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und vom Wegeausschuß amendirten Fassung en bloc ange⸗ nommen. In dem Reglement ist das Prinzip der Decentra⸗ lisat ion in der entschiedensten Weise zum Ausdruck gebracht. Gle ichzeitig beschloß der Landtag, den Provinzialausschuß zu ermächtigen, die Anstellung der Bezirks⸗Bauinspektoren möglichst auf Zeit unter Zugrundelegung eines Durchschnitts⸗ gehalts von 4000 ℳ zu bewirken. — Eine sehr lebhafte De⸗ batte knüpfte sich an einen von dem Abg. v. Klitzing und Genossen eingebrachten Antrag, welcher dem Landtag empfahl, sich shr die Uebernahme sämnntlicher Kreisaktien⸗ und Privatchausseen auf die Provinz unter gleichzeitiger Aufhebung der Chausseezölle zu erklären. Im Laufe der Diskussion wurde namentlich darauf hingewiesen, daß der Pro⸗ vinz durch Annahme dieses Antrages eine Kostenlast von nahezu 1 Million Mark erwüchse, und daß in Folge dessen die Pro⸗ vinzialabgaben um das Dreifache gegen den gegenwärtigen Betrag erhöht werden müßten. Die ehrzahl der Versamm⸗ lung sprach sich für die Aufhebung der Chausseezölle im Prin⸗ ip aus, hielt es dagegen für opportuner, bei den der prakti⸗ schen Durchführbarkeit entgegenstehenden Schwierigkeiten die Prinzipienfrage unentschieden zu lassen und den Gegenstand zunächst in durchaus objektiver Form zu behandeln. Demgemäß beauftragte der Landtag den Provinzialausschuß, behufs Vor⸗ bereitung einer eventuellen Uebernahme sämmtlicher Chausseen in die Unterhaltung durch die Provinz und einer Aufhebung aller Verkehrszölle dem nächsten Provinzial⸗Landtage eine Denkschrift vorzulegen, welche den Umfang der — der Provinz erwachsenden Kosten klarzulegen und falls na dem Ermessen des Provinzialausschusses eine Durchführung einer oder beider Maßregeln gezeigt erscheint, geeignete Vor⸗ schläge nach dieser Richtung zu enthalten hat. — Der Landtag vollzog demnächst Wahlen zu den Ober⸗ Ersatzkom⸗ missionen und den Bezirkskommissionen für die klassifizirte Einkommensteuer. Als Mitglied des Provinzial⸗Ausschusses wurde an Stelle des aus dem⸗ selben ausgeschiedenen Geheimen Kommissions⸗Rath Grund⸗ mann⸗Kattowitz Graf Frankenberg⸗Tillowitz gewählt.
Die Tagesordnung der heutigen letzten Sitzung des Provinzial⸗Landtages beschränkte sich im Wesentlichen auf die Berathung einiger Petitionen. Der Landtag erkannte die Neisse⸗ Regulirung in der Feldmark Reichenau als ein öffent⸗ liches Interesse an und beschloß, unter sofortiger Zurdispositions⸗ stellung einer Summe von 10,000 ℳ aus dem Landes⸗ meliorations⸗Fonds, sich deswegen mit der Staatsregierung in Verbindung zu setzen. Der Vorsitzende Herzog von Ratibor gab zum Schluß ein Resumé über die Thätigkeit des Landtags in der abgelaufenen Session und der stellvertre⸗ tende Königliche Landtags⸗Kommissarius, Regierungs⸗Vize⸗ Präsident Juncker v. Ober⸗Conraid erklärte nach kurzer Ansprache gegen 10 ½ Uhr auf Allerhöchsten Befehl im Namen Sr. Majestät des Kaisers und Königs den 25. schlesischen Provinzial⸗Landtag für geschlossen. Der Vorsitzende schloß die Sitzung mit einem Hoch auf Se. Majestät den Kaiser und König.
gg Mecklenburg. Malchin, 6. Dezember. der gesrri⸗ gen Sitzung des Landtags gelangte ein von einer nhahr Ständemitglieder eingebrachter Antrag bezüglich einer Revision des Reichsgesetzes vom 6. Februar 1875 über die Beur⸗ kundung des Personenstandes und die Ehe⸗ chließung zur Berathung. Der Antrag gecht dahin, „die hochansehnliche Landtagsversammlung wolle an die beiden Allerdurchlauchtigsten Landesherren das unter⸗ thänigste Gesuch richten, daß Allerhöchstdieselben ge⸗ ruhen wollen, ihren hohen Einfluß, insbesondere durch ent⸗ prechende Anweisung ihrer Vertreter im Bundesrathe, da⸗ hin zu verwenden, daß das Reichsgesetz vom 6. Februar 1875, betreffend die Beurkundung des Personenstandes und die Eheschließung, baldthunlichst in der Weise abgeändert werde, daß an die Stelle der sogenannten obligatorischen Civilehe die Einrichtung der sogenannten fakultativen Civil⸗ ehe, mithin an die Stelle des jetzt herrschenden allgemeinen Zwanges zum Gebrauch der bürgerlichen Form der Ehe⸗ schließung vor dem Standesbeamten die Freiheit trete, sich entweder dieser oder aber der alten geheiligten Weise der cheschließung durch kirchliche Trauung zu bedienen.“ Nach langer erregter Debatte wurde beantragt, darüber abzu⸗ stimmen, ob dem Antrage Folge gegeben werden solle oder Bevor man aber zur Abstimmung gelangte, erklärte ie Landschaft, daß sie vorerst unter scc berathen wolle. iernach erklärte sich die Landschaft aller drei Kreise dafür, dem Antrage keine Folge zu geben. Die Ritterschaft hingegen beschloß, wie schon mitgetheilt, den engeren Ausschuß der Nitterschaft zu beauftragen, an beide Landesherren einen Vortrag in beantragter Weise abzulassen. — Die Stände be⸗ willigten 16,000 ℳ für die Deichbeschädigungen in Dömitz, Boizenburg und den übrigen Ortschaften an der Elde, welche Deichschäden erlitten haben.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 6. Dezember. (Dr. J.) Die erste Sitzung des gestern wiedereröffneten Landtages wurde nur durch den Vortrag der Eingänge aus der Registrande ausgefüllt. An der Spitze derselben be⸗ fanden sich die Entwürfe eines Schulgemeindegesetzes und eines Gesetzes über die Kirchgemeinden. Das kirchliche Gebiet betrifft außerdem noch ein Gesetzentwurf über das Diensteinkommen der Geistlichen. An finanziellen Vorlagen ist ein höchster Erlaß über die Betheiligung des Herzogthums an der Errichtung gemeinschaftlicher Straf⸗ und resp. Korrektionsanstalten für die thüringischen Staaten, ein ebensolcher über die Errichtung eines neuen Packhofs jn der Stadt Altenburg und die damit in Verbindung stehende Frage der Erbauung eines neuen allgemeinen Krankenhauses, endlich noch eine Vorlage wegen nachträglicher Einlösung ver⸗ spätet eingereichter hierländischer Kassenscheine hervorzuheben. Der Abg. Dr. Hesse von Eisenberg hat einen Antrag auf
8 rlaß eines Gesetzes zur Erhaltung und Wiederherstellung der Wälder eingebracht. Eine Petition des Altenburger Gewerbe⸗ vereins, welcher sich ein Antrag des Abg. Nützer von Eisen⸗ berg angeschlossen hat, ist auf Einführung einer Besteuerung
der sogenannten Wanderlager gerichtet.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 7. Dezember. Von einem seiner Ofener Korrespondenten erhält das „Fremdenbl.“ fol⸗ gende Mittheilung zur Situation: „Ich kann Ihnen die Situation nur in ihren wesentlichen Zügen als unverändert bezeichnen, doch beherrscht nach wie vor der Gedanke, daß nicht durch einen Personenwechsel, sondern durch eine sach⸗ liche Verständigung der Austrag der zwischen den beiden
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Srch Ss,. obschwebenden Schwierigkeiten zu suchen sei, unverändert die Lage. Jede Kombination, die auf einen Ministerwechsel, sei es hier, sei es in Oesterreich, gegründet wäre, können Sie mit voller Ruhe als aus der Luft vegriffen bezeichnen. Mehr und mehr dringt der Gedanke durch, daß, nachdem der sachliche Gegensatz der beiden Regierungen, von denen jede bona fide auf ihrem guten Recht beharrt und keine von den berechtigten Interessen Reichshälfte etwas auf opfern darf, ein schwer zu überbrückender ist, der Ausglei
vielleicht durch die unmittelbare Aktion der beiden Parlamente zu suchen wäre.“ . “
— Dasselbe Blatt schreibt ferner: „Was das Verhältniß zwischen beiden Regierungen betrifft, so hält die gespannte Situation, aus der sich dem Auge zunächst keine Aussicht auf die Möglichkeit eines Ausweges bietet, noch immer an. Der Reichs⸗ Finanz⸗Minister Baron Hofmann konferirt mit demungarischen Minister⸗Präsidenten, das ist Alles, was an that ächlicher Meldung vorliegt. Zugleich registriren wir das der „Bud. Korr.“ aus Wien gemeldete Gerücht, es habe die National⸗ bank unaufgefordert einen Bankplan ausgearbeitet, den sie der österreichischen Regierung unterbreiten werde.“
— 8. Dezember. (W. T. B.) Einmüthig konstatiren heute die verschiedensten hiesigen Blätter den günstigen Eindruck der jüngsten Erklärungen des Fürsten Bismarck. So sagt das „Fremdenblatt“: „Diese offene Anerkennung der
nteressengemeinsamkeit findet in allen politischen Kreisen leb⸗ aften Wiederhall. Mehrseitig wird auch mit Genugthuung ervorgehoben, daß die Konstatirung der Existenz des Drei⸗ “ aus dem Munde des Fürsten Bismarck eine schlagende Widerlegung jener Spekulationen sei, die auf Zer⸗ würfnisse zwischen den drei Mächten rechnen. Oesterreichs Friedenspolitik findet in so offener Anerkennung des mächtigen Nachbarstaates die sicherste Gewähr, in der eigenen Kraft des Reiches aber den besten Schutz.“
— 9. Dezember. (W. T. B.) Anläßlich des St. Georgs⸗ Ordensfestes hat der Kaiser Franz Josef ein Glück⸗ Süeh1 an den Kaiser von Rußland ge⸗ richtet.
Pest, 7. Dezember. Der Kaiser kommt morgen von Gödöllö nach Pest und empfängt den Reichs⸗Finanz⸗Minister Baron Hofmann, vielleicht auch die ungarischen Minister. — In der gestrigen Sitzung des Abgeordnetenhauses wurde betreffs des Iranyischen Beschlußantrages auf Einführung der Religionsfreiheit, ein vom Minister⸗Präsidenten Tisza gestellter Vertagungsantrag angenommen. — Von Seiten der Presse ist mehrfach der Wunsch nach Veröffent⸗ lichung der Protokolle über die zwischen den dies⸗ und jenseitigen Ministerien in den Ausgleichsfragen gepfloge⸗ nen Konferenzen laut geworden. Dieser Forderung gegen⸗ über bringt „Hon“ die Mittheilung, daß diese Protokolle, als nicht vor die Oeffentlichkeit gehörend, nicht publizirt werden.
— Der „Lloyd“ enthält ein Regierungs⸗Com⸗ muniqusé gegen die Meldung der „N. Fr. Presse“, als hät⸗ ten bei den Minister⸗Konferenzen die ungarischen Minister er⸗ klärt, daß es so nicht fortgehen könne und daß es jetzt ihnen kaum möglich sein werde, die Konsequenzen des unzweifel⸗ 8. Rechtes, welches Ungarn zur Errichtung einer Bank
esitzt, zu ziehen. „Lloyd“ sagt: „Abgesehen von andern Irr⸗ thümern, welche das Entrefilet der „Neuen Presse“ enthält, müssen wir die zuletzt angeführte Mittheilung auf Grund von Informationen aus unbedingt verläßlicher Quelle dahin be⸗ richtigen, daß von irgend einem Zugeständnisse der unga⸗ rischen Regierung bezüglich der Unmöglichkeit der Errichtung einer selbständigen ungarischen Bank schlechterdings nicht die Rede war, sowie ja diese Frage schon an und für sich gar nic in den Rahmen der hier gepflogenen Verhandlungen ehört.“
8 — Dasselbe Blatt meldet: „In den Verhandlungen über die Bankfrage ist eine Pause eingetreten, welche bis zur heute Abends oder morgen früh erfolgenden Rückkehr Sr. Majestät andauern wird. Baron Hofmann wird von Sr. Majestät erst morgen (Freitag) empfangen; er hat den Mi⸗ nister⸗Präsidenten Tisza noch nicht gesehen, was heute erfolgen dürfte. Auch mit Szell traf er gestern Abends nur zufällig an einem Privatorte zusammen. Wenckheim besuchte er gestern Nachmittags. Eine Kabinetsbildung wurde ihm von Niemandem ffargt, dies Anerbieten fände wohl schwerlich bereitwillige Aufnahme, da auch er einen Kabinets⸗ wechsel für zwecklos und unmotivirt hält. Auch neue Lösungspläne für die Bankfrage habe der Minister wohl nicht im Reisekoffer mitgebracht; er kennt die Grenzen seines Ressorts zu genau, um in fremde überzugreifen. Sind wir — sagt „Lloyd“ — über die Intentionen gut unterrich⸗ tet, so wird Baron Hofmann dort, wo nach dem Vorgefallenen der persönliche Verkehr schwierig geworden, als neutrale Per⸗ sönlichkeit einen Meinungsaustausch versuchen, in die Aktion aber nicht eingreifen.“
— Im Ministerium des Innern sind, der „N. Fr. Pr.“ zufolge, Reduktionen bevorstehend, 8 Abthei⸗ lungen sollen aufgelassen werden; ebenso me⸗ Hirlap“, die Reorganisation des Honved⸗Ministeriums und der Honvedtruppe sei anläßlich der Berathung des Wehrgesetzes künftiges Jahr zu gewärtigen. 17
Schweiz. Bern, 7. Dezember. (N. Zürch. Ztg.) Der Nationalrath hat das Bundesgesetz über die politischen Rechte der Niedergelassenen und Aufenthalter auch heute noch nicht zum Abschlusse heheset Lange Dis⸗ kussion fand statt über die Gründe des Ausschlusses vom Stimmrecht, welcher laut Beschluß nun in folgenden Fällen soll stattfinden kann: durch kriminelles oder korrektionelles Urtheil, in Folge von Bevormundung wegen Verschwen⸗ dung, Geisteskrankheit oder Blödsinn; durch gerichtliches Strafurtheil wegen Konkurses in denjenigen Fällen, die nicht unter die erste Kategorie fallen und höchstens bis auf 5 Jahre (bei geringerer Verschuldung soll deren Einstellung im Stimmrecht asge s und bei unverschuldetem Konkurs davon auch ganz Umgang genommen werden); wegen öffent⸗ licher Almosengenössigkeit. Ferner ist die Bestimmung aufge⸗ nommen, daß der Ausweis zur Stimmberechtigung durch Vor⸗ weisung einer Bescheinigung über das Schweizerbür 8— und das zurückgelegte 20. Altersjahr als geleistet zu betrach⸗ ten sei und daß für das Vorhandensein der aufgestellten Aus⸗ schlußgründe die einsprechende Privatperson oder Behörde den Beweis zu erbringen habe. — Der Ständerath begann heute die Budgetberathung und setzte den Ertrag der Militärsteuer auf 650,000 Fr. herunter. Der Bundesrath wurde eingeladen, zu künfti er rechtzeitiger Vor⸗ lage des Budgets, zur Erhöhung der Munitionspreise und der entsprechenden Beiträge an die freiwilligen Schießvereine,
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zu Bericht und Antrag über Erhöhung der internen Tals graphentaxe und endlich zur Untersuchung der Zweckmäßigken der Ueberlassung von Laboratorium, Konstruktionswerkstätte Waffenfabrit und Pulverfabrikation an die Privatindustrenl
Großbritannien und Irland. London, 7. Dezember (A. A. C.) Unter dem Vorsitz der Königin findet a
Sonnabend im Windsorschlosse ein Ministerrath statt, z
welchem wahrscheinlich das Datum für den Zusammentritt de Parlaments festgestellt werden wird. Dem Vernehmen nat ist es im Plane, das Parlament drei Wochen eher als ge wöhnlich einzuberufen. — Das ofjournal dementirt Nachricht, daß der Hof in diesem Jahre nicht für das Weih nachtsfest nach Osborne übersiedeln werde. — N. „Daily News“ zufolge, richtete der Anti⸗Sklaverei verein ein Gesuch an Lord Derby, eine Deputation betref der Sklaverei in der Türkei in Verbindung mit der Kan S in Konstantinopel zu empfangen; aber der Minister si ie Auswärtigen Angelegenheiten erklärte, eine solche Deputatin jetzt nicht empfangen zu können. Wie „Daily News“ erfäh beabsichtigt der Verein, Schritte anderer Art zu thun.
— (Engl. Korr.) Der bisherige Vizekönig von Irland Herzog von Abercorn, 8 sich am Dienstag verabschiede Auf die Adresse der Dubliner Stadtbehörde erwiderte 6 unter Anderem: „Wenn ich die Gegenwart mit der Verga genheit vergleiche, so, denke ich, ist Grund zu allgemeiner S20. glückwünschung in dem reißend schnellen Fortschritt, den dah, Land gemacht hat, vorhanden. Ich werde immer die Zei⸗ in der ich das Amt des Vizekönigs bekleidet habe, als d stolzeste und erfreulichste meines Lebens betrachten und nich als die mit der Gesundheit der Herzogin verbundene gebi terische Nothwendigkeit würde mich dahin gebracht haben, an mein Amt zu verzichten. Der Herzog verließ die irisch Hauptstadt unter enthusiastischen Kundgebungen der g sammten Einwohnerschaft. — Der Lord Mayor w Dublin (Dr. George Owens), der Mayor von ahb. (Herr eorge Penrose) und der Mayor von L.a donderry (Dr. William Miller) erhielten die Ritterwürdsd — Nach einem schon kurz mitgetheilten Telegramm aus Maoh deira strandete der „St. Lawrence“ in vollem Laufe b klarer Nacht und schönem Wetter. Kapitän Hyde, der d. ganze Nacht auf dem Verdeck gewesen war, hatte sich gerad niedergelegt. Das Unglück geschah um 3 Uhr Morgens. D Vorräthe des Kriegs⸗Ministeriums, neun leichte Gebirg geschütze einbegriffen, wurden meistens verloren. Das Wrm ward für 100 Guineen verkauft, Regierungseigenthum jed vorbehalten. — Der an das Kriegsschiff „Shah. ergange Befehl, nach dem Mittelmeere abzugehen, ist widerrufe worden. Das Schiff wird in wenigen Tagen die Rhede ve Spithead verlassen, um nach dem Stillen Ocean abzugehen.
— 8. Dezember. (W. T. B.) Das Urtheil des A miralitätsgerichts, welches gegen die „Franconia“ wege deren Zusammenstoßes mit dem „Strathelyde“ einen Tade aussprach, ist von dem Appellgerichte bestätigt word
Canada. Aus Ottawa wird der „A. A. C.“ unte 4. d. per Kabel gemeldet: Es verlautet, daß Britis Kolumbia bei der canadischen und heimischen Regierum Beschwerde über seinen wehrlosen Zustand in Kricg zeiten geführt hat.
Frankreich. Paris, 7. Dezember. Ueber die U. terredung, die gestern Abend bei dem Präsidenten de Republik stattfand, wird der „Köln. Ztg.“ geschrieben:? Herzog von Audiffret⸗Pasquier sprach der Beibehaltu des jetzigen Ministeriums das Wort und meinte, er erach die Gründe zum Rücktritt des jetzigen Kabinets nicht für; reichend; durch die einiger Kredite ve Seiten der Deputirtenkammer sei das Kabinet nicht geschäd worden, und wenn Dufaure dem Senate die Vertrauensfra Fet hätte, würde er 180 Stimmen erhalten haben. D
ammer⸗Präsident Grévi fand die Ansicht Audiffret⸗Pa quiers der Hauptsache nach begründet, wünschte jedoch, d8 den gerechten Forderungen der Linken der Deputirtenkamn in Betreff der Nothwendigkeit einer schärferen Auffassung d Ministerverantwortlichkeit Rechnung getragen werde. Schlie lich gab Grévy zu, daß die Krisis vermieden werden köng aber zu diesem Zwecke sei es nöthig, daß das Kabinet sich i den Führern der verschiedenen Gruppen der Linken ins E vernehmen setze, um der Rückkehr von Vorkommnissen, die jetzigen Krisis geführt hatten, vorzubeugen. ihr. Dufau erklärte hierauf, er halte es für seine Pflicht, sich zur zuziehen, denn er erachte sich verletzt; er halte jede
ie Krisis für richtig beendigt, wenn ihm ein Na folger gegeben werde. Der Herzog von Audiffret⸗P qguier entgegnete, Dufaure sei über den Sinn Abstimmung im Irrthum. Grévy unterstützte diese I merkung, und hierauf “ Dufaure ein, sein Entlassungh gesuch zurückzunehmen, wobei er hinzufügte, wenn es dohoh, abinette möglich sein sollte, im Amte zu bleiben, so wech er sich nicht von seinen Kollegen trennen. In Folge die gegenseitigen Erklärungen ward für heute Morgen Ministerrath beschieden. Dieser tagte von 9 bis 11 unter dem Vorsitze des Marschalls Mac Mahon. Dufagsgs theilte die Ansichten der Präsidenten des Senats und. Deputirtenkammer mit. Diesen Abend 9 Uhr findet neuer Ministerrath zur Fassung der endgültigen 2 schlüsse statt. Andral, der Präsident des Staatsraths, woh der Berathung der Minister nicht an. Als die Ausschüsse! Linken Mittheilung von diesen Vorgängen erhalten, trag sie heute Nachmittag in Versailles zusammen, um über ig Haltung unter den obwaltenden Verhältnissen zu beschließ
— 8. Dezember. (W. T. B.) Die Minister hab aus Anlaß der Kabinetskrisis gestern und heute mit B. irten der Gruppen der Linken Besprechungen habt; die Delegirten haben dabei indeß ein Programm! geschlagen, das sowohl dem Marschall⸗Präsidenten wie Ministern unannehmbar zu sein scheint. Bis jett ist e definitive Entschließung von den Ministern noch nicht
troffen.
Versailles, 8. Dezember. (W. T. B.) In der her gen Sitzung der Deputirtenkammer setzte bei Berath des Einnahmebudgets der Finanz⸗Minister die V möglichkeit auseinander, eine Herabsetzung der gaben eintreten zu lassen, und hielt auch eine Reform Abgabewesens für unheilvoll. Eine Vergleichung der Einn men von 1875 mit denjenigen von 1876 sei durchaus u befriedigend, die Punahte etrage nur 1 Proz., während normalmäßig 3 Proz. betragen müsse, die Ergänzung Heeresausrüstung hebe 1285 Millionen in Anspruch gen men und werde noch weitere 400 Millionen erfordern, erst
Jahre 1889 werde der Staat die Freiheit seiner Bewegung wieder finden. Vor Allem müsse die Entwickelung des Han⸗ dels mit dem Auslande gefördert werden. Der Minister h9⸗ im Laufe seiner Rede besonders hervor, daß die französische Rente niemals besteuert gewesen sei und auch niemals werde besteuert werden. Die Berathung wird morgen fortgesetzt.
Spanien. Cuba. (A. A. C.) Aus Havanna wird unterm 15. November gemeldet:
Als der Dampfer „Montezuma“, welcher zwischen hier und Rico fährt und an verschiedenen Punkten dieser Insel sowie
ei Puerto Plata anläuft, an letzt genanntem Orte gelandet hatte, kamen elf Passagiere an Bord. Sobald derselbe wieder auf hoher See war, ermordeten sie den Kapitän, ersten Steuermann, ersten In⸗ genieur und den Supercargo, und bemächtigten sich des Dampfers. Sie landeten die Passagiere bei Romero Key, Cuba, und stachen wie⸗ der in See. Man nimmt an, daß diese angeblichen Passagiere Cu⸗ baner waren. Der Aufenthalt des Dampfers ist unbekannt. — In der Stadt cirkuliren wohlbegründete Gerüchte, daß bei Puerto Principe ein Treffen stattgefunden, bei welchem die Spanier ge⸗ schlagen worden sein sollen. An dem Kampfe waren die neu ange⸗ kommenen Soldaten betheiligt, trotzdem mußten sich die spanischen Streitkräfte nach Puerto Principe zurückziehen.
Italien. Rom, 7. Dezember. Die beiden bulgari⸗ schen Abgesandten sind nach längerem Aufenthalt in Eng⸗ land hier angekommen und hatten heute eine längere Audienz bei dem Minister des Auswärtigen, Melegari. — Wie die „Wiener Abendpost“ mittheilt, soll Italien eine neue mili⸗ tärische Eintheilung erfahren, deren Schema der Kriegs⸗Minister Mezzacapo am 29. v. M. in einem Gesetzentwurfe der Abgeordnetenkammer vorgelegt hat. In Gemäßheit des Gesetzes vom 30. September 1873 ist Italien gegenwärtig in allgemeiner militärischer Beziehung in 7 General⸗Kommandos (Florenz, Mailand, Neapel, Pa⸗ lermo, Rom, Turin und Verona) eingetheilt, von denen 5 in je 2 und die beiden anderen in je 3 Territorial⸗Divisionen zerfallen, was im Ganzen 16 Territorial⸗Divisionen ergiebt, zu denen noch 3 feste Präsidial⸗Kommandos (Cagliari, Mantua und Venedig) kommen. Jede Territorial⸗Division um⸗ faßt wieder 1 bis 6 Militärdistrikte, die je nach der Bevölkerung und der Bedeutung ihres Sitzes in drei Kate⸗ gorien zerfallen, und man zählt gegenwärtig zusammen 61 Militärdistrikte. Nach dem neuen Gesetzentwurfe nun sollen die General⸗Kommandos um 3 (Bari, Bologna und Pia⸗ cenza) auf 10, die Territorial⸗Divisionen um 4 auf 20 und die Militärdistrikte um 26 auf 87 erhöht werden. Außerdem werden noch 20 Distrikts⸗Inspektorate neu errichtet und die Militärkommissariats⸗Direktionen um 4 auf 20, die Militär⸗ sanitäts⸗Direktionen um 2 auf ebenfalls 20 vermehrt und überhaupt die Zahl der Artillerie⸗ und Genie⸗Direktionen im Verhältnisse zu den General⸗ und Divisions⸗Kommandos er⸗ höht. Alle diese Vermehrungen und Veränderungen sollen, wie es in dem den Gesetzentwurf begleitenden Berichte heißt, ohne Erhöhung des Kriegsbudgets durchgeführt werden.
— 9. Dezember. (W. T. B.) Die Regierung hat den Kammern einen Gesetzentwurf zugehen lassen, betref⸗ fend die Reform der Kommunal⸗ und Provinzial⸗ verwaltung. Nach demselben sollen die Unter⸗ präfekturen aufgehoben werden. Ein anderer Gesetzent⸗ wurf über die Unvereinbarlichkeit der parlamentari⸗ schen Stellung mit einem anderen Amte, setzt fest,
daß nur eine bestimmte Anzahl Deputirter 1* Beamte⸗
sein dürfen, und schließt von der Deputirtenkammer alle die⸗ jenigen aus, welche sich bei vom Staate ausgeschriebenen Submissionen direkt oder indirekt betheiligen. — Die Majorität der Kammer hat in einer Versammlung beschlossen, die Be⸗ rathung des Budgets noch vor dem Ende dieses Jahres zum Abschluß zu bringen.
Griechenland. Athen, 8. Dezember. (W. T. B.) Das Ministerium hat sich nunmehr neu konstituirt. Deligeorgis ist Minister des Aeußeren und Minister⸗Präsident, Deligiannis Minister des Innern, Leridis Minister der Fi⸗ nanzen, Petmeza Kriegs⸗Minister, Voultipioti Justiz⸗Minister, Canacari Kultus⸗Minister, Zochios Marine⸗Minister.
Türkei. Konstantinopel, 8. Dezember. (W. T. B.) Der Marquis von Salisbury hat gestern außer mit dem Ge⸗ neral Ignatieff auch mit den Vertretern der anderen Mächte Besprechungen gehabt. Die Verhandlungen der Vor⸗ konferenz sollen neueren Nachrichten zufolge bereits am Montag ihren Anfang nehmen.
— 9. Dezember. (W. T. B.) sarechngen der Mitglieder der Konferenz unter einander ind erhebliche Schwierigkeiten, welche eine Einigung der Mächte über die der Pforte zu unterbreitenden Vorschläge unmöglich machen könnten, nicht zu Tage getreten. — Die neuen Ver⸗ fassunggesetze sind gutem Vernehmen nach, nunmehr defi⸗ nitiv festgestellt worden.
— Ein Telegramm der „Times“ aus Berlin vom 4. De⸗ zember sagt, daß beinahe alle türkischen Truppen Bosnien und die Herzegowina verlassen haben, da die Pforte den Beschluß gefaßt habe, im Kriegsfall einer Okkupation dieser “ durch Oesterreich keinen Widerstand entgegen⸗ zusetzen.
— Das W. , Fremdenbl.“ vom 8. schreibt: Die „Neue Freie Presse“ versichert in ihrer letzten Abendnummer, daß das Projekt einer Parallel⸗Okkupation eines Theiles des türkischen Reiches durch österreichisch⸗ungarische Truppen „augenblicklich wieder im Vordergrunde stehe“, und daß insbesondere mili⸗ tärische Maßregeln gegen das Fürstenthum Serbien, insbe⸗ sondere eine eventuelle Besetzung serbischen Gebietes in Aussicht genommen sei. Wir können aufs Bestimmteste versichern, daß die „Neue Freie Presse“ irrig berichtet ist, und daß derzeit keine derartigen Maßregeln in Aussicht genommen worden sind. In der augenblicklichen Situation ist auch kei⸗ nerlei Veranlassung zu solchen gegeben.
— Wie der „Pol. Korr.“ aus Konstantinopel berichtet wird, schreiten die türkischen Rüstungen rasch fort. Alle Etablissements sind vollauf beschäftigt und täglich treffen aus Salonichi und Antivari Truppen ein, welche nach Varna und Trapezunt transportirt werden. Die Redifs des letzten Auf⸗ gebots werden in ein Observations⸗Corps in Thessalien und Epirus konzentrirt. Wie derselben Quelle aus Adrianopel geschrieben wird, hat die türkische Regierung mit Rücksicht darauf, daß sie mit Rußland heute noch im Frieden lebt, vor⸗ läufig die Bildung einer eigenen polnischen Legion nicht gestattet. Die zahlreichen Polen, welche sich zu Kriegsdiensten melden, werden demnach in die ihnen beliebigen türkischen Truppenkörper eingetheilt.
Der W. „Presse“ wird von
In den ersten Be⸗
„Rustschuk, 2. Dezember. hier geschrieben:
Zu den Rüstungen ist eine neue Landplage hinzugetreten, die Kajmehs, die neuen türkischen Banknoten. Die Regierung sucht der angekommenen „Millienen“ so rasch als möglich ledig zu werden und befriedigt damit die Forderungen ihrer Beamten und Soldaten. Die Kaufleute unseres Bazars, und vor Allem die christlichen müssen das werthlose Papier durch ihre Waaren bezahlen und fast täglich giebt es Streit und Prügel in den Dutjans (Gewölben), weil immer wieder Weigerungen vorkommen, die Kajmehs anzunehmen. Die be⸗ dauernswerthen Geschäftsleute werden auf legale Weise um ihren Besitz gebracht, da außerhalb des Landes die Bank⸗ noten Niemand annehmen mag. Ein oft gebrauchter Kunstgriff der Beamten und Zaptehs besteht darin, daß sie die Kaufleute zwingen, die Kajmehs gegen „Kleingeld“ in klingender Münze ein⸗ zuwechseln. Die Verstärkungen der hiesigen Garnison werden immer spärlicher. Dafür werden die Gewaltthaten der Ma⸗ homedaner um so häufiger. In Kadikiöi raubten Türken eine christliche Kirche aus; die Thäter wurden nach Rustschuk gebracht, gerichtlich untersucht, erfreuen sich aber heute wieder des besten Wohl⸗ befindens in ihrer Heimath. — Zu Ende des vorigen Monats wurde die ganze Bevölkerung des Dorfes Kriwina, etwa 50 — 60 Perso⸗ nen, nach Rustschuk gebracht, weil der Fluß Tantra in dem Weich⸗ bilde der Gemeinde die Leichen zweier Zaptiehs ans Ufer geworfen hatte. Das Gerichtsverfahren ist das altbewährte türkische mit Be⸗ stechung und Tortur.
Die Festungsthore von Rustschuk wurden wieder geöffnet, doch hat deshalb die kriegerische Stimmung hier nicht nachgelas⸗ sen. Die Imams predigen noch immer in den Moscheen und Djamis den Vernichtungskrieg gegen die Giaurs und andere Lächerlich⸗ keiten. So groß hier auch die Angst vor einem russischen Donau⸗ Uebergange ist, so sucht die Regierung der Bevölkerung nach Mög⸗ lichkeit durch die Monitors Muth zu machen. Die Türkei verfügt über sieben Donau⸗Monitors. Die „Fet⸗ul⸗Islam“, „Berk⸗ werdilen“, „Semendria“, „Iskadar“ und „Podgoriza“ haben 25pfün⸗ dige Armstrong⸗Kanonen und sind nach französischem Muster gebaut. Die übrigen zwei Monitors „Heser“ und „Sepfi“ sind mit je zwei Kruppschen Geschützen armirt. Die unglückliche Donau⸗Navigation der Türken ist bekannt und deshalb hat sich die Pforte an die eng⸗ lische Regierung um englische Offiziere und Equipage gewendet. Eine Anzahl davon, gewiß nicht die Elite der englischen Marine, ist be⸗ reits in türkische Dienste getreten und macht Probefahrten mit den ottomanischen Schiffen. —
Belgrad, 7. Dezember. Der W. „Pcesse“ wird tele⸗ graphisch gemeldet: Die Demarkations⸗Kommission wird auf dringliches Verlangen der russischen Delegirten auch an die südwestliche Grenze abreisen, nachdem die Türken an mehreren Punkten, ähnlich wie bei Alexinatz, während des Waffenstillstandes Befestigungen errichtet haben. — Von der auf 60,000 Mann projektirten neu⸗ organisirten Armee dürfte im Kriegsfalle kaum die Hälfte zu mobilisiren sein. Die rücksichtslosen Requisitionen, wie jeder Mangel an agrarischen Arbeitskräften während des Krieges haben einen großen Nothstand hervorgerufen.
Wien, 9. Dezember. (W. T. B.) Die „Neue freie Presse“ bestätigt heute die Meldung der „Politischen Kor⸗ respondenz“ vom 4. d. über die Einführung einer neuen Kriegssteuer in Konstantinopel, wonach auf jedes männliche Mitglied der Bevölkerung vom 5. bis zum 60. Jahre die Zahlung von 15 Piastern entfällt.
— 9. Dezember. (W. T. B.) Wie aus Konstantinopel gemeldet wird, hat der Erlaß der Pforte, wonach alle Männer im Alter von 21 bis 40 Jahren ausgehoben werden sollen, großen Unwillen unter der Bevölkerung hervor⸗ gerufen. Die Parteien Murads und Nussuf Izzeddins, des Sohnes Abdul Azizs, rühren sich aufs Neue.
London, 8. Dezember. (W. T. B.) Die heute hier abgehaltene antitürkische Nationalkonferenz wurde vom Herzog von Westminster präsidirt und war von über tausend Delegirten aus allen Theilen Englands besucht. Unter den Anwesenden befanden sich auch Gladstone, der Bischof von Oxford und mehrere Parlamentsmitglieder. Den Haupt⸗ gegenstand der Reden bildeten die Mißregierung der Türkei, das Hoffnungslose aller von der Pforte verkündeten Reformen, die Verantwortung Europas, insbesondere Englands, die Be⸗ zeichnung der von der Pforte zu verlangenden Reformen und Garantien und Proteste gegen einen Krieg Englands zu Gunsten der Türkei. Es wurde zum Schluß eine einzige Resolution angenommen, worin die Bildung eines Comités zur Förderung der Zwecke der Konferenz vorgeschlagen wird. Vom Herzog von Westminster wurde hervorgehoben, daß er den Hauptzweck der Konferenz in einem freundlichen Zusammenwirken Englands und Rußlands erblicke, durch welches die Hoffnung der Türkei, daß sie in jedem Falle 89 die Unterstützung Englands zu rechnen habe, zer⸗ stört werde. Nöthigenfalls müßten auch englische Schiffe und englische Truppen gegen die Türkei nach Konstantinopel ge⸗ sendet werden.
— 9. Dezember. (W. T. B.) Gestern Abend fand eine zweite Versammlung der antitürkischen Nationalkonfe⸗ renz statt, in welcher Graf Shaftesbury präsidirte. Der⸗ selbe sprach sich in antitürkischem Sinne aus. Fürchte er auch die Herrschaft der Russen, so fürchte er noch mehr die Fortdauer der jetzigen türkischen Herrschaft in den christlichen Provinzen. Er erkläre sich für ein vorsichtiges Zusammen⸗ gehen mit Rußland, so lange dies für England mög⸗ lich sei. — Gladstone führte aus, das Land mißbillige die die Türkei begünstigende Politik, für welche Disraeli per⸗ sönlich verantwortlich sei. Die Türkei habe den Pariser Ver⸗ trag verletzt, ja vernichtet. Die englische Regierung habe die Pforte dazu durch ihre Haltung ermuntert. Das englische Volk wolle nicht, daß Marquis Salisbury auf der Konferenz Tyrannei und Korruption unterstütze. Der absoluten Supre⸗ matie der Pforte in Bulgarien, Bosnien und der Herzego⸗ wina müsse ein Ende gemacht werden und dazu sei eine In⸗ tervention unbedingt erforderlich. Gladstone sprach sich dann anerkennend über den Kaiser von Rußland und das russische Volk aus und schloß mit den Worten, England müsse zu dem Befreiungswerk im Orient beisteuern.
Pest, 7. Dezember. Der Wiener „N. Fr. Pr.“ wird von hier telegraphisch gemeldet: Die von hier verbreitete Nach⸗ richt, wonach Oesterreich zur Occupation Bosniens be⸗ reit sei, wird an kompetenter Stelle als u nwahr erklärt und hinzugefügt, Oesterreich habe zur Stunde keine einzige Maß⸗ regel beschlossen, da die Ausdehnung des küaftign Kriegs⸗ schauplatzes nicht abzusehen sei. enn derselbe sich an die dalmatinische Grenze besrsae sollte, dann erst werde die Monarchie ein Observationscorps aufstellen, zur Besetzung schreiten und ähnliche Vorsichtsmaßregeln ergreifen. Ein Be⸗ ehl ist an die hiesigen Monitors ergangen, nach Belgrad ab⸗ zugehen. Die Monitors nehmen die frühere Aufstellung bei Semlin, wenn es Serbien wagen sollte, die geforderte Satis⸗ wegen der Aufhaltung des österreichischen Per⸗ onenschiffes zu verweigerr. b1u““
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RNumänien. Bukarest, 2. Dezember. Das „Amtsblatt“ von heute veröffentlicht folgenden Tagesbefehl des Für⸗ sten Karl an die Armee:
Soldaten! Ich danke euch für den Eifer, mit welchem ihr dem Rufe gefolgt seid, der euch in diesem Jahre zu den Fahnen berief. Die Zusammenstellung in kriegsfertige Divisionen giebt euch zum ersten Male Gelegenheit zu den Uebungen größerer Bewegungen im Felddienst. Benutzet & diese Zusammenziehung, um mit größtem Fleiß die taktischen Regeln kennen zu lernen und euch per⸗ sönlich auszubilden, um zu jedem Dienste fähig zu sein, zu welchem ihr berufen werden könntet. Die gemischte usammenstellung der großen taktischen Einheiten wird die Instruktion des Corps der Dorobantzen bedeutend erleichtern, so daß dasselbe, wie ich nicht zweifle, sich durch beständigen Fleiß bald die Sicherheit der Linien⸗ truppen aneignen wird, welche ihm als Muster dienen müssen. Die Kantonnirung der Truppen in den wichtigsten Städten des Landes, welche den doppelten Zweck verfolgt es euch angenehm zu machen und den Dörfern und Hütten des Landmannes eine Last abzunehmen, die er bisher allein tragen mußte, macht euch die beste Aufführung zur Pflicht. Ich habe mich selbst bei jeder Division überzeugen können, daß ihr überall gut aufgenommen wurdet. Suchet euch dieser Auf⸗ nahme würdig zu machen. Offiziere! Vergesset nicht, daß die Um⸗ stände eine Armee zur Erfüllung ihrer höchsten Bestimmung berufen können. Benutzet also jede Gelegenheit, um die militärischen Eigen⸗ schaften unseres Soldaten durch sorgfältigen Unterricht zu vervoll⸗ kommnen. Nur auf diese Weise werdet ihr das Bewußtsein der Pflichterfüllung gegen das Land haben, welches auf euch alle seine Hoffnungen setzt. Ich aber werde stets alle eure Anstrengungen theilen. Gegeben zu Bukarest, 16./28. November 1876. Gez. Carol.“
— 8. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirten⸗ kammer hat zur Bestreitung der Ausgaben für die kon⸗ zentrirte Armee bis zum Ende dieses Jahres einen Kredit von 1,045,000 Lei bewilligt.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 3. Dezem⸗ ber. Von einem hiesigen Korrespondenten wird der „Wiener Abendpost“ u. A. geschrieben:
Augenblicklich wird in Moskau ein Eisenbahn⸗Batail⸗ lon gebildet, welches in der nächsten Woche nach dem Süden be⸗ fördert werden soll. Es besteht aus 1 Obersten als Chef, 1 Oberst⸗ Lieutenant als Gehülfen, 2 Hauptleuten, 3 Stabshauptleuten, 7 Lieu⸗ tenants (unter denen der Adjutant und der Rendant), 5 Unterlieute⸗ nants und 5 Fähnrichen, ferner 4 Feldwebeln, 4 Capitaines d'Armes, 16 älteren und 56 jüngeren Unteroffizieren, 9 Trommlern, 1 Hor⸗ nisten, 80 Gefreiten und 820 Mann. Dazu kommen ein Oekonomie⸗ Verwalter, 2 Aerzte, 79 Schreiber, Feldschere, Lazarethdiener, Hand⸗ werker, Trainsoldaten und Offiziersburschen, 16 Wagen und 69 Pferde. Dem Bataillon sind zukommandirt von dem Ministerium des Innern und der öffentlichen Arbeiten 5 Ingenieure, 4 Techniker, 9 Exploi⸗ tationsbeamte, 2 Telegraphisten und 6 Aufsichtsbeamte.
„Das Budget für die Civilverwaltung der etwa beim Krieg⸗ besetzten fremden Provinzen ist bereits im „Regierungsboten“ erschienen. Der Chef dieser Verwaltung wird vom Ober⸗Komman⸗ direnden ernannt und durch Kaiserlichen Ukas bestätigt. Ihm sin untergeben ein Gehülfe und mehrere Beamte für besondere Aufträge, ein Kanzlei⸗Chef und mehrere Bureauvorsteher. Wie es heißt, soll Fürf Tscherkaßky, bekannt durch seine Amtsthätigkeit in Polen, zum Chef der Civilverwaltung beim Großfürsten Nikolei be⸗ stimmt sein. Für die diplomatische Korrespondenz ist dem Großfürsten ein Beamter des Auswärtigen Amtes beigegeben. Nichtsdestoweniger hofft man noch immer, daß die Diplomatie Mittel finde, einen Krieg zu vermeiden Die Kriegsanleihe hat aus Patriotismus Anklang gefunden nnd ist bedeutend überzeichnet worden Das Fest des Georgen⸗ Ordens wird am Freitag den 8. in gewohnter Weise gefeiert wer⸗ den. Wie gewöhnlich werden nach der Parade und dem feierlichen Aufzuge in den Sälen des Winterpalais die Inhaber des dem Georgen⸗ Orden affiliirten Militär⸗Verdienstkreuzes im Jordan⸗Korridor des Wiaterpalais gespeist werden, worauf um 6 Uhr für die Georgen⸗ Ritter und Besitzer von Tapferkeitssäbeln das Diner im Nikolai⸗ Saale siattfinden wird. Nur an diesem Tage trägt der Kaiser als Großmeister des Ordens das schwarz und gelb gestreifte große Band desselben, neben dem kleinen Kreuze, welches Se. Majestät noch als Großfürst durch seine Tapferkeit im Kaukasus erwarb.
Odessa, 3. Dezember. (Pol. Korr.) Gestern trafen aus St. Petersburg alle die Organisation und Mobilisirung der „Narodne Opoltschenje“ betreffenden Verordnungen an den Gouverneur und den Chef des hiesigen Militärbezirks ein. Nach den Bestimmungen des Organisationsstatuts sollen die neun Militärbezirke des europäischen Rußlands 600,000 Mann Milizen der Opoltschenje zu stellen haben. Dieselben sollen in 12 Armee⸗Corps eingetheilt und besonderen Kommandanten unterstellt werden. Die Milizen der Opoltschenje werden Nationaltracht bekommen und durchgehends mit Krnka⸗Ge⸗ wehren bewaffnet werden. Zunächst scheint es nur auf eine eventuelle Organisation der Opoltschenje der drei südlichen Militärbezirke abgesehen zu sein, welche etwa 120,000 Milizen stellen würden.
— Aus Lemberg, d. d. 7. Dezember, wird der „W. Presse“ telegraphirt: Der Gouverneur von Odessa, Graf Lewaschew, hat eine Kundmachung erlassen, nach welcher in Folge der gelegten Seeminen das Einfahren in den
afen von Odessa nur von Sonnenaufgang bis
vonnenuntergang gestattet ist. Jedes ankommende Schiff hat in der Entfernung von acht Kabel vom äußersten Leuchtthurm Anker zu werfen und die Ankunft eines See⸗ Offiziers abzuwarten, welcher dann das Schiff in den Hafen führen wird. Das Ausfahren der Schiffe wird ebenfalls durch Hafen⸗Offiziere geleitet.
Dänemark. Kopenhagen, 6. Dezember. (H. N.) Gestern wurde dem Landsthing mitgetheilt, daß ein An⸗ hang zum Gutachten der Staatsrevision, betreffend die Ueber⸗ “ des Budgets beim Bau des neuen Theater⸗ gebäudes, heute zur Vertheilung im Reichstag kommen würde. Man sieht derselben mit einiger Spannung ent⸗ gegen, indem als gegeben angenommen worden, daß die Linke die Gutheißung der von den Ministern Hall und Worsaae getroffenen Dispositionen ablehnen und also eine Reichs⸗ geri tsanklage wider dieselben dekretiren würde. Ob dieses wirklich der Fall sein wird und ob das Gutachten der Staats⸗ revision in der von der Linken gewünschten Richtung geht, wird man erst morgen ersehen können. — Das wesentlich von Mitgliedern der Opposition ausgearbeitete Finanzgesetz⸗ Ausschußgutachten soll bereits am nächsten Montage ge⸗ druckt vertheilt werden und dann also noch vor Antritt der “ zur zweiten Berathung im Folkething ommen.
Amerika. Washington, 8. Dezember. (W. T. B.) Im Senat ist die Vornahme einer Untersuchung über die Vorgänge bei der Wahl in Oregon beantragt worden.
— (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ in London meldet aus Mexiko vom 1. d.: Porfirio Diaz ist nach einer am 16. November gewonnenen Schlacht am 30. November in die Stadt Mexiko eingerückt und hat sich zum provisorischen Präsidenten erklärt. Der Präsident Lerdo de Tejada
die Mitglieder der Regier nach Morelia ge⸗