Aus den unter I. c. und VII. im Anhange enthaltenen beiden Listen läßt sich die Schiffsregister⸗Behörde jedes in dem Verzeichnisse aufgeführten Heimathshafens und bezw. Schiffes leicht ermitteln. A 8
Alljährlich erscheinen berichtigte neue Ausgaben dieses Verzeichnisses.
— Ueber die Dauer der Lieferfristen im Güter⸗
transport auf den deutschen Eisenbahnen wird im Publikum, insbesondere im Handelsstande fortdauernd Beschwerde geführt und dabei vornehmlich auf das Beispiel der englischen Eisenbahnen verwiesen, auf welchen in der That — zuverläs⸗ sigen Nachrichten zufolge — die Beförderung der Güter mit ganz erheblich größerer Geschwindigkeit erfolgt. Das Betriebs⸗ reglement für die Eisenbahnen Deutschlands bestimmt im §. 57 eine Expeditionsfrist von 48 bezw. für Eilgut 24 Stunden und eine ebenso große Transportfrist fur je (auch nur ange⸗ fangene) 225 Kilometer als Maximallieferzeit. Sämmt⸗ liche deutsche Bahnen haben dieses Maximum voll für sich in Anspruch genommen. In England sind überhaupt Vor⸗ schriften über die Dauer des Gütertransports — so wenig gesetzliche als reglementarische — erlassen. Darüber, ob die Lieferung im einzelnen Falle zu lange gedauert hat, entscheidet lediglich der Richter unter Berücksichtigung der thatsächlich bestehenden Verhältnisse. Regelmäßig erfolgt die Lieferung von Frachtgut durchschnittlich für eine Entfernung von 200 englischen Meilen = 322 Kilometer in 24 Stunden gegen 6 Tage in Deutschland. Eine noch erheblich raschere Beförderung genießen die zwi⸗ schen den Hauptorten verkehrenden Güter. Findet z. B. die Aufgabe in London nach den Hauptstädten von Lancashire und Schottland im Laufe des Nachmittags statt, so erfolgt die Absendung noch an demselben Abend, die An⸗ unft und die sofortige Bestellung in Manchester (188 englische Meilen) und Liverpool (202 englische Meilen) am nächsten Morgen, in Edinburgh und Glasgow (ca. 400 englische Mei⸗ len) am Morgen des zweiten Tages. Beim Uebergang auf Konkurrenzbahnen und auf Nebenlinien, sowie für Kohlenzüge, übersteigt die thatsächliche Beförderungszeit allerdings diesen Durchschnittssatz. Aber auch für letztere berechnet sich immer noch eine Geschwindigkeit von 130 bis 150 englische Meilen oder ca. 210 — 240 Kilometer per Tag gegen kaum 50 Kilo⸗ meter in Deutschland.
Diese überraschenden Thatsachen haben nun offenbar zu einem guten Theil ihren Grund in manchen Eigenthümlich⸗ keiten des Betriebes und der sonstigen Verhältnisse der eng⸗ lischen Bahnen. Eine verhältnißmäßig kleine Anzahl meist großer Bahngebiete, — eine durch die Massenhaftigkeit der Transporte ermöglichte und benöthigte Theilung nach Güter⸗ sorten, Stationen ꝛc. in Verbindung mit häufiger Einlegung von Extragüterzügen — gänzliche Beseitigung des Lagerns der Stückgüter sowohl beim Versandt als beim Empfang, — größere Fahrgeschwindigkeit der Güterzüge: alles dies sind Umstände, welche den englischen Bahnen eine rasche Beförderung der Güter sehr erleichtern. Wir sollten meinen, daß deßungeachtet den deutschen Bahnen es mög⸗ lich sein würde, „Eilgut“ wenigstens so rasch zu befördern, als auf den englischen Bahnen die ausnahmsweise langsam dan gs Kohlensendungen befördert werden. Wie das deutsche Publikum ein Recht darauf hat, daß die Bahnen ihre Einrichtungen so treffen, daß ihm auch hinsichtlich der Lieferzeit, gemäß der Vorschrift im Art. 42 der Reichsverfassung die Vortheile zu Gute kommen, welche die Verwaltung des deut⸗ schen Bahnnetzes, als eines einheitlichen, mit sich führt, und welche insbesondere auch bei der Erringung des Deutschland naturgemäß gebührenden Transitverkehrs besonders ins Gewicht fallen, so liegt auch eine Verkürzung der Lieferfristen schon vermöge der besseren Ausnutzung der Wagen und der Ab⸗ kürzung der Haftfrist auch im eigenen Interesse der Bahnen.
Wir sind überzeugt, daß die deutschen Bahnen in dieser Beziehung mehr, wenn auch bei der gegenwärtigen Lage der Dinge noch lange nicht das, was in England möglich, leisten können und deshalb auch leisten müssen.
— Durch Allerhöchste Ordre vom 29. Juni d. J. ist die Abänderung des §. 25 Absatz 4 des Pferdeaushebungs⸗ Reglements vom 12. Juni 1875 dahin genehmigt worden, daß den landräthlichen Bureaugehülfen, welche außerhalb des Kreisorts bei der Musterung des Pferdebestan⸗ des und bei der Aushebung der Mobilmachungspferde mit⸗ wirken, Tagegelder mit 5 ℳ für den Tag und Reisekosten mit 30 ₰ für das Kilometer bei Reisen auf dem Landwege, resp. mit 10 ₰ für das Kilometer, neben 2 ℳ für jeden Zu⸗ und Abgang, bei Reisen auf Eisenbahnen und Dampsschiffen zu gewähren sind.
— Nach einem Spezialerlaß des Finanz⸗Ministers und des Ministers des Innern vom 21. Juli d. J. sind die bei dem administrativen Verfahren in Enteignungssachen
entstehenden Kopialien als Auslagen im Sinne des §. 43 des Gesetzes vom 11. Juni 1874 über die Enteignung von Grundeigenthum nicht anzusehen und in Folge dessen von dem Unternehmer nicht zu tragen.
— Die vom 1. Oktober cr. ab zum Besuche der Kriegs⸗ Akademie, Central⸗Turnanstalt und der vereinigten Artillerie⸗ und Ingenieurschule ꝛc. kommandirten Offiziere sind ein⸗ etroffen und hat heute der Unterricht in den resp. Instituten ereits begonnen.
— Der Kaiserlich denesche Gesandte von Schlözer ist nach Washington zurückgekehrt und hat die Leitung der Kai⸗ serlichen Gesandtschaft wieder übernommen.
Der General⸗Lieutenant von Dannenberg, Com⸗ mandeur der 2. Garde⸗Infanterie⸗Division, ist nach beendigtem Urlaub hierher zurückgekehrt, ebenso der General⸗Lieutenant von Kameke, Inspecteur der 1. Fuß⸗Artillerie⸗Inspektion und der Major Kuhlmann vom Großen Generalstabe.
— Der Oberst Krause, Abtheilungs⸗Chef im Großen Generalstabe, und der Hauptmann Villaume vom Großen Generalstabe haben sich gestern in Folge Allerhöchster telegra⸗ phischer Ordre als Deputation des Großen Generalstabes nach Parchim begeben, um der dort stattfindenden Enthül⸗ lungsfeier des für den General⸗Feldmarschall und Chef des Großen Generalstabes Grafen von Moltke errichteten Denk⸗ mals beizuwohnen.
— Der General⸗Major des Barres von der Armee und Direktor der Ober⸗Militär⸗Examinations⸗Kommission ist von Dresden, wohin sich derselbe kürzlich in dienstlichen An⸗ gelegenheiten begeben hatte, hierher zurückgekehrt.
— S. M. Schiffe „Kaiser“ und „Deutschland“ sind am 28. v. M. in Wilhelmshaven außer Dienst gestellt.
S. M. S. „Ariadne“ ist am 27. v. M. von Port Said nach England in See gegangen.
Königsberg, 30. September. In der heutigen Sitzung des Landtages wurde der Provinzialhaushalts⸗ etat pro 1876, in Ausgabe 6,257,000 ℳ, in Einnahme 6,298,741 ℳ 23 Z, unverändert angenommen. Die Etats⸗ überschreitungen der Landarmen⸗Anstalten Tapiau, Allenberg und Angerburg, sowie der westpreußischen Landarmen⸗Direktion pro 1876 wurden genehmigt. In Betreff der Petition wegen der Eisenzölle ward folgende Resolution, den Kommissions⸗ beschlüssen gemäß, angenommen: „Gegenüber den erneuten Agitationen auf Suspension der Bestimmungen des Gesetzes vom 7. Juli 1873 erklärt der Provinzial⸗Landtag der Provinz Preußen: eine Aendexung dieses Gesetzes, namentlich eine Hinausschiebung des Termins für den gänzlichen Wegfall der Eisenzölle, würde die wirthschaftlichen Interessen der Provinz Preußen auf das Schwerste schädigen. Der Provinzial⸗Landtag richtet unter Mittheilung dieser Erklärung an die Königliche Staatsregierung die Bitte: die Königliche Staatsregierung wolle beim Kanzleramte und Bundesrathe des Deutschen Reichs mit aller Entschiedenheit für die volle und unbedingte Aus⸗ führung des Gesetzes vom 7. Juli 1873 eintreten.“
Wiesbaden, 27. September. Die Rede, mit welcher estern der Königliche Kommissar, Ministerial⸗Direktor Dr. Förster aus Berlin, die außerordentliche evangelische Landess ynode für geschlossen erklärte, lautete nach der „Köln. Ztg.“ wie folgt:
Hochwürdige, hochgeehrte Herren! Ihre Arbeit ist ans Ziel ge⸗ langt, Sie haben den Ihnen vorgelegten Entwurf einer Kirchen⸗ gemeinde⸗ und Synodalordnung für den hiesigen Konsistorialbezirk in zwei Lesungen und sechszehn Sitzungen durchberathen. Wenn es auch nicht gelungen ist, in allen Punkten eine Vereinbarung mit der Kirchenregierung zu erreichen, wenn selbst einige wesentliche Punkte als Differenzen übrig geblieben sind, so hindert mich dies nicht, Ihnen für Ihre aufopfernde, hingebende und mühevolle Thätig⸗ keit den Dank der Kirchenregierung auszusprechen. Sie wissen, daß Ihre Beschlüsse nicht entscheidende sind, daß sie den Entwurf nur berathen sollten, und daß dieselben nunmehr zur weiteren Prüfung und Entschließung dem Herrn Minister der geistlichen Angelegen⸗ heiten von mir vorgelegt werden müssen. Wie auch diese Ent⸗ schließung ausfallen mag, Sie können überzeugt sein, daß sie von dem lebhaften Wunsch getragen sein wird, eine Kirchenverfassung für die evangelische Kirche des Bezirks zu Stande zu bringen, die dieser Kirche zum Segen gereicht und ihr die Organe schafft, durch die sie die Möglichkeit zu einer gedeihlichen Fortbildung erlangt.
Bayern. München, 30. September. Die „Allg. Ztg.“ meldet: „Se. Majestät der König hat den im Königlichen Kabinette verwendeten Staatsanwalt Dr. Friedrich v. ster unter Fortdauer dieser Verwendung zum Legations⸗Rath im Staats⸗Ministerium des Königlichen Hauses und des Aeußern zu ernennen geruht. — Zu der sehr großen Zahl hoher fürst⸗ lichen Personen, welche die „Kunst⸗ und Kunstgewerbe⸗Aus⸗ stellung“ in unserem Glaspalaste bisher schon mit ihren Besuchen beehrten, gehört seit gestern auch Ihre Majestät die Königin⸗ Wittwe Maria von Sachsen und Se. Königliche Hoheit der Prinz Carl von Preußen. Die Königin⸗Wittwe
wird heute Abend nach Dresden zurückkehren. — Schon seit einigen Wochen ist man hier mit der Bildung eines ultra⸗ montanen Wahlcomités für die Reichstagswahlen beschäftigt; es ist aber, wie uns versichert wird, trotz allem Bemühen bis heute nicht gelungen, das Comité zu Stande zu bringen.“
— (Köln. — Die ultramontanen Blätter nehmen jetzt einen Anlauf bezüglich der Simultanschulen, nachdem die eigentliche Entscheidung schon durch die Eltern selber gegeben worden. Man beabsichtigt, sich mit einem Proteste an das Kultus⸗Ministerium zu wenden.
Sachsen. Dresden, 30. September. (Dresd. Journ.) Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prin⸗ zessin Georg werden morgen Nachmittags nach München reisen und daselbst einen mehrtägigen Aufenthalt nehmen. — Die Eröffnung der evangelischen Landessynode wird über⸗ morgen (Montag) Mittags 1 Uhr, Namens der in evangelicis beauftragten Staats⸗Minister durch den Kultus⸗Minister im Sitzungssaale der Ersten Kammer erfolgen. Der Eröffnung wird Morgens 9 Uhr ein Gottesdienst in der evangelischen Hofkirche vorausgehen, bei welchem Ober⸗Hofprediger Dr. Kohl⸗ schütter die Predigt hält.
Württemberg. Stuttgart, 30. September. Der König und die Königin sind heute Vormittag wieder nach Friedrichshafen abgereist.
Baden. Karlsruhe, 29. September. Der Groß⸗ herzog hat sich heute fruh nach Baden begeben.
Hessen. Darmstadt, 29. September. Die hiesige Han⸗ delskammer berieth heute wiederholt, über ihre Stellung zum Reichs⸗Eisenbahn⸗Projekt. Der Referent Landtags⸗ Abgeordneter Wolfskehl trat entschieden dafür ein, während andere Mitglieder, worunter auch Bankdirektor Wendelstadt, dasselbe hartnäckig bekämpften, so daß man mit Spannung der am 4. Oktober stattfindenden Schlußabstimmung ent⸗ gegensieht.
ERumänien. Bukarest, 29. September. Der eng⸗ lische General⸗Konsul, Oberst Mansfield, wird heute seine Kreditive dem Fürsten Karl im Bukarester Palais über⸗ reichen. — Der rumänische Agent in Konstantinopel, General Ghika, ist hier angekommen. — Im heutigen Amtsblatte werden die Statuten der Gesellschaft des Rothen Kreuzes von Rumänien durch den Fürsten sanktionirt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 30. Septem⸗ ber. (W. T. B.) Ueber das von Sr. Majestät dem Kaiser Alexander an Se. Majestät den Kaiser Franz Joseph
erichtete, von dem General⸗Adjutanten Sumarakoff direkt aus ivadia überbrachte Handschreiben ist, wie in unterrichteten Kreisen verlautet, eine besondere Kommunikation an das hiesige Ministerium nicht erfolgt. Man hält demnach die vielseitig in der ausländischen Presse verbreiteten Gerüchte über beson⸗ dere Aufforderungen zu einem Kongreß, sowie zu einem mili⸗ tärischen Einschreiten für Vermuthungen, die sich in das Ge⸗ wand des Wissens kleiden. Gewiß ist jedoch für hiesige unter⸗ richtete Personen, daß jede Sendung, die vom Kaiser Alexander direkt ausgeht, nur einen eminent die Herbeiführung des Friedens begünstigenden Charakter haben kann.
(Fortsetzung der Politik in der Ersten Beilage.)
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau. Wien, Montag, 2. Oktober, Vormittags. Nach hier vorliegenden Nachrichten aus Konstantinopel hätte sich der Sultan geweigert, die vom Ministerrathe zu den Frie⸗ densvorschlägen beschlossenen Abänderungen zu unter⸗ zeichnen; die Botschafter Elliot und Graf Zichy wären fortwährend bemüht, eine unveränderte Annahme der Vorschläge der Mächte zu erlangen. — Mehrere hiesige Blätter bestätigen übereinstimmend, daß die Niederlage der Serben an der Morawa am 28. v. Mts. eine sehr schwere gewesen ist und daß die Verluste derselben sich auf mehr als 2000 Mann belaufen.
Paris, Montag, 2. Oktober, Vormittags. Bei den estern in sechs Arrondissements stattgehabten Ersatzwahlen für die Deputirtenkammer wurden 2 Kandidaten der bona⸗ vertifässchen und 4 Kandidaten der republikanischen Partei gewählt.
Belgrad, Sonntag, 1. Oktober, Abends. Nach erner der Regierung vom Kriegsschauplatze zugegangenen Meldung haben die Türken gestern einen Ausfall aus ihren befestigten Stellungen gemacht und die serbische Armee bei Gredetim mit 20,000 Mann und 40 Kanonen angegriffen in der Absicht, derselben die Rückzugslinie abzuschneiden. Nach einem zwölf⸗ stündigen hartnäckigen Kampfe wurden die Türken indessen unter großen Verlusten zurückgeschlagen, während die serbische Armee ihre auf den Höhen innegehabten Positionen behauptete.
Berlin, 2. Oktober 1876.
Die Civil⸗Abtheilung der Königlichen Central⸗ Turnanstalt beging heute Morgen durch eine das Fest ihres fünfundzwanzigjährigen Bestehens. Das Ministerium der
eistlichen ꝛc. Angelegenheiten war bei der Feier durch die Geheimen Ober⸗Regierungs⸗Räthe Wätzoldt und Dr. Schneider vertreten; der Chef der Anstalt, General⸗Major v. Klöden war am Erscheinen verhindert; im Uebrigen hatten sich der Dirigent der Militär⸗Abthei⸗ lung der Anstalt, Hauptmann von Waldow, sämmliche Lehrer der Civilabtheilung, die jetzigen Eleven und solche aus früheren Jahren, sowie zahlreiche Freunde [des Turnens eingefunden. Nach dem ge⸗ meinschaftlichen Gesange des Liedes „Sind wir vereint zur guten Stunde“ sprach der Ober⸗Turnwart Dr. Angerstein der Versamm⸗ lung seinen Dank und seine Freude über das zahlreiche Erscheinen aus und rief ihr ein herzliches Willkommen zu. Im Namen der früheren Ele⸗ ven überbrachte der Schulvorsteher Schobert seine Glückwünsche der An⸗ stalt, die ruhig und rüstig sich weiter entwickeln möge zum Heile des Vaterlandes. Für die Hospitanten ergriff der Gymnasialdirektor Dr. Schottmüller das Wort, um der freudigen Theilnahme derselben einen herzlichen Ausdruck zu verleihen. Prof. Dr. Kloß aus Dresden, Direktor der sächsischen Central⸗Turnanstalt, gratulirte Namens der Schwester⸗ anstalt und der sächsischen Turnvereine, während der Lehrer Krampe im Auftrage des Berliner Turnrathes dessen Wünsche überbrachte. Den zweiten Theil der Feier leitete der Gesang des Liedes: „Ich hab' mich ergeben“ ein, nach dessen Beendigung der erste Civil⸗ lehrer an der Anstalt, Professor Dr. Euler, die Tribüne betrat, um in einem längeren Vortrage eine Geschichte der Anstalt, der verschiedenen Bestrebungen in der Methode des Turnens und ausführliche Notizen über die 792 Eleven gab, die seit dem Bestehen der Anstalt die Civil⸗Abtheilung besucht haben. Die Turnlehrer⸗Prüfung bestanden 900 Männer an der Anstalt; 5 Eleven fanden Anstellung im Auslande, 49 sind gestorben. An 435 höheren und 226 niederen Schulen unterrichten zur Zeit die Eleven der Anstalt. Das Mädchenturnen, das Schwimmen,
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lung und Förderung mit besonderem Eifer betrieben wird. — Im Namen des Ministeriums der geistlichen Angelegenheiten sprach hierauf noch der Geheime Ober⸗Regierungs⸗Rath Wätzoldt einige Worte über die Bedeutung des Turnens und schloß mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König, in das die Versammlung begeistert einstimmte. Der Gesang des Liedes „Frei und unerschütter⸗ lich“ beendete die Feier.
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„München, 28. September. Gestern Abends schloß die Jubi⸗ läumsfeier des Kunst⸗ und Kunstgewerbevereins mit dem programmmäßigen Fackelzug, welcher sich um 7 Uhr unter Be⸗ theiligung vieler Hunderten von Gewerbetreibenden, Künstlern und der Sängergenossenschaft durch die hellerleuchtete Brienner Straße Palais waren imposant illuminirt) nach dem Königsplatz
ewegte, dessen drei altgriechische Kunstbauten (Propyläen, Kunst⸗ ausstellungsgebäude und Pinakothek) in bengalischer Erleuchtung einen prächtigen Anblick boten. Nach Absingung des schwungvollen Walhalla⸗Chors brachte Direktor v. Miller ein Hoch auf die deutsche Kunst aus, und der Zug ging, überall erleuchtete Straßen findend, nach dem Marienplatze, wo er sich auflöste. Aus den hohen Bogen⸗ des alten Rathhaussaales strahlte festlicher Lichterglanz.
eider beeinträchtigte mehrmaliger Regenschauer sowohl die Entwick⸗ lung des Zuges als die mit vieler Mühe hergestellte Illumination. Zum Schlusse der Feier versammelte der schön gezierte altehrwürdige Raum des alten Rathhausbaues die Festtheilhaber zu einer zwang⸗ losen geselligen Unterhaltung, welche unter den Klängen der Hünschen Kapelle, den frischen Weisen der Münchener Sängergenossenschaft und herzlichen Toasten ernsten und heitern Inhalts bis in die späte Nacht währte.
In Genf ist am 28.7† September, Morgens um 9 Uhr, der Kongreß für Heilighaltung des Sonntags eroöͤffnet worden. Seine Sitzungen, welche größtentheils öffentlich sind, sollten vier Tage dauern.
Fechten und die freiwillige Feuerwehr sind Zweige, deren Entwick⸗
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Einen neuen Beweis dafür, wie häufig Briefe verloren gehen oder verspätet ankommen, ohne daß die Post irgend ein Verschulden trifft, liefert folgender Vorfall. Vor Kurzem ist in einem Londoner Dock ein Paket aufgefunden worden, welches daselbst als Fracht⸗ stück fast neun Jahre gelagert hatte und welches, wie sich bei der Eröffnung herausstellte, Briefe enthielt, die dem Führer eines Han⸗ delsschiffs zur gelegentlichen Beförderung übergeben gewesen waren.
Ueber das Schicksal dieses Pakets ist nur soviel ermittelt, daß dasselbe im November 1867 mit dem Schiffe „City of Limerick“ von Rio de Janeiro in London angekommen und im Dock mit der übri⸗ gen Schiffsladung als Frachtstück abgegeben worden war. Weiteres hat nicht festgestellt werden können, da das Schiff inzwischen unter⸗ gegangen, und der Führer desselben gestorben ist.
Theater.
Im Wallner⸗Theater findet bereits angekündigte Benefiz des Frl. Ernestine Wegner in der Posse „Drei Monat nach Dato“ siatt. Bei der großen Beliebt⸗ heit, deren sich das genannte Stück und die treffliche Verkörperung der Hauptrollen durch Frl. Wegner, Hrn. Helmerding und Hrn. Engels zu erfreuen hat, dürfte das Publikum doppelt gern die Gelegenheit wahrnehmen, die Künstlerin an dem Benesizabende durch zahlreiches Erscheinen zu ehren.
morgen, Dienstag, das
Redacteur: F. Prehm. Verlag der Expedition (Kessel). Druck: W. Elsner.
Fünf Beilagen (einschließlich Börsen⸗Beilage),
Berlin:
1 Kais er kehrt heute Abends von Mürzsteg nach Schönbrunn
Erste Beil
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nzeiger und Königlich Preußi
Berlin, Montag, den 2.
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Nichtamtliches.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 29. September. Der zurück. — Der Prinz Peter und die Prinzessin Therese von Oldenburg sind heute Morgens aus Berlin hier angekom⸗ men. — Der regierende Herzog von Sachsen⸗Altenburg ist am 27. d. M. in Innsbruck angekommen und am 28. d. M. nach Seefeld weitergereist. — Der gene⸗ von Bra un- schweig ist gestern nach Braunschweig abgereist.
— Das ‚Fremdenblatt“ schreibt: 1“
Die Mission des Kaiserlich russischen General⸗Adju anten Gra⸗ fen Soumarokoff steht nach wie vor im Vordergrunde der Er⸗ eignisse und die weitgehendsten Kombinationen werden an den In⸗ halt des Schreibens geknüpft, als dessen Ueberbringer Graf Souma⸗ rokoff hier weilt. Es braucht nicht erst ausdrücklich gesagt zu wer⸗ den, welcher Werth derartigen Kombinationen zukommt, die sich ein⸗ zelne Zeitungsorgane, auf ihre vermeintlich guten Nachrichten ge⸗ stützt, selbst aufbauen. Wenn aber versucht wird, die politische und ökonomische Welt durch Derartiges zu alarmiren, so wollen wir doch, auf gute Information gestützt, versichern, daß in der augenblick⸗ lichen Situation 8 . was uns irgendwie für den euro⸗ bäisch rieden bedenklich erschiene. 2 “ des Czars Alexander drückt den festen Willen des russischen Monarchen aus, sich nicht von der Politik des Kaisers Franz Josef zu trennen, es betont gleicherweise ‚den Wunsch, Hand in Hand mit sämmtlichen Mächten des Welttheils die Lösung der obschwebenden Fragen zu suchen. Wir können natürlich nicht für den Wortlaut dieser Sätze feinstehen — entzieht sich doch ein solcher Verkehr de souverain à souverain der Kenntniß⸗ nahme selbst sehr hochstehender Kreise — aber das glauben wir mit aller Bestimmtheit angeben zu können, daß der obenstehende Gedanke, der Gedanke der österreichisch⸗russischen Interessen⸗Gemein⸗ schaft mit aller Präzision in dem Schreiben des Czars enthalten ist, und daß derselbe jede Politik des russischen Egoismus perhorreszirt. Die diplomatischen Pourparlers befinden sich übrigens in einem Stadium, wo von irgend einer über die diplomatische Sphäre hinausreichenden Aktion noch nicht die Rede sein kann. Erst wenn die Verhandlungen in Fensternthn ge nicht zum Ziele führen sollten,
ue Ausgangspunkte möglich sein.
metdes wees 88 1 sich mit dem Gedanken vertraut machen müssen, daß die nächsten Tage uns bereits im Kernpunkt der Krisis angelangt erscheinen lassen und uns die Entscheidung bringen werden. Insoweit die Demarche des Czaren uns auf die Absichten desselben einen Schluß ziehen läßt, sind dieselben eminent friedlich; daß die österreichische Politik von Friedensgedanken getragen ist, weiß man.
— 30. September. Der König von Sachsen ist heute Abends nach Wien zurückgekehrt. Der Kaiser erwartete den hohen Gast auf dem Perron des Südbahnhofes und fuhr mit dem Könige direkt nach dem Nordwestbahnhofe, wo die Ver⸗ abschiedung erfolgte.
— Der General-⸗Adjutant des Kaisers von Rußland, General⸗Lieutenant Graf Soumarokoff⸗Elston reist, wie das „Fremdenbl.“ berichtet, entweder heute Abend oder Sonn⸗ tag früh nach Belgrad. Im Laufe des gestrigen Nachmittags ist der Minister des Aeußern, Graf And rassy, zweimal im
otel Imperial erschienen, um dem Grafen Soumarokoff einen Hofe abzustatten, fand ihn jedoch beide Male nicht anwesend. Der Graf Soumarokoff konferirte Nachmittags mit dem russi⸗ en Botschafter v. Nowikoff und begab sich dann in das schanis des italienischen Botschafters Grafen Robilant, der ihn zum Diner geladen hatte. Auch heute Mittags konferirte der russische Botschafter lange Zeit mit dem Grafen Souma⸗ rokoff im Hotel Imperial. Während der Konferenz erschien der diplomatische Agent Serbiens, Zukics, im Hotel, um den Grafen einen Besuch abzustatten, wurde aber nicht empfangen. — Wie die „Presse“ vernimmt, reisen die diesseitigen Minister nächsten Mittwoch oder Donnerstag nach Pest, um an das Ausgleichswerk die letzte Feile an⸗ zulegen. Behufs rascherer Abwickelung dieser Arbeit hat 88 diesseitige Regierung die Redaktion des Gesetzentwurfes über das Zoll⸗ und Handelsbündniß, die ungarische die Tertirung der Vorlage über die Achtzigmillionenschuld über⸗ nommen. — Pester Blätter melden, das Ministerium des Aeußern werde im Einvernehmen mit den Regierungen beider teichshälften demnächst Schritte thun, damit die für Ende ieses Jahres gekündigte englische Nachtra gs⸗Kon⸗ bention nicht ohne anderseitige provisorische Verfügungen blaufe und bis zum Inslebentreten des neuen Zolltarifs kein ertragloses Verhältniß eintrete. Das Ministerium des Aeußern wird sich mit der englischen Regierung ins Einvernehmen tzen und man hofft, dieselbe werde gern bereit sein, die nöthigen Vereinbarungen zu treffen.
— (W. T. B.) Der österreichische Reichsrath
vird, der „Politischen Korrespondenz“ zufolge, zum 19. Ok⸗
tober einberufen werden. 8 — ] Iltober. Die heutige „Wien. Ztg.“ veröffentlicht das Kaiserliche Handschreiben an den Minister des Innern, Freiherrn v. Lasser, durch welches der Reichs⸗ ath zu Wiederaufnahme seiner Thätigkeit auf den 19. Oktover inberufen wird. ““ 8 (W. T. B.) Das „Telegraphen⸗Korrespondenz⸗Bureau meldet auf Grund authentischer Information, daß Alles, was bisher über die Reise des russischen General⸗Adjutanten Sumarakoff verlautet, auf reiner Kombination beruhe. — Der ungarische Minister⸗Präsident Tisza hat, wie die „Presse“ meldet, aus Wien amtliche Aufklärungen erhalten, nach welchen zwischen den Traktaktmächten vollständiges Ein⸗ erständniß hinsichtlich der orientalischen Frage besteht. Tisza werde morgen eine an ihn gerichtete bezügliche Interpellation n diesem Sinne beantworten. — Prag, 30. September. Am 10. Oktober wird hier die eierliche Installirung der Erzherzogin Marie Christine als Aebtissin des Hradschiner adeligen Damen⸗ Kistes stattfinden. Zara, 30. September. Der Statthalter Baron Rodich und FZM. v. Schmerling, Stellvertreter des Landwehr⸗ Ober⸗Kommandanten, sind heute von den Waffenübungen nach Zara zurückgekehrt. G.Je September. (W. T. B.) Im Abgeord⸗ netenhause sind zwei Interpellationen — über die 80 Mil⸗ ionen⸗Schuld und über die orientalische Frage — angemeldet worden. — Die in der heutigen Sitzung des Abgeordneten⸗ hauses von dem Abg. Chorin an die Gesammtregierung ge⸗
richtete Interpellation betreffs der 80 Millionen⸗ schuld lautet:
„Als die Regierung am 11. Mai die Grundzüge des Ausgleiches darlegte und sich dabei auch betreffs der Bankfrage äußerte, wurde der 80⸗Millionen⸗Bankschuld keine Erwähnung gethan, so daß das Haus sich der Ueberzeugung hingab, die Regierung nehme in dieser Frage denselben Standpunkt ein, wie die bisherigen konstitutionellen ungarischen Regierungen, daß nämlich die Frage der Staatsschulden durch G. A. XV. des Jahres 1867 definitiv geregelt ist. Nun ist durch die Zeitungen die Nachricht verbreitet worden, die ungarische Regierung habe diesen Standpunkt aufgegeben; deshalb fühle er sich bemüßigt, an den Minister⸗Präsidenten folgende Interpellation zu richten: Welche neueren Vereinbarungen sind betreffs der Bankfrage zwischen der ungarischen und cisleithanischen Regierung bei den jüngst in Wien gepflogenen Verhandlungen zu Stande gekommen? Inwiefern berühren die Ver⸗ einbarungen die 80⸗Millionen⸗Bankschuld, welche die im Reichsrathe vertretenen Länder belastet? Hat das ungarische Ministerium Ver⸗ pflichtungen übernommen, welche die Lösung der Bankfrage mit der 80⸗Millionen⸗Bankschuld in Verbindung bringen und dadurch eine neuere Belastung Ungarns nach sich ziehen?“ 8 —
Der Abg. Iranyi richtete folgende Interpellation an den Ministerpräsidenten:
.¹) Sind die von den Blättern mitgetheilten Nachrichten wahr, laut welchen in neuerer Zeit russische Freiwillige, darunter viele in Militäruniform, durch die Donau⸗Fürstenthümer nach Serbien ziehen, und ist es ferner wahr, daß auf demselben Wege auch Kriegsmaterial aus Rußland für die Serben befördert wird? Wenn diese Nachrichten wahr sind, hat es der gemeinsame Minister des Aeußern nicht für nothwendig erachtet, wegen dieser mit der Neutralität und dem inter⸗ nationalen Rechte im Widerspruche stehenden Thatsachen zu re⸗ klamiren? . 8
2) Waren die Russen, die durch Ungarn uach Serbien reisten, sämmtlich Mitglieder des „Rothen Kreuzes“ und bestrebte sich die Regierung, Kenntniß zu erlangen, ob sie, an Ort und Stelle ange⸗ langt, sich thatsächlich der Pflege der Kranken und Verwundeten widmeten? 1““ 1
3) Ist es wahr, daß die St. Petersburger Regierung an den Grenzen des türkischen Reiches Truppenaufstellungen veranlaßt?
4) Welche sind die von den Mächten festgestellten Friedens⸗ bedingungen und haben sich alle Pariser Vertragsmächte denselben
vollständig angeschlossen? Erfolgte zwischen den Mächten eine Ver⸗
einbarung für den Fall, als eine oder die andere der kriegführenden
Parteien die Friedensbedingungen nicht annimmt? 1
5) Was beschloß das gemeinsame Ministerium des Aeußern, was beschlossen die übrigen Mächte hinsichtlich des dem Fürsten Milan von der serbischen Armee angebotenen Königstitels?’
6) Geht der gemeinsame Minister des Aeußern bezüglich der orientalischen Frage im Einvernehmen mit der ungarischen, Regie⸗ rung vor?“ 88
Der Abg. Csernatony richtete folgende Interpella⸗ tion an den Minister⸗Präsidenten: u
„Aus welchem Grunde wurden die auf der Reise nach Serbien begriffenen russischen Unterthanen internirt und dann wieder frei⸗ gelassen?“ “ 1 8
Der Abg. Simonyi richtete folgende Interpellation an den Minister⸗Präsidenten: 1 1 In Hinblick auf die in neuerer Zeit aufgetauchten Nachrichten
zich: 1) Welche neueren Vereinbarnngen kamen zwischen der srach iche, Dn. Alche nbnfecen Regierung hinsichtlich des Voll. und Handelsbündnisses und der zu errichtenden ungarischen Nationalbank zu Stande? 2) Wann gedenkt die Regierung, der Legislative in dieser Beziehung eine Vorlage zu machen?“
Der Minister⸗Präsident zeigte an, daß er sämmtliche Interpellationen im Laufe nächster Woche beantworten werde.
Der Immunitätsausschuß hat heute in An⸗ gelegenheit Mileties eine Sitzung abgehalten, welcher von Seite der Regierung die Minister Tisza und Perczel beiwohnten. Der Ausschuß wählte Horanszky zum Referenten. Emmer warf die Frage auf, ob Miletics jetzt schon aufzufordern wäre, sich zu erklären, ob er von seinem Rechte Gebrauch machen wolle, vom Ausschusse per⸗ sönlich vernommen zu werden. Der Ausschuß wird über diese Frage dann entscheiden, bis der Referent die Akten durchgeprüft hat. Auf eine Interpellation Somonffay's er⸗ klärt der Minister⸗Präsident, daß zwar der einzige Akt der Regierung in dieser Angelegenheit ihre an den Ober⸗Staats⸗ anwalt gerichtete und den Akten beigelegte Zuschrift sei, daß er jedoch allfällig nöthige weitere Aufklärungen mit Bereit⸗ willigkeit geben werde. Der Ausschuß wird die nächste Sitzung in dieser Angelegenheit am 2. k. M. abhalten.
— Das Oberhaus hielt heute nach den Ferien seine erste Sitzung ab. Nach Erledigung der Formalien widmete der Präsident dem verstorbenen Grafen Emerich Miköé einen überaus warm gehaltenen Nachruf. Ein meritorischer Gegen⸗ stand wurde nicht verhandelt.
Belgien. Brüssel, 30. September. (W. T. B.) Das „Journal de Brurelles“ erklärt die Meldung des Journals „Etoile Belge“, daß der Minister des Auswärti gen, Graf d'Aspremont⸗Lynden, zurücktreten und durch den bisherigen Gouverneur von Hennegau, Prinzen von Caraman⸗ Chimay, ersetzt werden würde, für unbegründet.
britannien und Irland. London, 29. Septem⸗ ber. & Eine große Deputation, bestehend aus mehr als 200 Vertretern verschiedener religiöser TTE machte gestern Nachmittags Lord Derby im? uswärtigen Amte ihre Aufwartung, um Klage zu führen über das Seitens der spanischen Regierung gegen die prote⸗ stantischen Genossenschaften beobachtete Verfahren. Das Parlamentsmitglied Sir T. Chambers führte die Deputation ein. Nachdem außer ihm noch einige andere Herren ihre Beschwerden vorgebracht ergriff Lord Derby das Wort und erwiderte im Wesentlichen Folgendes: „Ich halte es für unnöthig, das allgemeine Prinzip, welches bei diesen Ange⸗ legenheiten in Frage kommt, zu erörtern, da über dasselbe wir, und ich darf sagen, ganz England, einer Meinung sind. Es handelt sich nur um die Frage, wie wir unseren à zunsch zur Ausführung bringen können. Der §. 11 der spanischen Verfassung giebt nicht volle religiöse Freiheit, wie wir sie Seine Huresseuns erregte trotzdem in der Kammer heftigen Widerspruch. Es zeigt das, mit welchen Schwierigkeiten ein noch so wohlmeinen⸗ der spanischer Minister zu kämpfen hat. Nun sind die Worte des Artikels se unklar und dehnbar wie möglich. Ich glaube, es würde sehr zur Klärung der Sache dienen, wenn eine maßgebende Erläuterung def 1 petenten spanischen Gerichtshof gegeben würde.
selben durch einen kom⸗ Besonders
würden die Worte „öffentliche Ceremonien oder Kundgebungen“ zu erklären sein. — Was die verschiedenen Beschwerdepunkte angeht, so zerfallen sie in zwei Klassen. Einige der Fälle lassen sich nicht auf den §. 11 beziehen. Nichts steht in demselben, was, wie ich daraus verstehe, die Schließung protestan⸗ tischer Schulen rechtfertigen könnte. Die spanische Regierung theilt scheinbar selbst nicht jene Ansicht. Bezüglich des Vor⸗ ganges in Minorca erhielt ich ein Telegramm unseres Ver⸗ treters in Madrid vom 13. des Inhalts, daß die spanische Regie⸗ rung eine Untersuchung angestellt hat und daß der Gouverneur leugne, eine Schließung protestantischer Kirchen und Schulen be⸗ fohlen zu haben. Derselbe würde streng bestraft werden, wenn seine Schuld bewiesen sei, da ein solches Verfahren direkt gegen §. 11 der Verfassung verstoße. Dennoch würde die spanische Regierung an dem übertriebenen Fanatismus ihrer Unterbehörden nicht schuld sein. Im Falle solcher Verletzung der Gesetze durch die Behörden kann kein Zweifel über unser Recht der Einmischung E Ich glaube aber auch, daß wir ein Recht haben, zu verlangen, daß das Gesetz nicht in einer Weise formulirt werde, welche die Rechte von Ausländern in Spanien beeinträchtigt, da sie unzweifelhaft ermuthigt werden, sich in Spanien anzu⸗ siedeln und ihr Kapital dort anzulegen.“ — Der Minister forderte zum Schluß Diejenigen, welche sich beeinträchtigt glaubten, auf, ihre Angelegenheiten vorzulegen, damit die er⸗ forderlichen Untersuchungen angestellt werden könnten.
— 30. September. Der mit der Einrichtung eines großen Meetings im Hydepark beauftragte Ausschuß hielt eine Sitzung, in der Lord Derby's Antwort an die am Mittag von ihm empfangene Deputation verlesen ward. Danach faßt die Ver⸗ sammlung den Beschluß, „daß dieses Meeting, aus der Rede Earl Derby's erkennend, daß die jetzige Regierung der Selbst⸗ ständigkeit der türkischen Provinzen deutlich entgegen sei, kein Vertrauen habe, die an Sir Henry Elliot ergangenen Anwei⸗ sungen würden sich befriedigend erweisen.“ Ferner ward be⸗ schlossen, daß das Meeting im Hydepark am Sonntag, den 8. Oktober, Nachmittags, gehalten werden soll ohne Bänder und Banner und mit Vermeidung alles dessen, wgs das re⸗ ligiöse Gefühl stören könnte.
— Heute findet die Neuwahl des Lord⸗Mayors von London statt. Dem Vernehmen nach wird dieselbe auf Sir Thomas White fallen.
Frankreich. Paris, 29. September. Das „Journal officiel“ veröffentlicht folgenden bereits telegraphisch seinem In⸗ halte nach bekannten Bericht des Kriegs⸗Ministers an den Präsidenten der Republik in Betreff der Ernennung der Corps⸗ Kommandos: „Laut §. 4 des Art. 14 des Gesetzes vom 24. Juli 1873 über die allgemeine Heereseinrichtung kann der Befehlshaber eines Armee⸗Corps in Friedenszeiten sein Kom⸗ mando nicht länger als drei Jahre behalten, es sei denn, daß er durch ein vom Ministerrath beschlossenes Dekret im Amte bestätigt wird. Da die gegenwärtigen Befehlshaber der Armee⸗ Corps, mit Ausnahme derer vom 9., 10. und 18. Corps, am 28. September 1873 ernannt wurden, ist der Augenblick ge⸗ kommen, über ihre Ersetzung oder ihre Beibehaltung auf den bisherigen Posten eine Entscheidung zu treffen. Der Kriegs⸗Minister glaubt dem Präsidenten den Vorschlag machen zu sollen, diese hohen Offiziere auf ihren Posten zu lassen, weil ihre Ersetzung in einem Augenblicke, da so viele wichtige, unsere militärische Reorganisirung betreffende Fragen in den Armee⸗Corps noch im Studium begriffen sind, nachtheilig wirken könnte.“ Demnach verbleiben als Oberbefehlshaber die Divisions⸗Generale Clinchant beim 1., Montaudon beim 2., Lebrun beim 3., Deligny beim 4., Bataille beim 5., Douay beim 6., Herzog Aumale beim 7., Ducrot beim 8., Espivent de la Villeaboisnet beim 11., de Lartigue beim 12., Picard beim 13., Bourbaki beim 14, Lallemand beim 15., Baron Aymard beim 16., von Salignac⸗Fenelon beim 17. Armee⸗
orps. 1 8 8 30. September. Sämmtlicho Minister wohnten dem heutigen Ministerrath bei. — Der Begnadigungs⸗Aus⸗ schuß nimmt am Montag seine Thätigkeit wieder auf, um sich mit den Gnadengesuchen zu beschäftigen, die dem Präsi⸗ denten Marschall Mac Mahon auf seiner Rundreise überreicht wurden.
Der
General Sezanne ist heute gestorben. — Der Ackerbau⸗ und Handels⸗Minister Teisserene de Bort hat an die Handelskammern folgendes Rundschreiben gerichtet: „Der Minister der aus⸗ wärtigen Angelegenheiten hat erfahren, daß die deutsche Reichsbank nur solche Wechsel diskontirt, welche das Wort „Reichsmark“ mit der richtigen Orthographie tragen. Dieses Institut hat jüngsthin einen Wechsel, der von einem Floren⸗ tiner Hause auf Berlin gezogen war, allein aus dem Grunde zurückgewiesen, weil die darin angegebene Summe als Marc und nicht als „Mark“ bezeichnet worden war. Da diese Nach⸗ richt das handeltreibende französische Publikum interessiren dürfte, so beeile ich mich, dieselbe hiermit zu Ihrer Kenntniß zu bringen.“ 8—
1 —eC Föln. Ztg.) Das Rundschre iben des Conseils⸗ Präsidenten Dufaure, welches demnächst im „Journal officiel erscheinen soll, erregt bereits in klerikalen Kreisen Erbitterung. Der Siegelbewahrer verlangt in seiner Eigenschaft als Kultus⸗ Minister, daß die Geistlichen, wenn sie ihre Gehaltszahlungen pünktlich haben wollen, geregelte Papiere vorlegen sollen; ins⸗ besondere verlangt er von den Geistlichen, welche außerhalb ihrer eigentlichen og. „desservants“ und „vicaires
farre 8 d ants- e fictiks“ wirken, daß sie eine Erlaubniß des Ministers beibringen,
weil ein Pfarrer sich nach dem Gesetz nicht ohne eine solche Erlaubniß auf mehr als 4 Wochen aus seiner Pfarre ent⸗ ernen soll. 8 1. I sechs Departements werden am 1. Oktober Wah⸗ len für die Deputirtenkammer stattfinden und im No⸗ vember wird eine Ersatzwahl für Hrn. Dufaure erfolgen müssen, der lebenslänglicher Senator geworden ist. Im All⸗ gemeinen kann man, wie der „Köln. Ztg. geschrieben wird, voraussagen, daß von den sieben Wahlen zwei für die Repu⸗ blikaner gesichert sind, zwei wahrscheinlich für sie ausfallen werden und drei sehr unsicher sind. (Vgl. die tel. Dep.) — Die klerikalen Blätter be hüfcihen sich viel mit dem Pilgerzug aus Montauban, von wo mehr als dreitausend