Deutsches Reich. eme Berlin, 8. Dezember. Se. Maje der Kaiser und König nahmen heute den Vortrag des olizei⸗Präsidenten von Madai entgegen, empfingen auf dem
sdener Bahnhofe die Königlich Sächsischen Majestäten und nahmen vor der Abfahrt Hubertusstock den Vortrag des Reichskanzlers Fürsten von Bismarck entgegen.
— Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin war gestern in der Kaiserin⸗Augusta⸗Stiftung in Charlottenburg anwesend und empfing heute Ihre Majestät die Königin von Sachsen auf dem Dresdener Bahnhofe. Die Königlich Säch⸗ sischen Majestäten und Se. Königliche Hoheit der Prinz Georg von Sachsen dejeunirten nach ihrer Ankunft im Königlichen
alais, wo auch später ein Diner für Ihre Majestät die nigin stattfand.
— Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm gestern Vormittag um 11 ½ Uhr militärische Meldungen entgegen. — Zum Diner um 5 Uhr war Se. Durchlaucht der Fürst Reuß j. L. geladen. — Um 6 Uhr begab Sich Ihre Kaiserliche und Königliche Hoheit die Kronprinzessin nach der Singakademie.
— Der Bundesrath hielt am 6. d. M. die 31. Plenar⸗ sitzung. Den Vorsitz führte der Präsident des Reichskanzler⸗ Amts, Staats⸗Minister Hofmann.
Nach Feststellung des Protokolls der letzten Sitzung nahm die Versammlung zunächst Kenntniß von einer Vorlage des Präsidiums, betreffend die Uebersicht der Betriebsergebnisse der deutschen Eisenbahnen für 1875.
Den Anträgen des III. und IV. Ausschusses gemäß wurde beschlossen, daß vom 1. Januar k. J. ab monatlich Ausweise über die Einfuhr und Ausfuhr der wichtigeren Waarenartikel durch den „Reichs⸗Anzeiger“ und das „Centralblatt für das Deutsche Reich“ zu veröffentlichen sind.
Der nach dem Vorschlage derselben Ausschüsse modifizirte Gesetzentwurf wegen der Erhebung von Ausgleichungsabgaben erhielt die Zustimmung der Versammlung.
Ferner wurde beschlossen, den Petitionen, welche auf Suspension oder Beseitigung der den Wegfall von Eisenzöllen betreffenden Bestimmung des Gesetzes vom 7. Juli 1873 ge⸗ richtet sind, keine Folge zu geben.
Auf mündliche Berichte des IV. und VII. Ausschusses wurden erledigt: a. ein Gesuch des Leipziger Kassenvereins um Gestattung des Betriebes des Lombardgeschäfts in dem bisherigen Umfange; b. die Präsidialvorlage, betreffend die internationale Ausstellung zu Paris im Jahre 1878.
Zu dem letzteren Gegenstande beschloß der Bundesrath, daß eine Betheiligung des Deutschen Reichs an der gedachten Ausstellung und eine Bewilligung von Geldmitteln zu diesem Zwecke nicht stattzufinden habe.
Der vom Präsidium vorgelegte Gesetzentwurf wegen Auf⸗ nahme einer Anleihe von 10,186,000 ℳ für Zwecke der Telegraphenverwaltung, insbesondere zum Ausbau der unter⸗ irdischen Telegraphenlinien, zur Errichtung neuer Telegraphen⸗ anstalten ꝛc., wurde nach den Anträgen des V. und VII. Aus⸗ schusses genehmigt.
Den Schluß bildete die Wahl von Kommissarien für die Vertretung von Gesetzvorlagen im Reichstag.
— Der Bundesrath, die vereinigten Ausschüsse dessel⸗ ben für das Landheer und die Festungen, für Rechnungs⸗ wesen und für die Verfassung, der Ausschuß für Handel und Verkehr und der Ausschuß für Justizwesen hielten heute Sitzungen.
— Im weiteren Verlaufe der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstages benutzte in der Berathung über den Landeshaushalt⸗Etat für Elsaß⸗Lothringen der Abg. Guerber, unterstützt von den Abbg. Windthorst und Duncker, die Diskussion über den Dispositionsfonds des Ober⸗Präsi⸗ denten dazu, um volle Preßfreiheit für die Reichslande zu beantragen. Eine diesbezügliche Resolution wurde abgelehnt, nachdem in Uebereinstimmung mit dem Abg. Dr. von Schulte der Bundesrathsbevollmächtigte Unter⸗Staatssekretär Herzog ausgeführt hatte, daß die Verhältnisse dazu noch nicht geeignet 8 Darauf vertagte sich das Haus um 4 Uhr bis Sonn⸗
end.
— Die Frage, ob eine auf Grund des §. 698 Allg. Landrechts Th. II. Tit. 18 über den Zeitpunkt der Groß⸗ jährigkeit des Mündels verlängerte Vormundschaft nach dem Inkrafttreten der Vormundschaftsordnung vom 5. Juli 1875 noch mit rechtlicher Wirksamkeit fortgesetzt werden könne, ist von dem Reichs⸗Oberhandelsgericht in einem Er⸗ kenntniß vom 16. Juni d. J. verneint worden.
— Die öffentliche Aufforderung zum passiven Widerstande gegen die sogenannten Maigesetze, an eine Menge gerichtet, unter der sich keine Person befand, wel⸗ cher durch diese Gesetze bestimmte Pflichten auferlegt worden find, ist nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 9. November d. J. auf Grund des §. 110 des Strafgesetz⸗ buches zu ahnden. „Ob unter denjenigen Personen“, führt das Erkenntniß des Ober⸗Tribunals in Beziehung auf eine Untersuchung gegen den Kaplan Kulla zu Kattowitz aus, „welche bei einer öffentlichen Aufforderung zum Ungehorsam gegen Gesetze zugegen waren, sich keine befunden hat, welcher durc)h diese Gesetze bestimmte Pflichten auferlegt worden sind, ist nicht erheblich. Denn eine öffentliche Aufforderung, wie sie der §. 110 des Strafgesetzbuchs voraussetzt und wie sie die Instanzrichter festgestellt haben, ist eine nicht an bestimmte Personen, sondern an eine unbestimmte Menge gerichtete, und die Gefährlichkeit der Handlung, welche der innere Grund der Strafbestimmung ist, liegt eben in der Oeffentlichkeit, durch welche die Tragweite der Aufforderung sowohl was die Personen, an welche die Aufforderung sich richtet, als was deren Erfolg anbetrifft, wie der Appellationsrichter mit Recht bemerkt, eine ganz unberechenbare wird. Daß endlich auch die Aufforderung zu einem passiven Widerstande unter
die Aufforderung zum Ungehorsam fallen ka si nicht zu bezweifeln. Hebeesam f in, ist an sich
— Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten, Groß⸗ - valich heflscher Wesfitan. 8 vufth ⸗Ministeriums, „ und Herzoglich sachsen⸗altenburgischer Regierungs⸗ Rath Schlippe, sind hier eingetroffen. 188 8
— für S. M. Kanonenboot „Comet“ sind von heute ab bis auf Weiteres nach Smyrna zu
Stettin, 6. Dezember. In heutiger Sitzung des Pro⸗ vinzial⸗Landtages wurde die gestern abgebrochene Be⸗ rathung des Haushalts⸗Etats für das dahr 1877 wieder auf⸗ genommen und zu Ende geführt. Danach balanzirt der Etat mit 4,463,842 ℳ Eine Ausschreibung von Provinzial⸗ steuern findet nicht statt, da der allerdings nicht unbeträchtliche Mehrbetrag der Ausgaben durch die mit Sicherheit zu erwartenden Ueberschüsse des laufenden und die Bestände der von dem altpommerschen
ommunalverbande übernommenen Fonds gedeckt werden kann. Nach einer Darlegung des Berichterstatters aus der Etats⸗Kommission wird übrigens auch in Zukunft die Noth⸗ wendigkeit einer Erhebung von Provinzialsteuern nicht hervor⸗ treten, sofern nur die Ausgaben für Neubauten von Chausseen beziehungsweise für Prämien zu diesem Zwecke und die Ausgaben su größere Landesmeliorationen nicht wie diesmal aus den laufenden Einnahmen be⸗ stritten, sondern durch Anleihen aufgebracht werden. Das vom Provinzialausschusse umgearbeitete Reglement zur Aus⸗ führung des Viehseuchen⸗Gesetzes fand mit einigen durch die
Kommission vorgeschlagenen Abänderungen die Billigung der Versammlung. Der Antrag des Kreisausschusses Lauen⸗ burger Kreises, wonach der Minimalsatz von 75 Thlr. = 225 ℳ an Grund⸗ und Gebäudesteuer für den Wahlverband der größeren ländlichen Grundbesitzer im genannten Kreise auf 100 Thlr. = 300 ℳ erhöht werden soll, veranlaßte eine längere Debatte, da aus der Versammlung hieran anknüpfend der erweiterte Antrag gestellt wurde, die gleiche Er⸗ höhung für alle reise der Provinz vorzunehmen. Schließlich ward indeß dieser Antrag wieder zurückgezogen und von der Versammlung beschlossen, eine Enzschei⸗ dung über den Antrag des Lauenburger Kreisausschusses bis dahin auszusetzen, daß auch der Kreistag sich in der Angelegenheit geäußert habe. Ein Reglement über die Verwaltung der vereinigten Hospitäler St. Spiritus und St. Georg zu Treptow a./ Toll. wurde mit verschiedenen Aenderungen, welche der Referent vorschlug, angenommen. In Folge des von dem Abg. Sternberg eingebrachten Urantrages beauftragte der Landtag den Provinzialausschuß, dem nächsten Landtage Vorschläge wegen besserer Fürsorge 8 die Blinden der Provinz zu machen. Den letzten Gegen⸗ stand der Berathung bildeten die Anheimgaben der Kommission wegen Verbesserung der Geschäftsordnung. Dieselben wurden en bloc angenommen. Hierauf schloß der Wirkliche Geheime vin und Ober⸗Präsident Freiherr von Münchhausen den Landtag mit einer kurzen Ansprache. Nachdem die Ver⸗ sammlung ein dreimaliges Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König ausgebracht hatte, trennte sie sich.
Baden. Karlsruhe, 6. Dezember. Zum Besuche der Großherzoglichen Familie ist heute Nachmittag Ihre Königliche Hoheit die Prinzessin Luise von Preußen welche einen längeren Aufenthalt in Baden zu nehmen gedenkt, hier ein⸗ getroffen. 1—
Hessen. Darmstadt, 6. Dezember. (Frkf. J.) Heute trat hier die Landessynode zusammen. Nach Wahl eines neuen Sekretärs und eines neuen Mitgliedes des Gesetzgebungs⸗ »Ausschusses gab dann zur ersten Diskussion die Vorlage des Ober⸗Konsistoriums über die Einnahmen und Ausgaben des evangelischen Cecttral⸗Kirchenfonds für 1877—79 Veranlassung, wobei es sich um die Frage handelte, ob sie überhaupt be⸗ willigt werden solle, und auf wie viel Jahre, also über das ganze kirchliche Budget. Dabei kam auch die ganze Frage über die Kirchensteuer wieder in die Debatte und wurde aber⸗ mals von den verschiedenen Standpunkten beleuchtet, mit Rücksicht auf die dagegen entstandene Bewegung. Gegen die Vorlage des Ober⸗Konsistoriums war der Antrag gestellt, das Budget nur auf ein Jahr zu bewilligen. Aber sowohl dieser Antrag, als auch ein vermittelnder auf zwei Jahre, wurde von der Majorität abgelehnt, während die General⸗Abstim⸗ mung über das Budget im Ganzen noch aussteht.
Mecklenburg. Malchin, 4. Dezember. (H. N.) In der heutigen Landtagssitzung beschäftigte sich die Versammlung mit einem Dictamen von sieben Bürgermeistern, worin dieselben auf Verhandlungen von 1867 Bezug nehmen, be⸗ treffend die Vererbpachtung der Domanial⸗Bauer⸗ güter und die möglicher Weise dadurch eintretende Vermin⸗ derung des Domanialvermögens. Der Großherzog hatte sich damals auf den Vertrag des Engeren Ausschusses nicht abge⸗ neigt gezeigt, den Ständen eine Betheiligung an der Kontrole über die Konservirung des bedeutenden Fonds einzuräumen. Es sind ca. 4000 Bauergüter vererbpachtet. Die Zinsen von dem daraus gewonnenen sog. Domanial⸗Kapitalfonds werden in einem Reskript vom 12. November 1873 auf 161,870 Thlr. ange⸗ geben. Inzwischen traten die mehrjährigen Verhandlungen über die Modifikation der Verfaffung ein, und man hielt die Frage über die Kontrole des Domkapitalfonds für gegenstandslos weil die Modifikationen die Herausgabe des Renterei⸗Etats, also einer Art Budget in Aussicht nahmen. Da den Stãn⸗ den, auch abgesehen von der Entwickelung dieser Frage, ein Aufsichtsrecht über den betreffenden Fonds zugebilligt ist, so beantragen die sieben Bürgermeister, daß der Großherzog um die Feststellung dieser ständischen Kontrole gebeten werde. Die Stände beschlossen . daß der Engere Aus⸗ schuß dieserhalb die nöthigen Schritte bei dem Großherzog thun solle. 8 — 6. Dezember. (Hamb. Nachr.) Die Ritterschaf hat auf dem Landtage einen Antrag 8 beide een het angenommen, durch ihre Vertreter im Bundesrathe dahin wirken zu wollen, daß die obligatorische Civilehe aufgehoben und die fakultative eingeführt werde.
Braunschweig. Braunschweig, 6. Dezember. (Magd. Ztg.) Die La in dessynode besprach heute “ ben Herzoglichen Staats⸗Ministeriums, betreffend das gegensei⸗ tige Verhältniß derstaatlichen undkirchlichen Gesetz⸗ gebung, welches einer Abänderung bedürfe. Für die freie Entfaltung der kirchlichen Thätigkeit schlägt die höchste Lan⸗ desbehörde Folgendes vor: Künftig wird für 2“ Akte eine genaue Sonderung der Kirchen⸗ und Staatsgewalt inne gehalten. Die kirchliche Gesetzgebung erstreckt sich auf Lehrordnung, Kultus, Disziplin und Kirchenversassung. Un⸗ bedingt maßgebende staatliche Vorschriften müssen von der Kirche ohne Weiteres befolgt werden, nur wird die⸗ selbe nicht durch subsidiäre staatliche Normen ge⸗ hemmt. Als absolute Normen müssen alle Staats⸗ gesetze, welche im staatlichen Interesse etwas gebieten oder verbieten, und alle Bestimmungen der Landesverfassung gelten. Diesen Bestimmungen und Gesetzen widerstreitende Akte der
dirigiren.
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dagegen über Gegenstände, die der Regulirung durch Kirchen⸗ gesetz unterliegen, gelten der Kirche gegenüber als subsidiär. Gesetze über Suspension, Entlassung und Absetzung der Kirchen⸗ diener 45— selbstverständlich zu den absoluten. Zur Gültig⸗ keit der Kirchengesetze ist die Sanktion des Inhabers der Kirchengewalt unter Bezug auf die Zustimmung der Synode erforderlich. — Die zur Vorprüfung dieser Vorschläge gewählte Kommission gab anheim, sich mit den in der Denkschrift aufgestellten Grundsätzen einverstanden zu erklären, was ge⸗ schah. — Ferner nahm heute die Synode ein Gesetz an, welches die Diäten der Synodal⸗Mitglieder mit de
Landtagsmitglieder in Ueberstimmung bringt5.
erreich⸗Ungarn. Wien, 7. Dezember. (W. T. B.) Abgeordnetenhaus. Die Generaldebatte über das Budget ist heute geschlossen worden. Im Laufe derselben widerlegte 3 ⸗Minister von Pretis⸗Cagnodo die wider lie Regierung erhobenen Anschuldigungen und wies darauf hin, daß die Roe⸗ gierung die Herstellung des Gleichgewichts bei den Staatsein⸗ nahmen und Ausgaben als ihre nächste Pflicht stets im Auge behalten habe und daß die Lage in der That auch besser ge⸗ worden sei. In die volkswirthschaftlichen Verhältnisse sei regeres Leben gekommen und der österreichische Staatskredit sei unerschüttert, der gegenwärtige Cours der Renten sei höher als zu der Zeit, wo das Kabinet ans Ruder getreten sei. Gegen die bei der Debatte gefallene Aeußerung, daß eine Re⸗ duktion der Zinsen bevorstehe, legte der Minister entschieden Verwahrung ein; derselbe erklärte ferner, kirsichtsch des Ausgleichs mit Ungarn solle man erst den Erfolg ab⸗ warten, ehe man ein Urtheil fälle. Die Minister würden immer ihrer Pflicht bewußt sein und die Amtsverschwiegenheit um ephemeren Beifalls oder Tadels willen nicht verletzen. — Im weiteren Verlaufe erklärte der Minister Lasser, die Regierung lasse sich nur von ihren Pflichten, und nicht von dem Triebe der Selbsterhaltung leiten. Die ungarischen wie die österreichischen Minister seien in der Lage gewesen, in Gegenwart des Monarchen in genauer Weise auf die einzel⸗ nen Punkte des Ausgleichs, insbesondere auf die Bankfrage einzugehen. Wenn einerseits allerdings eine Differenz in den emachten Vorbehalten und Unterscheidungen konstatirt wurde, o sei doch andererseits urkundlich nachgewiesen, daß bei kei⸗ nem Theile mala fides vorwaltete, sondern beiderseits bona fide vorgegangen wurie
— (W. T. B.) Abendsitzung des Abgeordneten⸗ hauses. Nachdem der Genekalbecichterstatter zum Schluß nochmals das Wort genommen und unter beifälliger Zu⸗ stimmung des Hauses auf die hervorragende Thätigkeit des Ministeriums hingewiesen hatte, wurde mit allen gegen 7 Stim⸗ men beschlossen, den vom Ausschuß vorgeschlagenen Budget⸗ Entwurf als Grundlage für die Spezialdebatte an⸗ zunehmen.
Prag, 7. Dezember. (W. T. B.) Wegen der in diesen Tagen stattgehabten Studenten⸗Exzesse sind 8 Studen⸗ ten und 6 Maler⸗Akademiker polizeilich bestraft, ein Student ist dem Landesgerichte zur Aburtheilung überwiesen worden. Der heutige Tag ist ohne jede Störung vorübergegangen.
Pest, 6. Dezember. Zu der Stelle in dem Artikel des „Hon“: „Es könne nur eine außerhalb der ungarischen Re⸗ gierung erfolgende Veränderung die Wiederaufnahme der Ausgleichsverhandlungen ermöglichen“ bemerkt der „Lloyd“, nach seinen Informationen sei diese Bemerkung in dieser
orm nicht richtig; es wäre allerdings möglich, daß als Kon⸗ equenz der von der ungarischen Regierung zu erstattenden Vorschläge ein Personenwechsel sich ergäbe, allein der „Lloyd“ sgaubt⸗ mit Bestimmtheit angeben zu können, daß der Vor⸗ chlag der ungarischen Regierung sich nur auf die Sache, nicht
auf Personen beziehen werde, und daß die einer
Personenveränderung ungarischerseits nicht gestellt werde.
Schweiz. Bern, 5. Dezember. Wie sich aus der Berichterstattung der Kommission des Ständerathes über den bundesräthlichen Gesetzentwurf, betreffend die Oberaufsicht des Bundes über die Wasserpolizei im Hochgebirge er⸗ giebt, hat dieselbe eine Anzahl Wildbäche in den Alpen, namentlich in den Kantonen Graubünden und Tessin, in Augenschein genommen und sich an Ort und Stelle von der Nothwendigkeit überzeugt, daß das Gesetz in gewissen Punkten weiter gehen müsse, als der Entwurf des Bundesrathes. So will der Bundesrath, daß die Kantone die Gesetze und Ver⸗ ordnungen über die Wasserpolizei erlassen sollen, während die Kommission beantragt, der Bund selbst solle durch ein Ge⸗ setz in allgemeiner Weise die Normalbestimmungen angeben, welche den bezüglichen Gesetzen und Verordnungen der Kan⸗ tone als Grundlage zu dienen haben. Ebenso will die Kom⸗ mission darin weiter gehen, als der Bundesrath, daß sie die Schutzbauten, Eindämmungen und Korrektionen, welche das öffentliche Interesse verlangt, sobald als möglich auszuführen beantragt; auch will sie, daß etwaige Streitigkeiten, betreffend die Kostenvertheilung unter die Kantone vor dem Forum des Bundesgerichtes zu entscheiden seien. Betreffend den Bundes⸗ beitrag bestimmt der bundesräthliche Entwurf, daß derselbe in der Regel nicht den dritten Theil der effektiven Kosten über⸗ steige, welchen Beitrag, wenn die “ nicht ausreichen oder ein allgemeines Interesse vorliegt, die Kom⸗ mission mindestens auf die Hälfte erhöht. Außerdem liegen noch verschiedene andere Abänderungsanträge vor, was die Kommission bestimmt hat, einen ganz neuen Gesetzentwurf auszuarbeiten, welchen sie als Grundlage für die artikelweise Berathung empfiehlt. Für den Fall, daß dieser letztere An⸗ trag Annahme finden sollte, hat Bundesrath Droz als Chef des Departements des Innern, dem die öffentlichen Bauten unterstellt sind, eine ganze Reihe Amendements angemeldet, welche heute gedruckt zur Vertheilung kommen sollen.
— 6. Dezember. (N. Zürch. Zta.) Der National⸗ rath hat heute das in den ersten zwei Sitzungen angefangene Bundesgesetz, betreffend die politischen Rechte der Niec⸗ dergelassenen und Aufenthalter bis zu Art. 12 durch⸗ berathen und als neuen Grundsatz die Bestimmung aufgestellt, daß dem im stimmberechtigten Alter stehenden Aufenthalter eesstehen solle, sich auch vor Ablauf eines vollen Jahres des Au enthaltes als Niedergelassener einschreiben zu lassen.
8 Großbritannien und Irland. London, 6. Dezember. Die von der „London Gazette“ heute veröffentlichte Dekla⸗ ration, welche, laut telegraphischer Meldung, kürzlich zur provisorischen Regelung des Handels zwischen
Kirchengewalt haben keine rechtliche Gültigkeit.
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Staatsgesetze
8
Großbritannien und Rumänien hier unterzeichnet worden —]—
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„Da die Regierung Ihrer Majestät der Königin des Vereinigten Königreichs von Großbritannien und Irland und die Regierung Sr. Hoheit des Fürsten Karl von Rumänien wünschen, die Be⸗ ziehungen zwischen den zwei Ländern während der zur Unterhandlung und zum Abschluß einer Handelskonvention nothwendigen Zeitperiode provisorisch zu regeln, haben die für diesen Zweck gehörig autorisirten Endesunterzeichneten die folgenden bvu verein⸗ bart: Produkte britischen Ursprungs oder aus Großbritannien kom⸗ mend, die in Rumänien importirt werden, und Produkte rumänischen Ursprungs oder aus Rumänien kommend, die im Vereinigten König⸗ reich importirt werden, sollen, was den Import, Export oder Transit⸗ zölle anbetrifft, mit Bezug auf Wiederausfuhr, Courtage und Lager⸗ spesen, Lokalzölle, sowie mit Bezug auf Zollformalitäten beziehungs⸗ weise derselben Behandlung unterliegen wie die Produkte der begünstigsten Nation. Nachdem die Regierung Sr. Hoheit des Fürsten Karl von Rumänien und die Re⸗ jerung Sr. Majestät des Kaisers von Oesterreich und önigs von Ungarn übereingekommen sind, sich segenseitig gewisse besondere Vortheile für den Austausch und die Cirkulation der Pro⸗ dukte der Grenddistrikte zu sichern, sollen diese Vortheile nicht von dem Vereinigten Königreich beansprucht werden. Wenn nicht ausdrücklich erneuert, soll das . provisorische Abkommen am 12. Mai (30. April) 1877 seine Endschaft erreichen. Urkundlich dessen haben die Unterzeichneten die gegenwärtige Deklaration entworfen und die Siegel ihres Wappens darunter gesetzt.
So geschehen (im Duplikat) zu London am 30. November 1876. (L. s.) Derby. (L. S.) Jon Ghica.“
— (A. A. C.) In Plymouth ist die Nachricht einge⸗ troffen, daß Ihrer Maj. Schiff „Narcissus“ während der Einfahrt in den Hafen von Shanghai auf den Grund lief. Mit Hülfe des auf der Rhede befindlichen Ihrer Maj. Schiffes „Immortalitsé“ wurde der „Narcissus“ schließlich wieder flott gemacht. Tags darauf starb der erste Ingenieur der „Imwortalité“, Mr. Snell.
Frankreich. Paris, 6. Dezember. Heute Morgen empfing der Präsident der Republik, Marschall Mac Mahon, die Präsidenten der beiden Kammern; die Unter⸗ redung dauerte eine halbe Stunde. Der Marschall ersuchte, dem Vernehmen der „Köln. Ztg.“ nach, die beiden Präsiden⸗ ten, ihm diejenige politische Persönlichkeit zu bezeichnen, welche ihnen zur Bildung des neuen Kabinets geeignet scheine. Heute Abend findet eine Unterredung zwischen dem Marschall, den Präsidenten der beiden Kammern und dem Präsidenten des Staatsrathes, Andral, statt; auch die Minister Dufaure und Leon Say sind, wie es heißt, hinzugezogen. — Der „Mo⸗ niteur“ greift heute die Herren Thiers und Gambetta scharf an und behauptet, das Kabinet würde morgen ge⸗ bildet sein: es würden mit Ausnahme der Herren Mar⸗ cere und Berthaut sämmtliche früheren Minister im Amte blei⸗ ben, auch Herr Dufaure. (s. u.) — Die republikanische Linke heute Grevy's Bericht über die Art und Weise, wie der vers ütt seine Aufgabe ausgeführt habe, die drei Gruppen der Linken zu einer gemeinsamen Haltung zu bewegen. Grevy bemerkte dabei, durch den Beitritt der Linken des Senates sei dem republikanischen Programm eine gewal⸗ tige Mehrheit gesichert. Die Punkte desselben lauten: „Ein wirklich parlamentarisches Ministerium und die Beseitigung des Widerspruchs zwischen dem Geiste der Mehrheit und dem eines großen Theiles der Beamten.“ Cochery schilderte hier⸗ auf als allgemeiner Berichterstatter die Lage, welche durch die letzten Abstimmungen der Deputirtenkammer geschaffen sei, um das Gleichgewicht des Budgets herzustellen, das durch die geringste Ermäßigung in der Einnahme zerstört werden würde. Die Mesher⸗ der Kammer wird in Folge dieser Darlegung wahrscheinlich alle Amendements, die zum Ein⸗ nahmebudget gestellt worden, verwerfen. (s. u. Versailles.) — Wie die „Köln. Ztg.“ meldet, ist der Oberst Dupressoir, Commandeur des französischen Garde⸗Kürassier⸗Regiments, welches 1870 den Angriff bei Rezonville ausführte und dabei von 600 Mann 415 und von 40 Offizieren 28 verlor, in Nancy gestorben. — Heute hat, dem „Journal officiel“ zu⸗ folge, unter dem Vorsitz des Ackerbau⸗ und Handels⸗Ministers Teisserenc de Bort die Einweihung des agronomischen Instituts im Gebäude des Konservatoriums der Künste und
ewerbe stattgefunden.
— 7. Dezember. (W. T. B.) Bei dem Marschall Mac Mahon fand gestern eine Konferenz, betreffend die Kabinetskrisis, statt, welcher die Präsidenten der Depu⸗ tirtenkammer und des Senats beiwohnten. Der Herzog von Audiffret⸗Pasquier hob in derselben hervor, daß das Kabinet eine wirkliche Niederlage bisher nicht erlitten habe und daß dasselbe, wenn es im Senat die Vertrauensfrage ge⸗ stellt hätte, dort eine erhebliche Majorität gefunden haben würde. Audiffret⸗Pasquier wie Grévy sprachen sich ent⸗ schieden dafür aus, daß das gegenwärtige Kabinet nicht zurück⸗ trete. Der Minister⸗Präsident Dufaure erklärte hierauf, daß er, wenn seine sämmtlichen Kollegen zustimmten, bereit sei, im Amte zu verbleiben. .
Versailles, 7. Dezember. (W. T. B.) Die Depu⸗ tirtenkammer hat den Antrag, die Berathung des Ein⸗ nahmebudgets bis nächsten Montag zu vertagen, mit 298 gegen 200 Stimmen abgelehnt.
Italien. Rom, 7. Dezember. (W. T. B.) Der Kar⸗ dinal Simeoni hatte gestern Abend beim Papste eine längere Audienz und wurde heute offiziell von demselben empfangen; derselbe hat dabei zugleich den Eid auf sein neues Amt geleistet.
Florenz, 7. Dezember. (W. T. B.) Prinz Louis Napoleon machte heute dem König einen Besuch; der König begab sich darauf mit dem Prinzen zu der Kaiserin Eugenie.
Türkei. Konstantinopel, 1. Dezember. Der ,Pol⸗ Korr.“ wird von hier geschrieben: Der Ministerrath hat aus dem Verfassungsentwurfe Midhat Paschas alles dasjenige ausgemerzt, was beweisen sollte, daß man in der Türkei ent⸗ schlossen sei, mit der Vergangenheit zu brechen. Alles, was auf die Ministerverantwortlichkeit, auf die Beschränkung der Macht des Souveräns, die Munizipalfreiheiten und die der Unabhängigkeit der Presse zugestandenen Garantien Bezug hat, ist aus dem Verfassungsentwurfe entschwunden und die Befugnisse der gesefgebenden Gewalt sind reduzirt. Dieses Werk soll auf Wunsch des Sultans unter Kanonendonner noch vor Eröffnung der Konferenz ver⸗ kündet werden. Die Konferenzbevollmächtigten fangen an, einzutrefften. Die Grafen Bourgoing und Chaudordy sind Mittwoch angelangt und vom Landungsplatze in Equipagen des Sultans nach dem französischen Botschaftshotel geführt worden. Gestern gab ihnen zu Ehren General Ignatieff ein diplomatisches Diner. Auf der hohen Pforte wird an einer
Staatsrath Zia Bey bevorstehe, wird von unterrichteter Seite
werden sollen. sdolmetsch, Herr Horovitz, einer der gründlichsten Kenner der türkischen Sprache, ist dem Baron Calice für die Dauer seiner hiesigen Mission attachirt wor⸗ den. Vor 14 Tagen sind mehrere in Salonichi ansässige öster⸗ reichische Staatsangehörige in brutaler Feis mißhandelt worden. Ueber Einschreiten des österreichischen General⸗ konsuls hat der dortige Vali unverzüglich entsprechende Genugthuung gegeben. Einige Tage später wurde abermals ein dort etablirter österreichischer Untertan von Musel⸗ männern übel zugerichtet. Ueber energisches Andringen des k. und k. Botschafters Grafen Zichy wurden die Uebelthäter zu zweijährigem Gefängnisse verurtheilt und die Lokalregie⸗ rung mußte dem Beschädigten 5000 Piaster zahlen.
— 7. Dezember. (W. T. B.) Die türkischen Mi⸗ nister und die hier akkredidirten Botschafter statteten gestern dem Marquis von Salisbury ihre Besuche ab. Salisbury wird heute vom Sultan in Audienz empfangen werden. — Auf der österreichisch⸗ungarischen Bot⸗ schaft fand gestern ein diplomatisches Diner statt. — Die Vorbesprechungen für die Konferenz werden voraus⸗ sichtlich einige Tage dauern. — Die von einigen Blättern gemeldete Nachricht, daß eine Ersetzung des türkischen Geschäftsträgers in Berlin, Thurkan Bey, durch den
als unbegründet bezeichnet.
(W. T. 88 Die Mitglieder der Konferenz haben bereits einzeln unter sich mehrere Besprechungen gehabt, insbesondere hatte der Marquis v. Salisbury eine lange Unterredung mit dem General Ignatieff. Die eigent⸗ lichen Präliminar⸗Konferenzen werden erst später beginnen. Außer Salisbury werden demnächst auch die übrigen Be⸗ vollmächtigten vom Sultan in Privataudienz empfangen werden.
— Die von der Pforte angeordneten neuen Aushebun⸗ gen in Arabien, besonders in Jemen, gehen schlecht von Statten. Die dem Meere entlang wohnenden Araber suchen dem Kriegsdienste durch die Flucht ins Innere zu entgehen; ein Stamm ist im Aufruhr begriffen und macht die Gegend um Mekka und Medina unsicher; es ist daher die Weisung dorthin ergangen, mit den ferneren Aushebungen so gelinde wie möglich zu verfahren. 1
Ueber die Pläne des Kriegs⸗Ministeriums betreffs der Vertheidigung Asiens tauchen allerhand abenteuerliche Gerüchte 8 von denen das eine erwähnt sei, daß die Gegend südlich von Erzerum in eine Wüste verwandelt werden solle, um bei der großen Schwierigkeit der Proviantirung ein wei⸗ teres Vordringen zu hindern.
Belgrad. Die „Pol. Korresp.“ ist in der Lage, den Wortlaut einer Note mitzutheilen, welche der serbische Minister des Aeußern an die diplomatischen Agenten der Großmächte in Belgrad unter dem 22. November d. J. gerichtet hat.
„Herr Agent! Ich habe das Bedauern, die von der türkischen Armee während der Besetzung von Alexinatz begangenen Grausam⸗ keiten heute zu Ihrer Kenntniß zu bringen. Da die Räumung von Alexinatz beschlossen wurde, um unmittelbar vor dem Waffenstillstande unnützes Blutvergießen, und wenn möglich, die Niederbrennung dieser Stadt zu vermeiden, erging am 30. Oktober an die dort ver⸗ bliebenen Einwohuer der Befehl, die Stadt zu verlassen; aus Mangel an Transportmitteln oder wegen Krankheit mußte jedoch eine bestimmte Anzahl von Familien ihre Abreise auf den nächsten Morgen verschieben. Am 31. Oktober überschritt die türkische Ka⸗ vallerie die Morawa bei Bohowischte, verlegte die Straße von Banja und machte sich daran, auf die sich zurückziehenden inoffensiven Ein⸗ wohner Jagd zu machen. Die türkischen Reiter tödteten bei diesem Anla e den Milovan Trifunac und sein Weib, den Tifun Trifunac, den Gioko aus Lotlin, den Lazar Tzvetkovic und das Weib des Goca⸗Nicarrounsic. Ein Weib aus dem Dorfe Vacup, welches ihr jüng⸗ stes Kind säugte, und ihre beiden andern Kinder führte, wurde von den Reitern erreicht. Sie metzelten zunächst die beiden Kinder nieder und fingen den Säugling mit der Spitze ihrer Säbel auf und tödteten schließlich die Mutter. Außer den eben genannten Personen haben noch beiläufig 50 andere, zum größten Theile Weiber oder Kinder ihr Leben in derselben Weise eingebüßt. Dies sind die Thatsachen, Herr Agent, welche ich Ihnen mußte, und die beweisen, daß die ottomanische Armee überall, wo sie die Gelegenheit dazu findet, fortfährt, die me. unter einer wehrlosen Bevölkerung, trotz der allgemeinen En rüstung, welche diese Akte in Europa her⸗ vorgerufen haben, zu erneuern. Indem ich Sie bitte, das Vorstehende zur Kenntniß Ihrer hohen Regierung zu bringen, ergreife ich diese Gelegenheit, um Ihnen, Herr Agent ꝛc. ꝛc.“
Ragusa, 7. Dezember. (W. T. B.) Die Mitglieder der Demarkations⸗Kommission haben ihren betreffen⸗ den Regierungen den Abschluß ihrer Arbeit angeVreigt. Montenegro hat die Verproviantirung von Niksic und zwar für 3000 Personen auf die Dauer von zwei Monaten genehmigt. — Unter den türkischen Truppen in Bos⸗ nien und in der Herzegowina findet eine lebhafte Be⸗ wegung statt.
Wien, 7. Dezember. (W. T. B.) (Von einem Spezial⸗ korrespondenten.) Nach aus Pest hierher gelangten Mitthei⸗ lungen haben die jüngsten nparlamentarischen Aeuße⸗ rungen des Fürsten Bismarck auch in den dort der⸗ zeit versammelten Kreisen der Diplomatie den befriedi⸗ gendsten Eindruck gemacht und die Hoffnungen auf Er⸗ haltung des Friedens vermehrt. — Hier vorliegende Briefe aus Konstantinopel versichern, im Widerspruch mit den bezüglichen offiziellen Nachrichten, daß der Konflikt zwischen dem Großvezier und Midhat Pascha wegen Proklamirung der Verfassung noch immer fortdauere. Der Großvezier widersetze sich den Bestrebungen Midhats, der diese Promulgation e vor Zusammentritt der Konferenz vor⸗ nehmen möchte. (W. T. B.) Die „Politische Korrespondenz“ meldet aus Skutari, Derwisch Pascha habe die Miriditen mit Gewalt bedroht, um dieselben zu zwingen, gemein⸗ same Sache mit der Türkei zu machen. Diese Maßregel habe jedoch die entgegengesetzte Wirkung hervorgebracht, die Miri⸗ diten hätten beschlossen, definitiv mit Montenegro zu gehen.
— Wiener Blätter haben gelegentlich der Meldungen von einer allgemeinen Erhebung der Miriditen
egen die türkische Herrschaft deren Anzahl auf 140,000 Mann eziffert. Von „kompetenter Seite“ wird das W. ‚Fremdenbl.“ darauf aufmerksam gemacht, daß, nach den verläßlichsten In⸗ formationen, der Miriditenstamm im allerhöchsten Fall etwa 20⸗ bis 24,000 Mann stark aufzutreten vermag.
Pest, 7. Dezember. (W. T. B.) Der Vertreter Oesterreich⸗Ungarns in Belgrad ist angewiesen worden, wegen der Verletzung der diesseitigen Territorialhoheit durch die von serbischen Polizeibeamten an Bord des österreichischen
Donaumonito
1 nach Semlin abgeg 92 — Die von einem Wiener Blatte gebrachte Nachricht, daß Seitens der öster reichisch⸗ungarischen Regierung die Okkupation Bosnien beschlossen worden sei, entbehrt, sicherem Vernehmen nach jeder Begründung.
St. Petersburg, 8. Dezember. (W. T. B.) Diesseits hat man, um von hier aus Schwierigkeiten und Verzögerun⸗ gen der Konferenzverhandlungen so weit als thunlich zu vermeiden, dem Vertreter Rußlands auf der Konferenz, General Ignatieff, eine große Aktionsfreiheit gelassen. London, 8. Dezember. (W. T. B.) Der britische Verein gegen die Sklaverei beabsichtigt den Kaisern von Deutschland, Oesterreich und Rußland, dem König von Italien und dem Marschall Mac Mahon Adressen zu überreichen, um dieselben zu ersuchen, ihre Vertreter in Konstantinopel anzu⸗ weisen, die Frage des türkischen Sklavenhandels in Konstantinopel der Konferenz zu unterbreiten.
Rumänien. Bukarest, 7. Dezember. (W. T. B.) Gegenüber der in den letzten Tagen bei der Bevölkerung der Donaustädte hervorgetretenen Befürchtung von einer unmittel⸗ bar bevorstehenden Invasion türkischer Truppen und dem dadurch Sene2. Flüchten zahlreicher Familien brachte das Journal „Romanul“ gestern und heute beruhigende Artikel, in welchen die Furcht vor einer türkischen Invasion als grundlos bezeichnet und hervorgehoben wird, daß die Beziehungen zwischen Rumänien und der Türkei die besten seien. 0
Rußland und Polen. St. Petersburg, 6. Dezem⸗ ber. (St. Pet. Herold.) Von dem Adel von Koslow, von der Tulaschen Gouvernements⸗Landschaft, von der Stadt⸗ kommune von Morschansk, Spassk, Schazk, Jelatma, Koslow und Tula, ferner von den Einwohnern von Lipezk und von den Bauern des Lebedjanschen und Kirssanowschen Kreises sind dem Kaiser Ergebenheits⸗Adressen überreicht worden. Von verschiedenen Ständen angehörenden Personen der Gouvernements Wladimir, Moskau, Orel, Ssaratowc, Tambow und Jarasslow sind ohne Ent⸗ schädigung Pferde für die Armee gestellt worden. — Der Oberkommandirende der Truppen der Garde und des St. Petersburger Militärbezirks, Großfürst Nikolai Niko⸗ lajewitsch der Aeltere, hat bei seiner Abreise zur aktiven Armee das Kommando über die genannten Truppen und die Ver⸗ waltung des Bezirks seinem Gehülfen, dem General⸗Adjutanten Baron Bistrom, übergeben. — Der Gedenktag der Schlacht bei Basch⸗Kadykljar, der 19. November (a. St.), hatte die an dieser Schlacht betheiligten und hier in St. Petersburg anwesenden Krieger zu festlicher Versammlung vereinigt. Der „R. Inv.“ bemerkt dazu: „Dieser Gedenktag gewann unter den Versammelten noch insofern besondere Bedeutung, als er mit dem Tage der Abreise Sr. Kaiserlichen Hoheit des Oberkommandirenden zur aktiven Südarmee zusammenfiel.“ An den General Skobelew in Moskau und an den General Loris⸗ Melikow in Tiflis wurden aus diesem Anlaß Telegramme ab⸗ gesandt.
Schweden und Norwegen. Stockholm, 4. Dezember. Heute wurde die Feier des zweihundertsten Jahrestages der Schlacht bei Lund begangen.
Der König eröffnete die⸗ selbe mit einer Rede. Die heutigen Abendzeitungen bringen eine Einladung zur Betheiligung an dem nationalen Werke, auf dem Schlachtfelde bei Lund ein Denkmal zu errichten. Der historische Verein der schonenschen Landschaften hat sich an die Spitze dieses Unternehmens gestellt und sowohl Repräsentanten Dänemarks als Schwedens haben die Einladung zur Subskription unterzeichnet. — Am Sonnabend wurde im Prinz Oskar⸗Palais eine Kunst⸗ und Industrie⸗Ausstellung eröffnet, zu welcher Feierlichkeit der König, der Kronprinz und die Minister sich eingefunden hatten. Die Ausstellung umfaßt 1850 Nummern, außer der vom Könige derselben überlassenen reichen Sammlung, sowie den Gegenständen, welche theils des Kronprinzen, theils der Ausstellungs⸗Comitémitglieder Eigenthum sind. Die Ausstellung wird von schwe⸗ dischen Blättern als äußerst interessant geschildert.
Die Königin wird am 7. d. M. Stockholm
verlassen, um sich über Helsingör, Kopenhagen, Korsör, Kiel ac. nach Heidelberg zu begeben. Dr. Hafstrom wird die Königin auf der Reise begleiten. Prinz Oskar ist am 1. De⸗ zember zum Fähndrich bei der Leibgarde zu Pferde ernannt worden.
Dänemark. Kopenhagen, 5. Dezember. Die Ver⸗ handlungen des Reichstages waren in den letzten Tagen ohne Interesse. Das Folkething erledigte einige kleine Pensionsgesetze ꝛc. ohne Diskussion. Auch das Cesetz des Abg. Bärentzen von den Färöern, betreffend den Branntweinhandel daselbst, wurde in dritter Berathung im Folkething erledigt. Es betrifft nicht Maßregeln zur Beschränkung des Brannt⸗ weingenusses, sondern nur eine veränderte Anwendung der Abgaben. — Die dänische Münzreform ist jetzt vollstän⸗ dig durchgeführt, nachdem die Münze mit der Herstellung des bestimmten Quantums Kronenmünze fertig geworden ist. Der konstituirte Münzdirektor, Nationalbank⸗Direktor, Etatsrath M. Levy, ist am 1. Dezember von seiner Stellung als Münzdirektor zurückgetreten und wurde vom Könige zum Commandeur des Dannebrog⸗Ordens erster Klasse ernannt.
Amerika. Was hin gton, 7. Dezember. (W. T. B.) Die Nachricht vom Abschlusse eines neuen Auslieferungsver⸗ trags mit England wird Seitens der Regierung für unbe⸗ gründet erklärt, ebenso die Behauptung, daß die der Aus⸗ führung des seitherigen Auslieferungsvertrags entgegengestan⸗ denen Hindernisse beseitigt seien.
New⸗York, 7. Dezember. (W. T. B.) Der von den Republikanern gewählte Chamberlain ist als Gouver neur von Südbkarolina installirt worden.
Afrika. Dahomey. Aus Cape Coast Castle gehen dem „Bureau Reuter“ in London unterm 14. v. Mts. fol⸗ gende (telegraphisch schon kurz signalisirte) Nachrichten zu:
Die Dahomianer, welche die Wirkungen der Blockade heftig ver⸗ spüren, haben Pfähle um einen großen Fetisch⸗Baum herum ge⸗ pflanzt und schwören, beim ersten gegen sie gemachten Angriff die Köpfe der Europäer darauf zu spießen. Ein portugiesischer Kauf⸗ mann, Senor Lino und Senor da Silva, ein Brasilianer, sind bis auf die Haut entkleidet, gepeitsch und dann nach Abomey geschleppt worden, weil sie die Aeußerung fallen ließen, der König von Dahomey sollte die ihm von den Engländern auferlegte Geld⸗ buße entrichten. Die Faktoreien sind geplündert worden und die haben alle darin befindlichen Spirituosenvorräthe mit
Note gearbeitet, in welcher die in der letzten Cirkulardepesche des russischen Keichskanzl ufgehäuft klagen entkrä
8. schiffes „Radetzky“ vorgenommenen Handlungen von der erbischen Regierung energisch Satisfaktion zu ver⸗ stü dieses Verl
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Beschlag belegt. Sieben Eingeborene sind auf Befehl des Königs erschossen worden, weil sie von Unterhandlungen mit dem britischen
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