— Nach §. 283 des Strafgesetzbuches wird ein Kaufmann, der seine Zahlungen einstellt, wegen einfachen Bankerutts mit Gefängniß bis zu 2 Jahren bestraft, wenn er 1) durch Auf⸗ wand, Spiel oder Differenzhandel ꝛc. übermäßige Summen ver⸗ braucht hat oder schuldig geworden ist, 2) Handelsbücher zu führen unterlassen hat ꝛc., oder 3) es unterlassen hat, die Ver⸗ mögensbilanz in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit zu ziehen. — Diese in Nr. 1—3 gedachten Handlungen stellen nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 30. Mai d. J. nur verschiedene Merkmale des daselbst mit Strafe bedrohten Ver⸗ gehens dar und bilden mithin nur eine Strafthat, welche nicht mit einer Gesammtstrafe im Sinne des §. 74 des Strafgesetz⸗ buchs, sondern nur mit der im §. 283 a. a. O. angedrohten einmaligen Strafe des einfachen Bankerutts geahndet werden.
— Der General⸗Lieutenant von Kameke, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion ist von der vor einiger Zeit ange⸗ tretenen Dienstreise zur Besichtigung der zur vorgenannten In⸗ spektion gehörenden Regimenter hierher zurückgekehrt.
— Nach amtlichen Mittheilungen haben sich als Aerzte
niedergelassen: Dr. Weinberg in Tegel bei Berlin, Dr. Erd⸗
ner in Bromberg, Dr. Henius in Königsberg N.⸗M., Dr. Lo⸗ reneczens in Schönfließ, Dr. Hesse in Polle.
Verzogen sind: Dr. Hantel von Frauenburg nach Königsberg i. P., Dr. Thal von Rastenburg nach Polkwitz, Stabsarzt Dr. Hoffmann von Herrnstadt nach Schrimm, Assistenzarzt Dr. Gruhn von Freystadt nach Herrnstadt, Stabs⸗ arzt Dr. Hester von Berlin nach Weißenfels, Ober⸗Stabsarzt Dr. Nieter von Weißenfels nach Neisse.
Bayern. München, 25. Juli. Die Kammer der Reichsräthe hat die Berathung des Budgets schon heute Mittags beendet. Die hohe Kammer hat den, von der an⸗ deren Kammer abgelehnten, Postulaten für den „obersten Schulrath“ und für die fünfte Klasse der Lateinschule beigestimmt, so daß dieselben nun noch einmal in der Abgeord⸗ netenkammer zur Berathung zu gelangen haben. Außer diesem und dem schon erwähnten Beschluß der Reichsrathskammer über die Theuerungszulagen der Beamten bestehen hinsichtlich des Budgets nur wenige, nicht wesentliche Differenzpunkte, deren Ausgleichung keine Schwierigkeiten bieten wird. Vor dem Schluß ihrer heutigen Sitzung hat die Kammer der Reichsräthe noch dem von der Kammer der Abgeordneten erst gestern ge⸗ aßten Beschluß bezüglich der Forstlehranstalt Aschaffen⸗ burg ihre Zustimmung ertheilt.
— Die Abgeordnetenkammer berieth heute den Gesetzentwurf, betreffend einen Kredit für außer⸗ ordentliche Heeresbedürfnisse und genehmigte die ein⸗ zelnen Positionen ohne besondere Debatten, meist nach den Aus⸗ schußanträgen; nur bei der Position „Verbesserung der Kaserni⸗ rungsverhältnisse der Mannschaften“”“ wurde das Regierungs⸗ postulat (390,900 ℳ) statt des Ausschußantrags (100,000 ℳ) angenommen. Die bewilligte Summe beträgt 12,190,072 ℳ, das Regierungspostulat 16,257,800 ℳ. Im Laufe der Debatte gab der Kriegs⸗Ministerdie Erklärung ab: eine Kommission von Sachver⸗ ständigen habe nach Prüfung der Anstände das aptirte Werdergewehr für vollständig kriegsbrauchbar erklärt. Der Abg. Frankenburger interpellirte die Regierung: ob sie dem nächsten Landtag einen Gesetzentwurf über die Aufhebung der sogenannten Neujahrs⸗ gelder ꝛc. der Israeliten vorlegen werde. Der Staats⸗ Minister v. Lutz entgegnete: das Material sei noch nicht ge⸗ nügend gesammelt, er halte eine gesetzliche Regelung der Sache
für wünschenswerth, eine betreffende Gesetzesvorlage aber könne er für den nächsten Landtag keineswegs zusichern. Schließlich wurde das Finanzgesetz festgesetzt und bei namentlicher Abstim⸗ mung von 126 Votanten die Erhöhung der Civilliste einstimmig genehmigt. Mit Berathung über einige Eisen⸗ bahnpetitionen schloß die Sitzung.
— 26. Juli. (W. T. B.) Die Abgeordnetenkammer hat mit der bekannten Majorität, den abweichenden Beschlüssen der Reichsrathskammer gegenüber, ihre früheren ablehnenden Beschlüsse in Betreff der Postulate für ein Justizgebäude, für den obersten Schulrath, für eine fünfte lateinische Klasse bei den Gymnasien, für das Schullehrer⸗Seminar in Regensburg, sowie in Betreff der Pragmatisirung der Theuerungszulagen von 210 ℳ für die Staatsbeamten wiederholt.
Regensburg, 25. Juli. (Allg. Ztg.) Die Ultramon⸗ tanen haben an die Kreisregierung eine Beschwerde gegen die neue Wahlkreis⸗Eintheilung in Regensburg übersandt.
Sachsen. Dresden, 26. Juli. Der Prinz Thomas von Savoyen, Herzog von Genua, ist gestern Nachmittag 4 Uhr nach Turin wieder abgereist. — Gestern und heut tagte hierselbst der zweite europäische Kongreß der Leiter und Lehrer von Blindenanstalten.
Mecklenburg⸗Schwerin. Schwerin, 23. Juli. Durch großherzogliche Verordnung sind die Abfindungen für den Wegfall der Stolgebühren für Taufe und Trauung in Jahres⸗ rente erfolgt. — Die großherzogliche Kommission zur Verwaltung des Mecklenburg⸗Schweriner Invaliden⸗Unterstützungs⸗ fonds ist aufgelöst, nachdem die Mittel durch Vertheilung erschöpft sind. Es waren 75,000 Thlr., welche als Kapital vertheilt wurden. — In diesem Jahre werden im hiesigen Großherzogthume nachstehende größere Truppen⸗Uebungen abgehalten werden: 1) die Brigade⸗Uebungen der 17. Kavallerie⸗Brigade in der Zeit vom 26. bis 30. August zwischen Gielow, Liepen und Demzin; 2) die Brigade⸗Uebungen der 33. Infanterie⸗Brigagde vom 29. August bis 2. September etwa ¾ Meilen westlich von Waren um Schwenzin, 3) die Detachements⸗Uebungen der 33. Infan⸗ terie⸗Brigade vom 4. bis 6. September zwischen Waren und Marin, 4) das Divisions⸗Manöver der 17. Division vom 8. bis 14. September bei Penzlin.
1 1“ .“ 11““
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 25. Juli. Graf An⸗ drassy kehrt, wie die „Wien. Ab.⸗Post“ mittheilt, am 27. d. M. nach Wien zurück.
— Mehreren hiesigen Blättern kam aus dem Brucker Lager eine telegraphische Meldung des Inhaltes zu, daß die Staats⸗ bahn den „Auftrag“ erhalten habe, 400 Sanitätswaggons bereit zu halten. Die Meldung ist, wie dem „Fremdbl.“ mitgetheilt wird, in dieser Form falsch. Bereits im April vorigen Jahres wurde von kompetenter Seite aus bei sämmtlichen österreichisch⸗ ungarischen Bahnen angeregt, dieselben möchten vereint 24 Lastenzüge mit 600 Waggons für Verwundetentransporte her⸗ richten. Da es sich hierbei um eine freiwillige Leistung von Bahnen handelt, zu der dieselben nicht verpflichtet werden können und die ihnen mancherlei Auslagen verursacht, so zogen
11 8S. 1“ ““
sich die Unterhandlungen in die Länge und sind erst jetzt zum Abschluß gelangt. Die bezügliche Maßregel bezieht sich auf sämmtliche österreichisch⸗ungarische Bahnen; wie wenig dieselbe als Rüstungsmaßregel aufzufassen ist, geht daraus hervor, daß im Deutschen Reiche, in Frankreich und in anderen Ländern der⸗ artige Vorbereitungen im Frieden längst existiren, ohne daß man daraus beunruhigende Schlüsse zieht. Das „Frdbl.“ kann noch hinzufügen, daß die österreichische Staatsbahn die Stellung von 120 Waggons übernimmt. Die anderen österreichisch⸗ungarischen Bahngesellschaften und keineswegs blos diejenigen, die zum Kriegsschauplatze im Orient führen, betheiligen sich in entsprechen⸗ der Weise.
— Der „Deutschen Zeitung“ ist aus Zara ein Tages⸗ befehl zugekommen, welchen FZM. Baron Rodich am 18. d. M. publiziren ließ und in dem es heißt: „Am 26. Juni d. J. stieß eine Patrouille des 7. Feldjäger⸗Bataillons bei Cattina Bucoar auf österreichischem Boden auf türkisches Militär in der Stärke von angeblich tausend Mann, welches auf die Patrouille sofort Salven und Einzelfeuer abgab. Der Ueberlegenheit ungeachtet, wich der kleine Trupp nicht, nistete sich vielmehr in dem felsigen Terrain ein, und erwiderte das Feuer mit so kräftigem Erfolg, daß die Türken, welche zahlreiches Vieh auf österreichischem Bo⸗ den geraubt hatten, sich eiligst über die Grenzen zurückzogen. Ich bringe diesen schönen Zug von Muth und Entschlossenheit der kleinen Patrouille zur allgemeinen Kenntniß und befehle, daß der genannten braven Mannschaft die belobende Anerken⸗ nung des Militärkommandos hekannt gegeben werde.“
Prag, 25. Juli. Die Wahl des Bürgermeisters von Prag, Emilian Skramlik, hat die Kaiserliche Sanktion erlangt.
Triest, 25. Juli. Mit der telegraphisch signalisirten Internirung von 11 türkischen Soldaten hat es nach einem Ragusaner Telegramm der „Triester Zeitung“ folgende Bewandtniß: „Die von den Montenegrinern aus Klek nach Ragusa gebrachten 11 türkischen Soldaten hatten nach ihrer am 18. d. M. in Ragusa von der österreichischen Behörde verfügten Freilassung das dortige türkische General⸗Konsulat zurückbehalten, während die Montenegriner Ragusa sofort verließen. In Folge dessen wurden nach der am 20. eingetroffenen Anordnung die türkischen Soldaten als auf österreichischem Territorium befind⸗ lich am 21. vom türkischen General⸗Konsulat reklamirt und unter Eskorte von drei Gensd'armen und 8 Infanteristen mit dem Lloyddampfer „Najade“ via Triest expedirt, um in Klaͤgen⸗ furt internirt zu werden.“
Frankreich. Paris, 25. Juli. Das „Journal officiel“ zeigt an, daß der Präsident der Republik durch Dekrete vom 7., 22. und 24. Juli wieder 127 Individuen, die wegen Hand⸗ lungen aus der Zeit der Kommune verurtheilt waren, Be⸗ gnadigung, Strafverwandlung oder Abkürzung ge⸗ währt hat.
— Die direkten Steuern haben in diesem ersten Halb⸗ jahr 45,867,200 Francs mehr als im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres eingebracht. Der Ertrag der indirekten Steuern war in den bisherigen sechs Monaten dieses Jahres 983,298,000
Francs, 70,262,000 Francs mehr als im Budget vorgesehen und.
14,993,000 Francs mehr als in gleicher Zeit vorigen Jahres.
— Am 24. ist der von Hrn. Parent verfaßte Bericht über das Ausgabebudget des Ministers des Innern ausgegeben worden, und macht die „Köln. Ztg.“ daraus folgende Mittheilungen: Was die Besoldung der Beamten betrifft, so hatte der Deputirte Mention die Verminderung der großen Be⸗ soldungen und die Aufbesserung der kleinen beantragt. Er hatte gefordert, daß die Besoldungen aller Civil⸗, Militär⸗ und Kirchenbeamten, welche die Summe von 10,000 Fr. überschreiten, um ein Zehntel vermindert werden sollten. Diese Forderung ist von der Budgetkommission ohne Angabe des Grundes abgelehnt worden. Frankreich behält also für das Jahr 1877 11 Präfek⸗ ten erster Klasse mit 40,000 Fr. jährlichen Einkommens, 31 Präfekten zweiter Klasse zu 30,000 Fr. und 43 Präfekten zu 20,000 Fr. Auch die von Hrn. Vernhes und anderen Deputirten beantragte Abschaffung der Unterpräfekten ist von der Budgetkommission verworfen worden. Der Bericht sagt, daß eine solche Maßregel zu tief in das Verwaltungssystem eingreifen würde und deshalb der Ge⸗ genstand eines besonderen Gesetzentwurfs sein müsse und nicht als Amendement zum Budget vor die Kammer zu bringen sei. Die Kommission beschränkt sich darauf, die Unterpräfekturen von Sceaux und von St. Denis zur Abschaffung vorzuschlagen, da diese Orte so nahe bei Paris liegen und ihr Verkehr mit Paris sehr leicht ist. Die Kommission verweigert ferner die Erhöhung der Besoldung der Generalsekretäre der Präfekturen von 7000 auf 8000 Fr., welche die Regierung verlangt hatte. Die direk⸗ ten oder indirekten Subventionen, welche Mitgliedern der Geistlich⸗ keit oder religiösen Verbindungen gewährt werden, sind nicht bean⸗ standet worden. .
— Der Ober⸗Handelsrath hat sich in einer seiner letzten Sitzungen und unter dem Vorsitz des Herrn Teisserene de Bort mit der Festsetzung des Generaltarifs der Zölle bezüglich der Baumwoll⸗Industrie beschäftigt. Die Textil⸗Kommission hat zuerst konstatirt, daß die Baumwoll⸗ Industrie in Frankreich aufgehört hat, steigende Quantitäten von Rohstoffen zu verarbeiten, daß zugleich der täglich wachsende Import eine wichtige Einnahmequelle war, daß er lieferte, was die nationale Produktion dem Konsum nicht hinreichend liefern konnte, und daß er zugleich die Preise der in Frankreich fabri⸗ zirten Waaren auf einem mit dem Auslande ziemlich analogen Standpunkt erhielt, so daß der jetzige Tarif wohl der allge⸗ meine werden könnte. Nach langer und lebhafter Debatte be⸗ schloß dann der Ober⸗Handelsrath, den Generaltarif auf den gegenwärtig geltenden bei der Baumwoll⸗Industrie zu basiren, und zwar um ein Zehntel zu erhöhen.
Icalien. Rom, 22. Juli. Das von der Oppositions⸗ presse in Umlauf gesetzte Gerücht, die Regierung gedenke eine Reihe neuer Senatoren zu ernennen, wird vom „Diritto“ in Ab⸗ rede gestellt. — Weiter erklärt dasselbe Blatt: Gestern mußten wir das Gerücht dementiren, die Regierung werde den die „punti franchi“ betreffenden Gesetzentwurf zurückziehen, und heute sehen wir uns zu der Erklärung genöthigt: Es ist nicht wahr, daß die Regierung noch vor dem 26. dieses Monats die laufende Session prorogiren wird.
— In Brescia hat am 20. im Amphitheater Guillaume ein großartiges Bankett zu Ehren des Ministers Zanardell stattgefunden. 1
— (Ital. Nachr.) Der armenische Patriarch Msgr. Hassun hat von Konstantinopel aus den Wunsch ausgesprochen, daß der päpstliche Stuhl den Katholiken des türkischen Reiches
öffentlich und ganz bestimmt zu erkennen geben möchte, wie sie sich unter den ohwaltenden Umständen zu verhalten haben. Im Vatikan ist man aber der Ansicht, daß der päpstliche Stuhl durch
kein öffentliches Aktenstück i e
niren dürfe und daß die ge⸗ 2 8 “ 8 1. 8
““ *“ 111““
heimen Weisungen, welche an die Bischöfe gerichtet werden, vou⸗ kommen genügend seien. Msgr. Hassun hat den Papst um ein eigenhändiges Schreiben an den Sultan gebeten, worin er demselben für seine Geneigtheit gegen die katholische Kirche und ihre Anhänger und für die Beweise, die er von dieser Zu⸗ neigung bereits gegeben habe, dankt.
— 24. Juli. Das „Diritto“ berichtet: Der Minister⸗ Präsident und Finanz⸗Minister Depretis und der Minister⸗ Siegelbewahrer Mancini haben Sr. Majestät dem Könige ein Dekret unterbreitet, wodurch eine Königliche Kommission unter dem Präsidium des Senators Saracco ernannt werden soll, die den Vermögensbestand des Kultusfonds fest⸗ zustellen hat, namentlich um sein Verhältniß zu den Staatsfinanzen zu regeln.
— 26. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats gab der Minister⸗Präsident und Finanz⸗ Minister Depretis, den Wunsch des Ministeriums, das Vertrauen und die Unterstützung des Senats zu be⸗ sitzen, zu erkennen und wies zugleich die Ansicht, daß das Ministerium auf den Senat irgend welchen Druck ausüben wolle, zurück. — Im weiteren Verlaufe der Sitzung wurde der Gesetzentwurf, betreffend die Errichtung zollfreier
Depots (punti franchi) mit 114 gegen 102 Stimmen ange⸗
nommen.
Türkei. Konstantinopel, 26. Juli. Wie die „Agence Havas“ erfährt, hätte die türkische Regierung die Emission von 3 Millionen Livres Papiergeld in Metalliques unter der Kontrole der ottomanischen Bank und gegen Garantie der Einkünfte aus den Steinkohlengruben in Heraklea beschlossen.
— 27. Juli. Es bestätigt sich, daß die türkische Regierung die Emittirung von Papiergeld beschlossen hat und zwar sollen zwei Millionen Pfund Sterling in Cirkulation gesetzt und eine Million für den Staatsschatz reservirt werden. Das Pa⸗ piergeld wird einen Zwangscours haben und von allen Staats⸗ kassen, mit Ausnahme der Zoll⸗ und Telegraphenkassen, ange⸗ nommen werden. Die früher abgeschlossenen Geschäfte müssen in baarem Gelde abgewickelt werden. — Die Pforte hat Kadri Bey als Kommissar nach Kreta abgesandt, um die Klagen der Kretenser zu untersuchen.
— Die „Hour“ erhält über den Zustand des Sul⸗ taus folgende Nachrichten: „Murad V. ist von sehr zarter Gesundheit, er hat häufige nervöse Anfälle, die ihn in einem Zustand großer Schwäche lassen. Einen von diesen Anfällen hatte er unmittelbar nach der Ermor⸗ dung der zwei Minister. Diese Anfälle enden in Apathie und einer Art Abspannung, die allmählich verschwinden. Dabei ist keine Gefahr für das Leben oder die geistigen Fähig⸗ keiten vorhanden und sein Arzt, Herr Karpoleone, der eine strenge Behandlung durchgeführt hat, ist einer vollkommenen Wiederherstellung in kurzer Zeit sicher.“ Ein Telegramm de „Standard“ stellt den Zustand des Sultans freilich schlimmer da
— Die heut eingegangene „Corr. orient.“ vom 21. Juli bringt den Entwurf der von Midhat Pascha dem großen Rath übergebenen Verfassung. Derselbe lautet:
Art. 1. Vollkommene Gleichstellung zwischen Muselmanen und Christen.
Art. 2. Zulassung der Christen zu allen Aemtern, selbst zum Groß⸗Vezierat. p⸗
Art. 3. Errichtung einer Deputirtenkammer, und Abord⸗ nung von Deputirten je nach der Zahl der Gemeinden (4 auf jede Provinz und 16 für Konstantinopel).
Art. 4. Verantwortlichkeit der Minister den Kammern gegenüber.
Art. 5. Aufhebung des Artikels des Gesetzes „Scheri“, wel⸗ cher 82. Zeugniß der Christen gegen Musalmanen zurückweist.
rt. 6. gangenes Verbrechen.
— Vom Kriegsschauplatze wird telegraphisch gemeldet:
Wien, 26. Juli. (W. T. B.) Der „Politischen Kor⸗ respondenz“ wird aus Türkisch⸗Brod telegraphisch gemel⸗ det: Unter der mohamedanischen Bevölkerung der Bezirke Banja Luka (Stadt am Wrbas, Nbfl. d. Sawe) und Zwor⸗ nik, besonders in den Kaimakanaten von Derwenta (oder Derbend, südl. von Türk. Brod in Bosnien) und Teschanj (südl. von Derbend) werden zahtreiche grüne Fahnen ver⸗ theilt, die Hodzas bereiten die Rechtgläubigen auf die Ent⸗ faltung der Fahne des Propheten vor, die Besorgniß unter der katholischen, der griechischen und der jüdischen Bevölkerung ist groß. Die österreichische Grenze ist durch türkische Wacht⸗ posten abgesperrt, die Jedermann den Uebertritt auf österreichi⸗ sches Gebiet wehren. b
Belgrad, 26. Juli. (H. T. B.) General Tschernajeff ist mit einem Theile seines Armee⸗Corps zur Timok⸗Armee abgegangen, wo eine entscheidende Schlacht erwartet wird. Der Rest der Tschernajeffschen Armee befindet sich bei Alexinatz in verschanzten Positionen.
Konstantinopel, 27. Juli. gierung zugegangenes Telegramm des Gouverneurs der Herzegowina, Ali Pascha aus Mostar vom 256. cr. mel det: Moukhtar Pascha hat die Mittheilung hierher gelangen lassen, daß er vorgestern die bei Nevesinje geschlagenen Mon⸗ tenegriner bis nach Studenitza verfolgt habe. Bei der Annäherung der türkischen Truppen zogen sich die Montenegri⸗ ner in der Richtung auf Banjani ohne Kampf zurück, indem sie viel Lebensmittel und Vieh zurückließen.
Konstantinopel, 27. Juli. (W. T. B.) Der Regie⸗ rung wird aus Novibazar vom 24. c. gemeldet: Die Serben beschossen Turn bei Sienitza, die türkischen Truppen brachten die Reihen der Serben in Unordnung und verfolgten sie bis zur Grenze. — Die Stärke der Montene griner in dem Kampfe bei Nevesinje wird auf 7000 Mann ge⸗ schätzt, ihre Verluste sollen 10 Mal größer gewesen sein, als die der Türken.
— Aus Belgrad, 22. Juli, wird der „Pol. Corr.“ ge⸗ schrieben:
Die Zahl der Verwundeten ist ziemlich groß. Die meisten lieferten die Timok⸗ und die Drina⸗Armee. Man giebt die Zahl derselben auf 4000 an. Es verlautet mit Bestimmtheit, daß Veränderungen bei der Armee bevporstehen. Durch die Un⸗ fähigkeit einzelner Corpskommandanten soll der Operationsplan Tschernajeffs über den Haufen geworfen worden sein. Darin soll der Grund der 18tägigen Unbeweglichkeit Tschernajeffs liegen, die heut mit einer Rückzugsbewegung endigte. Nunmehr muß auch Alimpits über die Drina zurückgehen. Zach steht auf serbischem Ge⸗ biete. Die Offensive ist aufgegeben, die Defensive hat begonnen.
— Die Lage der serbischen Kriegsmacht beurtheilt der militärische Fachmann der „Presse“ unter dem 26. wie folgt:
„Die Decentralisation der Kriegführung, wonach jeder Komman⸗ dant auf eigene Faust handelte, soll von den Serben
ö“ 88 6
en masse und Iswor
Unabsetzbarkeit der Richter und Beamten ohne be-:
(W. T. B.) Ein der Re⸗
aufgegeben wir wollen nur unsere Feinde
8*
werden“ — telegraphirte heute einer unserer Spezialberichterstatter aus zuverlässiger Quelle. Tschernajeff hält mit dem rathlosen Generalstab in Paratschin Kriegsrath; sein Armee⸗Corps befindet sich in Folge der unglücklichen Gefechte bei Pandiralo auf dem Ruͤck⸗ zuge — meldet ein weiteres Telegramm.
Die Situation, in der sich die serbische Armee befindet, ist damit, wenn auch keine verzweifelte, so doch eine sehr ernste geworden. Die oberste serbische Kriegsleitung hat eben den eigentlichen Charakter ihrer Armee, wie die richtigen Ziele übersehen, welche diese Armee verfolgen mußte. Serbien war von vornherein durch seine Politik auf die kriegerische Offensive ver⸗ wiesen, denn Fürst Milan hatte offenbar nicht die Absicht, sein Land, welches Niemand angegriffen, zu vertheidigen. Die serbische Krieg⸗ führung war weiter im Sinne der Kriegsproklamation vom 1. Juli auf die Insurgenten in Bosnien und Bulgarien ganz besonders an⸗ gewiesen und auf die nachhaltige Insurrektion dieser beiden Provin⸗ zen mußten demnach die Serben vor Allem bedacht sein. Es war also ganz unnöthig, die Divisionen an der Drina und am Timok angriffsweise vorgehen und sich bei Bjelina verbluten zu lassen. An diesen beiden Fluß⸗ inien hätten geringe reguläre Streitkräfte die Grenze be⸗ wachen müssen und sich in keine Offensive einlassen dürfen. Die angestrebte Insurgirung von Bosnien und Bulgarien mußten fliegende Corps durchzuführen suchen, welche sich nicht die Kampfes⸗ weise einer regulären Truppe, sondern die des Guerillakrieges zum Muster nehmen durften. Die kampftüchtigsten und verlaͤßlichsten
ruppen waren im Süden zu konzentriren, Novibazar und Nisch, die inzigen Objekte einer energischen Offensive. Am Ibar und an der Nischawa mußten die ersten Entscheidungsschläge mit dem Aufgebote aller Mittel erfolgen — und die Situation stand dort nach dem, was man heute nachträglich über die Verfassung der gegenüber⸗ stehenden türkischen Corps erfährt, gewiß nicht zu Ungunsten der
Serben. „ Dite seit drei Wochen eingetretenen kriegerischen Ereignisse haben
gerade die entgegengesetzten Maßregeln der serbischen Kriegfübrung rkennen lassen. Ueberall der gute Wille, nirgends die richtige That; überall ein wenig Offensive, nirgends eine leitende strategische Idee.
Die Resultate sind auch danach. Die serbischen Reihen am Timok und an der Drina sind gelichtet; General Zach plänkelt noch
immer um das ganz unwichtige Sjeniza herum und Tschernajeffs Corps befindet sich auf dem Rückzuge, das heißt, die Armee ist auf allen Punkten zur Defensive verurtheilt und die Türken haben alle Ursache, von allen Seiten die Offensive zu ergreifen. Gewiß ein Re⸗ sultat, das mit den ersten Arsichten Serbiens vor zwanzig Tagen im schreiendsten Widerspruche steht. 1 Am gefährlichsten scheinen die Dinge im Süden zu stehen. Das Corps Tschernajeffs ist von Pandiralo zurückgedrängt und dürfte sich jetzt um Knjaschewaz versammelt haben. Keinesfalls kann, wie ein hiesiges Blatt meinte, nunmehr die vhte ha des Hauptkriegsschauplatzes nach Zaitschar erfolgen. Abdul Kerim Pascha und seine Truppen in Nisch haben jedenfalls auch in dieser Ange⸗ legenheit mitzureden, und es wird sogar ganz von den Anordnungen Suleiman Paschas bei Pandiralo abhängen, welche Aufgabe das Corps Tschernafeffs in nächster Zeit zu erfüllen hat. Was auch geschehen möge, immer wird Kniaschewaz, als gefährliches Flankenobjekt für das serbische Gros bei Alexinatz und für die Timok⸗Division einer der wichtigsten Punkte des Kriegs⸗
scchauplatzes sein, den die Serben um jeden Preis halten müssen. Es
teht außer allem Zweifel, daß sich in den nächsten Tagen in dem Viereck Alexinatz, Knfjaschewaz, Ak⸗Palanka, Nisch sehr entscheidende militärische Cseige abwickeln müssen. 1 2 Pesche im Osten, Sali Zekih Pascha im Westen in den nächsten
agen mit ihren ermüdeten Truppen nicht viel zu erreichen ver⸗ nögen, so werden doch Abdul Kerim Pascha und Suleiman Pascha gefährliche Offensivbewegungen eröffnen. Die serbische Armee wird alle Anstrengungen aufbieten müssen, um der coͤncentrischen Aktion der Türken zu widerstehen. 8 1t
— Die „N. F. Pr.“ vom 25. schreibt: “
Wie man aus Belgrad meldet, wurde der ursprüngliche ser⸗ bische Feldzugsplan aufgegeben und ein neuer Plan verabredet. In der That hat auch das Ibar⸗Corps unter Zach seine Operationen gegen Bosnien und die Herzegowina wieder begonnen, wäh⸗ rend man am Timok und im Morawa thale sich auf die Ver⸗ theidigung beschränkt. Wir wissen nicht, ob die türkische Offensive bereits begonnen hat, glauben jedoch dies nach den vorliegenden Nach⸗ richten annehmen zu können. Die Türken werden auf allen Punkten, welche von dem weiten Bogen von Zajcar bis Nisch in serbisches Gebiet führen, in dieses einzudringen versuchen. Als gemeinsames Objekt dürfte den türkischen Truppen wohl das Morawathal angegeben worden sein.
Die Serben werden sich den vordringenden türkischen Kolonnen unstreitig in den Weg stellen, und ihnen wird diese Aufgabe insofern
ecleichtert sein, als der Weg von der Südostgrenze Serbiens nach
dem Morawathale durch zahlreiche, leicht zu vertheidigende Gebirgs⸗ Defileen führt In erster Linie dürfte somit über zahlreiche Ein⸗ zelkämpfe berichtet werden, und die Orte, wo diese stattfinden werden, uns den Maßstab an die Hand geben, ob der serbische General⸗ stab abermals aus strategischen Gründen beschlossen hat, ver⸗ schiedene unwichtige Positionen zu räumen, oder ob etwa die Türken mißglückte Angriffe zu verzeichnen haben. Durch eine ge⸗ schickte Aufstellung des serbischen Hauptcorps in einer sogenannten Centralposition und durch eine verständige Vertheilung der in erster Linie an den Gebirgsdefileen kämpfenden Truppen, sowie durch rasche Unterstützung der bedrohten Punkte könnten die Serben dem Vor⸗ dringen der Türken große Schwierigkeiten bereiten. Nach den bis⸗ herigen Erfahrungen ist jedoch kaum anzunehmen, daß die serbische Kriegführung einen rationellen Weg zur Vertheidigung des Landes einschlägt.
— Aus Ragusa meldet die „Pol. Corr.“ unter dem
25. Juli: — 8
„Es bestätigt sich vollkommen, daß die montenegrinische Division, welche gegen die befestigte Kasaba von Nevesinje seit mehreren Tagen operirte und dieselbe in den letzten drei Tagen bom⸗ bardirte, bei Bischina, 1 ½ Stunden von NeVvesinje entfernt, am 23. Juli von Achmed Moukhtar Pascha mit ungefähr 8000 Mann angegriffen und nach einem dreistündigen hitzioen Kampfe aus ihren Positionen delogirt worden ist. Moukhtar Pascha hat die montene⸗ grinische Division geradezu überrascht. Die Verluste in dem bei Bischina sind beiderseitig sehr groß. In Folge dieser ernsten Niederlage hat sich der Fürst von Montenegro mit seinem Corps nach Gaczko zurückgezogen. Bei dem Rückzuge feuerten die mohame⸗ danischen Einwohner der letztgenannten Ortschaft aus ihren Häusern auf die Montenegriner. Der Fürst ließ alle türkischen Häuser, aus welchen geschossen wurde, niederbrennen.“
— Die Softas haben an die hristlichen Freiwilligen folgende Adresse erlassen: 1
An unsere christlichen Gefährtenn!n!—
Das Reich gebietet über Truppen genug, seine Feinde zu strafen, aber da wir ihm gern Hülfe leisten wollten, haben wir uns zu den Freiwilligen eingereiht, weil nach unserem „Scheri“ der Kampf gegen den Feind für uns die höchste Handlung der Ergehung ist. — Wir sind gehalten eure Ehre, euer Leben und euer Vermögen ebenso zu schützen, wie wir unsere Ehre, unser Leben und unser Vermögen vertheidigen. Obwohl eure Religion euch nicht die gleiche Pflicht auferlegt, so habt ihr es doch vorgezogen mit uns zu gehen, um das gemeinsame Vaterland zu vertheidigen. Wir können euch nur danken. Das Ziel unserer Kugeln wird dasselbe sein. Wir werden gute Kameradschaft halten; auf dem Marsche werden wir euch keine Schwierigkeiten in Ausübung eurer religiösen Pflichten bereiten. Dafür verlangen wir eure volle Zustimmung zu einigen Punkten, die zu unserem Scherial-Islamieé (eae Gesetz) gehören.
Wir gehen in den Krieg, d. h. wir werden Menschen tödten; ödten, unsre W
““
t
8
Werden auch Osman⸗
Angreifer gebrauchen. Der Scheri verbietet streng, ihre Frauen, Kin⸗ der und Greise zu belästigen; wir dürfen in keinem Fall die Leute erbittern, wie es einige der bulgarischen Insurgenten vor Kurzem ge⸗ than. Wir werden es als beilige Pflicht betrachten, uns während des Feldzuges der Unterdrückung unserer Mitbürger und der gewaltsamen Aneignung von Lebenemitteln zu enthalten. Das sind im Ganzen die Empfehlungen, die wir euch als Brüder und Gefährten machen. Wenn Jemand sich von diesen Verhaltungs⸗ maßregeln sollte entfernen wollen, werden wir es als Pflicht betrach⸗ ten, ihn zurückzuhalten. An eurem Einverständniß zweifeln wir nicht. Vorwärts also, Kameraden, laßt uns zusammen gegen den Feün ziehen, aber in dem wir die Lehren der Menschlichkeit beob⸗ achten!
Die „Corr. orient.“ veröffentlicht folgende Proklamation des Großveziers an die Freiwilligen:
„Ich habe vernommen, daß unter den irregulären Truppen, die von Vaterlandsliebe beseelt, sich auf den Kriegsschauplatz begeben, sich einige Leute von schlechtem Betragen befinden, die gewagt haben, Räubereien auszuführen und die friedlichen Bewohner der auf ihrem Wege liegenden Dörfer mißhandelt und beraubt haben.
Da die Pflicht der irregulären Truppen in dem Dienst auf dem Schlachtfelde und in der Vertheidigung des Vaterlandes besteht, so sollen solche Menschen, wenn sie sich vorfinden sollten, welche die Frechheit hätten, sich solchen Räuberhandlungen hinzugeben oder Ver⸗ brechen und Missethaten gegen die Bevölkerung zu üben, verhaftet und summarisch bestraft werden. Für diesen Fall werden auch ihre Chefs und Offiziere streng verantwortlich für das Benehmen der ihrem Kommando anvertrauten Mannschaften gemacht werden.“
Der Großvezier Mehemed Ruschdi.
Konstantinopel, den 16. Juli 1876. Seheraseäen
Dänemark. Kopenhagen, 26. Juli. (W. T. B.) Die griechischen Majestäten haben heute Mittag in Gemeinschaft mit den dänischen Majestäten, der Prinzessin Thyra und dem Prinzen Waldemar die Reise nach St. Petersburg an⸗ getreten.
Amerika. (A. A. C.) Aus Washington wird unterm 24. d. M. per Kabel gemeldet: Herr Pierrepont, der ameri⸗ kanische Gesandte am Hofe von St. James, hat mit Lord Derby Unterhandlungen für den Abschluß eines neuen Aus⸗ lieferungsvertrages zwischen England und den Vereinigten Staaten begonnen. — In Quebeck kamen am 24. d. M. 800 Isländer auf ihrem Wege nach Manitoba an, wo sie sich anzusiedeln gedenken.
— Die Frage, ob die Ausstellung zu Philadelphia auch Sonntag geöffnet sein solle, ist jetzt endgültig im ver⸗ neinenden Sinne entschieden worden.
Alsien. Ein Telegramm der „Times“ aus Indien, da⸗ tirt vom 23. Juli, meldet: Der Khan von Kelat und alle Häuptlinge sind jetzt bei Oberst Sandeman in Mastung und die Verhandlungen gehen gut vorwärts. Nach Beilegung der Zwistigkeiten wird Oberst Sandeman nach Indien zurückkehren. — Am Kohat⸗Paß ist es ruhig. Keine ferneren Afreedi⸗ Einfälle werden berichtet, aber der Stamm ist noch zunter Waf⸗ fen. — Der Ameer von Kashgar schickt eine Gesandtschaft nach Indien; der Gegenstand derselben ist unbekannt. Der Gesandte ist Jakoob Khan, Neffe des Ata Alik Ghazie, desselben der als Gesandter zum Vizekönig 1872 kam und mit Briefen an den Sultan nach Konstantinopel weiter ging. — Sir J. Strachey überträgt die Statthalterschaft der Nordwest⸗ provinzen an Sir G. Couper in Lucknow am Mittwoch. Sir G. Couper begiebt sich sogleich nach Allahabad zur Ueber⸗ nahme seines Amtes. — Die Bengalische Handelskam⸗ mer hat folgende Resolutionen gefaßt, daß die fortgesetzte Entwerthung des Silbers eine Frage sei, welche
ꝗ wrngen
die politischen und finanziellen Interessen des Landes ernst⸗ lichst affizirt, daß das Comité Auskunft über die unter diesen Umständen von der Regierung zu verfolgende Po⸗ litik erbitten solle, ferner, daß es für die Regierung gerathen sei, den Artikel aufzuheben, nachdem die indische Münze verpflichtet ist, alles zur Ausmünzung bestimmte Silber anzu⸗ nehmen, wie auch den Paragraphen, der es dem Finanz⸗Amte zur Pflicht macht, Noten gegen eingesandtes Silber auszugeben, und daß es während solcher Suspension ungesetzlich sei, ge⸗ münzte Rupien einzuführen. Eine weitere Resolution, die Gold⸗ währung anzunehmen, ward zurückgezogen. — Der Vizekönig hat kürzlich dem Magistrat von Agra, dem oberen Gerichtshofe und der Lokalregierung einen Tadel ertheilt wegen Behand⸗ lung einer Anklage, S es sich um den Tod eines Eingeborenen
handelte.
Die Nr. 57 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen vom 20. Juli 1876: Vergütung des Eilbestellgeldes für telegraphische Postanweisungen im Wechselverkehr. Vom 20. Juli 1876: Benutzung der Militär⸗Eisenbahn zu Postbeförderungen Vom 20. Juli 1876: Anwendung des Eisenbahn⸗Postgesetzes vom 20. De⸗ zember 1875 auf die Eisenbahn Zwickau⸗Lengenfeld⸗Falkenstein.
— Das 6 Beiheft zum Militär⸗Wochenblatt (Jahrg. 1876) bat folgenden Inhalt: Das Militär⸗Wochenblatt von 1816 bis 1876. Vortrag, gehalten bei dem Jubiläum des Militär⸗Wochen⸗ blattes am 1. Juli 1876 vom Hauptmann Max Jähns.
Statistische Nachrichten.
Die Französische Douanenbehörde veröffentlicht das Ergebniß der Ein⸗ und Ausfuhrbewegung Frankreichs in den ersten 6 Monaten d. J. Wir entnehmen dem Bericht Fol⸗ gendes: Die Einfuhr belief sich auf 1,811,057,000 Franken (gegen 1,640,484,000 im Jahre 1875) und zwar wurden eingeführt Nahrungs⸗ gegenstände für 398,704,000 Fr. (gegen 328,400,000); Rohprodukte 1,072,204,000 (gegen 1,006,435,000); fabrizirte Gegenstände 254,329,000 (gegen 224,718,000) u. s. w. Die Ausfuhr belief sich auf 1,769,646,000 (gegen 1,878,182,000); und zwar wurden ausgeführt favrizirte Gegen⸗ stände für 968 920,000 Fr. (gegen 1,029.,281,000); Naturprodukte und Nahrungsgegenstände 715,568,000 (gegen 90,696,000) Aus die⸗ sen Ziffern geht hervor, daß die Einfuhr um 170 ½ Millionen stieg, während die Ausfuhr um 108 ½ Millionen zurückging.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
Für die Statistik des Zeitungswesens ist bisher nur in Nord⸗ Amerika, Sachsen, Württemberg, Oesterreich, der Schweiz und Spanien Material gesammelt. Hr. Dr. Winckler hat das amtliche Material, welches dieienigen 2592 Zeitschriften, die in Oesterreich in den Jahren 1848— 1873 erschienen sind, statistisch⸗historisch be⸗ arbeitet. Das Werk führt den Titel „die periodische Presse Oesterreichs, eine historisch statistische Studie, herauzgegeben von der K. K. statistischen Central⸗Kommission, Wien 1875“ und ist in Kommission bei Gerolds Söhne in Wien erschienen. Wir behalten uns weitere Mittheilung aus diesem Buche vor.
München, 23. Juli. An der Universität wurde für das kommende Studienjahr 1876/77 Hr. Prof. Dr. Brinz von der juristischen Fakultät zum Rektor Magnifikus mit 56 von 64 Stimmen gewählt.
1 8
die Allerhöchste Entschließung Sr. Mafestät des Königs bestätig! Es wurden gewählt: A. Als ordentliches Mitglied (philose⸗philolog. Klasse): Dr. Ernst Trumpp, ordentl. Professor an der Universität München; B. als auswärtige Mitglieder (pohil. philolog. Klasse): Dr. Franz Bücheler, Professor in Bonn; Dr. Rud. Herm. Lotze, Professor in Goͤttingen; (mathem⸗physik. Klasse): Theodor Schwann, Peofessor der Physiologie in Lüttich; C. F. Donders, Professor an der Uni⸗ versität Utrecht; (historische Klasse): Lord Acton, früher Sir John Dalberg Acton in London; Mr. James Morier, früher britischer Ge⸗ schäftsträger dahier, nunmehr K. Großbritannischer Gesandter in Lissa⸗ bon; Dr. Rich. Röppel, ordentlicher Professor der Geschichte und Direktor des histor. Seminars in Breslau; C. korresponvirende Mitglieder: (phil.⸗philolog. Klasse): Dr IJwan Müller, ordentl. Pro⸗ fessor der Philologie in Erlangen; Konstantinus Sathas in Paris; Charles Thurot, Mitglied des Instituts von Frankreich; (mathem.
phisik. Klafse): Professor Dr. Eugen Lommel in Erlangen; Professor John Gottfried Galle, Direktor der Sternwarte in Breslau; Pro⸗ fessor Simon Newcomb in Washington und Nils Adolph Nordens⸗ kiöld, Professor der Chemie und Mineralogie am Karolinischen In⸗ stitut in Stockholm.
— Die Pariser geographische Gesellschaft hat die große Medaille zur Erinnerung an den letztjährigen geoara⸗ phischen Kongreß ausgegeben. Dieselbe wurde, der „Köln. Ztg.“ zufolge, unter Anderen zu Theil zehn deutschen Gelehrten, dem deutschen Botschafter Fürsten Hohenlohe und den Botschafts⸗Mit⸗ gliedern Lindau und Stumm, welche beim Kongreß als Kommis⸗ sarien fungirt hatten.
Friedrichshafen, 22. Juli. Der Bodensee ist in stetem Fallen begriffen, er steht nun auf 2,45 Meter über Nullpunkt 88 des Pegels und ist seit 14 Tagen um 50 Centimeter oder 17 ¼ Zoll zurückgegangen.
Gewerbe und Handel. u“ In der gestern Vormittag abgehaltenen außerordentlichen Generalversammlung der Aktionäre der Albertinenhütte Aktien⸗ gesellschaft für Glasfabrikation in Charlottenburg wurde der einzige anf der Tagesordnung stehende Punkt, nämlich die Ab⸗ änderung des §. 9 des Pachtsvertrags, im Sinne der vom Aufsichts⸗ rath gemachten Vorlage erledigt. Den Pächtern der Hütte steht somit nach Ablauf der ersten fuͤnf Jahre ohne alle weiteren Klausel das Recht zu, den Pachtvertrag um weitere fünf Jahre zu verlän⸗ gern, während diese Option nach den ursprünglichen Stipulationen von der Bedingung abhängig gemacht war, daß die Pächter an die Gesellschaft in den zwei letzten Jahren der Pachtzeit je 10,000 Thlr. abzuführen im Stande sind. — Der am 24. d. M. in Leipzig abgehaltene Inter⸗ nationale Produktenmarkt war im Vergleich zu früheren Jahren nur mäßig besucht. Von fremdländischen Produktions⸗ gegenden war zunächst Oesterreich⸗Ungarn hervorragend vertreten. Andere nichtdeutsche Länder waren nur durch vereinzelte Besucher repräsentirt. Die Zahl der Anwesenden aus den Bedarfs⸗ gegenden Deutschlands war beschränkt; nur Sachsen, üringen und nahegelegene preußische Provinzen hatten sich zahlreich betheiligt. Die ausgesprochenen Ansichten über den Er⸗ trag der diesjährigen Ernte waren weit auseinander gehend Der Handel blieb sehr beschränkt, größere Ausdehnung gewann der⸗ selbe nur in Oelsaaten, die in ansehnlichen Posten angetragen waren. Die Preise stellten sich loco Leipzig: Weizen 180 — 220 ℳ. bez., Roggen 160 — 183 ℳ bez., Gerste 140 — 180 ℳ bez., Hafer 170 - 183 bez, Mais 136 ℳ bez., Leinsaat 280 — 300 ℳ bez., Raps 290 — 300 ℳ bez, Rapskuchen pr. 100 Jilo 15,50 — 16 ℳ bez. Alles per 1000 Kilo Netto. 8 — Nach einer von der Verwaltung des Böhmischen Brau⸗ hauses Kommanditgesellschaft auf Aktien A. Knoblauch aufgestellten Semestralbilanz pro 30. Juni cr. hat diese Gesellschaft im ersten halben Jahre einen Reingewinn von 238,954 ℳ bei einem Aktienkapital von 3,300,000 ℳ erzielt. Bei gleichen Resultaten im zweiten Halbjahr würde sich somit der Reingewinn im Jahre 1876 auf 477,908 ℳ stellen. Hiervon ab für Rüservefonde und Tantis⸗ men 95,581 ℳ, bleiben 382,327 ℳ Dazu Gewinnrest aus 1875 mit 1251 ℳ, sind zusammen 383,578 ℳ, eine Summe, welche es gesta tet 11 ½8 % Dividende vom Gesammtkapital von 3,300,000 ℳ m 379,500 ℳ zu vertheilen und 4078 ℳ auf 1876 vorzutragen, wäh⸗ rend im Jahre 1875 nur 2,730,000 ℳ Aktien, an der Dividend e partizipirten. Verkehrs⸗Anstalten. 8 Mehrere Handelskammern haben Gelegenheit genommen in den Jahresberichten ihre Stellung zur Eisenbahnfrage zu präzisiren. Wir erwähnen hiervon zunächst die Aeußerungen der Cölner Handelskammer. Im Anschluß an die Besprechung der Tariferhöhung, die mit der Bitte an die Reichsregierung abschließt, Sorge zu tragen, daß der im August 1874 peingeführte Eise bahnfrachtzuschlag wieder aufgehoben werde, werden d Gründe der Eigenartigkeit unserer Eisenbahnzustände dargelegt. Dann heißt es: „Wägt man die Gründe pro und contra gegenein⸗ ander ab, so würde unseres Erachtens die Verwaltung der sämmt⸗ lichen deutschen Eisenbahnen durch das Reich vor dem bisherigen Zu⸗ stande unter der Voraussetzung der Vorzug einzuräumen sein, daß durch die Mitwirkung des Reichstages bei Festsetzung der Haupt⸗ normen für den Betrieb, so wie insbesondere des Tarifsystems, eine Garantie für die Fernhaltung der Geltendmachung lediglich fiskalischer Interessen gegeben, und weiter auch durch eine Revision des betref⸗ fenden Abschnittes des deutschen Handelsgesetzbuches die 4 Eisenbahnen als Frachtführer aufgehobe demnach, wie dies auch in anderen Ländern der Fallv ist, bezüglich der Haftpflicht zwischen den Eisenbahnen und son⸗ stigen Frachtführern ein Unterschied nicht ferner gemacht werde.“ Aus Ruͤcksicht auf die finanzielle Seite des Erwerbs der sämmtliche Eisenbahnen durch das Reich bezeichnet der Bericht es als er⸗ freulich, daß die Ueberführung der deutschen Staatsbahnen in die Hand des Reiches vorerst in Aussicht genommen worden ist. „Die mit Genehmigung des preußischen Landtages wegen Ueber⸗ nahme der preußischen Staatsbahnen von der Regierung Preußens an die des Reiches zu machende Offerte ist nämlich wohl dahin. aufzufassen, daß, sollte das Angebot acceptirt werden, der Ue bergang. auch der im Eigenthum der übrigen deutschen Staaten befindlichen Bahnen nur als eine Fraße der Zeit anzusehen sein und daß schließ⸗ lich auch der Erwerb der Privatbahnen nachfolgen wird. Durch eim
günstigungen der
natürlicheren Verlauf, und insbesondere werden auch die Besorgnisse zer⸗ streut, welche bei ein er sofortigen und plötzlichen Uebernahme aller deut⸗ schen Eisenbahnen Seitens des Reiches sich nothwendiger Weise auf⸗ drängen mußten.“ — Die Handelskammer zu Lüdenscheid beschäftigt sich gleichfalls mit der Eisenbahnfrage und kommt nach Anführung ihrer eigenen und der von anderen Seiten schon geltend gemachten Gründe zu dem Resultat: „Nach alledem können wir uns nur rückhaltlos zu den Anhängern des Reichseisenbahn⸗Systems bekennen, als dessen A fang wir die Reichseiseubahn⸗Vorlage freudig begrüßt haben.
Wir knüpfen hieran nachfolgende Resolution, die in der General- versammlung der östlichen Gruppe des Vereins von Eisen⸗ und Stahlindustriellen am 29. Juni gefaßt worden ist: Die Gruppe erklärt sich mit der von dem Landtage angenommenen Vor⸗ lage über Abtretung der preußischen Staatsbahnen, sowie der Rechte des Staates an anderen Bahnen und des Aufsichtsrechts des Staats an das Deutsche Reich einverstanden, wei! in den Motiven auf die dauernde Erhaltung der Konkurrenz großes Gewicht gelegt wird, aber nur unter der bestimmten Voraussetzung, daß bei der künf⸗ tigen Gestaltung; der Verwaltung der Eisenbahnen und der Handhabung des Aufsichtsrechtes folgende Desiderien erfüllt werden: 1) Trennung der Beaufsichtigung von der Verwaltung: 2) Zuzichung von Fnieresfenten des Handels, der Indastrie, der Landwirthschaft bei Veststellung der auf dem Gebiete des Eisenhahnwesens maßgebenden
München, 24. Juli. igli Akademi
Die diesjährigen Neuwahlen der der Wis den durch
9
Normen und Tarife; 3) Feststellung vou Maximaltarifen, innerhalb derselben freie Be⸗ füͤhrenden Drg se in
solches allmähliches Vorgehen nimmt nun die Sache einen viel einfacheren,