1877 / 35 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 10 Feb 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Aichtamtliches. Deutsches Reich. 8 Preußen. Berlin, 10. [Februar. Se. Majestät der Kaiser und König empfingen heute Vormittag zu-⸗ nächst Se. Königliche Hoheit den Prinzen August von Württemberg, kommandirenden General des Garde⸗Corps, sodann Allerhochstihren von Urlaub aus Rußland zurück⸗ gekehrten General a la suite Fürsten Anton Radziwill und nahmen hierauf die Meldungen des hierher beurlaubten General⸗Majors von Schmeling, Commandeurs der 24. In⸗ fanterie⸗Brigade, und des als Escadrons⸗Chef in das 2. Hannoversche Dragoner⸗Regiment Nr. 16 versetzten Ritt⸗ meisters Frhrn. von Schele entgegen. Hieran schlossen sich die Vorträge des Militär⸗ und des Civil⸗Kabinets durch die respektiven Kabinets⸗Chefs, General⸗Major und General⸗ Adjutanten von Albedyll und Geheimen Kabinets⸗Rath von Wilmowski. Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin besuchte gestern die Kaiserin⸗Augusta⸗Stiftung in Charlottenburg.

Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin begaben Sich gestern Vormittags 10 Uhr mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm nach Potsdam. Nachdem Se. Kaiserliche Hoheit den Prinzen Wilhelm dem Offizier⸗Corps des ersten Garde⸗Regiments zugeführt, fuhren die Höchsten Herrschaften nach dem Gute Bornstedt und kehrten Nachmittags 4 Uhr

wieder hierher zurück. ..“

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Der Bundesrath hielt am 8. d. M. die 4. Plenar⸗ sitzung. Den Vorsitz führte der Präsident des Reichskanzler⸗ Amts Staats⸗Minister Hofmann. G

Nach Feststellung des Protokolls der 3. Sitzung wurden Vorlagen, betreffend: a. den Beitritt Deutschlands zu der Ver⸗ einbarung zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Italien über den Schutz nützlicher Vogelarten; b. die Zulässigkeit der Erhebung von Eisenbahn⸗Expeditionsgebühren im Durchgangsverkehr;

Sozialdemokratie zu

Rich meine, das Produkt von Parteibestrebungen, die auf falschem

c. die Einwirkung der Eisenbahn⸗Frachttarife auf die Konkur⸗ renzfähigkeit der Spiritusexportplätze; d. die Feststellung des Feingehaltes der Gold⸗ und Silberwaaren; e. den Entwurf eines Patentgesetzes; f. die Feststellung von Normalmaßen für den Ausbau von Wasserstraßen ꝛc., den betreffenden Ausschüssen

überwiesen.

Hierauf wurde eine Mittheilung gemacht, betreffend die Einziehung des Staatspapiergeldes des Fürstenthums Schwarz⸗ burg⸗Rudolstadt. Sodann wurde über Anträge, betreffend die Pensionsverhältnisse von zwei Postbeamten und eines Lehrers in Elsaß⸗Lothringen Beschluß gefaßt.

Ein Antrag, betreffend die Wiedervorlegung des Gesetz⸗ entwurfs wegen der Untersuchung von Seeunfällen, wurde den betreffenden Ausschüssen überwiesen.

Ueber das Rekursgesuch eines Post⸗Sekretärs gegen seine Versetzung in den Ruhestand wurde auf Grund des erstatteten Ausschußberichts Entscheidung getroffen.

Schließlich wurde eine Eingabe des Vereins württember⸗ gischer Wundärzte und Geburtshelfer II. Abtheilung, um Re⸗ gelung 188 beruflichen Wirksamkeit, dem betreffenden Aus⸗ schusse überwiesen.

Der Ausschuß des Bundesraths für Zoll⸗ und Steuerwesen trat heute zu einer Sitzung zusammen.

In der heutigen (7.) Sitzung des Herrenhauses, welche der Präsident, Herzog von Ratibor, um Uhr er⸗ öffnete, und welcher der Vize-⸗Präsident der Staats⸗ regierung, Staats⸗ und Finanz⸗Minister Camphausen, sowie mehrere Regierungs⸗Kommissarien beiwohnten, machte der Präsident zunächst die Mittheilung, daß Graf von Marschall⸗Altengotten neu in das Haus eingetreten sei, und begrüßte denselben im Namen des Hauses. Dann trat das Haus in die Tagesordnung ein, deren erster Gegenstand der Bericht der Finanzkommission über den Gesetzentwurf, betreffend die Deckung der Kosten der anderweiten Regelung der Grundsteuer in den Provinzen Schleswig⸗Holstein, Hannover und Hessen⸗Nassau, sowie im

unentbehrlichen Dispositionsfonds.

die Sozialdemokratie ihren Ursprung wesentlich in der ultramontanen Partei gefunden habe. Ich habe, weil ich von ultramontaner Seite angegriffen wurde und namentlich bei der Solinger Angelegenheit behauptet wurde, ich sei der Vater der Sozialdemokratie, mich zunächst gegen die ultramontane Partei gewendet und ihr den Vor⸗ wurf gemacht, daß sie mit dazu wirke, eine solche Partei wie die erzeugen. In dieser Ueberzeugung auch verharren und muß auch der Fort⸗ schrittspartei einen Theil der Schuld dieses Schadens, der jetzt zum Ausbruch zu kommen scheint, beimessen. Meine Herren, Herr von Schorlemer⸗Alst behauptete, ich hätte gesagt, es müßte der So⸗ zialdemokratie gewaltsam entgegengetreten werden. Das habe ich nicht gesagt und ist auch nicht meine Ansicht, ich glaube vielmehr, so sehr ich ihr Verschwinden wünschte, Gewalt ist gerade nicht dasjenige Mittel, welches dazu führen würde. Aber ich habe in der Scozialdemokratie ein tiefes Uebel erkannt, dessen Heilung wenigstens erstrebt werden muß, und wenn man es heilen will, muß man sich klar machen, aus welchen Wurzeln es entsprungen ist, und da komme ich darauf zurück, daß eine solche Partei, wie die Sozialdemokratie nicht auf sreiem Felde ohne jegliche Veranlassung erwächst, sondern das Produkt gewisser Faktoren ist,

muß ich

Wege sind, und zu diesen Parteibestrebungen rechne ich den Ultra⸗ montanismus und die Berliner Fortschrittspartei. Der Hr. Abg. Richter sagt, ich sei ihnen persönlich nicht unsympathisch. Das kann ich von einem großen Theil der Herren auch sagen. Glauben Sie, daß in meinem Kampf gegen die Fortschrittspartei eine Spur von persönlicher Verstimmung oder Abneigung ist? Durchaus nicht, aber es thut mir leid, daß Sie zum Theil mit schönen Talenten ausge⸗ stattet auf einem Wege sich befinden, den ich für verderblich halte. Ich komme darauf zurück, wenn Sie Forderungen stellen, von denen die Regierung glaubt, daß sie sie nicht erfüllen kann, weil Sie lassen Sie es mich so ausdrücken weil Sie an den Grundfesten des Staates rütteln, weil Sie nach und nach das Gebäude, was wir Alle für gesund und lebensfähig halten, angreifen, wenn die Ultra⸗ montanen fortwährend die Gesetze angreifen, und eine Haltanug gegenüber den Behörden beobachten, der naturgemäß auf der anderen Seite wieder zu einer gewissen Verbitterung führen muß denn das können Sie nicht leugnen, die Beschwerden über polizeiliche Ausschreitun⸗ gen sind doch wesentlich dadurch hervorgerufen, daß Sie fortwährend dazu Veranlassung gegeben haben venn solche Faktoren miteinander zu⸗ sammenwirken, wie unpolitisches Vorgehen und staatsfeindliches Vor⸗ gehen, dann erzeugen Sie bei der Bevölkerung ein Gefühl der Unzufrie⸗ denheit mit der Gesetzgebung und meistens auf Unerreichbares gerichtete Wünsche nach Aenderung der Zustände. Hierin liegt eine Gefahr, und deshalb wiederhole ich die Bitte an alle erhaltenden Kräfte, es mögen sich alle Diejenigen, die ein wirkliches Interesse an dem Be⸗ stehen unseres Staates haben, vereinigen, dem bösen Willen und der Unklugheit der politischen Parteien entgegenzutreten.

Der Abg. Dr. Migquel sprach Namens der national⸗ liberalen Partei für die Bewilligung des für die Regierung z. Hieran schloß sich eine längere Auseinandersetzung zwischen dem Abg. Dr. Wehren⸗ pfennig und dem Abg. Windthorst⸗Meppen. Bei der Abstim⸗ mung wurde die bestrittene Position angenommen. Schluß 4 Uhr.

In der heutigen (17.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische der Minister des Innern Graf zu Eulenburg und der Handels⸗Minister Dr. Achenbach mit mehreren Kommissarien beiwohnten, theilte der Präsident mit, daß vom Handels⸗Minister und dem Finanz⸗Minister ein Gesetzentwurf, betreffend die Erweite⸗ rung der Verwendung der den Provinzial⸗ und Kom⸗ munalverbänden überwiesenen Dotationsfonds (s. unter Land⸗ tagsangelegenheiten) eingegangen sei. Der Bericht über die Verwaltung des Hinterlegungsfonds für das Jahr 1876 wurde der Budgetkommission überwiesen und hierauf die Etatberathung mit der Diskussion des Etats für das Ministerium des Innern (s. Nr. 30 d. Bl.) fortgesetzt. Zu den Positionen der Gefängnißverwaltung ergriffen das Wort die Abgg. Dr. Eberty, Dr. Techow, Dr. Roeckerath, Kiesel und der Regierungskommissar Geheime Regierungs⸗Rath Illing. Der Antrag des Abg. Knörke, die Staatsregierung aufzufordern, die Lehrer an den Strafanstalten im Gehalt mit den Strafanstalts⸗ „direktoren gleichzustellen, wurde der Budgetkommission über⸗ wiesen. An die Justizkommission ging ein Antrag des Abg. Dr. Zimmermann:

„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern: Das Verfahren bei der vorläufigen Entlassung der zu längerer Zuchthaus⸗ oder Gefängnißstrafe verurtheilten Civilpersonen mit Rücksicht auf die statistischen Ergebnisse für die Jahre 1873, 1874 und 1875 einer besonderen Prüfung zu unterwerfen.“

Kreise Meisenheim war. Der Referent, Hr. Bitter, empfahl die

unveränderte Annahme der Vorlage nach den Beschlüssen des

Abgeordnetenhauses. Nachdem der Graf zur Lippe sich über

den Vorschlag geäußert und der Finanz⸗Minister darauf er⸗

widert hatte, wurde der Antrag der Kommission bei Schluß des Blattes angenommen.

Den letzten Theil der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten füllte eine Debatte über die Bewilligung des geheimen Polizeifonds von 120,000 aus. Sowohl der Abg. Frhr. von Schorlemer-⸗Alst wie der Abg. Richter (Hagen) er⸗ klärten sich gegen die Bewilligung. Der Minister des In⸗ nern Graf zu Eulenburg wies die gegen ihn gerichteten Angriffe wie folgt zurück:

Meine Herren! Auf die eben gehörten interessanten Ausführungen kann ich natürlich in dem Umfange nicht antworten, den der Herr Vorredner denselben gegeben hat, zumal ich in keiner Weise darauf vorbereitet bin. Ich muß aber ein paar Bemerkungen machen.

Sie machen mir zu gleicher Zeit den Vorwurf, daß meine Thä⸗ tigkeit wesentlich eine niederhaltende sei, und dann fünf Minuten nachher, daß ich Ihnen die angenehme Ruhe auf einmal mit Pro⸗ vinzialkorrespondenz⸗Artikeln gestört und eine ganz unnöthige Thäͤtig⸗ keit der Parteien hervorgerufen habe. Ja, meine Herren, worin soll wohl die Thätigkeit eines Ministeriums bestehen den⸗ jenigen Zuständen gegenüber, die sich seit ungefähr 12 oder 14 Jahren entwickelt haben? Sehr oft hat sie niederhaltend sein müssen, aber Sie können doch nicht verkennen, daß ebenso wie sie auf der einen Seite niederhaltend gewesen ist, sie auf der anderen Seite belebend, und mit Initiative auf allen Hauptpunkten des politischen und wirthschaftlichen Lebens vorgegangen ist. Wenn die Güte eines Ministeriums nur darin bestände, den Forderungen der Volksvertretung, und zwar nicht einmal einer großen überwie⸗ genden Majorität, sondern einzelnen Theilen der Volksvertretung, nachzugeben, ja, dann wäre ja die Regierung ziemlich überflüssig. Aber ich meine, daß es wesentlich Aufgabe der Regierung ist, zu ponderiren, wie weit Forderungen berechtigt und vernünftig sind wie weit von Seiten der Regierung ihnen widersprochen wer⸗

en muß.

Und nun, meine Herren, bin ich ja nicht der Ansicht, daß alle Forderungen, denen wir haben entgegentreten müssen, aus einem ge⸗ wissen bösen Willen, aus einer Oppositionslust, aus Lust, den Staat zu schwächen, hervorgegangen sind; aber ich bin der Ansicht, daß sehr viel politischer Unverstand, politischer Leichtsinn im Spiele gewesen ist, und daß bei sehr vielen Forderungen die Fordernden selbst sich nicht Rechenschaft über die Tragweite gegeben haben.

Dies führt mich auf die Beziehungen, die ich zwischen dem Ent⸗ stehen und Ausbreiten der Sozialdemokratie und den Parteibestre⸗ bungen und Parteimanifestationen finde. Ich habe nicht gesagt, daß

Auf eine Beschwerde des Abg. Frhrn. von Schorlemer⸗ Alst bei der Position für Wohlthätigkeitsanstalten erwiderte der Minister des Innern Graf zu Eulenburg, daß es nöthig geworden sei, Ordnung in das Kollektenwesen zu bringen, daß aber hierbei konfessionelle Gesichtspunkte in keinerlei Weise maßgebend gewesen seien. Sämmtliche Positionen des Etats des Ministeriums des Innern wurden genehmigt, worauf das Haus zu dem Etat des Handels⸗Ministe⸗ riums, speziell der Eisenbahnverwaltung, überging. Zunächst ergriff das Wort der Abg. Dr. Hammacher, welchem der Handels⸗Minister Dr. Achenbach erwiderte, daß der Etat der Eisenbahnverwaltung weder eine Hebung des Verkehrs noch ein verstecktes Defizit beweise. Derselbe sei nach Maß⸗ gabe der thatsächlichen Verhältnisse mit Vorsicht aufgestellt worden. Das Bestreben des Handels⸗Ministeriums sei immer auf Tarifermäßigung bei den Privatbahnen gerichtet gewesen. Der Minister rechtfertigte sodann das frühere Vorgehen der Regierung bei Tariferhöhungen, welches eine zu den übrigen nothwendig hinzukommende Kalamität der Eisenbahnen ver⸗ hindert habe. Bis zum Schlusse des Blattes sprachen die Abgg. von Wedell⸗Malchow und Richter (Hagen).

Nach der im Reichs⸗Eisenbahnamte aufgestellten, in der heutigen Ersten Beilage veröffentlichten Nachweisung über die auf deutschen Eisenbahnen exkl. Bayerns vorgekommenen Unfälle waren im Monat Dezember pr. im Ganzen zu verzeichnen: 54 Entgleisungen und 31 Zusammen⸗ stöße fahrender Züge, und zwar wurden hiervon 30 Züge mit Personenbeförderung von je 4072 Zügen dieser Gat⸗ tung Einer und 55 Güterzüge resp. leerfahrende Maschi⸗ nen betroffen; ferner 39 Entgleisungen und 19 Zusammenstöße beim Rangiren und 81 sonstige Betriebsereignisse (Ueber⸗ fahren von Fuhrwerken auf Wegeübergängen, Defekte an Ma⸗ schinen und Wagen ec.).

In Folge dieser Unfälle wurde: 1 Beamter getödtet, 34 Personen verletzt (21 Beamte, 6 Arbeiter und 7 fremde Personen); 2 Thiere getödtet und 1 Thier verletzt und 116 Fahrzeuge erheblich und 164 unerheblich beschädigt.

Außer den vorstehend aufgeführten Verunglückungen von Personen kamen, größtentheils durch eigene Unvorsichtigkeit Feeraeefer noch vor: 40 Tödtungen (18 Beamte, 8 Ar⸗

eiter und 14 fremde Personen), 105 Verletzungen (49 Beamte, 46 Arbeiter und 10 fremde Personen), sowie 7 Tödtungen

88

Von den im Betriebsdienste überhaupt thätig gewesenen Beamten wurde von je 6643 Einer getödtet und von je 1803 Einer verletzt.

Ein Vergleich mit demselben Monate im Vorjahre er⸗ giebt unter Berücksichtigung der in beiden Zeitabschnitten eförderten Achskilometer und der im Betriebe gewesenen Ge⸗ eislängen —, daß im Durchschnitt im Dezember pr. bei 14 Verwaltungen mehr und bei 16 Verwaltungen weniger und in Summa circa 10 Proz. weniger Verunglückungen vorgekommen sind, als im Dezember 1875.

In der monatlichen Zusammenstellung der Betriebsergebnisse der Eisenbahnverwaltungen wird nach einer Bestimmung des Reichs⸗Eisenbahnamts das Gewicht des beförderten Gutes Col. 6 fortan nicht mehr in Kilo⸗ gramm, sondern in Tonnen 1000 Kilogramm) der⸗ gestalt abgerundet, daß Gewichtsbeträge unter ½ Tonne außer Ansatz bleiben, Beträge von ½ Tonne und mehr aber für eine volle Tonne gerechnet werden abgeben werden. Für die korrespondirende Zeit des Vorjahres ist der Gewichtsbetrag ebenfalls auf Tonnen reduzirt zu verzeichnen.

In den deutschen Münzstätten sind bis zum 3. Fe⸗ bruar 1877 geprägt worden an Goldmünzen: 1,097,685,200 Doppelkronen, 337,530,330 Kronen; hiervon auf Privat⸗ rechnung: 171,345,164 ℳ; an Silbermünzen: 71,653,095

80 20⸗Pfennigstücke; an Nickelmünzen: 23,502,530 70 10⸗Pfennigstücke, 11,657,813 75 5⸗Pfennigstücke; an Kupfermünzen: 6,057,289 44 2⸗Pfennigstücke, 3,377,119 13 1⸗-⸗Pfennigstücke. Gesammtausprägung an Gold⸗ münzen: 1,435,215,530 ℳ; an Silbermünzen: 383,109,616 30 ₰; an Nickelmünzen: 35,160,344 45 ₰; an Kupfer⸗ münzen: 9,434,408 57 ₰.

Zur Ausführung des Gesetzes vom 30. April 1874, betreffend die Ausgabe von Reichskassenscheinen, sind bis Ende Januar d. J. auf den definitiven Antheil an Reichs⸗ kassenscheinen (120,000,000 ℳ) 118,391,375 (außerdem 70 baar) und auf den Marximalbetrag der Vorschüsse (54,889,941,72 ℳ) 53,898,797,3 angewiesen worden, so daß zum Ersatz von Landespapiergeld noch erforderlich waren: 1,608,555 bezw. 991,144 9% Von dem im Betrage von 184,298,529 ausgegebenen Landespapiergeld waren bis Ende Januar d. J. 181,203,2574⁄⁄ eingezogen und vernichtet worden.

Die Bestimmung §. 8 Nr. 3 des Tarifs zur Grund⸗ buchordnung hat nach einem Erlaß des Justiz⸗Ministers nur den Zweck, für diejenigen Anträge, welche die nach den früheren Gesetzen erforderlichen Urkunden über das einzutra⸗ gende Rechtsgeschäft ersetzen sollen, die Liquidation von Kosten zu regeln. Rücksichtlich solcher Anträge dagegen, welche schon nach den früheren Gesetzen bei den Gerichten kostenfrei auf⸗ genommen sind, hat an der bezüglichen Vorschrift des Gesetzes vom 9. Mai 1854 Art. 15 nichts geändert werden sollen. Dies ergeben sowohl die der Gesetzesvorlage Seitens der Staats⸗ Regierung bedgeger Motive, als auch der von der Kom⸗ mission des Herrenhauses über die Gesetzesvorlage erstattete Bericht. In dem Gesetze selbst hat diese Absicht auch bestimm⸗ ten Ausdruck gefunden. In dem bezüglichen §. 8 Nr. 3 sind nicht die Anträge auf Eintragungen oder Löschun⸗ gen allgemein, wie in §. 32 der Grundbuchordnung, sondern nur diejenigen Anträge, welche den Ein⸗ tragungen oder Löschungen zur Grundlage dienen, er⸗ wähnt. Das dabei befindliche Allegat des §. 32 der Grund⸗ buchordnung hat nicht zur Folge, daß unter der gegebenen Bezeichnung alle Anträge, zu deren Aufnahme der Grund⸗ buchrichter allerdings ausnahmslos angewiesen ist, verstanden werden müssen; dasselbe hat nicht beschränkter gefaßt werden können. Ebenso befreit der §. 33 der Grundbuchordnung von der für die Kostenliquidation im Prinzip maßgebenden Be⸗ glaubigung alle Anträge, welchen die beglaubigten Urkunden beiliegen, in denen die Betheiligten die beantragte Eintragung oder Löschung schon bewilligt haben; daß nur die Bewilligung, nicht die Beantragung der Eintragung oder Löschung in den beigelegten Urkunden enthalten sein muß, zeigt auch hier schon die Unterscheidung der den Eintragungen oder Löschungen als Grundlage dienenden Anträge von allen übrigen.

Inowrazlaw, 8. Februar. (Pos. Ztg.) Die Kriminal⸗ Abtheilung des hiesigen Kreisgerichts verhandelte heute die Anklage gegen den ehemaligen Erzbischof der Diözese Gnesen und Posen, Kardinal Grafen Ledochowski in Rom. Der⸗ selbe ist angeklagt des Vergehens gegen die Maigesetze, der Majestätsbeleidigung und des Vergehens gegen die öffentliche Ordnung in Bezug auf §. 130a. (Kanzelparagraph). Der Verklagte hatte an verschiedene, im hiesigen Kreise installirte Geistliche, namentlich an den Dekan Gantkowski, die Pröbste Lizak, Sypniewski und Adamski einen vom März 1876 da⸗ tirten Brief gelangen lassen, in welchem er denselben anzeigt, daß 8 Er dankt den Geistlichen für ihre bewiesene Stand⸗ haftigkeit, ermahnt sie zur ferneren Ausdauer und theilt ihnen mit, daß sie nähere Instruktionen erhalten würden. Der Angeklagte hat ferner das bereits wiederholt republizirte Admonitionsschreiben an den Pfarrer Brenk, früher in Piaski, jetzt in Kosten, im Juli 1876 gesandt, in welchem er den⸗ selben zur Reue ermahnt ꝛc. Durch die Beweisaufnahme wurde festgestellt, daß die Briefe den einzelnen Adressaten theils durch die Post, theils durch unbekannte Boten zugestellt worden sind, und daß die Unterschrift unter dem vom Ange⸗ klagten an den Pfarrer Brenk adressirten Brief von dem An⸗ geklagten herrührt. Dem Antrage des Staatsanwalts gemäß wurde der Angeklagte in contumaciam zu 300 Geldbuße oder 3 Monaten Gefängniß (wegen des ersten Vergehens) und zu 2 ½ Jahren Gefängniß wegen der übrigen Vergehen ver⸗ urtheilt.

Hannover, 9. Februar. (N. H. Ztg.) Se. Hoheit der Herzog von Sachsen⸗Altenburg traf gestern Nach⸗ mittag hier ein. Ihre Königlichen Hoheiten der Prinz und die Prinzessin Albrecht waren zum Em⸗ pfange auf dem provisorischen Bahnhofe erschienen.

Bayern. München, 8. Februar. (Allg. Ztg.) Heute fand in der Königlichen Residenz im Saale Karls des Großen eine Hoftafel statt. An der Tafel erschienen die Königin⸗ Mutter, sowie die sämmtlichen hier weilenden Mitglieder des Königlichen Hauses mit Gefolge, ferner der Kron⸗Obersthof⸗ meister Fürst von Oettingen, die obersten Hofchargen und die

und 1 Verletzung bei beabsichtigtem Selbstmorde.

Minister, der Erzbischof von München, General⸗Lieutenant

5⸗Markstücke, 79,546,702 2⸗Markstücke, 143,512,165 1⸗Mark⸗ stücke, 52,679,731 50 50⸗Pfennigstücke, 35,717,922

er wieder sein Amt als Erzbischof angetreten habe..

2 8 8 Freiherr von Leonrod aus Augsburg und andere Herren. Der König hat aus seiner Kabinetskasse zur Unterstützung

der Nothleidenden Oberfrankens den Betrag von 2000 be⸗

illigt. Der Königliche 1. Staatsanwalt am Bezirksgericht München I. d. J, Freiherr von Leonrod, wurde zum 2. Direktor dieses Gerichts befördert, und zum 1. Staats⸗ anwalt am Bezirksgericht München lI. d. J. der Bezirksgerichts⸗ Rath Herm. Barsch berufem Nachdem der katholische Volksverein der St. Anna⸗Vorstadt schon vor einigen Tagen

den Redacteur des „Vaterland“, Dr. Sigl, wegen dessen

Thätigkeit während der letzten Reichstagswahlen ꝛc. aus dem Verein ausgeschlossen hatte, ist gestern Abend im katholischen Bürgercasino, dem Dr. Sigl als Ehrenmitglied angehört, ein gleicher Ausschließungsbeschluß, und zwar mit Einstimmigkeit, gefaßt worden.

Württemberg. Stuttgart, 7. Februar. Die Kam⸗ mer der Standesherren beschloß heute eine Adresse auf die Thronrede nicht zu erlassen.

8. Februar. In ihrer heutigen ersten Sitzung wählte die Kammer der Abgeordneten zu ihrem Präsidenten

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Herrn von Hölder, welcher die Wahl annahm. Hessen. Darmstadt, 6. Februar. In der heutigen

Sitzung der Zweiten Kammer trat bei der Debatte über den Gesetzentwurf, betreffend den Schutz der in fremde Pflege gegebenen kleinen Kinder, die Ansicht hervor, daß dieser Gegenstand nur durch die Reichsgesetzgebung erfolgreich geregelt werden könne. Der wesentlichste Inhalt des angenommenen Gesetzes ist ein rein polizeilicher und be⸗ stimmt, daß ohne Erlaubniß der Polizeioehörde kein Kind in Pflege gegeben werden darf und daß die Behörde berechtigt ist, gewissen Personen die Aufnahme von Kindern zu unter⸗ sagen, sowie sich jeder Zeit von dem Zustande der Pfleglinge zu überzeugen. Man beschloß auch, die Regierung zu ersuchen, bei dem Bundesrath dahin zu wirken, daß diese Materie für Hessen nunmehr durch ein Reichsgesetz geordnet werde.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 6. Februar. (Magd. Ztg.) Dem Landtage ist eine wesentliche Reform der Vorbildung der Volksschullehrer proponirt worden. Man will, um die Zahl der Seminaristen zu heben, die Vorberei⸗ tungszeit von 8 auf 6 Jahre herabmindern und demgemäß die Klasseneintheilung ändern, ferner sollen an die Präpa⸗ randen und Seminaristen statt seither 1500 künftig 9000 auf Stipendien verwendet werden, enbdlich soll die Präparandenbildung bei besonders tüchtigen Volksschul⸗ lehrern erworben werden können. Durch diese Mittel hofft die Regierung den Zuzug junger Leute zum Lehramte um so mehr zu heben, als der provisorische Dienst auf 1 Jahr her⸗ abgesetzt und für dieses Probejahr die Besoldung von 600 auf 700 erhöht werden soll.

Oldenburg. Oldenburg, 9. Februar. Die Feier des morgen stattfindenden silbernen Hochzeitfestes der Großherzoglichen Herrschaften hat bereits heute Vormittag mit dem Empfange der Deputationen der Städte und Aemter des Großherzogthums, sowie zahlreicher anderer Deputationen (des ständigen Landtagsausschusses, der Landessynode, der Geistlichkeit und des Lehrerstandes, der Großherzoglichen Fideikommißgüter eꝛc.) im Großherzog⸗ lichen Palais begonnen. Heute Abend findet ein Galaball im Großherzoglichen Schloß statt, zu welchem sämmtliche De⸗ putationen und anwesende Fremde Einladungen erhalten haben. Nach dem für morgen ergangenen Programm wird einem Familiengottesdienst im Palais zunächst der Empfang der fremden Abgesandten und alsdann im Schloß eine Defilir⸗ cour sämmtlicher Staatsdiener folgen; Nachmittags Diner im Schloß für den Hof und die fremden Gäste, im Kasino für die Deputationen aus dem Lande; Abends ein von den Offizieren des Oldenburgischen Dragoner⸗Regiments Nr. 19 veran⸗ staltetes Reiterfest in der Großherzoglichen Reitbahn. Am Montag werden die Festlichkeiten durch ein Galadiner im Großherzoglichen Schloß beschlossen werden. Von fremden Fürstlichen Gästen sind bereits eingetroffen Ihre Königlichen Hoheiten der Großherzog und die Großherzogin von Mecklenburg⸗Schwerin, Ihre Hoheiten der Herzog und die Herzogin, sowie die Prinzessin Therese von Sachsen⸗Altenburg, Ihre Durchlauchten der Fürst und die Fürstin, sowie der Erbprinz von Schaumburg⸗Lippe, Se. Kaiserliche Hoheit der Herzog Peter und Ihre Hoheit die Prinzessin Therese von Oldenburg aus St. Petersburg. Noch erwartet wird Se. Königliche Hoheit der Prinz Wasa. Die Glückwünsche Sr. Majestät des Deutschen Kaisers überbringt der Königliche Gesandte Prinz Ysenburg, diejenigen Sr. Majestät des Kaisers von Rußland der Kaiserliche Mi⸗ nisterresident, Staatsrath von Höltzke. Außerdem sind ver⸗ treten Se. Majestät der König von Sachsen durch den General Krug von Nidda, Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Hessen durch den General⸗Lieutenant von Grolman, Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Sachsen durch den Oberschenk Grafen von Boyneburg, Se. Durch⸗ laucht der Fürst von Schwarzburg⸗Sondershausen durch den Hofmarschall von Trützschler, Durchlaucht der Fürst von Waldeck durch den Kabinets⸗Rath von Stockhausen, Se. Durchlaucht der Fürst von Reuß älterer Linie durch den Schloßhauptmann von Döring. Auch eine Deputation des 4. Kürassier⸗Regiments, dessen Chef Se. Königliche Hoheit der Großherzog ist, sowie verschiedene höhere Militärs sind zur Gratulation hier anwesend.

Se. R

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 9. Februar. (W. T. B.) Die Bildung eines ungarischen Ministeriums unter dem Führer der Konservativen, Sennyey, gewinnt an Wahrscheinlichkeit. Finanz⸗Minister Szell ist hier einge⸗ troffen, um trotz der Ministerkrise den Abschluß einer unauf⸗ schiebbaren Vorschußoperation herbeizuführen.

Prag, 9. Februar. (W. T. B.) Bei den zum Reichs⸗

rath vorgenommenen Wahlen sind in den Landgemeinden fast durchweg Altezechen gewählt worden, nur in dem Bezirke Raudnitz trug der Jungcezeche Sladkovsky mit 285 gegen 102

Stimmen über den altczechischen Gegenkandidaten den Sieg

davon. In einigen Bezirken erhielten jungezechische Kandidaten

erhebliche Minoritäten.

Großbritannien und Irland. London, 8. Februar.

(E. C.) Die „Morning Post“ schreibt: „Es sind jetzt gerade vierzigJahre, daß Ihre Majestät zuerst das Parlament eröffnete und in Person die Thronrede hielt. dringliche und würdige Art, in welcher die Rede ungen Königin gehalten ward, ist der Gegenstand allge⸗

Die klare, ein⸗ von der

meiner Bewunderung gewesen. Die Herbstsession von 1837 war auch dadurch merkwürdig, daß sich unter der Menge neuer Unterhausmitglieder, die den gewohnten Eid ab⸗ legten, Mr. Benjamin Disraeli der neu gewählte Vertreter von Maidstone befand, der heute nach einem Verlaufe von 40 Jahren nach üblicher Form und Sitte seinen Sitz unter den Peers einnehmen wird.“

Ueber die Vorgänge in Süd⸗Afrika heißt es in der Thronrede: „Das Gedeihen und der Fortschritt meines Kolonialreiches hat keinen Stoß erlitten, obgleich das Ver⸗ fahren der Regierung der Transvaal⸗Republik und die Feindseligkeiten, in welche sie sich mit den angrenzenden Stäm⸗ men eingelassen, einige Befürchtungen für die Sicherheit meiner Unterthanen in Süd⸗Afrika wachgerufen haben. Ich hoff indeß zuversichtlich, daß die Maßregeln, welche ich ergriffen abe, genügen werden, jedwedem ernsthaften Uebel vorzubeugen.“

dem Voranschlage für 1877: Gesetzesvorschläge, die sich auf die Universitäten Oxford und Cambridge beziehen und solche, die das Gesetz über Bankerotte und die Patentgesetze ver⸗ bessern, ferner betreffs Maßregeln, die zur Beförderung der Sparsamkeit und Wirksamkeit der Gefängnisse des Vereinigten Königreiches dienen und die gleichzeitig die lokalen Lasten

die Eigenthumsschätzung in England, zur Vereinfachung und Verbesserung des Fabriks⸗ und Werkstattsgesetzes, und zur Re⸗ gelung der Summargerichtsbarkeit der Polizeigerichte; Vor⸗ lagen in Bezug auf Straßen und Brücken in Schottland, sowie auf das schottische Armengesetz und endlich betreffend die Einsetzung eines obersten Gerichtshofes in Irland und die Uebertragung einer unparteilichen Jurisdiktion an die Kreisgerichte des Landes. Der Gesandte des Kaisers von China, Quo⸗Ta⸗ Zhan, überreichte gestern der Königin im Buckingham Palast

sein Beglaubigungsschreiben. Der Ceremonienmeister General⸗Lieutenant Sir Francis Seymour geleitete ihn, Lord Derby stellte den Gesandten vor. Gleichzeitig ward Lew⸗Ta⸗ Zhan vorgestellt. Der britische Gesandte in China, Sir Thomas Wade, war gegenwärtig und führte den Sekretär der chinesischen Gesandtschaft, Dr. Macartney, den Dolmetscher und einige andere Persönlichkeiten ein. Bei der Audienz war auch die Prinzessin Beatrice zugegen. Später ward der Minister⸗ Präsident von Venezuela, M. José Rojas, empfangen. Gestern fand eine Ministersitzung statt, an welcher nach längerer Unterbrechung sämmtliche Minister theilnahmen. Die „Morning Post“ drklärt, daß das in Oxford und anderswo umlaufende Gerücht, daß Mr. Gathorne Hardy, der Kriegs⸗Minister, in das Oberhaus berufen worden wäre,

An Gesetzen und Vorlagen werden angekündigt, außer

erleichtern sollen; Anträge zur Verbesserung der Gesetze über

Kaiser berichtet. Der Kaiser habe seinen Friedenshoffnungen und Friedensneigungen Ausdruck gegeben, für welche er seinen persönlichen Einfluß geübt habe und fortüben werde. Dem Kaiser Alevxander sei seine Politik durch die Oppression, der seine Glaubensgenossen unter türkischer Herr⸗ schaft ausgesetzt wären, auferlegt worden. Hierbei habe Kaiser Wilhelm nach dem Berichte Salisburys jedoch die Hoffnung ausgedrückt, daß durch Zulassen vernünftiger Reformen in der Verwaltung der Provinzen, verbunden mit Garantien für deren Ausführung, die Nothwendigkeit der Okkupation werde umgangen werden können. Die bloßen Versprechungen könn⸗ ten Europa nicht genügen. Es müßten Garantien gegen die Fortdauer der Uebelstände, unter welchen die Christen in der Türkei litten, gegeben werden. London, 9. Februar. (W. T. B.) Von Lord Russell ist für die Montagssitzung des Oberhauses der folgende Antrag angekündigt: Es sei unverträglich mit den Pflichten der Regierung, mit einem so barbarischen und grausamen Staate, wie die Türkei, freundschaftliche Beziehungen aufrecht zu erhalten, die einzig mögliche Beziehung sei diejenige der Feindseligkeit. Im Unterhause kündigte Campbell für Montag eine Anfrage an den Kanzler der Schatzkammer darüber an, ob sich der seitherige Botschafter in Konstanti⸗ nopel, Elliot, noch im Dienste der Krone befinde. Muir will an demselben Tage Auskunft von der Regierung darüber ver⸗ langen, ob die Türkei die Bezahlung der Coupons der An⸗ leihe von 1855 suspendirt habe, obschon die dazu erforder lichen Fonds in der Bank von England deponirt worden seien Lord Northcote erklärte auf eine Anfrage Oreilly's, kein ein⸗ ziger aktiver englischer Offizier habe Erlaubniß erhalten, in türkische Dienste zu treten. . 8 Die „Ag. gen. russe“ meldet: Die Haltung des Kai⸗ serlichen Kabinets in Bezug auf die direkten Friedensver⸗ handlungen Serbiens und Montenegros mit der Pforte ist sehr falsch interpretirt worden. Ein Rath schließt eine Verantwortlichkeit ein. Rußland hat keinen Rath zu geben und keine Verantwortlichkeit zu übernehmen. Es hat nichts einzuwenden gegen direkte Friedensunterhandlungen zwischen der Pforte und den beiden Fürstenthümern und über⸗ läßt es diesen nach ihren Interessen die ihnen vorgelegten Bedingungen abzuschätzen. Der entschlossene Akt des Sul⸗ tans macht großen Eindruck in Konstantinopel. Die mi⸗ litärische Partei ist davon befriedigt, aber die Jungtürken sind in Aufregung und man befürchtet große Unordnungen. Eine Depesche des „Daily Telegraph“ aus Konstan⸗ tinopel vom 7. sagt: Diesen Morgen gab der Sultan dem Sohne des Grafen Zichy Audienz, und läugnete,

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wenn nicht die Regierung gefürchtet hätte, sein Sitz für die Universität Orford könnte der Opposition zu Theil werden, voll⸗ ständig der Begründung entbehre. Ein Gerücht, daß John Bright Krankheits halber nicht an der Session theil⸗ nehmen werde, wird von seinem Sohne für unrichtig erklärt. General Tschernajeff ist gestern Abend in London an⸗ gekommen und in Symonds Hotel abgestiegen.

Frankreich. Paris, 8. Februar. (Köln. Ztg.) Das „Jo uürnal officiel“ veröffentlicht ein Dekret, betreffend Reorganisationen im Auswärtigen Amte, worin u. A- ein besonderes diplomatisches Examen für diejenigen jungen Männer, welche die politische Carrière einschlagen wollen, festgesetzt wird. Heute war im Elysée Minister⸗ rath. Nachdem der Minister des Auswärtigen seine Depeschen aus dem Orient vorgelegt und mit Bemer⸗ kungen über die politische Richtung der neuen ottomanischen Regierung begleitet hatte, lenkte er die Aufmerksamkeit auf die Angriffe, die er wegen der angeblichen verzögerten Ausgabe der telegraphischen Depeschen, in denen Midhats Sturz gemeldet wurde, in mehreren Blättern erfahren habe. Nack der Verhandlung darüber setzte der Herzog Decazes eine Mit⸗ theilung durch, die morgen früh im „ZJournal officiel“ er⸗ scheinen und diesen Anschuldigungen entgegentreten soll. Das Gerücht, Martel wolle das Justiz⸗Ministerium wieder abgeben, wird als grundlos bezeichnet. Rouher ist heute Morgen aus Italien wieder in Paris eingetroffen. Die im Lande verbreiteten Gerüchte von der gänzlichen Aussöhnung der Orleans mit dem Grafen Chambord werden in hiesigen politischen Kreisen für grundlos gehalten. Der Präfekt in Lyon hat einen Ausschuß er⸗ nannt, der die Ursachen erforschen soll, die zu der jetzigen Stockung der Seidenarbeit geführt haben, und der zu⸗ gleich die eingehenden Unterstützungsgelder unter die Arbeiter vertheilen soll.

Versailles, 9. Februar. (W. T. B.) In der De⸗ putirtenkammer erklärte heute der Minister des Auswär⸗ tigen, Herzog Decazes, auf eine Anfrage Gambetta's, die aus der jüngsten Zeit herrührende diplomatische Kor⸗ respondenz sei zum Druck gegeben und werde demnächst zur Vertheilung gelangen. Der Conseilpräsident Simon nahm im Laufe der Sitzung und mit Rücksicht auf mehrere gegen den Minister des Auswärtigen gerichtete Angriffe Anlaß, zu er⸗ klären, daß irgend welche Meinungsverschiedenheit im Kabinetsconseil nicht bestehe, vielmehr unter allen Kabinets⸗ mitgliedern das vollständigste Einvernehmen herrsche. Die Deputirtenkammer und der Senat haben sich bis nächsten Donnerstag vertagt.

Spanien. Madrid, 7. Februar. Zeitungen melden, daß die Wahlen für die Generalräthe am 3. März stattfinden werden, und daß die Räthe am 21. zu⸗ sammentreten sollen. Die Cortes werden Ende April ihre Arbeiten wieder aufnehmen.

9. Februar. (W. T. B.) Der König hat einer Meldung des „Tiempo“ zufolge ein Dekret unterzeichnet, durch welches der Senat aufgelöst wird und Neuwahlen angeordnet werden. Das Dekret wird demnächst im amt⸗ lichen Blatte erscheinen.

Italien. Rom, 7. Februar. Die Deputirtenkam⸗-⸗ mer hat den Gesetzentwurf genehmigt, welcher die Schuld⸗ haft abschafft.

Türkei. Konstantinopel, 8. Februar. Wie der „Pol. Korr.“ mitgetheilt wird, begegnen in diplomatischen Kreisen alle auf eine angebliche Verwicklung Midhat Paschas in ein Komplot gegen den Sultan Bezug nehmenden Versionen den allergrößten Zweifeln. Auch bezweifelt man, daß über⸗ haupt ein Komplot existirt habe. Man betrachtet die Ver⸗ bannung Midhat Paschas als eine zeitweilige.

London, 9. Februar. (W. T. B.) Unter der diplo⸗ matischen, dem Parlamente vorgelegten Korrespondenz befindet sich auch eine Depesche des Marquis Salisbury an Graf Derby, welche vom 23. November

Die

über des Marquis Audienz bei dem Deutschen

daß irgend eine Begründung für die in Umlauf gesetzten Ge⸗ rüchte von Midhats Verschwörung vorhanden sei. Niemand klagt ihn aber noch des Verrathes an, es wird einfach behauptet, er sei abgesetzt worden wegen des gebieterischen Tones, den er gegen den Sultan angeschlagen, und wegen der rücksichtslosen Art und Weise, wie er die Reformen habe durchführen wollen. Edhem Pascha erklärte diesen Mor⸗ gen, er sei bereit, auf jedwede positive Bürgschaft Serbiens fanverzichten, wenn Frieden unmittelbar geschlossen werden ollte.

„— Die kretensische Frage tritt neuerlich in den Vordergrund. Aus Konstantinopel schreibt man in dieser Beziehung der „Polit. Korr.“: Es ist Thatsache, daß unter der christlichen Bevölkerung der Insel Kreta bedeutende Auf⸗ regung herrscht und wieder zahlreiche Versammlungen abge⸗ See werden, die für Denjenigen, der dieses Land genau ennt, niemals etwas Gutes bedeuten. Der Geheimbund der „Adelphopiiti“ läßt viel von seiner Thätigkeit verspüren, und geht namentlich die Bewegung von den Gebirgsortschaften von Apokorona aus, von wo sie sich auch dem flachen Lande bereits mitgetheilt hat. Christen und Mohamedaner stehen einander in den Städten der Insel wieder sehr gespannt gegenüber. Di b

Pforte ist von diesem Zustande bereits benachrichtigt und

6 e F. 8 2 2 8 sorgt, daß der brüske Charakter Moukhtar Paschas, des neuen General⸗Gouverneurs der Insel, den Ausbruch des unter

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der Asche glimmenden Feuers beschleunige. (Dies scheint auch der Grund zu sein, daß die Pforte neuestens Moukhtar Pascha auf Kreta durch Samih Pascha ersetzt hat.) Inzwischen hat die Pforte die guten Dienste der griechischen Regierung zur Beschwichtigung der Gemüther der Kandioten in Anspruch ge⸗ nommen und hat der griechische Gesandte Konduriotis in

Konstantinopel dem Großvezier versprochen, den Notabeln der Insel telegraphisch zu rathen, sich ruhig zu verhalten.

Noch immer ist es die Revision des organischen Gesetzes der Insel welche die Bevölkerung anstrebt, und um deren Willen sie sich abermals so erregt zeigt.

Salonichi, 24. Januar. Die hiesige Vilajetsregierung erhielt von Konstantinopel den Befehl, gewisse Be⸗ festigungsarbeiten im Hafen zur Ausführung zu bringen. Genie⸗Offiziere sind bereits hier eingetroffen und werden die Arbeiten unter der Leitung des General⸗ Gouverneurs Eschref Pascha selbst, der den Rang eines Divisions⸗Generals im Generalstabe bekleidet, ausgeführt werden. Die Regierung beabsichtigt übrigens durchaus nicht, sich hiebei in Unkosten zu versetzen, sondern die bestehende Verordnung betreffs Ausführung von Arbeiten von öffent⸗ lichem Interesse in Anwendung zu bringen. Hienach ist jeder Einwohner gehalten, drei Tage selbst zu arbeiten oder einen Ersatzmann zu stellen. Es ist dies eine Art maskirter Robot, die trotz Verfassung und aller vorausgegangener Dekrete in der Türkei noch lange nicht aufgehoben ist.

Semlin, 7. Februar. Dem W. ‚Fremdenbl.“ wird von hier gemeldet: Pertew Effendi ist von dem neuen Großvezier als Bevollmächtigter der Pforte zum Abschluß des Friedens auf Grund der Bedingungen, deren Ueberbringer er ist, bestätigt worden. Diese Bedingungen sind in fünf Punkten enthalten, die bereits bekannt sind und die von Serbien

Rumänien. Bukarest, 9. Februar. (W. T. B.) Als Programm des wieder in das Kabinet eingetretenen Ministers Stourdza wird eine starke Reduktion der Militärausgaben, die Erhöhung der Grundsteuer, der pro⸗ gressive Verkauf der unbelasteten Staatsgüter und die Her⸗ stellung des Gleichgewichts im Budget von 1877 bezeichnet.

Wie der „Pol. Korr.“ theilweise abweichend von der

als annehmbar betrachtet werden.

eingetroffenen telegraphischen Meldung über das rekonstituirte

rumänische Ministerium authentisch mitgetheilt wird,

ist dasselbe nunmehr in folgender Weise zusammengesetzt

Conseils⸗Präsident und Minister des Innern: Joan Bratiano Finanz⸗Minister: Demeter Stourdza; Justiz⸗Minister: Joan

Campineano; Minister der öffentlichen Arbeiten: Joan Docan datirt, Ministen des Aeußern: Jonesco; Unterrichts⸗Minister: Chitzu; Kriegs⸗Minister: Slaniceano.