1876 / 294 p. 3 (Deutscher Reichsanzeiger, Wed, 13 Dec 1876 18:00:01 GMT) scan diff

in 1874, und zwar: Weizen 79,024,000 (1874: 55,356,000 ℳ), Noggen 16,010,000 (1874: 15,282,000 ℳ), Gerste 7,737,000 8 682Q 8,131,000 ℳ), Hafer 11,143,000 (1874: 9,492,000 ℳ), Hülsenfrüchte 7,102,000 (1874: 8,442,000 ℳ), Mehl 4,845,000 1845 5,197,000 ℳ). Von diesen Beträgen entfallen auf den Ver⸗ kehr der Ostseehäfen 119,855,000 (1874: 96,082,000 ℳ), auf den der Nordseehäfen 6,006,000 (1874: 5,818,000 ℳ). 5. Das statistische Bureau der Stadt Berlin veröffentlicht in der Beilage zum Kommunalblatt die Resultate der am 1. Dezember 1875 stattgefundenen Volkszählung, soweit dieselben den Groß⸗ gewerbebetrieb (d. h. Gewerbebetrieb mit mehr als 5 Gehül⸗ fen) in Berlin betreffen. Die hier in Betracht kommenden Grup⸗ pen von Gewerben umfassen im Großbetriebe überhaupt 4307 Be⸗ triebe (und zwar 813 mit Motoren, 3484 ohne solche und 10 im Nebenbetriebe) mit 5514 Geschäftsleitern (5415 männliche und 99 meeibliche) und 108,458 Arbeitern (90,080 männliche und 18,378 weibliche, worunter 5014 männliche und 192 weibliche Lehrlinge mit inbegriffen * Auf die einzelnen Gruppen von Großgewerben vpertheilt sich die Zahl der Betriebe, die der Geschäftsleiter und die

der Arbeiter folgendermaßen: 1. Im Betriebe. Geschäftsleiter. Arbeiter. I. Kunst⸗ ꝛc. Gärtnerei 7 7 13

II. Fischerei (im Großbetrieb nicht vorhanden) III. Bergw, Hüttenw. (Drahtfbr) 2 3 267 IV. Steine und Erden 1 2,456 V. Metall⸗Verarbeitung g 10,275 VI. Masch., Werkz., In rument. 40 19,469 VII. Chemische Industrie IB.. . VIII. Indust. d. Heiz⸗ u. Leuchtstoffe 54 .Textil⸗Industrie ü“ .Papier⸗ und Leder⸗Industrie 291 .Indust. für Holz⸗ u. Schnitzw. 673 . Indust. der Nahrungs⸗ und Genußmittel 293 .Bekleidung und Reinigung 374 Baugewerbe 419 Polygraph. Gewerbe .Künstlerische Betriebe

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andels⸗Gewerbe 1. 100 11 211

1. „Verkehrsgewerbe 1 8 1 XIX. Beherberg. und Erquickung 19 2 ,094

(A. A. C.) Während dieses Jahres hat sich die Zahl der katholischen Kirchen und Kapellen von 1253 auf 1294, und die der katholischen Priester in England und Schottland von 1893 auf 2024 vermehrt.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. Wie die „Nat.⸗Ztg.“ einem Privatbriefe aus Druva ent⸗ nimmt, sind am 30. November und am 1. Dezember in Olympia von der deutschen Kommission zur Leitung der Aus grabungen zwei Metopenstücke, das eine mit der prachtvoll erhaltenen Pallas⸗ nehe. das andere mit einem herrlichen männlichen Torso gefunden worden.

Am 8. d. M. hat die Leipziger Universität das 50jäh⸗ rige Professorenjubiläum des Königl. sächsischen Geh. Hof⸗ raths Dr. phil. Moritz Wilhelm Drobisch, Seniors der philoso⸗ phischen Fakultät, gefeiert. Am 8. Dezember 1826 erhielt derselbe die Ernennung zum ordentlichen Professor der Mathematik als Nach⸗ folger des Professors Dr. Karl Brandau⸗Mollweide. Der König hat dem Jubilar den Charakter und Rang eines Geheimen Raths in der 2. Klasse der Hofrangsordnung ertheilt.

London, 11. Dezember. (Engl. Korr.) Die Herren Joachim und Brahms sind von der Universität Cambridge zu Doktoren der Musik kreirt worden.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Der Verein gegen das Moorbrennen hat, wie die „Wes. Ztg.“ mittheilt, am 9. Dezember in dem zu Osnabrück verstorbenen Oekonomie⸗Conducteur W. Peters sein sachkundigstes Mitglied verloren. Diejenigen beiden technischen Verbesserungen, welche neben den Kanälen bisher am meisten zur Einschränkung des Moorbrennens beigetragen haben, nämlich die Düngung mit Staß⸗ furter Kali und die Rimpausche Dammkultur, sind hauptsächlich durch den Verstorbenen verbreitet worden, während er zugleich als erfahrener Kulturtechniker weithin um Rath gefragt wurde, z. B. für die holsteinischen Güter des Großherzogs von Oldenburg, für die

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einzutreten, sowie den bestehenden Uebelständen und Hindernissen

Einbürgerung der deutschen Dammkultur in Holland, neuestens sogar für Rußland und für Schottland.

Gewerbe und Handel.

Am 11. d. M. begann hierselbst im Kaisersaale der Passage ein ö deutscher Lederindustriellen, der von etwa 500 Mitgliedern beschickt war. Unter den Theilnehmern befand sich auch der Minister der landwirthschaftlichen vngeleSh es Dr. thal. Auf der Tagesordnung stand zunächst die Eichenschälwald⸗ Kultur. Der Referent, Forstmeister A. Bernhardt in Neustadt E.⸗W., führte in längerem Vortrage aus, daß die Anlage von Eichenwaldungen in größerer Ausdehnung als bisher eine dringende Nothwendigkeit sei und sich aus volkswirthschaftlichen, staatswirthschaftlichen und forst⸗ wirthschaftlichen Gesichtspunkten empfehle. Nach einem Korreferat des Hrn. Spitta (Brandenburg), in welchem derselbe eine Reihe von Eichenwaldprodukten vorführte, die zum Theil auf sehr schlechtem Boden gewachsen waren, empfahl Forstmeister Bernhardt die Bildung von Genossenschaftsverbänden behufs Erzielung von Eichenschälwaldungen. Die bisherigen gesetzlichen Formen des Henossenschastswesens haben sich für diese Zwecke nicht recht passend erwiesen und deshalb schlage er die Form einer fest fundirten, auf Inhaber⸗Aktien begründeten Gesell⸗ schaft vor, die sich von eigentlicher Spekulation fern hält. Freilich gehöre dazu ein ausgiebiges Kapital, da für je 15 Hektaren Oedland ein Kapital von 11,000 erforderlich sei, das sich erst in 15 bis 18 Jahren rentiren würde. Der Redner empfahl deshalb die Gründung von Eichen⸗Schälwald⸗Aktiengesellschaften, deren Aufgabe die Anlage und Bewirthschaftung von Eichenschälwaldungen ist. Hr. Edm. Wagner (Suhl) begründete sodann folgende Anträge: 1) die Regierungen zu veranlassen, daß in den Forsten des Deutschen Reiches die Fichtennutzholzschläge nicht mehr aus⸗ schließlich im Winter, sondern mehr zur Saftzeit im Frühjahr und Sommer gemacht werden; 2) die Borke an den Fichtennutzhölzern nicht mehr mit als Holz vermessen, sondern vom Forstfiskus geschält zum Verkauf gestellt wird. Die Versammlung beschloß, diese Fragen dem neu zu begründenden Centralverbande deutscher Lederindustriellen zu überweisen. Es folgte ein Referat des Hrn. Heinrich Hoffmeister (Heidelberg) über die Zollangelegenheit und die Handelsver⸗ träge, das mit folgendem Antrag endete: 1) es ist dringend nothwendig, daß der Eingangszoll den Vereinigten Staaten gegenüber um 14 auf alle Ledersorten und Lederwaaren erhöht, resp. auf 20 35 pro Centner gebracht werde; 2) bei Abschluß von Handelsverträgen mit den europäischen Staaten ist für alle Erzeugnisse der Lederindustrie vollständige Parität zu erlangen. Korreferent Frhr. v. Roöll (Berlin) trat diesen Ausführungen im Allgemeinen bei, ebenso die Majorität beh, Peseettihena welche wegen vorgerückter Zeit die Abstimmung vertagte.

„In der Sitzung am 12,. d. M. wurden die Berathungen über die 88g. und Handelsverträge fortgesetzt. Nach längerer Debatte genehmigte die Versammlung die Anträge des Hrn. Hoffmeister und beschloß ferner auf Antrag des Frhrn. v. Rosll, auf der Basis dieser Resolution eine Petition an die Reichsregierung zu richten und eine Kommission von 7 Mitgliedern mit der Abfassung derselben zu be⸗ trauen. Die Annahme dieser Anträge erfolgte mit 166 von 180 Stim⸗ men. Es folgte sodann die Berathung über die Begründung eines Centralverbandes der deutschen Lederindustriellen. Die von dem Kommissions⸗Rath Günther hierfür vorgelegten Statuten wurden pro⸗ visorisch genehmigt. Der Zweck des Verbandes ist nach den Statuten: für die Interessen der Lederindustrie mit allen gesetzlichen Mitteln

ö „Der Vorstand soll neue Erscheinungen im Gebiete der Lederindustrie, der Gesetzgebung, des Handelsverkehrs verfolgen und zur Kenntniß der Mitglieder bringen, praktische Prü⸗ fungen neuer Erfindungen veranstalten und eventuell die Anlage einer chemisch⸗technischen Versuchsstatition für Lederindustrie und die Gründung einer Lederindustrie⸗Fachschule betreiben. Zum proviso⸗ rischen Vorstande wurde das Präsidium des Kongresses erwählt, und zu Organen des Verbandes die „Gerberzeitung“ und die „deutsche Gerberzeitung“ bestimmt. Hieran schloß sich die am 11. d. M. ab⸗ gebrochene Debatte über die Eichenschälwald⸗Kultur, welche damit endete, daß die Versammlung beschloß, dem Ausschuß des Centralver⸗ bandes das Mandatzu übertragen, eine Petition an die Regierung zu rich⸗ ten, baldmöglichst mit Vermehrung und Verbesserung der Eichens chälwal⸗ dungen vorzugehen. Die Versammlung drückte ferner der Reichs⸗ regierung ihre Sympathie dafür aus, daß dieselbe es abgelehnt habe, die Pariser Ausstellung von 1878 zu beschicken. Nach Mittheilungen des Kommissions⸗Raths Günther wurde die projektirte Spezialausstel⸗ lung im Gebiete der Leder⸗ und Lederwaaren⸗Industrie mit Berück⸗

sonstigen Hülfsmittel, in Verbindung mit einer Ausstellung von Eichenspiegelrinden und anderen Gerbstoffen und sonstigen Surro⸗ Feten in den Monaten August und September 1877 in Berlin statt⸗ inden.

In der Generalversammlung der Westfälischen Union, Aktien⸗Gesellschaft für Bergbau, Eisen⸗ und Draht⸗ Industrie zu Hamm vom 9. d. M. wurde der Bericht des Auf⸗ sichterathes vorgelesen, der gedruckte Bericht der Direktion vorgelegt und auf dessen Vorlesung verzichtet. Die Bilanz für das Gese⸗ äfts⸗ jahr 1875/76 schließt im Debet und Kredit mit einem Saldo von 17,108,580,/ 2³2¶ und einem Verluste von 252,806,25 ab. Die westfälischen Werke hatten einen Betriebsgewinn von 253,928,u dagegen das Petersburger Etablissement einen Verlust von 78,327,44 An Zinsen, nach Abzug der von den Hvypotheken⸗ und Obligations⸗ Inhabern erlassenen, wurden 151,955 gezahlt, an zweifelhaften Waarenforderungen 77,824,55 ℳ, für die aus dem Petersburger Pro⸗ zesse möglicherweise noch resultirenden Verluste 107,405,4 und endlich noch 332,362,4 auf die sämmtlichen Werke abgeschrieben. Dabei hatte sich der Werth der Bestände um ca. 141,000 ver⸗ mindert und erlitt das Petersburger Werk noch einen Coursverlust in Folge Sinkens der russischen Valuta von 18,330,79 ℳ⸗

Nach dem Rechnungsabschluß des Neu⸗Oeger Berg⸗ werks⸗ und Hütten⸗Aktien⸗Vereins für das Betriebsjahr 1875,76 hat sich am Schluß dieser Periode die Unterbilanz, welche ult. Juni 1875 373,283 betragen hatte, auf 675,448 erhöht. Diese Erhöhung ist bewirkt durch den Verlust an der Fabrikation in Neu⸗Oege und Finnentrop mit 182,540 ℳ, durch den Minder⸗ werth der Vorräthe mit 74,750 und durch außergewöhnliche Re⸗ paratur einer Feinblechstraße u. s. w. mit 44,875 Bei einem Aktienkapital von 3,600,000 belief die schwebende Schuld sich am 30. Juni cr. auf 952,305 Das Delcredereconto betrug 48,656 ℳ, Wechsel⸗ und Cassabestand 40,079 ℳ, Ausstände 179,038 ℳ, Waa⸗ ren⸗ und Materialienvorräthe 247,997 Die Immobilien und Bergwerke standen zu Buche mit 2,258,859 ℳ, Maschinen und Triebwerk mit 882,121 ℳ, Werkgeräthe, Hütten⸗ und Bergwerks⸗ utensilien mit 313,209

Die Revisionskommission, welche durch Generalversammlungs⸗ beschluß der Aktionäre der Leipziger Wechslerbank eingesetzt wurde, hat einen 8 Bericht zusammengestellt, dem als Ergebniß der Revision folgende Mittheilungen entnommen sind: Es sind abzuschreiben: 262,000 wirklich eingetretene Verluste auf Außenstände, 526,000 für wahrscheinliche Verluste bei 9 zweifel⸗ haften Debitoren, 788,000 im Konto⸗Korrent⸗Verkehr, 50,000 auf das Immobilien⸗Konto. Summa 838,000 Dagegen erwartet man: 200,000 Gewinn aus dem Geschäfte der Bank und es er⸗ geben sich: 638,000 Ausfall, zu dessen Deckung nur: 101,000 Reservefonds vorhanden ist, so daß: 537,000 als Unterbilanz ver⸗ bleiben würden. Dieselbe vertheilt sich auf ein Aktienkapital von 3,150,000 ℳ, mithin sind von demselben ca. 17 % als verloren zu betrachten und nur noch 83 % vorhanden.

Aus Madrid wird der „K. Z.“ unter dem 7. Dezember ge⸗ schrieben: Die öffentliche Aufmerksamkeit wird in diesen Tagen durch das Verschwinden der Dona Baldomera de Larra, der Schöpferin der berüchtigten Casas de imposiciones, einer Nachahmung der Dachauer Banken, im großartigsten Maßstabe in Anspruch genommen. Am Sonnabend Abend zeigte sich die der Armen“, wie sie sich zu nennen pflegte, zum letzten Male dem Publikum der 2 stadt in einer Loge der komischen Oper. Am darauf folgenden Montag blieb die Thür ihres Hauses geschlossen. Die sich an⸗ sammelnde Menschenmenge mußte durch Polizei entfernt werden und ein Richter ließ die Thür aufbrechen, um amtllich festzustellen, daß Dona Baldomera mit ihrer Kasse und allen Werthobjekten das Weite gesucht. Nach der niedrigsten Schätzung bezifferten sich die Einzahlungen auf 19 Millionen Realen; davon hatte die freigebige Dame 5 Millionen für Zinsen (monatlich 30 %) zurückbezahlt, so daß ihr immerhin noch 14 Millionen Realen, ungefähr 2,800,000

bleiben. 8

Verkehrs⸗Anstalten.

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Von der Königlichen Direktion der Ostbahn geht uns über die Verkehrsverhältnisse auf den Bahnen Rußlands fol⸗ gende weitere Mittheilung zu: Auf der St. Petersburg⸗Warschauer Eisenbahn wird zur Zeit für Sendungen aus Rußland keine Ver⸗ antwortung für rechtzeitige Lieferung übernommen, dagegen findet in der Richtung von Deutschland nach Rußland prompte Beförderung der Güter auf der St. Petersburg⸗Warschauer Bahn statt.

V sichtigung der Rohmaterialien, der Maschinen, der Geräthe und der

Berlin, 13. Dezember 1876.

„Rheinfahrt“. Von den Quellen des Rheins bis zum Meere. Schilderungen von Karl Stieler, Hans Wachen⸗ husen und F. W. Hackländer. Illustrirt von R. Püttner, A. und O. Achenbach, N. Baur, C. F. Deiker, W. Diez, G. Franz, F. Keller, L. Knaus, L. Ritter, G. Schön⸗ leber, C. Scheuren, Th. Schütz, W. Simmler, B. Vau⸗ tier, Th. Weber, R. Jordan, L. Willroider u. A. Stutt⸗ gart, Verlag von A. Kröner.

„Dieses Prachtwerk, das bereits in einer Besprechung seines ersten Theiles an dieser Stelle ausführlicher seedig worden ist, ist vor Kurzem zum Abschluß gelangt. Die letzten Hefte halten in jeder Fimsicht was die ersten Lieferungen versprachen, und lassen nach einer Seite hin eine Verminderung der großen Sorgfalt verspüren, die der Verleger im Verein mit den von ihm gewonnenen Künstlern und Schriftstellern auf diese anziehende Schilderung des deutschen Lieblingsstromes, seiner reichen landschaftlichen Schönheit und seiner kulturhistorischen Bedeutung verwandte. Die letzten zwölf Hefte bringen zunächst die Fortsetzung des Tertes von Hans Wachenhusen. Er bewährt sich dabei als kundiger und erfahrener Führer, dem man sich gern überläßt, und nicht weniger gilt das von Hackländer, dem scharfen und feinsinnigen Beobachter. Die zahlreichen, in dem rühmlichst bekannten Atelier von Adolf Clo Belenittenen, zum Theil in den Text gedruckten, zum Theil auf großen Blättern in Folioformat beigefügten Illustrationen, die dem trefflich ausgestatteten Werk fene vorzüglichsten Werth geben, reihen sich in Erfindung und Ausführung denen der ersten Lieferungen durchweg 1 an. Dabei überrascht Robert Püttner, dem auch hier wieder der weitaus größte Theil der künst⸗ lerischen Arbeit zugefallen ist, in seinen poetisch aufgefaßten land⸗ schaftlichen Darstellungen von Neuem durch eine erstaunliche Viel⸗ seitigkeit der Motive und durch die mannigfachsten Stimmungen, die er mit gleichem Geschick zu beherrschen versteht. Von ihm stammt auch eine ganße Reihe der Folioblätter. Neben Püttner erscheint dann besonders häufig Theodor Weber, der namentlich von Neuß und Düsseldorf ab in den Vordergrund tritt und hier sowohl wie in den Bildern aus Trier, aus dem Moselgebiet und aus dem Aargau durch einige seiner gelungensten Leistungen erfreut. Mit gediegenen historischen Kompositionen ist ferner A. Baur, mit treff⸗ lichen Architekturen Lorenz Ritter vertreten, dessen große Blätter diesmal durch ihre kräftige Frische besonders wirkungsvoll sind. Einige landschaftliche und Genredarstellungen von G. Franz wissen bei ziemlich skizzenhafter Behandlung doch durch lebendige Charakte⸗ ristik zu interessiren. Daran reihen sich noch mehrere durch originelle Hrittamg fesselnde landschaftliche Motive aus dem Holländischen von

. Baisch, ein von G. Franz nach einer meisterlichen Aquarelle von O. Achenbach gezeichneter „Abend an der Lorelei“, eine Kom⸗ position aus Bacharach von C. Scheuren, eine große, höͤchst effektvolle Figur der Lorelei von 1 eine humoristische, im Ausdruck ein wenig outrirte „Weinprobe“ von Vautier, zwei geistvolle große Blätter, die „Zerstörung Heidelbergs“ Pei chegan Blüchers“, sowie mehrere kleinere skizzenhafte Dar⸗ stellungen des berühmten W. Diez und endlich ein großes Blatt

W. Simmler, ein „Gartenfest der Düsseldorfer Künstler“,

und der

los leichte Durchführung mit einander vereinigend, ebenso zu den er⸗

lesensten Zierden des Werkes zählt, wie die von demselben begabten

Fünftler herrührende köstliche Anfangsvignette des Abschnitts „Nach achen“.

Das Zusammenwirken so vieler tüchtigen künstlerischen Kräfte, wie sie nunmehr in zum Theil hervorragenden Proben ihres Talents in dem stattlichen Bande, den die „Rheinfahrt“ bildet, vertreten sind, hat dafür gesorgt, daß die Erwartungen, die der Prospekt des Unter⸗ nehmens erregte, jetzt in umfassendster Weise befriedigt werden. Wie den einzeln erschienenen Lieferungen wird es daher auch dem abge⸗ schlossenen Werke, das neben seinem künstlerischen zugleich ein nationales Interesse beanspruchen darf, nicht an der beifälligen Theil⸗ nahme fehlen, deren das dankenswerthe Unternehmen sich in hohem Maße würdig zeigt. ““ v

Theater.

Die Hauptrollen in dem im Königlichen Schauspiel⸗ hause in dieser Woche neu einstudirt in Scene gehenden Stück: „Die Erzählungen der Königin von Navarra“, befinden sich in den Händen des Frl. Keßler und der HH. Kahle und Ludwig.

Se,. Königliche Hoheit der Prinz Alexander beehrte am Dienstag die Vorstellung des Rosenschen Lustspiels: „O diese Män⸗ ner!“ im Wallnertheater, welches noch immer eine ungeschwächte Anziehungskraft ausübt, mit Höchstseinem Besuch.

Im Woltersdorff⸗Theater beginnt am Sonnabend, den 16., Hr. Georg Paradi es ein Gastspiel als „Isaac Stern“ in der beliebten Kalischschen Posse „Einer von unsere Leut“, welche mit neuen Couplets versehen ist.

hj Frl. Ernestine Wegener trifft am 15. d. M.] wieder ier ein.

Im National⸗Theater finden heute und Sonnabend Extravorstellungen für einen wohlthätigen Zweck statt und zwar: „Gute Nacht Hänschen“ und „Wilhelm Tell“; für die übrigen Tage bleibt das W ausgestattete Zaubermärchen mit Balletz „Aschenbröde "auf dem Repertoir, welches bei den ersten Auf⸗ führungen, namentlich bei der kleinen Welt, jubelnden Beifall ge⸗ funden hat.

8 Die erste Liebhaberin des hiesigen National⸗Theaters, Frl. Eugenie Frauenthal, ist in gleicher Eigenschaft am Stadt⸗ theater in Lei big e irt worden.

Das Belle⸗Alliance⸗Theater bringt als Weihnachts⸗ gabe „Fröhliche Weihnachten“, ein Mährchen mit Gesang von dem Regisseur dieser Bühne, Hrn. Ottomeyer, frei nach Dickens Weih⸗ nachts⸗Roman „Christmas Carol“ bearbeitet.

Einer Depesche der „Times“ vom 7. d.⸗zufolge waren bis dahin jetzt aus den Ruinen des Theaters von Brooklyn 326 Leichen Fergen worden, und weitere Nachsuchungen nehmen ihren Fortgang.

ie eingeleitete Untersuchung über den Ursprung des Feuers zeigt, daß die Feuerlöschutensilien auf der Bühne böͤchff mangelhaft waren, und daß das Feuer bald hätte überwältigt werden können, wenn ge⸗ Heeh Vorsichtsmaßregeln getroffen worden wären. Einige Zeugen ehaupten, daß, so weit ihre Kenntniß reicht, weder Wasser noch Schlauch vorhanden waren. Man glaubt, daß alle Personen, die sich

das, Kr t und Feinheit, geistreiche Anffassung und gediegene, mühe⸗

Von Georg 8 Berlin. 1877. Haude⸗ und Spenersche Buchhandlung (F. Weid⸗ ing).

r Kühtmanns Buchhandlung. (131 S.)

fo Sprachforschung. Juli, September, Oktober.)

zettel für

Tage des Ja schaftsrezepten, von der landwirthschaftlichen schen Buchhandlung, 1877.

New⸗York 79 unerkannte und nicht reklamirte Leichen auf öffentliche Kosten beerdigt. Der Leichenzug war ein sehr langer und während des Begräbnisses ruhten fast sämmtliche Geschäfte.

„— Am 9. Dezember starb in München der Hof⸗Balletmeister Friedrich Horschelt, (geboren am 14. April 1793 zu Cöln) früher in Wien. In den letzten Lebensjahren exblindete der Verstorbene, welchem es beschieden war, seinen zweitältesten Sohn, den durch seine Reisen und besonders seinen längeren Aufenthalt im Kaukasus be⸗ kannt gewordenen Schlachtenmaler Theodor Horschelt (r† 3. April 1871), zu früh zu verlieren. Fr. Horschelt war seiner Zeit mit Ser Körner, Franz Schubert, Grillparzer und Wolfgang Menzel befreundet. Sein ältester Sohn, Friedrich, widmete sich der Bildniß⸗ malerei, der jüngste pflegt die Kunst seines Vaters in Hamburg. Am 10. ist der Königliche Hof⸗Schauspieler Büttgen in München im 55. Lebensjahr gestorben.

Eingegangene literarische Neuigkeiten. Geschichtsbilder für Jugend und Volk. Leipzig. Verlag von F. Hirt & Sohn. 1877. Kl. 8. 1. Bdchen. Wallenstein von Ernst Ramdohr, Gymnasial⸗Direktor in Jever. (100 S.) 3. Bdchen. Conradin, der letzte der Hohenstaufen von Gofrh er Tschache, Lehrer in Breslau. (83 S.) 4. Bdchen. Gustav Wasa, der Befreier Schwedens, von Gotthelf Tschache. (90 S.) 5. Doppelbdchen. Albrecht Achilles, Markgraf von Branden⸗ burg, von Dr. Willy Böhm, Oberlehrer in Berlin. (210 S.) Der junge Patriot. Eine Sammlung kriegs⸗patrio⸗ tischer Dichkungen für Schule und Haus. Herausgegeben von Ludwig Bund. Düsseldorf. Verlag von Breidenbach & Bau⸗

Alldeutschland. Eine Sammluug vaterländischer Kriegs⸗ und Soldatenlieder. Dem ganzen deutschen Heere gewidmet von Ludwig Bund. Düsseldorf. Verlag von Breidenbach

emann. 1877. 16. (240 S.)

& Baumann. 1876. 32. (219 S.)

Geflügelte Worte. Der Citatenschatz des deutschen Volkes. Büchmann. Zehnte verbesserte und vermehrte Auf⸗

Jahrbuch des

Vereins für niederdeutsche Sprach⸗ schung. Jahrgang 1875.

Bremen, 1876. Verlag von J.

Korrespondenzblatt des Vereins für niederdeutsche Hamburg, 1876. Nr. 1—5. (Mai, Juni,

und Wirthschaftsbuch mit dreifachem Speise⸗ Fers⸗ mittlere und einfache Haushaltungen auf alle res nebst zuverlässigen, selbstgeprüften Koch⸗ und Wirth⸗

Koch

Herausgebarin

hristiane Steinbrecher, Frauenzeitung. Berlin, Verlag der Liebel⸗

Redacteur: F. Prehm. Verlag der Erpedition (Kessel). Druck: W. Elsner.

Drei Beilagen.

auf den Galerien befanden, umgekommen sind, weil die Treppen ein⸗ stürzten und jeden Ausgang vecgere.. Am Freitag wurden in

(einschließlich Börsen⸗Beilage)

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zum Deut

Verlin, Mittwoch, den 13. Dezember

Nℳ 294.

Aiicchtamtlichees. Deutsche s Reich. Berlin, 13. Dezember. In der gestrigen Sitzung des Deutschen Reichstages, deren weiterem Verlaufe auch der Reichskanzler Fürst v. Bismarck beiwohnte, leitete der Bundes⸗ raths⸗Bevollmächtigte, Handels⸗Minister Dr. Achenbach die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Erhebung von Ausgleichungsabgaben (s. Nr. 292 d. Bl.), wie folgt ein: Meine Herren! Gestatten Sie, daß ich mit einigen wenigen Worten den vorliegenden Entwurf meinestheils einleite. Als Sie im Juli 1873 das Gesetz über die Aufhebung der Abgaben und Zölle beim Eisen beschlossen, war die Regierung von vornherein der Mei⸗ nung, daß an dieser Entschließung festzuhalten sei. Die Regierung hat diese ihre Auffassung, welche sie bei den damaligen Berathungen darlegte, nicht verändert; auch heute, wo so mannigfache Strömungen eingetreten sind, auch heute, wo ganz naturgemäß die gewaltigen Interessen, welche sich geschädigt fühlen, außerordentliche Anstrengungen machen, um eine Veränderung jenes Gesetzes herbeizuführen, glaubt die Re⸗ gierung an ihrem früheren Standpunkte festhalten zu müssen, weil sie nicht annimmt, daß bisher Thatsachen eingetreten sind, die den Beweis liefern, daß mit jener Maßregel eine solche getroffen sei, welche die vaterländische Industrie schädige. Meine Herren! Wenn ich in der Lage bin, dies hier vor Ihnen auszusprechen, glaube ich doch mit derselben Entschiedenheit betonen zu müssen, daß dieser Standpunkt der Regierung ein nothwendiges Korrelat darin findet, daß dieselbe ihrerseits sich verpflichtet fühlt, überall da, wo die deutsche Industrie mit Recht Beschwerden über die Zolleinrichtungen anderer Länder geltend zu machen hat, inner⸗ halb ihres der Regierung Machtkreises energisch dahin zu wirken, daß diese Beschwerden beseitigt werden. Meine Herren, würde die Regierung diesen Standpunkt nicht einnehmen, so würden in der That jene industriellen Kreise im Lande zu der berechtigten Meinung gelangen, daß ihre Interessen verletzt werden, daß sie keinen Schutz bei der Regierung und bei der Landesvertretung finden. Eine solche Meinung im Lande aufkommen zu lassen, verbietet die Pflicht sowohl dieses hohen Hauses wie die der verbündeten Regierungen. Es ist bekannt, daß unter denjenigen Beschwerdepunkten, welche von jeher eine hervorragende Rolle gespielt haben, die Ausfuhrver⸗ gütungen zählen, welche gewisse fremde Nationen gewähren. Es ist ferner nicht zweifelhaft, daß hier zugleich Fälle vorliegen, bei denen die Regierung in der That in der Lage ist, mit denjenigen Macht⸗ mitteln, welche ihr bei Zustimmung des Reichstages zu Gebote stehen, der Industrie eine Erleichterung, wenn nicht gänzliche Abhülfe zu verschaffen. Unter jenen Bonifikationen spielt aber eine ganz bedeu⸗ tende Rolle die Ausfuhrvergütung, welche die Franzosen bei dem Eisen gewähren. Bekanntlich ist dieser Gegenstand wiederholt in diesem hohen Hause ausführlich und eingehend erörtert morden. Ich kann darauf hinweisen, wie im Jahre 1868 bereits das damalige mit großer Majorität beschloß, daß die verbündeten egierungen verpflichtet seien, auf Abhülfe der hier vorliegenden Uebelstände zu dringen. Seitdem ist kaum irgend eine erheblichere Zollangelegenheit, sei es im Zollparlament, sei es in diesem hohen Hause, berathen worden, wo nicht dieser Gegenstand gleichzeitig, ich möchte sagen, eine Art von Mittelpunkt der Diskussion gebildet hat und zwar in der Art, daß diejenigen Bestrebungen, welche auf Be⸗ seitigung jener Mißstände gerichtet waren, eine sympathische Auf⸗ nahme innerhalb dieses hohen Hauses gefunden haben. 1 Ich kann, meine Herren, da der Gegenstand so oft hier erörtert worden ist, mich deshalb auf wenige Worte über das System selbst beschränken. Ich darf nur daran erinnern, daß diese Ausfuhr⸗ vergütungen, oder wie die betreffenden Bescheinigungen genannt worden sind, die titres d'acquit-à-caution in letzter Linie auf dem richtigen Gedanken beruhen, wonach man gewisse Rohprodukte oder Halbfabrikate in das Inland einführen will, damit sie dort ver⸗ arbeitet und dann wieder ausgeführt werden. Würde dieses System streng festgehalten sein, so würde etwas Aehnliches vorliegen wie das, was wir den Veredelungsverkehr nennen, den wir unsererseits pflegen und hochhalten und von dem wir wünschen, daß er auch bei künftigen Handelsverträgen wiederum zur Geltung komme. Bekanntlich aber handelt es sich hier um etwas ganz Anderes. Es wird etwas Anderes eingeführt und etwas Anderes ausgeführt, die Identität des Gegenstandes steht in keiner Weise fest. Derjenige, welcher gewisse Eisensorten exportiren will, erhält hierüber eine Be⸗ scheinigung; diese Bescheinigung bildet ein börsenmäßiges Papier, hat einen bestimmten Cours und kann beliebig verkauft werden. Um das an einem die Angelegenheit auf den ersten Blick klarmachenden Beispiel zu illustriren, führe ich an, daß die Franzosen beim Roheisen per Tonne, 20 Centner, einen Zoll von 20 Francs erheben. Der Cours der titres d'acquit-à-caution beträgt aber augenblicklich 18 oder 19 Francs. Derjenige also, der beispielsweise heute Gußwaaren ausführt, ist in der Lage, den titre d'ncquit-à-caution zum Preis von 19 Franken zu veräußern. Mit anderen Worten, er erhält da⸗ mit auf den Centner eine Ausfuhrvergütung von 76 Pfennigen. Er erhält sie, meine Herren, während er selbst dieses Fabrikat die Gußwaaren aus inländischem Rohprodukt hergestellt hat, und seine Fabrikate in gar keinem Zusammenhange mit dem demnächst einzuführenden Roheisen stehen. Es wird also vergütet für einen Gegenstand, der von den betreffenden Industriellen nicht einge⸗ führt ist. 8 Meine Herren! Nun hat bekanntlich dieses System, welches gegenwärtig auf einem Dekret von 1862, einem Reglement von 1868 und einem weiteren Dekret von 1870 beruht, durch das Dekret von 1870 insoweit eine Einschränkung erfahren, als nur bei Gußeisen die Nichtidentität des ein⸗ und ausgeführten Gegenstandes ausdrücklich zugelassen ist. Im Uebrigen soll die Substitution eines Gegenstan⸗ des für den anderen nicht stattfinden. Indessen, wie lauten bezüglich der andern Eisensorten die betreffenden Bestimmungen? Sie gehen dahin, daß das eingeführte Eisen bis e tt kontrollirt werden soll, dagegen besteht keine Ueberwachung darüber, ob dasselbe wirklich daselbst verarbeitet werde, es besteht keine Bestimmung, welche hinderte, es weiter zu transportiren und auch bei diesen Eisen⸗ arten jenen Mißbrauch noch heute anzuwenden. Daß derselbe that⸗ sächlich stattfindet, beweisen die Course der Acquits, die z. B. bezüg⸗ lich des Puddlingroheisens in Frankreich augenblicklich bestehen, welche noch vor kurzer Zeit sich auf 17 Franken belaufen haben, auf 15 Franken aber nach neueren Mittheilungen icüeigensig. sind. Wenn nun dieses eigenthümliche System veelleicht vorher noch als nicht besonders schädlich von Diesem oder Jenem angesehen wer⸗ den mochte, so kann diese Meinung nicht mehr aufkommen, nachdem mit dem ersten Januar des nächsten Jahres unsere Zölle auf dem hier fraglichen Gebiet in Wegfall kommen. Es ist daher die Stel⸗ lung, welche wir diesem System gegenüber einzunehmen haben, eine völlig veränderte, und es ist auch bei allen früheren Ver⸗ andlungen bereits darauf hingewiesen, wie, wenn eine solche Sachlage einträte, eine dringende Pflicht der Landesvertre⸗ tung, wie der verbündeten Regierungen vorhanden sei, der⸗ artigen Mißständen energisch Abhülfe zu verschaffen. Nun weiß ich sehr wohl, es giebt Einzelne in diesem hohen Hause und außerhalb desselben, welche sagen, daß die vorliegende Frage von den Interessenten sowohl, wie auch von den verbündeten Regierungen außerordentlich aufgebauscht werde. Es handele sich um verhältniß⸗ mäßig ganz geringe Interessen, und aus diesen Interessen werde ein

Berg gemacht, während der Gegenstand in Wirllichkeit nur eine untergeordnete Bedeutung in Anspruch nehme.

Meine Herren, an sich kann ja nicht 1795. werden, daß, wenn man die großen Zahlen der inländischen Produktion in Betracht zieht, dasjenige, was auf Grund der Acquits aus Frankreich speziell nach Deutschland eingeführt wird. eine verhältnißmäßig unbedeutende Ziffer zu sein scheint. Wenn z. B. im Jahre 1873 361,469 Centner und im Jahre 1874 342,727 Centner, gegenüber einer Gesammtausfuhr im Jahre 1873 von 2,159,474 Centner und im Jahre 1874 von 2,202,590 Centner als Ausfuhr anzunehmen sind, so erscheinen diese Zahlen an sich nicht sehr beträchtlich. Aber, meine Herren, Sie haben dabei zu berück⸗ sichtigen, daß dieselben absolut keinen Maßstab geben können für dasjenige, was demnächst eintreten wird, nachdem die Zölle völlig ge⸗ fallen sind. Es wird dann eine ganz veränderte Situation vorhan⸗ den sein. Es ist jedenfalls die Erwartung berechtigt, daß eine wesent⸗ liche Steigerung der Ausfuhr eintreten muß, daß dem so sein werde,

eht auch daraus hervor, daß z. B. die Ausfuhr mit Aequits im Jahre 1876, d. h. in den ersten zehn Monaten, worüber wir statistische Mittheilungen haben, bereits die Zahl von zwei Millionen Centnern überschreitet.

Es ist sonach nicht ausgeschlossen, daß wir schon in diesem Jahre nahezu eine Summe von 3 Millionen Centner französische Ausfuhr erlangen. Die Zahlen, wie sie sich bereits jetzt ergeben, beweisen daher, daß die Sache nach jeder Richtung hin der Berücksichtigung werth ist. Aber, meine Herren, es muß außerdem dabei noch in Be⸗ tracht gezogen werden, daß, wenn selbst viel geringere Ausfuhrziffern von mir zu konstatiren wären, das ganze System eine weit hingehende Beeinflussung auf die Preissätze im Lande hat. Nun weiß ich sehr wohl, daß von vielen Seiten gesagt wird: „Ei, das ist ja eine höchst erwünschte Sache, wenn durch das französische System eine noch weitere Herabminderung der Eisenpreise erzielt wird. Man kann ja Seitens der Konsumenten nichts besseres wünschen“, und noch heute Morgen habe ich in einer angesehenen Zeitung derartige Aeuße⸗ rungen gelesen. 8

Ich bin zwar der Meinung, daß wenn man auch allen natürlichen Regulatoren der Preise freien Lauf lassen mag, Sie es hier mit einem rein künstlichen Mittel zu thun haben, welches auf die Preise einwirkt. Sie haben ein Mittel vor sich, welches meiner Ansicht nach schlimmer ist als der ärgste Schutzzoll. Auf der anderen Seite sodann kommt in Betracht, daß die Lage unserer deutschen Industrie, die großartige Konkurrenz, welche zwischen den einzelnen Werken im Inlande stattfindet, bereits uns Preisen zuge⸗ führt hat, die als die niedrigsten angesehen werden müssen, die wir verhältnißmäßig jemals gehabt haben. Wir haben Preise, von denen ich sagen muß, sie können, wenn unsere vaterländische Industrie existenzfähig viben soll, nicht mehr wesentlich unterschritten werden, und es verbietet sich daher gewiß, noch einen ganz unberechtigten Einfluß des Auslandes zuzulassen, dessen letztes Ziel und dessen letzter

weck dahin geht, dasjenige was mit Fug bei uns besteht und mit

rfolg bestehen kann, in seiner Existenz zu gefährden und zu schä· digen. Wenn das bezweifelt werden sollte, so will ich aus einer Auf⸗ stellung, die mir eben vorliegt, dem hohen Hause wenigstens firige Zahlen mittheilen. Ich wähle zunächst die Stahlschienen, weil ie

ein sehr deutliches Bild der Verhältnisse geben. Im Jahre 1873 hat bei den Stahlschienen im Bezirke des Oberbergamtsbezirkes Dort⸗ mund ein Preis pro Centner von 18,244 bestanden, im Jahre 1874 ist derselbe auf 14,,0, im Jahre 1875 auf 10,79 heruntergegangen, und für das Jahr 1876 ist hier die Zahl 7,83 notirt, also von 18,94 auf 7,63! 8

Ich will ferner beispielsweise für Schlesien die Eisenschienen

nach den Durchschnittspreisen vorführen. In Schlesien stand im Jahre 1873 der Duvchschnittspreis für eiserne Schienen auf 14,88, im Jahre 1874 auf 12,2, im Jahre 1875 auf 8,12 und im Jahre 1876 6,4s. Aehnliche Zahlen könnte ich aus anderen wichtigen In⸗ dustriebezirken Ihnen mittheilen. Beispielsweise aus dem Lande, daß mich ganz besonders interessirt, indem es mein eigenes land ist, Kr ich anführen, daß im Jahre 1872 Spiegeleisen 9,80, im Jahre 1873 10,80, im Jahre 1874 6,45, 1875 4,85 und jetzt 1876 4, 12. Das Spiegeleisen ist also auch unter die Hälfte des F se⸗ welcher vor wenigen Jahren noch in Geltung war, herabgesunken. Der Preis des Stabeisens in dem Ober⸗Bergamtsbezirke Dortmund von 1873 15,32, 1874 11,00, 1875 8,936, 1876 7,72. 1

Sie sehen, meine Herren, in welcher ungeheuerlichen Weise die Preise sich in den letzten Jahren geändert haben. Soweit diese Ge⸗ staltung der Preise auf natürliche S und natürliche Ursachen zurückzuführen ist, erscheint aii berechtigt. Wir alle müssen ja an rkennen, daß namentli im Jahre 1873, die Preise eine Höhe erreicht hatten, die geradezu eine Landes⸗ kalamität genannt werden konnte. Es war daher vollkommen angezeigt, daß ein wesentlicher und bedeutender Rückgang eintrat wir sind aber, wie ich bestimmt annehme, am entgegengesetzten Ende angekommen. Deshalb, glaube ich, liegt der Regierung ebenso wie der Landesvertretung die Pflicht ob, diese Sache nicht sich selbst zu überlassen. Weil wir eine solche künstliche Einwirkung auf die Preisgestaltung nicht wollen, deshalb proponiren wir Ihnen unter Andern die gegenwärtige Vorlage. b 88

Bei den acquits ist sodann ferner nicht zu unterschätzen die Be⸗ deutung, welche sie auf die Preisregulirung im Auslande haben. Wir sind mit Nothwendigkeit darauf angewiesen, bei der Produk⸗ tionsfähigkeit unserer Industrie unseren Blick auf das Ausland zu werfen. Wir müssen exportiren, wenn wir einigermaßen unsere In⸗ dustrie im Stande halten wollen. Meine Herren! Wenn es also eine Hauptaufgabe für uns sein muß, nach außen uns neue Ein⸗ gangspforten zu eröffnen, so ist das zwar ein Ziel das sehr schwer zu erreichen ist, indem dabei auch Andere wesentlich mitzusprechen haben. Jedenfalls aber fällt bei der Exportfrage die hier in Rede stehende Ausfuhrbonifikation wesentlich mit ins Gewicht. Ich darf daran erinnern, daß bei früheren Diskussio⸗ nen, welche in Frankreich in parlamentarischen Versammlungen oder bei Gelegenheit von Enqueten stattgefunden haben, man sich offen dahin geäußert hat, daß mit Hülfe der arquits es möglich ge⸗ worden sei, im Auslande bedeutende Lieferungen für Schienen u. s. w. zu erlangen. Nun wird uns von anderer Seite zwar erwidert, dies sei nicht mit Hülfe der acquits geschehen, sondern nur deshalb, weil die großen öen ffemne in Frankreich gleichzeitig die Konzessionäre der betreffenden Eisenbahn gewesen seien. Ich will zugeben, daß das

ier und da der Fall gewesen sein mag, Thatsache ist aber, daß große Industrielle selbst ausgesprochen haben, daß sie mit Hülfe der acguits nach dem Auslande konkurriren konnten. Man wird also zu bestrei⸗ ten nicht im Stande sein, daß mit den aeqaits ein wesentlicher Druck auf die Preise im Auslande verspürt werden kann, der nach allen Seiten hin für unsere Industrie schädlich ist. Endlich weise ich dar⸗ auf hin, daß manche unserer Werke, und zwar sehr bedeutende Werke, dicht an der Grenze unseres Landes liegen. Mit der Aufhebung der Zölle tritt für sie, wenn sie den Ort des Werks nach Eb legen, der Vortheil ein, daß versect⸗ der Grenze sie vollständige Zoll⸗ freiheit nach unserem Lande behalten und außerdem noch eine Boni⸗ fikation genießen dafür, daß sie uns mit dem Ueberschusse ihres Eisens beglücken. Wie richtig auch dieser Gesichtspunkt ist, geht beispiels⸗ weise daraus hervor, daß ein sehr bedeutendes Werk früher mit Hülfe der aecquits eine außerordentlich beträchtliche Summe von

entnern nach Oesterreich . hat. Seitdem die Annexion er⸗ folgte, ist in den Jahren 1872, 73 und 74 zusammen nie

Ihnen nehme

Sta

zeiger. 1876.

8 nach Oesterreich erportirt worden, wie früher in einem einzigen ahre.

Im Jahre 1875 und 76 hat der Export völlig aufgehört. Sie sehen daher, daß die erörterte Frage in der That unsere vitalsten

Interessen auch bei dem Export berührt, und ich meine sonach, daß,

gerade wenn man auf dem Standpunkte steht, allen natürl chen Elementen freie Bewegung zu lassen, man mit um so größerer Energie diesen künstlichen Einwirkungen, soweit es in unseren Kräften steht, entgegentreten müsse.

Meine Herren! Nun wird der Maßregel, welche proponirt haben, von mancher Seite ich 1— dies aus der Presse entgegengehalten, daß wir insoweit bei dem System der aequits auch zu unserem Vor⸗ theil interessirt seien, als der Ausfuhr Frenkreichs auch eine Aus⸗ fuhr Deutschlands gegenüberstehe. Es ist ganz richtig, der Ausfuhr Frankreichs steht eine deutsche Einfuhr gegenüber und zwar eine Ein⸗ fuhr, welche ebenfalls mittelst des Systems der acquits stattfindet. Meine Herren! Ich bin indeß zunächst der Ansicht, daß dieser Punkt nicht rein vom finanziellen Standpunkte zu beurtheilen ist. Selbst, wenn es wahr wäre, daß Ein⸗ und Ausfuhr als ziemlich gleiche Faktoren anzusehen seien, so würde ich doch glauben, daß das ganze

ystem gleichwohl mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen sei, weil es nach jenen anderen Richtungen, wie ich angedeutet habe, unsere Industrie schädigt und weil es das Nationalbewußtsein geradezu auf das Tiefste verletzt. .

Nun ist aber, meine Herren, die Einfuhr Deutschlands, die nach meinen Notizen im Jahre 1873 295,235 Centner und im Jah e 1874 sogar 501,907 Centner betragen hat, doch auch im Uebrigen nicht vollständig demjenigen, was von Frankreich ais⸗ eführt wird, gleichzustellen. Denn wenn man blos dee Centnerzahlen gegenüberstellte, würde man zu sehr irrthüm⸗ lichen Resultaten kommen. Daß das richt geschehen kann, geht aus den französischen Listen selbst hervor. Die Franrosen taxiren beispielsweise für 1874 den Werth der gesammten Einfuhr mit acquits auf 14 Millionen Francs, dagegen den Werth der aus⸗ geführten Fabrikate auf 55 Millionen Francs, und gerade unter den⸗ jenigen Posten, welche diese bedeutende Werthdifferenz darstellen, be⸗ finden sich insbesondere auch das Roheisen einer⸗ und die Gießerei⸗ waaren andererseits. Es sind da Unterschiede von 9 Millionen und 30 Millionen Francs verzeichnet. Es kann also, selbst wenn man die Sache auf die nächste Interessenfrage beschränkt, keineswegs be⸗ hauptet werden, daß es sich um einigermaßen gleiche Faktoren handelt.

Meine Herren, diese Gesichtspunkte haben die verbündeten Regie⸗ rungen bestimmen müssen, die Mithülfe des hohen Reichstags in Anspruch zu nehmen, damit wir uns, so weit es geht, schützen. Meine Herren, haben wir damit etwas so absolut Neues vor Sie gebracht ? Sind wir mit ganz neuen Gedanken vor Sie gekommen, die ab⸗ wichen von all demjenigen, was man in der Vergangenheit gethan oder gedacht hat? Es ist nicht ohne Interesse, sich einmal vorzu⸗ Seite hin diese Frage bei den

wir ent⸗

ühren, wie man denn nach dieser . seüberen Verhandlungen zu beurtheilen pflegte. Meine Herren, im Jahre 1868 war Referent über die aequits der jetzige Herr Ober⸗Bürgermeister von Cöln Dr. Becker, soviel ich weiß ein Mann, welcher auf freihändlerischem Standpunkt noch heute steht. Hr. Dr. Becker hat damals in seiner Rede darauf hin⸗ gewiesen, daß die Aufrechterhaltung des französischen Verfahrens Deutschland gegenüber die Reihe unserer Schutzzöllner mit Noth⸗ wendigkeit verstärken müsse und sodann hervorgehohgn: ““

Fallen die acquits aber nicht, dann wird die Opposition in Deutschland gegen weitere Zollermäßigung für Eisenfabrikate wachsen, es werden nicht blos die Schutzzöllner widersprechen, son⸗ dern es werden auch alle die, welche die E“ unserer Industrie mit der ausländischen als eine Bedingung der freihänd⸗ lerischen Entwickelung ansehen, an dieser Opposition mehr oder weniger Theil nebmen. 8 1

Der Abg. Twesten hatte in seinen durchaus freihändlerisch ge⸗ haltenen nur deshalb dem auf Beseitigung der acquits gerichteten Antrage widersprochen, weil er der Ansicht war, bei dem damaligen Zoll von 25 Sgr. mache es nicht viel aus, wenn eine Ausfuhrvergütung von 7 Sgr. gewährt werde, es bleibe alsdann immer noch ein ausreichender Schutz für die inländischen Inter⸗ essenten zurück. Andererseits aber bemerkte er Folgendes:

Nun gehe ich keineswegs nach den unbedingten Theorien des Freihandels so weit, zu behaupten, daß wir das Ausland ruhig gewähren lassen müßten, wenn es wirkliche Kriegsmaschinen gegen uns in Bewegung setzte. Ich glaube, wir sind vollkommen berechtigt, uns dagegen zu wahren; wir brauchen nicht zu warten, bis der natürliche Lauf der Dinge und das eigene Interesse des anderen Landes es von solchen Manipulationen zurückführen möchte; sondern wenn ein System von Ausfuhrvergütungen als Kriegs⸗ maschine gebraucht wird, um unsere Industrie todt zu machen, so halte ich uns für vollkommen berechtigt, dem entgegen zu treten und uns nicht auf die reine Theorie und auf künftige Zeiten zu vertrösten, daß die Natur der Dinge die Sache allmählich ins Gleichgewicht bringen werde. Ich glaube, wir haben nicht ruhig zuzusehen, wenn durch solche Manipulationen ein wichtiger Er⸗ werbszweig, bei uns wenigstens, für die Gegenwart geschädigt würde und in Gefahr käme, nicht mehr existiren zu können. Dagegen einzutreten, wären wir vollkommen berechtigt. 88 8

So ist also damals die Sache selbst von denjenigen aufgefaßt worden, welche sich als Gegner jenes Antrages bekannten.

Meine Herren! Nun sagt man weiter, die Regierung intro⸗ duzire, indem sie solche Maßregeln vorschlage, den Zollkrieg. Ich weiß nicht, wie man zu einer solchen Behauptung kommen kann. Sind denn wir es, welche unnatürliche Maßregeln ergreifen? Sind denn wir es, welche Ihnen proponiren, mit künstlichen Mitteln, an⸗ dere Länder zu schädigen? Meine Herren, keineswegs! Aber wo würde denn, wenn überhaupt von einem Kriege die Rede sein könnte, wo würde denn dieser Krieg begonnen sein? Doch da, wo man in einzelnen Ländern künstliche Mittel gebraucht, um einen Abzug für die inlän⸗ dische Ueberproduktion zu gewinnen und damit das Ausland zu über⸗ schwemmen. Wenn die natürlichen Verhältnisse zu fremder Einfuhr führen, so werden wir das zu acceptiren haben und die Sache der ruhigen Entwickelung überlassen müssen. Hier aber, wo künstliche Mittel gebraucht werden und seit langem gebraucht worden sind, ruhig zuzusehen und abzuwarten, bis es Gott gefällt, das, glaube ich, ist eine Rolle, die sich eine große Nation nicht bieten lassen darf. Sie muß ihrerseits diejenigen Wege einschlagen, welche die Schäden eines solchen Systems abzuwehren im Stande sind. Wir beseitigen mit dem 1. Januar die Eisenzölle. Wir wollen dagegen solchen Bonifikationen und Gratifikationen gegenüber unsererseits eine Ab⸗ gabe aufrecht erhalten, die die natürlichen Verhältnisse über die Kon⸗ kurrenz entscheiden läßt, so daß man beiderseits mit gleichen Kräften zu streiten vermag. Also, meine Herren, von unserer Seite ist kein Krieg eröffnet. Der andere Standpunkt würde in meinen Augen, ich muß das offen gestehen, geradezu das Bild des etwas ver⸗ schollenen deutschen Michels wieder aufleben lassen, der im Auslande Alles über sich ergehen läßt, ohne seinerseits die erforderliche Gegen⸗ wehr zu ergreifen. Man sagt, meine Herren, die Maßregeln, welche wir Ihnen proponiren, seien unkonstitutionell. Ich weiß nicht zu be⸗ urtheilen, in wieweit ein derartiger Vorwurf einen Boden in diesem! ohen

ause findet. Ich kann aber Seitens der verbündeten Regierungen die Ab⸗ icht erklären, daß wir von der Maßregel, die wir Ihnen vorschla⸗ gen, nur da Gebrauch machen wollen, wo ein wirkliches Bedürfniß

cht soviel

vorliegt, und daß wir uns in den engsten Schranken zu halte ge⸗