formellen Antrages für später vor. Der Abg. von Behr⸗ Schmoldow beantragte: „den Herrn Reichskanzler aufzufordern, in den Etat des Reichskanzler⸗Amts pro 1. April 1877 bis 1878 unter die Ausgaben zu gemeinnützigen Zwecken aufzu⸗ nehmen: Zur Förderung der künstlichen Fischzucht 10,000 b“ Der Antrag wurde angenommen. Bei Kap. 11 Tit. 1 der Ausgaben (Gehalt des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt) erwiderte der Bundesrathsbevollmächtigte, Staats⸗Minister von Bülow, auf die Angriffe des Abg. Dr. Jörg in Betreff der Politik des Reiches in der orientalischen Frage, daß die Politik Sr. Majestät des Kaisers eine Politik des Friedens sei und daß das Verhältniß der deutschen Regierung zu den befreundeten Kabinetten gegründet sei auf Vertrauen und Achtung; dieses Verhältniß werde noch gestärkt werden, wenn die Regierung sich eins wisse mit dem Willen der Nation und dem seiner Vertreter. Beim Schlusse des Blattes ergriff der Abg. Dr. Lasker das Wort.
— Der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten hat durch Cirkularerlaß vom 7. September d. J angeordnet, daß die Schullehrer⸗Seminare vom nächsten Jahre ab in dreijährigem Turnus durch den Kommissarius des Pro⸗ vinzial⸗Schulkollegiums unter Zuziehung des Kommissars der⸗ jenigen Regierung bezw. derjenigen Regierungen, für deren
Verwaltungsbezirk das Seminar Lehrer ausbildet, revidirt werden und das Provinzial⸗Schulkollegium über die Revision unter Beifügung einer Abschrift des Revisionsbescheides zu berichten hat.
— Im Auftrage des Ober⸗Präsidenten der Provinz Brandenburg führte am Sonnabend der Polizei⸗Präsident
Madai die von Sr. Majestät dem Könige ernannten und die vom Magistrat und der Stadtverordnetenversammlung gemeinschaftlich gewählten Mitglieder und beziehentlich stell⸗ vertretenden Mitglieder des Bezirksverwaltungsgerichts für den Stadtkreis Berlin in ihr neues Amt ein und erklärte demnächst das Gericht für konstituirt. Dasselbe besteht unter dem Vorsitze des zum Direktor ernannten Regierungs⸗ Raths Goltz, aus den Mitgliedern Kammergerichts⸗ Rath Dettmann, zugleich Stellvertreter des Direk⸗ tors, Rechtsanwalt Dr. Lasker, Ehrenbürger Kochhann und Stadtverordneter Dr. Stryck. Als Stellvertreter fungiren: Aus dem Verwaltungsressort: Regierungs⸗Rath Hanewald, aus dem Justizressort Stadtgerichts⸗Rath Wiegner, und für die gewählten Mitglieder der Geh. Ober⸗Regierungs⸗Rath a. D. Wulfshein, der Stadtverordnete Misch, der Baumeister Braasch, der Rentier Halske und der unbesoldete Stadtrath Streckfuß. Die Dienstlokalitäten der neuen Behörde befinden sich Molkenmarkt 4. Die nöthige Einrichtung, sowie das er⸗ forderliche Subaltern⸗ und Unterbeamten⸗Personal sind für die 1 Zeit vom Polizei⸗Präsidium beschafft, beziehentlich gestellt worden.
Rendsburg, 5. November. Heute ward hier die
8. Diät des schleswig⸗ holsteinischen Provinzial⸗ Landtages nach abgehaltenem Gottesdienst in Anwesenheit von 40 Mitgliedern von dem Königlichen Landtags⸗Kommissar, Wirklichen Geheimen Rath und Ober⸗Präsidenten Freiherrn von Scheel⸗Plessen um 11 ½ Uhr Vormittags mit folgen⸗ der Ansprache eröffnet: .
Meine hochgeehrten Herren Mitglieder der Provinzial⸗Stände⸗
versammlung der Provinz Schleswig⸗Holstein!
In Gemäßheit Allerhöchster Ermächtigung Sr. Majestät des Königs hat der Herr Staats⸗Minister und Minister des Innern Graf zu Eulenburg mich mittelst Erlasses vom 16. v. M. beauftragt, Sie hierher zu berufen und die 8.,Diät der Provinzial⸗Ständever⸗ sammlung zu eröffnen. So begrüße ich Sie denn, meine Herren, an dieser Stelle mit dem herzlichen Wunsche, daß Ihre Wirksamkeit in der diesjährigen Diät so, wie in den früheren, dazu beitragen möge, den Wohlstand der Provinz zu fördern und daß die wichtigen Angelegenheiten, die Ihrer Fürsorge und Verwaltung und der Ihrer Organe anvertraut sind, sich einer gedeihlichen Entwickelung erfreuen mögen.
Ich habe die Ehre, Ihnen anzuzeigen, meine Herren, daß Se. Majestät der König Allerhöchst geruht haben, den Grafen E. zu Rantzau⸗Rastorf wiederum zum Landtags⸗Marschall und den Hrn. Landespfennigmeister Niemand zu Heide zum Stellvertreter desselben zu ernennen. Indem ich den Herrn Landtags⸗Marschall bitte, seinen Platz einzunehmen und die Leitung der Geschäfte zu übernehmen, eröffne ich hiermit die 8. Diät der Provinzial⸗Ständeversammlung der Provinz Schleswig⸗Holstein.
Der Landtags⸗Marschall begrüßte mit einigen Worten die Versammlung, bat, daß dieselbe ihm gleiches Vertrauen schenken möge wie früher, und forderte zu einem Hoch für Se. Majestät den Kaiser und König auf, in welches die Versammlung dreimal einstimmte.
Verstorben seit der vorigen Diät war der Abg. Hade⸗ mann⸗Steinrade; auf die Aufforderung des Landtags⸗Mar⸗ schalls erhoben sich die Mitglieder zur Ehre des Andenkens desselben. Zu Schriftführern wurden gewählt die Abgg. Wiggers⸗Rendsburg und Dohrn⸗Itzehoe, zu Redakteuren der ständischen Verhandlungen Jessen⸗Hadersleben und Fischer⸗ Benzon⸗Heiligenhafen. Zur Unterstützung der Schriftführer
wurden 4 Referendare als Hülfssekretäre vorgestellt.
Der Landtags⸗Marschall zeigte sodann die Eingänge an, unter welchen hervorzuheben: der Entwurf einer Bau⸗Polizei⸗ Ordnung für das platte Land der hiesigen Provinz, über wel⸗ chen das Gutachten des Provinzial⸗Landtags erfordert wird, sowie ein Gesetzentwurf über eine Grenzveränderung zwischen Altona und Hamburg, der Jahresbericht des ständischen Ver⸗ waltungsausschusses über die Ergebnisse der Verwaltung pro 1875, ein berichtlicher Antrag desselben, betreffend den Finanz⸗ Etat für die provinzialständische Verwaltung pro 1877, der Entwurf eines Finanzetats für die ständische Immobiliar⸗ eühs pro 1877, sowie ein Antrag des tändischen Verwaltungsausschusses auf Bewilligung von 8 ℳ zum Ankauf und zur Aufforstung von Grund⸗
ücken.
Bayern. München, 4. November. Der König hat gestern dem Prinzen Luitpold einen Besuch abgestattet. — Se. Majestät hat den Geheimen Haus⸗ und Staatsarchivar, Geheimen Hofrath Dr. v. Söltl, unter huldvoller Anerken⸗ nung seiner langjährigen treuen und ersprießlichen Dienst⸗ leistung auf sein Ansuchen in den Ruhestand versetzt und anz seiner Stelle den Ehrenprofessor an der hiesigen Hochschule und Reichsarchiv⸗Assessor Dr. Ludwig Rockinger, ernannt. — Der Commandeur der zweiten Artillerie⸗Brigade, General⸗ Major Lutz ist auf sein Ansuchen mit Pension und dem Charakter als General⸗Lieutenant verabschiedet worden. — In einer am 1. d. M. abgehaltenen Versammlung von De⸗ legirten der verschiedenen katholischen Vereine hierselbst kon⸗ stituirte sich ein Wahlcomité für die Reichstags⸗ wahlen. Auf Vorschlag des Grafen Arco⸗Zinneberg wurden, wie die „Allg. Ztg.“ vernimmt, gewählt: zum ersten Vorstand
Advokat Dr. Freytag, zum zweiten Vorstand Redacteur Dr. Sigl, zum Schriftführer Redacteur Degenhart vom „Bayer. Kurier“ und zum Kassier Kunstanstaltsbesitzer Meyer. Dr. Freytag hat jedoch die Wahl zum ersten Vorstand entschieden abgelehnt.
Sachsen. Dresden, 4. November. (Dr. J.) Aus Anlaß des heutigen Namenstages der Königin findet Nachmittags Familiendiner in der öniglichen Villa zu Streh⸗ len statt. — Der Großherzog und die Großherzogin von Toscana, sowie die Erzherzogin Antoinette sind
eute Vormittag zum Besuch am hiesigen Königlichen Fofe hla eingetroffen.é Nachmittags erfolgt die Ankunft des Erz⸗ herzogs Ludwig Victor von Oesterreich.
— Auf der Tagesordnung der heutigen Sitzung der evangelisch⸗lutherischen Landessynode befand sich der Entwurf eines Kirchengesetzes, die Fixation der Acci⸗ denzien und Stolgebühren der evangelisch⸗lutherischen Geistlichen und Kirchendiener betreffend. Die Berathung er⸗ gab die Annahme der §§. 1—6 des Entwurfs mit mehreren vom Ausschusse vorgeschlagenen und vom Kirchenregimente gebilligten, wenig erheblichen Aenderungen. Mehrere weiter⸗ gehende Anträge des Ausschusses, welche Staats⸗Minister Dr. v. Gerber als unannehmbar bekämpft hatte, wurden abgelehnt.
Württemberg. Stuttgart, 4. November. Die Thron⸗ rede, mit welcher der König heute die Ständeversammlung entlassen, lautet nach dem „St ⸗A. f. W.“:
Liebe Getreue!
Mit Genugthuung sehe Ich die Stände Meines Landes um Mich versammelt in der Stunde, wo sich eine bedeutsame Periode pflichttreuen und fruchtbaren Schaffens für sie schließt.
Durch die Ausdauer, mit welcher Sie die Voranschläge für den Staatshaushalt der Berathung unterzogen haben, ist in dieser letzten Landtagsperiode die rechtzeitige Verkündigung der Etatsgesetze ermög⸗ licht worden.
Neben der Deckung des Bedarfs für den laufenden Dienst wurde die Lage der Pensionäre in wohlwollendem Sinne verbessert. Aus verfügbaren außebordentlichen Mitteln haben Sie in einsichtsvoller Förderung des materiellen und geistigen Volkswohls reiche Verwen⸗ dungen bewilligt zur Vervollkommnung des Straßennetzes und des Schutzes der Flußufer, sowie zu umfassenden Bauten für Zwecke der Justiz, der öffentlichen Gesundheitspflege, der Schulbildung, der Kunst und Wissenschaft.
Die Vorschläge Meiner Regierung für Fortsetzung des Baus der Schienenwege haben Ihre Zustimmung gefunden.
Ihr patriotisches Interesse für die Befriedigung der außerordent⸗ lichen Bedürfnisse Meiner Truppen haben Sie von Neuem bethätigt. Gerne gedenke Ich bei diesem Anlaß, daß Mein Armee⸗Corps vor Kurzem die Probe tüchtiger Ausbildung und pflichtmäßiger Disziplin vor dem Kaiserlichen Oberfeldherrn mit vollen Ehren bestanden hat.
Für eine einheitliche Leitung der Staatsgeschäfte sowohl in den inneren Angelegenheiten des Landes als in seinen Beziehungen zum Deutschen Reich wurde eine werthvolle Gewähr geschaffen durch das Verfassungsgesetz über die Bildung des Staats⸗Ministeriums.
Obschon die Gesetzesvorlage in Betreff des Staatsgerichtshofs nicht zur Verabschiedung gelangt ist, so werden Sie doch vertrauen dürfen, daß die Bestimmungen des geltenden Verfassungsrechts im Wesentlichen auch fernerhin genügen werden.
Die Verwaltungsrechtspflege, welche schon seit dem Bestehen der Verfassung die öffentlichen Rechte der Staatsbürger schützt, wird ver⸗ möge einer soeben erzielten Einigung weiter vervollkommnet werden durch Einführung des öffentlich⸗ mündlichen Verfahrens, Verminde⸗ rung der Instanzen und Umgestaltung der obersten Spruchbehörde im Sinne vermehrter richterlicher Unabhängigkeit.
Die Rechte und Pflichten der Stagtsbeamten haben in einem neuen Gesetze ihre umfassende Regelung gefunden. Meine Regierung ist mit der Erwägung beschäftigt, in wie weit die Bestimmungen dieses Gesetzes sich zur Ausdehnung auf sonstige Klassen öffentlicher Diener eignen.
Die Organe für die örtliche Aufsicht über die Gelehrten⸗ und Realschulen sind unter Heranziehung der verschiedenen, den Interessen der Geistesbildung zugewandten Kräfte zeitgemäß umgestaltet worden.
Für die rationelle und nachhaltige Bewirthschaftuͤng der Körper⸗ schaftswaldungen sind neue Einrichtungen durch ein Gesetz ins Leben gerufen worden, dessen Zustandekommen Ihrer vorurtheilsfreien Mit⸗ wirkung zu danken ist.
Das nahende Ende der sechsjährigen Wahlperiode mahnt Mich, mit Ihnen einen Rückblick zu werfen auf Alles, was diese Jahre an schwerwiegenden Entschlüssen, an Mühen und Erfolgen umfassen.
Unter dem Eindruck weltbewegender Ereignisse zum erstmaligen Zusammentritt berufen, haben Sie durch Ihre Zustimmung die Ver⸗ träge besiegelt, kraft welcher Mein Land seine Stelle in dem Neubau des Deutschen Reichs eingenommen hat. Von dieser Zeit an bis heute haben Sie in unermüdetem Zusammenwirken mit Meiner Re⸗ gierung eine Fülle mannigfacher und bedeutender gesetzgeberischer Auf⸗ gaben gelöst, wie es in solchem Maße kaum einer früheren Ver⸗ tr tung des Landes beschieden war.
Empfangen Sie Meinen warmen Dank für Ihren Rath, für Ihre Arbeit.
Alles, was Sie Mir vollbringen halfen, — möge es mit Gottes Segen unter dem Schutze ungestörten Friedens gedeihen zum Besten Meines Landes! 8
Ich erkläre den Landtag für geschlossen
Beaden. Karlsruhe, 4. November. Der Prinz Wasa hat am 2. Karlsruhe verlassen und die Reise nach Darmstadt fortgesetzt.
Hessen. Darmstadt, 3. November. Der Prinz Gustav von Wasa ist bei dem Prinzen Carl zu GG Be⸗ suche eingetroffen. — Wie das ‚Frkf. J.“ mittheilt, wird in Kürze die Zweite Kammer wieder zusammentreten, um noch eine Reihe rückständiger Angelegenheiten zu erledigen. Es handelt sich hierbei namentlich um das Gesetz wegen der Lehrergehälter, das Leichengesetz, den Entwurf wegen Besteuerung der Wanderlager, das Gesetz wegen der Verlöbnisse in Starken⸗ burg und Oberhessen und den Antrag der Abgg. Möllinger und Genossen wegen Zuziehung des ganzen Einkommensteuer⸗ kapitals bei Feststellung der Kommunalsteuer.
Reuß j. L. Gera, 3. November. (Weim. Ztg.) Auf seiner gestrigen Tagesordnung hatte der Landtag zum zweiten Male den Gesetzentwurf, die Aufhebung der Stolgebühren und
anderer Abentrichtungen für gewisse kirchliche Handlungen betr.
4““
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 4. November.
4 r. inga Wie die „N. fr. Presse“ mittheilt, hat in der gestrigen Sitzung des Herren hauses Graf Widmann⸗Sedlnitzky für einen Inter⸗ pellationsentwurf in der orientalischen Frage Unter⸗
schriften gesammelt. Der Versuch mißlang jedoch, da die Mitglieder des Hauses keine Geneigtheit zeigten, in dieser Frage gegenwärtig die Regierung zu interpelliren.
— (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Ab⸗ geordnetenhauses begann die Debatte über die In⸗ terpellationsbeantwortung in der orientalischen Frage. Der Abg. Zschok sprach gegen jede Gebietserweiterung der österreichischen Monarchie und gegen jede Veränderung des Besitzstandes der Türkei. Der Abg. Demel wandte sich gegen 4
die Politik Rußlands. Der Abg. Granitsch wünschte das for melle Recht der österreichischen Regierung gewahrt zu sehen ihren Einfluß auf die Leitung der auswärtigen Politik gel⸗ tend zu machen. Hohenwart erklärte, er sei zunächst zwar weder für eine Okkupation noch für eine Annexion, jedoch dürfe man weder die eine noch die andere Eventualität unter allen Umständen perhorresciren. Die Debatte soll am nächsten Montag fortgesetzt werden.
— (W. T. B.) Ueber die heutige Debatte im Ab⸗ geordnetenhause über die orientalische Frage wird weiter gemeldet: Nach dem Abgeordneten Granitsch sprachen noch Goellerich, Kuranda und v. Plener. Letzterer führte aus, Oesterreich dürfe bei einem eventuellen Zusammenbruche der Türkei nicht isolirt dastehen und könne nicht zugeben, daß an seinen Grenzen gegen seinen Willen staatliche Neubildungen vor sich gingen. Oesterreich müsse mit den ihm verwandten und benachbarten Staaten im Kontakte bleiben. Dies sei der gesunde Gedanke des Dreikaiserbündnisses, welches Oesterreich eine ehrenvolle Stellung gesichert habe.
Pest, 2. November. Uebermorgen wird in Karlowitz unter dem Vorsitze des Patriarchen eine Synode der Bischöfe der serbischen Nationalkirche eröffnet werden. Nächste Aufgabe derselben ist die Regelung des theologischen Unter⸗ richts. Die Bischöfe wollen nämlich die Lehranstalten in Karlowitz und Werschetz nach Art der katholischen Priester⸗ seminarien zu ordentlichen theologischen Fakultäten umgestal⸗ ten, um der berufsmäßigen Ausbildung ihres Klerus eine bessere wissenschaftliche Grundlage zu geben.
— 3. November. Der österreichische Botschafter bei der Pforte, Graf Zichy, wird — einer Meldung der „Pester Corr.“ zufolge — jedenfalls noch im Laufe dieses Monates behufs Erstattung eines mündlichen Berichtes in Wien, be⸗ ziehungsweise in Ofen eintreffen. .
— 4. November. Wie der „Ellenör“ meldet, hat vor⸗ gestern hier ein Ministerrath stattgefunden, in welchem mehrere Details des österreichisch⸗ungarischen Handelsbünd⸗ nisses zur Erörterung gelangten. Zum Schlusse kamen auch die Ereignisse im Orient zur Sprache, weshalb Graf Andrassy am Ministerrathe Theil nahm.
— In der heutigen Sitzung des Finanzausschusses wurde in Betreff der Bedeckung des Defizits der Alter⸗ nativvorschlag der Regierung angenommen und beschlossen, in dem allgemeinen Berichte auszusprechen, daß bezüglich der Herstellung des Gleichgewichtes im Staatshaushalte Fortschritte gemacht worden sind und daß begründete Hoffnung sei, daß das Gleichgewicht, wenn auf dem betretenen Wege fortge⸗ schritten wird, in einigen Jahren hergestellt sein werde.
Agram, 4. November. Im Landtage begann gestern die Generaldebatte über das Budget.
Schweiz. Bern, 2. November. (Köln. Ztg.) Zu den ultramontanen Rekursen, welche dem Bundesrath aus dem Kanton Dessin gegen das Vorgehen des Staatsrathes ein⸗ gegangen sind, ist nun auch ein solcher der Gegenpartei ge⸗ kommen, welchen das liberale Comité in Lugano ein⸗ gereicht hat, und zwar gegen das Großrathsdekret vom 6. Mai 1876. Dasselbe ordnet zwar die Wahl des Großen Rathes im Verhältniß der Bevölkerung auf Grundlage von je 1000 Personen der tessinischen Kantonsangehörigen und die nach Maßgabe der Bundesverfassung im Kanton nieder⸗ gelassene Schweizer an, verfügt dabei aber geheime und gemeindeweise Abstimmung und ist gegen den Bundesrathsbeschluß vom 17. Juni d. J. gerichtet, welcher den Staatsrath von Tessin anweist, die Volksabstimmung über das obige Großrathsdekret vornehmen zu lassen. Inzwischen herrscht im Kanton Tessin überall die größte Ru he, was auch der Nationalrath Bavier, der eidgenössische Kommissar, neuer⸗ dings bestätigt hat. — Die Gotthard⸗Kommission des Bundesraths wird, nachdem die Sub⸗Kommissionen noch eine Sitzung gehalten, Mitte November im Plenum zusammen⸗ treten, um den Generalbericht über die Rekonstruktion des Gott⸗ hardbahn⸗Unternehmens festzustellen. 8
Großbritannien und Irland. London, 4. November. (Engl. Corr.) Der Prinz von Wales hat sich mit seiner ganzen Familie und mit den Prinzen Ludwig von Hessen und Johann von Glücksburg gestern nach Sandringham be⸗ geben. Der Herzog und die Herzogin von Bedford begeben sich zum Besuche des Botschafters Lord Odo Russell nach Berlin. — Dr. William Playfair vom Kings College Hospital ist nach Malta abgereist, da die Ent⸗ bindung der Herzogin von Edinburgh bevorsteht. — Heute um 2 Uhr Nachmittags ist Ministersitzung. — Wie der „Standard“ meldet, hat die britische Regierun Kommissäre zur Regelung der Streitfrage vezuglic der Grenze des Orange⸗Freistaates ernannt. Die⸗ selben werden in Kurzem ihre Arbeiten beginnen. — Kar⸗
dinal Manning begiebt sich am 6. d. Mts. in geschäftlichen
Angelegenheiten nach Rom und gedenkt erst kurz vor Weihnachten nach London zurückzukehren. — Die vom Nordpol zurückgekehrten Schiffe „Alert“ und „Dis⸗ covery“ kamen gestern in Portsmouth an, das sie vor 17 Monaten verlassen hatten. Die Einfahrt in den Hafen geschah unter dem Donner der Geschütze der Ufer⸗Batterien und dem enthusiastischen Jubel der am Gestade versammelten unabsehbaren Menschenmenge, der selbst die Klänge des von mehreren Kapellen gespielten „Rule Britannia“ übertönte. Die Truppen der Garnison waren längs des Gestades in
Farade aufgestellt und die im Hafen befindlichen Schiffe hatten
zu Ehren der Nordpolschiffe festlich geflaggt.
— (Köln. Ztg.) Der Lord Oberrichter zeigt an, daß das Urtheil im Rechtsfall des deutschen Dampfers „Franconia“ in nächster Woche verkündet werden wird. — Die Regierung hat den Ingenieur⸗Obersten Lennox als militärischen Attaché der Botschaft in Konstanti⸗ nopel ernannt.
Frankreich. Paris, 4. November. Heute Mittags 1 Uhr fand ein Ministerrath in Versailles statt. Der Conseilspräsident Dufaure begab sich darauf zur Be⸗ rathung des Gatineauschen Antrages in die Ausschuß⸗ sitzung, wo er erklärte, den Entwurf des Ausschusses in seiner jetzigen Gestalt verwerfen zu müssen, indem er hinzu⸗ fügte, daß die Minister je nach eigenem Ermessen abstimmen würden. — Der italienische Botschafter am russischen Hofe, Nigra, der sich in der letzten Zeit in Peris aufhielt, ist heute nach St. Petersburg abgereist. — Heute trifft Hr.
Thiers aus Cannes in Paris ein, um sich an den Kammer⸗
verhandlungen zu betheiligen. — Kammerverhandlungen — (Köln. Ztg.) In der heuüͤtigen Sitzung der Deputirten⸗
Diebstahls
suchung begonnen,
vom 4. November.
kammer legte Robert Mitchell einen Antrag auf den Tisch des Hauses, der dahin geht, daß die von der Reblaus be⸗ fallenen Weinberge von der Grundsteuer ausgenommen werden. Keller, der klerikale Deputirte, brachte einen Entwurf zur Ver⸗ besserung der Lage der Unteroffiziere ein. Bei Fortsetzung der Berathung über den Antrag Gatineau erklärte der Berichterstatter Lisbonne, der Ausschuß habe den Gegen⸗ antrag von Bousquet geprüft und schlage aus Versöhnlich⸗ keitsrücksichten folgende Fassung vor: „Von dem Tage der Verkündigung gegenwärtigen Gesetzes wird Verjährung für alle Handlungen der Kommune allen denjenigen Personen be⸗ willigt, die bis dahin nicht verfolgt worden, mit Ausnahme der Personen, welche des Mordes, der Brandstiftung oder des verdächtig sind. Desgleichen tritt Verjährung unter denselben Verhältnissen ein für solche, deren Unter⸗ doch noch nicht geschlossen ist. Art. 2 und 3 des ersten Entwurfes werden aufrecht erhalten.“ Bousquet entgegnete, daß er, da der neue Antrag nicht von dem Minister Dufaure angenommen worden, seinen An⸗ trag aufrecht erhalte. Gatineau bemerkte, die Regierung nehme weder den ersten Artikel von Bousquet noch den des Ausschusses an, aber jener des Ausschusses komme den An⸗ sichten der Regierung näher. Hierauf wurde der Artikel 1 des Gegenantrages verworfen, dagegen der des Ausschusses mit 353 gegen 149 Stimmen angenommen. Artikel 2, der die Militärgerichtsbarkeit durch die gewöhnliche für die in Artikel 1 aufgeführten Angeklagten ersetzt, wurde gleich⸗ falls angenommen. Artikel 3 ordnet die Verweisung der in den vorhergehenden Artikeln unter die Ausnahmen einbe⸗ griffenen Personen vor den Assisenhof an. Nach lebhafter Debatte nahm die Kammer den Artikel mit 244 gegen 242 Stimmen an. Artikel 4, welcher die in Kontumaz verur⸗ theilten Personen betrifft, wurde mit 318 gegen 181 Stimmen genehmigt und darauf die Sitzung aufgehoben.
Spanien. Madrid, 4. November. (Köln. Ztg.) Die Regierung hat keineswegs die Absicht, auf die Diktatur zu verzichten, sondern will den Cortes nur einige Milderungen des gegenwärtigen Zustandes vorschlagen.
— 5. November. (W. T. B.) In einer Versamm⸗ lung von Kongreßmitgliedern, welcher ungefähr 250 Deputirte beiwohnten, hielt der Minister⸗Prä⸗ sident Canovas del Castillo eine Rede, worin er sagte: „Niemals zuvor habe Spanien eine so starke Armee nach Cuba entsandt, um seine Ehre zu vertheidigen, wie jetzt. Spanien müsse Cuba um jeden Preis retten, denn sein Verlust würde für die Nation von schwerwiegenden Folgen sein.“ Bezüglich der Frage des allgemeinen Stimmrechtes erklärte der Minister, daß die Regierung dasselbe bekämpfe, da sie der Ansicht sei, daß, wer nichts besitze, auch nicht mit⸗ stimmen dürfe. Was die religiöse Frage angehe, so habe die Bevölkerung gesehen, wie die Regierung den Art. XI. der Verfassung auslege.
Italien. Rom, 5. November. (W. T. B.) Soweit das Resultat der Wahlen bhis jetzt bekannt ist, stellt sich dasselbe wie folgt: Von 169 definitiven Wahlen sind 141 zu Gunsten der Fortschrittspartei, 28 zu Gunsten der gemäßigten Partei ausgefallen. Unter den Gewählten befinden sich die Minister Depretis, Nicotera, Zanardelli, Majorana, Mancini und Coppino, ferner Minghetti. Visconti⸗Venosta ist in Tirano unterlegen, in Mailand kommt er mit Correnti zur engeren Wahl. Garibaldi kommt in Rom, Brin in Livorno zur engeren Wahl, Beide haben große Majo⸗ ritäten. Im Ganzen sind 101 Stichwahlen erforderlich. Die drei Wahlbezirke Roms, in denen eine Stichwahl stattfindet, zeigen eine große Majorität für die Kandidaten der Fort⸗ schrittspartei. Zwei weitere Wahlbezirke Roms haben fort⸗ schrittlich gewählt.
— 6. November. (W. T. B.) ist gestorben.
Kardinal Antonelli
Griechenland. Athen, 4. November. (W. T. B.) Der König hat an den Minister⸗Präsidenten Comundu⸗ ros ein Handschreiben gerichtet, in dem er die von dem⸗ snsce getroffenen politischen und militärischen Maßnahmen billigt.
Türkei. Konstantinopel, 1. November, Abends. Der italienische Gesandte hat heute dem Sultan seine Be⸗ glaubigungsschreiben überreicht. Die Ueberreichung der Kredi⸗ tive Seitens des spanischen Gesandten findet morgen statt.
— 4. November. (W. T. B.) Der französische Botschafter Graf von Bourgoing ist heute mit dem französischen Stationsschiffe „Petrel“ nach Marseille abge⸗ reist, um sich von dort nach Paris zu begeben. Die hier weilenden Botschafter haben zum größten Theil ihre Winter⸗ palais in Pera bezogen. — In der nächsten Woche sollen die von den fremden Mächten zur Festsetzung der Demarka⸗ tionslinie designirten Offiziere nach dem Kriegsschauplatze abgehen.
Wien, 4. November. (W. T. B.) Wie der Politischen Korrespondenz“ aus Konstantinopel gemeldet wird, soll die Konferenzfrage wieder in den Vordergrund rreten. Der russische Botschafter, General Ignatieff, habe sich für den Zusammentritt einer Konferenz in einer europäischen Stadt ausgesprochen und beabsichtige demnächst, den Mächten ein Programm für die Konferenz vorzulegen. Wie die genannte Korrespondenz weiter wissen will, sei die Pforte keineswegs gegen eine Konferenz, vorausgesetzt, daß sie zur Theilnahme an derselben eingeladen werde.
— (W. T. B.) Das hier zirkulirende Gerücht, Oester⸗ reich treffe Vorbereitungen zum Einrücken in Serbien, entbehrt, wie von gut unterrichteter Seite versichert wird, jeder Begründung. — Bezüglich des russischen Ulti⸗ matums wird nachträglich aus Serajewo und anderen Vila⸗ etshauptstädten gemeldet, daß die dortigen russischen Konsuln
für den Fall eines Bruches Rußlands mit der Pforte bereits angewiesen waren, abzureisen und den Schutz der russischen Unterthanen den österreichischen Konsuln zu überlassen.
Paris, 5. November. (W. T. B.) Der diesseitige Bot⸗ schafter in Konstantinopel, Graf Bourgoing, hat der „Agence Havas“ zufolge die Reise hierher in Folge einer Weisung des Herzogs Decazes angetreten, welcher mit dem Grafen über die politische Lage zu konferiren und demselben diesbezügliche Instruktionen zu ertheilen wünscht. — Wie die „Agence Havas“ ferner wissen will, wären von England Er⸗ öffnungen gemacht worden, die auf den Zusammentritt einer Konferenz der Botschafter in Konstantinopel, denen je ein “ Spezialbevollmächtigter beigegeben werden solle, ab⸗ ““ 8
Nach aus Albanien in Ragusa eingelangten Berichten steht Derwisch Pascha mit 15 Bataillonen in Podgorizza. Die Monte⸗ negriner machen Anstrengungen, um sich der zwischen Spuc und Pod⸗ gorizza liegenden Blockhäuser zu bemächtigen und die Verbindung zu unterbrechen.
Der augenblichliche Effektivstand der türkischen Truppen in Albanien beträgt, der „Pol. Corr.“ zufolge, höchstens 20,000 Mann. Dieselben werden durch Desertionen, namentlich der asiatischen Irregulären, stark gelichtet. Die christlichen Albanesen werden, seitdem sie die drei⸗ monatlichen erfolglosen Versuche der Türken, in Montenegro einzudringen, als Augenzeugen gesehen haben, den Türken täglich ab⸗ geneigter und verlieren das Vertrauen in die Macht der Pforte. Die albanesische Bevölkerung der von den Montenegrinern okkupirten Döͤrfer kehrt allmählich in ihre Wohnorte zurück, wozu der Umstand beiträgt, daß im Gegensatze zu den türkischen Behörden, welche die⸗ selben Hunger leiden ließen, die montenegrinischen Kommandanten mit Strenge die Sicherheit des Lebens und des Eigenthums aufrecht erhalten. So kommt es, daß diese ursprünglich den orthodoren Montenegrinern so feindselige kathol sche Bevölkerung sich mit ihren orthodoren Eroberern aussöhnt und ihr korrektes Verhalten mit ihren Sympathien erwidert.
Belgrad, 1. November. Ueber die gegenwärtige Lage Serbiens wird der „Pol. Korr.“ geschrieben:
Die letzten acht Tage haben dem Lande wie dem Heere tiefe Wunden geschlagen. Viele Tausende sind gefallen, eben so viele schwer verwundet. Alexinatz mußte (am 28. v. M.) geräumt werden; die starken Djunis⸗Positionen sind von den Türken, nach hartnäckigen Kämpfen, erobert worden. Viele Ortschaften sind in Flammen auf⸗ gegangen. Die Finanzen sind zerrüttet. Der Staatsschatz ist total erschöpft. Der Staat ist mit Schulden belastet. Der mühsam er⸗ rungene geringe Wohlstand ist vernichtet. Die Blüthe der Nation ist geknickt. Das Land bedarf eines langen Friedens.
Indessen ist durch den Krieg auch Vieles gewonnen worden. Vor Allem wird Serbien nunmehr jener Aktionspartei loswerden, deren Credo es war: Der Krieg mit der Pforte muß geführt werden! Man ist reich an Erfahrungen geworden und diese Erfahrung wird die besonnenen Elemente zu einer für den Staat heilsamen Geltung bringen. Der wilde Kampf der Parteien wird nicht mehr erneuert werden. Der Werth der Meinungen und politischen Prinzipien ist jetzt ins rechte Licht gestellt worden. Bei Djunis sind die Ultras aufs Haupt geschlagen worden. Die Niederlagen haben den Eraltados, den Hypernatio⸗ nalen, den politischen Schwärmern den Boden unter den Füßen ent⸗ zogen.
Der Waffenstillstand, der schon morgen faktisch eintreten soll, die Einleitung zu einer Friedensepoche betrachtet und begrüßt.
Der Kriegs⸗Minister hat bereits Kommissäre ernannt, welche bei der Ziehung der Demarkationslinie mitwirken sollen.
Alle Gerüchte über die Demission Tschernajeffs sind bis zur Stunde unbegründet.
Semlin, 4. November. (W. T. B.) Gegenüber den Gerüchten von Zerwürfnissen zwischen der serbischen Regierung und dem Oberkommando der Armee läßt der Mi⸗ nister des Innern erklären, daß weder früher noch jetzt Zer⸗ würfnisse stattgefunden haben. General Tschernajeff habe bei der mit dem Minister in Deligrad gehabten Zusammen⸗ kunft seine vollste Zufriedenheit kundgegeben.
Cettinje, 25. Oktober. Zur Situation wird der „Pol. Korr.“ von hier u. A. geschrieben:
... Uebrigens hat der Fürst gerade jetzt die volle Gewißheit erlangt, daß sein Land keine Gebietserweiterung erfahren dürfte, in⸗ dem die Repräsentanten von zwei Großmächten am 22. d. M. im Namen ihrer Regierungen dem Fürsten den Rath ertheilten, die Territorialfrage ganz ruhen zu lassen, „da die Pariser Vertragsmächte keine Lust haben, den status quo auf der Balkan⸗Halbinsel alteriren zu lassen“. Man würde der Frage der in Bulgarien, Bosnien und der Herzegowina einzuführenden Reformen die volle Auf⸗ merksamkeit zuwenden und gedenke nicht, diese schon an sich schwie⸗ rige Frage durch neue Schwierigkeiten noch verwickeln zu lassen. .. ... Einen unangenehmen Eindruck machte die aus den Nahijen eingetroffene Meldung über die starke Abnahme und Knappheit der Lebensmittel. Montenegro hatte Proviant für einige Monate vor⸗ bereitet; auch aus Rußland kamen ansehnliche Quantitäten Mehl an. Allein damit mußten nicht nur die im Felde stehenden Montenegriner, sondern auch ihre zu Hause gebliebenen Familien verpflegt werden. Die Nahrungssorgen sind nicht gering und da der Winter vor der Thüre steht, müssen rasch Vorkehrungen zur Anschaffung vou Proviant getroffen werden. Es mangelt aber auch an Geld und dieser Umstand läßt auf eine rasche Abhülfe nicht rechnen. Ein Senator dürfte dieser Tage nach Triest reisen, um Vorräthe gegen theilweise Baar⸗ zahlung anzukaufen, während ein anderer Delegirter sich nach St. Petersburg verfügen wird, um Geld aufzutreiben.
Zara, 5. November. (W. T. B.) Von Cettinje sind bereits einige Kommissare der Mächte zur Feststellung der Demarkationslinie nach dem Kriegsschauplatz abgegangen. Nach hier umlaufenden übrigens noch unverbürgten Gerüchten soll die Feststellung dieser Linie auf Grundlage des gegen⸗ wärtigen faktischen Besitzstandes erfolgen. Die blockirten Plätze sollen blockirt bleiben, jedoch während der Dauer des Waffen⸗ stillstandes in Intervallen im Verhältnisse zu der Stärke der darin befindlichen Garnison und Bevölkerrng verproviantirt werden.
Rumänien. Bukarest, 4. November. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat in ihrer heutigen Sitzung ein Comité zur Berathung einer Adresse an den Fürsten gewählt. Von dem Kriegs⸗Minister wurden Vorlagen ein⸗ gebracht, in welchen ein Kredit von 4 Millionen Francs zur Kompletirung der Bewaffnung der Armee und ferner 400,000 Fres. zur Deckung von Ausgaben für die Reservemannschaften pro Oktober verlangt werden. Die Vorlagen wurden als dringlich an die Sektionen überwiesen.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 4. Novem⸗ ber. Wie die „Ag. gén. russe“ mittheilt, war schon vor Ueber⸗ reichung des Ultimatums die beschleunigte Rückkehr des Kaiserlichen Hofes aus Livadia nach St. Petersburg be⸗ schlossen worden. Darnach gedachten Ihre Majestäten am 24. Oktober (5. November) Livadia zu verlassen, den 26., 27. und 28. Oktober in Moskau zu verweilen und am 30. Oktober in Zarskoje⸗Ssero einzutreffen. Wie der „Golos“ erfährt, wür⸗ den Se. Majestät der Kaiser und Ihre Majestät die Kaiserin Dienstag, den 26. Oktober, aus Livadia nach Moskau abreisen und darauf nach einem dreitägigen Aufenthalte in Moskau sich nach Zarskoje⸗Sselo begeben, woselbst das Eintreffen Ihrer Majestäten am 2. November (14. November) erwartet wird. — Die Beerdigung des türkischen General⸗Konsuls und seiner Gemahlin in Tiflis hat nach der „Ag. gén. russe“ in Anwesenheit Sr. Kaiserlichen Hoheit des Statthal⸗ ters vom Kaukasus und einer zahlreichen Menschenmenge am 17. (29.) Oktober stattgefunden. Die sterblichen Ueberreste Bedshet⸗Effendi's und seiner Gemahlin werden auf Wunsch ihrer Verwandten nach Konstantinopel übergeführt werden.
bwohl die gerichtlichen Nachforschungen mit großer Energie betrieben werden, ist man den Verbrechern bis jetzt noch immer nicht auf die Spur gekommen.
Amerika. Die „Times“ hat folgende Depesche aus Philadelphia vom 2. November erhalten: Für das Amt
des Mayor in New⸗York sind nur zwei Kandidaten, der Republikaner Dix und der Demokrat Smith Ely, der von allen demokratischen Parteien, den Deutschen, den Arbeitern und der Greenback Partei unterstützt wird. Die Demokraten sind zum ersten Male seit 1869 dort vereinigt, eine Vereini⸗ gung, die der Sache Tildens, der mit Erfolg gearbeitet hat, sich ihrer zu versichern, sehr zu Statten kommt. Ueberall im Süden herrscht Ruhe.
— Eine weitere Depesche der „Times“ aus Phila⸗ delphia vom 3. November meldet: Am Montag fand ein Angriff von 1200 Sioux auf das Dorf der Shoshones (500 Wohnungen, den Weißen freundlich) statt. Fast alle Shoshones wurden ermordet.
New⸗York, 4. November. (W. T. B.) Nach aus der Havanna hier eingelangter Meldung ist der neue General⸗ gouverneur, Martinez Campos, daselbst eingetroffen.
Chile. Santiago, 14. September. Das neu er⸗ nannte chilenische Ministerium gehört überwiegend und entschieden der liberalen Partei an, besonders die Herren José Alfonso, Minister des Aeußern und José Lastarria, Minister des Innern. Der Finanz⸗Minister Herr Sotomayor ist be⸗
kannt wegen seiner Polemik gegen Einführung der ausschließ⸗
lichen Goldwährung.
Asien. (A. A. C.) In Japan sind Unruhen aus⸗ gebrochen. Ein auf der japanischen Legation in London ein⸗ gegangenes Telegramm meldet darüber einige Details, die indeß nicht ganz klar und verständlich sind. Dieselben lauten: „Die Kumamotto Shisjokus (Samuri⸗Klasse) empörten sich in der Nacht des 23., viele Beamte tödtend. Sie wurden bald unterworfen. Die Kaiserlichen Truppen überwältigten auch die Akitsuki (?) Shisjokus unweit () Kokura, und hunderte ergaben sich. Die Namagutsi Shisjokus erhoben sich und ent⸗ kamen. Es wurden Befehle für deren Verhaftung erlassen.“
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
Wien, Montag, 6. November, Vormittags. Die „Mon⸗ tagsrevue“ bespricht die jüngsten Ereignisse, welche sich in der orientalischen Angelegenheit voll⸗ zogen haben und konstatirt hierbei, daß die Annahme des russischen Ultimatums Seitens der Pforte die Waffen⸗ stillstandsfrage zum Abschluß gebracht habe. Die Ge⸗ fahren eines Winterfeldzuges seien nunmehr definitiv aus⸗ geschlossen. Die Regelung der Frage wegen der De markationslinie sei bereits durch internationale Sitzungen normirt worden, denen sich auch das St. Petersburger Kabinet nicht leicht zu entziehen vermöge. Die Basis des terri⸗ torialen Status quo sei ebenso sehr dem Streite entzogen wie die prinzipiellen Punkte der Reformfragen. Die Re⸗ formnote des Grafen Andrassy vom Dezember v. J. und
das Berliner Memorandum hätten den Negociationen eine
bestimmte Richtung angewiesen. So lange Rußland die Gefahren einer Selbstisolirung scheue, sei eine ernste Krisis nicht zu befürchten. Noch habe sich Rußland nicht von den uͤbrigen Mächten getrennt; noch behaupte es eine zwar gesonderte, aber von den übrigen Kabineten nicht grundsätzlich geschiedene Stellung. Es seien gegenwärtig ge⸗ gründetere Aussichten auf Realisirbarkeit des Friedenswerkes vorhanden, als je zuvor.
Prag, Montag, 6. November, Morgens. Die Kaiserin trifft heute zum Besuch der verwittweten Kaiserin Maria Anna auf dem Hradschin ein, von wo die Kaiserin direkt nach Gödöllö zurückkehrt.
Rom, Montag, 6. November, Vormittags. Es sind nun⸗ mehr 390 Wahlen bekannt, wovon 253 definitive sind. Von den Gewählten gehören 45 der gemäßigten, 208 der Fort⸗ schrittspartei an. Gewählt ist auch Sella.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Berlin, 6. November. Die Zusammenstellung der Be⸗ schlüsse des Bundesraths zu den Beschlüssen der Justizkommission des Deutschen Reichstages, betref⸗ fend die Justizreformvorlagen, ist vorgestern Abend unter die Mitglieder des Reichstages zur Vertheilung ge⸗ langt. Hiernach macht der Bundesrath 27 Abänderungs⸗ resp. Er⸗ gänzungsvors dem Gerichtsverfassungsgesetze, 5 Abänderungsvorschläge zu dem Ein⸗ führungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetze, 9 Abänderungsvorschläge zur Civilprozeßordnung, 2 Abänderungsvorschläge zu dem Einfäͤh⸗ rungsgesetz zur Civilprozeßordnung, 42 Abänderungsvorschläge zur Strafprozeßordnung und 1 Abänderungsvorschlag zu dem Einführungs⸗ gesetz zur Strafprozeßordnung.
— Die Etats für die Verwaltung des Reichsheeres auf das Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1877 ergeben: I. für das Königlich preußische Reichs⸗Militärkontingent eine Einnahme von 76,837 ℳ (— 191,490 ℳ) Die bedeutende Mindereinnahme, gegen ein Viertel des Ansatzes im Etat für 1876 ergiebt sich daraus, daß Verkäufe von Grundstücken und von Armi rungsmaterial aus den eingegangenen Festungen, wofür der Etat fü 1876 einen Erlös von überhaupt 785,000 ℳ veranschlagt hatte, fü das erste Viertel des Jahres 1877 nicht in Aussicht zu nehmen sind Die fortdauernden Ausgaben belaufen sich im Ganzen au 60,040,660 ℳ (— 662,817 ℳ). Diese Ausgaben zergliedern sich in folgende 30 Kapitel: 1) Kriegs⸗Ministerium: 402,805 ℳ ( 4075 ℳ.) 2) das Militär⸗Kassenwesen: 55,692 ℳ (+ 360 ℳ); 3) die Militär⸗Inten danturen: 351,560 ℳ (+ 3025 ℳ); 4) die Militär⸗Geistlichkeit: 115,116 ℳ; 5) die Militär⸗Justizverwaltung: 126,528 ℳ; 6) höhere Truppenbefehlshaber: 562,044 ℳ; 7) Gouverneure, Kommandanten und Platzmajore: 151,572 ℳ (— 4140 ℳ); 8) Adjutantur⸗Offiziere und Offiziere in besonderen Stellungen: 212,529 ℳ; 9) Generalstab und Vermessungswesen: 330,456 ℳ; 10) Ingenieur⸗Corps: 353,283 ℳ; 11) Geldverpflegung der Truppen: 19,756,277 ℳ (— 189,295 ℳ); 12) Naturalverpflegung: 16,095,589 ℳ (— 360,053 ℳ); 13) Bekleidung der Truppen: 4,696,283 ℳ (— 2774 ℳ); 14) Garnison⸗Verwaltungs⸗ und Serviswesen: 7,241,381 ℳ (+ 640,678 ℳ); 15) Wohnungsgeldzuschüsse: 1,566,053 ℳ; 16) Militär⸗ Medizinalwesen: 1,594,827 ℳ (+ 212,697 ℳ); 17) Verwaltung der Train⸗Depots und Instandhaltung der Fett)irathe 103,530 ℳ; 18) Verpflegung der Ersatz⸗ und Reserve⸗Mannschaften: 153,500 ℳ (— 424,481 ℳ); 19) Ankauf der Remontepferde: 59,424 ℳ (— 861,415 ℳ); 20) Verwaltung der Remonte⸗Depots: 593,100 ℳ (+ 236,950 ℳ); 21) Reisekosten und Tagegelder, Vorspann⸗ und Transportskosten: 973,380 ℳ; 22) Militär⸗Erziehungs⸗ und Bildungswesen: 968,467 ℳ (+9 70,562 ℳ); 23) Militär⸗Gefängnißwesen: 263,494 ℳ (+ 11,816 ℳ); 24) Artillerie⸗ und Waffenwesen: 2,178,213 ℳ (s—905 ℳ); 25) Tech⸗ nische Institute der Artillerie: 133,822 ℳ; 26) Bau und Unterhal⸗ tung der Festungen: 624,367 ℳ; 27) Unterstützungen für aktive Mili⸗ tärs und Beamte, für welche keine besonderen Unterstützungsfonds bestehen: 17,700 ℳ; 28) Invalideninstitute: 130,787 ℳ; 29) Zuschuß zur Militär⸗Wittwenkasse: 202,000 ℳ; 30) verschiedene Ausgaben: 26,887 ℳ Die einmaligen Ausgaben betragen 28,692 ℳ zur Gewährung von Zulagen an die Unteroffiziere bei den Truppen in
Elsaß⸗Lothringen.
II. Für das Königlich sächsische Reichs⸗Militärkontin
chläge in Beziehung auf die Kommissionsbeschlüsse zu
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