1876 / 206 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 01 Sep 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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.9. Hinsichtlich des Austritts aus der jüdischen Religions⸗ gemeinschaft (dem Judenthume) bleibt es bei den Bestimmungen des Gesetzes vom 14. Mai 1873, betreffend den Austritt aus irche. 8 g— nach §. 6 Litt. b. des gegenwärtigen Gesetzes den aus einer Synagogengemeinde ausgetretenen Juden obliegende beson⸗ dere Verpflichtung wird durch den nachträglichen Austritt der⸗ selben aus dem Judenthume aufgehoben. F. 10. Alle diesem Bestimmun⸗ werden hierdurch außer Kraft gesetzt. bs §. 11. 235 ng⸗ des Innern und der Minister der geistlichen, Unterrichts⸗ und Medizinal⸗Angelegenheiten sind mit der Ausführung dieses Gesetzes beauftragt. Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift uund beigedrucktem Königlichen Insiegel. .“ 8 Gegeben Wildbad Gastein, den 28. Juli 1876. 8 (L. S.) Wilhelm. Fürst v. Bismarck. Camphausen. Graf zu Eulenburg. Leonhardt. Falk. v. Kameke. Achenbach. Friedenthal. Hofmann.

Ministerium der geistlichen, Unterrichts⸗ und 86 Medizinal⸗Angelegenheiten. Dem Gymnasial⸗Direktor Syrée die Direktion des Gymnafiums in Hedingen übertragen worden. 1 8 Die bisherigen kommissarischen Kreis⸗Schulinspektoren, Joh. Mathias Hecker in Neuwied und Dr. Wenzeslaus Hubert VFenger in Treis find zu Kreis⸗Schulinspektoren im Regierungs⸗ bezirk Coblenz ernannt worden. t An dem Schullehrer⸗Seminar zu Dillenburg ist der Kan⸗ didat der Theologie Loewer als ordentlicher Lehrer angestellt

worden.

Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten.

Bekanntmachung. .

Die Kandidaten der Baukunst, welche in der zweiten dies⸗ jährigen Prüfungsperiode die Prüfung als Bauführer abzulegen beeabsichtigen, werden hierdurch aufgefordert, bis zum 30. d. M. sich schriftlich bei der unterzeichneten Behörde zu melden und dabei die vorgeschriebenen Nachweise und Zeichnungen einzu⸗ reichen. Wegen der Zulassung zur Prüfung wird denselben demnächst das Weitere eröffnet werden. 8 8

Meldungen nach dem angegebenen Termine müssen unberück⸗ sicchtigt bleiben. Berlin, den 1. September 1876. 1b

Königliche technische Bau⸗Deputation.

W. Salzenberg.

Justiz⸗Ministerium.

Der Notariats⸗Kandidat Koenen in Aachen ist zum Notar für den Friedensgerichtsbezirk Treis, im Landgerichtsbezirke Coblenz, mit Anweisung seines Wohnsitzes in Treis ernannt worden.

Haupt⸗Verwaltung der Staatsschulden.

Der heutigen Nummer dieses Blattes liegt die Bekannt⸗ machung, betreffend die Niederlegung der im Jahre 1875 durch die Tilgungfonds eingelösten Schulddokumente des vor⸗

maligen Norddeutschen Bundes, vom 17. Mai 1876 bei.

Angekommen: Se. Excellenz der Staats⸗Minister und Präsident des Reichskanzler⸗Amts Hofmann aus Süddeutsch⸗

Das 25. Stück der Gesetz⸗Sammlung, welches heute aus⸗ gegeben wird, enthält unter Nr. 8454 das Gesetz, betreffend den Austritt aus den jüdi⸗ schen Synagogengemeinden. Vom 28. Juli 1876. Berlin, den 1. September 1876. Königliches Gesetz⸗Sammlungs⸗Amt.

Die heutige Nummer des Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeigers enthält in der Central⸗Handels⸗Register⸗Beilage:

1) Nr. 166 der Tarif⸗ ꝛc. Veränderungen der deut⸗ schen Eisenbahnen;

1 2) Uebersicht über die in der Vakanzenliste für Militär⸗Anwärter Nr. 36 enthaltenen erledigten Stellen;

3) Zusammenstellung Nr. 34 der im Deutschen Reichs⸗ und Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger zur Besetzung angezeigten gegenwärtig vakanten Stellen;

4) Uebersicht Nr. 34 der im Deutschen Reichs⸗ uðnd Königlich Preußischen Staats⸗Anzeiger be⸗ kannt gemachten anstehenden Submissions⸗Ter⸗

Nichtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 1. September. Ihre Majestät Die Kaiserin⸗Königin besuchte gestern das Elisabeth⸗Kran⸗ kenhaus und war im Königlichen Palais beim großen Zapfen⸗ streich zugegen, zu welchem die Mitglieder der Königlichen Fa⸗ milie und die Hofstaaten geladen waren. Abends kehrte Ihre Majestät nach Schloß Babelsberg zurück und traf von dort heute morgen, zur großen Parade des Garde⸗Corps auf dem Kreuzberge, ein. Den Kammerherrndienst bei Ihrer Majestät übernimmt heute der Königliche Kammerherr Graf Fürstenstein.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin kamen gestern Albends 7 Uhr nach Berlin und wohnten im Palais Ihrer Majestäten der Aufführung des großen Zapfenstreichs bei. Höchst⸗ dieselben kehrten um 9 ½ Uhr in der Begleitung Ihrer Majestät der Kaiserin⸗Königin nach Pstsdam zurück.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz wird am 2. September Nachmittags von hier Füber München nach Regensburg zur Besichtigung der dort zu⸗ sammengezogenen Königlich bayerischen Kavallerie⸗Division ab⸗ reisen und von dort am 6. September früh in Leipzig behufs

Beiwohnung der großen Manöver des XII. (Königlich sächfi⸗ schen) und des IV. Armee⸗Corps eintressen. In der Begleitung TEr. Kaiserlichen Hoheit befindet sich der persönliche Adjutant Oberst Mischke. Der Stab der 4. Armee⸗Inspektion wird Se.

Kaiserliche Hoheit in Regensburg erwarten. .

den Kavallerie⸗Musikcorps.

Gestern Abend 8 Uhr gerangte vor dem Palais Sr. Majestät des Kaisers und Königs der von sämmt⸗ lichen Musikcorps des Garde⸗Corps exekutirte große Zapfen⸗ reich zur Ausführung. 1— g 34* Musik 8 e Carré aufgestellt, in dessen Mitte sich die beleuchteten Pulte für die Dirigenten befanden; die Mittelstellung nahm die Musik der Infanterie ein; rechts stan⸗ den die Tambours, links die Musik der Kavallerie. Zweihundert Fackelträger und dreißig Laternenträger, welche das 2. Carde⸗ Regiment z. F. gestellt hatte, erschienen kurz vor 8 Uhr und umsäumten mit ihren Lichtern das Carré. Zur Aufführung gelangten: 1) Die Ehre Gottes, Hymne von Beethoven, von sämmtlichen Musikcorps. 2) Torgauer Marsch, von den Infanterie⸗Mufikcorps. 3) Triumph⸗Marsch aus „Arda“ von Verdi, von den Kavallerie⸗Musikcorps. 4) Marsch vom Prinzen Louis Ferdinand, komponirt 1804, von den Infanterie⸗Mufikcorps. 5) Largo aus der As-dur-Sonate von Beethoven, von den Kavallerie⸗Mustkcorps. 6) Marsch aus der Oper: „Das goldene Kreuz“ von Brüll, arrangirt von Saro, von den Infanterie⸗Musikcorps. 7) Kaiser⸗Wilhelm⸗ Marsch. Erinnerung an 1866 von H. Krahnest, von den Kavallerie⸗Musikcorps. 8) Finale aus der Oper „Rienzi“ von Wagner, von sämmtlichen Musikcorps. 9) Großer Zapfenstreich, von dem Infanterie⸗Musikcorps und den Tambours. 10) „Retraite“ von 11) „Gebet“, von sämmtlichen Musikcorps. 12) „Großer Crescendo⸗ und Decrescendo⸗Wirbel“, von sämmtlichen Tambours.

Se. Majestät der Kaiser und König traten gegen Ende des Zapfenstreiches auf den Balkon des Kaiserlichen Palais und verweilten daselbst, bis der große Crescendo⸗Wirbel verklungen war. Auf den den Platz begrenzenden Trottoirs hatten sich das Offizier⸗Corps und zahlresche Herren vom Civil eingefunden. Im Uebrigen war der 8 Platz und die nächstgelegenen Straßen esperrt.

8 Um 9 Uhr erreichte der Zapfenstreich sein Ende.

Heute Vormittag 10 Uhr fand auf dem Infanterie⸗ Exerzierplatz östlich der Tempelhofer Chaussee die diesjährige Herbst⸗Parade des Garde⸗Corps vor Sr. Majestät dem Kaiser und König statt.

Die Parade kommandirte Se. Königliche Hoheit der Prinz August von Württemberg, General⸗Oberst von der Kavallerie und kommandirender General des Garde⸗Corps. Die Truppen waren im Paradeanzuge mit Gepäck, die Fußtruppen in weißen Hosen erschienen und waren so zeitig ausgerückt, daß sie um 9t Uhr in das ihnen vom Hauptmann v. Bomsdorff, vom Generalstabe des Garde⸗Corps, bezeichnete Alignement einrücken konnten.

Die gesammte Aufstellung zerfiel in zwei Treffen.

Das erste dieser Treffen bestand aus der 1. Garde⸗ Infanterie⸗Division unter dem Kommando des General⸗Lieute⸗ nants von Pape und der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division unter dem Kommando des General⸗Lieutenants von Dannenberg. Zur 1. Garde⸗Infanterie⸗Division gehörte: Die 1. Garde⸗Infan⸗ terie⸗Brigade unter dem Kommando des General⸗Majors von L'Estocg und bestand aus dem Kadetten⸗Corps unter Oberst⸗ Lieutenant Lust, dem 1. Garde⸗Regiment z. F. unter Oberst⸗Lieutenant von Derenthall, dem 3. Garde⸗Re⸗ giment z. F. unter Oberst von Grolman II., dem Lehr⸗ Infanterie⸗Bataillon unter Oberst⸗Lieutenant von Leipziger und dem Garde⸗Jäger⸗Bataillon unter Major Graf Finck⸗ von Fincken⸗ stein, Flügel⸗Adjutanten Sr. Majestät des Kaisers und Königs, sowie die 2. Garde⸗Infanterie⸗Brigade unter Kommando des General⸗Majors Freiherrn von Meerscheidt⸗Hüllessem, welche bestand aus dem 2. Garde⸗Regiment z. F. unter Oberst von Oppell, dem Garde⸗Füstlier⸗Regiment unter Oberst von Sannow und dem 4. Garde⸗Regiment z. F. unter Oberst von Sanitz. Zur 2. Garde⸗Infanterie⸗Division gehörte: Die 3. Garde⸗Infanterie⸗Brigade, welche bestand aus dem Kaiser Alexander Garde⸗Grenadier⸗Regiment Nr. 1 unter Oberst von Wussow, dem 3. Garde⸗Grenadier⸗Regiment Königin Elisa⸗ beth unter Oberst von Schlichting und dem Garde⸗Schützen⸗ Bataillon unter Oberst⸗Lieutenant von Boeltzig und wurde vom Oberst von Grolman I. befehligt, die 4. Garde⸗Infanterie⸗ Brigade, bestehend aus dem Kaiser Franz Garde⸗Grenadier⸗Re⸗ giment Nr. 2 unter Oberst⸗Lieutenant von Arnim, und dem 4. Garde⸗Grenadier⸗Regiment Königin unter Oberst von Minckwitz, und wurde befehligt vom General⸗Major von Conrady, die kom⸗ binirte Brigade, bestehend aus dem Garde⸗Fuß⸗Artillerie⸗Regi⸗ ment unter Oberst⸗Lieutenant von Hellfeld, dem Garde Pionier⸗ Bataillon unter Major Freiherrn von Bock, dem Eisenbahn⸗ Regiment unter Oberst Schulz und der Lehr⸗Kompagnie der Artillerie⸗Schießschule unter Hauptmann Homeyer à la suite des Fuß⸗Artillerie⸗Regiements Nr. 5, und wurde befehligt vom General⸗Major von Braun, Inspecteur der 1. Ingenieur⸗ Inspektion.

Das Zweite Treffen wurde vom General⸗Lieutenant, General⸗Adjutanten Sr. Majestät des Kaisers und Königs und Commandeur der Garde⸗Kavallerie⸗Division Graf von Branden⸗ burg II. befehligt, und bestand aus der 1. Garde⸗Kavallerie⸗ Brigade unter dem General⸗Major von Schenck; zusammengesetzt war dieselbe aus dem Regiment der Gardes du Corps unter Oberst von Alten, und dem Garde⸗Kürassier⸗Regiment unter Oberst Freiherrn von Locquenghien, der 2. Garde⸗Kavallerie⸗ Brigade unter General⸗Major von Drigalski; zusammen⸗ gesetzt war dieselbe aus dem Garde⸗Husaren⸗Regiment unter Oberst⸗Lieutenant von Krosigk, dem 1. Garde⸗Ulanen⸗Regiment unter Oberst Freiherr Eller⸗ von Eberstein und dem 3. Garde⸗ Ulanen⸗Regiment unter Oberst⸗Lieutenant Graf von Schlieffen; der 3. Garde⸗Kavallerie⸗Brigade unter dem Kommando des General⸗ Majors und General à la suite Sr. Majestät des Kaisers und Königs Freiherrn von Los; zusammengesetzt war diese Brigade aus dem 1. Garde⸗Dragoner Regiment unter Oberst von Brozowski, dem 2. Garde⸗Ulanen⸗Regiment unter Oberst von Hesberg und dem 2. Garde⸗Dragoner⸗Regiment un⸗ ter Oberst Freiherrn von Zedlitz⸗Leipe. Zum zweiten Treffen gehörte ferner die Artillerie und der Train unter dem Kom⸗ mando des General⸗Majors und Commandeurs der Garde⸗Feld⸗ Artillerie⸗Brigade von Dresky und bestand aus dem 1. Garde⸗ 1“ unter Oberst von Zglinitzki, dem 2.

arde⸗Feld⸗Artillerie⸗Regiment unter Oberst von Lyncker, der Lehr⸗ Batterie der Artillerie⸗Schießschule unter Hauptmann Gustke und dem Garde⸗Train⸗Bataillon unter Major von Rüchel⸗Kleist.

Die Formation war bei der Infanterie in Compagniefront⸗ Kolonne, der Lehr⸗Compagnie der Artillerie⸗Schießschule in Zug⸗ Kolonne, Kavallerie in Kolonne in Escadrons, Feld⸗Artillerie und Train in Linie; auf dem rechten Flügel des 1. Treffens stand die Leib⸗Gensd'armerie und daran anschließend die sämmt⸗ lichen Stäbe.

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gleichzeitig von der die National⸗Hymne intonirten und von den Truppen 3 Mal Hurrah gerufen wurde, siellung durch Se. brigadeweise präsentirt. 1 1 1. vom rechten Flügel aus abgeritten war, vom linken Flügel aus gesehen. . begann die Formation G wurde nur einmal ausgeführt und zwar von der Infanterie in

Regiments zu pagnie des Regiments der Gardes⸗du⸗Corps aus dem Pa⸗ lais abgeholt theilen

ganzen Parade gemacht, wobei die Mufikcorps

während des Abreitens der Auf⸗ Majestät wurde von den Truppentheilen Das 2. Treffen wurde, nachdem das

Sobald Se. Majestät eine Brigade passirt hatten, zum Vorbeimarsch. Der Parademarsch

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Compagniefronten im Schritt, von der Kavallerie ꝛc. im Trabe.

Die Parade⸗Aufstellung gewährte einen imposanten Anblick

und die Suite war ebenso zahlreich als glänzend zu nennen. Wie immer bei dergleichen Gelegenbeiten hatte sich eine große Zu⸗ schauermenge eingefunden, die theils zu Wagen, theils zu Pferde oder zu Fuß deter Parade mirt und rückten Quartiere ab.

dem militärischen Schauspiel zusah. Nach been⸗ hatten sich die Truppentheile zum Abmarsch for⸗ demnächst unter llingendem Spiele in ihre

Die Fahnen, welche durch eine Compagnie des 1. Garde⸗ Fuß und die Standarten, welche durch eine Com⸗

waren, wurden von denselben Truppen⸗ nach beendeter Parade dorthin zurückgebracht. Aus Anlaß der heute auf dem Tempelhofer Felde statt⸗ gefundenen Parade findet heute Nachmittag im Weißen Saale

des Königlichen Schlosses große Militärtafel und Abends im

Königlichen Opernhause eine Militär⸗Festvorstellung statt.

1. September. Se. Majestät der Kaiser empfingen heute den amerikanischen Geschäftsträger Herrn Fish in Privat⸗ audienz und geruhten aus dessen Händen das Antwortschreiben des Präsidenten Grant, auf den Allkerhöchsten Glückwunsch gelegentlich des hundertjährigen Bestehens der Vereinigten Staaten, entgegenzunehmen. 5

Das Antwortschreiben lautete:

Ulysses S. Grant, Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika an b Wilhelm I., Kaiser von Deutschland, König von Preußen ꝛc. ꝛc. ꝛc.

Großer und guter Freund!

Ihr Brief vom 9. Juni, in welchem Sie freundlichst Ihre herzlichen Glückwünsche bei Gelegenheit des hundertsten Jahres⸗ tages, den wir kürzlich gefeiert haben, darbrachten, ward mir am 4. Juli überreicht, und wurde von dem Inhalt mit ungeheuchelter Genugthuung Kenntniß genommen.

Die in jener Mittheilung enthaltenen Ausdrücke der Sym⸗ pathie mit dem bisherigen Fortschreiten dieses Landes und die guten Wünsche für seine zukünftige Wohlfahrt sind um so erfreulicher, da sie von dem Oberhaupte eines großen Reiches kommen, mit welchem diese Republik während des ganzen Jahrhunderts ihres Bestehens friedliche und freundschaftliche Beziehungen gehabt hat, die sich in guten und schlechten Zeiten bewährt und mit zunehmendem Fortschreiten und Wohl⸗ stande beider Länder fortdauernd befestigt haben. Es ist mein aufrichtiger Wunsch, daß dieselbe gegenseitige Herzlichkeit und derselbe Wohlstand, deren beide Länder während des ersten Jahrhunderts unseres Bestehens sich erfreut haben, auch während des kommenden Jahrhunderts ihnen beschieden sein mögen.

Indem ich Ihnen Gesundheit und Glück für eine lange Regierung wünsche, bitte ich Gott, daß Er Eure Majestät in seinen sicheren und heiligen Schutz nehme.

Washington,

10, IJul 18783. Ihr guter Freund (gez.) U. S. Grant. ““ (ggz.) Hamilton Fish Staats⸗Sekretär.

Durch Allerhöchste Kabinets⸗Ordre vom 29. v. M. sind unter Aufhebung aller entgegenstehenden Festsetzungen neue Be⸗ stimmungen über Kapitulationen in der Kaiserlichen Marine erlassen worden.

Wiewohl Diebstahl und Unterschlagung unter Eheleuten straflos find, gesetzlich demnach als Verbrechen nicht betrachtet werden, so ist doch die unbegründete Beschuldigung eines Ehegatten Seitens des Anderen als grobe und widerrecht⸗ liche Kränkung der Ehre und demnach als Ehescheidungsgrund im Sinne des Allgem. Landrechts anzusehen. Erkenntniß des Ober⸗Tribunals, I. Senats, vom 12. Mai d. J.

Der General der Infanterie von Ollech, Direktor der Kriegs⸗Akademie, ist von Urlaub hierher zurückgekehrt, ebenso der Königlich bayerische General⸗Major und Militärbevollmächtigte von Fries.

Der General⸗Lieutenant von Biehler, Allerhöchst be⸗ auftragt mit Wahrnehmung der Geschäfte der General⸗Inspektion des Ingenieur⸗Corps und der Festungen ist von seiner Dienst⸗ reise hierher zurückgekehrt.

Der Archiv⸗Hülfsarbeiter Dr. Doebner bei dem Staatsarchive in Breslau ist zum Archiv⸗Assistenten ernannt und der Archiv⸗Hülfsarbeiter Dr. Pfotenhauer von Schleswig an das Staatsarchiv in Breslau versetzt worden. Der Archiv⸗ Hülfsarbeiter Dr. Lenz beim Staatsarchiv in Marburg ist aus⸗ geschieden und der Hülfsarbeiter beim Geheimen Staatsarchive Dr. Katt in Berlin verstorben.

Der Kaiserlich russische Reichscontroleur, General⸗Adju⸗ tant von Greig, ist gestern Abend aus St. Petersburg hier angekommen und im Hotel Royal abgestiegen.

S. M. S. „Ariadne“ ist am 28. Juli cr. auf der Rhede von Singapore eingetroffen.

Ratzeburg, 30. August. (Hamb. Nachr.) Am gestrigen Tage hat, zur Vertretung des Kreises Herzogthum Lauenburg, die bisherige lauenburgische Ritter⸗ und Landschaft zum ersten Mal getagt. Aus der Tagesordnung verdient das die Nichtgenehmigung der auf die frühere Domäne, jetzt dem Landes⸗Kommunalverband gehörende Vorwerk Kittlitz abgegebenen Pachtgebote eine Erwähnung.

Bayern. München, 30. August. (Nürnb. Korr.) Gemäß Ziffer 16 der Verordnung, betreffend die Ausführung des Gesetzes vom 13. Juli 1873 über die Kriegsleistun⸗ gen vom 1. April 1876 sind in denjerigen Bundesstaaten, in welchen Vertretungen von Kreisen oder gleichartigen Verbänden bestehen, unter deren Mitwirkung geeignete Sachverständige in genügender Zahl periodisch im Voraus zu bestimmen. Hiernach hat das Königliche Staats⸗Ministerium des Innern nun angeordnet, daß die Wahlen der Sachverständigen durch die Distriktsausschüsse, beziehungsweise durch den Magistrat der unmittelbaren Städte alsbald und zwar auf die Dauer der Wahlperiode vorzunehmen und in Zukunft bei jedem Eintr tte

Beim Erscheinen Sr. Majestät des Kaisers und

Königs bei der Paradeaufstellung wurden zuerst die Honneurs

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einer neuen Wahlperiode zu erneuern sind. 8

Sachsen. Dresden, 31. August. (Dresd. Journ.) Ihre Majestät die Königin hat sich heute von P Unitz nach der Lausitz begeben und gedenkt am 2. September wieder im Königlichen Hoflager zu Pillnitz einzutreffen.

Württemberg. Stuttgart, 29. August. (Schwäb. Merk.) Das Programm für die Sedanfeier ist jetzt Seitens des Festausschusses der bürgerlichen Kollegien festgestellt worden. Danach findet am 1. September, Abends 6 Uhr: Glocken⸗ geläute von sämmtlichen Kirchthürmen, dann Todtenfeier auf dem Fangelsbach⸗Friedhof an den Gräbern der hier be⸗ erdigten Krieger, und Abends 8 Uhr: Freudenfeuer auf den Höhen der Umgebung der Stadt statt. Am 2. September, Morgens 7 Uhr: Choral von den Kirchthürmen, um 9 Uhr Vormittags Festgottesdienst, von 8 bis 11 Uhr Schul⸗ feier in sämmtlichen Lehranstalten, und Abends Banket im Festsaale der Liederhalle.

Hessen. Darmstadt, 30. August. Der Präsident des Großherzoglichen Gesammt⸗Ministeriums, Minister Freiherr von Starck, hat, von einer vierwöchigen Urlaubsreise gestern zurück⸗ gekehrt, die Leitung der Geschäfte wieder übernommen.

Die schon früher anberaumte, aber wegen der baulichen Veränderungen im Ständehause vorerst ausgesetzte Sitz ung des Finanzausschusses der Zweiten Kammer, in wercher über die von der Ersten Kammer zum Staatsbudget gefaßten Be⸗ schlüsse, soweit solche von denen der Zweiten Kammer abweichen, berathen werden soll, ist nunmehr auf den 7. nächsten Monats festgesetzt. Bis dahin hofft man das entsprechende Sitzungs⸗ zimmer fertig zu stellen.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 31. August. (Weim. Ztg.) Die Erbgroßherzogin hat sich heute zu einem mehrwöchigen Aufenthalt in ein französisches Seebad begeben.

Hamburg, 30. August. Bekanntlich hat der Aurswande⸗ rungs⸗Agent R. Séyas*) mit der venezolanischen Regierung einen Kontrakt Behufs Anwerbung, Einführung und Am siedelung europäischer Auswanderer abgeschlossen. Dieser Ll gent hat nunmehr in Bordeaux eine Gesellschaft „La Franco- Vénézué- lienne“ ins Leben gerufen, welche über ein in 4000 Alktien à 500 Fr. auszugebendes Anlagekapital von 2,000,000 Fr. ver⸗ fügen soll und deren Prospekt venezolanische Zeitungen veröffent⸗ lichen. Danach will Séyas der zu bildenden Gesellschaft ein im Staate Bolivar, angeblich im Thale des Tui bei Altagracia de Orituco gelegenes, 500 Hektaren umfassendes Terrain ab⸗ treten und verpflichtet sich, die Einwanderer nach Vene zuela zu bringen und nach der Ankunft acht Tage lang zu verpflegen.

Das der Gesellschaft abgetretene Gebiet mag sich mnun mög⸗ licherweise zu Kaffee⸗Anpflanzungen eignen, ob aber dasselbe mit Rücksicht auf die Thatsache, daß dort auch Cacao gebaut wird, dessen Kultur in fiebergeschwängerten feuchten Niederungen am besten gedeiht, für europäische Kolonisten geeignet ist, muß sehr bezweifelt werden. Der Tui, welcher gewöhmnlich als schiffbar bezeichnet wird, mag es früher gewesen sein, ist es aber gegenwärtig in der That nicht. Nur in der Nähe von Alta⸗ gracia mag er in der Regenzeit vielleicht ein Rindenkanoe an einzelnen Stellen tragen können.

In dieser Gegend nun soll der Einwanderer unkultivirtes Land mit einem Flächeninhalte von 1 ½ Hektaren erhalten, das er nach seinem Belieben urbar machen kann; außerdem erhält er ein Stück Landes von derselben Gr ße, welches urbar zu machen und zu kultiviren er verpflichtet ist. Dieses letzt⸗ gedachte Terrain hat die Gesellschaft das Recht, nach Ablauf von 3 Jahren anzukaufen. Nach den Verheißungen des Herrn Séyas würde der Kolonist bei diesem Kaufgeschäfte nicht weniger als 7500 Frcs. verdienen.

Doch dem sei, wie ihm wolle, der Schwerpunkt des mit dem Einwanderer von der Gesellschaft zu schließenden Kontraktes liegt darin, daß der Erstere 52 Tage im Jahre für die letztere zu arbeiten verpflichtet iss. Würde nun der Vertrag so abge⸗ schlossen, daß der Kolonist etwa einen Tag in der Woche im Dienste der Gesellschaft opferte, so wäre die Bedingung weni⸗ ger hart.

Nach dem Wortlaute des Vertrages aber ist die Gesellschaft berechtigt, die Tage sich nach ihrem Belieben auszuwähleu, der⸗ gestalt, daß der Einwanderer 52 Tage lang hintereinander zu jener Arbeit genöthigt werden kann, daß in diesem Falle der Kolonist in die Lage kommen würde, seine eigene Anp flanzung zu vernachlässigen, ist eine nur zu nahe liegende Befürchtung. Der Tagelohn von 2 Fres. 50 Cent., ein Satz, der bei den venezolanischen Theuerungsverhältnissen als sehr gering Pezeichnet werden muß, bietet ihm hierfür kein genügendes Aeauivalent.

Elsaß⸗Lothringen. Straßburg, 30. August. (Köln. Ztg.) Die Arbeiten an dem Bau der neuen Enceinte haben be⸗ gonnen. Dieselben werden vom oberen Ill⸗Anschluß bis zum Stein⸗ thor zu gleicher Zeit in Angriff genommen. Diese Strecke ist in vier Bauposten eingetheilt, deren jeder einem Ingenieur⸗Haupt⸗ mann unterstellt ist. Vorerst sind nur die Erdarbeiten im Gange und man hat zunächst mit Abtragung derjenigen Außen⸗ werke begonnen, welche in das neue Tracé fallen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 30. August. Aus Zisters⸗ dorf wird gemeldet: Der Kaiser begab sich heute unr 6 ½ Uhr früh von hier nach Inzersdorf, wo Se. Majestät von dem Erz⸗ herzoge Albrecht empfangen wurde. Sodann begab sich der Kaiser nach Loidesthal, Ober⸗Sulz, Schrick und Pyrawerth, um dem Mannöver zu folgen. Um 12 Uhr traf Se. Majestät wieder in Zistersdorf ein. Die Kaiserin hat sich mit der Erz⸗ herzogin Marie Valerie heute Vormittags 10 Uhr von Ischl über Lambach und Leoben nach Miramar begeben. Prinz Arthur von England reist am 1. September von England ab und trifft am 3., Abends gegen 10 Uhr im hiesigen Westbahnhofe ein, wo der Botschafter Sir Andrew Buuchanan Se. Königliche Hoheit empfangen wird. In Folge dieser Zeit der Ankunft wird der Prinz sich erst am 4. mit dem Kron⸗ prinzen Rudolf zu den Manövern nach Feldsberg begeben.

Zistersdorf, 30. August. Wie dem „Fremdenbl.“ von hier telegraphirt wird, trifft der Minister des Aeußern Graf Andrassy in Folge Berufung des Kaisers heute mit mrehreren Ministerialbeamten hier ein, um morgen, am Ruhetage der Manöver, dem Kaiser Vortrag zu erstatten.

Lemberg, 30. August. Der Landes⸗Kommandirende von Galizien, General der Kavallerie Graf Neipperg, ist zur Be⸗ grüßung des Kaisers von Rußland im Namen des Kaisers Franz Josef nach Warschau abgereist.

Triest, 30. August. Die Kaiserin trifft mit der Frau Erzherzogin Marie Valerie morgen gegen 10 Uhr Vor⸗

*) Vgal. Reichs⸗Anzeiger vom 16. Dezember v. J. und 22. Mai d. J.

mittags mit einem Hof⸗Separatzuge in Miramar ein. Ihre Majestät hat sich jeden offiziellen Empfang verbeten. Heute Vormittags wurde das für die Kaiserin beim Lloyd angefertigte schwimmende Seebad nach Miramar gebracht. Die Dampf⸗ Bacht „Miramar“, zur Dispofition der Kaiserin, wird noch heute anlangen.

Pest, 30. August. Der frühere Handels⸗Minister Simonyi richtete ein Abschiedsschreiben an die Beamten des Handels⸗Ministeriums. Die provisorische Kadettenschule in Hermannstadt wird in eine Kadettenschule für 200 Frequen⸗ tanten der Fußtruppen umgewandelt und mit der gänzlich auf⸗ zulösenden Vorbereitungsschule in Klausenburg vereinigt. Ebenso wird die Preßburger provisorische Kadettenschule in eine Kadetten⸗ schule für 200 Frequentanten der Fußtruppen umgewandelt.

Agram, 30. August. FZM. Mollinary ist von seiner Inspektionsreise gestern Abends zurückgekehrt.

Schweiz. Bern, 29. August. Der Bundesrath hat die vom Oberst Mercan in Basel nachgesuchte Entlassung als Kommandant der vierten Division der eidgenössischen Armee für Ende September genehmigt. Offiziellen Erhebungen zufolge beläuft sich der Wasserschaden, welchen der Kanton Thur⸗ gau jüngsthin erlitten, auf nicht weniger als sechs Millionen.

Großbritannien und Irland. London, 30. August Die Entrüstung über die Vorgänge in Bulgarien sindet,, wie die „Engl. Corr.“ meldet, wiederholt Ausdruck in Ver⸗ sammlungen und Reden. In Nottingham beschloß man am Montag, ein öffentliches Meeting zu veranstalten und auf dem⸗ selben gegen jede Mitschuld Englands an dem vontürkischen Truppen begangenen Blutthaten zu protestiren (vgl. unten). Der Verein der Bergleute von Cleveland verurtheilte am Montag in Salt⸗ burn die orientalische Politik der Regierung und forderte die Zurückberufung des Sir Henry Elliot und der britischen Flotte in der Besika⸗Bai. Hochkirchliche Geistliche in Exeter haben sich in starken Ausdrücken über die bulgarischen Gräuel⸗ thaten ausgesprochen. Rev. Prynne in Plymouth hielt am Sonntag Abend eine Predigt, deren Gegenstand die Er⸗ weckung der Sympathien für die unterdrückten Christen in der Türkei war. Auf der Monatsversammlung der baptistischen Geistlichen in Bristol ward der Sekretär des Vereines, Rev. Evans, ersucht, die Hülfe der Zeitungen in Bristol zu erbitten, um dem Volke dieser Stadt die Thaten der Türken zu schildern. Ferner fand gestern in Glasgow ein Protest⸗Meeting unter Veorsitz des Lord Provost statt. Die Parlamentsmitglieder Anderson, Cameron und Holms verurtheilten in starken Aus⸗ drücken das Verfahren der Türken. Ein anderes Meeting ward beschlossen ebenso die Sammlung von Fonds zum Besten der von Hunger bedrohten Bulgaren.

Wie aus Chatham gemeldet wird, hatte der drohende Angriff auf das dortige Zuchthaus nicht die Befreiung der fenischen Gefangenen, sondern die der daselbst internirten, zu lebenslänglicher Haft verurtheilten drei Amerikaner, welche vor zwei Jahren den großen Betrug gegen die Bank von Eng⸗ land verübten, zum Zweck. Um diesen Verbrechern zur Freiheit zu verhelfen, waren den Wärtern kürzlich große Summen als Bestechung geboten worden. Das Gefängniß wird von einem Cordon von Soldaten und bewaffneten Wächtern streng bewacht.

Das auswärtige Amt hat vom britischen Repräsen⸗ tanten in Peru ein aus Lima datirtes Telegramm erhalten, welches meldet, daß der ovberste Gerichtshof das freisprechende Urtheil des Gerichtshofes erster Instanz in Sachen der Gefange⸗ nen des „Talisman“ bestätigt habe. Letztere würden dem⸗ nach Peru in wenigen Tagen verlassen können.

1 September. (W. T. B.) Auf einem gestern in Nottingham abgehaltenen Meeting, wo die in Bulgarien durch die Türken verübten Grausamkeiten Gegenstand der Ver⸗ handlung waren, wurde ein Brief des Unter⸗Staats⸗ sekreärs des Auswärtigen, Bourke, verlesen, in welchem hervorgehoben wird, daß die englische Regierung in nachdrück⸗ lichster Weise bei der Pforte wegen der Vorgänge in Bul⸗ garien Vorstellung erhoben und dabei besonders bemerklich gemacht habe, daß in Folge dieser Ereignisse Enagland in einer Weise der Türkei entfremdet werden würde, welche für dieselbe verhängnißvoll werden könnte.

Frankreich. Paris, 30. August. Der Marschall⸗ Präsident ist gestern nach Paris zurückgekehrt.

Die Abtheilung des französischen Geschwaders, welche bisher vor Salonichi gelegen, ist am 28. August von dort abgesegelt. Es bleibt in dem genannten Hafen nur noch der Aviso „Desaix.“

Der Bischof von Frejus und Toulon verlangt in einem an den Justiz⸗Minister gerichteten Schreiben strenge Bestrafung der Urheber der Reden, welche bei der Vertheilung der Preise in den Schulen von Toulon gehalten wurden und den Vorschriften des Syllabus nicht gemäß wären.

Die abnehmende Bevölkerung Frankreichs giebt allen Blättern Stoff zu ernsten Betrachtungen; zumal dieselbe nach allen statistischen Nachrichten in England, Deutsch⸗ land, Rußland, Italien zunimmt, in Frankreich im günstigsten Falle stillsteht. „Wenn diese Situation andauert oder gar noch schlimmer wird, sagt das „Journal des Debats“, dann müssen wir jeder Hoffnung auf zukünftige Größe entsagen!“ Deutsch⸗ land zählte 1871 41,009,999 Einwohner, jetzt 42,757,812; das macht einen Zuwachs von 435,000 jährlich. Frankreich hatte 1872 36,102,921 Einwohner, also etwa 5 Millionen weniger als Deutschland. Und dieser Unterschied ist seitdem gewachsen. Jetzt beträgt er 6,250,000. Das Blatt bringt genaue und interessante statistische Angaben über die Sterblichkeits⸗ und Ge⸗ burtsverhältnisse und findet die Aussichten so trübe, daß die ge⸗ setzgebenden Körperschaften sich aufs Angelegentlichste mit dieser Frage zu beschäftigen hätten. „Die Wage der Machkt, schließt der Artikel, wird immer auf die Seite derjenigen Völker sich neigen, die die meisten kräftigen und thätigen Männer haben, wenn mit der Zahl sich Wissen und strenge Sitte ver⸗ inden.“

Griechenland. Athen, 20. August. Der „Pol. Corr.“

Aktionscomité „Adelphotes“ hat sich in dieser Woche ein Unter⸗ stützungscomité für die Verwundeten und Verunglückten Serbiens und Montenegros unter der Devise „Zum rothen Kreuz“ gebildet. Unter dem Präsidium des durch seinen Wohlthätigkeitssinn bekannten Erzbischofs von Phthiotis, Kallinikus, vereinigten sich einige der angesehensten Be⸗ wohner Athens zu diesem humanen Zweck. Dieses Comité wird morgen seine von dem hier weilenden Bruder des Redacteurs der Triester „Himera“, Hrn. Vyzantios, verfaßte Proklamation veröffentlichen, Gelder, Charpie, Kleidungsstücke,

Medikamente ꝛc. entgegennehmen, und sich deutlich als nicht für beide Kriegsparteien, sondern „nur für die christlichen Brüder

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wird u. A. Folgendes geschrieben: „Außer dem sich organisirenden

wirkend“, deklariren. Oberst Koronäos hat die Stelle des Organisators der Nationalgarde im Ministerium de Innern angenommen, 812 arbeitet vorerst theoretisch. Auch e ist der Meinung, daß die Nationalgarde nur nach dem Land wehrsystem organisirt werden könne und theilt deshalb dieselbe in drei Kategorien: die mobile, die aktive und die disponibl Nationalgarde, ein. Davon wird nur die erste Kategorie den Befehlen des Kriegs⸗Ministeriums untergeordnet sein, während die beiden übrigen dem Ministerium des Inuern unterstellt bleiben. Die mobile Nationalgarde, welche die jungen Leute von 20 bis 30 Jahren umfaßt, soll vor allem auf die Beine gebracht werden, wozu nun schon die Listen angefertigt und in den Bürgermeisterämtern aller Städte und Dörfer zur Einsicht 1 Tage lang aufgelegt worden sind. Man rechnet auf mehr al 65,000 Mann mobiler Nationalgarde, die mit neuen Chassepot⸗ oder Mylonas⸗Gewehren, deren Patronen ziemlich einheitlich sind bewaffnet werden sollen. Man hat eingesehen, daß mi der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht nach preu ßischem Vorbilde nicht mehr länger gezögert werden darf, und arbeitet soeben an den betreffenden Gesetzentwürfen. Da aber selbstverständlich mehr als drei Jahre nöthig sind, um zu Re⸗ sultaten dieses Systems zu kommen, so wird die mobile Natio⸗ nalgarde ins Leben gerufen werden, was wohl in 3 —4 Mo naten geschehen kann.

Türkei. Konstantinopel, 31. August. (W. T. B. Die „Agence Havas⸗Reuter“ meldet: In dem heutigen Minister rathe, an welchem auch die Großwürdenträger des Reiche Theil nahmen, ist Abbdul Hamid an Stelle Murads zum Sultan proklamirt worden.

(W. T. B.) Der gestrige Ministerrath hat gutem Vernehmen nach die Beschlußfassung über die Ein stellung der Feindseligkeiten ausgesetzt und will zuvo noch nähere Kenntniß von den Absichten der Mächte erlangen

(W. T. B.) Die türkische Regierung hat über die Proklamirung Abdul Hamids an ihre Vertrete im Auslande folgende Mittheilung gerichtet: „Da die schwer Krankheit, von welcher Sultan Murad Khan seit dem zehnten Tage seiner Thronbesteigung befallen ist und welche seitdem stets zugenommen hat, ihn in die offenbare Unmöglichkeit versetzt hat die Zügel der Regierung länger in den Händen zu behalten, so ist Kraft des Fetva Sr. Hoheit des Scheikh⸗ul⸗Islam und in Gemäßheit der Gesetze, welche die Ausübung der Souveränetä in dem osmanischen Reiche regeln, Se. Majestät der Sultan Abdul Hamid II., der bisherige präsumtive Thronfolger, heut zum Kaiser des türkischen Reiches proklamirt worden.“

(W. T. B.) Ueber die Proklamirung des Sultans Abdul Hamid wird weiter gemeldet: Der Sultan Abdul Hamid begab sich heute nach Top Kapu, wo er von allen Ministern und hohen Würdenträgern empfangen wurde. Nach Verlesung des Fetva des Scheikh⸗ul⸗Islam, durch welchen Sultan Murad des Thrones entsetzt wird, fand die Ceremonie der Anerkennung und Proklamirung Abdul Hamids statt. Derselbe begab sich darauf unter den Zurufen der Soldaten und der Bevölkerung und dem Donner der Geschütze in das Palais. Achmet Damat Pascha ist zum Marschall des Palais ernannt worden.

Vom türkisch⸗serbischen Kriegsschauplatze liegen noch folgende nachträgliche Meldungen vor:

Havptquartier vor Alexinatz, 30. August, Morgens (N. Fr. Pr.) Die Serben zogen sich allenthalben in verschanzte Stel lungen zurück. Wegen Truppenverschiebung und Beerdigung der Todten, wozu 150 Bulgaren von Nisch auf das Gefechtsfeld beordert wurden, unterblieb gestern jede Aktion. Ein er neuerter türkischer Angriff wird mit aller Energie vorbe reitet, und zwar vom linken Morawa⸗Ufer her, wohin auch gestern die türkische Hauptkraft dirigirt wurde.

Semlin, 30. August. (N. Fr. Pr.) Seit zwei Tagen fand kein Kampf statt. Der Engländer, welcher wegen angeb⸗ licher Konspiration zu Gunsten Karageorgievichs verhaftet wurde, ist heute in Freiheit gesetzt worden, weil die vorgefun⸗ denen Briefe sich als ganz unverfänglich erwiesen.

Der „Presse“ wird unterm 29. d. aus Belgrad u. A. gemeldet: Die Türken sind noch immer zwischen Dobrusche⸗ vaz und Katun. Abdul Kerim läßt aus Nisch schweres Belagerungsgeschütz herbeischaffen, um Alexinatz zu beschießen. Es haben die Türken bei Zitkovaz eine sehr feste Stellung inne, von der aus sie wohl Alexinatz angreifen könnten, wenn fie Mannschaft und Kriegsmaterial genug hätten. Der Transport der Kanonen aus der Belgrader Festung hat deshalb auch nicht aggres⸗ sive, sondern defensive Zwecke. Beide Theile sind bestrebt, ein fait accompli zu schaffen, um die politische Situation für sich so günstig als möglich zu gestalten, und deshalb wurden auch die Unterhandlungen verzögert, namentlich von türkischer Seite. Dem Mangel an Offtzieren ist jetzt theilweise abgeholfen, aber es fehlt an Mannschaft. In den letzten acht Tagen soll die Armee mehrere tausend Mann an Todten und Verwundeten, nach einer Version 9000 Mann, verloren haben. Der Gesamr verlust wird seit Beginn auf mindestens 12,000 geschätzt. Der Berichterstatter des „Pester Lloyd“ meldet aus dem Hauptquartier Abdul Kerim Paschas unter dem 25. August u. A.:

„In den Kreisen der türkischen Generalität herrsch: große Mißstimmung gegen das Armeekommando, welches so geringe Voraussicht gezeigt und mit unzulänglichen Mitteln den Angriff auf Alexinatz begonnen hat. In Folge eines Zerwürf⸗ nisses zwischen Achmed Ejub und Hafiz Pascha sollte schon vor Knjazewatz die Brigade Hafiz jener Division zuge⸗ theilt werden, welche bestimmt war, den Marschall Ali Saib am linken Morava⸗Ufer zu verstärken. In Folge jüngst erneuter Miß⸗ helligkeiten ist der Seraskier Abdul Kerim heute persönlich aus Nisch hierhergekommen und hat sofort einen Kriegsrath abgehalten. Der Seraekier theilte der versammelten Generalität mit, daß bereits alle Anstalten behufs Herbeischaffung schwerer Geschütze getroffen seien; ferner habe Mehmed Ali, der früher mit 8000 Mann bei Sjeniza gestanden, Befehl erhalten, die serbische Grenze zu über⸗ schreiten, in der Richtung auf Krusewatz vorzurücken und ins Morawathal zu marschiren; endlich seien auch telegraphisch Verstärkungen aus Sofia unter Ferik Abdil Pascha hierher beor⸗ dert worden. Vier Bataillone und eine Batterie blieben noch im Lager von Sofia; der Rest von vier Bataillonen, sechs Es⸗ cadronen und einer Batterie, sowie die Zeibeks, das ist Frei⸗ willige aus Syrien und Mesopotamien, etwa 600 Mann stark, sind gegen Nisch in Marsch gesetzt. Der Seraskier Abdul Kerim wird wahrscheinlich heute oder morgen nach Nisch zurückkehren. Er ist gegen die in An⸗ regung gebrachte Enthebung Ejubs vom Armee⸗Kom-⸗ mando, weil er einen Wechsel inmitten der Operationen für in⸗ opportun hält.

Die Serben entwickeln in den letzten Tagen eine außer⸗

ordentliche Thätigkeit; eine Abtheilung hat sogar versucht, Ali

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