1876 / 184 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 07 Aug 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Er führte aus, daß in Erwãgung der Angelegenheit zwei Fragen

beschäftigt. Die hierüber dem Reichsratbe vorzulegenden Ge⸗ setzentwürfe bildeten den Gegenstand der Berathung.

Das internationale Comité in Genf für die Pflege Verwundeter im Kriege hat allen Comitées in den Staaten, welche der Genfer Kouvention beigetreten sind, den Gedanken nahegelegt, auf dem Kriegsschauplatze der Balkanhalbinsel ihre Thätigkeit zu entfalten, welche den Grundgedanken des inter⸗ nationalen Hülfsvereinswesens bildet. Das St. Petersburger Hülfsvereins⸗Comité hat nun, wie die „Pol. Corr.“ meldet, in Folge dieser Anregung auf dem ordentlichen Wege durch die hiesige russische Botschaft die Anfrage gestellt, ob es ihm gestattet würde, Sendungen mit Ambulanzgegenstän⸗ den durch die Monarchie nach Belgrad zu expediren. Wie zu er⸗ warten stand, lautete die Antwort, daß derlei Sendungen unter dem internationalen Zeichen des „rothen Kreuzes“ ihren Weg durch unser Gebiet ungehindert nehmen koönnen, um auf dem Schauplatze der Kämpfe zu humanitären Zwecken verwendet zu werden. Dem Vernehmen nach gelangen die erwähnten Sen⸗ dungen mittelst Eisenbahn nach Pest und von da auf der Donau an ihre Bestimmung.

Von angeblich verläßlicher Seite wird dem „Vaterland“ mitgetheilt, daß die endgültige Entscheidung in der Olmützer Kapitelfrage in naher Aussicht stehe, ja schon im Verlaufe des Monats September d. J. zu gewärtigen sei. Der päpstliche Stuhl hat nämlich auf die Bitte des Dom⸗ dechanten Grafen Lichnowsky dem Kapitel eine Fristerstreckung zur Einreichung seiner Erwiderung bis Ende August l. J. ge⸗ währt und zufolge dringenden Betreibens der Kaiserlichen Regierung demselben neuestens eröffnet, daß diese Frist auf keinen Fall mehr nochmals erstreckt werde. Das Kapitel hat denn auch bereits an kompe⸗ tenter Stelle die förmliche und bindende Zusage gemacht, vor Ablauf des gedachten Termines werde seine Replik ganz sicher in Rom eingebracht sein. Da nun die von der Kai⸗ serlichen Regierung gegen das Breve vom 3. Juli 1874 vorge⸗ brachten Einwendungen sammt den bezüglichen Belegen, wie das genannte Blatt ferner erfährt, von den die Kongregation super negotiis extraordinariis Ecclesiae bildendenden Kardinalen, na⸗ mentlich aber von dem betreffenden Referenten gegenwärtig be⸗ reits eingehend studirt werden, so sei die Annahme, daß schon im Monat September der Spruch des apostolischen Stuhles werde gefällt werden, eine vollkommen gegründete.

Triest, 3. August. Die hiesige K. K. Central⸗Seebehörde hat folgendes Rundschreiben an sämmtliche Hafen⸗ und Sani⸗ tätsämter erlassen:

„Nachdem von den Kabineten das Prinzip der Nichtintervention gegenüber den dermalen in der Türkei und den dazu gehörenden Län⸗ dern statthabenden Ereignissen angenommen und dieses Prinzip auch auf Montenegro ausgedehnt wurde, welches als kriegführen⸗ der Theil anzuse hen ist, so ist an uns die Pflicht herangetreten, gegenüber den beiden im Krieg befindlichen Theilen strenge Neutra⸗ lität zu beobachten. In Anbetracht dessen hat das hohe K. K. Mi⸗ nisterium des Aeußern den Herrn K. K. Statthalter von Dalmatien angewiesen, das Nöthige zu verfügen, damit von nun an in den Hafen von Klek weder irgend ein Kriegs⸗ noch überhaupt ein anderes Schiff Paejaffen werde, welches Truppen, Waffen oder Kriegsmunition an

ord hat. Gleichzeitig wurde der Hr. Statthalter beauftragt, ähn⸗ liche Verfügungen rücksichtlich aller Häfen und Ausladungsplätze des Bezirks Cattaro bis an die türkische Grenze bei Spizza zu treffen. Dem entgegen können aber nach wie vor den beiden kriegfüh⸗ renden Parteien unter den bestehenden Bedingungen Lebensmittel zugeführt werden, und hat bezüglich des Hafens von Klek als Haupt⸗ bedingung zu gelten, daß die Türkei für das Einlaufen jedes ihrer Schiffe kaüber die Se . Erlaubniß einhole. An den übrigen Grenzpunkten haben die bisher mit Rücksicht auf Waffen und Mu⸗ nitionssendungen erlassenen Verfügungen auch fernerhin in Kraft zu verbleiben.“

Agram, 5. August. Wegen Hochverrathes wurden in Pakrac und Bellovar 7 Personen verhaftet. In der heutigen Sitzung des Landtages interpellirte der Abg. Subotic

wegen dieser Verhaftungen.

Schweiz. Bern, 2. August. (Voss. Ztg.) Die vom Bundesrathe eingesetzte Gotthard⸗Kommission hat sich in Bern vollzählig eingefunden. Derselben ist vom Eisenbahn⸗ Departement folgendes Programm vorgelegt worden.

1) Muthmaßlicher Verkehr und Ertrag der Gotthardbahn verschiedene Subpositionen der Anlage des Bahnnetzes.

2) Festsetzung der Zahl und Belastung der Personen⸗ und Güter⸗ züge, Betriebsplan für ein⸗ und zweispurige Thal und Bergstrecken mit Adhäsionsmaschinen und mit außergewöhnlichen Betriebsmitteln, Betriebsplan für Trajektschiffahrt.

3) Prüfung der Grundsätze für die Tracirung und der Traci⸗ rung selbst nach Mitgabe des Protokollauszuges vom 25. März ab⸗ hin, der zur Vorlage kommenden Akten und Vornahme einer all⸗ fälligen Bereisung der Bahnlinie. Festsetzung der Steigungs⸗ und Krümmungsverhältnisse, der Stationsanlagen, der ein⸗ und zweispu⸗ rigen Strecken, des anzuwendenden Betriebssystems ꝛc.

4) Prüfung der Normalien für Unterbau, Oberbau, Hochbau und Stationen.

5) Prüfung der Einheitspreise und Kostenberechnungen.

6) Prüfung und Berechnung der Betriebskosten für verschiedene Suppositionen des Verkehrs und der Bahnanlage.

7) Prüfung der Rentabilitätsberechnungen für verschiedene Sup⸗ Positionen des Verkehrs und der Bahnanlage.

Ueber die geschäftliche Behandlung dieses Programms erhob sich in der Kommission eine lebhafte Diskussion. Die Kommis⸗ sion setzte schließlich eine vorwiegend technische Kommisston ein, welche, gestützt auf das Gutachten der kommerziellen Sektion, die Programmfragen 2 bis 6 zu begutachten und ihre Vorschläge der Gesammtkommission zu unterbreiten hat. Es wird sich hierbei wesentlich um Reduktion an den Hellwagschen Bau⸗ und Kosten⸗ voranschlägen handeln, ohne daß die Gottharpbahn des ursprüng⸗ lich in Aussicht genommenen Charakters einer großen internatio⸗ nalen Verkehrsstraße verlustig würde.

1 3. August. Der König und die Königin von Sachsen sind gestern in Andermatt angebommen und dort, Hehufs einiger Tage Aufenthalts, im Hotel Bellevue abgestiegen

Großbritannien und Irland. London, 4. August. Der Großherzog und der Erbgroßherzog von Meck⸗ lenburg⸗Strelltz statteten gestern der Königin in Osborne einen 22 b Das Auswärtige Amt hat der Handelskammer in Manchester eine Abschrift des zwischen . und Oesterreich bestehenden Handelsvertrages zukommen und ein Gutachten

won der Kammer erbitten lassen über die Frage, ob zwischen Großbritannien und Rumänien nach jenem Muster ein Handels⸗ vertvag abzuschließen sei. Im Oberhause wurde gestern die seit dem 24. v. M. Debatte über die Auslieferungsfrage eröffnet der die Frage vom völker⸗ Standpunkte aus beleuchtete und das Ver⸗

Regierung in der Kontroverse vertheidigte.

vertagte durch den Lorbdkanzler,

rechtlichen halzen der

1 zu beantworten seien: 1) ob ein neuer Auslieferungsvertrag mit den Vereinigten Staaten geschlossen werden müßte, und 2) ob die Regierung ihre Pflicht in Beobachtung der Regeln des be⸗ stehenden Vertrages genügend erfüllt habe. Es schweben nun gegenwärtig Unterhandlungen mit den Vereinigten Staaten behufs Abmachungen für die Zukunft; die englische Regierung habe die der Vereinigten Staaten benachrich⸗ tigt, daß sie sich in Leitung der Verhandlungen nicht in irgend einer Weise durch Vorurtheile, die sie vielleicht aus der polemischen Korrespondenz beider Regierungen über die Frage hätte schöpfen können, werde beeinflussen lassen. Ferner hob derselbe hervor, daß Land habe sich dafür entschieden, daß Niemand wegen eines politischen Vergehens ausgeliefert werden solle, aber es würde keine Sicherheit für die Verwirklichung dieser Anschauung haben, wenn Jemand, der wegen eines gewissen Vergehens ausgeliefert werde, dann wegen eines anderen abgeurtheilt werden könnte, und daß deshalb die britische Regierung ganz richtig gehandelt habe. Lord Selbourn, der frühere Lordkanzler, trat dieser An⸗ schauung entgegen. Alles, was England thun könnte, sei, zu er⸗ mitteln, ob das Verbrechen, wegen dessen Jemand ausgeliefert werden solle, nach britischen Gesetzen die Auslieferung des Flücht⸗ lings an die amerikanischen Gerichte rechtfertige, aber wenn der Verbrecher erst einmal ausgeliefert sei, würde er nach amerikanischen Gefetzen abgeurtheilt werden, und es sei schwierig zu begreifen, warum er nicht wegen irgend eines Vergehens, wegen dessen ihn das amerikanische Ge⸗ setz belangen könne, abgeurtheilt werden solle, ausgenommen nur ein politisches Vergehen. Der Gegenstand wurde hierauf fallen gelassen.

5. August. In der gestrigen Sitzung des Oberhau⸗ ses beantragt Lord Granville die Vorlegung gewisser De⸗ peschen, welche auf die Meinungsverschiedenheit zwischen der in⸗ dischen Regierung und dem Ministerium für Indien in Betreff des indischen Tarifs Bezug haben. Eine Devpesche des Mi⸗ nisters für Indien vom 11. November empfahl die Herabsetzung der Eingangszölle auf Baumwollstoffe, wodurch den indischen Einkünften ein jährlicher Verlust von 80,000 Pfd. Sterl. entstanden wären, aber die indische Regierung war in Anbetracht der ernstlichen Silberentwerthung außer Stande, diesem Vorschlage beizuflichten, und mißbilligte die Idee, zur Deckung des Defizits neue Steuern aufzulegen. Der Earl von Northbrook benutzte die Gelegenheit zu der Eklärung, daß keine ernstliche Meinungsverschiedenheit zwischen ihm (als Vize⸗ König von Indien) und dem Staatssekretär für indische Angelegenheiten betreffs dieser angeblichen Einmischung in die indische Gesetzgebung vorgewaltet habe. Er glaubte, die Veröffentlichung der Depesche würde dazu beitragen, die Beziehungen der indischen Regierung zu der Re⸗ gierung des Mutterlandes zu befestigen. Der Marquis von Salisbury gab seiner Befriedigung über diese Erklärung Aus⸗ druck und bemerkte, daß er gegen die Vorlegung der gewünsch⸗ ten Schriftstücke nichts einzuwenden habe. Dem Antrage wurde hierauf stattgegeben.

Das Unterhaus beschäftigte sich in seiner Vormittags⸗ sitzung mit der Elementarunterrichts⸗Vorlage. Die Regie⸗ rung ließ sich zu einigen Zugeständnissen herbei und die vielangefoch⸗ tene Pellsche Klausel wurde im Sinne der Opposition amendirt. In der Abendsitzung wurde die Erörterung fortgesetzt und soweit erledigt, daß für Sonnabend die dritte Lesung der Vor⸗ lage anberaumt werden konnte. Die gegenwärtige Parlaments⸗ session wird voraus chtlich am 15. d. Mts. geschlossen werden.

Die indisewUr„Amtszeitung“ in Simla veröffentlicht in ihrer Nummer vom 5. eine Resolution des vizeköniglichen Rathes, welche eine Rückschau auf die Lage der indischen Finanzen hält und bemerkt, dieselbe gewähre Ursache für ernste Besorgniß. Die Zolleinkünfte werden als ungünstig erklärt. Es sind deshalb Befehle erlassen worden, alle vermeidbaren Ausgaben zu suspendiren, und die Ausgabe für außerordentliche öffentliche Bauten ist wesentlich reduzirt worden, um das drohende Defizit zu verkleinern. Die Resolution schließt mit der Erklärung, daß die finanzielle Zerrüttung einzig und allein dem rapiden Fallen des Silberwerthes zuzuschreiben sei.

5. August. (W. T. B.) Im Unterhause lenkte, nach⸗ dem das Unterrichtsgesetz in dritter Lesung angenommen worden war, Campbell die Aufmerksamkeit des Hauses auf die Mission Cave's nach Aegypten. Cave vertheidigte den über seine Mission von ihm erstatteten Bericht und hob abermals hervor, daß der Khedive, wenn er nur die Absicht habe, sparsam zu wirthschaften, jederzeit den ihm obliegenden Verpflichtungen würde genügen können, obschon die aegyptische Schuld, seit er, Cave, seinen Bericht erstattet, sich abermals vermehrt habe. Dodson und Lowe sprachen sich gegen Cave's Mission und deren Ergebnisse aus und erklärte insbesondere der letztere, daß durch dieselbe der ägyptische Kredit ruinirt worden sei. Der Kanzler der Schatzkammer, Northcote, trat diesen Ausführungen ent⸗ gegen und wurden schließlich die für die Mission Cave’'s und für den weiteren Ankauf von Suezkanal⸗Aktien gefor⸗ derten Kredite bewilligt.

Frankreich. Paris, 5. August. In der heutigen Sitzung der Deputirtenkammer wurde die Berathung des Militärbudgets fortgesetzt. Der Berichterstatter Langlois be⸗ merkte zu Kap. 6, der Ausschuß beantrage, damit die zweite Abtheilung des Kontingents während eines Jahres unter der Fahne bleiben könne, eine Vermehrung der Ausgaben von 14,825,000 Fr. Zu dem Antrage des Ausschusses, den Gehalt der Militärgeistlichen zu streichen, bemerkte der Deputirte Keller, für den Gottesdienst in der Armee zu sorgen, sei eine Pflicht des Staates, und zwar die heiligste von allen. Es gebe ohne Zweifel eifrige Priester, die sich den Soldaten zur Verfügung stellen; aber ohne besondere Militärgeistliche sei es nicht möglich, den militärischen Gottesdienst durchzuführen. Die Religion sei stets eine Stütze des Patriotismus gewesen, sie habe stets den Geist der Aufopferung aufrechterhalten. Für die Mehrheit sei der Zeitpunkt gekommen, zu beweisen, daß sie so warm fühle für die religiösen Interessen, wie sie immer sage. Der De⸗ putirte Wilson erwiderte im Namen der Kommission, daß es ein Prinzip gebe, das alle anderen überragt. Die einzigen Ausgaben, die nicht verworfen werden können, sind diejenigen, welche einen konstitutionellen Charakter haben. Uebrigens betrachtet die Kommission die Wirksamkeit der Militärgeistlichen als unnütz und gefährlich. Die Soldaten können immer in die nahegelegenen Kirchen gehen. Es empfehle sich, die Atmee den Ränken der Geistlichkeit zu entziehen. Es sei manchmal vorgekommen, daß die Militärgeistlichen den Ein⸗ fluß des General⸗Inspecteurs überboten Die Kom⸗ mission will diesem nicht zu duldenden Mißbrauche ein Ende machen. Meline beantragte als vermittelnde Lösung die Aufhebung von 58 Posten von Millttürgeistlichen.

Keller wendete sich gegen den Antrag Meline und verlangte die Aufrechterhaltung des alten Kredits, damit die Militärgeistlich⸗ keit gewahrt werde, welche die Religionsfreiheit des Soldaten bedeute. Das Amendement Keller wurde hierauf mit 306 ge⸗ gen 142 Stimmen verworfen. Dann fand die Abstimmung statt über das Amendement Meline, das nur für 11 Armeegeistliche die Mittel bewilligt und sonach die Unterdrückung der Stellen von 58 weiteren Armeegeistlichen einschließt.

Die Bonapartisten haben für ihren Theil einen be⸗ sonderen Ferienausschuß, bestehend aus den Herren Rouher, Herzog von Padua, Baron Bourgoing und Dröolle, ernannt.

Spanien. Madrid, 2. August. Am 28. Juli war der König Alfonso und seine Schwester, die Prinzessin von Asturien, mit Canovas del Castillo und den Ministern der Marine und der öffentlichen Arbeiten, zum Empfang der Königin Isabella nach Santander abgereist und daselbst andern Tags angelangt, empfangen von den Generalen Mar⸗ tinez Campos, Quesada, dem Bischof, Deputationen u. s. w. Die Stadt war beflaggt. Am 30. Vormittags kam die Königin „Isabella“ an. Der König, die Minister und die Behörden empfingen sie an Bord des „Ferrolano“. Der spanische Bot⸗ schafter in Paris, Marques de Molins, hatte sie bis Santander begleitet. Wie die „Ag. Havas“ berichtet, erklärte die Königin Isabella in ihren ersten Unterredungen mit dem Könige Alfonso und seinen Ministern feierlich, daß sie entschlossen sei, sich von der Politik ganz fern zu halten, da sie begreife, daß ihre öffent⸗ liche Rolle zu Ende sei. Der König ist mit seiner Schwester und den Ministern bereits nach Madrid zurückgekehrt. Die Königin Isabella hat sich zunächst in die Bäder von Ontaseda begeben.

Italien. Rom, 3. August. Der Minister des Innern hat nach dem „Piccolo“ von RNeapel ein die Abhaltung von Prozessionen außerhalb der Kirchen betreffendes Cirkular an die Präfekten gerichtet. Er be⸗ theuert darin, daß er die religiöse Freiheit keineswegs zu be⸗ schränken gedenke, daß er aber Störungen der öffentlichen Ord⸗ nung auch nicht gestatten dürfe. Deshalb sollen die Präfekten solche Prozessionen im Allgemeinen nicht dulden, unter Um⸗ ständen aber erlauben, wenn die Veranstalter derselben sich 14 Tage vorher die Erlaubniß dazu bei den zuständigen Behörden werden einholen können, was aber dieser Tage ganz unmöglich gewesen sei, da der Minister⸗Präsident und andere Mitglieder des Kabinets schon seit mehreren Tagen von Rom abwesend sind.

Am 1. August ist Italien, nach der „Iltalie“, mit den niederländischen Kolonien in Ostindien in direkte Postverbindung getreten und zwar über Neapel, wo vermittelst der niederländischen Dampfer der Helder⸗Batavia⸗Linie und der französischen Post⸗Dampfschiffe, welche nach Indien und China fahren und über Brindisi vermittelst der englischen Dampfer, die zwischen Brindisi und Vokohama fahren. 8

Die Kommission, welche die Vorschläge zur Reduktion des Beamtenpersonals vom Finanz⸗ Ministerium zu prüfen und darüber Bericht zu erstatten hat, ist mit ihrer Arbeit fertig und wartet nur auf die Rückkehr des Finanz⸗Ministers, um demselben das Resultat ihrer Arbeit vorzulegen. Die Hauptvorschläge, welche sie em⸗ pfiehlt, lassen sich in Folgendem zusammenfassen: Abschaffung aller kleinen Intendanzen und Einführung einer einzigen Klasse von Intendanten. Abschaffung aller Provinzial⸗Inspektoren. Für das Ministerium sollen mit Beseitigung aller jetzigen Abtheilungs⸗ Chefs, drei Klassen von Divisions⸗Chefs mit 5000, 6000 und 7000 Franken Gehalt 8 werden, drei Klassen von Sekretären mit 3000, 3500 und 4000 Franken Gehalt, und drei Klassen von Unter⸗Sekretären mit 1500, 2000 und 2500 Franken Gehalt. Alle entbehrlichen Beamtenstellen follen abge⸗ schafft und die dadurch erzielten Ersparnisse zur Aufbesserung der Gehalte von denjenigen Beamten verwendet werden, welche weniger als 3500 Franken Gehalt beziehen.

Am nächsten Montag wird der Ausschuß der Rech⸗ ten zusammentreten, um zu berathen, was zu thun ist, falls die Deputirtenkammer aufgelöst und Neuwahlen veranstal⸗ tet werden sollten.

Türkei. Wie der „Politischen Korrespondenz“ vom 5. d. M. aus Konstantinopel gemeldet wird, stelle sich das Leiden des Sultans mehr und mehr als ein chronisches heraus. Die Gefahr einer Katastrophe erscheine beseitigt, auch sei von einer Abdankung des Sultans keine Rede. Für das diplomatische Corps sei der Sultan nach wie vor unzugänglich. 2 Die „Correspondance Orientale“ ist in der Lage, ihre früheren, die in Aussicht stehende türkische Verfassung betreffenden Mittheilungen erheblich zu ergänzen. Der erste Entwurf der Verfassung, so schreibt die „Correspondance Orien⸗ lale“, umfaßte 140 Artikel, deren sehr viele indeß Wiederholun⸗ gen enthielten. Midhat Pascha beseitigte alles Ueberflüssige und führte damit die Zahl der Artikel auf 70 zurück. Es ist be⸗ merkenswerth, daß in dem ganzen Dokument an keiner einzigen Stelle von Muselmanen und Christen, sondern stets nur von os⸗ manischen Unterthanen die Rede ist. Die Verfassung kann in sieben Kategorien geschieden werden, deren jede 10 Artikel enthält. Diese sieben Kategorien sind folgende: 1) ein vom Landesherrn unterzeichnetes Gesetz wird veröffentlicht, des In⸗ halts, daß das gegenwärtige Regierungssystem zu existiren auf⸗ hört und durch ein vollständig neues ersetzt wird. 2) Das Gesetz Cheriat wird in Civilangelegenheiten für ungültig erklärt. Alle osmanischen Unterthanen sind vor den Gerichten gleich. Die Verordnung des Cheri, nach welcher der Eid eines Moha⸗ medaners mehr gilt als jeder schriftliche Beweis, wird aufgehoben. 3) Zulassung sämmtlicher osmanischen Unterthanen zu allen Aemtern und Unabsetzbarkeit der Beamten. 4) Berufung einer Deputirtenkammer zur Regelung der Finanzen und der Steuern und zur Ueberwachung der Staatsausgaben. Reform des Staatsraths nach dem Muster des französischen Senats oder der Kammer der Lords in England. 5) Verantwortlichkeit der Minister gegenüber der Deputirtenkammer. Dezentralisation der Provin⸗ zen, Abschaffung des Frohndienstes im ganzen Reich. 6) Das Eigen⸗ thumsrecht wird nach den verschiedenen in Europa herrschenden Rechtssystemen geregelt. Abschaffung des Eigenthumsrechts des Vakuf, das heißt, der den Moscheen gehörigen Güter. Erleich⸗ terung und Förderung industrieller Unternehmungen. 7) Her⸗ stellung und Inkraftsetzung eines Gesetzbuchs, welches den Code Napoleon zur Grundlage hat. in den größeren Städten des Reichs, sowie gemischter Lyceen.

Diese Konstitution wurde bereits unterzeichnet und soll nach zwei

Wochen in Kraft treten.

Nach den Zusammenstellungen der „Turquie“ übe 8

die Freiwilligenwerbungen gingen in der zweiten Hälfte

des Juli mit der Saloniki⸗Bahn 140 Offiziere und 6700 Sole⸗ daten mit 6 Kanonen und 250 Pferden nach Mitrowitza ab.

unterwegs.

Errichtung von Rechtsakademien

Tagen des Juli 11,000 Mann, nämlich 2700 Nizams, 5900 Redifs und 2400 Freiwillige befördert. Am 29. Juli gingen 600 Freiwillige nach Tatar⸗Basardschick und per Dampfer nach Varna ein Theil der ägyptischen Hülfstruppen ab. An dem Tage trans⸗ portirte ein Staatsdampfer 2500 Arnauten nach Antivari. Dieselben sind sämmtlich mit Winchestergewehren bewaffnet und von einigen Derwischen begleitet. Am 30. gingen wiederum zwei Bataillone nach Antivari, am 31. kamen 400 Freiwillige aus Brussa an. Wie der „Bassiret“ meldet, sind 3000 Freiwillige aus Tunis Am 26. Juli durchzogen 300 Freiwillige die Haupt⸗ straßen von Stambul, um sich nach dem Seraskierat zu begeben. Es gingen ihnen einige Fahnenträger und etwa 50 Araber aus Mekka voraus, welche Schilde trugen und Säbel schwangen, in⸗ dem sie mit lauter Stimme Gebete hersagten. Zwei der Tam⸗ pfer, welche das dritte ägyptische Regiment nach Saloniki ge⸗ bracht, sind von da nach Konstantinopel gegangen, um dort 25,000 Remingtongewehre und 2000 Säcke Reis auszuladen.

Vom Kriegsschauplatze liegen folgende Tele⸗ gramme vor:

Konstantinopel, 6. August. (W. T. B.) Der Re⸗ gierung wird vom Kriegsschauplatze gemeldet: Die türkischen Truppen haben am 5. d. nach einem zweitägigen Kampfe die Stadt Gurgussovatz genommen. Die Stast ist von den Freiwilligen eingeäschert worden. Die Verluste der Serben sind bedeutend. Nach Privattelegrammen wären die Serben in der Richtung von Alexinatz geflüchtet.

Belgrad, 6. August. (W. T. B.) Wie ein der Re⸗ gierung vom Kriegsschauplatze zugegangenes Telegramm meldet, machte eine 2000 Mann starke Abtheilung türkischer Truppen am 3. d. M. von Sienitza aus einen Ausfall gegen den linken Flügel der serbischen Armee, wurde jedoch mit einem Verluste von 150 Todten zurückgeworfen. Dasselbe Telegramm be⸗ stätigt ferner, daß Oberst Horvatovich sich nach fünftägigen Kämpfen gegen einen überlegenen Feind von den Höhen von Tresibaba nach den Defiléen zwischen Knjazewatz und Banja zurückgezogen hat.

Ragusa, 5. August. (W. T. B.) Nach hier eingegan⸗ genen Nachrichten haben die Insurgenten die Belagerung von Trebinje begonnen. Die Straße von hier nach Trebinje ist von denselben besetzt.

London, 6. August. Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Belgrad vom gestrigen Tage gemeldet: Die österreichi⸗ schen Behörden haben in Verschatz die Verladung von Effek⸗ ten, welche für die verwundeten serbischen Soldaten bestimmt waren, verhindert. Die Donau⸗Dampfschiffahrts⸗Gesellschaft hat von der ungarischen Regierung den Befehl erhalten, keinerlei Munition oder Effekten für Verwundete nach Serbien zu trans⸗ portiren. Heute ist in Belgrad eine Anzahl in den letzten Kämpfen gefangen genommener Tscherkessen eingetroffen. Gerüchtweise verlautet, daß die bei Saitchar, Mramor und Knjazewatz eingeleiteten Gefechte noch fort⸗ dauern. Demselben Bureau geht aus Semlin vom heutigen Tage die Meldung zu, daß die 2000 Mann starke Abtheilung Freiwilliger der Drina⸗Armee, welche in Bosnien ein⸗ edrungen ist, 20 Kilometer vorgerückt ist und zwei Telegramme 5 das Hauptquartier des Fürsten Milan gesandt hat, in welchen der Mangel an tüchtigen Offizieren hervorgehoben und Oberst Despotovitsch als Ober⸗Befehlshaber erbeten wird. Tscholak Antitsch hat die auf dem Marsche von Sienitza nach Novibazar befindliche ägyptische Division gestern vollständig geschlagen.

Zara, 5. August. (W. T. B.) Die türkischen Trup⸗ pen haben gestern Abend die Baracken bei Klek durch Feuer zerstört und sich sodann auf einem Kriegsdampfer eingeschifft. Auch Utovo wurde von den Türken eingeäschert und dann verlassen.

Zara, 6. August. (W. T. B.) Der Insurgentenchef Luka Petkovitsch ist gestern in Ragusa angehalten und den Mi.itärbehörden übergeben worden. Derselbe war im Be⸗ griff, sich nach Rahova zu begeben.

Belgrad, 6. August. (H. T. B.) Ein offizielles Bulletin meldet: Unsere Truppen unter Horvatovic haben 5 Tage auf den Höhen Tresibabas ihre Positionen gegen einen überlege⸗ nen Feind vertheidigt. Erschöpft durch kolossale Angriffe, mußten sie schließlich ihre Positionen vor Knjazewatz aufgeben und sich in die nach Banja führenden Pässe zurückziehen.

Ragusa, 6. August. (H. T. B.) Moukhtar Pascha hat die Kapitulation zurückgewiesen, da Ersatztruppen in Eilmärschen heranziehen und Ende der Woche erwartet werden.

Die „N. Fr. Pr.“ giebt folgende Darstellung der bis⸗ herigen Operationen gegen Knjazewatz: Nach den Meldungen unseres Korrespondenten hat die türkische Armee von Nisch unter Achmed Ejub Pascha in der Nacht vom 28. auf den 29. Juli die Offensive gegen Gramada er⸗ griffen. Am Mittage des 29. Juli bereits stieß die Avant⸗ garde, Brigade Hafiz Paschas, bei Gramada auf die ser⸗ bischen Vortruppen und vertrieb diese nach sechs⸗ stündigem erbitterten Kampfe aus ihren dort errichteten Be⸗ festigungen. Die Serben zogen sich am 29. Juli nach Der⸗ vent zurück. Am 30. Juli setzte die Nischer Armee unter Achmed Ejub Pascha ihre Vorrückung fort. Dervent wurde von den Serben ohne Widerstand geräumt, worauf Achmed Ejub bis Ponor vorrückte und dort in Gefechtsformation ein Bivouak bezog. Am selben Tage, den 30. Juli, hatte auch Suleiman Pascha die serbische Grenze nach mehrstün⸗ digem Gefechte bei Pandiralo überschritten und traf am 31. Juli bei Tresibaba östlich von Ponor ein, wo er seine Vereinigung mit Achmed Ejub Pascha bewirkte. Ebenfalls am 31. Juli hatte jedoch Achmed Ejub den Vor⸗ marsch auf Knjazewatz kämpfend fortgesetzt und nach sieben⸗ stündigen Gefechten die letzten rechtsufrigen Timok⸗Höhen ge⸗ nommen. „Die Türken und Serben“, telegraphirte unser Kor⸗ respondent, „stehen sich heute (1. August) nur durch den Timok getrennt gegenüber.“ Am 1. und 2. August verharrten die türkischen Kolonnen im Zustande der Ruhe und zwar Angesichts jener verschanzten Positionen, welche die Serben noch am rechten Timok⸗Ufer zum Schutze von Knjazewatz erbaut hatten. Offenbar hat unser Korrespondent unter diesen Werken nur den Timok⸗ Brückenkopf vor Knjazewatz gemeint, da Achmed Ejub bereits am 31. v. M. sämmtliche rechtsufrige Timok⸗Höhen okkupirt hatte.

Gestern, am 3. August, soll nun der Kampf nach der zwei⸗ tägigen Ruhepause, welche die Türken gemacht haben, neuerdings entbrannt sein. Der türkische Angriff kann jedoch nur gegen die Schanzen am Timok selbst gerichtet gewesen sein, da, wie be⸗ reits bemerkt, die Höhen am rechten Ufer dieses Flusses, also auch die zehn Kilometer südlich von Knjazewatz liegende Tresibaba, sich schon seit dem 31. Juli in den Händen der Türken befanden.

Eine andere Belgrader Meldung berichtet von einem Vor⸗ stoß, welchen die Serben offenbar von Suppovac aus gegen

Mramor unternommen hätten, wobei es ihnen gelungen wäre, die Werke der Türken zu nehmen und in deren Lager einzu⸗ dringen. Mramor liegt am linken Morawa⸗Ufer, ungefähr acht Kilometer westlich von Nisch, auf der von hier nach Uerküb (Prokoplje) führenden Straße. Mramor, wo ein türkisches Lager sich befand, dürfte den Manövrir⸗Brückenkopf von Nisch ge⸗ bildet haben.

Die türkische Operation gegen Knjazewac, sagt die „N. Fr. Pr.“ vom 6. August, wurde in den ersten drei Tagen mit ebenso viel Glück als Geschick durchgeführt, und hätte Abdul Kerim Pascha, da er bereits am 31. Juli Abends im Angesichte von Knjazewatz stand, den Angriff auf diese Stadt sogleich am 1. August begonnen, so hätten sich der raschen Einnahme der⸗ selben wohl nur geringe Hindernisse entgegengestellt. Anstatt an⸗ zugreifen verblieb jedoch die Armee Achmed Ejubs zwei Tage, am 1. und 2. August, unthätig stehen, während welcher Zeit die überraschten Serben ihre Fassung wiedergewonnen und in Eile Verstärkungen an den bedrohten Punkt herangezogen haben dürften. Die zweitägige Ruhepause in den Operationen mag die Ursache sein, daß man zur Eroberung von Knjazewatz, das man durch Ueberraschung nehmen konnte, nun mehrerer Tage hbedarf. Zajcar hätte Osman Pascha ebenfalls wiederholt und insbesondere am 2. Juli, als er Ljeschanin bei Veliki⸗Jzvor schlug, ohne große Opfer nehmen können. Auch hier wurde die Gelegenheit versäumt; Ljeschanin konnte seine Positionen be⸗ festeigen und Verstärkungen heranziehen.

Ueber die militärische Situation in Serbien enthält die „Pol. Corr.L“ aus Belgrad vom 2. d. Mts. fol⸗ gende Mittheilungen:

Die Thatsache, daß die serbische Armee lis Knjazewatz zurück⸗ gegangen ist, hat hier eine erbitterte Stimmung gegen die Armee⸗ leitung hervorgerufen. Alle Anschuldigungen kehren sich gegen General Tschernajeff, als den Urheber des Feldzugsplanes. Es cirkulirt aber ein Exposé dieses Generals, worin er die Gründe seines Rückzuges aus Bulgarien angiebt. Die Offensive der Morawa⸗ Armee basire auf drei Voraussetzungen: 1) daß die Bulgaren sich in großem Maßstabe erheben werden; 2) daß General Zach über Sienica vordringen und den Montenegrinern die Hand reichen werde, und 3) daß General Alimpics tief in Bosnien eindringen und einen allgemeinen Aufstand dort hervorrufen werde. Wären diese Voraussetzungen in Erfüllung gegangen, so hätte Tschernajeff bis Sophia vordringen und allen einzeln anrückenden türkischen Verstärkungen die Spitze bieten können; der Krieg wäre nicht auf serbischem Boden ausgetragen worden. In⸗ dessen traf keine einzige dieser Prämissen zu. Die Bulgaren zeigten nicht die erhoffte Theilnahme. Zach wurde zurückgeworfen. Alim⸗ pics ist an der Drina aufgehalten worden und konnte sich weder mit den Insurgenten von Nord⸗Bosnien vereinigen, noch die noch ruhig gebliebenen Sandschakate Bosniens insurgiren. Unter solchen Umständen erübrigte Tschernajeff nichts Anderes, als die Positionen bei Pirot und Babina Glava aufzugeben und zurück⸗ zugehen, zumal Ljeschanin die wichtige Stellung bei Veliki⸗ Izvor durch eigene Schuld verloren hatte.

Stündlich wird einer großen Schlacht bei Knjazewatz entgegen⸗

esehen. Bei Aleksinac stehen blos zwei Divisionen in der etwaigen

tärke von 18,000 Mann, während bei Knjazewatz und Zajcar die größte Macht konzentrirt ist. Die südöstliche Armee zählt gegen⸗ wärtig mit allen zu ihr gestoßenen Verstärkungen bei 80,000 Mann mit 120 Geschützen und 6 Regimentern Kavallerie. Davon befinden sich bei Zajcar etwa 36,000 Mann mit 40 Geschützen und bei Kn jazewatz 45,000 Mann mit 80 Geschützen. Knjazewatz soll ohne großen Kampf nicht aufgegeben werden. Von hier läuft die breite Heeresstraße über Banja nach Paraciu, Zuprija, Jagodin, Semendria und Belgrad, die Tschernajeff unbedingt halten muß. Sollten die Türken Knjazewatz und Zajcar nehmen, dann nützen die Be⸗ festigungen von Deligrad nichts mehr. Jedenfalls steht eine Schlacht bevor, die das Schicksal des Feldzuges entscheiden wird.

Die erste Verlustliste ist erschienen. Sie weist aber blos tausend Verwundete auf, die Todten werden nicht angeführt. 8

General Fadejeff ist zum Fürsten ins Hauptquartier abgereist. Seine Ernennung zum serbischen General ist bereits vollzogen, wenn auch die offizielle Zeitung das Dekret noch nicht veröffentlicht hat.

Vom montenegrinischen Kriegsschauplatze liegt eine Nachricht vor, welche, der „N. Fr. Pr.“ zufolge, geeignet ist, den raschen Rückzug des Fürsten Nikita nach der Nieder⸗ lage bei Bischina bis nach Bilek, also in die Nähe der montenegrinischen Westgrenze zu erklären. Die Niederlage, welche Fürst Nikita dem Moukhtar Pascha bei Vrbica, nördlich von Bilek, beibrachte, war so entscheidend und der Schlag, den er führte, so kräftig, daß die Niederlage bei Bischina für die Montenegriner durchaus nicht empfindlich sein konnte. Den eiligen Rückzug mögen daher andere Gründe veranlaßt haben. In erster Linie war es dem Fürsten Nikita offenbar darum zu thun, Moukhtar Pascha aus dem offenen Terrain in jene Gebirgsgegenden zu locken, wo seine Leute vo kommen zu Hause sind. Eine zweite Ursache mag aber die Niederlage ge⸗ wesen sein, welche ein Theil des Corps des Bozo Petrovatz und Plamenatz unter dem Popen Rista in Albanien erlitten hat und wobei 300 Montenegriner von den Türken umzingelt und total vernichtet wurden. Fürst Nikita mag nun Besorgnisse wegen einer türkischen Invasion Montenegros von Süden aus gehegt haben und ist daher auf die Nachricht von der Niederlage seines Südcorps in Eilmärschen von der Narenta nach der montene⸗ grinischen Grenze geeilt, um seine Grenzen zu schützen.

Der „Glas Crnagorza“, das montenegrinische Amts⸗ blatt, veröffentlicht folgenden Bericht: 1

„In Cetinje, welches sonst so leer und öde aussieht, feierte man heute (24. Juli) ein großes Fest. Es wurde durch den Metro⸗ politen Hilarion ein Dankgottesdienst abgehalten, weil der All mäch⸗ tige unsern Fürsten, in den großen Gefahren, welchen er beim Bom⸗ bardement der Citadelle von Nevesinje ausgesetzt war, gnädiglich be⸗ schützte. Zu eben der Stunde langten die Trophäen und Ge⸗ fangenen in Cetinje ein, und erregten unter den Kin⸗ dern und Frauen große Sensation. Unter den Trophäen befindet sich auch eine bei Ernitza abgenommene reiche Feihne, die mit Gold gestickt ist, und eine Anzahl türkischer Gewehre und viel Munition. Unter den Gefangenen zählt man mehrere Offiziere und 50 Soldaten; sie schauten alle traurig und niedergeschlagen aus, man konnte ihnen am Gesicht ablesen, daß sie gefürchtet hatten, in Cetinje hingerichtet zu werden. Einer unter ihnen fragte sogar, was mit ihnen geschehen werde. Er wurde beruhigt; man gab den Ge⸗ fangenen zu essen und gönnte ihnen Ruhe. Wenn sie auch nicht Nizams sind, so soll ihnen doch kein Haar gekrümmt werden, sondern wir werden sie bis an das österreichische Gebiet eskortiren und der K. K. Behörde zur Internirung übergeben.“

Man schreibt der „Pol. Corr.“ aus Cettinje, 29. Juli:

„Anläßlich des Sieges von Vrbiza haben heute hier große Festlichkeiten stattgefunden. Schon um 1 Uhr nach Mittermacht wurden die Einwohner durch Glockengeläute geweckt, welches den Sieg verkündete. Die Thore der Fürstlichen Residenz wurden geöffnet und diese illuminirt. Die gesammte Fürstliche Familie, der Metropolit ö und die Senatoren begaben sich alsbald zur Fürstin

ilena, um dieselbe zu dem Siege zu beglückwünschen, von welchem sie zuerst See; Nachricht erhalten hatte. Eine große ver

dem Palaste angesammelte Menge gab ihrer Frende durch Absingen von Volksliedern, Tanzen und unaufhörliche Zivios auf den Fürsten Ausdruck.

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Um 8 Uhr begab sich das ganze Volk mit der Fürstin und dem Erb⸗ prinzen in die Kirche, um einem von dem Metropoliten celebrieten Dankgottesdienste beizuwohnen. Als um 10 Uhr das dritte Tele⸗ gramm eintraf, welches die vollständige Niederlage Moukhtars mel⸗ dete, wurde dies nochmals mit Kanonenschüssen begrüßt. Man giebt sich den überschwänglichsten Hoffnungen hin. Gleich nach dem un⸗ glücklichem Kampfe bei Nevesinje bieß es, Fürst Nikolaus sei leicht verwundet worden. Es stellte sich aber her⸗ aus, daß der Fürst zwar in großer Gefahr schwebte, und ein Abjutant hart an seiner Seite von einer Kugel gestreift wurde, daß Fürst Nikita aber unverletzt blieb. Die Abneigung der Monte⸗ negriner gegen jede strenge Disziplin und die Kampfeslust verleiten sie oft zu Unternehmungen, die im Hauptquartier gar nicht beabsichtigt wur⸗ den. Das Corps des Bozo Petrovics und Plamenaz hat die strengste Weisung gehabt, in der Defensive zu verbleiben. Eines Tages es war am 22. Juli erhoben sich aber 300 Monte⸗ negriner unter der Führung des Popen Rista und marschirten in Albanien ein. Am 23. wurde diese Schaar von weit überlegenen türkischen Kräften umzingelt und total vernichtet.“

Rumänien. Bukarest, 5. August. (W. T. B.) Die Bildung des neuen Kabinets ist bereits erfolgt. Joan Bratiano übernimmt das Präsidium und das Finanz⸗ Ministerium, Jonescu das der Auswärtigen Angelegenheiten, Demeter Sturdza das Ministerium der öffentlichen Arbeiten, und Statescu das Justiz⸗Ministerium. Vernescu behält das Mini⸗ sterium des Innern und das Kultus⸗Ministerium, und Oberst Slaniceano das Kriegs⸗Ministerium.

Amerika. Washington, 5. August. (W. T. B.) Der demokratische Präsidentschaftskandidat Tilden hat eine Erklärung veröffentlicht, worin er die ihm angetragene Kandidatur annimmt und erklärt, daß das Programm der Kon⸗ vention von St. Louis alles Dasjenige, was dem Lande noth⸗ thue, genau bezeichne. Insbesondere spricht sich Tilden für Re⸗ formen in Bezug auf die Staatsausgaben und für eine voll⸗ ständige Versöhnung mit den Südstaaten aus, erklärt sich da⸗ gegen wider jede beschleunigte Wiederaufnahme der Baarzahlungen und beschuldigt die republikanische Partei, daß sie durch das Gesetz vom Jahre 1875 die Regierung zur Wiederaufnahme der Baarzahlungen ver⸗ pflichtet habe, ohne für diesen Fall irgend weitere Vor⸗ bereitungen zu treffen. Tilden sieht deshalb einen allmählichen Uebergang zur Wiederaufnahme der Baarzahlungen als ange⸗ zeigt an. Endlich spricht sich derselbe noch dagegen aus, daß ein Unionspräsident zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt werden könne. Der von den Demokraten als Vizepräsident auf⸗ gestellte Hendricks hat gleichfalls eine Erklärung veröffentlicht und sich mit dem Programm der Konvention von St. Louis einverstanden erklärt.

Die Repräsentantenkammer hat ein Amendement zur Verfassung genehmigt, welches die Verwendung öffentlicher Mittel zu Gunsten einzelner kirchlicher Sekten untersagt.

6. August. (W. T. B.) Die Repräsentanten⸗ kammer hat die Bill angenommen, wonach der Artikel des Gesetzes über die Wiederaufnahme der Baarzahlungen, durch welchen der Termin der Wiederaufnahme festgesetzt wurde, wieder aufgehoben wird. Die Repräsentantenkammer nahm sodann eine Resolution an, dahin gehend, eine Kommission zur Prüfung der finanziellen und der allgemeinen politischen Lage zu ernennen, um die Wiederaufnahme der Baarzahlungen zu erleichtern.

Uruguay. Montevideo, 1. Juli. Heute überreichte der deutsche Minister⸗Resident in Buenos⸗Ayres die Beglaubi⸗ gungsschreiben, durch welche er gleichzeitig bei dem dermaligen Ober⸗ haupte der Republik Uruguay, dem Obersten Latorre akkre⸗ ditirt wird. Letzterer ist erst seit Kurzem zur Diktatur gelangt, und die Kaiserlich deutsche Regierung die erste europäische, welche ihn durch einen öffentlichen Akt formell anerkannt hat.

Unter den in Uruguay lebenden Deutschen scheint große Befriedigung über die Entschiedenheit des Diktators zu herrschen, welche eine Zeit der Ruhe hoffen läßt.

Argentinische Republik. Die Regierung hat, dem „Buenos Ayros Standard“ zufolge, alle Staatsgehäl⸗ ter, ausgenommen den Sold der gemeinen Soldaten, um 15 Proz. herabgesetzt und die Subsidien von neun Provinzen abgeschafft. Die Hälfte der öffentlichen Feiertage soll entweder aufgehobe oder das Regierungspersonal reduzirt werden. Neun General⸗ anwälte, 66 Postamts⸗Agenten und mehrere Postkapitäne sin entlassen und ähnliche Reduktionen sind im landwirthschaft⸗ lichen Departement, im Patent⸗ und Auswanderungsamt be⸗ wirkt, ebenso ist die jährlich votirte Summe für die Einwande⸗ rung unterdrückt worden. Weitere Reduktionen in der Armee vorzunehmen wird indessen für unmöglich erachtet.

Asien. China. (Allg. Ztg.) Aus Peking wird der am 26. Mai erfolgte Tod des Groß⸗Sekretärs Wen⸗Siang gemeldet, wodurch der chinesische Staatsrath eines seiner hervor⸗ ragendsten Mitglieder, das Auswärtige Amt seine beste Kraft ver⸗ loren hat.

Afrika. Einem Telegramm des „W. T. B.“ aus Ma⸗ deira vom 5. August zufolge ist die BZlokade von Dahomey wieder aufgehoben worden.

Tanger, 26. Juli. Gestern wurde hier Victoria geschossen anläßlich eines Sieges, den der Sultan von Marokko bei Taza über den aufständischen Stamm im Bezirke von Grilta erfochten hatte. Der Kampf war äußerst erbittert, die marokka⸗ nische Armee erlitt schwere Verluste, und dem Sultan selbst wurde ein Pferd unter dem Leibe verwundet.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Der Architekt Angust Rincklake in Düsseldorf ist zum or⸗ dentlichen Professor an der Kunstschule in Braunschweig ernannt worden.

Bayreuth, 2. August. Gestern ist der General⸗Direktor de⸗ Königlich ungarischen Musikakademit, Dr. Liszt, hier angekommen, um den Festspielen anzuwohnen. 8 8—

Verkehrs⸗Anstalten.

Eisenbahn⸗Verwaltungen in Berlin zu Konferenzen zusammen getreten waren, um die Grundzüge eines einheitlichen Tarif⸗Systems vorzuberathen, hatten die Staats Eisenbahn⸗Verwaltungen auch der übrigen Deutschen Bundesstaaten und der Deutschen Privat⸗Eisenbahn⸗Verwaltungen am 7. v. M. eine Kon⸗ ferenz in Harzburz, die die Aufst llung eines besonderen Tarif⸗System⸗Entwurfs zur Folge hatte; ferner kam am 21. v. M. zwischen Kommissarien der preußischen Staatsregierung und hervor⸗ ragenden Vertretern von Privat⸗Eisenbahn⸗Verwaͤltungen ein dritter Entwurf zu Stande, welcher die Abweichungen in den

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Nachdem am 5. und 6. v. M. die Preußischen Staats⸗

beiden vorhergehenden Entwürfen zu vermitteln bestimmt ist, und