zufolge, hielte Leschjanin mit 20,000 Mann Widdin eng cernirt. Zu seiner Unterstützung wäre ein Corps von 10,000 Mann ausgerüstet. Belagerungs⸗ geschütz größten Kalibers ginge nach Widdin ab.

Aus Widdin wird der „Köln. Ztg.“ über Pest unter dem 13. berichtet: Auf morgen erwartet man den Uebergang Fazil Paschas über den unteren Timok. Diesseits des Timoks stehen keine Serben. Die türkischen Truppen in Sofia erwarten Verstärkung um dann die Operationen um Risch zu beginnen.

Der „Pol. Corr.“ wird aus Konstantinopel unter dem 7. Juli u. A. geschriehen: Die Feindseligkeiten bei Widdin so⸗ wie auf der ganzen Linie haben am letztverflossenen Sonntag begonnen. Das Widdiner Armee⸗Corps wird vom Divisions⸗ General Osman Pascha befehligt, welcher, ein Zögling der hiesigen Militärschule, noch vor Absolvirung derselben während des Krimkrieges als Lieutenant in die Armee eingetheilt wurde. Später focht er in Kreta, in Syrien und zuletzt gegen die aufständischen Nomaden in Vemen. Er ist ein Mann von 48 Jahren. Er dürfte in diesem Momente über 17,000 Mann verfügen und seine hervorragendste That war die Erstürmung des von den Serben hartnäckig vertheidigten Isvor. Dieser Kampf soll nach türkischen Behauptungen den Serben 2000 Todte und Verwundete gekostet haben. Ueber die eigenen Verluste fehlen in den türkischen Berichten die Angaben. Nach⸗ dem Osman Pascha eine von den Serben zerstörte Timok⸗Brücke wieder hergestellt hatte, griff er am 4. Juli neuerdings die Serben an. Seit dieser Meldung ist keine Nachricht über den Erfolg des wieder aufgenommenen türkischen Angriffes hierher gelangt.

Gleichzeitig mit diesen Vorfällen am Timok sind die Ser⸗ ben im Westen von Nisch gegen Miramor auf der einen und über Ak⸗Palanka gegen Chehrikenj auf der anderen Seite in der Gesammtstärke von 25,000 Mann in der Absicht vorgedrungen, das Hauptquartier Achmed Eyoub Paschas

Corps von Widdin und Novibazar abzuschneiden. Die offiziellen türkischen Bulletins meldeten, daß die Serben auf allen diesen genannten Punkten zurückgeworfen und nach Serbien verfolgt worden seien. Dem betreffenden Bulletin lag eine Meldung des Subgouverneurs von Urlub zu Grunde.

in Nisch zu umgehen und ihm die Verbindungen mit den Armee⸗

3 kommen. Am eifrigsten sollen diese Sammlungen in der Donauprovinz und im Vilajet Bagdad betrieben werden. Die Nachsendungen neuer Truppen und Kriegs⸗ materials nach dem Kriegsschauplatze werden unablässig be⸗ trieben. Gestern reiste der zum Kommandanten der alba⸗ nesischen und tscherfessischen Freiwilligen ernannte Abdi Pascha, früher Polizei⸗Minister und selbst von tscherkessischer Herkunft, mit 15,000 Hinterladern nach Scutari ab, um die dortigen Freiwilligen damit zu bewaffnen. Der Kriegs⸗Minister Abdul Kerim Pascha ist gestern nach Nisch abgegangen, um das Oberkommando der dortigen Truppen zu übernehmen. Zum Kommandanten des bei Scutari stehenden Armeecorps wurde der von Bosnien und Montenegro her bekannte Derwisch Pascha, bisher Muschir in Monastir, ernannt. Die türkische Regierung hat unterdessen ihren Gesandten im Auslande eine Cirkularnote zugehen lassen, in welcher sie gegen die gänzlich ungerechtfertigte Auflehnung Serbiens protestirt, und erklärt, daß sie weder Montenegro noch Serbien die Rechte Kriegführender zuerkennen wolle, sondern dieselben als rehellische Provinzen betrachten müsse.

Aus Belgrad, 10. Juli, liegen der „Pol. Corr.“ u. A. folgende Nachrichten vor: Es ist, als wenn eine förmliche Waffen⸗ ruhe auf dem Kriegsschauplatz eingetreten wäre, da Serben wie Türken wie unbeweglich auf dem früheren Punkte stehen. Daß das Corps Leschjanin am Timok, nachdem es Streifcorps bis gegen Widdin entsendet, sich trotzdem nicht von der Stelle rührt, ist begreiflicZ. Es hat von Hause aus keine andere als eine defensive Aufgabe zugewiesen erhalten, welche es auch bisher ganz erfolgreich erfuüͤllt hat. Bis zum 8. Juli habe Osman Pascha vier vergebliche Versuche mit überlegenen Kräften ge⸗ macht, sich in Besitz des befestigsten Zaicar zu setzen. Jedes⸗ mal sei er abgewiesen worden, wenn auch das Corps Leschjanin dabei empfindliche Verluste erleiden mußte. Inzwischen habe Leschjanin Verstärkungen erhalten und werde immerhin bevor⸗ stehenden neuen, wenngleich mit vermehrten Kräften zur Aus⸗ führung kommenden Angriffen Osman Pascha's gewachsen sein.

Die sogenannte Ibar⸗Armee des Generals Zach, welche sich zu Offensivbewegungen bisher als zu schwach erwiesen hat, zieht in diesem Augenblicke Verstärkungen an sich und reor⸗ ganisirt ihren Generalstab, welcher durch die Verwundung seines Chefs Kalinits und der meisten Offiziere starke Lücken aufweist. Sie hofft, in einigen Tagen ihre Operationen in der Richtung gegen Nova⸗Varosch wieder aufnehmen zu können.

Welche Bewandtniß es mit dem Stillstande der so glücklich begonnenen Operationen der über 40,000 Mann starken Armee Tschernajeffs habe, sei nicht leicht zu begreifen. Daß Tschernajeff nur deshalb nicht vorrücke, weil er die bulgarischen Freiwilligen organifirt, daran glaubt hier Niemand. Seine Un⸗ thätigkeit in Ak⸗Palanke muß strategische Gründe haben, die, wie hier angenommen wird, doch nur mit den Offensiv⸗Anläufen des türkischen Armee⸗Corps von Widdin gegen die serbische Timok⸗ Armee zusammenhängen können.

Was endlich das Armee⸗Corps des Alimpits betrifft, so kämpft er hartnäckig um den Besitz von Beljina (oder Bjelina), was im Grunde hier nicht ganz plaufibel gefunden wird, da es vielseitig für zweckmäßiger erachtet wird, wenn dieser Ort bei Seite gelassen und weiter vorgedrungen würde. Aus allen bis⸗ herigen Kämpfen habe Alimpits die meisten türkischen Gefange⸗ nen gemacht, von welchen er bisher 1400 Mann nach Schabatz und Semendria geschickt habe. Es sind meistens Irreguläre und nur einige Offiziere darunter. Allseitig wird den Türken große Tapferkeit nachgerühmt, und ergeben sich dieselben nicht leicht als Gefangene.

Ein telegraphischer Bericht des Spezial⸗Korrespondenten der „Presse“ aus Pancsova, 13. Juli, lautet:

Ueber den Vormarsch gegen Ak⸗Palanka und den Rück zug auf Babina Glava erhalte ich folgenden authentischen Bericht: Nach dem Treffen von Babina Glava am 3. Juli wurde diese vie Straße nach Ak⸗Palanka und Pirot dominirende Position von Oberst⸗Lieutenant Horvatevics mit sechs Bataillonen Infanterie besetzt, dann starke Ab⸗ theilungen gegen Ak⸗Palanka und Pirot vorgeschoben. Die Türken hatten aber die Offensive gegen Zaitschar ergriffen und veranlaßten dadurch Tschernajeff, den beabsichtigten Vorstoß auf Pirot vorläufig zu sistiren. Noch am 3. Juli erhielt das Corps⸗Kommando die Nachricht, daß die Türken die Besatzung von Pirot verstärken, und daß sie über Belgradschik die Vereinigung mit der Widdiner Armee beabsichtigen. Deshalb versuchte Tschernajeff die türkischen Truppen an der Nischava durch Demonstrationen gegen Ak⸗Palanka und Pirot festzuhalten. Oberst Despotovies mußte mit zwei Bataillonen Infanterie, einer Eskadron Kavallerie und vier Geschüͤtzen gegen Pirot vorrücken und den Feind beunruhigen. Gegen Ak⸗Pa⸗ lanka wurde General Stratimirovics mit vier Bataillonen, vier Vierpfünder⸗Batterien, zwei zwölfpfündigen Geschützen, einem Pionnier⸗Bataillon, einer Eskadron entsendet. Während dieses Vormarsches ertheilte aber Tschernajeff den Rück⸗ zugsbefehl, weil er die falsche Nachricht von dem Vor⸗ rücken der Türken von Belgradschik gegen Pirot erhalten hatte. Spät Nachts kehrte der sich zurückziehende Stratimiroviecs nach Gornia⸗ Glama zurück. Am 4. Juli, früh, mußte er aber wieder den Marsch auf Ak⸗Palanka beginnen, weil sich die Nachricht von dem Vorrücken der Türken aus Belgradschik als falsch erwiesen hatte. Bald daraus

Die Kriegsvorbereitungen werden sehr eifrig fort⸗ gesetzt. Im Laufe dieser Woche allein hat die Eisenbahn 25 Bataillone und 10 Batterien nach Sophia befördert. In dieser Stadt und ihrer Umgebung wird eine Reserve⸗Armee von 40,000 Mann gebildet. Daß der Sultan eine Proklama⸗ tion an die mohamedanischen Bosniaken gerichtet habe, worin er sie unter Berufung auf ihre traditionelle Tapfer⸗ keit zur Bewaffnung und Vertheidigung des Vaterlandes auf⸗ ruft, ist bereits gemeldet worden. Serbien und Montenegro werden somit nicht blos mit regulären Truppen, sondern auch mit zahlreichen Schaaren von Albanesen, Tscherkessen, Zigeunern, Pomaks u. s. w. zu kämpfen haben.

Zum Kommandanten aller dieser Irregulären ist der frühere Polizei⸗Minister Abdi Pascha, ein Militär tscherkessischen

Derwisch Pascha zur Uebernahme des Kommandos gegen die Montenegriner designirt. Es ist derselbe, unter welchem der Aufstand in der Herzegowina ausbrach. Der Serdar Ckrem Abdul Kerim Pascha ist gestern, begleitet von einem zahl⸗ reichen Generalstabe, nach Nisch abgegangen. Er nimmt einen in mehreren Berathungen im Seraskierate festgestellten Opera⸗ tionsplan mit. Für das Publikum ist die telegraphische Kor⸗ respondenz mit Nisch und Widdin eingestellt.

Von ihrem Spezial⸗Korrespondenten in Konstanti⸗ nopel erhält die „Presse“ unter dem 7. Juli einen Bericht, dem wir Folgendes entnehmen:

„Die Siegesnachrichten der letzten Wochen haben hier die freudigsten Hoffnungen erweckt; zahlreiche Freiwillige, darunter 1000 Softas, melden sich zum Eintritte in den Kampf.

nicht begünstigen, beweise der Umstand, daß die Zolleinnahmen in Genua und andern Städten, die früher Freihäfen besessen!

Sammlungen werden allenthalben eingeleitet, um der Re⸗ gierung in der gegenwärtigen schwierigen Lage zu Hülfe zu

Ursprunges, ernannt worden. Nach Scutari in Albanien ist f

kam wieder ein Befehl zum Rückzug auf Babina⸗Glava. Dort um 10 Uhr eingerückt, erhielt Stratimirovies einen dritten Befehl wieder gegen Ak⸗Palanka vorzurücken. Er kam um 12 Uhr mit ermüdeten Truppen bei Gornia⸗Glava an, ließ abkochen und rückte um halb 3 Uhr Nachmittags vorwärts. Die Avantgarde bestand aus einer halben Eskadron, einem Bataillon Infanterie, eisem Zug Pionniere und zwei Vierpfündern unter dem Kommando des Kapitäns Kacsanski. Sie hatte bis zur Nischava vorzurücken und nachdem sie am rechten Ufer keinen Feind fand, besetzte sie die Höhen, welche die Straße nach Ak⸗Palanka dominirt. Nach der Ml⸗ dung dieser Avantgarde hatte der Feind mit drei Bataillonen Nizams und eine Batterie Ak⸗Palanka besetzt und ein Bataillon in der Ebene zwischen der Stadt und der Nischava in Jägergräben im Halbkreise,

mit den Flügeln an die Stadt gelehnt, vorgeschoben. Stratimiro⸗

vies zeg hierauf die Kruschewazer Brigade an sich, leß die Re⸗ erve in Gornia⸗Glama zurück, fraf um 4 Uhr Nach⸗ mittags bei der Avantgarde ein und ließ sofort den An⸗ griff eröffnen. Artillerie⸗Hauptmann Obtrkics eröffnete ein wirksames Feuer gegen die feindlichen Geschuütze wie gegen die Stadt. Ein Infanterie⸗Bataillon erhielt den Auftrag, die Bruͤcke über die Nischava zu nehmen. Zwei Bataillone wurden zar Beob⸗ achtung der Straße gegen Pirot entsendet. Nach dritthalbstündigem Kampf war die feindliche Batterie bis auf ein Geschütz demontirt. Die serbische Infanterie hatte die Brücke genommen und die Türken bis zur Stadt gedrängt. Nun traf die Meldung ein, daß eine starke Türkenkolonne gegen die linke Flanke des Generals Stratimirovics vorrücke, auch kam von Tschernafeff der Auftrag, sich in kein ernstes Gefecht einzulassen, da Tschernajeff unter keiner Bedingung Unterstützung senden könne. Hierauf trat Stratimirovics unter strensster Ordnung den Ruͤckzug, von den Türken ganz unbelästigt, an, was darauf schließen läßt, daß diese bedeutende Verluste erlitten. Die Serben hatten 60 Todte und Verwundete. Der Sohn des Generals Stratimirovies focht bei Babina Glava⸗ und Ak⸗Palanka mit. Die serbische Artillerie soll ausgezeichnet ge⸗