1876 / 267 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 11 Nov 1876 18:00:01 GMT) scan diff

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Der zur Räumung der gemietheten Wohnung rurtheilte Miether, welcher das vom Wirth für die rück⸗ ständige Miethe zurückbehaltene Mobiliar heimlich aus der 5 entfernt, ist nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 18. Oktober d. J. auf Grund des §. 289 des Strafgesetzbuches mit Gefängniß bis zu 3 Jahren oder mit Geldstrafe bis zu 900 zu afen.

Königsberg, 10. November. (Königsb. Hart. Ztg.) Am 7. d. M. sich der Provinzialrath der Provinz Preußen konstituirt und seine amtliche Thätigkeit begonnen.

Merseburg, 10. November. In der heutigen Plenar⸗ sitzung des Provinzial⸗Landtages fiel die Wahl eines stellvertretenden Vorsitzenden des Provinzialausschusses auf den Landrath von Rauchhaupt. Zweiter Gegenstand der Tagesordnung war die Berathung der vom Provinzialausschuß vorgelegten Ordnung für die Wegebauverwaltung der Provinz Sachsen. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung betraf den vom Provinzialausschuß vorgelegten Plan zur Reorgani⸗ sation der Taubstummenanstalten in der Provinz Sachsen.

Rendsburg, 9. November. (Kieler Ztg.) In der gestrigen 5. Sitzung des schleswig⸗holsteinschen Pro⸗ vinzial⸗Landtages wurde der Antrag der zur Mitwir⸗ kung und Kontrole bei den Geschäften der Rentenbank gewählten Abgeordneten, betreffend die Errichtung einer Rentenbank für Schleswig⸗Holstein in Kiel —2. Die Vorlage motivirt den Antrag kurz zusammenge aßt olgendermaßen: „Die Geschäfte der Rentenbank zu Stettin, ür die Provinzen Schleswie Dolftein und Pommern gemein⸗ sam errichtet, haben für Schleswig⸗Holstein einen Umfang an⸗ genommen, der zur Zeit der Gründung der Bank nicht er⸗ wartet werden konnte. Beamte der Rentenbank in Stettin erklären, daß das Rentenbankgeschäft für Schleswig⸗Holstein dasjenige für Pommern weit übertreffe. Es verfügt nun zwar die Allerhöchste Ordre vom 7. März 1873 die Verbindung Schleswig⸗Holsteins und Pommerns zu einer gemeinschaftlichen Rentenbank in Stettin, aber das Gesetz über Errichtung von Rentenbanken vom 2. März 1850 bestimmt für jede Provinz zur Beförderung der Reallasten u. s. w. eine Rentenbank.“ Es wurde beschlossen, an Se. Majestät den König das Gesuch zu richten, die Verfügung vom 7. März 1873 wieder aufzuheben und die Errichtung einer für Schleswig⸗Holstein allein be⸗ stehenden Bank zu gestatten. Auf Antrag des Berichterstatters Niemand⸗Heide wurde ferner beschlossen, für jetzt noch keinen Ort der Provinz festzustellen.

Bayern. München, 9. November. (Allg. Ztg.) Der König begiebt sich morgen auf einige Zeit nach Hohen⸗ schwangau, wohin auch das Königliche Hoflager ver⸗ legt wird.

Baden. Karlsruhe, 10. November. 88. T. B.) Nach den nunmehr vollständig eingegangenen Wahlberichten ist der Reichstagsabgeordnete Grimm, der in Folge seiner Ernen⸗ nung zum Justiz⸗Minister seines Mandates verlustig gegangen war, in dem 13. badischen Reichstagswahlkreise wieder⸗ gewählt worden.

Hessen. Darmstadt, 8. November. Wie das ‚Frankf. J.“ mittheilt, sollen nach einer neuerdings von dem Justiz⸗ Ministerium zur Ausführung des Reichs⸗Civilehe⸗Gesetzes ge⸗ troffenen Anordnung die Funktionen eines Standesbeam⸗ ten zwar im Allgemeinen von den Bürgermeistern, bezw. de⸗ ren Stellvertretern wahrgenommen werden; es verlangt aber für die Zutunft jene Behörde bei jedem nothwendig werdenden Wechsel in der Person des Standesbeamten oder dessen Stell⸗ vertreters besondere Vorlage, um nach Befund besondere Be⸗ amte zu ernennen. Der von der Regierung den Ständen zugegangene Gesetzentwurf wegen Besteuerung der Wander⸗ Lager, welcher ursprünglich dem Gesetzgebungs⸗Ausschuß zum Bericht überwiesen war, ist neuerdings dem Finanzausschuß zugetheilt worden. Als Berichterstatter ist Abg. Möllinger er⸗ nannt und steht dessen Bericht in dem letztgenannten Ausschuß in Kürze bevor, so daß trotz der unliebsam eingetretenen Ver⸗ zögerung die Angelegenheit bei dem nächsten Zusammentritt der Zweiten Kammer ihre Erledigung finden wird.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. November. Der Kaiser ist heute Morgens von Gödöllö nach Wien zurückgekehrt.

88 Civilprozeßordnungs⸗Ausschusse erklärte der Justiz⸗Minister, daß die Reichsrathssession diesmal vielleicht bis zum Juni sich erstrecken dürfte.

10. November. (W. T. B.) Die Mutter des Grafen Andrassy, die Gräfin Adele Andrassy, ist heute früh in Szoeloeske gestorben. Der Kaiser und die Kaiserin haben dem Grafen Andrassy aus Anlaß dieses Todesfalls ihre Theilnahme ausgesprochen.

Prag, 9. November. Wie der Presse“ von hier tele⸗ graphisch gemeldet wird, wurde der Befehl an die Staatsbahn, den Kaiserlichen Marstall sammt der Hofdienerschaft nach Gödöllö zu befördern, sistirt, indem der Kaiser und die Kaiserin Sonntag oder Montag, wenn die Witte⸗ rung es zuläßt, nach Pardubitz wieder abzureisen gedenken. Pola, 10. November. (W. T. B.) Das Kasematt⸗ schiff „Don Juan d'’Austria“ geht morgen von hier nach der Levante ab, die Korvette „Donau“ wird dem⸗ selben demnächst folgen.

Pest, 9. November. Die liberale Partei des Ab⸗ geordnetenhauses wird am 12. eine Konferenz ab⸗ halten, in welcher das Arbeitsprogramm des nächsten Sessions⸗ abschnittes festgestellt werden soll. Vorerst dürfte der Ge⸗ etz⸗ entwurf über die Maßregeln gegen den Wucher zur Ver⸗ handlung gelangen. Die Budgetdebatte soll am nächsten Donnerstag beginnen.

Das Wczsa güich bezüglich gepflogenen Ausschuß⸗ und Synodalverhandlungen wird entgegen dem gestern über diesen Gegenstand mitgetheilten Telegramm des ‚Ellenör“ aus Karlowitz von der „Bud. Corr.“ in folgender Weise dargestellt: „Der serbische Kongreßausschuß hat am 13. Oktober seine vierte Quartalssitzung zur Erledigung der zahlreichen lausenden Angelegenheiten begonnen und seine Arbeit auch bereits be⸗ endet. Am 4. November hat die im Einvernehmen und mit ausdrücklicher Zustimmung der ungarischen Regierung einbe⸗ rufene serbische Bischofssynode begonnen, welche ebenfalls die in ihren Kompetenzlreis gehörenden laufenden Angelegen⸗ heiten, namentlich Appellationen, erledigt. Von einer Aen⸗ derung der serbischen Kirchenautonomie ist selbstverständlich

der in Karlowitz

Bourgoing, traf

jetzt nirgends die Rede. Die von Sr. Majestät sanktionir⸗ ten bleiben in Kraft, daran wagt Niemand zu rütteln.“

Agram, 9. November. In der heutigen Sitzung des Landtages verlas der Präsident eine Seescef des Agramer Königlichen Gerichtshofes in Strafsachen als Preßgericht, worin derselbe die Auslieferung des, eines Preßvergehens angeklagten Abgeordneten Anton Jakic erbittet. Die Zu⸗ schrift wurde dem Immunitätsausschusse zugewiesen. Sodann wurde das Kultusbudget, konform den Ausschußanträgen, er⸗ ledigt und begann die Berathung des Justizbudgets.

Schweiz. Bern, 8. November. (N. Zürch. Ztg.) Die Subventionsquoten für die letztjährigen Arbei⸗ ten der Gotthardbahn sind bezahlt worden von Italien und Deutschland, ferner von den Kantonen Baselstadt, Basel⸗ land, Thurgau, Schaffhausen, Nidwalden, Tessin, Uri und Aargau. Von Schwyz wird die Auszahlung in den nächsten Tagen erfolgen. Obwalden hat noch keine Entscheidung ge⸗

erst die Ermächtigun s Großen bezw. Kantonsrathes ein⸗ holen. Bis sämmtliche Subventionen eingezahlt sind, werden die bereits eingelangten Gelder in der Staatskasse verbleiben, da dieselben für das betreffende Jahr nach Art. 19 des inter⸗ nationalen Vertrags jeweilen zusammen vom Bundesrathe an die Gesellschaft abzuliefern sind. Nach Art. 20 des gleichen Vertrags hat die Schibeiz gegenüber den beiden anderen Ver⸗ tragsstaaten eine Subvention von 20 Millionen übernommen. Falls nun einer oder mehrere Kantone die Zahlungsleistung verweigern sollten, so wird in der Bundesversammlung die Frage zur Erörterung kommen müssen, ob nicht der Bund verpflichtet sei, einstweilen die fehlenden Quoten aus seiner Kasse zu ergänzen, immerhin unter Wahrung des Rückgriffs⸗ rechtes auf die betreffenden Kantone. Am 9. d. wird sich die Subkommission zum letzten Male versammeln und am 20. d. die gesammte Untersuchungskommission zusammentreten.

Großbritannien und Irland. London, 9. November. (Engl. Corr.) Der Hof wird am 17. von Balmoral nach Windsor übersiedeln. Die Königin hat den General Sir R. Airey in den Peersstand erhoben. Die „Mor⸗ ning Post“ meldet: „Fürst Johann Ghika, früher Fürst von Samos, wird heute in außerordentlicher Sendung in London erwartet. Er ist verschiedene Male Minister gewesen und ist im gegenwärtigen Augenblicke Vize⸗Präsident des rumänischen Senates, dessen Präsidentschaft ex officio mit dem Primat der rumäünischen Kirche zusammenfällt.“ Gestern war wieder Ministersitzung. Sämmtliche Minister waren anwesend; auch das jüngste Mitglied Sir Michael vr. mit dem die Zahl der Minister auf 12 steigt. Mr. Philip W. Currie vom auswärtigen Amte ist zum Sekretär bei der Spezialsendung Lord Salisbury's ernannt worden. Attachirt werden derselben außerdem Mr. H. A. Lee und Mr. James Hozier. In London fiel gestern zum ersten Male in diesem Winter etwas Schnee, in Schottland dagegen war die Kälte und der Schneefall sehr groß.

Frankreich. Paris, 9. November. Heute Morgen war Ministerrath im Elysée. Derselbe beschloß, wie man der „Köln. Ztg.“ meldet, die beiden ersten Artikel des Gesetzes Gatineau anzunehmen und nur gegen den Art. 3 aufzu⸗ treten, welcher diejenigen, die unter Verfolgung bleiben, vor die Afsisenhofe stellt. Bei der Wahl des Ausschusses für den Antrag im Senat sprachen sich zwei Minister, die Herren Leon Say und Waddington, auch für die Art. 1 und 2 aus, gr. Dufaure gab seine Stimme einem Mitgliede der iinken, nämlich Jules Simon. Der Ausschuß selbst besteht aus 5 Gegnern und vier Freunden des Gesetzes. Von den letzteren sprach sich aber nur ein Mitglied, nämlich 12 Pelle⸗ tan, für die Beibehaltung des Art. 3 aus. ie man annimmt, wird der Senat die beiden ersten Artikel des Gesetzes annehmen, den dritten verwerfen. Der französische Botschafter in Konstantinopel, Graf von 1 in verwichener Nacht in Paris ein. Bei der heutigen Berathung des Budgets der Colonien in der Deputirtenkammer wurde der Direktor der Kolo⸗ nien, Benoist d'Azy, von Germain Casse und dem Bericht⸗ erstatter Raoul Duval lebhaft angegriffen. Der Direktor wurde beschuldigt, Theilhaber einer Handelsgesellschaft in der Kolonie Mayotte zu sein, welche von der Direktion auf alle Weise unterstützt werde. Benoist d'Azy, welcher der Versamm⸗ lung als Regierungs⸗Kommissar anwohnte, vertheidigte sich selbst. Der Admiral Fourichon trat ebenfalls für die Koloniendirek⸗ tion ein und erklärte unter dem Beifall der Rechten, daß, falls ein Tadelsvotum erlassen würde, er dieses auf sich nehmen und sofort seine Entlassung einreichen werde. Die Linke protestirte

egen die Worte des Ministers, da es sich keineswegs um seine erson handle, und Gambetta that dar, daß es sich ebenso⸗ wenig um ein Tadelsvotum handle; eine politische Frage liege nicht vor, sondern nur eine Budgetfrage, d. h. die Streichung des Kredits für die Stelle eines Direktors der Kolonieen. Der Minister erklärte darauf, daß er die von dem Ausschuß vor⸗ eschlagene Verminderung des Kredits annehme. Der ganze Zwischenfall endete auf friedliche Weise. Die Kolonie Mayotte, die südöstlichste der afrikanischen Komoren, am Eingange des Kanals von Mozambique, ist zwar nur 6 Quadratmeilen groß, aber die Wichtigkeit besteht in seiner Lage und in seinem vortrefflichen Hafen; die Insel hat etwas über 7000 Einwohner, die Handel und einen vortheil⸗ haften Bau des Zuckerrohrs betreiben. Mayotte ist zugleich Sitz der Civil⸗ und Marinebehörden für sämmtliche Besitzun⸗ gen Frankreichs um und auf Madagaskar, die zusammen zwar nur 26 Quadratmeilen mit 27,000 Einwohnern haben, aber aus dem Handel mit Madagaskar bedeutende Vortheile ziehen. Die Hauptbeschwerden des Budgetausschusses über die Ko⸗ lonialverwaltung der letzten drei Jahre gehen, dem „Temps“ zufolge, dahin, daß die Ausgaben für die Lebensmittel und Spitäler der Kolonialtruppen unverhältnißmäßig vergrößert worden seien, daß die letzte Anleihe Neu⸗Kaledoniens unter ungünstigen Bedingungen abgeschlossen sei und daß die Kolonie Mayotte heimlich durch übertriebene Geldunterstützungen und durch Verleihung eines für diese Kolonie viel zu kostspieligen Postpaket⸗Dienstes vom Kolonial⸗Direktor begünstigt werde. Der „Temps“ benutzt die Gelegenheit, um eine Aufstellung der dreizehn überseeischen Besitzungen zu geben, welche im Ganzen 130,000 Quadrat⸗Kilometer zählen, also größer als der vierte Theil von Frankreich sind, und mehr als drittehalb Millionen Einwohner haben. Die größte dieser Kolonieen ist Guyana, mit 72,000 Quadrat⸗Kilometer, aber mit nur 24,170 Einwohnern; Cochinchina hat 30,000 Quadrat⸗Kilometer mit

troffen und Zürich, 9 % Luzern, Zug und Solothurn wollen

1 ¼ Millionen Einwohner; Neu⸗Kaledonien 14,850 Quadrat⸗

Kilometer mit 60,000 Einwohnern. Jede dieser dreizehn Ko⸗ lonien ein Lokalbudget, das dem Budget jedes Departements entspricht, aber nicht wie diese dem allgemeinen Budget ange⸗ hängt ist. Die Subvention, die der Staatsschatz diesem Lokal⸗ budget ertheilt, beträgt für 1877 nur 691,950 Frcs., welche auf Guyana, Saint Pierre und Miquelon, Sainte Marie, Mayette, Tahiti und NeuKaledonien vertheilt sind, also auf die kleinsten oder jüngsten Kolonieen. Die übrigen bringen dem Staatsschatze etwas ein, so Französisch⸗Ostindien mit 489 Quadrat⸗Kilometer und 268,000 Einwohnern 105,665 Frcs. Frankreichs Kolonialbudget für Verwaltung, Geistlichkeit, Streitkräfte, Häfen u. s. w. beträgt in diesem Jahre runde 17 ½ Millionen, wobei die 9,890,907 Frcs. nicht mitgerechnet .. welche die Ausgaben für die Strafanstalten in Anspruch nehmen.

Der Finanz⸗Minister, schreibt das „Journal des Debats“, hat an den Präsidenten des Finanz⸗Ausschusses des Senats einen Brief über das Verfahren gerichtet, welches bei der Uebermitt elung des von der Deputirtenkammer vo⸗ tirten Budgets an den Senat zu beobachten wäre, um die Fristen dieser Uebermittelung nach Möglichkeit abzukürzen. Der Minister macht bemerklich, daß er, wenn erst alle Theile des Budgets (Gesetzesterte und Tabellen) definitiv von der Deputirtenkammer votirt sein werden, noch einige Zeit brauchen wird, um ein neues Exposé anszuarbeiten, das vo⸗ tirte Gesetz drucken und vertheilen zu lassen. Dann würden die Mitglieder des Senats das Budget zu prüfen, der Aus⸗ schuß seine Referenten zu ernennen, die ihre Berichte zu er⸗ statten und der Senat endlich sie durchzuberathen haben. Ueber alledem könnte leicht das neue Jahr ohne daß die Regierung in der Lage wäre, das Budget zu pro⸗ mulgiren, die votirten Steuern zu erheben und die vorschriftsmäßigen Staatsausgaben anzuordnen. Um diesem Uebelstande zu begegnen, hat der Minister nach dem Votum jedes einzelnen Voranschlags in der Deputirten⸗ kammer von seinen Bureaus eine Uebersicht ausarbeiten lassen, welche für jedes Kapitel 1) die ursprünglichen Anträge der Regierung und die von der Kammer bewilligten Kredite, 2) die von der Kammer bewerkstelligten Krediterhöhungen oder Herabsetzungen und 3) die Bezeichnung der von der Kammer verweigerten Kredite, auf deren Bewilligung die Regierung bestehen muß, enthält. Als Beispiel hat der Finanz⸗ Minister eine solche Uebersicht des Unterrichts⸗Ministe⸗ riums beigefügt, ohne zu demselben eine Kreditforde⸗ rung, welche von der Deputirtenkammer verweigert worden wäre, wieder geltend zu machen. „Man kann, fährt das „Journal des Debats“ fort, aus dieser Inhaltsangabe des Briefes des Finanzministers ersehen, daß die von vielen Blättern behandelte verfassungsrechtliche Frage darin weder entschieden, noch auch nur aufgeworfen ist. ⸗Die Regierung glaubt nach dem Briefe nur das Recht zu haben, vor den beiden Kammern die Krediterfordernisse zu vertheidigen, welche sie zuerst der Deputirtenkammer vorgelegt hat. Wenn jetzt ein von der Deputirtenkammer verweigerter Kredit vom Senate bewilligt wird, so wird er selbstverständlich erst definitiv, nach⸗ dem er an das Abgeordnetenhaus zurückgeleitet worden und auch dort durchgedrungen ist; denn jeder Kredit ist erst dann rechtskräftig, wenn er von der einen wie von der andern Kammer angenommen ist. Es kann also nicht von der Wiederherstellung eines Kredits durch den Senat, son⸗ dern nur davon die Rede sein, daß auf Veranlassung der Regierung von dem Senate an eine neue Berathung der Deputirtenkammer appellirt wird.“

Spanien. Madrid, 8. November. (Ag. Hav.) Die Akten, welche sich auf die Angelegenheit der Pro estanten in Mahon beziehen, werden dem Kongreß unterbreitet werden.

Türkei. Pera, 30. Oktober. Nach einer der „Allg. Z.“ von hier zugegangenen Mittheilung hat eine abermalige Konsul⸗

tation über den Gesundheitszustand des Exsultans Murad V. folgendes Gutachten ergeben:

„Aufgefordert über die Krankheit des Ersultans, unsere Meinung

auszusprechen, haben wir in unserm Bericht am 20. September er⸗ klärt, daß unserer Ansicht nach das Uebel, womit Se. Majestät be⸗ fallen ist, unheilbar ist. Heute fügen wir hinzu, daß, selbst in dem Falle, daß gegen alle Erwartung nach einiger Zeit eine Besserung eintreten sollte, Se. Majestät niemals wieder in den Besitz seiner geistigen Fähigkeiten gelangen könne. (Unterzeichnet.) Dickson, Arzt der englischen Botschaft; Marroin, Arzt der französischen Botschaft; Mühlig, Arzt der deutschen Botschaft; Sotto, Arzt der österreichisch⸗ ungarischen Botschaft; Mongeri. Akif. De Castro.“

Zur Situation wird der „Pol. Korr.“ geschrieben:

Belgrad, 6. November. Nach dem Abschlusse des Waffenstill⸗ standes scheint die Regierung der Fortsetzung der Rüstungen in er⸗ höhtem Maße ihr Augenmerk zuwenden zu wollen. Vor Allem ist zu verzeichnen, daß der Kriegs⸗Minister alle ausgedienten Soldaten zu den Fahnen einberufen hat. g 1) vielen Jahren besteht, so kann diese Kategorie Wehrpflichtiger ein Kontingent von 10,000 bis 15,000 Mann ergeben. Diese Elemente sollen zur Formirung von Cadres für eine neue Armee von 30⸗ bis

1 ann verwendet werden. Weiteres aber ist die Aushebung aller waffenfähigen Serben im Inlande so wie die Einberufung aller serbischen Unterthanen im Auslande angeordnet. Bis zum 15. d. M. muß bereits ihre Vorstellung im Kriegs⸗ Ministerium erfolgen. Für die Bewaffnung und Equipirung ist be⸗ reits gesorgt. Eben wurden 50,000 Gewehre über Rumänien ge⸗ bracht und sind 40,000 Wintermäntel heute aus Paris eingetroffen. An Offizieren ist trotz der großen Verluste kein Mangel.

Tschernajeff wird zu wichtigen Berathungen hier erwartet. Es heißt, daß über die Neuorganisirung der Armee beschlossen werden solle. Alle besonderen Kommandos an der Drina wie am Javor sollen aufgelassen werden. Es ist wahrscheinlich, daß Tschernajeff zum General en chef aller Truppen ernannt werden wird.

Die Regierung hat dem General Ignatieff telegraphisch ange⸗ zeigt, daß sie als Demarkationslinie an der Drina und am Ibar die Landesgrenze betrachte und im Morawathale nur das Gebiet jenseits von Deligrad als vorläufig in den Bereich der türkischen Waffen gehörig ansehe. 889 diese Art würden Deligrad und die Djunislinie diesseits der Demarkationslinie fallen.

Der Fürst hat den Obersten Jovanovits zum Kommissar bei der internationalen Demarkationskommission ernannt. Jovanovits reist in Begleitung mehrerer Offiziere heute nach Deligrad ab.

Während des Waffenstillstandes sollen Kragujewatz, Heanchn und Schabatz stark befestigt werden. Die besten Genie⸗Offiziere sind be⸗ reits mit dieser Mission beauftragt worden. Nach Kladova werden zwei Brigaden erster Klasse zur Besetzung dieses Punktes geschickt, welcher für die Verbindung mit Rumänien von großer Wichtigkeit ist. Aus demselben Grunde werden auch Radujewatz und Negotin mit Schanzen und starken Redouten versehen.

Cettinje, 3. November. In einer gestern im Senatssaale des Fürstlichen Konaks unter Betheiligung sämmtlicher Senatoren statt⸗ se Sitzung wurde beschlossen, den Insurgenten der Herzegowina

ekanntzugeben, daß sie sich aller Feindseligkeiten bis zum 31. Dezem⸗ ber zu enthalten haben. Gleichzeitig wird ihnen freigestellt werden, entweder ihre jetzigen Positionen mit der ganzen Macht besetzt zu halten oder aber zu diesem Zwecke nur zwei Bataillone im Felde zu

Da die allgemeine Wehrpflicht seit

waren, berathen.

lassen und das Gros in die montenegrinischen Grenzdörfer der Grahower Nahija zu dislociren. Fr die Verpflegung der Insurgenten wird der Fürst von ontenegro derart sorgen, daß alle ihre Bedürfnisse befriedigt werden. Das montenegrinische Heer wird bis auf sechs Bataillone aufgelöst und nach der Heimath entlassen werden. Dies kann um so eher geschehen, als im Falle der Wiederaufnahme der Feindseligkeiten alle Montenegriner binnen acht Tagen wieder unter Waffen stehen können.

Der Fürst beabsichtigt, dem Vernehmen nach, seinen Vetter, den Senats⸗Präsidenten Bozo Petrovits, in einer Mission nach St. Pe⸗ tersburg zu senden. Wie aus mehrfachen Andeutungen hervorgeht, soll diese Mission mit einem Wiederaufleben der Aspirationen auf eine territoriale Vergrößerung im Zusammenhange stehen.

Für den Fal einer Konferenz gedenkt Fürst Nikolaus ein Me⸗ moire auszuarbeiten und der Konferenz überreichen zu lassen. Se⸗ nator Radonits ist mit der Ausarbeitung des betreffenden Schrift⸗ stücks betraut worden. In letzterem wird die souveräne Stellung des Fürstenthums historisch und juridisch nachgewiesen.

Belgrad, 10. November. (W. T. B.) Die serbische Regierung hat den Vertretern der Großmächte amtlich an⸗ gezeigt, daß von den türkischen Truppen Explos ions⸗ geschosse verwendet würden. Dem Vertreter der Pforte und demjenigen der serbischen Regierung in der Demar⸗ kationskommission ist eine konsultative Stimme beige⸗ legt worden. Die serbische Ortschaft Tabakowat wurde vorgestern, der Waffenruhe ungeachtet, von einer tscherkessischen Truppenabtheilung geplündert.

Brüssel, 10. November. (W. T. B.) Der „Nord“ bespricht die gestrige Rede Lord Beaconsfields,

ndet dieselbe unbestimmt und weist auf den Wider⸗ fenuc hin, der darin liege, daß einerseits das Loos der christ⸗ ichen Bevölkerung der Türkei thatsächlich verbessert, anderer⸗ eits aber die Unabhängigkeit der Türkei in einem Sinne, die se für andere Staaten habe, aufrecht erhalten werden solle. Das Blatt wirft dabei die Frage auf, was denn aus der Un⸗ abhängigkeit der Türkei in dem von England aufgestellten Reformprogramme geworden sei? Der „Nord“ erwähnt so⸗ dann Lord Beaconsfields Erklärung, daß England zum Kriege vorbereitet sei und sagt zum Schlusse und anderweitigen Mel⸗ dungen englischer und französischer Blätter gegenüber, Ruß⸗ land erhalte seine Zustimmuung zum englischen Programm aufrecht, es sei unbegründet, daß Rußland sich anschicke, gegen die Türken ins Feld zu ziehen, Rußland fahre lediglich fort, gewisse Vorsichtsmaßregeln zu treffen, um nicht unversehens überrascht zu werden.

London, 10. November. (W. T. B.) Die „Mornig⸗ post“ meldet, daß die Anzeige von der offiziellen Annahme der englischen Konferenzvorschläge Seitens Ruß⸗ lands gestern im englischen Auswärtigen Amt eingegangen ist. Dasselbe Blatt meldet weiter, Salisbury werde wahr⸗ scheinlich über Wien zur Konferenz nach Konstantinopel gehen. Ein Beiblatt zu der amtlichen „London Gazette“ veröffent⸗ licht eine längere Depesche Derby's an den englischen Bot⸗ schafter in St. Petersburg, Loftus, vom 30. Oktober, in welcher bestätigt wird, daß der Vorschlag einer Okkupation Bosniens und der Herzegowina durch Oesterreich und Bul⸗ gariens durch Rußland, sowie einer Flo tendemonstration vor Konstantinopel von Rußland ausgegangen und gleichzeitig in Wien und London mitgetheilt worden sei.

11. November. (W. T. B.) Ueber den Inhalt der Depesche Derby's an den englischen Botschafter in St. Petersburg, Loftus, vom 30. Oktober wird weiter

emeldet: Die Depesche rekapitulirt die Seitens der englischen egierung gemachten Anstrengungen zur Erzielung eines Waf⸗ fenstillstandes und zur Wiederherstellung des Friedens. Am 5. Ok⸗ tober ertheilte Derby dem englischen Botschäfter in Konstantinopel, Elliot, die Instruktion, zu erklären, daß er Konstantinopel verlassen müsse, wenn die Pforte den Wafefenstillstand refusire, weil es dann evident sei, daß alle weiteren Bemühungen der englischen Regierung, die Pforte vor dem Verderben zu retten, nutzlos 88 würden. Als die Pforte dann einen sechsmonatlichen affenstillstand vorschlug und Graf Schuwaloff dessen Annahme

Seitens der russischen Regierung bezweifelte, machte Derby

den Grafen Schuwaloff auf den Meinungsumschwung auf⸗ merksam, welcher trotz aller türkischen Greuel entstehen würde, wenn die englische Nation Konstantinopel bedroht glaube. Nachdem Rußland darauf den sechsmonatlichen Waffenstillstand abgelehnt hatte, suchte Derby durch den Grafen Münster die Intervention Deutschlands nach. Der Reichskanzler Fürst Bismarck habe indessen erwidert, daß die deutsche Regierung zwar einen langen Wafeenstillstand für acceptabel erachte, sich aber nicht berechtigt fühle, einen Druck auf die Entschlüsse der anderen Mächte auszuüben.

Mumänien. Bukarest, 10. November. (W. T. B.) Das Ministerium hat dem Senate zugesichert, daß dem⸗ selben in einigen Tagen die geführte diplomatische Korrespondenz vorgelegt werden solle.

Dänemark. Kopenhagen, 7. November. (H. N.) Das E“ hat einige neue ministerielle Gesetzvor⸗ agen, welche zum Theil schon vom Landsthing erledigt Es waren darunter das Gesetz, betreffend Maßregeln gegen die Verbreitung der Hundswuth, ferner das Gesetz, betreffend die Instandsetzung und Erhaltung von privaten Wegen, und endlich das, betreffend Strafe für Ueber⸗ tretung des Polizeireglements für Eisenbahnen. Alle gingen einstimmig zur zweiten Berathung und das letztgenannte wurde einem Ausschuß von 7 Mitgliedern überwiesen.

9. November. (H. N.) In Wiborg wurde Klein mit 557 Stimmen gegen 242, die auf den Linkenkandidaten Feddersen fielen, in das Folkething gewählt.

Amerika. Einem Telegramm der „Times“ vom 8.d. M. zufolge hatte Tilden am Abend des genannten Tages 196 Voten, ohne Wisconsin, das 10, Oregon, das 3, und Südkarolina, das 7 Stimmen hat. Nach Schätzung betragen die Majoritäten für Tilden in Alabama 25,000, Connecticut 2500, Florida 2000, Georgia 75,000, Delaware 2500, In⸗ diana 10,000, Kentucki 60,000, Arkansas 30,000, Louisiana 5000, Maryland 20,000, Mississippi 45,000, Missouri 40,000, Newjersey 7000, New⸗York 25,000, Nordkarolina 10,000, Tennessee 30,000, Texas 75,000, Virginia 40,000, Westvirgi⸗ nia 15,000; für Hayes in Pennsylvanien 15,000, Kalifornia 3000, Nevada 300, Illinois 20,000, Jowa 45,000, Kansas 30,000, Maine 17,000, Massachusetts 40,000, Michigan 50,000, Minnesota 10,000, Nebraska 6000, Newhampshire 2500, Ohio 12,000, Rhode Island 6000 und Vermont 25,000. Die republikanische Majorität im Senate nach dem 4. März wird wahrscheinlich auf 4 reduzirt werden. Im Unterhause gewinnen die Republikaner 5 Mitglieder in Pennsylvanien, 4 in Massachusets, je 2 in New⸗York und Missouri und je 1 in

und zur Haft gebracht worden.

Newjersey, Jowa, Kalifornia und Kansas. Dagegen gewinnen

die Demokraten 2 Mitglieder in Süd⸗Karolina und je 1 in Alabama, Florida, Kentucky, Mississippi, Virginien und Wiskonsin. Wahrscheinlich werden die Demokraten eine Ma⸗ jorität von 20 Stimmen haben, genau läßt sich, da einige Distrikte noch zweifelhaft sind, dieselbe noch nicht feststellen. Es besteht kein Zweifel darüber, daß beide Häuser im Ein⸗ vernehmen mit der neuen Administration über die Aufnahme von Baarzahlung, Verwaltungsreform und Aufhör der Truppenverwendung bei den Wahlen sein werden.

Die Republikanermehrheit im Senat beruht auf gemäßigten Republikanern, die bisher die radikalen republika⸗ nischen Maßregeln der die Südstaaten betreffenden Politik nicht unterstützt haben. Im Süden haben, mit Ausnahme von Anne Arundel County, wo der Vizesheriff von einem Neger erschlagen wurde, keine Unruhen stattgefunden. Bei den Wahlen waren überall Truppen zugegen, doch hatten die⸗ selben keine Gelegenheit zu interveniren. In allen Theilen des Südens stimmten viele Neger auf demokratischer Seite.

Asien. China. Die „China Mail“ vom 23. Septem⸗ ber enthält die Einzelheiten des zwischen dem chinesischen Mi⸗ nister Li Hung⸗Chang und dem britischen Gesandten Sir Thomas Wade in Chefoo geschlossenen Abkommens zur Rege⸗ lung der Nun nan⸗Affaire. China hat danach sämmtliche Forderungen der britischen Regierung zugestanden. Ichang, Wenchow, Wuhu und Pakhoi sollen als Handelshäfen eröffnet werden. Ausländischen Dampfern ist das Privilegium, Passa⸗ jiere und Kaufmannsgüter an sechs Plätzen längs des Jangtsze zu landen und zu wezjcisen gesichert. Gleichzeitig dürfen Dampfer auf den oberen Jangtsze bis Chun⸗king befahren. In Chung⸗king und Nunnan sollen britische Konsulate errichtet werden. Ferner sind eine ange⸗ messene Entschädigung der Familie des ermordeten Margary und andere die der britischen Regierung für den Mord selber und den Angriff auf Oberst Browne's Expedition gebüh⸗ rende Genugthuung direkter berührende Feg eln zugesichert worden. Demselben Blatte zufolge ist schlossen worden, in Shanghai ein monumentales Kreuz zur Erinnerung an den verstorbenen Mr. Margary zu errichten. Der gesetzgebende Rath von Hongkong hat beschlossen, daß die Kolonie dem internationalen Postverbande beitreten solle.

Afrika. Aegypten. Wie das „Reutersche Bureau“ aus Kairo über London, vom 10. November, meldet, ist der ägyptische Finanz⸗Minister seines Amtes entsetzt Derselbe werde beschuldigt, eine Agitation gegen den Khedive angezettelt und gegen den⸗ selben konspirirt zu haben, der Khedive selbst habe den Mi⸗ nister abgeholt und in das Haftlokal gebracht. Der Sturz des Ministers werde von der Bevölkerung mit Befriedigung aufgenommen. Weiter meldet das „Reutersche Bureau“, die gemischten internationalen Gerichtshöfe hätten dem Antrage der internationalen Finanzkommission, die Eisen⸗ bahneinnahmen mit Beschlag zu belegen, stattgegeben. Weiterer Meldung zufolge ist der Sohn des Khedive, Kamil Pascha zum Finanz⸗Minister ernannt worden.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Bukarest, Sonnabend, 11. November. Die Depu⸗ tirtenkammer hat zu einem Antrage des Kriegs⸗Ministers, wonach die Reserven über den von dem Gesetze, betreffend die Heeresübungen vorgeschriebenen Zeitpunkt hinaus bei den

Fahnen zu behalten sind, ihre Zustimmung ertheilt.

Neiv⸗York, Sonnabend, 11. November. Das defini⸗ tive Wahlresultat kann noch immer nichtfestgestellt werden, da die Berichte über das Ergebniß der Abstimmung in Florida und Südcarolina sich widersprechen. Es muß da⸗ her der Eingang der offiziellen Berichte abgewartet werden, um authentische Gewißheit über das Wahlresultat zu erlangen. Mehrere Parteiführer sind nach dem Süden abgereist, um das Zählungsgeschäft zu überwachen. 8

Nr. 45 des „Centralblatt für das Deutsche Reich“, her⸗ ausgegeben im Reichskanzler⸗Amt, hat folgenden Inhalt: Zoll⸗ und Steuerwesen: Bekanntmachung, betr. die neuen Schuldverschreibungen

der Prämienanleihe der Stadt Lüttich vom Jahre 1853; Kompe⸗

tenzen von Steuerstellen. Marine und Schiffahrt: Ertheilung eines Flaggenattestes; Beginn einer Seesteuermannsprüfung. Münzwesen: Uebersicht über die Ausprägung von Reichsmünzen. Finanzwesen: Goldankäufe Seitens der Reichsbank; Nachweisung der bis Ende Oktober 1876 stattgehabten Ausführung des Gesetzes, betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen. Konsulatwesen: Ableben eines Konsuls; Ermächtigung zu standesamtlichen Funk⸗ tionen; Exequatur⸗Ertheilung.

Nr. 84 des Amts⸗Blatts der Deutschen Reichs⸗ Post⸗ und Telegraphenverwaltung hat folgenden Inhalt: Verfügungen: vom 2. November 1876, Wegfall des Absatzes 2 des §. 13 des Statuts der Kaiser Wilhelm⸗Stiftung für die Angehörigen der Deutschen Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung; Dienstanzug der Postillone.]

Nr. 21 des „Archiv für Post und Telegraphie“, Bei⸗ heft zum „Amtsblatt der Deutschen Reichs⸗Post⸗ und Telegraphen⸗ verwaltung“ hat folgenden Inhalt: Aktenstücke und Aufsätze: Das Hamburger Postwesen (Schluß). Die Telegraphie auf der Ausstellung wissenschaftlicher Apparate in London. Die Reform des Güter⸗Tarif⸗ wesens der deutschen Eisenbahnen. Die Augsburger Botenanstalt. Der Kanaltunnel zwischen England und Frankreich. Der Taxissche Posthof in Nürnberg. Kleine Mittheilungen: Die Bestimmungen uͤber den einjährig⸗freiwilligen Dienst. Die Postchronik von Nord⸗ hausen. Kalendervertrieb durch die Postanstalten im achtzehnten Jahrhundert. Die Erreichung der Erdpole. Eine norwegische Expe⸗ dition zur Vornahme von Tiefseeforschungen. Zeitschriftenüberschau.

Nr. 39 des „Justiz⸗Ministerialblatts“ enthält eine Allgemeine Verfügung vom 28. Oktober 1876, die Vollstreckung der Strafen in Steuerkontraventionsfällen betreffend.

Reichstags⸗Angelegenheiten.

Berlin. Dem Reichstag ist ein Gesetzentwurf, betref⸗ fend die Abänderung des §. 44 des Gesetzes wegen Er⸗ hebung der Brausteuer vom 31. Mai 1872, zugegangen. Der Entwurf lautet: „§. 1. Der zweite Absatz des §. 44 des Gesetzes wegen Erhebung der Brausteuer vom 31. Mai 1872 wird unter Aufhebung des Gesetzes vom 26. Dezember 1875 durch folgenden Satz ersetzt: In den Herzogthümern Sachsen⸗Meiningen und Sachsen⸗ Coburg⸗Gotha, sowie in dem Fürstenthum Reuß aͤ. L. darf jedoch von dem Centner Malzschrot derjenige Betrag, um welchen die dort zur Zeit gesetzlich bestehende Brausteuer von Malzschrot den Satz

von zwei Mark für den Centner übersteigt, bis auf weiteres, jedoch

1111 5 1 11. nur insoweit, als die Steuersätze dieses Gesetzes keine Veränderung erleiden, für privative Rechnung der genannten Bundesstaaten forꝛ⸗ erhoben werden. §. 2. Das gegenwärtige Gesetz tritt mit dem 1. Januar 1877 in Kraft.“

Auch der Landeshaushaltsetat von Elsaß⸗Lothringen auf das Jahr 1877 ist dem Reichstag vorgelegt. Das Gesetz umfaßt in 6 Titeln 18 Paragraphen. Der Etat balancirt in Einnahme und Ausgabe mit 41,413,457 78 ₰, und zwar 31,555,874 an fort⸗ dauernden und 9,857,583 78 an einmaligen und außerordent⸗ lichen Ausgaben. Titel II. handelt von der Regelung des Dienstein⸗ kommens der Steuerempfänger, III. von den Gebühren des Friedens⸗ richters beim Zwangsverkauf von Liegenschaften, IV. von der Erhöhung der Besoldungen der Lehrerinnen, Hülfslehrer und Hülfslehrerinnen, V. von der Verwendung des Holzes von Bäumen der Wasserbauver⸗ waltung und des Erlöses aus dem Verkauf solcher Bäume, VI. von der Ausgabe von Schatzanweisungen zur Deckung des außerordent⸗ lichen Bedarfs pro 1877.

In der gestrigen Sitzung der Justizkommission des Deutschen Reichstages wurden die Abänderungsvorschläge des Bundesraths zum Gerichtsverfassungsgesetz und zu dem Einführungsgesetz zu demselben zu Ende berathen. Die Vor⸗ schläge des Bundesraths über die Besetzung der Kammern der Land⸗

erichte ꝛc. (§§. 47 b., c. und - abgelehnt, dagegen verstand sich die Kommission zu einer den bezüglichen Wünschen der Re⸗ gierungen entgegenkommenden Modifikation der von ihr beschlossenen Bestimmung im §. 47c., betreffend die Bildung des Präsi⸗ diums, wonach das Präsidium ausschließlich durch den Präsidenten und die Direktoren gebildet wird, (also unter Fortfallen des ältesten Mitzliedes des Landgerichts). Der §. 47 k., wonach durch die Ge⸗ schäftsordnung des Gerichts angeordnet werden kann, daß die Leitung der Verhandlung für einzelne Sachen den Gerichtsmitgliedern übertragen werde, wurde auf den Vorschlag des Bundesraths gestrichen. Da⸗ gegen wurde §. 471., betr. die Vertretung eines Mitgliedes, entgegen dem Vorschlage des Bundesraths mit einer weniger wesentlichen Mo⸗ difikation beibehalten. Der Vorschlag des Bundesraths, in §. 55 den Absatz 1 Nr. 4 theilweise in der Fassung der Vorlage wieder⸗ herzustellen und somit Beleidigungen und Körperverletzungen, die nur auf Antrag verfolgt werden, denjenigen Vergehen anzureihen, welche die Strafkammer dem Schöffengerichte zur Verhandlung und Ent⸗ scheidung überweisen kann, wurde von der Kommission genehmigt. Ferner genehmigte die Kommission den Vorschlag des Bundesraths, den im §. 55 aufgezählten Vergehen auch das Vergehen der Körper⸗ verletzung im Falle des §. 223a. des Strafgesetzbuches anzureihen, ob⸗ wohl es auch ohne Antrag verfolgt wird. Der Vorschlag des Bundes⸗ raths, den Kommissionsbeschluß, daß die Strafkammern in der Haupt⸗ verhandlung sowohl erster Instanz als auch auf Berufung stets mit fünf Mitgliedern zu besetzen sind, dahin zu ändern, daß bei Berufungssachen drei Mitglieder genügen, wurde abgelehnt; da⸗ gegen wurde ein Vermittelungsantrag des Abg. Dr. v. Schwarze genehmigt, wonach bei Entscheidung dei Berufungen wegen Ueber⸗ tretungen oder im Wege der Privatklage verfolgten Beleidigungen drei Richter genügen sollen. Die Modifikationsvorschläge des Bundesraths zu §. 58, betreffend die Errichtung von detachirten Strafkammern bei Amtsgerichten, wurden zum Theil genehmigt. Der Vorschlag des Vundesraths auf Streichung des §. 59a., betreffend die Zuständigkeit der Schwurgerichte für Preßdekrete wurden zur weiteren Be⸗ rathung und Entscheidung an das Plenum des Reichstages ver⸗ wiesen. Der SSerdg ch des Bundesraths auf Wiederherstellung der H. 72 1, 73 und 75, betr. die Ausloosung der Geschworenen, in der Fassung der Vorlage wurde abgelehnt. Dem §. 107, betr. die Zu tändigkeit des Reichsgerichts in Strafsachen, wurde auf den Vorschlag des Bundesrathes ein neuer Absatz angefügt, welcher fol⸗ gendermaßen lautet: „In Strafsachen wegen Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften über die Erhebung öffentlicher in die Reichs⸗ kasse fließender Abgaben und Gefälle ist das Reichsgericht auch für die Verhandlung und Entscheidung über das Rechtsmittel der Revision gegen Urtheile der Straf⸗ kammer in der Berufungsinstanz zuständig, sofern die Entscheidung des Reichsgerichts von der Staatsanwaltschaft bei der Einsen⸗ dung der Akten an das Revisionsgericht beantragt wird.“ Der Vor⸗ schlag des Bundesraths, den Abs. 3 des §. 118, wonach bei den Aus⸗ führungen und Anträgen nach dem Beschlusse der Beweisaufnahme die Beamten der Staatsanwaltschaft an dienstliche Anweisungen nicht gebunden sein sollen, zu streichen wurde von der Kommission genehmigt. Ueber den Vorschlag des Bundesraths auf Strei⸗ chung des eingefügten Titels: „Rechtsanwaltschaft“ wurde die Auseinandersetzung dem Plenum des Reichstages über⸗ lassen, nachdem der Direktor im Reichskanzler⸗Amt, von Ams⸗ berg, die Erklärung abgegeben hatte, daß ein die Rechtsanwaltschaf regelndes Gesetz im Reichskanzler⸗Amt ausgearbeitet und die Geneh⸗ migung Sr. Majestät des Kaisers beantragt sei, dasselbe dem Bun⸗ desrathe vorzulegen. Der Vorschlag des Bundesraths auf Streichung des §. 138a., wonach die in einem Bundesstaate bestehenden Vorschriften über die Mittheilung von Akten einer öffentlichen Behörde an ein Gericht dieses Bundesstaates kommen, kommt auch dann zur Anwendung, wenn das ersuchende Gericht einem anderen Bundesstaate angehört wurde abgelehnt. Vorschlag des Bundesrathes, im §. 140 c. („die Verkündung des Urtheils erfolgt in jedem Falle öffentlich“) statt des „Urtheils“ zu setzen: „der Urtheilsformel“. Der Vorschlag des Bundesrathes, die Bestimmung des §. 164 in der Vorlage wiederherzustellen, wonach die Gerichtsferien vom 15. Juli bis 31. August dauern sollen, wurde ohne weitere Diskussion an das Plenum gewiesen.

Hierauf ging die Kommission zu dem Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz über. §. 1 wurde nach dem Vorschlage des Bundesrathes und einem Zusatzantrage des Abg. Wolffson folgendermaßen gefaßt: „Das Gerichtsverfassungsgesetz tritt im ganzen Umfange des Reichs an einem durch Kaiserliche Ver⸗ ordnung mit Zustimmung des Bundesraths festzusetzenden Tage, spätestens am 1. Oktober 1879 in Kraft.“ Der Vorschlag des Bundesraths auf Streichung des von der Kommission eingefügten §. 9 a., wonach die landesgesetzlichen Bestimmungen, durch welche die Verfolgung öffentlicher Beamten, wegen der in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung ihres Amtes vorgenommenen öö im Wege des Straf⸗ oder Civilprozesses an besondere

oraussetzungen gebunden ist, außer ⸗Kraft treten wurde an das Plenum verwiesen, der Vorschlag des Bundesraths auf Streichung des Abs. 4 des §. 12, betr. die Bildung von Hülfssenaten beim Rechtsprozeß sowie der Vorschlag zu §. 14, betr. die Versetzung der Mitglieder des Reichs⸗Ober⸗Handelsgerichts in den Ruhestand, letzterer mit 14 gegen 13 Stimmen abgelehnt. Schließlich wurde noch der Vorschlag des Bundesrathes, dem Kom⸗ missionsbeschluß (§. 16), betreffend die unfreiwillige Versetzung eines Richters innerhalb zweier Jahre nach dem Inkrafttreten des Gerichts verfassungsgesetzes, einen Zusatz anzufügen: „Durch die vorstehende Bestimmung werden die Vorschriften der Landesgesetze nicht berührt, welche der Landesjustizverwaltung eine weitergehende Befugniß ge⸗ währt,“ abgelehnt. Heute begann die Justizkommission die Berathung der Bundesrathsvorschläge zu der Strafprozeßordnung.

Statistische Nachrichten.

London, 9. November. (Engl. Corr.) In der letzten Woche gab es in London 79,073 Hülflose, von denen 36,476 in Arbeits⸗ häusern waren, 42,597 Unterstützung außerhalb des Hauses empfingen. (Abnahme gegen 1875: 3962, gegen 1874: 12,503 und gegen 1873:

20,374). Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Leipzig, 9. November. (Leip. Ztg.) Nach langem Leiden starb heute Morgen im 71. Lebensjahre Dr. ph. FriedrichRitschl, Professor der klassischen Philologie, Mitdirektor des Königlichen phi⸗ ologischen Seminars, Königlich sächsischer Geheimer Rath und Kö⸗ niglich preußischer Geheimer Regierungs⸗Rath, Komthur und Ritter vieler hohen Orden. Der hiesigen Universität gehörte der Verstorbene seit dem Jahre 1865 an.

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Ebenso der