1876 / 250 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 23 Oct 1876 18:00:01 GMT) scan diff

Danach sind, was die Klassensteuer anbetrifft, im Jahre 1874 5,057,677 mehr Personen als im Jahre 1873 von jedem Steuerbetrage befreit worden. Es sind dies vorwiegend solche

Bersonen, deren Einkommen geringer als 420 ist, also nur zu ihrem nothdürftigen Lebensunterhalte hinreicht.

Der Steuererlaß, welcher der —ö Be⸗ völkerung vom Jahre 1874 ab zu Theil geworden, belief sich auf 8,797,668 ℳ, von welchem Betrage ca. 7,800,000 auf das platte Land und ca. 900,000 auf die Städte ent⸗ fallen sind.

In einer Untersuchung gegen den Schulrath a. D. und Redacteur Julius Bährens zu Hannover wegen Maje⸗ stätsbeleidigung hat das Ober⸗Tribunal in seinem Erkenntniß vom 27. September d. J., festhaltend an seiner bisherigen Rechtsprechung, folgende Rechtssätze ausgesprochen: 1) In den Fällen, in welchen der Zeitungsredacteur straf⸗ rechtlich als Thäter in Anspruch genommen wird, ist die Nachweisung des Verfassers des strafbaren Artikels als ein besonderer Umstand, welcher die Annahme der Thäterschaft Seitens des Redacteurs ausschließt, nicht anzusehen. 2) Bei Majestätsbeleidigungen ist für die Verurtheilung des Thäters die richterliche Feststellung der Absicht zu belei⸗ digen, nicht erforderlich, auch kann bei der Majestätsbeleidi⸗ gung die Wahrnehmung eines berechtigten Inter⸗ esses des Beleidigers nicht in Betracht kommen. 3) Die Mittheilung beleidigender Aeußerungen in einem wahrheits⸗ getreuen Bericht über eine öffentliche Gerichtsver⸗ handlung ist strafbar.

Nimmt die Behörde ein Gebäude in einstweilige Verwahrung und Verwaltung, so ist dieselbe nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 3. Oktober d. J. im Sinne des §. 137 des Strafgesetzbuches als eine Beschlag⸗ nahme zu erachten, und die vorsätzliche Beiseiteschaffung der Schlüssel zu dem Gebäude, selbst wenn sie zur Zeit der Be⸗ schlagnahme von dem Grundstück entfernt sind, ist mit Gefäng⸗ niß bis zu einem Jahre zu bestrafen.

Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten: König⸗ lich sächsischer Geheimer Justiz⸗Rath Anton, Großherzog⸗ lich badischer Präsident des Finanz⸗Ministeriums, Staatsrath Ellstätter, Herzoglich sachsen⸗altenburgischer Staats⸗Minister von Gerstenberg⸗Zech, Fürstlich schwarzburg⸗sonders⸗ hausenscher Staatsrath von Wolffersdorffz und Fürstlich reußischer Staats⸗Minister von Harbou sind von Berlin wieder abgereist.

Der Kaiserliche und Königliche österreichisch⸗ungarische Botschafter am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Graf Karolyi, ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Leitung der öster⸗ reichisch⸗ungarischen Botschaft wieder übernommen.

Sachsen. Dresden, 21. Oktober. (Dr. J.) Die evangelisch⸗lutherische Landessynode beschäftigte sich heute mit dem von den in Evangelicis beauftragten Staats⸗Ministern vorgelegten Entwurfe eines Kirchengesetzes, einige kirchendisziplinelle Bestimmungen betreffend. In dem Entwurfe wird bestimmt, daß Diejenigen, welche trotz Ermahnung des Geistlichen und des Kirchenvorstandes unterlassen, die kirchliche Trauung nachzusuchen oder ihre Kinder zur Taufe zu bringen, des aktiven und passiven Wahlrechts zum Kirchenvorstande, sowie des Rechts, Pathenstelle bei der Taufe eines Kinvdes zu vertreten, Peluftig gehen auf so lange, bis die Versäumnisse in der Beobachtung der kirchlichen Ordnung durch deren Erfüllung gesühnt, oder, dafern dies nicht mehr möglich ist, durch die weitere Führung des betreffenden Gemeinde⸗ mitgliedes das gegebene Aergerniß gehoben ist. Die Spezial⸗ berathung wurde vertagt, da die Vorlage behufs Prüfung einer vom Superintendenten Kunze vorgeschlagenen Zusatz⸗ bestimmung an den Verfassungsausschuß zurückgegeben wurde.

Anhalt. Dessau, 21. Oktober. Der „A. St. A.“ publizirt ein zwischen der Königlich sächsischen und der Herzoglich anhaltischen Staatsregierung getroffenes Ueber⸗ einkommen in Betreff der Durchführung der Schul⸗

pflicht.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 20. Oktober. Man meldet aus Pest, 20. Oktober: Um 3 Uhr Nachmittags findet unter Vorsitz des Kaisers ein Ministerrath statt, an wel⸗ chem sämmtliche hier anwesenden Minister Theil nehmen. Um 6 Uhr Abends findet unter Vorsitz des Minister⸗Präsidenten v. Tisza ein ungarischer Ministerrath statt. Die Ab⸗ reise Sr. Majestät ist noch nicht festgesetzt.

21. Oktober. (W. T. B.) Im Abgeord⸗ netenhause gelangte heute die nachstehende, bereits wieder⸗ holt erwähnte Interpellation von Eichhoff, Herbst, Hoffer und 112 Genossen an das Gesammt⸗Ministerium zur Ver⸗ lesung: „Hat die Regierung Einfluß auf die Füh⸗ rung der auswärtigen Angelegenheiten in der orien⸗ talischen Frage und eventuell in welcher Richtung ge⸗ nommen? Ist dieselbe bereit, die Verantwortung für die befolgte Politik zu übernehmen? Hat die Regierung ihren Einfluß dafür ausgeübt, daß auch bei einem eventuell ausbrechenden Kriege der Frieden für Oesterreich⸗Ungarn ge⸗ wahrt und insbesondere jedes Streben nach Erwerbung fremder Gebiete hintangehalten werde? Gedenkt die Regierung auch fernerhin in diesem Sinne ihren Einfluß geltend zu machen?“ Die Interpellation wurde dem Minister⸗Präsidenten übergeben.

22. Oktober. (W. T. B.) Der König von Griechen⸗

and ist in Folge einer ihm aus Athen zugegangenen drin⸗ genden Depesche und ohne die Rückkehr des Kaisers Franz Joseph abzuwarten, heute Morgen nach Triest abgereist.

Betreffs der Interpellation über die Orient⸗ politik Oesterreich⸗Ungarns, welche die Obmänner der drei verfassungsmäßigen Klubs zum Schlusse der heutigen Sitzung des Abgeordnetenhauses an die Regierung richteten, . „Fremdenbl.“: b8

„Man darf woht annehmen, daß die Regierung ihrer Verant⸗ wortlichkeit für die Wege, welche die iußere FunchesbEe srrras wandelt, sich in jedem Augenblicke bewußt geblieben ist, und ihre Antwort auf diese Anfrage dürfte wohl ebenso klar und bestimmt lauten, wie ihrerzeit die Antwort des ungarischen Minister⸗Präsidenten Tisza. In dem Wunsche, unser Staatswesen fern von jeder kriegerischen Komplikation in den Bahnen friedlicher Entwickelung zu erhalten, stimmen die Interpellanten sicherlich mit allen Klassen und Schichten der Bevölkerung überein. Alles, was in den etzten Tagen ist, ruft die beruhigende Ueberzeugung hervor,

auch die leitenden Kreise Oesterreichs von dem gleichen Streben rfüllt sind, und daß der Friede der Monarchie bereits verbürgt und gesichert war, ehe die Interpellanten parlamentarisch für seine Erhal⸗

tung in die Schranken traten. Der eine Entschluß, den kommenden Ereignissen gegenüber eine neutrale Haltung anzunehmen, hat den an⸗ dern, nichts zu einer etwaigen Gebietsvergrößerung Oesterreichs zu un⸗ ternehmen, zur nothwendigen Voraussetzung. Sie schließen der eine den andern ein. Wären also nicht die mitunter seltsam dilettantenhaften, widerspruchsvollen, oft auf rein ideale Voraussetzungen basirten De⸗ batten, welche der Interpellation in den Klubs vorausgingen, die letztere an und für sich könnte, objektiv ins Auge gefaßt, kein anderes Bedenken wachrufen, als das eine, daß sie, statt in positiver Weise Ziele zu stecken, nur negativ die Vermeidung von Eventualitäten empfiehlt, die zu vermeiden die österreichische Politik ohnehin sichtlich bemüht ist. Von diesem Gesicht punkte aus betrachtet, schrumpst natürlich die Bedeutung des heutigen Schrittes der verfassungstreuen Klubs beträchtlich zusammen.

Pest, 21. Oktober. Am Schlusse der heutigen Sitzung des Finanzausschusses wollte Helffy eine Debatte über die politische Lage improvisiren. Minister⸗ Präsident Tisza gab jedoch beruhigende Erklärungen ab und so ging der Zwischenfall vorüber.

22. Oktober. (W. T. B.) Der Minister⸗Präsident empfing heute eine Deputation der Studirenden der hiesi⸗ en Universität, welche demselben ihre Absicht vortrug, dem türki⸗ schen General⸗Konsul einen Fackelzug darzubringen. Der Minister erklärte, er wisse, daß die Veranstaltung eines Fackelzuges, so lange die gesetzlichen Formen beobachtet würden, erlaubt sei, doch könne eine solche Demonstration vor der Entscheidung der in der Schwebe befindlichen Fragen leicht mißdeutet und daher nicht gebilligt werden. Die Studirenden möchten die Sache nochmals reiflich erwägen und, wenn möglich, von ihrem Vorhaben abstehen. Der Sprecher der Deputation erwiderte, daß er in einer auf morgen anberaumten Ver⸗ sammlung der Studirenden die Erklärungen des Ministers bekannt geben und zu reiflicher Erwägung empfehlen werde.

Großbritannien und Irland. London, 21. Oktober. (E. C.) Lord Derby hat auf erneuerte Beschwerden dem Sekretär der spanischen Kirchenmission, Rev. Tugwell, die Versicherung zugehen lassen, durch den Gesandten in Madrid volle religiöse Freiheit für Protestanten in Spa⸗ nien vermitteln zu wollen. Das Auswärtige Amt ver⸗ öffentlicht Folgendes: „Mr. Baring berichtet an Sir H. Elliot, daß die von dem „Times“LCorrespondenten gebrachte Mittheilung, Sadoullah Bey genieße jetzt in Philippopolis die Gastfreundschaft von Achmet Agha, unbegründet sei. Achmet Agha ist thatsächlich, so lange sein Prozeß dauert, in Arrest. Auch scheint es, daß er, obgleich zu einem entfernten Theile des Kreises von Philippopolis gehörend, nicht an diesem Orte lebt.“ Die Truppen, welche jetzt nach Indien unterwegs sind, sind an⸗ gewiesen, Gibraltar und Malta wegen etwaiger Befehle zu berühren. Sollten Umstände einen Wechsel in ihrem Be⸗ stimmungsorte nothwendig machen, so würde ein Telegramm nach Gibraltar sie in fünf Tagen und ein solches nach Malta sie in zehn oder zwölf Tagen erreichen.

Belgien. Brüssel, 19. Oktober. (Fr. J.) Der Mi⸗ nisterrath hat sich für eine feierliche Eröffnung der Kammern durch den König am 14. November, verbunden mit einer Revue über das Heer und die Bürgergarde, ent⸗

schieden. Frankreich. Paris, 20. Oktober. (Köln. 8890 Der Oktober

Präsident Marschall Mac Mahon nimmt am 28. sün⸗ Residenz wieder in Versailles. Der Ministerrath, der heute gehulten werden follteo, mußte auf morgen vertagt werden, weil der Herzog Decazes durch Konferenzen mit meh⸗ reren Botschaftern abgehalten war. Die französischen Bischöfe bereiten für den Mai nächsten Jahres, wann der Papst Pius X. den fünfzigsten Jahrestag seiner Erhebung zum Bischof feiert, eine große Pilgerfahrt nach Rom vor. Gestern verwarf die Budget⸗Kommission fast ein⸗ stimmig den Entwurf einer Kapitalsteuer von Möénier und begann die Berathung des Gambetta'schen Ent⸗ wurfs über eine Einkommensteuer. Rouvier zeigte bei dieser Gelegenheit an, er habe die Absicht, seinen Kollegen eine Spezialsteuer vorzuschlagen, die alle Einkommen neben den schon bestehenden Steuern belasten, aber sehr gering sein würde. Diese Steuer würde, dem Antragsteller zufolge, ge⸗ nügen, eine gewisse Anzahl indirekter Steuern unmittelbar herabzusetzen. Bis zum 30. September hat sich der dies⸗ jährige Ertrag der Pariser Oktroisteuer auf die Summe von 89 Millionen Francs belaufen. Da die letzten Monate des Jahres gewöhlich eine Steigerung herbeiführen und im Falle der im September wahrgenommene Anwachs fortdauern sollte, steht zu erwarten, daß der Ueberschuß über die für diese Steuer im Budget vorgesehenen 113 Millionen sich auf 5 bis 6 Millionen belaufen wird. Die „Defense“ veröffentlicht heute folgendes „Mitgetheilt“: „Das Blatt „la Defens Sociale et Religieuse“ veröffentlicht eine Erzählung über eine „ernste Thatsache“, welche sich in einer Versammlung der Minister bei Herrn Dufaure zugetragen haben soll. Es erzählt, daß der General Berthaud „den Ministern de Marcère und Dufaure lebhafte Vorwürfe“ ꝛc. gemacht hätte. Die Sache ist falsch. Herr de Marczre wohnte dieser Versammlung nicht an. Der übrige Theil der Erzählung und die angeb⸗ lichen Streitigkeiten zwischen den Mitgliedern des Kabinets, welche seit zwei Monaten den Gegenstand der Polemik dieses Blattes bilden, haben den nämlichen Grad von Richtigkeit.“ Nach einem vom Minister für Handel und Ackerbau an den Präsidenten der Republik gerichteten Vortrage wird beantragt: 1) daß der von dem Schatze eröffnete Kredit für die A usstellung von 1878 auf die Summe von 35,313,000 Fr. beschränkt ist, 2) daß wenn diese Summe wider jede Er⸗ wartung sich als unzulänglich erwiese, die Minister die Kam⸗ mern davon in Kenntniß setzen und eine neue Kredit⸗ bewilligung nachsuchen müßten. Der Minister bemerkt, daß der größte Theil dieser Summe von 35,313,000 Fr. nur als ein der Ausstellung von dem Staatsschatze gemachter Vorschuß anzu⸗ sehen ist, der durch die von der Stadt Paris zu leistende Subvention und die verschiedenen Einnahmen wieder gedeckt werden wird, so daß, wenn die Kosten den Voranschlag nicht überschreiten, die Staatsfinanzen schließlich schadlos ausgehen werden. Demgemäß veröffentlicht das „Journalofficiel“ ein Dekret des Präsidenten der Republik, demzufolge für die Arbeiten und anderen Kosten der Weltaus⸗ stellung ein Kredit von 35,313,000 Fr. eröffnet ist und derselbe nur Kraft eines besonderen Gesetzes überschritten werden darf. 21. Oktober. (Köln. Ztg.) Heute war der Minister⸗ rath wieder versammelt. Der Minister des Innern hat dem Conseils⸗Präsidenten die Akten über die Angriffe der Blätter gegen die Armee zugestellt. Hr. Dufaure wird

von Blättern gerichtlich vorzugehen. Angriffe gegen die Armee haben bereits begonnen: „Les Droits de l'Homme“ wird wegen Beleidigung der Generäle Ducrot Bourbaki, Douai und Salignac⸗Fenelon in ihren amtlichen Verrichtungen verfolgt. Der Minister des Innern ing heute nach Maubeuge, wird aber bereits am Montag hier wieder erwartet. Das Kriegsgericht verurtheilte Louis Jancé zu lebenslänglicher Zwangsarbeit. Derselbe war angeklagt, während der Dauer der Commune im 20. Arron⸗ dissement gesetzwidrige Verhaftungen vorgenommen zu haben. Der Kardinal⸗Erzbischof von Paris hat Rom ver⸗ lassen und die Rückxreise nach Frankreich angetreten.

ETpanien. Madrid, 21. Oktober. (W. T. B.) Der diplomatische Vertreter Rußlands, Koudriavski, ist heute hier eingetroffen.

Italien. Rom, 21. Oktober. Der „Diritto“ ver⸗ öffentlicht folgendes Mitgetheilt: „Obgleich die politische Lage Europas zu ernsten Beunruhigungen Anlaß geben kann, so zögern wir doch nicht zu erklären, daß, was besonders Italien anbetrifft, nichts die Panik rechtfertigt, die dieser Tage die Börsen von London und Paris ergriffen hat. Im Augenblick, da die großen parlamentarischen Parteien Italiens in den Programmen von Stradella und Cossato ihre Ueber⸗ einstimmung in einigen Hauptpunkten allgemeiner Politik und ihren festen Vorsatz kundgeben, immer mehr die Zu⸗ stände des Budgets zu verbessern, kann der italienische Kredit nicht ernstlich bedroht werden. Auf jeden Fall sind nach unserer Meinung zwei Punkte außer Frage. Es giebt vor Allem in der jetzigen europäischen Lage keine Thatsache oder Symptom, daß Italiens Finanzen im Verhältniß zu denen der anderen Völker in besondere Mitleidenschaft gezogen werde und andererseits ist ohne Widerspruch gewiß der feste Wille Italiens, mit jedem Mittel zur Erhaltung des Frie⸗ dens mitzuwirken“.

Griechenland. (W. T. B.) Der Wiener „Politischen Korrespondenz“ vom 21. d. Mts. wird aus Athen gemel⸗ det: Die Regierung hat außer dem Memorandum an die Pforte wegen der fortgesetzten Ansiedelungen von Tscherkessen in Macedonien und Thessalien auch an die Ga⸗ rantiemächte eine Denkschrift gelangen lassen, welche von den Anrechten der griechischen Nation auf die Be⸗ völkerung in den türkischen Grenzprovinzen handelt und worin jede einseitige Lösung der orientalischen Frage perhorreszirt wird. Die Denkschrift beruft sich gleichzeitig auf die zahlreichen in Griechenland stattgehabten Volksver⸗ sammlungen als auf den unumwundenen Ausdruck des Volks⸗ willens, die Anrechte Griechenlands mit allen Opfern zu schützen. Schließlich wird hervorgehoben, daß jede griechische Regierung heute unfähig sei, sich gegen den Strom dieses Volkswillens zu stemmen und Europa für alle weiteren Eventualitäten verantwortlich machen müsse.

(W. T. B.)

Lürkei. Konstantinopel, 20. Oktober. (

(Auf indirektem Wege.) Die hierher gemeldeten Artikel der „Times“ und Nachrichten, denen zufolge England per⸗ horrescirt, der Pforte militärischen Beistand zu leisten, machen hier erheblichen Eindruck. Die Stimmung ist in den Kreisen, welche die bisherigen Regierungsbeschlüsse förderten und an denselben Theil nahmen, eine mehr oder minder ge⸗ drückte. Es wird jedenfalls nach dem bevorstehenden Empfange des russischen Botschafters, General Ignatieff, eine nochmalige Erörterung im Divan stattfinden.

8 (W. T. B.) Der russische Botschafter, General Ignatieff, überreicht, wie es heißt, Dienstag seine Kre⸗ ditive. Heute findet bereits bei demselben eine Berathung der Vertreter der auswärtigen Mächte statt. Die Konferenz wird sich bemühen, eine Uebereinstimmung zum gemeinsamen Agiren für eine Verständigung über Waffenstillstand und Friedensbedingungen herbeizuführen.

Paris, 21. Oktober. (W. T. B.) Die „Agence Havas“ will wissen, England, nachdem es den sechsmonatlichen Waffenstillstand acceptirt habe, erkläre, nicht gerade empfehlend für den sechswöchentlichen Waffenstillstandsvorschlag eintreten zu können, aber demselben sich nicht entgegenstelle. Die Ent⸗ scheidung über diese Frage sei zwischen Rußland und der Türkei direkt zu treffen.

Wien, 23. Oktober. (W. T. B.) Die „Montagsrevue“ schreibt: Die bevorstehende Entscheidung in Konstantinopel ist allem Ermessen nach nicht aussichtslos. Wenn die Pforte sich der erneuten Forderung Rußlands betreffs des sechs⸗ wöchentlichen Waffenstillstandes rasch und bedingungs⸗ los fügt, so hat sie jeden Vorwand zu weiterem Eindringen auf ihre Entschließungen und zu Versuchen einer neuen Demüthigung ihrer staatlichen Würde abgeschnitten. Un⸗ zweifelhaft würde die Annahme eines sechswöchentlichen Waffenstillstandes die 88 Etappe zum Abschluß eines wenigstens relativ entsprechenden Friedens bezeichnen.

Serajewo, 12. Oktober. (Pol. Korr.) Sultan Abdul Hamid erließ einen Ferman an alle Valis des Reiches, in welchem den Chefs der Provinzialverwaltungen wörtlich Folgendes anbefohlen wird: „Der Friede wie die Ordnung mögen streng aufrecht erhalten werden, damit alle meine Unterthanen allseitig befriedigt werden.“ Der Ferman trägt das Datum des 11. Schaban 1293. Unser General⸗Gouverneur ist persönlich durch diese Kaiserliche Kundgebung sehr befriedigt worden, da er darin mit folgenden sehr schmeichel⸗ haften Worten apostrophirt wird: „Mein berühmter Vezier, mein geachteter Muschir, der du mit klarem Verstande die Dinge leitest und die Säulen des Ruhmes und Glückes des Reiches stützest, mein Vezier Nazif Pascha!“ Die Bevölkerung äußert aller Orte ziemlich laut ihre Unzufriedenheit mit dem Kaiserlichen Ferman, der mit keinem Merte andeutet, wie den desperaten Zuständen abgeholfen werden olle.

Die Infurrektion ist am allerwenigsten in Folge der offi⸗ ziellen Maßnahmen verschwunden. Es dringen im Gegentheile Ge⸗ rüchte bis zum Sitze des Vali, daß die Zahl der Schaaren sich ver⸗ mehrt und daß dieselben das Terrain ihrer Operationen in der letzten Zeit ziemlich ausgedehnt haben. Der Divisionär und Kommandant aller Truppen in Bosnien, Veli Pascha, schickte nach mehreren Rich⸗ tungen Truppen aus, um der Ausbreitung des Aufstandes einen Damm zu setzen. Der Miralaj Hadzi Emin Beg wurde beordert, mit anderthalb Bataillonen Nizams und 2500 Baschibozuks, die man im türkisch⸗amtlichen Stile jetzt nur noch Aschlechtweg nennt, die Aufstän⸗ dischen bei (Bosnisch⸗) Grahowo aufzusuchen und dieselben zu zer⸗ streuen. Diese Truppen drangen allerdings in drei Kolonnen über Bihol nach Kasanza, Batscha und Wiskovae vor, wo eine ansehn⸗ liche Anzahl gut organisirter Insurgenten stand. Nach einem hef⸗ tigen Kampfe gelang es dem Hadzi Emin Beg, die genannten Orte zu nehmen und die Straße von Marinkovac über Nitschewo und Unac bis Glamotsch zu säubern. Allein die Insurgenter zogen sich

dem Vernehmen nach Weisung ertheilen, gegen eine Anzahl 1“

Türken wieder hervorbrachen.

Die Preßprozesse wegen

in die bewaldeten Gebirge zurück, von wo aus sie noch Abzug der

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Das Sandjakat von Bihats, wo bis vor Kurzem noch eine relative Ruhe herrschte, ist auch zum Schauplatze blutiger Ereignisse geworden. Die bei der Stadt Bihats selbst aufgetauchten Insurgenten griffen sogar die Orte Arbijan und Spahits, welche Vororte der Kreisstadt sind, an. Die aus Bihats abgeschickten Truppen haben sehr blutige Treffen den Insurgenten unter Stefanovits geliefert, die aber insofern resultatlos blieben, als es den ottomanischen Truppen weder gelang, die Insurgenten zu zerstreuen, noch auch sie aus ihren Positionen zu vertreiben.

Belgrad, 22. Oktober. (W. T. B.) Bei der heute stattgehabten Tauffeierlichkeit des neugebornen Sohnes des Fürsten Milan hat der russische Generalkonsul Kartsoff als Pathe den Kaiser von Rußland vertreten. Die sremd⸗ mächtlichen Konsuln waren ebenfalls sämmtlich zugegen.

Das Wiener „Fremdenbl.“ vom 22. schreibt: In gut unterrichteten Kreisen verlautet, daß die serbische Regie⸗ rung Aussicht hat, in Paris eine von fünf Millionen Dukaten zu realisiren. Die serbische Regie⸗ rung hat einen genauen Ueberschlag aller Schäden erheben lassen, welche die türkische Invasion den Einwohnern von drei Kreisen zugefügt hat. Die Gesammtziffer übersteigt 49 Mil⸗ lionen Gulden. Das ist eine sehr ansehnliche Summe, deren Verlust bleibende Folgen für die betreffenden Landestheile muß. Wie verlautet, ist die Regierung fest entschlossen,

eim eventuellen Friedensschlusse auf einen vollen Ersatz des

enormen Schadens zu dringen, da die Verbrennung von circa 5500 Häusern (in Knjazewatz allein überlieferten die Türken 1210 Häuser den Flammen!) für die ottomanischen Strategen durchaus keine Nothwendigkeit war.

Cettinje, 12. Oktober. Der „Pol. Korr.“ wird von hier geschrieben: Die Perjanitzi, die tapfersten montenegrinischen Kämpfer, sind zu Bozo Petrovics beordert worden. Hier hoff man, Derwisch Pascha werde sehr bald gezwungen ein, das montenegrinische Gebiet zu verlassen. Es wurde hier eine besondere Feier aus Anlaß des Kampfes bei Klobuk veranstaltet. Der Fürst wird das Kommando der Derwisch Pascha gegenüberstehenden Truppen persönlich führen. Oberst Beli⸗Markovits, der serbische Delegirte in Cettinje, wird ein Kommando unter dem Wojwoden Vukotits erhalten. Der montenegrinische Senator Boscovits ist gestorben. Der Avppell der türkifchen Behörden an die wehrfähige Mann⸗ schaft Albaniens zum Waffendienste ist ziemlich erfolglos ge⸗ blieben. Im Ganzen meldeten sich 300 Mann in Scutari. Der Miriditenfürst Bib⸗Prenk hat dem Derwisch Pascha de⸗ finitiv die Kooperation der Miriditen verweigert.

Vom türkisch⸗serbischen Kriegsschauplatz liegen folgende Telegramme vor:

Konstantinopel, 21. Oktober. (W. T. B.) Nach der Regierung zugegangenen Nachrichten ergriffen die rki⸗ schen Truppen am Donnerstag bei Alexinatz die Offen⸗ sive, schlugen die Serben zurück und besetzten eine Anzahl befestigter Positionen derselben. 1

Belgrad, 22. Oktober. (W. T. B.) Nach offiziellen Berichten haben die Türken vorgestern auf dem linken Ufer der Morawa auf der ganzen Linie einen Angriff gemacht. Der Kampf war bei Krevet besonders hartnäckig. Die An⸗ griffe der Türken wurden überall zurückgeschlagen. Die am 16. und 17. d. stattgehabten Angriffe der Türken auf die Ibar⸗Armee wurden ebenfalls zurückgewiesen. Am Timok fanden nur Rekognoszirungsgefechte statt.

Cattaro, 21. Oktober. Vom montenegrinischen Kriegsschauplatze meldet die „Pol. Korr.“: Die Kapitula⸗ tion von Medun bestätigt sich. Die Besatzung, bestehend aus 470 Nizams, 5 Stabsoffizieren und mehreren Subaltern⸗ offizieren, hat sich den Montenegrinern auf Diskretion ergeben. In Folge dieses Zwischenfalles räumten die Türken unter Derwisch Pascha fluchtartig ihre Positionen am Maljat⸗ und am Visocica⸗Berge. Die Montenegriner verfolgten die zurück⸗ ziehenden Türken bis Spuz und nahmen ihnen eine Menge Pferde, Waffen und Zelte ab. Hiermit ist das montenegrinische Gebiet von den Türken vollständig geräumt und ist diese Räumung die nothwendige Folge der Kapitulation von Medun, da durch diese das montenegrinische Belagerungscorps frei‚ geworden ist und sowohl Podgorizza und Spuz wie überhaupt die Rück⸗ zugslinie Derwisch Paschas arg gefährdet erschien. Der Ober⸗ Kommandant der montenegrinischen Truppen Bozo Petrovits meldete dem Fürsten den Fall von Medun in folgender Depesche: „Bereits vier Monate belagern Ihre heldenmüthigen Truppen die Festung Medun. Unter den Mauern derselben hatte unser Heerzwei große Treffen zu bestehen, in welchen der glänzendste Sieg auf Seite Ihrer Helden blieb. Unter diesen Mauern fielen

ver 10,000 Türken, aber auch viele unserer Brüder fanden da ihren Tod. Verschmerzen wir diese Opfer! Denn heute ist Medun in Ihrem Besitze! 500 Gefangene von der türkischen Besatzung, die Kanonen, die ganze Munition siel als Preis in die Hände Ihrer heldenmüthigen Krieger. Hoch dem Fürsten, Hoch der Fürstin, Hoch dem Thronfolger Danilo! jauchzen mit mir alle Truppen.“ 1

Ragusa, 21. Oktober. (W. T. B.) Nach hier ein⸗ gegangenen Nachrichten hat Derwisch Pascha das monte⸗ negrinische Gebiet geräumt.

Rumänien. Bukarest, 22. Oktober. (W. T. B.) Das „Amtsblatt“ veröffentlicht die Ordre de bataille der kon⸗ zentrirten rumänischen Armee, deren Kommando Fürst Karl übernimmt.

Nußland und Polen. (W. T. B.) Nach über Wien, 21. Oktober, Abends, eingegangenen Nachrichten ist der englische Botschafter in St. Petersburg, Lord Loftus, von St. Petersburg nach der Krim abgereist.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 18. Oktober.

H. N.) Der König ist gestern in Malmö angekommen, wo er am Bahnhofe mit einer vom Bürgermeister der Stadt gehaltenen Anrede empfangen wurde. In den festlich ge⸗ schmückten Straßen, durch welche der König nach der Wohnung des Landhauptmannes fuhr, hatte sich ein zahlreiches Publikum angefammelt, welches ihn mit lebhaften Hurrahrufen begrüßte. Das Comité zur Revision des Zolltarifes ist dieser Tage zum ersten Male zusammengetreten. Dasselbe hat ein sehr umfangreiches Material zu bewältigen und es ist kaum anzunehmen, daß die Vorschläge desselben schon dem nächsten Reichstag zur Begutachtung vorgelegt werden können. Die vom Königlichen Finanz⸗ und Zolldepartement oeben herausgegebene „Staatsabrechnung Norwegens sae⸗ 1875“ zeigt, daß die gesammten Einnahmen 41,400,000 die Eisenbahn⸗

Kronen (darunter 11,700,000 Kronen durch anleihe von 1874) und die gesammten Ausgaben 39,100,000

Kronen betragen haben, also ein Ueberschuß von 2,300,000

zugefügt wird, ergiebt sich als Bestand am Ende des Rech⸗ nungsjahres 1875 die Summe von 22,600,000 Kronen. Das norwegische Staatsbudget ist jedoch in Wirklichkeit nicht wenig größer. Bei dem genannten Hauptbudget ist nämlich zu bemerken, daß es nur die Einnahmen und Ausgaben der eigentlichen Staatskasse umfaßt wäh⸗ rend mehrere Fonds, die von der Staatskasse abge⸗ sondert gehalten und zu bestimmten, gesetzlich begrenzten Zwecken angewandt werden, ihre eigenen Budgets haben. Die Anwendung dieser Fonds geht jedoch gewöhnlich Hand in Hand mit derjenigen der Staatskasse, und es ist darum mehr⸗ mals von der Aufstellung eines gemeinschaftlichen Budgets über die Einnahmen und Ausgaben des norwegischen Staates die Rede gewesen. Die Zollintraden, der größte Budgetposten, haben einen höheren Betrag als je er⸗ reicht, nämlich 17,450,000 Kronen oder 2,850,000 Kronen mehr, als vom Storthing budgetirt war. Die Malz⸗ abgabe betrug 1,750,000 Kronen, die Branntweins⸗ abgabe 1,800,000 Kronen; die Bruttoeinnahmen des Post⸗ wesens sind 1,530,000 Kronen, die des Telegraphenwesens 860,000 Kronen und die des Silberbergwerks zu Kongsberg 825,000 Kronen gewesen. Die größten Ausgabeposten waren: zu außerordentlichen Eisenbahnanlagen über 9 Millionen Kronen, zur Armee über 6 Millionen Kronen, zur Marine ungefähr 2,200,000 Kronen, zu Anlagen u. s. w. von Leucht⸗ thürmen und Häfen 1,0970,000 Kronen, zu Wegebauten 1,400,000 Kronen ꝛc. Für das Königliche Haus ist die Summe von 490,000 Kronen ausgezahlt worden. Die Aus⸗ gaben zum Post⸗ und Telegraphenwesen sind um ein wenig größer als die Einnahmen gewesen, während das Silberberg⸗ werk zu Kongsberg einen Ueberschuß von 325,000 Kronen er⸗ geben hat.

Dänemark. Kopenhagen, 19. Oktober. (H. N.) Der Gesetzentwurf, betreffend die Pensionirung von Inva⸗ liden, und ferner ein ähnliches Gesetz, betreffend die Pensio⸗ nirung von Unteroffizieren ꝛc. passirten gestern im Folke⸗ thing die zweite Berathung in verhältnißmäßig glimpflicher Weise und der Uebergang beider Gesetze zur dritten Berathung wurde mit großer Majorität beschlossen. Darauf begann das Folkething die erste Berathung des neuen militärischen Strafgesetzes. Der Kriegs⸗Minister hielt eine längere Rede. Das Gesetz wurde einem Ausschuß überwiesen. 2—

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Amerika. (E. C.) Der Präsident Grant hat die Ueberbringer der irländischen Beglückwünschungs⸗ Adresse, die Parlamentsmitglieder Parnell und O'Connor Power, benachrichtigt, daß nach diplomatischer Sitte die Ueberreichung der Adresse durch den britischen Ge⸗ sandten zu erfolgen habe.

Mexiko. Vera Cruz. Der Präsident von Merxiko, Lerdo, hat das Ministerium, mit dem er seit fünf Jahren regiert

hatte, plötzlich entlassen. Dieser Schritt scheint nicht auf eine Mißhelligkeit, sondern auf die Nothwendigkeit zurückzuführen zu sein, Personen von größerem Wahleinfluß am Ruder zu haben, um so die Wiederwahl des Präsidenten möglich zu machen. Die Aussichten dafür sind übrigens zu G glänzend. Schon seit einiger Zeit hat bekanntlich die politische Opposition ihren Gesinnungen durch offene Ausdruck gegeben, und in diesem Augenblick befinden si sieben Staaten ganz oder theilweise im Besitze der Aufstän⸗ dischen. Ein größerer Sieg, den die Regierungstruppen kürz⸗ lich davontrugen, hat, da er nicht ausgenutzt wurde, an der Lage der streitenden Parteien nichts geändert. 8 Chile. Santiago, 17. August. Das Räuberwesen in Chile hat neuerdings in solchem Maße zugenommen, daß selbst in den Ortschaften und Städten Leben und Eigenthum der Einwohner nicht mehr sicher sind. Sogar am Tage a. Banden von 5— 20 bewaffneten Männern indie Häuser ein, rauben die Kostbarkeiten und morden nicht selten die Bewohner. Die Re⸗ gierung der Republik hat zur Abwehr dieser Gefahr die Polizei besser organisirt und verstärkt, sowie auch Abänderungen in der Kriminalgesetzgebung, des Widerstandes der klerikalen, nationalen und radikalen Parteien im Kongresse ungeachtet, herbeigeführt. Während bisher eine Verurtheilung allgemein nur auf Grund des Eingeständnisses des Angeklagten oder der Aussage zweier glaubwürdiger Zeugen erfolgen konnte, soll der Richter in Zukunft bei Untersuchungen wegen Tödtung, Diebstahl, Raub u. a. nach seiner freien aus dem Inbegriff der Verhandlungen geschöpften Ueberzeugung urtheilen. Ferner sind die Strafen für die ge⸗ nannten Verbrechen wesentlich verschärft worden, insbesondere ist als Zusatzstrafe für je 6 Monat Zuchthaus eine körper⸗ liche Züchtigung von 25 Stockschlägen, welche jedoch im Ge⸗ sammtbetrage 100. Stockschläge nicht überschreiten darf, an⸗ geordnet worden. 1 1

Man hofft auf diesem Wege dem Räuberwesen ein Ende zu machen.

Asien. China. (A. A. C.) Aus Hongkong wird vom 4. September gemeldet: Die Unruhen im Innern des Landes mehren sich von Tag zu Tag. In den nörd⸗ lichen Distrikten herrscht noch fortwährend Hungersnoth und die Geldcirkulation ist fast gänzlich unterbrochen. Der Vize⸗König von Nanking hat sich bereit erklärt, die Urheber und Betheiligten an dem Christenmorde in Ningsop summarisch zu bestrafen. Ein Aufstand fand in Simkensing statt, bei welchem mehrere hochgestellte Beamte ge⸗ tödtet wurden. In Fookieh hat eine neue Christenver⸗ folgung begonnen. Zwei Priester und sechszehn Bekehrte wurden in einer Kirche verbrannt. Der französische Gesandte hat sich der Sache angenommen. B

Japan. Yokohama, 14. September. außer⸗ gewöhnliche Nachfrage für Seide hat bedeutend abgenouimen und der Seidenmarkt ist in Folge dessen flau. Dagegen hat der Export von Seidenwürmern nach Europa begonnen und verspricht sehr lebhaft zu werden. Der Justiz⸗Minister hat die bis jetzt in den Gerichtshöfen Japans angewandte Folter abgeschafft. Der Versuch chinesischer Kaufleute, zwischen Shanghei und japanischen Häfen eine Dampferlinie zu etabliren, ist aufgegeben worden.

Australien. (A. A. C.) Die Einkünft« der Kolonie Victoria im verflossenen Jahre beliefen sich amtlichen Aus⸗ weisen zufolge auf 4,500,000 Pfd. Sterl. und überstiegen die des vorhergehenden Jahres um 325,000 Pfd. Sterl.

Die

tungen Seitens der Bevölkerung verursacht. In Stabio wütde gestern von den Ultramontanen auf die Liberalen geschossen,

wobei zwei der letzteren getödtet, vier vermundet wurden.

Brüssel, Montag, 23. Oktober. Der „Nord“ veröffent⸗ licht eine Depesche aus Wien vom 22. d., nach welcher der

russische Botschafter in Konstantinopel der türkischen Regie⸗ rung gegenüber auf der Forderung eines sechswöchentlichen

Waffenstillstandes bestehen und der Pforte die Gründe auseinander⸗

setzen soll, welche die russische Regierung verhindern, sich bei einem sechsmonatlichen Waffenstillstand zu beruhigen⸗

Man glaubt in Wien zu wissen, daß die Sprache des Generals Ignatieff

in Konstantinopel eine äußerst gemäßigte sein und keineswegs den Charakter eines Ultimatums haben werde. Es liegen berechtigte Gründe vor, zu glauben, daß die 5 anderen Großmächte den Vor⸗

schlag Rußlands unterstützen werden, nachdem Serbien und

Montenegro erklärt haben, daß sie nur einen fechswöchent⸗ lichen, höchstens einen zweimonatlichen Waffenstillstand zulassen würden. daß eine gemeinsame Mediation aufgegeben worden sei, muß als mindestens verfrüht bezeichnet werden.

Das in mehreren Journalen verbreitete Gerücht,

New⸗York, Montag, 23. Oktober. Wade Hampton Demokrat) ist zum Gouverneur von Süd⸗Karolina gewählt⸗

worden. In seiner Antrittsrede ermahnte er die Bevölkerung, den Regierungstruppen keinen weiteren Widerstand entgegen zu setzen.

Nr. 79 des Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung hat folgenden Inhalt: Verfügung: vom 17. Oktober 1876: Eröffnung der Eisenbahn Bolchen⸗ Teterchen. Bescheidung: vom 10. Oktober 1876: Verfahren bei der Versendung der Apparate.

80 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 14. Oktober 1876. General⸗Verfügung an sämmt⸗ liche Kaiserliche Ober⸗Postdirektionen, betreffend die Annahme von Telegrammen durch die Telegraphenboten. Vom 18. Oktober 1876. Unrichtige Leitung der Postsendungen nach Wörth am Main. Postdienst auf den Eisenbahnen Zwickau⸗Oelsnitz und Herlasgrün⸗ Treuen. Nr. 21 des Central⸗Blatts der Abgaben⸗, Gewerbe⸗ und Handels⸗Gesetzgebung und Verwaltung in den Königlich preußischen Staaten hat folgenden Inhalt: Anzeige der in der Gesetz⸗Sammlung erschienenen Gesetze und Verordnungen. I. Allgemeine Verwal⸗ tungsgegenstände: Gesetz, wegen Verlegung des Etatsjahres. Aus⸗ führung dieses Gesetzes. Gesetz, betr. die Geschäftssprache der Be⸗ hörden, Beamten und politischen Körperschaften des Staats. Ver⸗ änderungen in dem Stande und in den Befugnissen der Zoll⸗ und Steuerstellen. VI. Personalnachrichten. Nr. 36 des „Justiz⸗Ministerialblatts⸗ enthält eine Allgemeine Verfügung vom 19. Oktober 1876, betreffend die Aus⸗ führung der Gesetze vom 9. Januar 1876, über das Urheberrecht an Werken der bildenden Künste, vom 10. Januar 1876, über den Schutz der Photographien gegen unbefugte Nachbildung, und vom I1. Januar 1876, über das Urheberrecht an Mustern und Mo⸗ dellen.

Statistische Nachrichten. (Mortalitäts⸗Statistik und Gesundheitsver⸗ hältnisse.) zu der am 7. Oktober c. beendeten Jahres⸗ woche sind von je 100,000 Einwohnern als gestorben notirt: in Berlin 46, in Breslau 41, in Stettin 31, in Cöln 43, in Han⸗ nover 33, in Hanau 69, in Frankfurt ga. M. 268, in Magdeburg 45, in Altona 30, in Straßburg 51, in München 57, in Dresden 42, in Leipzig 48, in Chemnitz 45, in Hamburg 44, in Wien 51, in Bu⸗ dapest 52, igv Prag 71, in Paris 42, in Brüssel 43, in Amsterdam 39, in Rotbchaem 36, im Haag 50, in Basel 30, in Christiania 32, in Stockholm 49, in Kopenhagen 34, in Rom 48, in Neapel 43, in Turin 39, in Alerandria (Aegypten) 113, in London 34, in Glasgow 11, in Liverpool 40, in Dublin 30, in Edinburgh 25, in New⸗York 44, in Philadelphia 41, in Boston 40, in Chicago 40, in Bombay 50, in Madras 84, in Kalkutta 49.

Ben Zeit herrscht in fast ganz Europa keine Epidemie von außer⸗ gewöhnlicher Verbreitung. Die Typhen zeigten sich, wie alljährlich um diese Zeit, in den meisten größeren Städten, doch haben sie bis jetzt noch nirgends den Charakter einer Epidemie angenommen, in Paris läßt die Krankheit erheblich nach. Auch die Diphterie zeigt sich aller Orten und fordert besonders unter der Landbevölkerung. in manchen Distrikten Norddeutschlands zahlreiche Opfer. Auch in Nordamerika sind die Gesundheitsverhältnisse wieder normaler ge⸗ worden. In Savannah herrscht das gelbe Fieber und hat sich nach dem Staate Georgia verbreitet. Auch in Baltimore sind eine Anzahl. Erkrankungen konstatirt worden.

Die Schulden der Stadt Berlin betrugen bei Auf⸗ stellung des Stadthaushalt⸗Etats pro 1877 an Anleihen 51,834,945 ℳ, an Darlehen des Reichs⸗Invalidenfonds 29,057,000 ℳ; Kaufgelder⸗ reste für erworbene Grundstücke 345,600 und betragen demnach die Gesammtschulden 81,237,545 Die industriellen Unternehmun⸗ gen der Stadt, welche die Zinsen und Amortisation der für ihre Zwecke verwandten Anleihen aus den eigenen Einnahmen dieser An⸗ agen decken, sind die Erleuchtungsabtheilung 23,842,958 ℳ, Wasser⸗ werke 29,057,000 und Kanalisation 14,644,600 ℳ, zusammen 67,544,558. ℳℳ Es verbleiben demnach Anleihen in Höhe von 13,692,987 ℳ, deren Zinsen und Amortisation aus den laufenden Steuern zu decken sind. Zur Amortisation sind pro 1877 erforderlich 1,709510 ℳ, denen 1,051,246 Einnahmen entgegenstehen, zur Verzinsung 4231,770 ℳ, von denen aus den Einnahmen der industriellen An⸗ leihen 3,291,022 zu decken sind, wonach aus den laufenden Ein⸗ nahmen zur Verzinsung und Amortisation der Stadtschulden 1,599,012 erforderlich sind. Die für die Kanalisatian bis Ende dieses Jahres aufgewandten Kosten sind mit 15,771,900 ver⸗— anschlagt. Für das nächste Jahr werden 9,390,000 beansprucht? wonach Ende 1877 sich die Kosten der Kanalisation bereits auf 25,161,000 stellen werden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Stockholm, 19. Oktober. (H. N.) Der Lieutenant Sande⸗ berg ist dieser Tage von einer Forschungsveise nach dem nördlichen Rußland bierher zurückgekehrt. De Resultate der Reise, welche hauptsächlich zu ornithologischen Fwecken vorgenommen wurde, sind sehr befriedigend.

Athen, 30. September. Die in Chalkacs erscheinende „Euboia⸗ veröffentlicht das Nachfolgende über einige m der Gegend „Trypa⸗

halkis) aufgefundene Alterthü mer. Aufgefunden wurden echs verstümmelte Statuen ohne Köpfe,, welche die Höhe von 1,20 Meter haben. An zweien derselben ist die rechte Hand erhalten. Alle stellen Kinder sehr jugendlichen Alten 8 dar. Eive derselben zeichnet sich durch besonders schöne Stellrang, sowie durch Erhaltung der Falten des Oberkleides aus. Feuner fand man das Bruchstück eines Fußes, die Wade eines Kindes, einen. Arm mit der Hand, welche einen schwer zu bestimmenden. Geganstand festhält, zwei unbedeutende

Bis Bis

Köpfe und einen Sockel, Ler deie Bruchstücke zweier Füße trägt und außerdem noch drei zertrammeerte Inschriften auf Stein.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau. Basel, Montag 23. Oktober. Die .

eler

Kronen vorhanden war. Wenn dieser Ueberschuß zum Ab⸗ rechnungsbestand von 1874, nämlich 2. ,300,000 Kronen, hin⸗

im Kanton Tesein

Aus dem mw unter dem 17. Oktober geschriehe’. Die Weinberge unseres gesegneten Gaues haben sich unter dem Einflusse der überaus guͤnstigen Witterung der letzten Wocde prächtig entwickelt. Hält das warme, schöne Wetter

herrschenden politischen Unruhen haben, wie 1S2 3 ei

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an, Pleider wir in den nächsten Wochen von starkem Regen verschent,