1876 / 182 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 04 Aug 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Die hiesige Universitöt beging, wie bereits kurz ge⸗ meldet, am 3. August cr. die ährliche Gedächtnißfeier ihres erhabenen Stifters, des Königs Friedrich Wilhelm III. im großen Hörsaale des Universitätsgebäudes. 3

Die Ministerial⸗Direktoren Greiff und Förster und mehrere andere höhere Beamte wohnten der Feier bei. Sie wurde mit dem Vortrage eines Gesangstücks des akademischen Gesang⸗ vereins eröffnet, worauf der zeitige Rektor, Prof. Dr. Dillmann, die Festrede in deutscher Sprache hielt.

Der Redner sprach über den Verfall des Islam. Er entwarf in gedrängter Skizze ein Bild des geschichtlichen Ver⸗

laufs des Islam von Anfang an bis heute, hob sein geschicht⸗

liches Recht, seine Bedeutung und sein Verdienst hervor und entwickelte dann die in ihm selbst von seiner Stiftung her liegenden

Mängel, welche das Absterben seiner Kultur und das Sinken der muhamedanischen Staaten und Völker als endliche nothwendige

Folge nach sich zogen; er verglich zuletzt die Bibel mit dem

Koran und schloß mit einem Blick auf den Geist, in dem die

hiesige Universität von ihrem Stifter gegründet worden ist, ge⸗ Dachte dabei noch besonders B. G. Niebuhrs, dessen 100 jähriges Geburtsjubiläum der 27. August d. J. bringen wird. Demnächst wurden die Urtheile der Fakultäten über die Preisbewerbungsschriften vorgetragen und neue Preisaufgaben bekannt gemacht. In der juristischen Fakultät erhielt den Königlichen Preis: der stud. jur. Alexander A. Beldimano aus Rumänien und eine ehrenvolle Erwähnung der stud. jur. Rudolf Pritsch aus Posen. In der medizinischen Fakultät erhielt den K niglichen Preis der stud. med. Abr. Weyl aus Posen und den städtischen Preis der stud. med. Alexander Humboldt v. H. von der Horck aus Nordamerika. In der philosphischen Fakultät erhielt den städtischen Preis der stud. phil. Walter Gröbli aus der Schweiz. Mit Gesang schloß die Feier.

Der Staatssekretär des Auswärtigen Amts, Staats⸗ Minister von Bülow, ist mit Ablauf des von Sr. Maäjestät dem Kaiser und König Allerhöchst ihm bewilligten Urlaubs hierher zurückgekehrt und hat die Geschäfte wieder übernommen.

Der Kaiserlich deutsche Botschafter in London, Graf zu Münster, hat am 2. d. M. einen ihm Allerhöchst bewilligten sechswöchentlichen Urlaub angetreten und die Leitung der Ge⸗ schäfte der Kaiserlichen Botschaft interimistisch an den Legations⸗ Rath Freiherrn von den Brincken abgegeben.

Der Königlich preußische Gesandte in Darmstadt, Fürst zu Lynar, hat am 1. d. M. einen ihm Allerhöchst bewilligten sechswöchentlichen Urlaub angetreten und sich zunächst nach England begeben.

Der General der Infanterie Freiherr v. Barnekow, kommandirender General des I. Armee⸗Corps und Chef des 6. Rheinischen Infanterie⸗Regiments Nr. 68, beging am 2. d. M. zu Königsberg i. Pr. die Feier seines 50 jährigen Dienst⸗ jubiläums. Der Jubilar trat am 11. Juli 1826 in das da⸗ malige Infanterie⸗Regiment ein; da derselbe jedoch erst am 2. August desselben Jahres das 17. Lebenssahr vollendete, so war auch erst der 2. August, der 67. Geburtstag des Generals, der Tag des Jubiläums.

Briefsendungen für S. M. S. „Medusa“ find von jetzt ab bis incl. 18. August cr. nach Gibraltar (via Cadix), vom 19. August cr. bis incl. 11. September cr. nach Plymouth und vom 12. September cr. nach Kiel zu dirigiren. Desgl. für S. M. Kbt. „Nautilus“ vom 11. bis incl. 18. August cr. nach Singapore (via Brindisi) und vom 19. August cr. ab nach Hongkong.

Baden. Karlsruhe, 31. Juli. Nach Verordnung des Ministeriums des Innern vom 19. d. ist der Turnunterricht in den Volksschulen obligatorisch geworden. Die Theilnahme daran beginnt mit dem vierten Schuljahr; die nöthigen Turn⸗ plätze und Einrichtungen beschaffen die Gemeinden, und sind zu diesem Zweck nach ihren ökonomischen Verhältnissen in fünf Klassen eingetheilt, nach welchen sich die Anzahl der zu beschaf⸗ fenden Turngeräthe richtet.

Hessen. Darmstadt, 31. Juli. Die Minorität des Finanzausschusses der Zweiten Kammer hat, wie das „Frkf. J.“ mittheilt, bezüglich der neuen Steuer⸗ gesetze ein Ersuchen an die Regierung beantragt, dieselbe möge anordnen: 1) eine Revision der Gebäudesteuerkapitalien, nament⸗ lich in den Städten; 2) eine Ausscheidung derselben aus den Grundsteuerkapitalien; 3) eine Untersuchung der Gewerbesteuer⸗ kapitalien mit Rücksicht auf das darin angelegte Ge⸗ bäude⸗ und Betriebskapital und das daraus entspringende Einkommen; 4) eine Vergleichung der Grundsteuer⸗ kapitalien, etwa in den Normalgemarkungen oder gemarkungs⸗ weise, mit dem wirklichen Einkommen zum Zwecke der Klar⸗ stellung der Belastung durch die Grundsteuer und 5) aus diesen Untersuchungen resultirend, die Berechnung von Re⸗ duktionskoeffizienten, um zu ermöglichen, daß das Einkommen zwischen Grundbesitz und Gewerbe mit einem Steuerkapital be⸗ legt werden kann, welches einer Vorausbelastung in der Grund⸗ und Gewerbesteuer von 2 pCt. bei einem Steuerausschlag von 20 entspricht, also 10 pCt. des Einkommens beträgt. Der allgemeine Theil des Gutachtens der Minorität schließt mit

den Worten: „Nach Ermittelung dieser Zahlen kann der Weg der Steuerreform weiter in der vorgeschlagenen Weise verfolgt werden. Inzwischen begrüßen wir die Vorlagen der Regierung aͤals ein Entgegenkommen auf demselben und gehen an die Be⸗ gutachtung der Entwürfe, in der Hoffnung, damit jetzt schon eeine theilweise Ausgleichung der bestehenden Mißverhältnisse er⸗ zielen zu können.“

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 1. August. Vor einigen Tagen hat hier die Aushebung stattgefunden, in musterhafter Ordnung, wie in früheren Jahren. Die jungen Leute kamen vom Lande herein, geschmückt und mit Fahnen und Musik voran. Von den zahlreichen bei den Garde⸗Regimentern

eingestellten Elsaß⸗Lothringern ist ein Theil bereits zu Unter⸗ offizieren befördert worden. Ueber das dienstliche Verhalten und den kameradfchaftlichen Geist dieser Mannschaften hört man nur Stimmen des Lobes und findet die oft ausgesprochene Behaup⸗ tung, daß die Elsaß⸗Lothringer recht gute Soldaten seien, poll⸗ auf bestätigt.

Desterreich⸗Ungarn. Wien, 1. August. Im Laufe dieses Monats, am 21. August, vollendet Kronprinz Ru⸗

olph sein achtzehntes Lebensjahr und erreicht damit nach dem Statut des Kaiserlichen Hauses und nach der österreichischen

seinen Mitgliedein in geheimer Abstimmung und mit absoluter Majorität.

erhalten hat, findet eine Ballotage zwischen den beiden, welche die meisten Stimmen

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z vernimmt, daß der bedeutungsvolle Tag von der Kaiserlichen Familie festlich begangen werden wird.

Heute Vormittags fand ein Ministerrath statt, an welchem außer den hier anwesenden Mitgliedern des Kabinets (Minister⸗Präsident Fürst Auersperg, die Minister Dr. v. Stremayr, Dr. Unger und Graf Mannsfeld) auch Frei⸗ herr v. Lasser theilnahm.

2. August. Während von einer Seite behauptet wird, der zwischen beiden Regierungen vereinbarte neue Bank⸗ organismus werde den Parlamenten nicht zugleich mit den anderen Ausgleichsgesetzen vorgelegt werden, sondern solle erst mit dem Beginn des Jahres 1878 ins Leben treten, versichert die „Bud. Korr.“ (auf wessen Autorität hin, wird nicht gesagt) auf das Bestimmteste, daß „namentlich“ die un⸗ garische Regierung bestrebt sei, „das Inslebentreten des nunmehr völlig vereinbarten Bankorganismus bis zum 1. Januar 1877 jedenfalls zu ermöglichen“. Es sei auch außer Zweifel, daß dem keine unüberwindlichen Schwierigkeiten entgegenstehen und daß Finanz⸗Minister Szell Alles daransetzen werde, für das Zoll⸗ und Handelsbündniß, ebenso wie für das Bankwesen und das neu festzustellende Quotenverhältniß einen gleichzeitig ab⸗ laufenden Jahrescyklus festzustellen.

Trotz aller Dementis fährt ein Theil der Presse fort, sagt das „Fremdenblatt“, von Mediationen und Vermitt⸗ lungen zu sprechen und schreibt jetzt speziell der italienischen Regierung ahberlei Vermittlungsgedanken zu. Wir haben Grund, anzunehmen, daß die italienische Regierung von den ihr zuge⸗ schriebenen Projekten selbst keine Kenntniß hat. La parole est aux canons vorläufig gehört das Wort den Kanonen und bevor diese nicht ihr Urtheil gefällt haben, läßt sich leider nichts machen. Dasselbe Blatt schreibt: Ein Korrespondent der „A. A. Z3.“ und des „Pester Lloyd“ be⸗ glückt die Welt mit der überraschenden Mittheilung, daß Oester⸗ reich⸗Ungarn Montenegro als kriegführenden Theil, respektive unabhängigen Staat, anerkannt habe. Die euro⸗ päische Diplomatie und die Lehrer des europäischen Staatsrechts werden nicht wenig über diese Meldung erstaunt sein. Sobald man sich einmal daran macht, längst bekannte Thatsachen zu entdecken, kann man sich auf weitere ähnliche „Enthüllungen“ gefaßt machen. Die Meldung von einem rumänischen Ultimatum an die Pforte ist, dem „Fremdenbl.“ zufolge, voll⸗ kommen irrig. Gleich unbegründet, wie die rumänischen Ultimatumsgerüchte, seien die Meldungen von griechischen Rüstungen. Nichts deute darauf, daß die griechische Regierung von jener Politik der absoluten Nicht⸗Intervention abzugehen gedenkt, die sich alle Kabinete des Welttheils für jetzt zum Ge⸗ setz gemacht haben. 3. August. (W. T. B.) Die Nachrichten von der an⸗ geblichen Bildung einer österreichischen Freiwilligen⸗ Legion in Belgrad und einer ungarischen Freiwilligen⸗ Legion in Konstantinopel werden von der „Politischen Korrespondenz“ als unbegründet bezeichnet. Dieselbe wider⸗ spricht ferner der Meldung, daß die rumänische Regierung be⸗ schlossen habe, der Pforte bezüglich der Erledigung ihrer For⸗ derungen einen bestimmten Termin zu stellen. Pest, 2. August. Der „Pester Lloyd“ bespricht die Ge⸗ rüchte einer Friedensvermittelung und hält eine Media⸗ tion in dem gegenwärtigen Stadium für verfrühtz eine solche Vermittelung wäre wohl humanitär motivirt, aber unpolitisch. Die Diplomatie suchte den Krieg zu verhindern; da derselbe dennoch ausgebrochen sei, so müssen die Konsequenzen gezogen und gründlich aufgeräumt werden. Dies wäre nicht der Fall vor einer entscheidenden Schlacht; nach einer solchen könne der Friede diktirt werden. Einem Friedensschluß vor einer militä⸗ rischen Entscheidung würde nur ein Waffenstillstand mit Kriegs⸗ bereitschaft, nicht aber ein dauernder Friede folgen.

Agram, 2. August. In der heutigen Landtagssitzung interpellirte Graf Buratti, ob der Banus beim volkswirth⸗ schaftlichen Ausgleich zwischen Oesterreich und Ungarn die Interessen Kroatiens gewahrt habe, und ob er geneigt sei, bejahendenfalls hierüber Aufklärungen zu geben. Folne⸗ govic interpellirte, mit welchem Rechte sich das gemeinsame Aerar die Pensionstaxen der kroatischen Beamten aneignete. Frankreich. Paris, 2. August. Der Präsident Mar⸗ schall Mac Mahon nimmt am Mittwoch der nächsten Woche für die Dauer der Parlamentsferien seine Residenz in Paris. Der Marschall reist am 23. d. M. zu den großen Manövern ab und begiebt sich zuerst in das Lager von Chalons, dann nach Dijon, Grenoble, Lyon, 1e von dort kehrt er nach Paris zurück, um später den Uebungen anzuwohnen, welche im Norden stattfinden sollen. Im Ganzen würde die Reise bis ungefähr zum 25. September dauern.

Im Unterrichts⸗Ministerium fand heute Morgen eine Berathung zwischen Waddington und dem Ausschusse zur Prü⸗ fung des Antrages von Paul Bert über den größeren Zufluß von Lehrern und Lehrerinnen statt. Der Minister sprach die Ansicht aus, die Er⸗ nennung der Lehrer dürfe nicht fernerhin den Präfekten zustehen, ebenso dürfe das Gehorsamszeuzniß nicht mehr zu Er⸗ langung des Rechtes, Unterricht zu ertheilen, genügen; dagegen wünsche er nicht, daß diese Maßregeln rückwirkende Kraft erhiel⸗ ten, auch müsse man sich Zeit lassen bei der Ausführung der Entscheidung der Gemeinde zwischen dem Laienunterricht und dem durch die Kongregationen. Der Minister erklärte seine Zu⸗ stimmung dazu, dieses Recht den Gemeinderäthen zu ertheilen, aber er wünscht zugleich, daß das Recht der Berufung an einen höheren Rath eingeführt werde.

Die Senatskommission zur Prüfung des Gesetzes wegen Ernennung der Maires hat gestern eine, 2 ½ Stunde währende Sitzung gehalten. Zuerst wurde das Amendement Grivart Wiederannahme des Gesetzes von 1831 berathen und abgelehnt. Ein Amendement Pagézy handelt nicht nur von der Art der Ernennung der Maires und Adjunkten, sondern auch von der Organisation und Zusammensetzung der Munizi⸗ palitäten; es enthält einen vollständigen Entwurf, der die Be⸗ fugnisse der Maires und der Munizipalräthe feststellt. Die Kommission beschloß, Hrn. Pagézy am Donnerstag zu hören. Folgende 3 Artikel des von der Kammer angenommenen Ge⸗ setzes wurden genehmigt:

Art 1. Das Gesetz vom 20. Januar 1874 ist aufgehoben.

Art. 2. Provisorisch und bis zur Annahme des organischen Mu⸗ nizipalgesetzes soll die Ernennung der Maires und Adjunkten nach folgenden Regeln geschehen:

Der Munizipalrath wählt die Maires und die Adjunkten aus

Wenn nach zwei Abstimmungen kein Kandidat die Majorität

Stgatsverfassung seine Großjährig keit. Der „Pester Lloyd“

der Aelteste ernannt.

Der Sitzung, in welcher zur Wahl eines Maires geschritten wird, präsidirt das älteste Magistratsmitglied.

In den Hauptgemeinden der Departements, Arrondissements und Kantons werden die Maires und Adjunkten aus den Mitgliedern des Gemeinderaths auf Dekret des Präsidenten der Republik ernannt.“

Art. 4 (der Art. 3 werden würde). Gegenwärtiges Gesetz ist auf Algerien anwendbar.“

Der Artikel 3, welcher verworfen wurde, lautet:

„In allen Gemeinden der Republik sollen die Wähler zusammen⸗ bernfen werden, um innerhalb drei Monaten nach Verkündigung dieses Gesetzes zu neuen Munizipalwahlen zu schreiten.“

„In dem auf die Munizipalwahlen folgenden Monat sollen die einberufen werden, um die Maires und Adjunkten zu wählen.“

Zum Berichterstatter wurde, wie bereits gemeldet, Hr. Parieu gewählt.

Die Bureaus der drei Gruppen von der Linken haben über die Frage berathen, ob es nicht angezeigt sei, ein Aufsichts⸗ comité zu ernennen, welches die Permanenzkommission während der Vertagung der Kammern ersetzen soll; im Prinzip ist diese Idee genehmigt. Das „Vigilanzcomité“ würde aus den Mitgliedern der Bureaus der Linken des Senats und der De⸗ putirtenkammer bestehen, die zu Paris wohnen. Dasselbe würde Reklamationen in Empfang nehmen, sowie Erläuterungen, die man ihn zu machen für gut hält.

Die „Korrespondenz Havas“ versichert, Don Carlos sei gestern in Paris angekommen.

Versailles, 3. August. (W. T. B.) Von der Depu⸗ tirtenkammer wurden mehrere Kapitel des Kriegsbudgets erledigt. Die Aeußerung des Bonapartisten Dréolle, daß die Armee über den konstitutionellen Institutionen stehe, rief eine Zurechtweisung des Kammer⸗Präsidenten Grévy und heftige An⸗ griffe Gambetta's gegen das Kaiserreich hervor. Die Berathung des Budgets wird morgen fortgesetzt.

Im Senate beantragte Saint Vallier von der Linken die Wahl eines lebenslänglichen Senators an Stelle Casimir Périers auf den 11. d. festzusetzen. Die Abstim⸗ mung ergab 124 Stimmen für, 3 gegen den Antrag und muß, da die Rechte sich der Abstimmung enthalten hatte und sonach die zur Beschlußgültigkeit erforderliche Stimmenzahl fehlte, mor⸗ gen weederholt werden. Der Schluß der Kammersession ist auf den 12. d. festgesetzt.

Türkei. Konstantinopel, 3. August. (W. T. B.) Die Regierung hat ihren Vertretern im Auslande die Anzeige zu⸗ gehen lassen, daß die über den Gesundheitszustand des Sultans verbreiteten Gerüchte grundlos seien und daß das Befinden desselben von Tag zu Tag sich bessere.

(W. T. B.) Die Aktivirung der von Midhat Pascha entworfenen Konstitution wäre, der „Neuen freien Presse“ zufolge, verschoben worden.

Der Großvezier hat unter dem 25. v. Mts. an den Statthalter von Adrianopel, Tuna, Bosnien und Monastir, so⸗ wie den Seraskier durch den Telegraphen folgendes Reskript übermitteln lassen, welches in der Nummer des „Vakit“ vom 27. Juli veröffentlicht wurde. Dasselbe lautet: „Man hat in Erfahrung gebracht, daß mehrere von den Freiwilligen, welche von Widdin aus in Serbien eindrangen und von dort zurückkehrten, die in ihre Hände gefallenen kleinen Knaben und Mädchen als Sklaven verkauft haben. Da nun aber solches von der Regierung streng verboten und jederzeit straf⸗ würdig ist, so sollen vom heutigen Tag an alle diejenigen, welche aus Serbien oder aus den benachbarten Orten solche Mädchen und Knaben rauben und verkaufen, sofort mit dem Tode be⸗ straft werden; ferner soll denjenigen Individuen, welche noch

jetzt auf solche Weise geraubte Knaben und Mädchen in ihrden Händen haben, eine bestimmte Frist gesetzt werden, bis zu welcher sie dieselben der Regierung abzuliefern haben; diejenigen, welche bis dahin sie nicht abliefern, sollen gleichfalls mit dem Tode be⸗- straft werden. Diejenigen Individuen aber, welche in der Ab⸗ sicht, solche Schlechtigkeiten auszuführen, in den Krieg gezoge sind, sollen nach ihrer Heimath zurückgebracht werden. Vor⸗ stehendes ist, durch den Druck in jenen Gegenden bekannt zu machen, und ihr werdet für die Ausführung die erforderliche Sorgfalt anwenden.“ Vom Kriegsschauplatze liegen folgende Telegramme

Konstantinopel, 3. August. (W. T. B.) Nach hier ein⸗ gegangenen Nachrichten haben die türkischen Truppen die serbischen Befestigungen bei Gurgusovatz angegriffen und die serbischen Redouten genommen. Die Serben haben große, die türkischen Truppen geringere Verluste erlitten. General Tscher⸗ najeff soll in Saitchar sein.

London, 3. August. (W. T. B.) Das „Reutersche Bu⸗ reau“ meldet aus Serbien von heute: Man schlägt sich fortgesetzt vor Pandirolo, am gestrigen Tage und heute früh fanden dort mehrere Gefechte statt, der Ausgang war unentschieden. Etwa 2000 Freiwillige von der Drinaarmee haben ihre Reihen verlassen und sich nach Bosnien begeben, um dort einen Parteigängerkrieg zu führen.

Paris, 3. August. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Agence Havas“ aus Ragusa von heute hätten in der ver⸗ gangenen Nacht die Insurgenten die Straße von Tre⸗ binje nach Ragusa besetzt, Moukhtar Pascha sei in Folge dessen in Trebinje eingeschlossen.

Belgrad, 3. August. (W. T. B.) Der Regierung wird vom Kriegsschauplatz gemeldet: Ein gestern von den Türken auf Klein⸗Zwornik unternommener Angriff wurde zurückgeschlagen. Heute griffen die Türken die serbischen Truppen in ihren Stel⸗ lungen diesseits Gramada an. Der Ausgang des Kampfes ist noch nicht bekannt.

Wien, 4. August. (W. T. B.) Wie die „Presse“ meldet, würde der baldige Uebertritt Moukhtar Paschas und seiner bedeutend reduzirten Truppen auf österreichisches Gebiet erwartet, da derselbe in Trebinje derartig eingeschlossen ist, daß ein Durchbruch nach Norden unmöglich erscheint.

Die „Köln. Ztg.“ erhält folgendes Telegramm aus Pest vom 3. August: „Nachrichten aus Belgrad melden, Fürst Milan wünsche Frieden zu schließen. Gruics und Ristics seien im Hauptquartier, um ihn davon abzuhalten. Gruics ist entschieden für Fortsetzung des Krieges, Ristics ist friedlicher gestimmt. Eine serbische Ministerkrisis ist in Aussicht.“ Ragusa, 2. August. (Pol. Korr.) Wie gestern gemeldet wurde, machte Moukhtar Pascha gestern von Trebinje aus den Versuch, dem von den Montenegrinern bedrohten Bilek zu Hülfe zu kommen. Als er die beiden nach Bilek führenden Stra⸗ ßen von dem Corps des Peko Pasvlovie stark besetzt fand, d. h. in Positionen, welche ihm zu forciren nicht leicht geworden wäre, ist er noch am selben Tage nach Trebinje zurückgekehrt, um so mehr, als 8000 bei Ljubowir lagernde Montenegriner

vor:

e statt; im Falle der Stimmengleichheit wird

Trebinje bedrohen und die Verbindung mit Bilek und Mostar bereits abgeschnitten haben. Bilek wird von den Montenegri⸗

f

nicht nur beschossen, sondern leidet an Lebensmitteln und heags da es nach keiner Seite hin mehr eine Verbin⸗

stehend tscheidend Er Die wahrscheinlich bevorstehenden entscheidenderen Er⸗ eignisse auf Töö“ veranlassen die „Presse“ vom 3. August, folgende Darstellung der serbischenundtürki⸗ schen Aufstellungen zu geben: I“ Die serbische Drina⸗Armee und Ranko Alimpics befindet sich zum größten Theil jenseits der Drina und dürfte, die serbischen Freiwilligen eingerechnet, vielleicht 20,000 Mann betragen. Ihre wiederholten Geschützkämpfe lassen auf eine ver⸗ hältnißmäßig zahlreiche Artillerie schließen. Die Kavallerie⸗ Abtheilungen sind keinesfalls zahlreich, wenigstens hat man bisher von keiner ausgiebigen Verfolgung der da und dort besiegten Türken gehört. Die Drina⸗Armee ist auf einer Front von etwa zwanzig Meilen entwickelt. Sie hält Raecesa mit einer ent⸗ sprechenden Abtheilung besetzt; das Gros, dessen Hauptquartier sich diesseits der Drina in Badovinze befindet, steht vor Bjelina. Eine kleinere Abtheilung steht jedenfalls in dem kleinen Brückenkopfe Losniza; eine andere vor dem befestigten türki⸗ schen Veliki Zwornik. Klein⸗Zwornik ist ebenfalls von den Serben besetzt und kleinere Posten decken jedenfalls bei Ljubovija und Batschevzi die nach Valjevo führenden Wege. Einen Theil seiner Freiwilligen hat Alimpics nach Bosnien vor⸗ geschoben, um dort eine Insurrektion zu versuchen. Jedenfalls wird eine geraume Zeit verstreichen, bis diese Freiwilligen im Stande sein werden, die im nordöstlichsten Theile Bosniens sich herumtreibenden Banden zu einem Vordringen gegen Bjelina zu bewegen. Es ist nicht unwahrscheinlich, daß diese Freiwilligen des Alimpics' die nach Bjelina führenden Kommunikationen. be⸗ setzt halten. 88 ““ Der serbischen Drina⸗Division stehen die Türken unter Djeladin und Zekih Pascha gegenüber. Sie halten Bje⸗ lina, Zwornik und Srebreniza besetzt und dürften insgesammt nicht höher als 10⸗ bis 12,000 Mann zu veranschlagen sein. Die Kämpfe vor Bjelina gegen Alimpics, der sich gewiß in einer ungünstigen Position, mit einem Flusse im Rücken, befand, scheinen darauf hinzudeuten, daß sich die Türken an der Drina in einer entschiedenen Minderheit befinden. An die serbische Drin.⸗Division schließt sich das Frei⸗ willigencorps unter Archimandrit Dutschics, das etwa 3000 Mann betragen und einige Geschütze mit sich führen dürfte. Seine Abtheilung bewegte sich bisher zwischen Vische⸗ grad und Novavarosch, um die nach Uschize führenden Wege zu decken. Ihm gegenüber steht Mehemed Ali Pascha, der in Novavarosch nur über wenige Bataillone ver⸗ fügen soll. Dutschics ist im Uebrigen dem Kommandanten der Ibar⸗Division, Oberst Tscholak Antiecs, untergeordnet, der in diesem Momente den Muschir Derwisch Pascha m Sjeniza eingeschlossen hält. Die Ibar⸗Division dürfte vielleicht 15,000 Mann und ein halbes hundert Geschütze zählen, die selbstver⸗ ständlich nicht alle bei Sjeniza stehen, denn die unter Ilics gegen Novibazar und Sotschaniza vorgeschobenen Abtheilungen gehören zu dieser Division. In dem letztgenannten Orte verfügt Hus sein Pascha über etwa zwei Bataillone. In Mitrowiza kom⸗ mandirt Ali Sahib Pascha, wohin in den letzten Tagen zwei ägyptische Regimenter mittels Eisenbahn von Salonich dirigirt

wurden. ie klei erbische Abtheilung, welche in letzterer Zeit EEö 1 Brus ein Scharmützel

in der Klause Jankova Klisura bei

gegen Arnauten und Tscherkessen unter Oberst Mustapha Bey aus Prokoplje bestand, gehört jedenfalls zur Südarmee, die bei Deligrad und Alexinatz konzentrirt ist. Es ist kein Zweifel, daß dieser Theil in den letzten Tagen namhafte Ver⸗ stärkungen nach Kujaschevaz und Zaitschar absenden mußte; immerhin hält die „Presse“ das serbische Morava⸗Corps unter dem persönlichen Kommando des Fürsten Milan für 20 bis 25,000 Mann stark. Das geräumige Moravathal läßt darauf schließen, daß sich hier der größte Theil der serbischen Kavallerie, vielleicht 2000 Mann, befindet; ebenso dürfte dieses Corps über 100 Kanonen, darunter Belagerungsgeschütz, ver⸗ fügen, welches gegen Nisch in Verwendung gelangen sollte.

In Nisch kommandirte bisher Achmed Ejub Pascha, der sich nunmehr auf dem Wege über Gramada gegen Dervend befindet. Hafis Pascha und Suleiman Pascha, welche in letzterer Zeit zusammen eine Truppenmacht von etwa 8000 Mann in Ak⸗Palanka und Pirot verfügten, haben sich bei Pandiralo vereinigt und stehen heute auf den Höhen bei Tresfibaba, etwa 1 ½ Meile südlich Knjaschevaz. Die servischen Truppen in Der⸗ vent werden, wenn es Ejub Pascha auch nicht gelingen follte, sie zu delogiren, in Folge der türkischen Stellung bei Tresibaba zum Rückzuge genöthigt sein. Achmed Ejub Pascha kann sich dann mit Suleiman Pascha bei Ponor vereinigen.

Von Knjaschevaz an, den T imok abwärts, hat die Division unter Leschjanin die Stellungen inne. Es ist nicht zu be⸗ zweifeln, daß sich kleine Abtheilungen bei Novihan und Bugar⸗ Korito befinden; dieselben, welche bereits einigemale die bei dem Fort Belgradschik unter Oberst Hassan Bey stehenden tür⸗ kischen Bataillone angegriffen haben. Jedenfalls hat Leschjanin auch die Dörfer Vratarniza und Grljan besetzen lassen, wie ja übrigens die Gefechte um Veliki⸗Iswor in letzterer Zeit gezeigt haben. In Zaitschar steht, wie bekannt, das Gros der Timok⸗Division und hält nach dem letzten glücklichen Gefechte bei Veliki⸗Iswor auch diesen Ort besetzt. Die ganze Timol⸗Divi⸗ sion schätzt das genannte Blatt nicht viel über 30,000 Mann, jedenfalls ist sie nach dem Gros bei Alexinatz am reichsten mit Geschützen versehen. Der Timok⸗Division gegenüber Osman Nuri Pascha bei Adlje, Fasli Pascha bei Grahowa beide zusammengenommen etwa 25,000 Mann stark. In Widdin be⸗ fehligt Rifat Pascha eine schwache türkische Besatzung.

Dem Laufe des Timok weiter folgend, hält Leschjanin das Dorf Vraschogrnaz und jenseits des Grenzflusses den Ort Bre⸗ gova, wie dessen Umgebung besetzt, wo sich Ostoics verschanzt und die Straßen nach Negotin zu decken hat. Nicht zu vergessen sind die kleinen serbischen Besatzungen längs der Donau zwischen Negotin, Brsa⸗Palanka und Kladovo, wie auch die türkische Flottille unter Kiridli Hussein Pascha.

Ueber die Schlacht bei Vucidol oder Vrbica er⸗ hält die „Pol. Corr.“ folgenden weiteren aus Ragusa vom 1. August datirten Bericht: ““ 8 b

8 a war Donnerstag Abends in Plana einge⸗ bphe eh htas nach Trebinje gesendet, möglichst große Vorräthe und den Train nach Banjani zu dirigiren, wo er sich binnen Kurzem befinden werde. Mustai Pascha erhielt den Befehl, sich mit einigen Mannschaften nach einem befestigten Punkte bei Bilek zu be⸗ geben und dort unbeweglich stehen zu bleiben. Moukthar Pascha wollte eine kombinirte Bewegung mit den türkischen Truppen in

schiren; allein er wußte nicht, daß bereits die gesammten montene⸗ grinischen Truppen sich bei Vrbica und Vucidol befanden. 3 Am Morgen des Schlachttages rückte Moukhtar Pascha mit den unter seinem Kommando stehenden 19 Tabors aus Plana gegen Vucidol vor. Er hatte seine Truppen derartig getheilt, daß zwei Corps, das eine unter dem Kommando Osman Paschas, das andere unter jenem des Selim Pascha, gleichzeitig aufbrachen, während er mit dem dritten Corps di⸗ Nachhut bildete. Oberhalb Planas befindet sich eine nicht bedeutende Erhöhung, auf welcher die Türken etwa 300 Montenegriner gemgahrten, welche lediglich deshalb bis dahin vor⸗ gerückt waren, um die Türken heranzulocken. 1 Diese eröffneten das Feuer, die Montenegriner zogen sich, das⸗ selbe erwidernd, zurück. So wie die Türken ihren Vormarsch fort⸗ setzten, kamen immer zahlreichere montenegrinische Abtheilungen zum Vorschein, bis die Türken, bei Vucidol angelangt, sich auf allen Seiten von den Montenegrinern umgeben sahen, welche von Brbica bis Vucidol Stellung genommen hatten. Die Baschibozuks, darunter die Korjenicer (mohamedanische Herzegowiner von großer Tapferkeit) wendeten sich zuerst zur Flucht, worauf allmählich die ganze Armee ins Schwanken gerieth und eine wilde, regellose Flucht begann. Die Montenegriner griffen, nachdem sie das Feuer eingestellt, zu ihren Handjars. Die Türken wurden von den Montenegrinern bis Bilek und Prijedor verfolgt. Etwa 1000 Türken sielen bei ihren Kanonen, welche sie nicht in den Händen der Montenegriner lassen en. 8 wolltenn khtar Pascha rettete sich mit den Trümmern seiner Truppe vorerst nach Bilek und erreichte Sonnabend Abend Trebinje. Sechs Bataillone Türken wurden gänzlich aufgerieben. Es blieben an diesem Tage 168 türkische Offiziere theils todt, theils verwundet auf dem Schlachtfelde und büßte außer Selim Pascha auch noch ein anderer Pascha das Leben ein. In Trebinje wurde das Gerücht ver⸗ breitet, daß Derwisch Pascha mit 32 Bataillonen von der serbischen Grenze heramücke. 1“ 8 dübe⸗ den gefallenen türkischen Stabsoffizieren befinden sich Kurschid Bey, Hussein Aga, Hagji Aga, Nuri Aga, Oberst der Kaiserlichen Garde, und zwei Führer der Korfenicer. Weiter wird derselben Korrespondenz aus Zara vom 1. August geschrieben: 1 88 geschertge Ruhe, welche nach dem Treffen bei Vrbica in den Bewegungen der Montenegriner eingetreten war, veranlaßt⸗e Monkhtar Pascha, der übrigens leicht verwundet ist, mit eilf Ba⸗ taillonen Bilek, dessen Garnison er verstärkte, zu verlassen und sich nach Trebinje zurückzuziehen. Von 1” 5 ECöu r i Bi ngreifen sollten, diesem be Montenegriner Bilek angreifen ülesem hedrohce, Bünee

a beispringen, um so mehr, als er W bestimmte Baschi⸗Bozuks 11 18 a 1

ꝛontenegriner griffen thatsächlich gestern Bilek b sich variffübsn ein Kampf, der ohne Entscheidung die ganze Nacht andauerte. Mounkhtar Pascha rückte deshalb diesen Morgen von Trebinje zum Entsatze Bileks mit allen seinen Truppen ab. Ueber den Ausgang des Kampfes, der heute Vormittags noch immer andauerte, ist noch nichts bekannt.. 1 1

In Trebinje selbst scheint man von türkischer Seite auf das Aeußerste gekaßt zu sein. Darauf deutet wenigstens die dortselbst er⸗ gangene Verfügung, sämmtliche Kaufläden zu schließen. Die öster⸗ reichischen Unterthanen aus dem hart an der türkischen Grenze ge⸗ legenen Valle di Breno, welche den Transport von Lebensmitteln für türkische Rechnung besorgten, haben sich sämmtlich aus Trebinje geflüchtet. G

Ueber die Person Osman Pascha s5, der in der Schlacht bei Vrbica voh hen E.““ gefangen worden,

ilt die „N. Fr. Pr.“ Folgendes mit: Osman ist ein Ungar und heißt Farkas (Wolf). Er ist der Bruder des jüngft plötzlich verstorbenen Direktors der Stein⸗ brucher Dampfziegelei, Bernhard Wolf. Osman Pascha kämpfte im Jahre 1848/49 in den Reihen der Honved⸗Armee und Ser ma⸗ gyarisirte er seinen Familiennamen Wolf in „Farkas“. Er focht unter dem Kommando Bems und avanzirte zum Ober.Lieutenont. Mit dem berühmten General trat auch Farkas auf türkisches Gebiet über und wurde Muselman. Seine ausgezeichneten Sprachkenntnisse verschafften ihm bald eine Stelle als Professor an der Militär⸗Akademie in Kon⸗ stantinopel; ihm wurde auch die Ehre zu Theil, die Kaiserlichen

rinzen zu unterrichten. Im Krimkriege hatte der zum Bey avancerte

sman die wichtige Aufgabe inne, die Korrespondenz zwischen der türkischen, englischen und französischen Armee zu führen; nach dem großen Feldzuge wurde Osman Bey zum Pascha erhoben. Osman Pascha ist durch die Heirath mit der Tochter eines hervorragenden türkischen Beamten in nahe Beziehungen zu den vornehmsten türkischen

Familien getreten.

Numänien. Bukarest, 3. August. (W. T. B.) An Stelle Majorescu's ist der Abgeordnete Alexander Varnav Liteanu zum diplomatischen Agenten Rumäniens in Berlin ernannt worden.

4. August. (W. T. B.) Trotz der Einsprache mehrerer Minister beschloß die Kammer in ihrer heutigen Sitzung, eine Kommission zu wählen, welche beauftragt werden soll, die An⸗ klage gegen die früheren Minister aufrecht zu erhalten und als Instruktionsrichter zu fungiren. Die Angeklagten sollen in Präventivhaft genommen werden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 2. August. Der „Golos“ wendet sich in einem längeren Artikel gegen die⸗ jenigen auswär igen Blätter, welche Rußlands Finanzlage als Grund seiner „unfreiwilligen“ Friedensliebe hinstellten, und sagt in dem Artikel u. A.: „So erscheint unsere Finanzlage, selbst bei der kältesten Analyse, durchaus nicht der Art, wie sie von der Rußland feindlichen Presse geschildert wird. Dieselbe kann am aller⸗ wenigsten Rußland dazu nöthigen, sein Haupt vor jedem Versuche zu neigen, es in der Erfüllung seiner historischen und nationalen Pflicht gegen die Slaven und die ganze christliche Welt zu hin⸗ dern. Solche Noth läßt sich zunächst auch nicht voraussehen; doch muß man bei Zeiten solchen Auslegungen vorbeugen, welche unsere Feinde uns gegenüber in Versuchung führen koͤnnen. Der Reschthum Rußlands steht natürlich vor dem solcher Län⸗ der, wie England, Frankreich, ja selbst Deutschland zurück, dafür besitzt aber Rußland doch eine finanzielle Kraft, wie sie kein anderes Land kennt: die russische Nation ist im Stande Entbehrungen und Ungemach in solchem Grade zu ertragen, wie es einer andern europäischen Nation nicht möglich ist. Auch dies ist eine Finanzquelle in seiner Art, welche unermeßliche Reichthümer werth ist. Wenn wir auch nicht hinreichendes Material zur Führung eines Krieges, wie z. B. des französisch⸗ deutschen, wozu auch keine Nothwendigkeit vorliegt, besitzen, so sind wir doch vollständig fähig, mit Ehren aus jeder, selbst der schwersten europäischen Verwickelung hervorzugehen, die aus den Ereignissen auf der Balkan⸗Halbinsel noch entstehen könnten. Diejenigen irren nicht, welche die so große Friedensliebe der russischen Politik mit dem Fehlen aller Eroberungspläne er⸗ klären; wohl aber können sich Diejenigen bitter täuschen, welche ihre Rechnung auf die angebliche Ohnmacht stellten, welche die Basis dieser äußersten Friedensliebe bilden soll.

Die Blätter bringen folgende Depesche: Taschkent, Sonnabend, 29. Juli. Die Karakirghisen von Alar haben Banden organisirt, um in das Ferganah⸗Thal einzudringen. Ge⸗ neral Skobelew beabsichtigt, am 1. August von Gultscha nach Utsch⸗Kurgane mit einem aus 6 Compagnien Infanterie, 6 Ko⸗

aufzubrechen. General Skobelew hat die Absicht, mit der admi⸗ nistrativen Organisation des von den Nomaden⸗Stämmen be⸗

wohnten Gebietes vorzugehen.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. August. Der König hat nach erfolgter Wahl und auf Antrag der hie⸗ sigen deutschen St. Gertruds⸗Gemeinde den Pastor Rudolph Kittan in Neukirchen im Königreich Sachsen zum ersten Pastor derselben ernannt. 8 Christiania, 29. Juli. Die „Rigstidende“ vom 27. d. enthält den Abschluß der Staatsrechnungen für das Jahr 1875. Diesen zufolge haben die im Budget aufgeführten Staatseinnahmen 6,957,000 Species betragen, während sie vom Storthinge auf 6,134,000 Species veranschlagt worden; dieselben haben mithin 823,000 Species mehr als veranschlagt, 180,000 Species mehr als in 1874 und 670,000 Species mehr als in 1873 betragen. Die Mehreinnahmen vertheilen sich wesentlich auf folgende Posten: Zolleinnahmen 713,000 Spe⸗ cies mehr als veranschlagt, Malzsteuer 107,000 Species, Sportel und Erbschaftssteuer 54,000 Species, Silber⸗ bergwerk Kongsberg 19,000 Sp., Ertrag der Aktien der Staatskasse in Norwegens Reichsbank und der übrige Bank⸗ ertrag 34,000 Sp.; weniger als veranschlagt hat u. A. die Branntweinsteuer ergeben, nämlich 113,000 Sp. Die im Budget aufgeführten Staatsausgaben waren für 1875 auf 6,644,000 Sp. veranschlagt, konnten aber mit Hinzurechnung der außerordentlichen Bewilligungen zum Vertheidigungs⸗ wesen und der aus dem Vorjahre zur Verfügung stehen⸗ den Bewilligungen 7,422,000 Sp. betragen; verausgabt sind 6,943,000 Sp., wovon 190,000 Sp. extraordinär vom Armee⸗Departement. Die ordentlichen Einnahmen überstiegen folglich die zufolge der Budgetbewilligungen entstandenen Aus⸗ gaben um 204,000 Sp. Außerhalb des Budgets zeigen die Staatsrechnungen eine Einnahme von 2,925,000 Sp. auf die Staatsanleihe von 1874 und als Beitrag der Distrikte zu den im Bau begriffenen Eisenbahnen von 206,000 Sp. Für die neuen Staatseisenbahnanlagen sind 1875 2,260,000 Sp., zum Ankauf von Aktien der Hauptbahn und als Darlehne 216,000 Sp. verwendet. Mit Hinzurechnung der extraordinären Posten haben sämmtliche Einnahmen der Staatskasse 10,347,000 Sp. und die Ausgaben 9,773,000 Sp. betragen. Der Bestand der Staats⸗ kasse Schluß 1875 war 5,650,000 Sp. gegen 5,050,000 Sp. in 1874. Norwegens Staatsschulden, im Laufe des Jahres durch Abbezahlung um 355,000 Sp. vermindert, betrugen Schluß 1875 12,580,000 Sp. Die Aktiva der Staatskasse (Kapitale, Bankaktien, der Grundfond der Reichshypothekenbank ꝛc.) können gleichzeitig zu 13,400,000 Sp. veranschlagt werden.

Amerika. Eine Vorlage, welche jüngst bei dem Senat in Wastington durchging, dehnt die Dauer der „Court of 8 Commissioners of Alabama Claims“ bis zum 1. Januar 1877 aus. Die noch zur Vertheilung übrig bleibende Summe beträgt etwa 9 Millionen Dollars. .

Der kürzlich verstorbene Diktator Antonio Lopez de Santana, bekannt unter dem Namen Santa Anna, hat ein bewegtes Leben geführt. Diktator, dann Gefangener, Präsident der mexikanischen Republik, dann gestürzt, dann wieder Präsi⸗ dent, Flüchtling in St. Thomas, Anhänger Kaiser Maximilians, Gegner und bald Gefangener des Juarez, konnte er sich nach New⸗York in Ruhe zurückziehen. Die wichtigste Handlung seines Lebens war die Unterzeichnung eines Vertrages im Jahre 1848, durch den ganz Kalifornien an die Vereinigten Staaten ab⸗ getreten ward.

Peru. Lima, 17. Juni. Der Nachbarstaat Bolivien hat seine Annalen wieder um eine Revolution vermehrt. Der General Daza erhob sich Anfangs Mai gegen die Regie rung. In seiner Proklamation nannte er den Präsidenten Frias einen Plünderer des Staatsschatzes ꝛc. Der Präsident und die meisten Minister wurden gefangen gesetzt, jedoch kurz darauf wieder freigelassen. Nach den letzten Nachrichten hatte sich -q General Daza, ohne nennenswerthen Widerstand zu finden, zum unumschränkten Herrn des Landes gemacht. Die Mitglieder der vertriebenen Regierung beschränkten sich darauf, von Peru aus ihn mit Proklamationen zu bekriegen.

Argentinien. Buenos Aires, 20. Juni. Argentinien und Chile droht ein Konfjlikt.

Zwischen Vor einigen Wochen hatte ein argentinischer Unternehmer in Montevideo das

züsche Schiff „Jeanne Amélie“ gechartert, um an der Küste hnsh Guano einzunehmen. Der argentinische Konsul in Montevideo gab ein Certifikat, wonach das Schiff berechtigt war, bis zum 51. Breitegrad Guano zu suchen. Die Jeanne Amelie“ hatte bei der Insel Monte Leon, welche gerade unter besagtem Breitegrad liegt, bereits 500 Tons Guano ge⸗ laden, als sie von einem herbeigekommenen chilenischen Kanonen⸗ boot aufgebracht und als Prise ins Schlepptau genommen ward. In der Magelhaensstraße ging 9 „Jeanne Amelie“ verloren, F. annschaft ward gerettet. 8 8 dlcha Vorfalls geriethen Presse und Publikum in Buenos Aires in Aufregung. Selbst der Präsident der Depu⸗ tirtenkammer hielt eine Rede, in welcher er Satisfaktion ver 8 langte. Die Haltung der argentinischen Republik war bisher friedfertig, doch wird sie sich dem Andrängen nicht ganz ent⸗ ziehen können. Es wird sich dann fragen, wie die Regierung

von Chile, welche im Allgemeinen nicht nachgiebig ist, die Sache auffaßt.

Afrika. (Köln. Ztg.) An der marokkanischen Grenze hat ein Kampf zwischen den von ihrem Kaiser befehligten marokkanischen Truppen und den aufrührerischen Stämmen stattgefunden. Die aus Tanger und aus Tlemsen

gekommenen Berichte stimmen nicht ganz überein, es geht aber aus den in Algier gemachten Mittheilungen hervor, daß de

Kaiser von Marokko den Ghiataras befohlen hatte, ihr Kontingent für den 13. Juli zu stellen. Die Aeltesten des Stammes theilten ihm mit, ihre Leute wollten nicht gehorchen. Der Kaiser ließ die Aeltesten verhaften. In der Nacht griffen die Ghiataras das Kaiserliche Lager an. Der Kampf dauerte die ganze Nacht. Der Kaiser erlitt großen Verlust und war nahe daran, in Gefangenschaft zu gerathen. Die marokkanische Armec kehrte mit Verstärkung zurück und verwüstete das Land der Ghiataras. Die bei dieser Expedition erbeuteten Frauen und Kinder sollen als Sklaven verkauft worden sein.

Die Nr. 27 des „Justiz⸗Ministerial⸗Blattes⸗ - Allgemeine Verfügungen: vom 19. Jult 1876, berreffend die . Standesbeamten über die persönlichen Verhältnisse, verstorbener 6 fangenen zu machenden Angaben; vom 24. Juli 1876, F 1 Verfahren bei der gerichtlichen Aufnahme von Wechselpre 1 885 25. Juli 1876, betreffend das Verfahren be⸗ suchungs greiben na den Niederlanden.

saken⸗Sotnien, 4 Gebirgsgeschützen, einer Raketen⸗Batterie und

Albanien wo auch thatsächlich am Tage der Schlacht von Vucidol ein Gefecht stattfand ausführen und gegen Montenegro mar⸗

einer Compagnie reitender Jäger zusammengesetzten Detachement