p“ * —— dem Provinzial⸗Ausschuß 300,000 ℳ zur Ver⸗ ügung. 1 — 12. Oktober. Der Landtag ist nach Erledigung der ihm gemachten Vorlagen heute durch den Ober⸗Präsidenten geschlossen worden.
Wilhelmshaven, 10. Oktober. (Wes. Ztg.) In der gestrigen gemeinschaftlichen Sitzung der städtischen Kol⸗ legien ist nach einer mehrstündigen Debatte mit 8 gegen 6 Stimmen beschlossen worden, die Stadt Wilhelmshaven zu einer selbständigen Kommune zu erheben.
Bayern. München, 11. Oktober. (Allg. Ztg.) Der König ist vergangene Nacht von Schloß Berg hier eingetroffen und hat heute Nachmittag die Kunst⸗ und Kunstindustrie⸗Aus⸗ stellung mit einem Besuche beehrt. Bei der preußischen Abtheilung beginnend, durchschritt Se. Majestät, unter Füh⸗ rung des Erzgießerei⸗Inspektors von Miller und in Begleitung des General⸗Adjutanten von der Tann, die sämmtlichen Ab⸗ theilungen und widmete allen bedeutenderen Gegenständen eine besondere Besichtigung. Der Besuch des Königs währte über den Tagesschluß der Ausstellung bis zur Abenddämme⸗ rung. — Aus Weiden wird berichtet: Von den 54 Wahlmännern, welche im Bezirksamte Neustadt zu wählen waren, sind 26 liberal und 28 klerikal. Die liberale Partei hat sonach im Vergleich zur vorjährigen Wahl diesmal einen Wahlmann mehr. Durch den Hinzutritt der 34 liberalen Wahlmänner des Bezirksamts Sulzbach und der 20 klerikalen Wahlmänner des Landgerichts Vilseck stellt sich das Stimmenverhältniß aller Wahlmänner des Hauptwahl⸗ bezirks Sulzbach auf 60 liberale gegen 48 klerikale Wahl⸗ männer.
Würzburg, 12. Oktober. (W. T. B.) Der Schwur⸗ gerichtshof hat den Redacteur Dr. Rittler wegen Majestäts⸗ beleidigung zu 6monatlicher Gefängnißstrafe verurtheilt.
Sachsen. Dresden, 12. Oktober. (Dr. J.) Der König und die Königin haben gestern das Hoflager zu Pillnitz verlassen und ihre Villa zu Strehlen bezogen. Heute fand daselbst eine Tafel statt, an welcher der Erz⸗ herzog Karl Ludwig von Oesterreich nebst Gemahlin, Erzherzogin Maria Theresia, sowie der gegenwärtig hier anwesende Kaiserlich österreichische Gesandte zu Brüssel, Graf Chotek, Theil nahmen. — Die evangelisch⸗luthe⸗ rische Landessynode beschloß in ihrer heutigen Sitzung, mehrere Petitionen des Kirchenvorstandes zu Hartenstein um Ertheilung des Expropriationsrechts an die Kirche und um Verbot der Ertheilung des Fortbildungsschulunter⸗ richts in den dem Hauptgottesdienste vorausgehen⸗ den Stunden dem Kirchenregiment zur Erwägung zu über⸗ weisen und trat sodann in die zweite Berathung des Erlasses der in Evangelicis beauftragten Staats⸗Minister, betreffend die neue Eintheilung der Ephoralbezirke, ein. Nach kurzer Diskussion wurde ein Antrag des Bürgermeisters Haber⸗ korn, welcher die Billigung des vorgelegten Planes im Prinzip aussprach, abgelehnt und der bei der ersten Lesung gefaßte Beschluß, jedoch mit einer mildernden Modifikation, wiederholt.
— Das heute ausgegebene 15. und 16. Stück des Gesetz⸗ und
Verordnungsblattes veröffentlicht das Gesetz vom 25. August⸗ T6 Landesimmobiliar⸗Brandversicherungs Anstalt betreffend, und das Gesetz vom 28. August d. J., das Mobilar⸗ und Privat⸗ Feuerversicherungs⸗ wesen betreffend.
Württemberg. Schloß Friedrichshafen, 10. Ok⸗ tober. Der Prinz Sergei Romanoffski, Herzog von Leuchtenberg, ist gestern zum Besuche Ihrer Majestäten hier eingetroffen und hat im Königlichen Schlosse Wohnung genommen.
Stuttgart, 11. Oktober. Die Zweite Kammer nahm heute mit 77 gegen 7 Stimmen den Art. 3 des Gese zes, be⸗ treffend die Verwaltung srechtspflege, an, besagend: „Die höchste landesgesetzliche Instanz für Verwaltungsrechts⸗ sachen bildet der Verwaltungsgerichtshof.“ Gegen den Ar⸗
tikel nahmen im Lauf der Debatte das Wort: v. Sarwey, Wächter, Mohl; für den Artikel der Präsident des Staats⸗ Ministeriums v. Mittnacht, der Staats⸗Minister des Innern v. Sick, v. Schmid, Referent Hohl, Fetzer.
Hessen. Darmstadt, 11. Oktober. Zur Hebung von Zweifeln soll nach dem Antrag des Gesetzgebungsausschusses der Zweiten Kammer in dem neuen Gesetz über die Gehalte der Volksschullehrer die Bestimmung ausdrückliche Auf⸗ nahme sinden, daß die verwittweten Lehrer den verheiratheten hinsichtlich ihrer Wohnungsentschädigungen gleichgestellt sind. — Hinsichtlich der Anforderung der Regierung auf Bewilli⸗ gung von jährlich 50,000 ℳ zur Aufbesserung der Pen⸗ sionen der vor dem Erlaß der neuen Pensionsgesetze in den Ruhestand versetzten Staatsdiener ist die Erste Kammer der Stände dem desfallsigen Beschluß der Zweiten Kammer auf Verwerfung der Anforderung nach dem Antrag ihres Ausschusses zwar mit 12 gegen 3 Stimmen beigetreten, hat dagegen mit 14 gegen 1 Stimme beschlossen: daß der Regie⸗ rung eine Summe von jährlich 25,000 ℳ für die Finanz⸗ periode 1876 bis 1878 zur Verfügung gestellt werde, um daraus Unterstützungen an vor Erlaß der neuen Pensions⸗ gesetze in den Ruhestand versetzte Staatsdiener zu gewähren, welche einer solchen nach ihren Verhältnissen bedürftig sind und sich in ihren früheren Dienstverhältnissen einer Unterstützung würdig bewiesen haben, wobei die Verwilligung an die Einzelnen nur innerhalb der von der Regierung in ihrer Proposition bezeichneten Grenze stattzufin⸗ den hätte. Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer geht nach dem von dem Abg. Königer erstatteten weiteren Be⸗ richt davon aus, daß keineswegs eine Nothwendigkeit vorliege, in Konsequenz des Beschlusses des früheren Landtages nund einen ähnlichen zu fassen, schon darum nicht, weil die frühere Bewilligung nur den Charakter einer provisorischen hatte bis zur definitiven Regelung mittelst einer zugesagten Vorlage Seitens der Regierung, die nun erfolgt und über welche nun definitiv zu beschließen ist. Der Finanzausschuß der Zweiten Kammer beantragt hiernach, die Kammer wolle dem erwähnten Beschlusse der Ersten Kammer nicht beitreten.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 11. Oktober. Die
Ausgleichsverha ndlungen zwischen den Regierungen beider Reichshälften sind als definitiv beendet anzu⸗ sehen. Nachdem sämmtliche noch in der Schwebe ge⸗ bliebene Detailfragen gelöst wurden, haben — Pester Mel⸗ dungen zufolge — die beiden Regierungen folgende Gesetz⸗
entwürfe vereinbart und ausgearbeitet: 1) Den Gesetzentwurf über die Austragung der Divergenz bezüglich der Achtzig⸗ Millionen⸗Schuld, welcher den beiden Parlamenten gleich⸗ zeitig mit den übrigen Ausgleichsvorlagen unterbreitet werden wird. 2) Den Gesetzentwurf über die Verpflichtungen der in beiden Theilen der Monarchie operirenden Aktiengesell⸗ schaften, welchet dem 822 und ndelsvertrage angefügt werden wird. 3) Den Gesetzentwurf über die Guote der gemeinsamen Ausgaben, in welchen auch die neuen Bestimmungen über die Zoll⸗Restitution aufgenommen wurden. Dieser Gesetzentwurf wird den Deputationen der beiden Par⸗ lamente vorgelegt werden. Die Regierung geht nämlich von der Ansicht aus, daß die Prozedur bezüglich der Vereinbarung des Quotenverhältnisses dieses Mal die nämliche zu sein hat, wie im Jahre 1867, da es sich nicht um die Verlängerung, sondern um die Erneuerung der betreffenden Ausgleichspartie handelt. Es werden sonach auch jetzt Regnicolar⸗Deputationen entsendet werden, denen der von den Regierungen vereinbarte Gesetzentwurf als Substrat vorgelegt wird. Endlich 4) den Gesetzentwurf über die Verzehrungssteuer, eigentlich die zwei Gesetzentwürfe über die Zucker⸗ und über die Spiritus⸗ steuer. Alle diese Gesetzentwürfe werden den beiden Parla⸗ menten gleichzeitig und gleichlautend zur Verhandlung unter⸗ breitet. — Schließlich wurde noch der modus procedendi bezüglich der Bankfrage festgestellt. Nachdem die beiden Regierungen über die Frage vollständig einig sind und auch die Details der künftigen Bankorganisation erledigt haben, wird nunmehr das betreffende Elaborat der Leitung der öster⸗ reichischen Nationalbank mit der Aufforderung mitgetheilt werden, daß sie sich darüber äußern möge, ob sie auf Grund der festgestellten Organisation geneigt ist, sich um das Privilegium für die beiden Institute zu bewerben.
— Bezüglich des Standes der Verhandlungen über die Handelsverträge mit den auswärtigen Staaten be⸗ richtet der „Pester Lloyd“, daß zunächst die Verhandlungen mit dem Deutschen Reiche im Zuge sind, betreffs welcher eine möglichst frühzeitige Vereinbarung angestrebt wird. Italien hat die Kündigung des Handelsvertrages zurückgezogen, das Verhältniß bleibt sonach bis zum Ablauf der Vertragszeit un⸗ verändert. Mit England wurde ein einjähriges Provisorium vereinbart. Wegen einer gleichen Vereinbarung mit Frank⸗ reich sind Verhandlungen im Zuge, die schon demnächst zum Abschlusse gelangen dürften.
— Die österreichischen Minister kehren erst heute aus Pest zurück. Morgen Vormittag findet, wie das „Fremdenbl.“ er⸗ fährt, ein Ministerrath statt, welchem die in der ungarischen Hauptstadt beiderseits vereinbarten Gesetzentwürfe zur Beschluß⸗ fassung werden unterbreitet werden.
Lemberg, 9. Oktober. nächsten Tagen die Konferenzen in der Angelegenheit der Weichsel⸗-Regulirung in Gegenwart russischer und öster⸗ reichischer Funktionäre eröffnet werden. Oesterreichischerseits sollen zu denselben der hiesige Ober⸗Baurath Dr. Tomek sowie ein Beamter des Handels⸗Ministeriums delegirt werden.
Schweiz. Bern, 11. Oktober. (N. Zürch. Ztg.) Die Einnahmen der Postve⸗waltung betragen für das Jahr 1876 9,714,923,07 Fr. gegade 9,742,273,38 Fr. im Jahre 1875.
Großbritannien und Irland. London, 11. Oktober. (E. C.) Der Lord⸗Kanzler verließ gestern Balmoral, um nach dem Süden zu gehen. — Die Lords der Admirali- tät haben gestern die Sheerneß Docks besichtigt und kehr⸗ ten darauf nach London zurück. — Die englischen Blät⸗ ter erwähnen sämmtlich mit anerkennenden Worten für seine wissenschaftliche Thätigkeit dn Tod Pertz's. — Der Feld⸗ marschall, Marquis von Tweeddale, starb gestern im Alter von 89 Jahren. Der verstorbene Pair, welcher in die Armee vor 72 Jahren eintrat, vererbt seinen Titel an seinen Sohn, Viscount Walden, Präsidenten der Königlichen zoolo⸗ gischen Gesellschaft. — Die katholische Universität in
Kensington, London, zählt gegenwärtig 42 Studenten. — Von verschiedenen Stellen her werden arge Verheerungen
durch heftige Regengüsse und Ueberschwemmungen gemeldet.
— Ein Telegramm aus Gibraltar vom 10. ds. mel⸗ det: Lord Napier von Magdala gandete hier heute früh um 9 Uhr unter den Salutschüssen des Kanalgeschwaders. Nachmittags leistete Se. Excellenz den Amtseid als Gouver⸗ neur von Gibraltar. Um 3 Uhr hielt er eine Levée, wobei ihm eine Adresse der Einwohnerschaft überreicht wurde.
Canada. Aus Ottawa wird unterm 9. d. Mts. gemeldet: Das canadische Parlament ist abermals ver⸗ tagt worden und zwar bis zum 27. d. Mts. Der Gouver⸗ neur von Manitoba hat einen vortheilhaften Vertrag mit den Sascatchaawan⸗Indianern abgeschlossen.
Frankreich. Paris, 11. Oktober. Das „Journal officiel“ meldet: „Die Zahl der jungen Leute, die für den einjähri⸗ gen Freiwilligendienst von 1876 eingeschrieben sind, be⸗ trägt 10,898, wovon 2480 Baccalaureaten und Zöglinge höherer Schulen waren und 8419 die vorgeschriebenen Prü⸗ fungen zu bestehen hatten. Nur 8033 haben sich bei den Prüfungen eingestellt und 7285 dieselben bestanden. Das Examen war schwerer als das von 1875. Um es zu bestehen,
mußten 35, statt der früheren 31 Fragen beantwortet
sein.“ — In Algier werden gleich nach der Ankunft des
Generals Chanzy, der sich heute in Marseille einschiffte, am Freitag unter seinem Oberbefehl die großen Manöver der algerischen Truppen beginnen. An denselben werden sich be⸗ theiligen die vier Zuaven⸗Regimenter, die drei Turcos⸗Regi⸗ menter, die drei Bataillone Zephirs, die Fremdenlegion, sechs Jäger⸗Bataillone zu Fuß, vier Jäger⸗Regimenter zu Pferde, die drei Spahis⸗Regimenter, zwei Husaren⸗Regimenter und zwei Ar⸗ tillerie⸗Regimenter. Die Manöver werden drei Tage dauern. — Der General Letellier⸗Valazé, Senator auf Lebenszeit, ist heute in Folge einer Blasenoperation gestorben. Letellier⸗ Valazé wurde, der „Köln. Ztg.“ zufolge, am 18. April 1812 geboren, trat 1830 in die Armee und machte alle Feldzüge seit jener Zeit mit. 1848 war er Adjutant des Generals Cavaignac und 1849 Adjutant des Generals Changarnier. Am Krim⸗ kriege wie an den Kämpfen in Italien nahm er thätigen An⸗ theil und wurde dann nach Mexiko gesandt, kehrte nach der Niederlage des Generals de Lorencez vor Puebla nach Frankreich zurück. Beim Beginn des Krieges 1870 erhielt er eine Brigade im Corps des Ge⸗ nerals Frossard. Aus der Gefangenschaft zurückgekehrt, ernannte ihn Hr. Thiers zum Unter⸗Staatssekretär im Kriegs⸗ Ministerium. Später wurde er zum Divisions⸗General und Kommandanten in Rouen ernannt. Am 16. November 1873
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zum Mitglied der Nationalversammlung und Ende 1875 zum
In Warschau werden in den
lebenslänglichen Senator erwählt, bvaßm er seinen Platz im linken Centrum. Es ergiebt sich, daß bei den am Sonntag vollzogenen Bürgermeisterwahlen vier Fünftel der im Amt befindlichen Maires wiedergewählt wurden; fast alle unter der jetzigen Verwaltung an die Stelle der unter Broglie und Buffet ernannten Maires wurden wiedergewählt. — Der Kardinal⸗Erzbischof von Paris ist gestern nach Rom abgereist, um sich, wie die „Köln. Ztg.“ mittheilt, mit dem Vatikan über die Politik zu benehmen, die bei dem Wiederbeginn der Session in Frankreich von den Klerikalen befolgt werden sorll. — Das 1859 von Guséroult gegründete Blatt, die „Opinion Nationale“, hört am 15. Okkober auf; seine Abonnenten gehen auf das „Siecle“ über. — Die indirekten Steuern haben im vergangenen Monat wieder über 10 Millionen Frs. mehr eingetragen, als der Vor⸗ anschlag im Budget annahm.
Italien. Rom, 11. Oktober. (Ital. Nachr.) Mehrere Journale versichern, daß an der Stelle des Generals Bertholé Viale der General Pianell zum Chef des Generalstabes ernannt werden wird und daß die zwei Generäle, Nun⸗ ziante, Herzog von Mignano, und de Sonnaz wieder in den aktiven Dienst treten werden. — Der am 9. d. M. eröffnete dritte italienische Katholikenkongreß in Bologna hat von Seiten der Bevölkerung eine Gegendemonstration her⸗ horgerufen. Um die Unordnungen zu vermeiden, welche man allgemein für den Fall der Fortdauer der Versammlung vor⸗ aussah, haben, wie schon telegraphisch gemeldet, die Behörden die Schließung des Kongresses angeordnet. — Der Papst hat einer besonderen Kongregation von Kardinälen verschiedene Denkschriften vorlegen lassen, welche festzustellen bezwecken, daß die Bischöfe in Italien das Exequatur fordern können und sollen. Die Meinungen sind getheilt, die Mehrheit ist dagegen, gleichwohl wird die Frage einer nochmaligen Untersuchung unterworfen werden.
Griechenland. Die Nr. 797 der Triester griechischen Zeitung „Klio“ bringt eine Korrespondenz aus Athen, der wir Folgendes entnehmen: Am 20. September (2. Oktober) wurde durch den Premier⸗Minister Kumunduros die König⸗ liche Verordnung verlesen, kraft welcher die hellenische Kammer als eröffnet erklärt ward. Heute begann nunmehr auch der Prozeß gegen das Ministerium Bulgaris. — Die gestern abgehaltene Volksversammlung, der unter dem Vorsitze des Rektors der Nationaluniversität gegen 8000. Bürger beiwohnten, nahm einmüthig die folgenden Be⸗ schlüsse an: „1) Die Regierung wolle den Mächten die nöthigen Vorstellungen machen betreffs der in der Türkei gegen unsere Brüder verübten Ungerechtigkeiten, sowie wegen der einseitigen Einführung der autonomen Verwaltung bei den Slaven allein, 2) die Regierung wolle aufs Nachdrücklichste die Organisation der Land⸗ und Seemacht des Landes in Erwägung ziehen. Dieser Beschluß soll der Regierung von einem Ausschuß überreicht werden, der
vom Metropoliten, dem Rektor der Universität, den Präfekten
von Athen und vom Piräeus und dem Hrn. Damaläs als Schriftführer gebildet ist.“ Diesem Ausschuß gegenüber äußerte sich der Premier⸗Minister in folgender Weise:
„„Die Regierung theilt Ihre Ansichten über die Bewaffnungs⸗ frage und ist aufs Aeußerste bestrebt, Ihren Wünschen nachzu⸗
Zur Ausführung aber eines so wichtigen Werkes muß das Volk auch große Opfer bringen. Die Regierung wird der Kammer Gesetzentwürfe vorlegen, kraft welcher die Entwicklung der Land⸗ und Seemacht als die unverrückbare Grundlage der nationalen Politik hingestellt werden soll. Hellas hat mehr der Klugheit als dem Gefühl gehuldigt, gleichwohl aber der europäischen Politik die schuldige Achtung gezollt; aber es kann nicht die Bande des Blutes, die es mit allen Hellenen verbinden, so ohne Weiteres der Ver⸗ gessenheit übergeben. Unsere Geschichte lehrt, daß das Gefühl, so oft es die Stelle der Klugheit einnimmt, der öffentlichen Ordnung und inneren Entwickelung immer nur geschadet hat. Die hellenischen Eparchien haben sich bis jetzt sämmtlich ruhig verhalten, denn sie bauten fest darauf, daß man ihre Rechte und ihre Leiden im Auge behalten würde. Die Türkei selber erkennt die Nothwendigkeit gründlicher Reformen an. Hoffen wir also, daß die Einsicht der Türkei und die Philanthropie Europas uns der Nothwendigkeit überheben werden, ihnen nahe zu legen, daß wenn die Pforten der Gerechtigkeit nicht von selber geöffnet werden, sie mit Gewalt gesprengt werden müssen.“
kommen.
Türkei. Konstantinopel, 11. Oktober. Die Na⸗ tionalversammlung der Armenier im türkischen Reiche hat, wie dem Wiener ‚„Fremdenblatt“ von hier berichtet wird, beschlossen, der Pforte ein Memorandum überreichen zu lassen, in dem sie sich über die ihren Brüdern in einigen Theilen des Reiches widerfahrene Unbill beklagen und zu⸗ gleich auch fordern wird, daß die für nur einige türkische Probinzen vorgeschlagenen Reformen auf das ganze Reich ausgedehnt werden. Eine französische Uebersetzung dieses Memorandums wird auch sämmtlichen Großmächten Europas zugesendet werden.
— 13. Oktober. (W. T. B.) Die Pforte hat sicherem Vernehmen nach im Wesentlichen folgende Waffenstill⸗ standsbedingungen gestellt: Es sei zu verhindern, daß die gegenwärtig von den Türken besetzten Stellungen durch die Serben eingenommen werden, jede Einfuhr von Waffen und Munition in die beiden Fürstenthümer sei zu verbieten, der Zuzug ausländischer Freiwilliger sei in wirksamer Weise zu verhindern, endlich sei beiden Fürstenthümern zu untersagen, daß den benachbarten aufständischen Provinzen irgend welche Hülfe geleistet werde. — (W. T. B.) Die Pforte hat den hiesigen Reprä⸗ sentanten der fremden Mächte eine Mittheilung zugehen lassen, in welcher die neuen Institutionen aufgezählt und entwickelt werden, welche der Sultan im türkischen Reiche einführen will. Die erste derselben ist eine gesetzgebende Ver⸗ sammlung, deren Mitglieder von den Einwohnern der Haupt⸗ stadt und der Vilajets gewählt werden. Dieselbe soll in Konstantinopel alljährlich während dreier Monate tagen, das Budget des Reiches und die Steuern feststellen, sowie die neuen Gesetzentwürfe berathen. Außer dieser Ver⸗ sammlung wird noch eine andere geschaffen werden, welche den Wirkungskreis eines Senates haben wird. Gegenwärtig tagt bei der hohen Pforte eine Kommission von hohen musel⸗ männischen und christlichen Würdenträgern unter dem Vorsitz Midhat Paschas, welche ein Gesetz ausarbeitet, durch welches die Funktionen der beiden großen staatlichen Körperschafte näher bestimmt werden. Ebenso beschäft mission mit einem Gesetzentwurf,
nisation der Provinzialverwaltung. Diese Reorganisation wird zunächst alle diejenigen Bestimmungen zur bringen, welche das Gesetz über die Vilajets enthält un sodann sich darauf richten, das Wahlrecht in großem Maß⸗ stabe auszudehnen. Gleichzeitig sollen die Reformen ausge⸗ führt werden, welche für Bosnien und die Herzegowina ver⸗ langt worden sind. Bezüglich der künftigen Provinzial⸗ verwaltung wird dann hervorgehoben, daß die General⸗ räthe der Provinzen über die Ausführung der Ge⸗ setze und Bestimmungen wachen sollen. Während der
diese Generalräthe nicht tagen, sollen die
Zeit, in der b 8 — * xekutivbeamten durch Beamte der Verwaltung kontrolirt
werden, welche von der Bevölkerung gleich den Generalräthen gewählt werden. Am Schlusse der Mittheilung wird bemerkt, daß diese vom Sultan in Aussicht genommenen Institutionen den Wünschen entsprächen, welche in dieser Hinsicht von den Mächten geäußert wären und daß dieselben die Garantien einer guten Verwaltung böten und eine gründliche Besserung derselben herbeiführen würden.
Pera, 12. Oktober. (W. T. B.) Die Pforte hat, wie aus hiesigen unterrichteten Kreisen verlautet, den Abschluß eines Waffenstillstandes bis zum 15. März k. J. beantragt, die Großmächte ersucht, behufs Regelung der Details Offiziere zu delegiren und die türkischen Komman⸗ danten beauftragt, sich mit Letzteren, sowie mit den serbischen und montenegrinischen Kommandanten ins Einvernehmen zu setzen. Die Demarkationslinie soll auf der Grundlage des uti possidetis festgestellt werden, doch ist die Türkei bereit, ihre Positionen in Serbien zu räumen, falls die serbische Regierung sich verpflichtet, dieselben nicht zu besetzen.
Wien, 13. Oktober. (W. T. B.) Die Pforte hatte, wie die „Presse“ meldet, bis gestern Abend die Bedin⸗ gungen für den Waffenstillstand den Mächten noch nicht offiziell mitgetheilt, dagegen denselben vertraulich er⸗ öffnet, daß sie, wie bereits gemeldet, gewillt sei, einen Waffen⸗ stillstand bis zum 15. März 1877 abzuschließen. Die Aus⸗ einandersetzung wegen der nöthigen militärischen Arrangements ist, wie der „Presse“ bestätigt wird, den Großmächten zuge⸗ schoben worden, welche deshalb Offiziere auf den Kriegsschauplatz entsenden sollen. Die Pforte verlangt, demselben Blatte zufolge, ferner, daß Serbien und Montenegro sich nicht weiter in die Insurrektion der ihnen benachbarten Provinzen einmischen und daß die Mächte in Erwägung ziehen sollen, wie der Zu⸗ gang fremder Soldaten nach Serbien zu verhindern sei. Alle diese Forderungen seien indessen, wie die „Presse“ hinzufügt, nicht peremptorisch gestellt, sondern in Form eines Wunsches. — Die Nachricht hiesiger Blätter, wonach die Großmächte be⸗ reits erklärt hätten, den von der Pforte verlangten Waffen⸗ stilltand nicht annehmen zu können, ist, bestem Vernehmen nach, unrichtig.
Serajewo, 4. Oktober. (Pol. Corr.) Nazif Pascha ließ den Einwohnern der Hauptstadt des bosnischen Vilajets verkündigen, daß die Steuern für ein Jahr erlassen, für fer— nere zwei Jahre bedeutend herabgesetzt werden, daß die Re⸗ gierung die Gemeindeverwaltung in die Hände des Volkes legen und nächstens eine Versammlung von Optimaten ein⸗ berufen werde, welche die dringlichsten Bedürfnisse der Regie⸗ rung zu bezeichnen haben werden, und endlich, daß die Kriegs⸗
steuer nicht länger eingehoben werden soll. Trotz aller so oft⸗
maligen Enttäuschungen, welche die christliche. Bevölkerung Bosniens mit den nie mangelnden Regierungszusagen erlebt hat, schöpft sie in Folge der neuesten Verkündigung doch wieder die Hoffnung, daß vielleicht doch bessere Tage für sie angebrochen seien.
Der französische General⸗Konsul Mr. Devienne bereiste im Auftrage seiner Regierung das bosnische Vilajet und ver⸗ weilte namentlich längere Zeit an der Drina. Er überzeugte sich, daß der Aufstand räumlich sehr beschränkt sei und daß Oberst Despotovies nur im Banjaluker Kreise einige kleine Ortschaften besetzt hält. Dagegen schilderte er die sonstige Lage der bosnischen Bevölkerung, ohne Unterschied der Religion, in den düstersten Farben. Große Maßregeln seien noth⸗ wendig, um den Bosnien drohenden gänzlichen Ruin abzu⸗ wenden.
Nazif Pascha hat den Befehl erhalten, starke Garnisonen nach Travnik, Banjaluka und Kostajnica zu verlegen. Die Ursache dieser Verfügung ist in dem Entschlusse der Regie⸗ rung zu suchen, den Erzessen der Mohamedaner mit kräftiger Hand zu begegnen. In den genannten Orten treibt der mo⸗ hamedanische Fanatismus, welcher stets als ein Damokles⸗ chwert über der christlichen Population schwebt, seine üppig⸗ sten Blüthen. Der Vali hat die Absicht, dieses turbulente Element etwas weniger sanft anzufassen, damit er die Pro⸗ vinz so rasch als möglich vollständig pacifiziren könne, wozu aus Konstantinopel neuerlich wieder der Auftrag gewor⸗ en ist.
Msgr. Antim, der Metropolit von Bosnien, will im D zember eine Kirchenversammlung abhalten, wozu er die Eit vwilligung der Pforte ansuchte.
Janina, 3. Oktober. Von Konstantinopel ist, der „Pol. Corr.“ zufolge, die Ordre zur Vornahme einer Re⸗ krutirung für das stehende Heer hier eingetroffen. Ueber⸗ dies müssen alle Klassen der Redifs einberufen werden. Die Rekruten wie die Reservisten werden vorläufig nach Monastir beordert, wo sie equipirt werden und in Garnison bleiben sollen. Der Rekrutirung müssen die Derwische und Mollahs vorarbeiten, indem sie fast täglich über die Glückseligkeit pre⸗ digen müssen, welche die Streiter für den Glauben im Him⸗ melreich erwartet. Dieses Mittel versagt noch immer seine Wirkung nicht. — Von den angesiedelten Tscherkessen hört man noch immer einzelne Mordthaten und Räubereien. Alle dieserhalb nach Konstantinopel gerichteten Klagen haben bisher nur die stereotype Antwort zur Folge gehabt, daß die strengsten Maßnahmen zur Erhaltung der öffentlichen Sicher⸗ heit zu ergreifen seien.
Belgrad, 9. Oktober. Der „Pol. Corr.“ wird von hier geschrieben: Die Lage Serbiens wird immer ernster. Die reichsten Kreise des Landes waren unstreitig diejenigen, welche seit Juli dieses Jahres der Kriegsschauplatz sind. Die Tabakkultur in Aleksinacer Bezirke verhalf den Einwohnern jener Gegend zu einer wirklichen Wohlhabenheit, indem die dortige Produktion den Gegenstand eines ausgebreiteten Han⸗ dels im ganzen Fürstenthume bildete. Saitschar und Knjaze⸗ watz waren die Kornkammern Serbiens und betheiligten sich am Exporte ganz wesentlich. Gerade aber diese beiden Kreise haben unter der Kriegsgeißel am meisten gelitten und wird der Finanz⸗Minister den Ausfall an Steuern für Jahre hin⸗ aus schwer empfinden. Der Wohlstand ist aber auch im ganzen
ande in bedenklichem Schwinden begriffen. Jetzt rückt die Zeit
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der Steuererhebung heran. Am St.⸗Demetrius⸗Tage (26. Ok⸗ tober a. St.) wird eine halbjährige Steuerrate fällig. Man kann mit Sicherheit behaupten, daß von den 2 ½ Millionen Gulden, die gewöhnlich um diese Zeit in die Staatskasse fließen, diesmal nicht 50 Proz. eingebracht werden dürften. Die Zölle weisen gleichfalls ein sehr ansehnliches Defizit gegen das Vorjahr aus. Die finanziellen Schwierigkeiten, mit wel⸗ chen die Verwaltung schon jetzt zu kämpfen hat, sind enorm und eine Steigerung derselben wird nur die unausweichliche Folge der Situation sein.
Ein ehrenhafter Friede wäre der beste Ausweg aus dieser Lage. Ein großer Theil der Nation spricht sich auch dafür aus. Es ist Grund vorhanden, anzunehmen, daß in Regie⸗ rungskreisen dieser Wunsch getheilt wird.
Belgrad, 10. Oktober. Wie die „Wien. deutsche Zeit.“ mittheilt, hat Fürst Milan im Einverständniß mit der Re⸗ gierung offiziell allen Behörden verboten, den Königstitel in irgend einer Weise zu gebrauchen.
— Vom serbisch⸗türkischen Kriegsschauplatze liegen folgende Nachrichten vor: 1
Während die Nachricht von der Einberufung der wehr⸗ fähigen Männer Serbiens bis zum fünfzigsten Jahre durch die „Daily News“ bestätigt wird, widerspricht dieses Blatt der Nachricht, daß die serbische Timok⸗Division die Offensive ergreifen werde. „Vielmehr habe Osman Pascha mit 20,000 Mann von Säitschar aus die Offensive ergriffen, aber es sei noch nicht bekannt, ob er eine direkte Bewegung in das Morawa⸗ thal via Lukovarmachen oder via Knjazewatz marschiren wird, um sich einen Weg durch den Banjapaß zu bahnen und den Serben in die linke Flanke zu fallen. Man erwartet, die Türken vor Alexinatz werden einen Unterstützungsangriff machen, um General Tschernajeff an der Abwehr Osman Paschas zu verhindern. Diese Bewegung sieht in Verbindung mit denjenigen, die, wie verlautet, in Vischegrad und Bjelina beabsichtigt werden, wie eine Wiederbelebung des ursprüng⸗ lichen türkischen Angriffsplanes aus“.
Pescanica, 11. Oktober. Der Wiener „N. fr. Presse“ wird von hier telegraphirt: Die Situation ist vollkommen unverändert. Gestern traf der türkische Militär⸗Attaché in Wien, Izzed Bey, hier ein.
— Eine Depesche vom türkisch⸗montenegrinischen Kri egsschauplatze lautet: 1
Wien, 12. Oktober. (W. T. B.) Der Kampf bei Spuz am 9. d. hat, wie die „Politische Korrespondenz“ aus Cattaro von heute meldet, einen für die Montenegriner un⸗ günstigen Ausgang genommen. Die Türken drangen bis eine halbe Meile nördlich von Spuz vor, bemächtigten sich der Positionen der Montenegriner, die sich auf den dortigen An⸗ höhen befanden und verschanzten sich daselbst. Ebenso haben die Türken bei Klobuk, Zaslap und Grancarevo stark ver⸗ schanzte Stellungen eingenommen. Ihre Verbindung mit Trebinje ist gesichert, dort nehmen indeß beide Theile noch ihre früheren Stellungen ein.
Rumänien. Jassy, Anfangs Oktober. Der an Stelle des abberufenen Pastors Riep zum Pfarrer der deut⸗ schen evangelischen Gemeinde in Jassy ernannte Pre⸗ diger Ferdinand Pein ist am 24. September d. J. in sein neues Amt eingeführt, und von der zahlreichen Gemeinde mit ungetheilter Freude aufgenommen worden.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 11. Okt ober Dem „Praw. West.“ wird aus Livadia unterm 27. Septem⸗ ber (9. Oktober) telegraphirt: Die Großfürstin Maria Alexandrowna ist heute Morgen auf der Kaiferlichen Nacht „Livadia“ nach Malta abgereist. Ueber die Reise Ihrer Kaiserlichen Hoheit meldet der „Golos“: „Ihre Kaiserliche Hoheit wird sich zunächst in die Besika⸗Bay begeben, woselbst sie von ihrem hohen Gemahl empfangen wird. Sodann wird sie die Buchten Smyrna besuchen, wo sich gegenwärtig der Großfürst Alexej Alexandrowitsch befindet, und dann auf der Nacht „Li⸗ vadia“ nach Malta abreisen, woselbst sie die nächsten Monate zu verweilen gedenkt. Se. Königliche Hoheit der Herzog von Edinburgh beabsichtigt ebenfalls für die Winterzeit nach Malta zu gehen.“ — Im Jahre 1870 beliefen sich die Ein⸗ künfte des Turkestanschen Gebietes auf 2,407,000 Rbl., im Jahre 1875 aber stiegen sie auf 2,976,000 Rbl.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 9. Oktober. (H. N.) Heute erwartete man die Ankunft des Königs in Landskrona, welcher das Artillerie⸗Etablissement daselbst zu besichtigen gedenkt. — Die schwedische Staatsschuld be⸗ trug am 30. Juni d. J. 168,412,175 Kronen. — Am 26. vorigen Monats verließen die Korvetten „Balder“ und „Gefle“ den Hafen Carlskronas, um eine zehnmonatliche Uebungsreise anzutreten, dieselben trafen am 3. in Ply⸗ mouth ein und werden am 11. nach Lissabon in See gehen. Die Korvette „Balder“ wird dann nach dem Mittelmeer ab⸗ gehen und Mitte November Malta anlaufen, während das andere Fahrzeug Madeira, Montevideo, Buenos Ayres, Cap⸗ stadt, Port Natal, Reunion, Mauritius und Tamatava auf Madagascar besuchen und dann die Rückreise entweder vor dem Cap der guten Hoffnung vorbei oder durch den Suez⸗ kanal antreten wird.
Dänemark. Kopenhagen, 10. Oktober. Der Kron⸗ prinz ist heute Morgen von seiner Reise nach Brüssel mit dem schwedischen Dampfschiffe „Orion“ nach Kopenhagen zurückgekehrt.
— 11. Oktober. (Hamb. Nachr.) Die Budgetver⸗ handlung wurde heute im Folkething feortgesetzt. Holstein⸗Ledreborg griff das Ministerium heftig an und forderte, daß der Krisis ein Ende gemacht und ein den Volkswünschen gemäßes Ministerium eingesetzt werde. Der Konseils⸗Präsident erklärte, das Ministerium regiere völlig verfassungsmäßig; etwas Anderes dürfe man nicht sagen, oder eine solche Aeußerung gehöre vor das Reichs⸗ gericht. Scavenius und Rimestad vertheidigten die Regierung. Nach vierstündiger Debatte wurde die Verhandlung vertagt.
Asien. Aus Simla wird dem „Reuterschen Bureau“ unterm 6. d. Mts. telegraphirt: Die projektirte Reise des Vizekönigs nach Kaschmir ist wegen der anhaltenden Cholera⸗Epidemie in dieser Provinz aufgegeben worden. Se. Excellenz wird Simla am 14. d. verlassen und beabsichtigt Kulu Kongra zu besuchen. Eine Beschlußfassung bezüglich der künftigen Grenzpolitik der indischen Regierung ist bis zu der Zusammenkunft der obersten Beamten in Delhi verschoben worden. — Ein Grenz⸗Berichterstatter schreibt der Manchester Guardian“ bestreitet in einem vom
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29. August datirten Briefe die jüngst veröffentlichten Mel⸗ dungen bezüglich des Ausbruchs eines Krieges zwischen Kaschgar und China.
Reichstags⸗Angelegenbeiten.
Die Justizkommission des Deutschen Reichstages tritt am 17. Oktober zusammen; von den Berichten, welche in der Zwischenzeit seit ihrer letzten Sitzung von dem dazu bestellten Referenten verfaßt worden sind, sind der Bericht über das Gerichts⸗ verfassungsgesetz und der Bericht über die Civilprozeßordnung voll⸗ — und bereits an die Mitglieder dieser Kommission ausgegeben worden.
2 Statistische Nachrichten.
Nach Mittheilung des statistischen Bureaus Berlin sind bei den hiesigen Standes⸗Aemtern in de vom 1. Oktober bis inkl. 7. Oktober cr. zur Anmeldung gekommen: 378 Eheschließungen, 881 Lebendgeborene, 35 Todtgeborene, 445 Sterbefälle.
Kunst, Wissenschaft und Litera
128 7 KAr 6354¼ 838 7 1 7 ☚ Die schlefische Gesellschaft für
——1† Kultur in Breslau hat so eben ihren 53. Jahr ver⸗ öffentlicht, welcher den Generalbericht über die Arbeiter Ver⸗ änderungen der Gesellschaft im Jahre 1875 enthält.
— Die Begründung der neueren deutschen Geschichte schreibung durch Gatterer und Schlözer, nebst Einleitung über Gang und Stand derselben vor diesen. Von Dr. Herm. Wesendonck. Eine von der philosophischen Fakultät der Univer⸗ sität Leipzig gekrönte Preisschrift. Leipzig, Krüger und Roskoschny. 1876. (280 S.)
Im Jahre 1873 stellte die 1. Kl. der philosophischen Fakultät der Universität Leipzig die Preisaufgabe: „Gatterers und Schlözers Verdienste um die Geschichtsschreibung sollen dargestellt werden.“ ies gab die Veranlassung zur Abfassung der eben angeführten Schrift. Ihr Verfasser, Dr. Wesendonck, ergriff das Thema und er⸗ hielt 1874 den Preis. Die Schrift, besonders in der Gestalt, in der sie jetzt vorliegt, ist als eine verdienstliche, gediegene Arbeit zu bezeichnen. Gatterer († 1799) und Schlözer († 1809) waren fast ganz der Vergessenheit anheimgefallen. Das Verdienst, ihre für die Entwickelung der Geschichtswissenschaften so rühmliche Thätigkeit nachgewiesen zu haben, hat sich Wesendonck durch seine Arbeit erworben. Den Hauptton der ganzen Abhandlung hat der Verfasser hierbei mit Recht auf Schlözer gelegt, da der Letztere als Geschichts⸗ schreiber viel höher steht, als Ge Die Grundlehren der Ge⸗ schichtsforschung und Darstellung n sich seit Schlözer kaum ge ändert, sie sind dieselben geblieben, wie er sie theils thatsächlich an⸗ gewandt, theils als Regeln ausdrücklich aufgestellt und scharf betont hat. Nur tritt der Stil, die ünßere Darstellung bei Beiden zurück;
2ꝗ Do 82 5 Hor 8 u11 „9nS ; -Zeb Beiden mangelt der Fluß der Erzählung und die angenehme Form. ,.*
München, 10. Oktober.
Dr. Erwin v. Bary, in den setzten Jahren praktischer Arzt in Malta, hat Mitte August seine wissen
schaftliche Reise in Afrika von Tripolis aus angetreten, und wird nunmehr in Ghäͤt eingetroffen sein. Hr. v. Bary machte bereits im Herbst 1875 auf eigene Kosten eine Vorbereitungsreise in die Provinzen Tarhona und Gharian, um sich die nöthigen praktischen Erfahrungen zu sammeln. Der Hauptzweck seines Unternehmens ist die Lösung wichtiger geologischer Fragen über das Alter und das Wesen der Sahara; außerdem wird der Reisende sein Augenmerk der Flora des Hogar⸗Gebirges zuwenden. Die geographische Gesell⸗ schaft in Berlin unterstützt Hrn. Dr. v. Barv. 3—1—
Land⸗ und Forstwirthschaft.“
Sylt, 11. Oktober. Man schreibt der „Kl. Z.“: Die Ernte ist auf unserer Insel in jeder Beziehung äußerst mäßig ausgefallen, so daß sie bei Weitem nicht ausreicht, und wenn auch viel Heu vom benachbarten Festlande nach Sylt hinübergeführt worden ist, so sieht der Landmann sich doch in die Lage versetzt, seinen bisherigen Vieh⸗ bestand verkleinern zu müssen. Da wir in der letzten Zeit häufig Regen gehabt, haben unsere Weiden sowohl auf der Geest als in der Marsch sich wieder bedeutend erholt, so daß das Vieh, welches nach alter Weise nach beendeter Ernte frei auf der ganzen Insel weidet, genügendes Futter hat und bei günstiger Witterung sich noch ziemlich lange im Freien ernähren kann.
Straßburg, 10. Oktober. aßb. Ztg.) tigkeit der landwirthschaftlichen sstation zu Ruffach, welche seit November igen 8 der unmittelbaren Leitung und Beaufsichtigung des 2 unterstellt ist, ist aus dem Verwaltungsberichte 8 Bezirks⸗Präsidenten des Oberelsasses zu ersehen, daß dieselbe 1875 einen erheblichen Auf⸗ schwung gegen das Vorjahr genommen. Es den im Laufe des Jahres 1866 Versuchsarbeiten mit einer Einnahme von 264 ℳ aus⸗ geführt. Aus eigener Initiative der Versuchsstation wurden weitere 16 Analvsen ausgeführt und deren Resultate in der landwirthschaft⸗ lichen Zeitschrift publizirt. Untersuchungen von Sämereien fanden 38 statt. Die Versuchsstation wurde ferner zu 8 Expertisen herbei⸗ gezogen. Zweimal von Privaten, dreimal von dem Untersuchungs⸗ amte in Colmar, und ebensowohl von dem in Mülhausen. Die letzten nothwendigen baulichen Herstellungen sind im verflossenen Jahre mit einem Kostenaufwand von 565 ℳ aus Bezirksmitteln ausgeführt worden.
— Nach einem Bericht, welchen das „Dagblad“ aus den Auf⸗ stellungen von 222 Landwirthen zusammengestellt hat, kann die Ernte in Dänemark nicht einmal eine Mittelernte genannt werden; es findet sich nicht ein Zweig der Ackerwirthschaft, der die Mitte erreichte. So verhält es sich, dem genannten Blatt zufolge,
im Ganzen, so in den einzelnen Aemtern, wenn man von diesen und Frederiksborg, welches das einzige Amt ist, dessen Durchschnitt eine Mittelernte ergiebt. Die seeländischen Aemter stehen alle nur ihnen nach. Von Jütland lauten die Berichte dahin, daß der Ge⸗ sammtdurchschnitt eine Mittelernte nirgends erreicht, nur einzelne die diesjährige Ernte Dänemarks hinter der der beiden vorhergehen⸗ Jahre zurück. Gewerbe und Handel.
London, 11. Oktober. (A. A. C.) Wie die „Times zweijährigen Pause wieder begonnen. Während der letztverflossenen Monate sind mehrere Ladungen nach dem Festlande begeben worden,
— Die „New⸗Yorker Hd. Z.“ giebt in ihrem vom 29. Septem⸗
1 35 ½12 lage: Trotz der vorgerückten Saisvn, welche in früheren Jahren alle dis⸗ poniblen Fonds der Banken zur Verwendung brachte, hatte der dies⸗ loren. Unsere Banken fahren fort, nach dem Westen zu remittiren; auch das legitime Geschäft stellt etwas größere Anforderungen, als scheinend keine Verminderung, denn Durchschnittsraten für call loans 1 ½ bis 2 %, gegen Hinterlegung von Bundes⸗Obligationen ca. ½ % billiger. — Die Situation des Goldmarkts hat sich in Agies beschränkten sich auf %, zwischen 10 ½ — 9 ½, mit 10 ¼ als
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Bornholm ausnimmt, von wo nur ungenügende Berichte vorliegen, wenig unter einer Mittelernte und Fünen, Lolland und Falster steheu Getreidearten haben sie hier und da überstiegen. Entschieden steht haben die Reisverschiffungen aus Japan nach einer etwa und ein in London gelandetes Cargo steht jetzt zum Verkauf.
ber datirten Wochenbericht folgende Uebersicht über die Geschäfts⸗ wöchentliche Geldstand nichts von der bisherigen Abundanz ver⸗ seit längerer Zeit, aber der Bestand an flüssigem Kapital zeigt an⸗ gegen Depot gemischter Sekuritäten stellten sich nach wie vor auf dieser Berichtswoche wenig vLerändert. Die Fluktuationen des heutiger Schlußnotirung. Die Operationen des Syndikats tragen