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— Nach §. 134 Nr. 4 der Kreisordnung vom 13. De⸗
zember 1872 können den Kreisausschüssen von den Staats⸗ behörden Angelegenheiten der allgemeinen Landesverwaltung nur zur Begutachtung überwiesen werden. Es war daher zu⸗ lässig — wie dies durch eine Cirkular⸗Verfügung des Mini⸗
sters des Innern und des Justiz⸗Ministers vom 5. Juni 1874
geschehen —, den Kreisausschüssen die Prüfung und Begut⸗ achtung der Schiedmannswahlen zu überlassen. Es darf ihnen dagegen, dem Vorstehenden nach, die Beschlußfassung über Ab⸗ grenzung der Schiedsmannswahlbezirke im Verwal⸗ tungswege nicht übertragen werden. Preußen, Brandenburg, Pommern, Posen, Sachsen und West⸗ falen erfolgt nach den bestehenden Bestimmungen die Abgren⸗ zung der Schiedsmannswahlbezirke auf dem platten Lande überall durch die Landräthe, und erscheint es daher, nach einem Erlaß derselben Minister vom 15. Oktober d. J. angezeigt, dieselbe Anordnung auch für die Provinz Schlesien zu treffen.
— Der gemeinsame unbefugte Widerstand Mehrerer gegen einen Forstbeamten, wobei einer der Widersetzlichen dem Beamten eine Körperverletzung verursacht, ist nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 1. Dezember d. J. gegen jeden Betheiligten auf Grund des §. 118 Strafgesetzbuchs (Ist durch den Widerstand oder den An⸗ griff eine Körperverletzung dessen, gegen welchen die Hand⸗ lung begangen ist, verursacht worden, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen“) mit Zuchthausstrafe zu ahnden. „Es genügt, daß durch den gemeinschaftlichen Wider⸗ stand oder Angriff die Körperverletzung verursacht worden ist. Diese Auslegung muß um so mehr für die richtige gehalten werden, als der Paragraph eine vorsätzliche Körperverletzung überhaupt nicht erfordert, es vielmehr nach dessen Fassung hinreicht, wenn die Körperverletzung die Folge des Widerstandes oder des Angriffes gewesen ist.“
Die nächste Nummer der „Provinzial⸗ Correspondenz“ wird wegen der Feiertage am Don⸗ nerstag erscheinen.
— Die Bundesraths⸗Bevollmächtigten: König⸗
lich bayerischer Staats⸗Minister des Königlichen Hauses und des Aeußern von Pfretzschner, Königlich sächsischer Staats⸗ Minister der Justiz von Abeken, Königlich bayerischer Ober⸗ Zollrath Schmidtkonz, Großherzoglich hessischer Geheimer Finanz⸗Rath Müller und Großherzoglich mecklenburgischer DOber⸗Zoll⸗Direktor Oldenburg sind von Berlin abgereist.
— Der Courierzug 4 der Ostbahn vom 22. d. Mts. traf um 7 Uhr 53 Minuten Abends, anstatt um 6 Uhr 10 Minuten Morgens, hier ein; desgleichen traf der Schnellzug 8 um 8 Uhr 37 Minuten, statt um 6 Uhr Abends, hier ein. Grund der Verspätungen: Defektwerden der Maschinen und
Schneeverwehungen der Strecke.
8 — Die mit dem Courierzuge aus Dirschau heute um b 688 Uhr Vormittags fällige Post aus Rußland hat in Enydtkuhnen den Anschluß nicht erreicht.
— Die Briefsendungen ꝛc. für S. M. Knbt. „Comet“ sind
von heute ab bis auf Weiteres nach Konstantinopel und die⸗ jenigen für S. M. Knbt. „Meteor“ von heute ab bis auf Weiteres nach Smyrna zu dirigiren.
1 Bayern. München, 21. Dezember. (Allg. Ztg.) Durch Allerhöchste Entschließung wurde genehmigt, Haß die an München unmittelbar angrenzende Landgemeinde Unter⸗ vom 1. Januar 1877 an mit der Residenz⸗ stadt zu einer Gemeinde vereinigt werde. München wird dann eine Bevölkerung von etwa 200,000 Einwohner zählen, und der Stadt bei der nächsten Landtagswahl die Wahl von sechs, statt fünf, Abgeordneten zustehen. — Außer den schon erwähnten Kreisvertretungen hat nun auch der Landrath von Schwaben und Neuburg in seiner Sitzung vom 19. Dezember der Umwandlung der Gewerbeschulen in vier⸗ bis sechskursige Realschulen zuge⸗ stimmt. Der Antrag gelangte mit allen gegen 7 Stimmen
ur Benestece — Der mittelfränkische Landrath lehnte die Bewilligung von 2500 ℳ zur Durchführung der Tren⸗ nung der Schul⸗ von den Meßnerdiensten ab und bestätigte damit die Erfahrung, die auch in anderen Kreisen über die Undurchführbarkeit dieser Maßregel gemacht wurde. — Der Landrath von Oberbayern genehmigte einen Zuschuß von 3000 ℳ für die von Professor Fehser beabsich⸗ tigte Einrichtung eines Stalles zur Untersuchung milz⸗ brandkranken Viehs. Hierbei wurde bemerkt, daß in den Bezirken Werdenfels, Weilheim und Tölz in den Jahren 1872 bis 1875 9500 Stück Vieh in Folge der Seuche zu Grunde gingen.
Sachsen⸗Altenburg. Altenburg, 21. Dezember. In der Plenarsitzung des Landtags vom 18. ist die von der Herzoglichen Staatsregierung vorgelegte Kirchgemeinde⸗ Ordnung mit mehreren Modifikationen angenommen wor⸗ den. Dennoch ist es noch zweifelhaft, ob das Gesetz in der vom Landtage beschlossenen Form zur Publikation gelangen wird, da sich unter den beschlossenen Abänderungen des vor⸗ gelegten Entwurfes eine Bestimmung befindet, welche regierungsseitig als unannehmbar erklärt worden ist. Nach dem Entwurfe sollte die passive Wählbarkeit zum Mitglied des Kirchgemeindevorstandes an das vollendete 30. Lebensjahr gebunden sein, sofern nicht außerdem das betreffende Gemeinde⸗ mitglied durch beharrliche Fernhaltung vom öffentlichen Gottes⸗ dienste und von der Theilnahme an den Sakramenten seine kirchliche Gemeinschaft zu bethätigen aufgehört hat. Der Land⸗ tag hat nun zunächst das wahlfähige Alter einstimmig auf 25 Jahre herabgesetzt; außerdem aber wurde, entsprechend einem Vorschlage der Majorität der vorberathenden Kommission, be⸗ schlossen, das zweite Erforderniß durch den einfachen Satz zu ersetzen, daß die Wähler ihr Augenmerk auf Männer von gutem Rufe, bewährtem kirchlichen Sinn, Einsicht und Erfah⸗ rung zu richten hätten. Bei der Abstimmung wurde indessen der Majoritätsantrag mit 14 gegen 13 Stimmen angenommen, obschon die Vertreter der Regierung erklärten, daß, falls nicht mindestens die Fassung, wie sie die Minorität vorschlage, zur Annahme gelange, die Regierung sich nicht in der Lage be⸗ dS dem Herzog die Genehmigung des Gesetzes zu pfehlen.
Anhalt. Dessau, 20. Dezember. heut u. A. den Antrag, das Etatsjahr auf die Zeit vom 1. Juli bis zum 30. Juni zu verlegen, in dritter Lesung an⸗ genommen und sich dann bis zum 15. Januar k. J. vertagt.
Bremen, 21. Dezember. Die Bürgerschaft stellte
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Der Landtag hat
In den Provinzen
mäßigem Ertrage in den Staatshaushaltsplan für 1877 ein. Doch wurde der Steuerbehörde aufgegeben, es so einzurichten, daß die Steuerzahler gewüͤnschten 1222 ihre Schuld in meh⸗ reren Raten entrichten können. Von den sonstigen Steuer⸗ erhöhungsvorschlägen, die mit der beschlossenen Erhöhung der Einkommensteuer um 1 ½ Proz. gefallen waren, wurde die Verdoppelung der Verbrauchsabgabe von Geflügel wieder auf⸗ genommen. Nicht minder soll eine Jagdscheingebühr von 10 ℳ im Staatsgebiet fortan zur Erhebung kommen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 21. Dezember. Die „N. Fr. Pr.“ schreibt: Der Kaiser, welcher sich demnächst nach Pest begiebt, kehrt Anfangs Januar nach Wien zurück, um hier einen längeren Aufenthalt zu nehmen. Während desselben werden die bis dahin in Schwebe bleibenden Aus⸗ gleichsverhandlungen neuerlich aufgenommen werden. Die ungarischen Minister — dies wird nun auch aus Pest mitgetheilt — werden zu diesem Zwecke nach Wien kommen. — Die Finanzkommission des 8 es hat heute die Berathungen über das Budget fortgesetzt. Sämmtliche Mi⸗ nister wohnten derselben bei. Die Lage des Reichs und spe⸗ ziell die wirthschaftlichen Verhältnisse wurden auch hier in eingehendster Weise beleuchtet. Die nächste Plenarsitzung des Herrenhauses soll Donnerstag, den 28. d. M., stattfinden.
— Die jüngsten Enunziationen der ungarischen Blätter zur Lösung der Bankfrage in dem Sinne, daß das ge⸗ meinsame Zollgebiet aufrecht erhalten, hingegen eine selbstän⸗ dige ungarische Bank errichtet werden soll, finden in der heu⸗ tigen „Boh.“ die entschiedenste Zurückweisung. In einer Wiener Korrespondenz derselben wird unter Hinweis darauf, daß das gemeinsame Zoll⸗ und Handelsbündniß ohne Be⸗ stimmung über die Einheit der Währung in der Monarchie nicht denkbar ist, nachdrücklich betont, daß die Bank⸗ frage mehr als eine blos technische ist, die mit der Auf⸗ stellung selbständiger oder gemeinsamer Notenpressen ihre Lö⸗ sung finden könnte. Die in Wien herrschende Stimmung lasse sich dahin zusammenfassen: Ohne gemeinsame Bank keine Zollgemeinsamkeit, während man in Ungarn die Parole aus⸗ giebt: Zollgemeinsamkeit und getrenntes Bankwesen. „Wenn man in Pest“, heißt es in der erwähnten Korrespondenz zum Schlusse, „nur halbwegs so viele Mühe darauf verwenden wollte, eine Formel für die Gemeinsamkeit zu finden, als man nach Möglichkeiten einer Trennung unter Beibehalt aller ge⸗ meinsamen onerosa des Ausgleichs für Cisleithanien hascht, dann könnte man sich um die Monarchie daselbst größere Verdienste erwerben. Auch um unggeg. denn seine Interessen stehen bei Allem mehr in Frage, als jene Oesterreichs.“
Pest, 21. Dezember. „In der schwebenden Ausgleichs⸗ frage ist“ — so berichtet man dem, Pest. Lld.“ aus Wien — „Alles noch im Status quo. Man glaubt sogar zu wissen, daß das österreichische Kabinet sich noch nicht einmal in offizieller Kenntniß der letzten Entschlüsse der ungarischen Minister be⸗ findet, und erklärt sich dies aus der aufreibenden Budgetver⸗ handlung, welche die volle Aufmerksamkeit der cisleithanischen Minister erheischt. Mit dem Abschlusse der Budgetberathung wird auch die Bankfrage ins Rollen kommen, da eine Ver⸗ schleppung der Angelegenheit, die man von einer Seite als die beste Politik ausgeben möchte, als absolut unzulässig be⸗ zeichnet wird. Für die nächsten Tage steht, dem nach, ein österreichischer Ministerrath unter dem Vorsitze des Monarchen in Sicht, der sich mit der Bankfrage zu beschäftigen haben wird. Mehr ist im Augenblicke nicht positiv. Minister⸗ Präsident Fürst Auersperg wurde neuerlich zum Kaiser be⸗ schieden, doch glaubt man nicht, daß diese Audienz mit der Bankfrage im Zusammenhange stand.“ „Agram, 21. Dezember. Der Kaiser hat den durch die Tür ken am 2. November am Viehstande und körperlich be⸗ Neblujer und Kruger Insassen 1500 Fl. ge⸗ pendet.
Schweiz. Bern, 21. Dezember. (N. Zürch. Ztg.) Der Ständerath hat heute das Fabrikgesetz nach den Be⸗ schlüssen des Nationalrathes mit folgenden Ausnahmen er⸗ ledigt: In Art. 13 wurde die ausnahmsweise und ohne Be⸗ willigung Seitens der Kantonsregierung zulässige Nachtarbeit während zwei (statt bloß einer) Wochen gestattet; in Art. 14 wurde die Bestimmung, betreffend Verkürzung der Ruhefrist für Wöchnerinnen, gestrichen; Art. 17, betreffend Fabrik⸗In⸗ spektoren, nach dem Antrage der Kommission, welcher die Zahl und Besoldungen der ständigen Inspektoren noch offen läßt, angenommen und endlich Art. 15 an die Kommission zur FSS; de Neia. einer vorübergehenden Beschäftigung von indern Pürnggeviesen.
— Die Bestimmungen über die Haftpflicht des Fabrik⸗ besitzers im Verletzungs⸗ oder Tödtungsfall sind nach 8 Debatte endlich im Art. 5 des Fabrikgesetzes vom Stände⸗ rath wie folgt festgestellt worden:
„Ueber die Haftpflicht aus Fabrikbetrieb wird ein Bundesgesetz das Erforderliche verfügen. In der Zwischenzeit gelten immerhin sss den urtheilenden Richter nachfolgende Grundsätze: a. Der Fabrikant haftet für den entstandenen Schaden, wenn ein Mandatar, Reprä⸗ sentant, Leiter oder Aufseher der Fhert durch ein Verschulden in Ausübung der Dienstverrichtung erletzung oder Tod eines Ange⸗ stellten oder Arbeiters herbeiführt. b. Der Fabrikant haftet gleich⸗ falls, wenn, auch ohne ein solches spezielles Verschulden, durch den Betrieb der Fabrik Körperverletzung oder Tod eines Arbeiters oder Angestellten berheigeüh ward, sofern er nicht be⸗ weist, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder eigenes Ver⸗ schulden des Verletzten oder Getödteten erfolgt ist. Fällt dem Ver⸗ letzten oder Getödteten eine Mitschuld zur Last, so wird dadurch die Ersatzpflicht des Fabrikanten angemessen reduzirt. c. Obige Ersatz⸗ ansprüche verjähren in zwei Jahren, von dem Tage an, an welchem die Peraßgcas oder Tödtung stattgefunden hat. Der Bundesrath wird überdies äsnigen Industriezweige bezeichnen, welche anerkannter⸗ maßen und ausschließlich bestimmte gefährliche Krankheiten erzeugen, und auf welche die Haftpflicht auszudehnen ist. Bis zur Erlassung des Haftpflichtgesetzes hat der kompetente Richter über die Schaden⸗
ersatzfrage, unter Würdigung aller Verhältnisse nach freiem Ermessen zu urtheilen.“
Tessin. Der „Repubblicano“ meldet über die näheren Umstände des kurz gemeldeten Vorfalls in Lugano:
Am 17. gingen Abends 9 Uhr einige junge Leute aus dem Café Cortesi gegen den Platz St. Antonio, als auf einmal zwei Schüsse krachten und ihnen die Kugeln an den Ohren vorbeisausten. Ohne Zaudern stürzten sie sich au das Haus zu, aus welchem die Schüsse gefallen waren, machten Lärm und umstellten es. In kurzer Zeit war eine bedeutende Anzahl Bürger, Beamte und Polizei auf dem Platze und man konnte unter Beihülfe des Friedensrichters und verschiedener Amts⸗ personen zu einer Hausdurchs uchung schreiten. Der Verbrecher wurde bald in der Person eines gewissen Raimondo Bernardoni, des Sohnes des
gestern, ihrem Beschluß entsprechend, die Ein⸗
kommensteuer mit 4 ½ Proz. und 2,700,000 ℳ anschlags⸗
ein Vetterligewehr, das entdeckt wurde, zeigte, daß soeben daraus geschossen
worden sei; nach einigem Suchen fand man auch die leeren Patro⸗ nenhülsen. Diese Beweise waren zu überzeugend; der Schütze mußte bekennen. Inzwischen war die Wuth der versammelten Menge aufs äußerste gestiegen, so daß man es nicht wagen durfte, den Arrestauten ins Gefängniß abzuführen, da sonst das Volk an ihm summarische Justiz geübt hätte. Einigen angesehenen Bürgern gelang es, nach und nach die Menge zu beschwichtigen; indessen konnte sie nicht dazu ge⸗ bracht werden, den Platz zu verlassen, bevor der Arrestant ins Ge⸗ fängniß gebracht worden war.
— 22. Dezember. (Köln. Ztg.) Mit 25 gegfn 13 Stimmen hat der Ständerath dem Nationalrathsbeschlu e, den Tessiner Verfassungsdekreten die Bundesgarantie zu ertheilen, beigestimmt.
Niederlande. Haag, 22. Dezember. (W. T. B.) In dem nunmehr bei den Generalstaaten eingebrachten Gesetz⸗ entwurf über den Primärunterricht in der Volks⸗ schule ist das Prinzip der Konfessionslosigkeit aufrecht erhalten, die Organisation des Unterrichts ist aber abgeändert und die Besoldungen der Lehrer werden erhöht.
— (Köln. Ztg.) Wie der „Soerabaaya Courant“ unterm 30. Oktober meldet, ist in dem Zustand auf Celebes eine den Niederländern günstige Wendung eingetreten. Dem In⸗ surgentenchef Kraeng⸗Bonto Bonto wurde durch Kapitän Vis und unter Anführung des ersten Lieutenants der Kavallerie, Braß, der sich in diesem Treffen durch große Bravour aus⸗ zeichnete, eine schwere Niederlage zugefügt: Zwei seiner Söhne und zwei Neffen, Patata Daeng Patanga und Serang Daeng Maroea, wurden gefangen genommen, während Daeng Laloela sich in vollem Gefechte schwer verwundet an Braß ergab. Es ist dies nach langjährigen Kämpfen der erste entscheidende Schlag gegen Kraeng⸗Bonto Bonto, und soll derselbe nach⸗ eingetroffenen Kundschafterberichten endlich ernstlich an seine Unterwerfung denken, während einige seiner Anhänger sich bereits unterworfen haben.
Großbritannien und Irland. London, 21. Dezember. (Engl. Korr.) Lord Beaconsfield hatte gestern Audienz bei der Königin in Windsor und kehrte Abends nach London zurück. Sir Julian Pauncefote hat im Auftrag Lord Derby's der „Anti⸗Slavery⸗Society“ mitgetheilt, daß Se. Lordschaft mit dem Gesandten Ihrer Majestät in Rio de Janeiro betreffs des Transports von Sklaven längs der Küste, mittels britischer Schiffe, die von einem bra⸗ silischen Hafen zu dem andern fahren, Verhandlungen gepflogen Fßr. In einer Depesche vom 6. November habe Mr. Buckley⸗ Nathew berichtet, die verschiedenen Linien britischer Dampf⸗ schiffe hätten seine Aufforderung, mit dem Transporte inne⸗ zuhalten, sorgfältig beachtet. Sir Julian fügt hinzu, daß Lord Derby auch in Berlin und Paris dahin wirke, daß weder die deutsche noch französische Flagge zur Deckung jener Küsten⸗ feietn mißbraucht werde. — Eine Reihe von Konferenzen über Gefängnißwesen und Strafarbeit nahm gestern Abend in Bristol ihren Anfang. Abgesandte aus Chelten⸗ fam, Wells, Exeter, Plymouth, haole und Southampton er⸗ chienen. Aehnliche Konferenzen sollen in Manchester, Leeds, Bradford und Birmingham gehalten werden. — Der Name des gräflichen Hauses Egremont ist in Großbritannien er⸗ loschen. Der letzte Earl of Fhee (Baron Cockermouth)
starb 1845 ohne Nachkommenschaft, und seine Wittwe Jane, Counteß of Egremont ist am Montag im Alter von 78 Jahren gestorben. — Die Staatseinkünfte vom 1. April 1876 bis zum 16. Dezember betrugen 51,218,775 Pfd. Sterl., gegen 51,103,300 Pfd. Sterl. in der entsprechenden Zeit des Vor⸗ jahres. Die Ausgaben betrugen 52,364,713 Pfd. Sterl., gegen 51,804,544 Pfd. Sterl. im Vorjahre. Bilanz am 16. Dezember: 3,617,273 Pfd. Sterl., gegen 4,633,519 Pfd. Sterling im Vorjahre.
Frankreich. Paris, 21. Dezember. Heute Morgen fand ein vierstündiger Ministerrath im Elysée statt. — Die republikanischen Blätter der Departements bestehen auf einen durchgreifenden Wechsel im Personal der Verwal⸗ tung der Justiz⸗ und der Steuerbehörden. Privatschreiben, welche die Deputirten der Linken aus den von ihnen ver⸗ tretenen Departements erhalten, dringen ebenfalls darauf. Der „Moniteur“ hält die „Nothwendigkeit beider Kammern bei Budgetbewilligungen“ aufrecht. Die Union République hielt heute eine Parteiversamm⸗ lung, um über die Frage wegen des Budgetrechts der beiden Kammern zu berathen, und beschloß einstimmig, daß sie der vom Budgetausschuß der Deputirtenkammer aufgestellten An⸗ sicht ihre Zustimmung gebe, wonach dem Senat das Recht nicht zustehe, das von den Deputirten beschlossene Budget abzu⸗ ändern. Die Versammlung beschloß, alle ihre abwesenden Mitglieder nach Paris zu den weiteren Verhandlungen über diese Frage einzuladen. Am Schlusse der Versammlung rief die Nachricht, der Senat habe mit großer Mehrheit der Stimmen den Kredit für die Armeegeistlichen hergestellt, große Aufregung hervor. — Das klerikale „Univers“ ist dagegen bei Weitem noch nicht mit dem Vorgehen des Senats zufrieden; es ruft ihm zu: „„Der Kriegs⸗Minister hatte 69 Militärgeist⸗ liche und 270 Hülfsgeistliche aufgestellt; der Senatsaus chuß schlägt durch pharisäische Auslegung des Gesetzes dem Senat vor, 11 Militärgeistliche und 130 Hülfsgeistliche aufrechtzuer⸗ halten. Wir ziehen die brutale Streichung der Deputirten⸗ kammer vor.“— Dem, Messager du Midi“ zufolge herrscht in dem Arsenale von Toulon eine ungewöhnliche Thätigkeit. Um allen Eventualitäien gegenüber bereit zu sein, wird die Ausrüstung der in Reparatur genommenen Kriegsschiffe be⸗ trieben. Das Panzerschiff „Trident“, welches am 9. v. M. vom Stapel gelaufen ist, ist bereits mit den nöthigen Platten versehen worden und soll demnächst seine Maschinen erhalten. In der gestrigen Sitzung der Budgetkommission der Deputirtenkammer erklärte Gambetta, im Falle eines Konfliktes gebe es drei Wege, die Beschlüsse des Senates aufzunehmen: „1) könnte die Kammer durch question préalable einfach ablehnen, ssic mit den Zusatzanträgen des Senates überhaupt zu befassen; 2) könnte man Senat und Kammer zum Kongreß vereinigen und diesen als Gerichtshof über die Fraße, wie die Vertassung zu deuten sei, urtheilen lassen; 3) könnte man die vom Senate vorgeschlagenen Kredite wie irgend welche andere Amendements verwerfen.“ Weg scheint die meisten Anhänger zu haben. Versailles, 21. Dezember. In der heutigen Senats sitzung erstattete Pouyer⸗Quertier über das Einnahmebudge für 1877 Bericht; hierauf folgte die Berathung über das Budget des Justi W“
ie Herstellung des Kredits von 40,000 Fr. für den ellho wurde mit 226 gegen 42 Stimmen Drrr. Auf n.Ipelbof des radikalen Senators Tolain, durch welches Mittel der Ausschuß
Der zweite
Hausherrn, entdeckt; seine Hände waren vom Pulver geschwärzt und
des Senats das Problem in Betreff des Konfliktes zwischen
““
erklärte Bernard im gar nicht so streiche und der
beiden Kammern zu lösen gedenke, Namen des Ausschusses, die Sache sei eee wenn die Kammer einen Kredit
at ihn herstelle, so werde die Kammer zu einer neuen Prüfung des Falles berufen, und wenn sie dann Protest erhebe, so könne der Kredit im Budget nicht auftreten; denn das Budget bedürfe der Zustimmung beider Häuser. Wenn es sich dagegen um ein von der Abstimmung der Kammer betroffenes besonderes Gesetz handle, so werde die Frage heikler und man könne dann sagen, der Ausschuß sei zur Verwerfung des Gesetzes nicht kompetent. — Nach Annahme des Budgets für das Justiz⸗Ministerium ging der Senat zur Berathung des Budgets für das Kriegs⸗Ministerium über. Der Senat nahm dasselbe mit den vom Ausschusse beantragten Mehrbewilligungen an, beschloß aber nach einer Rede Dupanloups mit 229 gegen 45 Stimmen die Herstellung des Kredits für die Militärgeistlichen. Auch das Budget für das Marine⸗Ministerium wurde angenommen. 22. Dezember. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Senats wurde die Berathung des Budgets fortgesetzt, die Budgets für das Ministerium des öffentlichen Unterrichts und des Innern wurden genehmigt, die von der Deputirtenkammer gestrichenen Kredite für die theolo⸗ gischen Fakultäten zu Aix und Rouen wurden wieder
hergestellt.
Italien. Rom, 18. Dezember. (Ital. Nachr.) In der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer brachte nach der telegraphisch mitgetheilten Erklärung des Minister⸗Präsidenten Depretis über die orientalischen Angelegenheiten der Kriegs⸗ Minister einen Gesetzentwurf ein, der die Ermächtigung zur Ausgabe von 15 Millionen für Waffen gewährt, die in den Faßren 1877, 1878, 1879 angeschafft werden sollen. Der Abg.
otta beantragte eine Tagesordnung, um jede Diskussion über die Vervollständigung der Bewaffnung bis auf den Tag zu verschieben, an dem der heute neue vom Kriegs⸗Minister beanspruchte Kredit von 15 Millionen diskutirt werden soll. Der Abg. Ricotti erbat sich von der Kammer die Erlaubniß, wenigstens über Artikel 40, welcher die Ausrüstung betrifft, sprechen zu dürfen, aber die Kammer genehmigte mit großer Mehrheit die ““ Botta's. — Nach der „Italia Militare“ sind die umlaufenden Gerüchte über Bewegungen in der Generalität mit größter Reserve aufzunehmen. — Am 19. d. M. hat die Deputirtenkammer den ersten Voranschlag für das Kriegs⸗Ministerium in der Höhe von 212,564,619 Lire bewilligt. — Der Vize⸗Admiral de Viry, Kommandant des perma⸗ nenten Geschwaders, ist aus Gesundheitsrücksichten in Disponibilität versetzt worden. An seiner Stelle wird, den „Ital. Nachr.“ zufolge, Vize⸗Admiral Di Monale das Kom⸗ mando übernehmen. Die genuesischen Zeitungen melden, daß das Ministerium dem Kommando des permanenten Ge⸗ schwaders Befehle ertheilt hat, daß so bald als möglich die Bordausstattungen aller Schiffe vervollstündigt werden, damit das Geschwader am 1. Januar im Stande sei, in See zu stechen. — Man liest im „Esercito“: „Sechs Bataillone Bersaglieri, von denen zwei vom 2. Regiment augenblicklich hier in Gar⸗ nison stehen, werden nach Sicilien abgehen. Der Oberst Guddolti, Kommandant des zweiten Bersaglieri⸗Regiments, geht auch nach Palermo, mit der Mission, sagt man, die militärischen Operationen gegen die Briganten zu leiten. — Das „Statuto“ von Palermo berichtet vom 13. dss. die vom Präfekten Zini im Provinzialrath aus⸗ eesprochenen Worte, mit denen er seine Entlassung an⸗ ündigte. Er sagte, daß sich die Zustände der öffentlichen Sicherheit in den letzten Tagen verschlimmert hätten und daß er darum der Regierung einige Vorschläge gemacht habe. Diese habe aber geantwortet, die Vorschläge nicht annehmen zu können und ihn gebeten, zu ermöglichen, daß man eine weitere Probe mit anderen Personen anstelle. Hierauf habe er beschlossen, die Präfektur von Palermo zu verlassen. — Die „Ital. Nachr.“ erfahren, daß der Minister des In⸗ nern außer der Generaldirektion für die Gefängnisse noch zwei andere Generaldirektionen, eine administrative und eine andere für die öffentliche Sicherheit zu schaffen ge⸗ denkt. — Die mit der Prüfung des Entwurfs zu einem neuen Strafgesetzbuch betraute parlamentarische Kommis⸗ sion hat ihre Arbeiten wieder aufgenommen. Unter andern Entscheidungen ist diejenige zu bemerken, welche sie mit Ein⸗ stimmigkeit über die Abschaffung der Todesstrafe gefaßt hat. Sie unterdrückt die Strafen des lokalen Exils (Aufenthalts an einem bestimmten Ort) und des confine (oder der Verbannung aus dem Staate), außerdem die besondere Ueberwachung der Polizei. — Die „Ital. Nachr.“ schreiben: Wegen der von der spa⸗ nischen Neglerung angenommenen Haltung, namentlich was den von Kardinal Simeoni bezüglich der italienischen Kirche und des italienischen Hospitals in Madrid angeregten Punkte anbetrifft, wird sich die Ernennung des Nuntius für Spanien sehr verzögern, obgleich Monsignor Vanutelli, jetzt Nuntius in Brüssel für diese Stelle designirt ist. — Die Generaldirektion der Statistik hat ihre Arbeiten über die politischen Wahlen dieses Jahres begonnen. Die „Ital. Nachr.“ theilen einige bereits feststehende Daten mit. Eingeschrieben waren 605,044 Wähler, zu den Urnen begaben sich 356,437. 342 Abgeordnete wurden an dem ersten Ab⸗ stimmungstag gewählt, 166 Ballotagen finden statt. 315 Ab⸗ geordnete gehörten früheren Legislaturperioden an, 170 sind neu und 23 wurden in mehr als einem Wahlkreife gewählt.
— 22. Dezember. (W. T. B.) Die Deputirten⸗ kammer hat sich, nach der ge beendigten Budgetdebatte und nachdem noch der Gesetzentwurf betreffs der Beamten genehmigt worden war, bis zum 15. k. M. vertagt.
Spanien. San Sebastian, 20. Dezember. (Ag. Hav.) Die Regierung hat auf der Bank 128,000 Pesetas, welche der Provinz Guipuzcoa gehören, mit Beschlag belegt. — Die Provinzial⸗Deputationen haben an den König ein Bittschreiben um Nichtausführung des Gesetzes gegen die Fueros gerichtet. — Der General Quesada befindet sich in Bilbao. Derselbe schlägt eine angemessene Herabminderung der Auflagen Biscayas vor.
— Ferner schreibt man der „Ag. Hav.“ aus San Sebastian: „Die aus Bayonne an die Madrider ge⸗ richteten Depeschen sprechen von einem neuen Versuch, der von den Carlo⸗Federalen gegen die baskischen Provinzen und Catalonien geplant wurde, indem sie hinzufügen, daß die französtsche Regierung von Weitem den Unter⸗ nehmungen der Verschwörer folge. In diesen Gerüch⸗ ten ist durchaus nichts Begründetes. Die spanische Regierung 23 gegen einige, mehr lärmend auftretende als gefährliche Personen, welche auf der Grenze wohnten,
1“.“
Folge dieser Reklamation ist am 13. Dezember, in Ausfüh⸗ rung eines Ausweisungsbefehls, die Gensd’'armerie von Bayonne nach Hendaye aufgebrochen, wo sie Hrn. Ercoriara, früͤheren Deputirten und Freund des Hrn. Ruiz Zorilla, sowie eine andere Person festgenommen hat, die sofort nach der schweizer Grenze dirigirt worden sind. Die Gensd'armen haben den beiden Ausgewiesenen Handschellen anlegen zu müssen geglaubt, was auf der Station Hendaye einen sehr peinlichen Eindruck unter den anwesenden Spaniern verursacht hat. Die⸗ selben wußten ohne Zweifel nicht, daß die Gefangenen einen Fluchtversuch gemacht hatten.“
Pampeluna, 21. Dezember. (Ag. 2. Das gegen den Cabecilla Jergon, Lieutenant de Rosas de Samaniego ausgesprochene Todesurtheil ist heute vollzogen worden.
Türkei. Konstantinopel, 22. Dezember. (W. T. B.) Es sind hier Gerüchte verbreitet, daß das Christenviertel in Wan (Armenien) von den Türken an⸗ gezündet worden sei. Diese Gerüchte reduziren sich darauf, daß der Bazar in Wan, wie gemeldet wird, zufällig abbrannte. Ueber die Ergebnisse der Vorkonferenz schreibt die „Wiener Abendpost vom 21. d. M.: „Aus Kon⸗ stantinopel wird der Schluß der Präliminarberathungen und die baldige Eröffnung der eigentlichen Konferenzen signa⸗ lisirt. Ueber die Ergebnisse der ersteren verlautet nichts Positives, doch nimmt man an, daß auch in der Ga⸗ rantiefrage ein vorläufiges Einverständniß zwischen den Konferenzbevollmächtigten, und zwar in der Weise erzielt worden sei, daß der Gedanke einer militärischen Okkupation Bulgariens fallen gelassen, dagegen der einer polizei⸗ lichen Besetzung von Seite einer fremden Macht in Aussicht enommen worden sei. In englischen Blättern wird wieder⸗ holt Belgien als diejenige Macht bezeichnet, welche der Pforte eine kleines Corps zu dem bezeichneten Zwecke zur Verfügung stellen werde. Andererseits liegt heute die allerdings noch nicht heglaubigte Mittheilung vor, daß Belgien sich geweigert habe, auf die betreffenden Wünsche der Konferenzstaaten ein⸗ ugehen.“ ae. 88 Der „Schlesischen Zeitung“ wird über die Verhand⸗ lungen der Vorkonferenz geschrieben: „Man kann förmlich drei Phasen der Arbeiten unterscheiden; sämmtliche drei gelten der Aufstellung eines Programmes, welches auf der Haupt⸗ konferenz von allen Theilnehmern, oder besser gesagt: nach deren Einigung von der Pforte angenommen werden soll. Die erste Phase der Arbeiten galt den Präliminarien für den Frieden mit Montenegro und Serbien. Diese Arbeiten verliefen sehr ruhig, denn schon vor der Konferenz war es bekannt, daß eine kleine Gebietserweiterung für Mon⸗ tenegro und die Herstellung des serbischen status quo ante bellum von keiner Seite auf erhebliche Schwierigkeiten stoße. Die zweite Phase der Berathungen, in welcher sich diese noch befinden, galt oder gilt der Reformfrage. Obgleich der geographische Begriff Bulgarien noch immer nicht präzisirt ist, scheint man über die Schwierigkeit insofern hinweggekommen zu sein, als man allgemein anerkannte, daß sämmtliche von Christen bewohnten türkischen Distrikte der Reformen bedürfen. Schwieriger hat sich die Berathung über die Natur der Re⸗ formen gestaltet. Sobald auch hierüber, wie zu erwarten steht, eine Einigung erzielt ist, wird die Konferenz in ihr schwierigstes Stadium, nämlich in die Berathung der Garantie⸗ frage treten. Bekanntlich besteht Rußland nicht mehr auf russischer Okkupation. England hat in dieser Richtung nur einen von einer neutralen Macht besorgten Sicherheitsdienst im Auge.“
1299. Indien wird jetzt unter den dortigen Moslims eine Art von Petitionssturm in Scene Fesett, um die englische Regierung zu drängen, für den Sultan einzutreten. Die
hentcgen „Times“ fertigen jedoch derartige Zumuthungen sehr ategorisch ab, und sagen, die Moslims sollten sich nicht einbilden, daß ihr Begehren die englische Politik gegen die Christen des
Orients werde einzunehmen im Stande sein. Es sei eine Gerechtigkeitsfrage, keine religiöse, und England werde darauf bestehen, daß den Christen in der Türkei Recht ver⸗ schafft werde. 1 — Die „Köln. Ztg.“ meldet aus Paris, 21. Dezember: Der General⸗Gouverneur General Chanzy hat in Alge⸗ rien das in Konstantinopel erscheinende Blatt „Dschaura“ verboten, das den heiligen Krieg predigt. ien, 22. Dezember. (W. T. B.) (Von einem Spe⸗ ialkorrespondenten.) In hiesigen Regierungskreisen beab⸗ sichtigt man einerseits nicht in der Demissionirung des Ka⸗ binets Ristics eine ausreichende Genugthuung für die Affaire „Maros“ zu erblicken, perhorreszirt jedoch andererseits den in der Presse mehrfach angeregten Gedanken einer militärischen Okkupation Serbiens. Fürst Wrede'’s Instruktionen sollen in dieser Beziehung ganz präzis formulirte Forderungen ent⸗ halten.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 19. De⸗ zember. Weitere Ergebenheits⸗Adressen wurden dem Kaiser überreicht: vom Adel von Perejaslaw, von den Ständen des Obojanschen Kreises, von den Stadtkommunen von Tschernigow, Wladimir, Kowno, Kischinew, Kursk, Mo⸗ hilew, Pskow, Archangel und Taganrog. F
Moskau, 22. Dezember. (W. T. B.) Die hiesige Presse ist in Uebereinstimmung mit der St. Petersburger in der Beurtheilung und Verurtheilung des Krawalls vom 18. d. vor der Kasanschen Kirche. Wie die „St. Petersburger Zeitung“ die Tumultuanten Puppen nennt, die an Fäden ge⸗ halten würden, welche von Rußland feindlichen Händen im Auslande dirigirt würden, so meint auch die „Moskauer Rüung⸗, der wahnwitzige Krawall sei ein unsinnig exekutirtes
anöver Anderer. Die „Neue Zeit“ schreibt, die Ruhestörung erwecke das Staunen und die Verachtung der Bevölkerung.
Kischenew, 19. Dezember. Auf Kosten der Kaiserin werden hier und in Akkerman Spitäler er⸗ richtet.
Dänemark. Kopenhagen, 22. Dezember. (Hamb⸗ Nachr.) Nachdem die Vorschläge des Ausschusses zum Ma rinebudget, und in einer Abendsitzung die Vorschläge wegen Verweigerung der zu Vertheidigungszwecken ver⸗ langten Mittel nach erregter Debatte mit der gewöhnlichen Majorität angenommen worden waren, wurde die nächste Folkethingssitzung auf den 9. Januar anberaumt.
Amerika. Philadelphia, 20. Dezember. (Times.) Das Repräsentantenhaus hatden Ausschuß für Rechtsangelegen⸗ heiten beauftragt, innerhalb 20 Tagen einen Verfas sungs⸗ zusatz auszuarbeiten, welcher die Zahlung von Kriegs⸗
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stimmten mit „Nein“, 79 Demokraten und alle Republikaner stimmten mit „Ja“.
Asien. (A. A. C.) Die Truppen des Herrschers von Kaschgar, Nacub Beg, sind von den Chinesen besiegt worden. Nacub Beg hat Spezial⸗Gesandtschaften nach Taschkend geschick, um Hülfe oder Vermittelung nach⸗
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Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
London, Sonnabend, 23. Dezember, Vormittags. Der „Morning Post“ zufolge hätte die belgische Regierung es ab⸗ gelehn⸗, Truppen zur Besetzung Bulgariens zur Verfügung zu stellen. Konstantinopel, Freitag, 22. Dezember. Gestern fand in dem Horf⸗ des Marquis v. Salisbury eine Besprechung Midhat Paschas mit dem Marquis v. Salisbury statt, an welcher auch die türkischen Minister und der französische Bevollmächtigte, Graf Chaudordy, Theil nahmen. — Bei der heutigen letzten Sitzung der Vor⸗ konferenz soll das Einverständniß zwischen den Be⸗ vollmächtigten vollständig aufrecht erhalten sein. Die erste eigentliche Konferenz ist für morgen zusammenberufen. Wie es heißt, würde Savfet Pascha den Vorsitz führen. Es bleibt das Gerücht verbreitet, daß die Promulgation der Verfassung, in welcher einige gestrichene Artikel wieder aufgenommen seien, unmittelbar bevorstände. — Die Ausfuhr von Cerealien und Vieh aus den Donauprovinzen ist verboten. St. Petersburg, Freitag, 22. Dezember. In der Frage wegen Sicherstellung der Christen in der Türkei und besonderer Garantie hierfür in den drei insurgirten türkischen Provinzen wird die türkische Regierung, die inzwischen in dem Freunde allgemeiner Reformen, Midhat Pascha, eine neue Spitze gefunden hat, bei ihrer Zuziehung zu den Konferenzen ihre d eidende Erklärung abzugeben haben. Durch diese Erklärung wird sich die Situation präzisiren. Rußland hat inzwischen bei den Vorkonferenzen, für welche General Ignatieff große Aktionsfreiheit hatte, bewiesen, daß es sich auf den Kernpunkt beschränkt, keine allgemein orientalische Frage anregt, sondern allein wirksame Garantien für die Sicherheit der Christen in den drei Provinzen fordert. Bei dem ruhigen Verlaufe der Vor⸗ besprechungen unter den Repräsentanten der Mächte in Konstan⸗ tinopel mußte es um so mehr auffallen, wenn das hier am meisten verbreitete Blatt, der „Golos“, plötzlich einen stark aggressiven Artikel gegen Oesterreich brachte. Es möge solchen Aus⸗ drücken erregter Stimmung zur Charakterisirung die That sache entgegengehalten werden, daß der „Golos“ nie einen offiziösen Artikel bringt. — Der am Nikolaustage vor der Kasanskirche stattgehabte Tumult, an welchem sich etwa 80. Personen betheiligten, begann damit, daß man à propos von Serbien „Hurrah“ rief. Als sich nun das Volk um den Haufen sammelte, ertönten andere Rufe und eine Art Fahne erschien mit dem Motto der Emigrantenpresse: „Land und Freiheit“. Wie das Publikum gegen die Tumultuanten auf⸗ trat, dieselben zum Polizeibureau transportirte, ist bereits ge⸗ meldet. Unter den in Gewahrsam befindlichen Personen, gegen welche die Untersuchung eingeleitet ist, befinden sich auch zehn Frauenzimmer, Studentinnen der Medizin. Der Charakter des Studentenkrawalls ist ein nihilistischer. New⸗York, Sonnabend, 23. Dezember. Der oberste Gerichtshof von Florida hat das Kontrol⸗Comité angewi sen, noch einmal die von den Wahlmännern für die Präsidenten-⸗ wahl abgegebenen Stimmen auf der Basis der letzten darüber erstatteten Berichte zu prüfen. Die demokratische Partei glaubt, daß diese neue Prüfung der Wahlstimmen in Florida einen Erfolg für Tilden ergeben wird. Die demokratische und die republikanische Legislatur von Südkarolina sind vertagt wor⸗ den, ohne daß ein Vergleich zu Stande gekommen wäre.
1 88 88 8 Landtags⸗Angelegenbeitezn.
Der Abgeordnete des 4. Bromberger Wahlbezirks, Ritterguts⸗
besitzer v. Breza in Zwiadkowo, ist, wie die Zeitungen mittheilen, am 19. d. M. gestorben. 2 I “
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Gewerbe und Handel.
Wien, 22. Dezember. (W. T. B.) Der Prioritätenkurator der Mährisch⸗Schlesischen Centralbahn hat, wie die „Presse“ meldet, das ihm übermittelte, die Umwandelung der Prioritäten in Prioritätsaktien betreffende Projekt des Stuttgarter Comités von
rioritätenbesitzern, wodurch kein unmittelbarer finanzieller Vortheil, ondern nur eine Einflußnahme auf die Verwaltung erreicht werden soll, dem Kuratelgerichte vorgelegt. Letzteres hat indeß die Zustim⸗ mung aller Prioritätenbesitzer verlangt und der Kurator hat das Projekt darauf dem Dresdener Comité mitgetheilt. “
— Die „New⸗Yorker Hd.⸗Z.“ äußert sich über die Geschäfts⸗ lage in ihrem vom 8. Dezember datirten Wochenbericht folgen⸗ dermaßen: Trotz des beschränkten Volumens des Platzgeschäfts hat die große Willigkeit, welche den Geldmarkt seit so langer Zeit charakterisirt, in dieser Berichtswoche etwas Abbruch erlitten, haupt⸗ sächlich in Folge des starken Geldabflusses nach dem Südwesten, wo die Schlachtsaison in vollem Gange ist. Durchschnittsraten für call loans gegen Depot gemischter Sekuritäten stellten sich auf 5 à 6 %, doch gehörten weder Abschlüsse zu niedrigeren noch zu höheren Raten zu den Ausnahmen. Die Baisse im Goldmarkt machte während dieser Berichtswoche weitere Fortschritte; von 8 ¾ am vergangenen Sonnabend fiel das Agio bis heute auf 7 ½, zu welchem Course es schloß. Der aus England kommende Zufluß von Gold ist so bedeutend und der legitime Bedarf gegenwärtig dafür so gering, daß sich der Markt gezwun en eb, sich von den politischen Ereignissen vollständig zu emanzipiren. Eine vergleichende Aufstellung unseres Erports und Imports während der ersten neun Monate die⸗ ses Kalenderjahres liefert für das stetige Fallen des Agios die beste Erklärung. In den ersten neun Monaten des gegenwärtigen des Vorjahrs betrug unser I1 Fee
19733. 18915
Export. Doll. 408,101,718 353,809,782
Import... „ 340,231,159 398,123,821 1875 Ueberschuß des Imports über den Export 44,314,039 Doll., 1876 Ueberschuß des Exports über den Impeort 77,860,559 Doll. Mithin beträgt in diesem Jahre die Differenz zu Gunsten unserer Handelsbilanz mit dem Auslande im Vergleich zum Vorjahr 122,184,698 Doll. Mit anderen Worten: während der ersten neun Monate hat sich der Import gegen das Vorjahr um 17 ½ % vermin⸗ dert, während der Erport um 15 % zugenommen hat. — Der Waaren⸗ und Produkten⸗Markt blieb animirt, soweit es die meisten Erporten anbetrifft, während in der Import⸗Branche bei nur wenigen Artikeln Zeichen der Besserung bemerkbar waren. — Baumwolle erholte sich von einem Anfangs d. W. erlittenen Rückgange und schloß in steigender Tendenz. Raffinirtes sowie rohes
entschädigungsansprüchen der Rebellen untersagt. —
Verdacht gefaßt, und hat ihre Ausweisung reklamirt. In
59 südstaatliche Demokraten und 4 nordstaatliche
Petroleum hat bei anhaltend sehr lebhaftem Begehr erheblich im Preise angezogen.