1876 / 283 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 30 Nov 1876 18:00:01 GMT) scan diff

hin von den Fabrikinspektoren weiter geprüft werden soll. Nach der einen Seite soll geprüft werden, ob ähnlich, wie für die Glasindustrie, auch für andere Industriezweige ein⸗ zelne erleichternde Modifikationen der gesetzlichen Be⸗ stimmungen in Aussicht zu nehmen sind. Nach der anderen Seite sollen diejenigen Beschäftigungen festgestellt werden, bei welchen wegen der damit verbundenen beson⸗ deren Gefahren die Verwendung jugendlicher Arbeiter über⸗ haupt auszuschließen oder nur unter besonderen Bedingungen zuzulassen sein würde. An der Konferenz nahmen folgende abrikinspekteoren Theil: Ingenieur Sack für die Provinz reußen, Ingenieur Hertel für die Provinz Pommern, Majer a. D. von Stülpnagel für Berlin, Hauptmann a. D. von Rüdiger für Frankfurt a. O., Dr. Süßenguth für die Provinz Sachsen, Verg⸗Assessor Frief für die Provinz Schre⸗ sien, Jerg⸗Assessor Osthues für die Provinz Westfalen, .. eenieur Dr. Wolf für Düsseldorf, Ingenieur Reichel für blenz, Cöln, Trier, Medizinal⸗Assessor Dr. Kind für Cassel, Dr. Schreiber für Wiesbaden. Eröffnet wurde die Konferenz durch eine Ansprache des Handels⸗Ministers. Die spezielle Leitung der Verhandlungen war dem Geheimen Regierungs⸗ Nath Lohmann übertragen.

Das ‚Kirchliche Gesetz⸗ und Verordnungsblatt“ veröffentlicht in seiner ersten Nummer eine Ansprache des Evangelischen Ober⸗Kirchenraths an die Geistlichen und Gemeinde⸗Körperschaften, betreffend die Ausführung der Kirchenverfassung, vom 3. November 1876.

Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten: Groß⸗ herzoglich badischer Staats⸗Minister, Präsident des Staats⸗ Ministeriums und des Handels⸗Ministeriums, Turban, und Fürstlich reußischer Staats⸗Minister von Harbou sind hier eingetroffen.

Der General⸗Lieutenant von und zu Gilsa, von der Armee und kommandirt zur Vertretung des beurlaubten Commandeurs der 7. Division, ist nach beendigtem Urlaub wieder abgereist.

Der französische Botschafter in St. Petersburg, Gene⸗ ral Leflô, traf heute früh von dort hier ein, und reiste Mittags nach Paris weiter.

Dem praktischen Arzt Dr. Zumnorde zu Warendorf ist die kommissarische Verwaltung der Kreiswundarztstelle des Kreises Warendorf vom 1. Oktober d. Js. ab auf ein ferneres Jahr übertragen worden.

Stettin, 29. November. In der heutigen zweiten Sitzung des Provinzial⸗Landtages wurden nach ver⸗ schiedenen geschäftlichen Mittheilungen des Vorsitzenden zunächst durch Akklamation die Mitglieder der gestern beschlossenen Kom⸗ mission zur Berathung des Haushaltsetats für die Provinz gewählt. Ebenso wurde die Kommission zur Berathung des vom Provinzialausschusse vorgelegten neuen eglements behufs Ausführun des Viehseuchen⸗Gesetzes gewählt. Es folgte die Berathung des von der Staatsregierung er⸗ Gutachtens wegen Aufhebung der in Pommern be⸗ tehenden, die Knüttelung der Hunde vorschreibenden gesetz⸗ lichen Bestimmungen. Der Landtag beschloß, einer Auf⸗ hebung dieser Vorschriften zuzustimmen, dabei aber für wün⸗ schenswerth zu erklären, daß dem gemeinschädlichen Umhertreiben der Hunde durch anderweite Maßregeln, und insbesondere durch gesetzliche Einführung einer allgemeinen Hundesteuer vorgebeugt werde. Weiter bewilligte der Landtag der Gesell⸗ schaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde behufs Anfertigung eines Inventars der pommerschen Kunstdenkmäler vorläufig für das Jahr 18è76 die Summe von 500 ℳ. So⸗ dann wurde genehmigt: 1) die Anstellung eines Hülfsbeamten in der Landarmenanstalt zu Ueckermünde mit einem Gehalte von 1500 ℳ, 2) die Erhöhung des Etats für die Irrenanstalt bei Ueckermünde um die Summe von⸗12,500 ℳ, 3) die Er⸗ theilung der Decharge für die Rechnungen der vereinigten bei⸗ den Hospitäler in Treptow a./Toll. aus dem Jahre 1875, der Landarmenanstalt in Ueckermünde aus dem Jahre 1874, des Altpommerschen Landarmenfonds von 1874, und des Irrenhaus⸗Baufonds für die Anstalt zu Ueckermünde von 1875, 4) die am 31. Dezember 1875 erfolgte vorläufige Schließung der Knaben⸗Detentionsanstalt zur Zarower Mühle, 5) die Geschäftserdnung für den Provinzialausschuß, 6) die Ge⸗ schäftsinstruktion für die Provinzial⸗Hauptkasse, 7) der An⸗ trag des Provinzialausschusses, von der Abschließung eines Anstellungsvertrages mit dem Landes⸗Direktor unter Bezug⸗ nahme auf die dem Letzteren vom Ausschusse ertheilte Dienst⸗ anweisung Abstand zu nehmen.

Dagegen lehnte der Landtag die Anträge des Kreis⸗ ausschusses des Dramburger Kreises, den Bau verschiedener neuer Chausseen im genannten Kreise auf Kosten der Provinz auszuführen, und dem Kreise die Verpflichtung zur Unterhal⸗ tung der im Regenwalder Kreise belegenen Strecke der Dram⸗ burg⸗Wangeriner Chaussee abzunehmen, nach längeren Ver⸗ handlungen ab.

Rendsburg, 26. November. (Kieler Ztg.) In der estrigen Sitzung des Provinzial⸗Landtages wurde mit dder Berathung der Gemeinde⸗ und Synodal⸗Ordnun

Sfür die Provinz Schleswig⸗Holstein fortgefahren, und na längerer Debatte der ganze amendirte Entwurf mit 29 gegen 20 Stimmen angenommen. Der Entwurf des Gesetzes, be⸗ treffend die Amortisation von Aktien und 85 den In⸗ haber Kautenden Schuldverschreibungen von Aktiengesellschaften Dder Provinz Schleswig⸗Holstein, wurde genehmigt. Nach Be⸗ rathung sämmtlicher Petitions⸗Ausschußberichte schloß der Landtagsmarschall die Versammlung. Mit einem Hoch auf Se. Mazestät den Kaiser und König trennte sich die Ver⸗ sammlung.

Hessen. Darmstadt, 28. November. Der vierte Aus⸗ 2132 Ersten Kammer hat sich über den Antrag des Abg. Frhrn. v. Nordeck zur Nabenau, die Durchführung des Titel VII. der Reichsverfassung, das Eisenbahnwesen 9 üssig gemacht. Der Bericht ist von dem Grafen zn Erba ⸗Erbach erstattet und lautet nach der „Darmst.

lg. J6. „Der Herr Antragsteller in verehrlicher anderer Kammer trägt auf den Beschluß an, Großherzogliche Staatsregierung aufzufordern: die auf wirksame Durchführung des Titel VII. der Reichsverfassun Zerichteten Bestrebungen des Reichskanzlers im Bundesrathe kräftig unterstützen zu lassen, mag diese Durchführung durch Herstellung eines rinheitlichen Reichseisenbahnnetzes oder durch andere Kombinationen v werden. ee 5 ie über aufgeworfene Frage angerufene Staatsregierung hat dem Herrn Referenten verehrter Kammer hierauf die Erklgrung ab⸗

gegeben, „daß sie selbstverständlich sich ihrer Pflicht nicht entziehen

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Zinsen von der „Rost 1 1111“

wird, die 89 Durchführung des Titel VII. der Reichsverfassung ge⸗ richteten Bestrebungen der Reichsregierung im Bundesrathe zu unter⸗ stützen, daß sie sich aber die Prüfung der Vorlagen, die zu diesem cke an den Bundesrath gelangen werden, vorbehalten muß, und daß sie sich daher über ihre Stellung zu den bezüglichen Vorschlägen erst schlüssig machen kann, wenn solche Vorschläge vorliegen und ge⸗ prüft werden können.“ 8 b 1“

Wie die Verhältnisse liegen, müssen wir bekennen, daß diese offizielle Erwiderung Alles enthält, was momentan geschehen kann, und Diejenigen vollständig zu befriedigen geeignet erscheint, welche in der Verwirklichung des Centralisationssystems der Eisenbahnen ein absolutes vaterländisches Bedürfniß erkennen, während sie an⸗ dererseits in anzuerkennender Weise sich in den gebotenen Grenzen staatsmännischer Vorsicht bewegt, umsomehr, als bis jetzt keine des⸗ f.f durch das Reichskanzler⸗Amt deim Bundesrathe erfolgt sind. I 2f Fn Ermangelung letzterer bis zu dieser Stunde, sowie im Hin⸗ blick darauf, daß die Gestaltung von Reichsbahnen sich für jetzt mehr unter den ungekannten Größen bewegt, wurde in verehrlicher anderer Kammer der Antrag auf Uebergang zur motivirten Tagesordnung ge⸗ stellt, aber mit überwiegender Majorität abgelehnt. 8

Statt dessen wurden drei entgegengesetzte Beschlüsse gleichfalls mit entscheidender Mehrstimmigkeit gefa t, die Staatsregierung zu ersuchen:

1) den Erwerb der preußischen Bahnen im Bundesrath zu unterstützen; 8 8

2) den Gedanken des Erwerbs der deutschen Eisenbahnen, resp. doch desjenigen Theils derselben, für welchen sich die Reichsregierung demnächst 1 v ents bSer wird, bei jeder sich darbietenden Gelegenheit beim Bundesrath zu fördern; .

g 1 3 Falle der Nenshe der demnächstigen Vorlage über den Erwerb der preußischen Bahnen durch das Reich mit letzterem wegen Abtretung sämmtlicher hessischer Staatsbahnen und damit zusammen⸗ hängender Rechte in Verhandlung zu treten und den Ständen wegen Genehmigung der anzubahnenden Veräußerung 5 zu machen.

Wir wiederholen, daß die Offizialerklärung der Regierung uns eine vollständige Bürgschaft für Diejenigen zu enthalten scheint, welche in der Centralisation deutscher Bahnen das pa⸗ triotische Heil zu erblicken wähnen. Doch scheint uns bei der Auf⸗ gabe dieser hohen Kammer im Entferntesten kein Grund vorzuliegen, zu Gunslen entfernt liegender Eventualitäten uns schon jetzt auf dem Wege von Beschlüssen die Hände zu binden. Es scheint vielmehr angezeigt, gegenwärtig keine allgemeinen, prinzipiellen Entschließungen zu treffen, sondern vielmehr einzelne zur Vorlage gelangende Regie⸗ rungspropositionen zu geeigneter Zeit sachgemäßer Prüfung zu unter⸗ werfen. Von dieser Ansicht ausgehend, kann hoher Kammer nur vorgeschlagen werden: den drei Beschlüssen verehrlicher anderer Kam⸗ mer, als gegenwärtig der Grundlage entbehrend, nicht beizu⸗ treten, sich vielmehr mit der Regierungserklärung vorerst zu be⸗ gnügen.“

Mecklenburg. Malchin, 26. November. (H. N.) Nachdem in der Ständeversammlung no ver⸗ schiedene Aeußerungen darüber laut geworden waren, wie der letzte Beschluß, betreffend die Bauten, welche durch die neue Gerichtsverfassung nothwendig werden, an die Landtags⸗Kommissarien zu bringen sei, einigte man sich dahin, daß die Landmarschälle den Comitebericht sammt den darauf gefaßten Beschlüssen beider Stände den Landtags⸗Kommissarien überbringen sollten. Die stre⸗ litzsche Regierung läßt ein Reskript vom 21. d. M. übergeben, betr. den Einfluß des Civilstandsgesetzes auf die kirch⸗ lichen Verhältnisse des Landes und die Einnahme der Geistlichen aus den Stolgebühren. Dieses Reskript geht gleich an das Comité, welches zur Regulirung dieser Stol⸗ gebühren in Strelitz gewählt ist. Bürgermeister Grohmann⸗ Dömitz beantragte noch für diesen Landtag die Herausgabe eines Gesetzentwurfes von der Regierung, wodurch den Standesbeamten die Befugniß zur exekutivischen Beitreibung der Gebühren, Strafen, Entschädigungen ꝛc. beigelegt wird. Die Sache wurde einem Comité übergeben.

Das Großherzoglich strelitische Reskript an den Landtags⸗Kommissarius vom 14. d. M. erklärt, der „Rost. Ztg.“ zufolge, daß an die Errichtung eines eigenen Gber⸗ Landesgerichts für Mecklenburg⸗Strelitz „nicht wohl zu denken“ sei und daß die Großherzogliche Regierung wegen einer bezüglich desselben herbeizuführenden Cepeqschaf bereits mit der Großherzoglich mecklenburg⸗schwerinschen Regierung in Verhandlung getreten sei. Rücksichtlich eines Landgerichts 8 der Großherzog bei dem Stande der Reichsverhand⸗ ungen „sich noch nicht schlüssig machen können, da die hohen Anforderungen, welche in Betreff der Besetzung desselben bis⸗ her gemacht werden, und der geringe Umfang unseres Landes es zweifelhaft erscheinen lassen, ob nicht auch auf die Her⸗ stellung dieses Gerichts für Strelitz verzichtet und gleichfalls eine Gemeinschaft mit Schwerin angestrebt werden muß.“ Die Zahl der Amtsgerichte wird, nach dem Maßstabe von 10,000 Seelen für ein solches Gericht auf 8 angenommen, wo⸗ bei das Fürstenthum Ratzeburg als außerhalb der Landesver⸗ fassung stehend außer Betracht geblieben ist. Die Amtsge⸗ richtsbezirke und deren Seelenzahl sind: Neustrelitz 12,681 Seelen, Neubrandenburg 11,367, Friedland 10,959, Woldegk 6531, Strelitz 9622, Feldberg 8552, Mirow⸗Wesenberg 8741, Stargard 10,915. Summa 79,368 Seelen. Nähere Ent⸗ schließung bleibt jedoch noch vorbehalten, oo nicht diese Zahl durch Vergrößerung einzelner Bezirke noch verringert werden kann, indem man etwa Strelitz und Stargard ausfallen und dafür eine Erweiterung von Neustrelitz, Neubrandenburg und Woldegk eintreten ließe, „wodurch außer anderen Vortheilen eine Ersparung sowohl an Einrichtungs⸗ als Unterhaltungs⸗ kosten erreicht werden würde.“

Ueber die Verwendung des Antheils an der französischen Kriegsentschädigung in Mecklenburg⸗ Strelitz ist bisher eine Einigung nicht erfolgt. Der ur⸗ sprüngliche Vorschlag des Großherzogs von Mecklenburg⸗ Strelitz ging, unter Wahrung des Anspruchs, die ganze Summe der landesherrlichen Kasse zu überweisen, dahin, daß letztere ein Drittheil erhalten, ein Drittheil der Centralsteuer⸗ kasse zur Deckung der Landesschulden zufließen und ein Drit⸗ theil ser esreisnegdie Zwecke verwandt werden sollte. Später erklärte der Großherzog sich auch zu der Modifikation bereit, daß 300,000 oder 360,000 der Centralsteuerkasse und ein gleich großer Betrag seiner eigenen Kasse, der Renteikasse, überwiesen würden, der Rest aber für gemeinnützige Zwecke zur Verwendung käme. Der neueste, in einem Reskript vom 14. d. M. an den Landtagskommissarius enthaltene Vorschlag des Großherzogs hält zwar das Prinzip der Dreitheilung fest, will aber von der Kriegsentschädigung vorweg 200,000 für die Ab⸗ lösung der Tauf⸗ und Traugebühren und 244,000 für die Kosten der durch die neue Gerichtsverfassung sich vernothwen⸗ digenden Bauten zugestehen. Auch erklärt er sich bereit, die Entscheidung über die Theilungsfrage noch einstweilen aus⸗ zusetzen und sich nur über die gedachten beiden Forderungen mit den Ständen zu vereinbaren. Der Betrag der ganzen auf Mecklenburg⸗Strelitz gefallenen Einnahme aus der Kriegs⸗ kostenzahlung wird unter Hinzurechnung der zugefallenen

Ztg“ auf 1,410,000 berechnet 8— 1— 1“

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vieht man davon die auf das Fürstenthum Ratzeburg fallend uote mit oder 235,000 und die für Stolgebühren Ablösung und Gerichtsbauten beanspruchten 444,000 ab, so verbleiben als vorbehaltener Gegenstand weiterer Verein barung mit den Ständen noch 731,000 ℳ.

Oldenburg. Oldenburg, 27. November. (Wes. Ztg. Einer der wichtigsten Gegenstände, welche in der heutigen Sitzung der evangelischen Landessynode zur Verhand⸗ lung kamen, war der Entwurf eines Gesetzes betreffend die Zusammensetzung des Ober⸗Kirchenraths und die Dauer der Synodalperioden. Hiernach soll der Ober⸗Kirchen⸗ rath demnächst bestehen aus drei ordentlichen Mitgliedern, von denen mindestens cines ein Geistlicher und eines ein

Rechtskundiger sein muß, und aus zwei außerordentlichen Mitgliedern, einem geistlichen und einem weltlichen. Die

ordentlichen sowohl als -auch die außerordentlichen Mitglieder ernennt der Großherzog, letztere jedoch nur für die Daue einer Synodalperiode aus vier von der Synode g bagrten und ihm präsentirten Mitgliedern der evangelisch⸗ lutherischen Kirche des Herzogthums Oldenburg Der Vorsitzende wird aus den ordentlichen Mitgliedern gleich⸗

falls vom Großherzoge ernannt. Der Entwurf bezeichnet die einzelnen C. des Ober⸗Kirchenraths, zu denen die außer⸗ itglieder berathend und beschließend zuzuziehen

ordentlichen , sind, und fügt die Bestimmung hinzu, daß, wenn der Groß⸗

herzog solches anordnet, die außerordentlichen Mitglieder auch

zu andern Geschäften zugezogen werden können und sogar im Falle der dauernden Verhinderung eines ordentlichen Mit⸗ gliedes dasselbe thunlichst zu vertreten haben. Die Dauer der Synodalperiode ist im Entwurfe statt wie bisher auf drei Jahre, auf fünf Jahre bestimmt. Die Bestimmungen übe

die Zusammensetzung des Ober⸗Kirchenraths wurden von de 8

Synode mit großer Majorität angenommen, indeß sind

die zweite Lesung Abänderungsanträge schon jetzt in

Aussicht gestellt. Die Bestimmung, wonach ein außer⸗ ordentliches Mitglied zur Vertretung eines dauernd verhinderten ordentlichen Mitgliedes berufen werden kann, sowie die Bestimmung, wonach die Synodalperioden auf fünf Jahre erhöht werden, lehnte die Synode ab.

Im Uebrigen ward der Gesetzentwurf mit einigen nicht

wesentlichen Modifikationen angenommen. Ferner fand ein Gesetzentwurf die Zustimmung der Synode, wonach die allg meinen Kirchenausgaben, welche, soweit sie nicht in de

Zuschüssen der Staatskasse an die Central⸗Kirchenkasse ihre

Deckung finden, von den einzelnen Gemeinden nach ihre Steuerkrast aufgebracht werden sollen, nach Maßgabe de Einkommensteuerrollen über die Gemeinden umzu legen si

dem Staatsvertrage vom 20. Juli 1853 wird der bisherige

Kirchenverband des an die Krone Preußen von Oldenburg

abgetretenen Jadegebiets aufrecht erhalten; jedoch wurd Preußen das Recht eingeräumt, gegen gewisse Kapitalabfin

dungen diese Verbindung zu lösen; eine öxweseg. über ezweckt

diese steht jetzt in Aussicht, und bez der Gesetzentwurf, falls diese erfolgen sollte, die Ausscheidung

des Jadegebiets aus dem Kirchenverbande schon jetzt gesetzlich

zu regeln. Der Zeitpunkt, mit welchem das Gesetz in Kraf tritt, wird vom Ober⸗Kirchenrathe bestimmt werden.

Braunschweig. Braunschweig, 29. November. Di Landessynode hat gestern, wie man der „M. Ztg.“ b richtet, folgenden Antrag des Abg. Thiele mit großer Ma

jorität angenommen: „Die Synode wolle das Kirchenregiment ersuchen, auf der nächsten Kirchenkonferenz in Eisenach in An⸗-⸗

regung zu bringen, daß thunlichst Bedacht auf Herstellung

eines gemeinsamen Gesang buches für den evangelischen

Theil des deutschen Heeres genommen werde.“ Vom Minister tische aus wurde zu dem Antrage erklärt, daß die Kirchen

regierung gern bereit sein werde, dem ausgesprochenen Wunsch

nachzukommen.

Bremen, 27. November. (H. N.) Eine bürger schaftliche Kommission, der ein Bericht über das Frei schulwesen aufgetragen war, hat die Mängel desselben nach gewiesen, und empfiehlt die Aufhebung der sogenannte

Freischulen. Sie räth der Bürgerschaft, zu beschließen, daß

diese Maßregel vorbehaltlich der Gutachten der Schuldeputatio und der städtischen Armenbehörde zum 1. April nächste Jahres ins Lebens geführt werde. Freistellen in den be⸗ zahlten Schulen sollen natürlich bleiben, aber vergeben werde nach denselben strengen Grundsätzen wie öffentliche Almosen überhaupt. Deshalb soll denn auch die Armenverwaltung si

zu vergeben scnn, ihrerseits dafür bezahlen und von de

Schulbehörde schadlos gehalten werden, so daß jeder äußer Unterschied zwischen den Kindern wegfällt. Eltern, die nich ganz, aber doch theilweise das Schulgeld zu bezahlen i Stande sind, sollen hierzu angehalten werden.

Nachmittag fand ein Ministerrath statt, der sich mit de Bankfrage beschäftigte. Finanz⸗Minister Szell soll be nne; gestrigen Anwesenheit in Wien mit Freiherrn v. Preti

ediglich in Verwaltungsangelegenheiten konferirt haben und kehrt heute nach Pest zurück. Der „Pest. Ll.“ konstatirt aus⸗ drücklich, daß die Angelegenheit, um derentwillen Herr von Szell nach Wien reiste, mit der Bankfrage in keinem Zusammen⸗

hange stehe.

Bezüglich der Zollkonferenz, welche vor Kurzem in

Wien tagte, wird ergänzend mitgetheilt, daß zwar eine prir zipielle Einigung erzielt wurde, aber bezüglich einzelner, un zwar nicht unwichtiger Punkte, Differenzen aufgetaucht sind deren Ausgleichung erst späteren Verhandlungen vorbehalten

blieb. Ein Theil der Instruktionen wird jetzt textirt. Die

Zollkommission wird den Entwurf in einigen Tagen verhan

deln und dann die Konferenz fortsetzen. Die Verhandlungen

mit den Vertretern Deutschlands werden, dem „Fremdenbl.“ zufolge, 1“ erst nach Abschluß dieser Konferenze beginnen und es soll Graf Andrassy dieselben persönlich i Wien eröffnen.

Die in Trient gegen die des Hochverraths und de Störung der öffentlichen Ruhe Angeklagten geführte Unter suchung scheint nicht zum Abschlüuß gelangt zu sein, den

nach den neuesten Nachrichten haben in Roveredo und dem

benachbarten Sacce, erhästengi und usduncfnchun e stattgefunden, die, wie dasselbe Blatt mittheilt, mit dieser Un

nd; desgleichen ein Gesetzentwurf, welcher das König⸗ lich preußische Jadegebiet aus dem Kirchenverbande, in welchem es bisher mit den Gemeinden Heppens bezw. Neuende stand, und damit zugleich aus der evangelisch⸗lutherischen Landeskirche des Herzogthums Oldenburg ausscheidet. Nach

tersuchung ob mit Grund, ist noch unaufgeklärt in Zusammenhang gebracht werden.

Zur Bankfrage erhält das „Fremdenbl.“ von „ver⸗ trauenswerther Seite“ folgende Mittheilung, welche das Blatt mit Rücksicht auf das allgemeine Interesse des darin berührten Gegenstandes wiedergiebt, ohne jedoch seine Ansichten irgend⸗ wie mit derselben zu identisiciren. Die Zuschrift lautet:

„In Finanzkreisen glaubt man, daß die Schwierigkeiten der gegenwärtigen Situation nicht anders als durch ein Provisorium beseitigt werden können und giebt sich deshalb der Hoffnung hin, man werde hier, wie in Pest, zur Ueberzeugung gelangen, daß eine dualistische Bank weder von Seiten der Bankdirektion, noch von Seiten unseres Abgeordnetenhauses jemals gebilligt werden dürfte. Nachdem nun die dualistische Bank nicht durchführbar erscheint, andererseits aber die ungarische Regierung im Hinblick auf die gegen⸗ wärtige Strömung nicht leicht nachgeben so wären alle Schwie⸗ rigkeiten nur dann beseitigt, wenn man sich ganz einfach dazu ent⸗ schließen würde, die Ausgleichsverhandlungen einstweilen zu vertagen und das Verhältniß zu Ungarn auf zwei Jahre provisorisch im Status quo zu belassen.“

29. November. 82. T. B.) (Von einem Spezial⸗ korrespondenten.) In parlamentarischen Kreisen ist man nicht gewillt, dem Ministerium gegenüber eine solche Haltung ein⸗ zunehmen, welche dasselbe nöthigen würde, schon jetzt die Kabinetsfrage zu stellen. Die Majorität neigt sich dem Gedanken zu, den weiteren Verlauf der Verhandlungen zwischen der Regierung und der Nationalbank abzuwarten.

Prag, 28. November. Bei den gestrigen Gemeinde⸗ Ergänzungswahlen wurden bei sehr schwacher Betheili⸗

ung durchwegs altczechische Kandidaten gewählt. Die ver⸗ sassüngsmäßige Partei und die Jungczechen betheiligten sich nicht an der Wahl.

Pest, 28. November. Wie der „Presse“ gemeldet wird, herrscht in hiesigen Abgeordnetenkreisen anläßlich der Bankfrage bei allen Parteien große Aufregung. Da nur Mittwoch und Sonnabend Inter⸗ pellationstage sind, gewärtigt man von der äußersten Linken oder den Unabhängigen schon morgen eine Inter⸗ pellation. Die liberale Partei kam überein, vorläufig die Angelegenheit mit Ruhe zu erörtern, die Regierung nicht iso⸗ lirt zu lassen und die Frage derart auszutragen, daß alle Schritte im engsten Einvernehmen der Partei mit der Re⸗ gierung geschehen.

In Angelegenheit der Petition welche bezüglich des verbotenen Fackelzuges zu Ehren des türki⸗ schen General⸗Konsuls eingereicht wurde, stellte der Petitionsausschuß des ungarischen Abgeordnetenhauses fol⸗ genden Antrag: „Was die Klage der Petenten hinsichtlich des Verbots der von ihnen in Aussicht genommenen Demon⸗ stration betrifft, so findet der Ausschuß diese Angelegenheit durch die Behörden, welche in ihrem Wirkungskreise vorgingen, ordnungsgemäß erledigt und erachtet eine legislatorische Ver⸗ fügung angesichts des auf administrativem Wege Geschehenen nicht für nothwendig. Insofern aber die Petenten bitten, das Haus möge dahin wirken, daß sie den projektirten Fackelzug abhalten dürfen, ist der Ausschuß der Ansicht, daß die Petition als ausschließlich eine polizeiliche Verfügung erfordernd dem Minister des Innern 1 werden soll.“

29. November. (W. T. B.) Der Minister⸗Prä⸗ sident Tisza hat sich nach Gödöllö begeben und wird daselbst heute Abend vom Kaiser empfangen werden. Für morgen ist eine Konferenz der liberalen Partei anbe⸗ raumt worden. Wie verlautet, wird der Minister⸗Präsident in dieser Versammlung in Betreff der Bankfrage inter⸗ pellirt werden und erwartet man bezügliche Erklärungen von demselben.

Agram, 26. November. Ueber die Mission des Hofrathes Baron Krauß berichtet die „Pol. Korr.“:

Hofrath Baron Krauß, der vom Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten behufs Studiums der Lage der in Kroatien und Dalmatien befindlichen Flüchtlinge entsendet wurde, ist gestern hier angekommen und konferirte noch am selben Tage mit dem Chef der

inneren Abtheilung der Grenzlandesverwaltung. Hofrath Baron

Krauß ist mit dem heutigen Morgenzuge nach Wien zurückgekehrt, wird jedoch, sobald der Kommandirende, FZM. Freiherr v. Molli⸗ nary, von seinem Urlaube hier eintrifft, was für den 1. Dezember

zu gewärtigen ist, neuerdings hierher kommen, um die in An⸗

gelegenheiten jener Flüchtlinge zu treffenden Maßnahmen zu

besprechen. Ueber die Mission des Freiherrn v. Krauß ver⸗

lautet nur so viel, daß die Lage der aus Bosnien Geflüchteten eine aller Beschreibung spottende ist, was jedoch zu gleichem Theile der Hülflosigkeit und der überaus niedrigen Kulturstufe der Rajah wie der Bodenbeschaffenheit, namentlich der dalmatinischen Gegenden, zu⸗ zuschreiben ist. Die Lage der in der kroatischen Militärgrenze be⸗ findlichen Flüchtlinge ist insoweit eine bessere, als diese doch schon in kulturell hoͤher stehenden Landestheilen sich befinden und so auch in ausgebreiteterem Maße der Segnungen der Kultur theilhaftig wer⸗ den. Die Hauptaufgabe des Freiherrn v. Krauß bestand darin, jene Mittel und Wege anzugeben, wie mit Berücksichtigung der Bodenkultur oder anderen Umstände den in den einzelnen Gegenden befindlichen Flüchtlingen natürlich unter vollster Berücksichtigung der Staatsfinanzen am wirksamsten geholfen werden könnte und wie es möglich wäre, jene auf der untersten Stufe der Kultur befindlichen Leute der Civilisa⸗ ton zu gewinnen. Aus diesen Rücksichten dürfte es vor allen Din⸗ gen geboten sein, betreffs der bisher nicht geregelten Sustentations⸗ gewährung einen von dem bisherigen abweichenden Modus zu finden, und dürfte wahrscheinlich in Zukunft dieselbe nicht mehr nach Köpfen,

sondern, nach Maßgabe der Umstände und der Anzahl der Angehö⸗

rigen einer Familie⸗, nach Familien verabfolgt werden. Eine andere Frage ist die des Schulbesuches der Kinder dieser Flüchtlinge, die isher selbstverständlich gar keinen Unterricht genossen.

Schweiz. Luzern, 28. November. (N. Zürch. Ztg.) Der Große Rath chaoß beinahe mit Einstimmigkeit die Einzahlung der Gotthardsubvention nach dem Vorschlage des Regierungsrathes.

Großbritannien und Irland. London. 28. No⸗ ber. (Engl. Korr.) Der frühere Unterrichts⸗Minister Forster ist zum Rektor der Universität Aberdeen und zum Ehrenbürger der Stadt ernannt worden. Amtlichen Aus⸗

weisen zufolge hat sich während des letzten Jahres der Be⸗

stand der Freiwilligen⸗Regimenter von London um ungefähr 6 Proz. gehoben. So weit sich bis jetzt übersehen läßt, ist der Zuwachs in den Provinzen ähnlich gewesen. Die Gesammtzahl der Freiwilligen wird gegenwärtig auf nahezu 180,000 Mann geschätzt.

Indien. (A. A. C.) Den neuesten Berichten aus Bombay zufolge gestalten sich die Aussichten auf eine Abwen⸗ dung des drohenden Mangels immer düsterer. Die wahr⸗ scheinliche Ausdehnung des Nothstandes kann vor Ende De⸗

zember kaum genau festgestellt werden, aber Leute, die das

Land kennen, hegen ernste ee orpnißh. Es sind indeß bereits Nothbauten thätig im Gange und eine wirkliche Hungersnoth

droht bis jetzt nicht. Aus Madras lauten sdie Berichte auch 1“ .“ 8

nicht sehr Distrikten gehört großer Nothstand ebenfalls zu den Wahr⸗ scheinlichkeiten.

Frankreich. Paris, 28. November. Heute war der Ministerrath unter dem Vorsitz des Marschall⸗Präsidenten versammelt, um sich über die Fragen betreffs des Kultus⸗ budgets und der Begräbnisse schlüssig zu machen. Der Ausschuß für die Vorlage des Ministers des In⸗ nern erhielt heute Mittheilung von den Beschlüssen des Ka⸗ binets. Die Minister Dufaure, Marcere und Berthaut er⸗ schienen alsdann vor dem Ausschusse und der Minister⸗Präsi⸗ dent erklärte, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die Vorlage wegen der Begräbnißfeier in Betreff der Ehrenlegion sei gemacht worden, um der Unklarheit ein Ende zu machen. Diese Vorlage sei jedoch keineswegs das letzte Wort, sie verletze die Gewissens⸗ freiheit nicht, aber man könne auch eine andere Vorlage machen, wenn das gerathen erscheine. Hr. Dufaure deutete an, man könne etwa allen Mitgliedern der Ehren⸗ legion gleiche militärische Ehre an dem Ort erweisen, wo die Leiche niedergesetzt sei, im Sterbehause, in der Kirche oder auf dem Kirchhof; in diesem Falle würden die Truppen dem Leichenzug aber nicht das Geleit geben. Auf Brissons An⸗ frage äußerte er, daß mit dem Dekrete vom Messidor oder mit dem neuen Gesetz er die militärischen Ehren den Militärs, die ohne Hinzuziehung der Geistlichkeit beerdigt werden, nicht bewilligen werde. Der Minister fügte hinzu, bei der von Hrn. Dufaure angedeuteten Vereinbarung werden die Ehren zwar Jedermann zugestanden, aber mit mehr Pomp bei kirch⸗ lichen Beerdigungen. Der Kriegs⸗Minister ist nach wie vor der Ansicht, daß zur Bewahrung und Hebung der Tapferkeit der Armee es nöthig sei, daß sie gläubig sei. Der Ausschuß vertagte seine Beschlußgfassung bis morgen; dem „Temps“ zu⸗ folge hofft man aber, daß man dem Konflikte werde aus⸗ weichen können. Dem Vernehmen nach wollen die französischen Bischöfe Protest erheben, falls die Maßregeln von Ducros in vinn wegen der bürgerlichen Begräbnisse beseitigt werden ollten.

Wie von verschiedenen Seiten und namentlich auch vom „Temps“ gemeldet wird, hat das ganze Ministerium im Verfolg der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses seine Demission gegeben, der Marschall⸗Präsident aber diese nicht angenommen, da er vor dem Schlusse der Budgetver⸗ handlungen sehr ungern auf eine Veränderung seines Kabinets eingehen möchte. Um zunächst in der dringendsten Streitfrage Rath zu schaffen, hätte der Marschall sodann zu dem Ver⸗ mittelungsvorschlage seine Zustimmung gegeben, welchen Herr Dufaure heute in dem Ausschusse für die militärischen Ehren vorgebracht hat.

29. November. (W. T. B.) Wie aus parlamenta⸗ rischen Kreisen mitgetheilt wird, hat sich das Ministerium schlüssig gemacht, jedenfalls bis zur Erledigung des Budgets in beiden Kammern im Amte zu bleiben und erst dann seine Entlassung einzureichen. Auch von Seiten der Linken selbst soll man bemüht sein, einer Ministerkrisis in diesem Augen⸗ blicke möglichst vorzubeugen.

Spanien. Madrid, 27. November. (Ag. Hav.) Msgr. Simeoni und die Bischöfe von S. Juan de Compostella und Gerona haben dem Minister⸗Präsidenten Canovas del Castillo ihre Glückwünsche für seine Rede zu Gunsten der religiösen Toleranz zugehen lassen.

Ein Madrider Telegramm der „Times“ meldet, der Marquis von San Carlos werde demnächst im spanischen Kongresse einen Gesetzentwurf für die Abschaffung der Stierkämpfe einbringen.

Italien. Rom, 26. November. (Ital. Nachr.) Auf den Vorschlag der Wahlprüfungskommission hat die Depu⸗ tirtenkammer 215 nicht angefochtene Wahlen genehmigt. In Folge der Erhebung Crispi’s auf den Präsidenten⸗ stuhl der Kammer haben einige fortschrittliche Journale ge⸗ meldet, daß sich die Mehrheit vereinigen müsse, um einen neuen parlamentarischen Führer an der Stelle Crispi's zu erwählen. Das „Diritto“ bekämpft diese Idee, einen Führer der Mehrheit zu erwählen und unter Bezugnahme auf mehrere politische Schriftsteller und die Gebräuche auswärtiger Parla⸗ mente beweist es, daß das natürliche Haupt der Mehrheit der Konseilspräsident und kein Anderer sein müsse. Das „Diritto“ schließt so: „Es giebt keinen Zwischenweg. Entweder schließt man das Ministerium von der Kammer aus, oder man erkennt ihm das Recht und die Pflicht zu, die Mehrheit zu leiten. Außerhalb dieses Systems, das der gesundesten Praxis des konstitutionellen Lebens entspricht, sehen wir nur Unbe⸗ sehnns und Widersinn, die der Geschlossenheit und Soli⸗ ität der Partei großen Schaden bereiten würden. Die Mehr⸗ heit, welche die Nation erwählt hat, um die im Programm von Stradella versprochenen Reformen zu bewirken, kann kein anderes Haupt haben als den Mann, der dies Programm verkündigte und das Ministerium vertritt, dem die Insleben⸗ führung und Anwendung desselben anvertraut ist.“

29. November. (W. T. B.) Der Marquis von Salisbury ist hier eingetroffen.

Türkei. Konstantinopel, 29. November. (W. T. B.) Die Bevollmächtigten Frankreichs zur Konferenz, Graf Chaudordy und Graf Bourgoing sind heute hier ein⸗ getroffen. .

Cera, 29. November. (W. T. B.) Gutem Vernehmen nach ist eine Ministerkrisis ausgebrochen, indem der Groß⸗ vezier aus prinzipiellen Gründen seine Zustimmung zu dem Berselangemmug; Midhat Paschas verweigert und auf die Entscheidung des Sultans provozirt hat.

Rumänien. Bukarest, 21. November. (A. Z.) Auch der Senat hat heute dem Fürsten Karl seine Thron⸗ adresse durch eine Deputation überreicht, welche von dem Metropoliten als Senats⸗Präsidenten geführt wurde. Die Adresse lautet übersetzt:

„Hoheit! Indem der Senat dem Rufe der Regierung Deiner Hoheit gefolgt ist und sich beeilte, sich um den Thron zu versammeln, erfüllt es uns mit lebhafter Genugthuung zu hören, daß unsere aus⸗ wärtigen Beziehungen die günstigsten sind. Der Senat erkennt mit Dank, daß die Regicrung Deiner Hoheit, im Angesicht der ernsten Ereignisse, welche sich rings um uns abspielen, beharrlich ihre neutrale Stellung aufrechterhalten hat, in Uebereinstimmung mit dem Willen des Landes, welcher ich durch die Stimme der nationalen Vertretung kundgegeben. Die teutralität ist in den Traditionen dieses Landes. Im Angesicht der Gefahr haben die Rumänen ihre Uneinigkeit vergessen und schaaren sich wie ein Mann um den Thron des Landes. Der Senat hat das Vertrauen, daß durch die Vaterlandsliebe der Söhne Rumä⸗ niens und durch den Schutz der hohen garantirenden Mächte unsere Rechte und unser Territorium respek und unan⸗ 18

ünstig. In Mysore und anderen britischen

getastet bleiben werden. Sei überzeugt, Allerhöchster Herr.

daß die rumänische Nation ihre Pflicht zu erfüllen wissen und sich würdig zeigen wird der politischen Stellung, welche ihr durch den Vertrag von Paris gegeben wurde, der unsere alten Rechte anerkannte. Die Einberufung der gesetzgebenden Körper unter den gegenwärtigen Umständen wird den natürlichen Erfolg haben, daß, in allen politischen Akten, welche die Umstände bedingen, die Regierung Deiner Hoheit Kraft in der Mitwirkung der gese, gebenden Körper finden wird. Da der Senat die Wichtigkeit der Gesetzes⸗ vorlagen, die in der Thronrede Deiner Hoheit angekündigt werden, würdigt, so wird er denselben die ernsteste Aufmerksamkeit zuwenden, dieselben mit Ueberlegung prüfen und keine Zeit verlieren, um die ökonomischen und administrativen Interessen des Landes zu wahren. Der Senat erfüllt auch seine Pflicht, indem er seine Gefühle tiefster Ergebenheit und Ehrfurcht ausdrückt. Es lebe Deine Hoheit! Es lebe Ihre Hoheit die Fürstin! Es lebe Rumänien!“

Der Fürst Karl antwortete:

„Allerheiligster Vater! Meine Herren Senatoren! Vor Allem danke Ich dem Senat für die Gefühle der Ergebenheit, welche der⸗ selbe der Fürstin und Mir ausspricht. Noch niemals haben sich die gesetzgebenden Körper in einem ernsteren Augenblicke versammelt. Ich habe noch das volle Vertrauen, daß die vollständige Harmonie zwischen denselben und Meiner Regierung, sowie unsere korrekte Haltung, welche von Europa gebilligt wird, uns helfen werden, aus diesen Schwierigkeiten herauszukommen. Mit vollster Genugthuung empfange Ich die Versicherung des Senats, daß derselbe im Einver⸗ ständniß mit Meiner Regierung an allen Akten mitwirken wird, welche die nationale Vertretung für gut finden wird um an unserer nationalen Politik festzuhalten, welche sich auf die Achtung vor der Integrität und vor den Rechten des Landes stützt. Seien Sie sicher, daß Ich stets da sein werde, wo es die Interessen der Nation erheischen!“ .

Galatz, 20. November. Man schreibt der „Pol. Korr.“ von hier:

Seit dem 18. d. M. hat die längs der Donau aufgestellte rumänische Armee eine allgemeine Bewegung in der Richtung gegen die russische Grenze vollzogen. Selbst die in der kleinen Wallachei dis⸗ lozirte Division hat Befehl bekommen, nach Jassy zu marschiren.... Der Kriegs⸗Minister rüstet nach wie vor mit Aufgebot aller Kräfte. Von den im Auslande gekauften 70,000 Gewehren sind bereits 40,000 Stück über Rußland in Jassy eingelangt. Dieselben sollen unter den Bataillonen der Territorialarmee vertheilt werden. Die Bespannung der Artillerie ist komplet vorhanden. In den letzten Tagen hat man 1800 Pferde zur Kompletirung der Kavallerie ange⸗ kauft. Die Laffettirung von 118 Geschützen wird betrieben. Zerleg⸗ bare Holzbaracken werden hier und in Krajowa gebaut und mit der Anfertigung von Winterkleidern sind in allen Werkstätten des Aerars tausende von Händen noch immer beschäftigt. Proviant ist für cine Armee von 90,000 Mann für vier Monate vorhanden.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 28. Novem⸗ ber. (St. Pet. Herold.) Die Abreise Sr. Kaiserlichen Hoheit des Ober⸗Kommandirenden ist aufs Neue verschoben worden. Die für die Corps der aktiven Süd⸗ Armee ernannten Stabs⸗Chefs haben sich nach den „St. Pet. Wed.“ schon größtentheils an ihre Bestimmungsorte, die Feenlse der Truppenkonzentration, begeben, als nach

ijew, Kamenez⸗Podolsk und Odessa.

Kischeneff, 24. November. Die „Pol. Korr.“ meldet von hier: Der Aufmarsch der Armee ist im vollen Zuge. Von den sechs Armee⸗Corps befinden sich bereits vier in voll⸗ ständiger Aufmarschdislozirung. Dieselben haben eine solche Aufstellung, daß sie vom Pruth bis Akkerman in einem Halb⸗ kreise sich befinden. Die Avantgarde besteht aus drei Di⸗ visionen des siebenten und einer Division des neunten Amee⸗ Corps. Gleich nach Ankunft des Oberst⸗Kommandirenden werden jene Stabsoffiziere nominirt werden, welche den ru⸗ mänischen Divisions⸗Kommandanten zugetheilt werden sollen. Wie es heißt, wird zum rumänischen Vertreter im russischen Hauptquartiere General Floresco ernannt werden. Die vor ungefähr 15 Jahren aufgelösten Azowschen Kosacken haben das Anerbieten gestellt, noch ein Freiwilligen⸗Regiment auszurüsten, was auch von der Regierung angenommen worden ist. Es verlautet mit Bestimmtheit, daß die Mobilisirung der drei übrigen Militärbezirke im europäischen Rußland gleich⸗ falls bevorstehe. Der darauf bezügliche Kaiserliche Ukas soll Anfangs Dezember erscheinen. Der Großfürst⸗Ober⸗Komman⸗ dant wird hier am 2. Dezember erwartet und soll schon am 6. Dezember die Inspizirung sämmtlicher Truppen an der Grenze beginnen. Großfürst Konstantin Nikolajewitsch wird zur Besichtigung der Befestigungen in Nikolajeff erwartet. Von da wird er sich nach Eupatoria, Inkerman, Sebastopol, Berd⸗ jansk, Kertsch⸗Jenikale und Sudak begeben. Es ist die Rede davon, daß der Großfürst⸗Admiral den Oberbefehl über die Flotte im Schwarzen Meere übernehmen und sich während des bevorstehenden Krieges im Süden aufhalten werde.

Amerika. New⸗York, 29. November. (W. T. B.) Die öffentliche Ruhe in Südkarolina ist bis jetzt zwar nicht gestört, indeß sind die zur Legislative gewählten demokra⸗ tischen Abgeordneten mit zwei republikanischen Abgeordneten in einem öffentlichen Lokale in Kolumbia zusammengetreten, haben sich als legale Legislative konstituirt und verlangen als solche anerkannt zu werden.!

Der Befehl des Präsidenten an den Kriegs⸗ Minister lautet nach den „Times“: „Sir Mr. Cham⸗ berlain ist jetzt Gouverneur von Süd⸗Carolina ohne Zweifel und bleibt es, bis der neue Gouverneur gesetzlich proklamirt worden. Der Regierung ist Hülfe mit den Vereinigten Staaten⸗ Truppen abverlangt worden, um die republikanische Regierung in jenem Staate gegen einen die Staatsbehörden zu mächtigen Widerstand 28.. Sie sind angewiesen, Gouver⸗ neur Chamberlain gegen Gewaltthaten zu unterstützen, bis Sie andere Befehle von mir empfangen. Grant, Präsident.“

Der „Times“ wird unterm 26. d. M. aus Phila⸗ delphia telegraphirt: „Mr. Hendricks und Mr. Tilden haben mit andern demokratischen Führern in New⸗York Kon⸗ ferenzen gehalten. Das Resultat derselben scheint die An⸗ nahme zu sein, daß die drei Südstaaten ihre Stimmen für Hayes abgegeben haben, aber daß der Kongreß dieselben als betrügerische verwerfen werde. Die demokratischen Führer bauen demnach auf die demokratische Majorität im Repräsen⸗ tantenhause für die Herbeiführung der Installirung von Mr. Tilden. Es hat sich eine sehr wichtige neue Phase in der Streitfrage entwickelt. Oregon wählte drei republikanische Wahlmänner, von denen einer, Namens Watt, unwählbar ist, weil er das Amt eines Postmeisters bekleidet. Gouverneur Grove, ein Demokrat, weigert sich, Watts auf Grund seiner Unwählbarkeit ein Certisikat auszu⸗ stellen, will aber eins Coghtan, dem demokratischen Wahlmann mit der größten Stimmenzahl, ausstellen. Dieses Verfahren iebt, wenn es aufrecht erhalten wird, Mr. Tilden das er⸗ orderliche fehlende Votum. Die Republikaner wollen beim höchsten Gerichtshof von Oregon einen Einhaltsbefehl (injune- tion) erwirken. Die Mitglieder des republikanischen Aus⸗ schusses, welche die Stimmen ählung in Luisiana berwache:

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