1876 / 228 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 27 Sep 1876 18:00:01 GMT) scan diff

8 1 I1“

hatten, hatte der von Straßburg eingetroffene Männer⸗Gesang⸗

verein die Ehre, einige Piecen vorzutragen. 1

Gestern, den 26., früh, fand ein Kavallerie⸗Gefechts⸗ Exerzieren zwischen Schleithal und Geitershof statt. Um 2 Uhr Nachmittags gedachten Se. Majestät der Kaiser das Schlachtfeld von Weißenburg zu besichtigen.

Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin empfing gestern in Baden den Besuch Ihrer Königlichen Hoheit der Großherzogin von Baden und trifft heute mit Höchstder⸗ selben in Karlsruhe zusammen, um von dort Se. Majestät den Kaiser und König nach Stuttgart zu begleiten.

Berlin, 27. September. Die von mehreren Pro⸗ vinzialbehörden angeregte Frage, ob das für Sen⸗ dungen der Waisenräthe an die Gerichte in Vormundschaftssachen entstehende Porto allgemein auf Staatsfonds zu übernehmen sei, ist nach einem Cir⸗ kularreskript des Finanz⸗Ministers und des Ministers des In⸗ nern vom 6. September 1876 um deßwillen grundsätzlich zu ver⸗ neinen, weil das entscheidende Gewicht darauf gelegt werden muß, daß das Institut der Waisenräthe gesetzlich zu dem ausge⸗ sprochenen Zwecke eingeführt worden ist, den Gemeinden mit Rücksicht auf ihr erhebliches Interesse an der Erziehung ihrer künftigen Mitglieder eine Mitwirkung bei der Führung der Vormundschaft zuzutheilen, und daß demgemäß die den Waisen⸗ räthen obliegende Aufsicht über das persönliche Wohl der Pflegebefohlenen und deren Erziehung von den ersteren nur als Vertretern der Gemeinden geführt wird. Es ergiebt sich hieraus als nothwendige Folge, daß von den Gemeinden mit den übrigen durch die Amtsverwaltung der Waisenräthe entstehenden Kosten auch die Porto⸗Auslagen für alle Sendungen zu tragen sind, die Seitens der Waisenräthe, als welche nach §. 52 Abs. 4 der Vormundschaftsordnung nicht blos einzelne Personen, sondern auch Abtheilungen der Gemeindeverwaltung fungiren können in Ausübung der ihnen durch das Gesetz zugesprochenen Rechte und Pflichten abgelassen werden. Dies trifft denn auch die sämmtlichen Postsendungen der Waisenräthe an die Vormundschafts⸗

erichte. Dieselben werden danach stets frankirt abzu⸗ assen sein, und zwar ohne Unterschied, ob sie Anfragen der Waisenräthe oder Anzeigen enthalten, welche diese dem Ge⸗ richte aus eigenem Antrieb und von Amtswegen erstatten, oder ob sie in Antworten und Auskunftsertheilungen bestehen, welche die Waisenräthe in Folge gerichtlicher Aufforderungen abgeben. Denn selbst bei den Beantwortungen der Anfragen der Vormundschaftsgerichte Seitens der Waisenräthe erscheint wegen der den Gemeinden zu⸗ gesprochenen umfangreichen Betheiligung an der Vormundschaft das Interesse der Gemeinden mit dem des Staats konkurrirend, der Art, daß sich für das beiderseitige Interesse weder eine scharfe Unterscheidung treffen, noch eine bestimmte Grenze ziehen läßt. Als völlig konsequent ergiebt sich demnach hier sowohl, wie überhaupt für den ganzen schriftlichen Verkehr zwischen den Vormundschaftsgerichten und den Waisenräthen, die einfache und zugleich eine jede Weiterung Lösung, daß beiderseits alle der Post zu übergebende Sendungen frankirt abgelassen und die hierfür entstehenden Portobeträge auf die Fonds der⸗ jenigen Behörde übernommen werden, in deren Namen die Absendung erfolgt: wie dies nach §. 1 des Regulativs vom 28. November 1869 bei dem schriftlichen Verkehr zwischen Königlichen Behörden bezw. den, eine Königliche Behörde re⸗ präsentirenden einzelnen Beamten, sowie nach der allgemeinen Verfügung vom 31. August 1870 in Betreff der zwischen den Behörden verschiedener Bundesstaaten, selbst in Parteisachen, gewechselten portopflichtigen Sendungen der Fall ist.

Dagegen liegt keinerlei Grund vor, das Porto für die von den Waisenräthen unter einander oder mit ande⸗ ren Behörden, außer den Vormundschaftsgerichten, oder mit Privaten, einschließlich der Vormünder, geführte Korre⸗ spondenz auf Staatsfonds zu übernehmen.

Die nähere Regelung der sich in dieser Hinsicht aufwer⸗ fenden Fragen, resp. die diesfällige Instruirung der Waisen⸗ räthe und die Auseinandersetzung mit ihnen muß als eine vornehmlich die Interessen der Gemeinden berührende Ange⸗ legenheit zunächst diesen letzteren selbst überlassen bleiben. Je⸗ doch erachten es die Minister nicht für thunlich, daß die Waisenräthe den Vormündern der Regel nach andere als frankirte Sendungen zugehen lassen, da den letzteren sonst in unvermögenden Vormundschaften zugemuthet werden würde, aus eigenen Mitteln das Porto zu berichtigen.

Mit Rücksicht darauf, daß entgegengesetzten Falles die Viedereinziehung des erwachsenen Portos von den sonst für erpflichtet zu erachtenden Betheiligten unverhältnißmäßige Veiterungen verursachen würde, wird ferner empfohlen, daß ie Gemeinden die Waisenräthe mit einem entsprechenden Borrathe von Postfreimarken ausstatten und daß die letzteren us diesem Vorrathe die von ihnen abzulassende gesammte Rorrespondenz untereinander und mit den Behörden resp. Vormündern frankiren, daß aber auf eine Anrechnung oder Zurückerstattung der Porti (soweit diese überhaupt rechtlich in Frage kommen könnte) sowohl Seitens der Waisenräthe als ver. gegenüber generell und allerseits verzichtet wird.

Die Bestimmungen über die Führung der Handels⸗ und Genossenschaftsregister bei den Stadt⸗ und Kreisgerichten (§§. 1 und 2 Th. J. der Instruktion vom 12. Dezember 1861, §. 10 des Geschäftsregulativs vom 5. August 1867, §§. 5 und 6 der Instruktion vom 17. De⸗ zember 1868) sind von dem Justiz⸗Minister durch eine Ver⸗ fügung vom 19. d. M. dahin erläutert worden, daß der zur Führung dieser Register zu bestellende Richter auch aus den der zweiten Abtheilung des Gerichts gewählt wer⸗ en kann.

e 1⁷ W

Zu einem vom 25. d. Mts. bis inkl. 14. Oktober cr.

hierorts stattfindenden Operationskursus für Assistenz⸗

ärzte sind 30 Assistenzärzte aus den verschiedenen Armee⸗

Corps hierher kommandirt worden und eingetroffen, ebenso zu

dem am 1. Oktober cr. beginnenden Kursus der Artillerie⸗

S chießschule eine Anzahl Hauptleute und Premier⸗Lieute⸗ ants der Artillerie.

Der Direktor des Königlichen preußischen Statistischen ureaus, Geheimer Ober⸗Regierungs⸗Rath Dr. Engel, ist zur Theilnahme an den Berathungen des Kongresses für Gesund⸗ heitspflege und Rettungswesen am 25. d. Mts. zu einem etwa 4 tägigen Aufenthalt nach Brüssel abgereist.

Briefsendungen für S. M. S. „Augusta“ sind bis zum 29. d. M. incl. nach Wilhelmshaven, vom 30. September

bis 1. Oktober nach Plymuth, vom 2. bis incl. 23. Oktober nach Capstadt (via Plymouth), vom 24. Oktober bis incl. 23. November nach Sidney (via Brindisi) und von da ab nach Apia auf den Samoa⸗Inseln (via St. Francisco) zu dirigiren

Hannover, 26. September. Der hannoversche Pro⸗ vinzial⸗Landtag berieth heute über dens v. Lenthe’'schen Urantrag, „gerechtere Besteuerung“ betreffend. Die Debatte wurde 4 ½ Uhr auf morgen vertagt. Durch Graf Knyphausen, Fromme und v. Bennigsen wurde ein Urantrag eingebracht, die Staatsregierung um Aufhebung der Sequestration des Vermögens des Königs Georg zu ersuchen.

Flatow, 24. September. (N. Z.) Der Kreistag hat in seiner letzten Sitzung zur Einrichtung einer Fortbildungs⸗ schule für die Ortschaft Sypniewo die Summe von jäührlich 60 bewilligt und den Kreisausschuß ermächtigt, denjenigen Gemeinden, welche erbötig sind, ebenfalls Fortbildungsschulen zu errichten, eine gleiche Summe bis zur Höhe von jährlich 300 zu bewilligen.

Bayern. München, 26. September. Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Friedrich Carl von Preußen ist gestern Morgen nach Mainau abgereist.

Sachsen. Dresden, 26. September. (Dresd. Journ.) Das Ministerium des Innern macht bekannt, daß, um geeignete Anhaltspunkte zu gewinnen, welche Rückschlüsse auf die Menge der noch im Umlauf befindlichen Zwei⸗ und Ein⸗ W“ und auf die Höhe des Bedarfes an Reichsmünze erlauben, auf Antrag des Reichskanzler⸗Amtes, alle Königlichen, städtischen und Sparkassen⸗Verwaltungen angewiesen werden, am 30. d. Mts. festzustellen, welche Beträge an Zwei⸗ und Ein⸗Thalerstücken, nach beiden Sorten getrennt, und an Reichs⸗ goldmünzen nach dem Markwerthe an dem genannten Tage in den, unter ihrer Verwaltung stehenden Kassen vorhanden sind, und das Ergebniß spätestens bis zum 7. Oktober dem Ministerium des Innern mitzutheilen.

Württemberg. Stuttgart, 25. September. Wie der „Schwäb. M.“ erfährt, findet der Wiederzusammentritt des Landtages am 9. Oktober statt.

Der „Schwäb. Merkur“ bringt aus Anlaß der An⸗ wesenheit Sr. Majestät des Kaisers in Stuttgart fol⸗ genden Artikel:

„Es sind fast hundert Jahre, seitdem zum letzten Mal ein Ober⸗

haupt des Deutschen Reiches in unserer Stadt erschien. Aber jener Fürst nannte sich nicht Deutscher Kaiser, er hieß Römischer Kaiser, und der bildliche Name entsprach dem schattenhaften Inhalt der Würde. Nicht eine wirkliche Macht knüpfte sich an diesen Namen, noch weniger stellte er eine wirkliche Einheit unseres Volksthumes dar, vielmehr hatte das deutsche Volk längst kein Verhältniß mehr zu einer Würde, die lediglich eine Erinnerung, eine Reliquie eworden war. Es ist die Eigenthümlichkeit und Stärke des neuen Kaiserthums, daß es ein nationales ist. Frei von den weltüber⸗ fliegenden Träumen der staufischen Helden, hat es auch nichts gemein mit der kläglichen Hinfälligkeit der späteren Römischen Kaiser. Es steht nicht traumhaft in der Luft, sondern ist mit starken Wurzeln in den Boden des Vaterlandes eingesenkt. Aus den Hoffnungen und der Arbeit, aus der ganzen Geschichte unseres Volks ist es her⸗ ausgewachsen, so daß es nicht als eine künstliche und willkürliche Einrichtung, sondern als das natürliche Ergebniß des langen viel⸗ verschlungenen, leidenvollen aund doch zuletzt zum Glücke gelangten Lebensganges unserer Nation erscheint. Lange, ehe die Kaiserlose, die schreckliche Zeit im Donner der französischen Schlachtfelder ihr Ende fand, ward das Kaiserthum verkündet durch den Mund unserer Dich⸗ ter, ward es ahnungsvoll geschaut in den Träumen eines jüngeren Geschlechts, das sich allmählich wieder auf die erste der Tugenden, die Vaterlandsliebe, besann. Indem wir jetzt den ehrwürdigen Erneuerer der Kaiserlichen Würde von Angeslcht schauen, in unserer Mitte begrüßen, ergreift es uns wie die Erfüllung unserer heißesten Jugendwünsche. Alle Herzen bewegt die frohe Empfindung, solchen Glücks theilhaftig geworden zu sein. Wie manches Auge hat gestern geglänzt, das vor wenigen Jahren darauf verzichtete, den Tag noch zu sehen, da wieder unter einem sichtbaren Haupte die Glieder der Nation vereinigt sein wür⸗ den. Noch einmal erneuert sich uns in diesen Tagen das beglückende Gefühl jener unvergeßlichen Zeit, da aus den Wettern eines uns aufgedrungenen Krieges die Wiedergeburt des Vaterlandes, die Wiedergeburt des Kaiserthums hervorging. Aufs Neue wird in uns lebendig der Dank gegen Alle, die zu dieser glückbringenden Wendung zusammenwirkten; gegen das Heer zunächst, das von der obersten Leitung in Moltke's Hand bis zum einzelnen Krieger jedes Lobes würdig, todesmuthig Sieg um Sieg gewann, gegen die Fürsten, die neidlos den Mächtigsten aufforderten, ihr Führer zu sein, gegen die Staats⸗ männer, deren Einsicht und Festigkeit das Werk der Waffen vollendete und sicherte, gegen das Volk selbst, das bisher durch traurigen Hader zerspalten unter dem Eindruck des gewaltigen Krieges, der auch die Widerwilligen mit fortriß, sich endlich zu einmüthiger Gesinnung auf⸗ raffte. Aber der höchste Dank gebührt doch ihm selber, der zum ersten Helden dieses gewaltigen Dramas ausersehen war, ihm, für den die Reihe der weltgeschichtlichen Thaten zugleich eine Reihe der schwersten persönlichen Entschließungen war, der an der Schwelle des Greisen⸗ alters mit jugendlichem Muthe dem Ruf des Schicksals folgte, der ein tapferer mit Siegen gekrönter Kriegsmann das Werk, das ihm unerhörten Ruhm einbrachte, wie eine einfache, schlichte Pflichterfüllung auf sich nahm, der im Vollbesitze der Macht ungesäumt den Rath der gewählten Männer aus dem Volke um sich berief, dessen Sieges⸗ thaten eines der glänzendsten Blätter der Geschichte füllen, und der für all das demüthig einem Höheren die Ehre gab. Ihm war be⸗ schieden, die dem Volk noch immer theure und ehrfurchtsgebietende Würde des Kaiserthums zu erneuern, aber er erneuerte sie im Geiste unseres Zeitalters und mit klarem Blick für die Bedingungen künf⸗ tiger Wohlfahrt unseres Volkes.“

26. September. (W. T. B.) Der König hat unter dem 24. d. folgenden Tagesbefehl an das XIII. (Königlich württembergische) Armee⸗Corps erlassen:

„Soldaten! Meinem Armee⸗Corps war es zum ersten Mal seit der neuen Organisation vergönnt, sich unter den Augen Sr. Majestät des Kaisers, unseres Ober⸗Feldherrn, zu vereinigen. Se. Majestät der Kaiser geruhten, den Leistungen des Armee⸗Corps volle Anerkennung auszusprechen. Die meinen braven Truppen aus dem Munde des Kaiser⸗ lichen sieggekrönten Feldherrn gewordene Beurtheilung gereicht mir zur besonderen Befriedigung. Freudig entbiete ich Euch meinen König⸗ lichen Dank, insbesondere den Offizieren für die unermüdliche Hin⸗ gebung und treue Pflichterfüllung, die sie bei den schwierigen Auf⸗ gaben der letzten Jahre bethätigt haben. Ich habe die feste Ueber⸗ zeugung, daß mein Armee⸗Corps stets ein ebenbürtiges Glied der großen deutschen Armee bleiben wird.“

Bladen. Karlsruhe, 25. September. Der Großherzog ist gestern in Gemeinschaft mit Sr. Majestät dem Kaiser und dem Kronprinzen, von Stuttgart kommend, Nach⸗ mittags nach 3 Uhr hier eingetroffen. Der Kaiser und der Kronprinz setzten ungesäumt die Reise nach Weißenburg fort, während der Großherzog, nachdem derselbe sich von seinen Hohen Verwandten verabschiedet hatte, nach dem Residenzschloß 8 Se. Königl. Hoheit empfingen sofort nach der Ankunft en Präsidenten des Handels⸗Ministeriums, Turban, und kon⸗

ferirten mit denselben bis zum Abend.

eEn““]

1“ ök111.“

Heute Abend treffen die Großherzogin mit der zessin Victoria und dem Prinzen Ludwig Wilhelm, von Schloß Mainau kommend, zu längerem Aufenthalt in Baden ein.

Der „Südd. R.⸗P.“ wird von hier geschrieben: „Während unsere württembergischen Freunde in dieser Woche einen höchst erfreulichen Schritt vorwärts ge⸗ macht haben mit der Gründung eines württembergischen Ver⸗ eins der deutschen Konservativen, ist auch in Baden der erste Schritt zu diesem Ziele geschehen. Am 21. d. fand hier eine vertrauliche Berathung statt, zu der etwa 25 Männer aus verschiedenen Landestheilen sich eingefunden hatten. Ein⸗ stimmig wurde beschlossen, im Laufe des Monats Oktober eine rößere Versammlung zu veranstalten, um die deutsche kon⸗ ervative Partei in Baden zu konstituiren.“

Die ihrem Inhalt nach bereits telegraphisch mit⸗ getheilte landesherrliche Verordnung, die Organisation der Ministerien betreffend, vom 25. September 1876, lautet im Wesentlichen: Die durch Unsere Ver⸗ ordnung vom 29. Juni 1871 dem früheren Zustiz⸗ Ministerium überwiesenen Geschäfte der auswärtigen Angele⸗ genheiten werden fortan direkt durch das Staats⸗Ministerium in gleicher Weise besorgt, wie dies bezüglich der das Reich be⸗ treffenden Angelegenheiten in §. 2 Unserer genannten Ver⸗ ordnung bestimmt worden ist. Das Ministerium des Groß⸗ herzoglichen Hauses, der Justiz und des Auswärtigen führt nunmehr den Titel: „Ministerium des Großherzoglichen 1. und der Justiz.“

Hessen. Darmstadt, 25. September. Der Erzherzog Carl Ludwig von Oesterreich traf heute Mittags von Baden⸗Baden kommend, zum Besuche des Großherzogs hier ein. Gleich nach Ankunft des hohen Gastes im Groß⸗ herzoglichen Residenzschloß war Familien⸗ und Marschalltafel und setzte alsdan der Erzherzog die Reise nach Mainz fort.

26. September. Die Regierung hat, wie das „Frankf. J.“ mittheilt, einem Antrag des Abg. Dumont gegenüber erklärt, daß sie darauf, den Quartierträgern zur Erleichterung der ihnen durch das Reichsgesetz obliegenden Verpflichtungen eine Ent⸗ schädigung aus Landesmitteln zu gewähren, nicht eingehen könne, weil die Gemeinden nicht genöthigt seien, Natural⸗ verpflegung zu gewähren.

Braunschweig. Braunschweig, 27. September. Mit dem heut veröffentlichten Landtagsabschied des 15. ordentlichen Landtags, d. d. Braunschweig, 4./10. September 1876 werden die Etats der Herzoglichen Haupt⸗Finanzkasse und der Kloster⸗Reinertragskasse auf die Finanzperiode 1876/78 publizirt. Der erstere schließt mit 23,100,400 ℳ, der letztere mit 4,223,000 in Einnahme und Ausgabe.

Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 25. September. (Leipz. Ztg.) Der Herzog ist heute Nacht nach Jagd⸗ schloß Hinterriß in Tirol zu einem längeren Aufenthalte daselbst abgereist. Der General⸗Feldmarschall Graf von Roon hat heute Neuhof verlassen, um sich auf seine Be⸗ sitzungen in Schlesien zu begeben.

Schwarzburg⸗Sondershausen. Sondershausen, 24. September. Heut wurde in unserer Stadt und im ganzen Lande der 75 jährige Geburtstag unseres Fürsten gefeiert.

Hesterreich⸗Ungarn. Wien, 25. September. Die „Presse“ schreibt: Die Mittheilungen über den vorläufigen Abschluß der österreichisch⸗ungarischen Minister⸗ Konferenzen und über die bei denselben erzielten Verein⸗, barungen finden im Großen und Ganzen von Seite der hie⸗ sigen Blätter eine günstige Aufnahme. Auch der frappirend neue Gedanke, daß die Kontroverse über die Achtzig⸗Millionen⸗ Schuld in letzter Instanz durch ein Schiedsgericht ausge⸗ tragen werden soll, falls die von den beiderseitigen Parla⸗ menten gewählten Deputationen sich nicht verständigen, be⸗ gegnet nur wenig Einwendungen. Man kann sich eben nicht der Ueberzeugung entschlagen, daß dies, wenn auch ein sehr ungewöhnlicher Ausweg, doch immerhin ein Ausweg in einem Streitfalle ist, in welchem auf eine direkte Verständigung zwischen beiden Parteien nicht zu rechnen war, ein entschei⸗ dender höherer Machtspruch mit den konstitutionellen Grund⸗ sätzen im Widerspruch gestanden hätte.

Ueber die eventuelle Zusammensetzung des Schiedsgerichts und die Instruktionen, welche dasselbe erhalten soll, sind noch keine endgiltigen Bestimmungen getroffen und es beruhen die bezüglichen Angaben der ungarischen Blätter, welche uns telegraphisch mitgetheilt werden, mehr auf Konjektur als authentischer Information. „Ellenör“ will wissen, daß von ungarischer Seite Herr v. Majlath, der Judex curiae, der oberste Richter im Königreiche, als Mitglied des Schieds⸗ gerichts, das aus drei Personen bestehen soll, bezeichnet werde. Oesterreichischerseits werde ebenfalls ein hoher Richter in das Schiedsgericht delegirt. Diese beiden Herren hätten dann im gemeinsamen Einverständnisse einen Ausländer als dritten zu wählen. Können sie sich nicht einigen, so erfolge diese Ernennung durch Se. Majestät den Kaiser. „Pester Lloyd“ sträubt sich gegen den Gedanken, daß auslän⸗ dische Schiedsrichter interne Angelegenheiten unserer Monarchie entscheiden sollen und andererseits findet er es wieder sonder⸗ bar, wenn einzelnen österreichisch⸗ungarischen Staatsbürgern in dem Streitfalle eine höhere Autorität zuerkannt werde als beiden Parlamenten.

Ueber die formelle Behandlung der Schiedsgerichtsfrage steht vorläufig so viel fest, daß, wenn das Schiedsgericht einen für beide Reichshälften bindenden Beschluß fassen soll, früher in beiden Reichshälften auf verfassungsmäßigem Wege ein gleichlautendes Gesetz über dieses Schiedsgericht eingebracht und angenommen werden muß.

Die Königin⸗Wittwe von Sachsen traf, wie die „Botzner Ztg.“ meldet, am 20. d. M. Abends unter dem Incognito einer Gräfin von Hohenstein von Riva in Botzen ein und reiste am 21. d. M. Vormittags über München nach Possenhofen.

In Abgeordnetenkreisen wird, dem „Prag. Abdbltt.“ zufolge, versichert, daß der Reichsrath in der zweiten Hälfte des Oktober zusammentreten soll. Da in Folge des Ueberein⸗ kommens mit der ungarischen Regierung die Ausgleichsvor⸗ lagen erst im Januar 1877 vor die Parlamente beider Reichs⸗ hälften gelangen werden, wird der Reichsrath Muße genug finden, den Staatsvoranschlag für das Jahr 1877 rechtzeitig zu erledigen. Der ungarische Ministerpräsident von Tisza und der Unterrichts⸗Minister, zugleich interimistischer Leiter des Handels⸗Ministeriums, Trefort, haben noch im Laufe

des gestrigen Tages Wien verlassen und sich nach Pest zurück⸗ begeben. Der Finanz⸗Minister Szell ist vorläufig in Wien

zurückgeblieben, muthmaßlich um einige finanzielle Angelege

iten ins Reine zu bringen.

Pest, 25. September. Das Abgeordnetenhaus wird, wie das Wiener „Fremdenbl.“ berichtet, nicht, wie behauptet wurde, 12,2 nach seiner Eröffnung vertagt werden, es dürf⸗ ten vielmehr Anfangs Oktober einige interessante Sitzungen stattfinden. Vor Allem wird das Haus die auf die Verhaf⸗ tung Miletics bezügliche Vorlage in Verhandlung nehmen. Außerdem stehen, wie die „Bud. Korr.“ bestimmt erfährt, zwei Interpellationen in der Orientfrage und eine in der Aus⸗ gleichsangelegenheit bevor. Die Regierung dürfte ebenfalls mehrere Gesetzesvorlagen unterbreiten.

Niederlande. Haag, 26. September. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung der Zweiten Kammer wurde die als Antwort auf die Thronrede an den König zu richtende Adresse vollständig angenommen. Bei der Haen; folgenden Berathung des Paragraphen über die Kolonien gab van de Putte der Regierung den Rath, die Operationen in Atchin auf die Er⸗ richtung eines einfachen Forts an der Küste zu beschränken. Mehrere Mitglieder der Kammer und der neue Minister der Kolonien, Alting Mees, erklärten, daß sie die Möglichkeit, diesem Rathe zu folgen, sehr bezweifelten. Im weiteren Ver⸗ laufe der Sitzung machte der Minister der Auswärtigen An⸗ gelegenheiten die Mittheilung, daß in der Venezuela⸗Frage sich eine gegenseitige Annäherung vollziehe und daß es sich nur noch um die formelle Wiederqufnahme der diplomatischen Be⸗ ziehungen handele.

Ers Großbritannien und Irland. London, 25. Sep⸗ tember. Der Mayor von Cambridge hat vom Minister des Innern folgendes Schreiben erhalten: 1

„Home Office, Balmoral Castle, 20. September 1876. Mein Herr! Ich habe die Ehre, den Empfang Ihrer Zuschrift vom 18. d., enthaltend eine Adresse der Frauen von Cambridge an Ihre Majestät bezüglich der türkischen Gräuelthaten in Bulgarien zu bestätigen und Sie zu benachrichtigen, daß ich dieselbe der Königin vorlegte, die Allergnädigst geruhte, sie in Empfang zu nehmen. Ich hoffe zuver⸗ sichtlich, daß das von Ihrer Majestät Regierung eingeschlagene Vor⸗ gehen in Uebereinstimmung mit der Aktion der anderen Mächte den

rieden bei gehörigen Bedingungen und Garantien schleunigst herbei⸗ ühren wird.“ 8

Sir Theophilus Shepstone, der Sekretär für Eingeborenen⸗Angelegenheiten in Natal, ist zum Vertreter der britischen Regierung in den bevorstehenden Unterhand⸗ lungen behufs der Uebernahme des Protektorats über die süd⸗ afrikanische Republik Transvaal ernannt worden und hat sich am Sonnabend an Bord des Postdampfers „Windsor⸗Castle“ nach dem Kap der guten Hoffnung begeben.

Eine Reutersche Depesche aus Bombay vom 24. ds. meldet, daß daselbst am genannten Tage eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Muselmännern stattgefunden, in welcher beschlossen wurde, die Königin zu petitioniren, ihre orientalische Politik nicht in einer Weise zu verändern, die zur Zerstückelung des türkischen Reiches beitragen würde.

26. September. (W. T. B.) Nach einem der „Times“ aus Shanghai vom 14. d. zugegangenen Telegramm ist hinsichtlich der Nunnan⸗Affaire nunmehr ein vollkommenes Einverständniß hergestellt. Die genaueren Bedingungen des Schadenersatzes sind noch nicht bekannt; sie enthalten indessen volle Schadloshaltung der Familie Margary's. Die im letzten Jahre angenommenen Bedingungen werden vollständig erfüllt werden; die Beeinträchtigungen des Handels werden redressirt, und das Gerichtsverfahren wird verbessert werden; drei wei⸗ tere Häfen sollen für den Handel erschlossen werden. Die Konvention soll am 13. unterzeichnet werden und Wade ge⸗ dachte alsdann nach Peking zu gehen. 28 ““

Frankreich. Paris, 25. September. Wie kürzlich ge⸗ meldet, hat der Kultus⸗Minister den Präfekten die Wei⸗ sung zugehen lassen, dafür zu sorgen, daß die katholischen Geistlichen ihre Pfarreien nicht ohne Erlaubniß verlassen, wie die organischen Gesetze vorschreiben. Das „Univers“ erklärt diesen Erlaß für einen „Mißbrauch der Verwaltung“ und kündigt ganz offen die Opposition der gesammten französischen Geistlichkeit an. Der Kardinal⸗Erzbischof von Paris hat denn auch an den Minister Dufaure am 20. September ein Schreiben gerichtet, in welchem er die Herstellung der ge⸗ strichenen Gehälter für die Militärgeistlichen verlangt. Die Gründe, welche der Kardinal vorbringt, sind dieselben, welche Dupanloup während der Berathung über das betreffende Gesetz geltend machte. Am Schlusse spricht der Kardinal die Ansicht aus, die Weisheit des Senates und der Einfluß der Regierung werde die Majorität der Deputirtenkammer bewegen, ihren Beschluß zurückzunehmen; der Kardinal fügt hinzu, er habe der Sache auf den Grund gehen und die geheimen Ur⸗ sachen der Feinseligkeiten vernichten wollen, die von allen Seiten gegen die Kirche losgebrochen seien; aber er hätte den Kreis der Diskussion dann erweitern und die angebliche Gefahr erörtern müssen, die, wie gewisse Leute behaupteten, dem Staate von der Kirche drohe; diese Frage gedenke er indeß bei einer anderen Gelegenheit zu erörtern und dann die Religion gegen die schändlichen Verleumdungen und leidenschaftlichen Angriffe zu vertheidigen. 1

Heute Morgen ist Hr. Thiers wieder in Paris ein⸗

etroffen.

4 d Don Carlos, hat der ‚„Köln. Ztg.“ zufolge, die Er⸗

laubniß erhalten, Paris Aufenthalt zu nehmen, aber den

Süden Frankreichs zu meiden.? E

Italien. Turin, 21 September. Der Fürst von Montenegro hat dem Präsidenten der Turiner Volks⸗ versammlung, welcher ihm die Beschlüsse derselben mitgetheilt hat, entgegnet: 6

Ich bin sehr gerührt von dem großen Interesse, welches das italienische Volk an unserem Kampfe gegen die Türken nimmt. Ich danke ihm für die herzlichen Wünsche, welche es trotz Ver⸗

chiedenheit der Race für die Emanzipation der jugoslavischen Be⸗ ölkerung ausspricht. Es wird mir angenehm sein, zu erfahren, welche Resultate die von der Volksversammlung angenommenen Be⸗ chlüsse haben werden. Ich versichere dem Ausschusse meinen tief⸗ efühltesten Dank für seine Bemühungen und Mittheilungen. Kniaz Nicola. —Iq— 1 Türkei. Adrianopel, 17. September. Wie die „Pol. Korr.“ mittheilt, ist hier eine Spezialkommission aus Konstanti⸗ ꝛopel eingetroffen, um die höheren Beamten des Jedriner (Adria⸗ nopler) Vilajets, deren Geschäftsführung zu Klagen Anlaß gab, in strafgerichtliche Untersuchung zu ziehen. Der Gra⸗ virteste oder vielleicht der einzige Schuldige ist der gewesene Gouverneur Ali Pascha, welcher die Desorganisirung aller staatlichen Ordnung durch die angeordnete allgemeine Bewaff⸗ nung der Tscherkessen auf seinem Gewissen hat. Der Pascha wird nun in Konstantinopel (Skutari) von einem aus drei Paschas gebildeten Richterkollegium abgeurtheilt werden.

Die Bulgaren wollen den Sultan bitten, er möge sie von der Institution der Tschorbadschis erlösen. Wer die Zu⸗ stände in den bulgarischen Provinzen, d. h. in den Tuna⸗ und Jedrenner Vilajeten kennt, weiß zur Genüge, daß diese soge⸗ nannten Kommunalbeamten nicht weniger willkürlich herrschten als die von der Regierung direkt ernannten Organe. Die Bulgaren wünschen nun nicht mehr die ihnen von den Kajma⸗ kams oder „Tjatas“ (Bezirksschreibern) Anbefohlenen, sondern die Männer ihres Vertrauens zu Gemeindevorstehern zu wählen.

Ueberdies wollen die hiesigen Bulgaren Ivantsoff mit

einem Majestätsgesuche an den Sultan nach Konstantinopel ab⸗

senden, um für die Kultur des bulgarischen Volkes Konzessio⸗ nen zu erwirken. Bekanntlich weist das türkische Budget kei⸗ nen Piaster für Unterrichtszwecke auf. Eine Bevölkerung von circa vier Millionen hat nur zwei Gymnasien, und diese sind aus Privatmitteln errichtet worden! Man will den Sultan bitten, er möge anordnen, daß wenigstens eine jede über 30,000 Einwohner zählende Stadt, wie es Rustschuk, Adriano⸗ pel, Sophia, Varna sind, ein Gymnasium auf Staatskosten erhalte. Ueberdies wird um Kreirung mehrerer Anstalten zur Heranbildung von Schullehrern petitionirt werden.

Wien, 26. September. (W. T. B.) Wie dem „Tele⸗ graphen⸗Korrespondenz⸗Bureau“ aus Konstantinopel vom heutigen Tage gemeldet wird, haben sich die Botschafter der Garantiemächte heute zur Pforte begeben, um die der Pforte von dem englischen Botschafter mitgetheilten versöhnlichen Vor⸗ schläge zu unterstützen. Sodann trat ein außerordentlicher Ministerrath zusammen, um diese Vorschläge zu prüfen.

(W. T. B.) Die „VPolitische Korrespondenz“ veröffentlicht einen Artikel, welcher an die von ver⸗ schiedenen Blättern gebrachte Nachricht anknüpft, der zu⸗ folge der ständige Ausschuß der Belgrader Skupschtina sich dem eigenmächtigen Akte der serbischen Armee bezüglich der Proklamirung des Fürsten Milan zum Könige von Serbien zustimmend angeschlossen haben sollte. In dem Artikel heißt es: Alle authentischen Nachrichten stimmen darin überein, daß die legalen Faktoren, Fürst und Regie⸗ rung, in dem Vorgehen der Armee und ihres Kommandanten eine unberechtigte Einmischung in die Politik, ja eine Auflehnung erblicken, aus welcher dem Lande nur Ver⸗ legenheiten, dem Fürsten keinesfalls eine Erhöhung würde erwachsen können. In der That muß es nicht nur für den Kredit des Landes unzuträglich erscheinen, wenn in dem Momente schwerer Verwickelungen Eigenmacht der Autorität in die Zügel greift, sondern es steht auch der bloße Anblick eines nicht siegreichen Feldherrn, der seinem Fürsten die Krone aufdrängt, während die Truppen des Feindes noch Theile des Landes besetzt halten, mit dem Ernst der gegenwärtigen Lage in auffälligem Widerspruch. Trotz dieser Kontraste könnte jedoch das merkwürdige Schauspiel eine ernste Seite gewinnen durch die wach⸗ sende Pression, mit welcher die Urheber desselben sich auf der Bühne behaupten zu wollen scheinen. Es wäre daher im Interesse Serbiens und des Friedens, zu dessen Wiederherstellung man die Hülfe der Mächte nachsuchte, drin⸗ gend zu wünschen, daß man sich in Belgrad und hinter Alexinatz über die mögliche Tragweite einer fortgesetzten De⸗ monstration rechtzeitig klar werde. Die Mächte nahmen das Mediationswerk trotz der Mißerfolge Serbiens auf der Basis des status quo ante bellum in die Hand. Sie können den Ersatz ihrer Aktion durch solches Intermezzo nicht kompromittiren undeinen Zustand herbeiführen lassen, welcher der Pforte gegründe⸗ ten Anlaß bieten könnte, sich jeder Verhandlung mit diesem Lande zu entziehen. Oesterreich⸗Ungarn aber könnte bei dem spe⸗ ziellen Interesse, das die Monarchie als Nachbarstaat an dem Zustandekommen des Friedens hat und gerade wegen der her⸗ vorragenden Weise, in der es sich für die Verbesserung des Looses der christlichen Bevölkerung des Orients verwendete, keinen Zweifel bestehen lassen, daß es auf keinen Fall gesonnen sei, den Königstitel, wenn derselbe dem Fürsten von Serbien aufoktroyirt würde, anzuerkennen und daß alle that⸗ sächlichen Konsequenzen, welche man aus solchem Akte zu ziehen versuchen wollte, entschiedenem Einspruche begegnen müßten. b

Die „Politische Korrespondenz“ veröffentlicht ferner einen längeren telegraphischen Bericht aus Konstantinopel über die seit dem 20. d. fortlaufend stattgehabten diplomatischen Schritte zur Erzielung eines Waffenstillstandes. Nach demselben hat die Pforte gestern schriftlich eine Verlängerung der Waffenruhe um 8 Tage zugestanden, wogegen heute der Pforte die Friedensbedingungen mitgetheilt werden sollten. Bezüglich der letzteren ist außer dem bereits Bekannten hervor⸗ zuheben, daß für Montenegro eine günstige Regulirung der Grenze, für Bulgarien ein selbständiges Exarchat und admini⸗ strative Reformen verlangt werden. 6

Das Wiener „Fremdenbl.“ vom 26. schreibt: „Wir meldeten vor einiger Zeit, daß die Aburtheilung der in Bul⸗ garien kompromittirten Anführer der türkischen Truppen durch eine gemischte Kommission und nicht durch einen türkischen Gerichtshof erfolgen werde; wir sind heute in der Lage, diese Mittheilung dahin vervollständigen zu können, daß der be⸗ kannte Mr. Baring von Seite der türkischen Regierung Sitz und Stimme in der bezüglichen Gerichtskommission erhalten hat. Derselbe wird also nicht, wie der Telegraph meldete, blos die Arbeiten dieser Gerichtskommission zu kontroliren

aben.“ 3 London, 26. Sepember. (W. T. B.) Die Ueber⸗ reichung der vom Ausschuß der Skupschtina beschlossenen Adresse, durch welche Fürst Milan um die Annahme des Königstitels ersucht wird, hat, wie „Reuters Bureau“ aus Belgrad gemeldet wird, nicht stattgefunden und dürfte vor⸗ aussichtlich auch nicht ersolgen, da sich Fürst Milan bestimmt dagegen erklärt hat. 8 8

(W. T. B.) Dem „Reuterschen Bureau“ wird aus Belgrad vom heutigen Tage gemeldet, daß sich der dortige russische General⸗Konsul Kartsoff gestern zu dem Fürsten Milan begeben habe, um ihn darauf hinzuweisen, daß Europa seine Proklamirung zum König von Serbien mit Mißfallen ansehe. Kartsoff habe dem Fürsten angerathen, den General Tschernajeff auf 24 Stunden nach Belgrad zu rufen, um ihm zu erklären, daß er, der Fürst, der Armee für ihre loyalen Gesinnungen, die sie durch seine Proklamirung zum König zu erkennen gegeben hätte, danke, daß er aber keine neuen Verwickelungen durch die An⸗ nahme des Königstitels hervorrufen könne. Inzwischen dauern die Agitationen für die Annahme des Königstitels fort. Emissäre durchziehen das Land, welche Kundgebungen der

Munizipalbehörden zu Gunsten der Proklamirung Milans zum Könige hervorzurufen sucheu.

Paris, 26. September. (W. T. B.) Wie ein dem „Journal des Débats“ zugegangenes Telegramm meldet, hat die serbische Regierung gestern dem General Tschernajeff den Befehl zugehen Lassen, die Waffenruhe bis zum 2. Oktober zu beobachten. 8

Belgrad, 26. September. (W. T. B.) Der Fürst sowohl als seine Regierung sind der Annahme des Königstitels widerstrebend. Fürst Milan hat verschiedenen offiziellen und nicht offiziellen Persoꝛgen gegenüber erklärt, daß er den Degen gezogen habe, seine nunter dem türkischen Joch seuszenden flavischen Brüder zu befreien. Die Erfüllung dieses Wunsches sei ihm werthvoller, als Königtitel und Königskronve.

Ueber die serbische Anleihe in Rußland finden wir folgende Aeußerungen in den russischen Blättern⸗ Die „Neue Zeit“ schreibt: „Man theilt uns mit, daß es mit der serbischen Anleihe schwach gehe. Man möchte es nicht gern glauben. Die ganze Summe der Anleihe ist verhältnißmäßig nicht groß, im Ganzen 3,750,000 Rubel; jede Obligation kostet nur 15 Rubel, in Folge dessen auch kleine Ersparnisse in diesem Papiere angelegt werden können, welches 6 pCt. giebt mit einem Worte: es existiren alle Vorbedingungen, damit die Subskription rasch die ganze Anleihe decke. Indessen es ist nicht der Fall. Diese Thatsache berührt unangenehm. Die serbischen Obligationen finden keinen Absatz.“ G

tatirt, daß die Berechnung der

Auch der „Golos“ kons 8 n 1 Entrepreneure der serbischen Anleihe, die auf die so lebhaft geäußerte Theilnahme des russischen Volkes, der man durch⸗ Placirung seines Kapitals unter gewöhnlichen, recht giünstigen kommerziellen Bedingungen in den serbischen Obligationen einen großen Dienst leisten könne, rechneten, nicht eingetroffen sei. „Die Placirung der genannten Papiere in hiesigen Banken und Banquierskomptoirs geht, wieman uns zu unse⸗ rem nicht geringen Erstaunen mittheilt, so flau, daß die Sub skription noch nicht einmal die eine Million Rube! gedeckt hat, welche der serbischen Regierung auf Rechuung der An⸗ leihe als Avance ausgezahlt worden ist.“

Vom Kriegsschauplatz liegen heute folgende Nach⸗ richten vor: 8

Der Spezial⸗Correspondent der „Times“ bei der tür⸗ kischen Armee telegraphirt aus Nisch vom 23. d. M.: „Gestern Abend um 11 Uhr griff die serbische Infanterie am Brücken⸗ kopf unweit Trajan die Vorposten der Brigade Hassan an. Die ganze Division Suleyman wurde aälarmirt. General Kemball sowie Achmed Eyub und Nedhib Pascha, der Chef des Generalstabes, ritten sofort nach der Brücke. Nach dem ein⸗ gegangenen amtlichen Rapport ist General Kemball zu der Ueberzeugung gelangt, daß der Angriff von serbischer Seite ausging. Das Feuer der Infanterie und Artillerie dauerte etwa eine Stunde. Ein vom rechten serbischen Flügel abge-⸗ feuertes Signal brachte es zu einem Ende.“

Konstantinopel, 26. September. (W. T. B.) Eine neue Verletzung der Waffenruhe seitens der Serben wird vom Generalissimus hierher gemeldet: Die Serben griffen gestern Nacht zuerst an der Brücke, dann längs der Morawa unsere Armee an. Der Kampf währte eine Stunde. Die Serben hatten ihn begonnen, indem sie versuchten, die von ihrer Seite aus unterminirte Brücke in die Luft zu sprengen, was ihnen nur zum kleinsten Theil gelang. Sie fahren fort, auf unsere Truppen auch mit Kanonen von Zeit zu Zeit zu schießen, ohne daß die kaiserliche Armee ihre Herausforderun⸗ gen erwidert.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Septem⸗ ber. Ein hiesiger Korrespondent schreibt der „Pol. Korr.“: In hiesigen offiziellen Kreisen wird wiederholt betont, daß sich die Beziehungen Rußlands zu Oesterreich immer inniger gestalten und der aufrichtige Wunsch beider Staaten, das mörderische Spiel auf der Balkan⸗Halbinsel baldigst be⸗ endet zu sehen, läßt immer wieder die Hoffnung aussprechen, daß es der Diplomatie doch gelingen werde, einen Modus zu finden, der, ohne Rußlands Ehre zu verletzen, auch nicht die Interessen Oesterreichs schädigen würde. 6

25. September. Das „Journal d'Odessa“ zeigt an, daß der Kaiser von Brasilien daselbst am 28. September erwartet wird.

Asien. Japan. Nedo, 20. Juli. Die „Ostasia⸗ tische Zeitung“, das erste hier erschienene deutsche Blatt, hat schon nach wenigen Tagen ihr kurzes Dasein beendet. Die Gründe des Mißerfolges sind jedoch lediglich persönlicher, keineswegs allgemeiner Art. Vielmehr würde eine mit Ge⸗ schick redigirte deutsche Zeitung hier gut bestehen können, da sie einem fühlbaren Bedürfnisse entspräche. Der Mikado ist von einer kurzen Rundreise, die indessen nach japanischer Anschauung ein Ereigniß war, wieder hierher zurückgekehrt. Dieselbe ist meist zur See, unter Eskorte japanischer Kriegs⸗ schiffe, zurückgelegt worden.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Wien, Mittwoch, 27. September, Nachmittags. Aus Belgrad wird hierher gemeldet: General Tschernajeff weigert sich, die türkischerseits zugestandene Verlängerung der Waffen⸗ ruhe anzunehmen. Den hiesigen Konsuln ist einer offizielle Erklärung der Regierung darüber zwar zugesagt worden, bis jetzt ist dieselbe aber nicht erfolgt.

Konstantinopel, Mittwoch, 27. September, Vormittags. Die Antwort der Pforte auf die von den Mächten gemachten Vorschläge wird, wie die „Agence Havas“ erfährt, wahr⸗ scheinlich günstig ausfallen. Es wurde beschlossen, einen aus 30 Muselmännern und 30 Christen bestehenden Reformrath zu errichten. Dieser Rath, welcher durch Wahl gebildet werden soll, wird sich mit den von den Mächten verlangten Reformen beschäftigen. Die Regierung wird die Initiative ergreifen, diese Reformen im ganzen Reiche auszuführen.

¹St. Petersburg, Mittwoch, 27. September. An unseren

Generalkonsul in Belgrad, Staatsrath Kartsoff, ist die Instruk⸗ tion ertheilt, daß er in Bezug auf die Königsproklamirung des Fürsten Milan sich genau der Haltung anzuschließen habe, welche österreichischerseits in dieser Frage beobachtet werde. Die Proklamirung des Fürsten Milan zum Könige kann in keiner Weise gutgeheißen werden und hat in Bezug auf etwaige Vergrößerungsgelüste Serbiens Rußland bereits bei der Zusammenkunft des Kaisers Alexander und des Kaisers Franz Josef in Reichstadt seine bestimmte Position genommen.

Verkehr 8Anstalten.

tew⸗York, 26. Septanber. (W. T. B.), Der Dampfer „Denmark“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagpae (C. Messingsche

Linie) und der Hamburger Postdampfer „Lessing“ sind Nachmittegs

3 Uhr hier eingetroffen. 8