1877 / 37 p. 1 (Deutscher Reichsanzeiger, Mon, 12 Feb 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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Richtamtliches. Deutsches Reich.

Preußen. Berlin, 11. Februar. In der gestrigen Sitzung des Herrenhauses war der zweite Gegen⸗ stand der Tagesordnung die einmalige Schlußberathung über den Staatsvertrag vom 11. Mai 1875, betreffend die Grenzregulirung zwischen Preußen und der Freien Hansestadt Hamburg, bezüglich der zwischen der Bleicher⸗ und der Jägerstraße belegenen Terrains. Der Referent, Herr von Neumann, empfahl die unveränderte Annahme der Fassung der Regierungsvorlage. Dagegen beantragte Graf zur Lippe, die Vorlage an die Justiz⸗Kommission zu ver⸗ weisen. Der Regierungs Kommissar, Geh. Ober⸗Regierungs⸗ Rath Dr. Forch erklärte sich gegen diesen Antrag, ebenso auch 5 Dr. Dernburg, während Herr Wilkens denselben efürwortete. Der Antrag des Grafen zur Lippe wurde schließlich angenommen. Es folgte die einmalige Schluß⸗ berathung des Rechenschaftsberichts über die weitere Aus⸗ führung des Gesetzes vom 19. Dezember 1869, betreffend die Konsolidation preußischer Staatsanleihen. Der Referent raf v. d. Schulenburg⸗Angern empfahl, die vorgeschriebene Rechen⸗ schaft durch den Bericht des Finanz⸗Ministers als geführt anzuerkennen, und das Haus trat ohne Diskussion diesem Antrage bei. Der nächstfolgende Gegenstand war die Be⸗ rathung und Beschlußfassung über die geschäftliche Behandlung des eingegangenen Gesetzentwurfs, betreffend die Auflösung des Lehnsverbandes der dem Sächsischen Lehnrechte, der Magdeburger Polizeiordnung und dem Longobardischen Lehnrechte, sowie dem allgemeinen Preußischen Landrechte unterworfenen Lehne in der 2 ; I —₰½ Rhr36 Sorz Nati! ampfgh Provinz Sachsen. Der Präsident, Herzog von Ratibor, empfahl, die Vorlage zur Vorberathung an die Justizkommission zu verweisen, Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf war mit

diesem Vorschlag nicht einverstanden und beantragte, das Ge⸗ setz einer besonderen Kommission von 15 Mitgliedern zu überweisen. Nachdem sich Graf Rittberg gleichfalls für die letztere Ansicht ausgesprochen, wurde der Antrag von der Majorität angenommen.

Der folgende Gegenstand der Tagesordnung, die zweite Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Befähigung für den höheren Verwaltungsdienst, wurde auf Wunsch des Mi⸗ nisters des Innern, Grafen zu Eulenburg, dessen Anwesenheit im Abgeordnetenhause wegen der Berathung des Etats des Ministeriums des Innern geboten war, von der Tagesord⸗ nung abgesetzt. Es folgte der mündliche Bericht der Kom⸗ mission für kommunale Angelegenheiten über die Petition der Stadtverordneten⸗Versammlung zu Aachen wegen Abänderung der rheinischen Städteordnung vom 15. Mai 1856. Der Be⸗ richterstatter Herr Bitter beantragte Uebergang zur Tages⸗ ordnung, und das Haus trat diesem Antrage ohne Dis⸗ kussion bei.

HKieran schloß sich der mündliche Bericht der Justiz⸗Kom⸗ mission über den Gesetzentwurf, betreffend die Amortisation (Mortifikation) von Aktien und auf Inhaber lautenden Schuld⸗ verschreibungen der Aktiengesellschaften in der Provinz Schleswig⸗ Holstein. Der Berichterstatter Dr. Henrici stellte den Antrag, der Ueberschrift des Gesetzentwurfs folgende Fassung zu geben: „Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Kraftloserklärung 8 (Amortisation, Mortifikation) von Aktien und auf Inhaber 8 lautenden Schuldverschreibungen der Aktiengesellschaften in

der Provinz Schleswig⸗Holstein.“

Ferner beantragte derselbe Berichterstatter: die 8§. 1 bis 3 unverändert nach der Vorlage, ebenso auch die §§. 5 bis? anzunehmen, dagegen dem §. 4, welcher nach der Regierungs⸗ vorlage lautet:

„Der Antragsteller hat zur Begründung des Antrags: 1) eine

Abschrift der Urkunde beizubringen oder den nesentlichen Inhalr der Urkunde und dabei Dasjenige anzugeben, was zur Erkennbar⸗ keit derselben beizutragen vermag; 2) den Verlust der Urkunde, sowie diejenigen Thatsachen glaubhaft zu machen, von welchen seine Berechtigung abhängt, das Aufgebotsverfahren zu beantragen; 3) sich zur eidlichen Versicherung der Wahrheit seiner Angaben zu 8 .= b olgende Fassung zu geben: 8

3 „Der hat zur Begründung des Antrags:

weder eine Abschrift der Urkunde beizubringen oder den wesent⸗ lichen Inhalt der Urkunde und Alles anzugeben, was zur voll⸗

ständigen Erkennbarkeit derselben erforderlich ist; 2) den Verlust

der Urkunde, sowie diejenigen Thatsachen glaubhaft zu machen, von welchen seine Berechtigung abhängt, das Aufgebotsverfahren zu beantragen; 3) sich zur eidlichen Versicherung der Wahrheit seiner Angaben zu erbieten.“ MNach einer kurzen Bemerkung des Grafen zur Lippe wurden biese Anträge vom Hause angenommen.

Der letzte Gegenstand der Tagesordnung war der münd⸗ liche Bericht der Petitionskommission über verschiedene Pe⸗ titionen.

Schließlich wurde auf Vorschlag des Grafen zur Lippe an Stelle des Grafen Udo zu Stolberg⸗Wernigerode, welcher sein Amt als Schriftführer des Hauses niedergelegt hatte, der Graf Borcke durch Akklamation zum Schriftführer des Hauses gewählt.

er Präsident schloß sodann um 4 Uhr die Sitzung und theilte mit, daß in der nächsten Woche voraussichtlich keine Sitzungen des Hauses stattfinden würden, und daß er, sobald genügendes Material vorliegen würde, zur nächsten Sitzung einladen werde.

Nachdem in der gestrigen Sitzung des Hauses der

Abgeordneten zu dem Etat der Staatsbahnen der Han⸗ dels⸗Minister Dr. Achenbach auf die Ausführungen der Abgg. Richter (Lagen) und von Rauchhaupt, betreffend die Tarif⸗ sätze bei Eisenbahntransporten, erwidert, ergriffen noch die Abgg. Dr. Löwe und Dr. Meyer (Breslau) das Wort, worauf nach einigen persönlichen Bemerkungen der Etat der Staats⸗ bahnen unverändert genehmigt und folgender Antrag des Pön. Dr. Hammacher an die Budgetkommission verwiesen wurde:

„Die Staatsregierung aufzufordern, die aus Anlaß des Bundes⸗ rathsbeschlussets vom 11. Juni 1874 eingeführten Gütertarif⸗ erhöhungen im ganzen Umfange aufzuheben und die desfallsige den Privatbahnen ertheilte Ermächtigung zurückzuziehen.“

Schluß 4 ¼ Uhr. Nächste Sitzung Montag 11 Uhr. 8

Im Einverständnisse mit dem Minister des Innern hat der Justiz⸗Minister die Justizbehörden veranlaßt, im Interesse der Kostenersparniß von der Einforderung ärzt⸗ licher Befundscheine über den Gesundheitszustand der auf den Transport zu bringenden Gefange⸗ nen in Zukunft abzusehen, Falls ein ausreichender Anhalt zur Entscheidung der Frage, ob der Gefangene als transport⸗ fähig, bezw. zum Fußtransport geeignet zu erachten ist, in den Wahrnehmungen der hierüber zur Aeußerung außzufor⸗

vereint mit der Nation, dieses Recht vertheidigt.

dernden Beamten dargeboten wird. Ebenso sind ärztliche Be⸗ fundschein⸗ über den Gesundheitszustand ꝛc. oder die Arbeits⸗ 42 in Ansehung der aus dem Gefängnisse des Gerichts an den Strafverbüßungsort abzuführenden Verurtheilten in Rücksicht auf die Vorschrift in §. 566 der Kriminal⸗Ordnung und der im Sinne derselben ergangenen reglementarischen Bestimmungen nur dann zu erfordern, wenn die Wahrneh⸗ mungen der Gefängnißbeamten oder die Behauptungen der Gefangenen Anlaß zu näheren Ermittelungen darüber geben, ob der Aufnahme des Verurtheilten in die Strafanstalt Be⸗ denken entgegenstehen könnten. Sollte sich bei der Ablieferung eines Verurtheilten in eine Strafanstalt zeigen, daß Grund vorhanden ist, die Aufnahme desselben auszuschließen, so wird die Direktion der Anstalt der die Strafvollstreckung betreibenden Behörde hierüber behufs der weiteren Ver⸗ anlassung Mittheilung machen, den Verurtheilten selbst aber behufs Vermeidung des Rücktransports vorläufig in das nächste zur Unterbringung geeignete Gerichtsgefängniß ver⸗ weisen. Behufs der Kostenersparniß hat außerdem der Minister des Innern die Transportbehörden angewiesen, die auf dem Transport befindlichen Gefangenen, deren ärztliche Unter⸗ suchung erforderlich wird, den Aerzten und namentlich den⸗ jenigen, welche nicht Medizinalbeamte sind, soweit als thunlich in ihrer Behausung vorführen zu lassen. 8

Die an einem öffentlichen Orte verübte Belei⸗ digung ist nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 24. Januar 1877 nur dann als eine öffentliche Beleidi⸗ gung, welche dem Beleidigten die Besugniß gewährt, die Ver⸗ urtheilung auf Kosten des Beleidigers öffentlich bekannt zu machen (§. 200 Str. G. B.), zu betrachten, wenn sie von anderen Personen, als den Beleidigten, unbestimmt von welchen und wie vielen, wahrgenommen werden konnte.

Württemberg. Stuttgart, 10. Februar. (W. T. B.) Der „Staats⸗Anzeiger“ bringt eine Erklärung, wonach die sich in einigen Blättern findende Behauptung, daß die württem⸗ bergische Regierung die Gründung einer bundesstaat⸗ lichen Fraktion im Reichstag begünstige, jeder Begrün⸗

Hesterreich⸗uUngarn. Pest, 10. Februar. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Unterhauses motivirte nach Verlesung einer Zuschrift des Ministerpräsidenten Tisza, in welcher mitgetheilt wird, daß das Ministerium seine De⸗ mission gegeben und daß der Kaiser dieselbe am 8. d. M. an⸗ genommen, Tisza persönlich dieses Entlassungsgesuch uUnd konstatirte unter Rekapitulation der ganzen Ausgleichsver⸗ handlungen, daß letztere bei der Frage wegen Kon⸗ stituirung des Zentralorgans der Nationalbank ge⸗ scheitert seien. Die ungarische Regierung sei hierbei Anforderungen begegnet, welche sie nach ihrer Ansicht ohne Schädigung des staatlichen Ansehens nicht hätte acceptiren können. Sie habe demnach versuchen müssen, ob sie nicht die Errichtung einer selbständigen Bank in Angriff nehmen konnte. Niemand habe das Recht des Landes hierzu angezweifelt und wenn dies geschehen wäre, so hätte der König von Ungarn, Allein die Bedenken des um das Wohl der Monarchie und des Landes be⸗ sorgten Fürsten seien so groß gewesen, daß das Ministerium dieselben nicht habe beseitigen können. Die Regierung habe daher ihre Entlassung gegeben und ersuche das Haus die Sitzungen zu suspendiren, bis der Kaiser bezüglich der neuen Regierung Anordnungen getroffen habe. Die Entscheidung werde nicht lange ausbleiben, da der König schon heute mit mehreren, in allgemeiner Achtung stehenden Persönlichkeiten konferirte. Die Sitzungen wurden hierauf vertagt.

Spanien. Madrid, 10. Februar. (W. T. B.) Das nunmehr publizirte Königliche Dekret, wodurch der Senat aufgelöst wird, setzt die Neuwahlen auf den 5. April an.

Griechenland. Athen, 10. Februar. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer hat gestern die Berathung über das Ordinarium des Kriegsbudgets begonnen. Im Laufe der Debatten erklärte der Ministerpräsident Comunduros, daß die getroffenen militärischen Vorbereitungen nothwendig seien. Eine Verlängerung der Kammerarbeiten nach der Er⸗ ledigung des Budgets wäre erforderlich. Endlich betonte der Minister, daß das Interesse des Landes sowie die Politik des Ministeriums, welche auf Aufrechterhaltung der Neu⸗ tralität Griechenlands gerichtet seien, für die Ruhe in den angrenzenden Provinzen bürgten.

Türkei. Der „Köln. Ztg.“ wird unterm 10. Februar aus Wien gemeldet, Savfet⸗ ascha habe ein neues Rund⸗ schreiben an die Vertreter der Pforte im Auslande erlassen. In demselben werde den Vertretern der Pforte mitgetheilt, daß auf Befehl des Sultans die Wahlen zum Parlament und der Zusammentritt des letzteren beschleunigt werden sollen.

Wie der „Politischen Korrespondenz“ aus Belgrad gemeldet wird, haben bis jetzt drei Konferenzen zwischen dem Ministerpräsidenten Ristitsch und dem Ver⸗ treter der Pforte, Pertew, stattgefunden. In denselben sei über folgende Punkte der Seitens der Pforte für die Ver⸗ handlungen aufgestellten Grundlagen: Die Salutirung der türkischen Flagge, die Erhaltung der serbischen Festungen gemäß dem Ferman von 1867, die Verpflichtung der serbischen Regierung, die Bildung bewaffneter Banden auf serbischem Gebiete und deren Uebertritt auf türkisches Gebiet zu ver⸗ hindern, volle Einigung erzielt worden. In Bezug auf die übrigen Punkte hole Pertew weitere Instruktionen von seiner Regierung ein, welche voraussichtlich heute oder morgen ein⸗ treffen würden. Nach der Feststellung der Präliminarien dürfte Philipp Christits sich mit zwei Sekretären zu den de⸗ finitiven Friedensverhandlungen nach Konstantinopel begeben.

Ueber eine der wichtigsten administrativen Maßregeln, welche Sultan Abdul Hamid in Folge der Entfernung Midhat Paschas vom Posten eines Großveziers zu ergreifen gezwungen sein dürfte, schreibt dem W. „Fremdenbl.“ einer seiner Wiener Korre⸗ spondenten aus diplomatischen Kreisen: „Eine der traurigsten Erb⸗ schaften, welche die Herrscher aus der Dynastie Osman, von den Khalifen her, übernommen hatten, war gewiß die Institution des Großveziers (Sadr Azam). Eingeführt wurde die Institutien des Großvezierats schon unter den allerersten Khalifen, die es für unpassend fanden, als geistliche Oberhäupter der Gläubigen und als deren Anführer im Kriege, sich auch noch mit der inneren Verwaltung des Reiches und seiner Finanzen zu be⸗ schäftigen. Sie vertrauten daher die Administration ihrer Länder, ebenso auch die Steuer⸗Ausschreibung und die Eintreibung derselben einem Minister an, den sie „Emir⸗el⸗Omrah“ (Fürst der Fngelegen⸗

heiten) nannten. Später, als das Khalifat nach Bagdad verlegt

wurde, und die Khalifen aufingen, sich einem sybaritischen Leben hin⸗ zugeben, ward die Macht diesegerElich. nen sothe 25 ö weitert, denn er erhielt zu seinen früheren Würden auch noch das Oberkommando der Armee in seine Hände, wodurch derselbe im Reiche der Khalifen eine ähnliche Stellung gewann, wie die des Mayordomus im fränkischen Reiche. Nach dem Aufhören des Kha⸗ lifats 1258 und der Besitzergreifung der meisten seiner Länder durch die Osmanen, stellten auch deren Fürsten für die Zwecke der politi⸗ schen Verwaltung und der Finanzen einen obersten Staatsbeamten auf, der dieselbe Macht besaß, wie der „Emir⸗el⸗Omrah“ unter den Khalifen, nur mit dem Unterschiede, daß die Oberleitung der Armee nicht mehr in seinen Händen, sondern in denen der Fürsten selbst ruhte. Auch nannte man ihn nicht mehr „Emir⸗el⸗Omrah“ sondern „Sadr Azam“ (mächtige Brust), da er nur die „Brust“ im Verwaltungskörper des Reiches darstellte, während der Souverän das ö. derselben bildete. Später, besonders aber nach der Einnahme Adrianopels, als das osmanische Reich eine große Ausdehnung ge⸗ wonnen hatte, so daß es für einen Beamten allein fast gänzlich un⸗ möglich wurde, alle Staatsgeschäfte gehörig besorgen zu können, gesellte sich derselbe mehrere Kollegen bei, mit denen er seine Macht theilte wodurch also die verschiedenen Ministerien entstanden. Die Minister waren jedoch gewöhnlich nur die Kreaturen des Großveziers, da er sie ernennen und auch absetzen konnte. Auch präsidirte er immer dem Ministerrathe, während der Sultan sich in einem Nebengemache befand und nur durch ein vergittertes und behängtes Fenster das an⸗ hörte, worüber seine Minister beriethen. Der erste Padischah, der persönlich seinem Ministerrathe zu präsidiren pflegte, war der große Reformator Mahmud II., der Großvater des jetzigen Sultans Heute ist die Macht eines Großveziers zwar schon sehr beschränkt, aber noch immer ist sie groß genug, um den Sultanen unter Um⸗ ständen gefährlich werden zu können. Sultan Abdul Hamid wird der osmanischen Nationalversammlung gleich nach ihrem Zusam⸗ mentritte wahrscheinlich auch ein Gesetz vorlegen lassen, wodurch die Würde des Großveziers entweder gänzlich aufgehoben oder noch weiter beschränkt werden wird. Edhem Paschas Großvezierat würde also den Uebergang von einem alten zi einem gan neuen System bilden. Wahrscheinlicher ist jedoch, daß an Stelle der Großveziere ein JETö treten wird.“ 88 Von der kroatisch⸗türkischen Grenze schreibt mar

„Pol. Korr.“, daß die Flüchtlingszüge aus Zeit wieder zunehmen. Bei Seb, nächst der Unna⸗Quelle, sind in der zweiten Hälste des Januar gegen 2500 bosnische Christen aus dem Inneren Bosniens herübergeflohen. Dieselben waren längere Zeit in den Gebirgen von Caroljevica, Ljepina und Germece von den Türken eingeschlossen. Erst jetzt ist es ihnen gelungen, herüber⸗

zufliehen. Diese Flüchtlinge sehen äußerst herabgekommen aus Zund

haben selbst das Nothdürftigste nicht retten können. Der Fanati

1 4 glte . 3 Uc . aüne ismu der Türken kehrt sich nun auch gegen die Katholfkenn und sind diese nicht nur mit unerhörten Steuern und Abgaben und unentgelt⸗

licher Zwangsarbeit bedrückt, sondern es wird ihnen sogar auch ihr

Hab und Gut einfach weggenommen. Seit Weihnachten sind diese Bedrückungen und Requisitionen zu förmlichen Verfolgungen aus⸗ geartet und heute dringen die Türken bereits gewaltthätig in die Häuser der bisher zumeist verschont gebliebenen Katholiken plündern daselbst und mißhandeln Jeden, der sich ihrem Treiben widersetzt. Der Katholik Stipo Zunics, aus Stara⸗Rieka, wurde bei einem solchen Ueberfalle von den Türken nach gräßlichen Mißhandlunge enthauptet. Ein gleiches Schicksal erlitten Matya Tokmadjics un Imbro Koljenovics. In solcher Weise des Eigenthums beraubt un des Lebens nicht sicher, fliehen die Christen gruppenweise von Ver 18— Ku⸗Verftece ünd spähen. nach einer Gelegenheit, herüberzukommen vesh ür die nächste Zeit noch größere Uebertritte von Katholiken beharh für bien⸗ s h größere Uebertritte von Katholiken

Nußland und Polen. St. Petersburg, 10. Februar.

(W. T. B.) Nach einer Mittheilung der Redaktion des „Golos“

ist die Verordnung des Ministers des Innern, welche den Einzelverkauf des „Golos“ ¹

und wegen eines Leitartikels über das Gerichtswesen in der 88 n2 Hlswe in der Nr. 22 des Blattes erfolgt.

Amerika. Washington, 10. Februar. (W. T. B.) Der von der Majorität der Kommission des 8 räsen tantenhauses zur Untersuchung der Wahlen in Loui siana erstattete Bericht konstatirt, daß die demokratischen Wahlmänner als legal gewählt und die Entscheidung d Kontrolcomités als nicht vorhanden zu betrachten sei. Die Minorität der Kommission behauptet dagegen in ihrem Be⸗ richte, daß die republikanischen Wahlmänner als gewählt an zusehen seien und beschuldigt die Demokraten der Gewalt thätigkeit und der Wahlfälschung. 8

Statistische Nachrichten.

In Schweden werden, nach Mittheilungen der „Post 1 8

Inr.⸗Tid.“, gegenwärtig 295 Blätter und Zeitschriften heraus⸗ gegeben, von welchen 95 in Stockholm räcsten beang⸗ Gothenburg, 13 in Upsala und 9 in Malmö und Linköping heraus⸗ gegeben werden. Von diesen 295 sind 200 Zeitungen, die übrigen Zeit⸗ schriften, Gesetzsammlungen u. drgl.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Aus Rom wird der „Times“ unterm 22. v. M. gemeldet: „Eine numismatische Entdeckung, an Bedeutung fast ohne Beispiel dastehend, ist in der Nähe von Verona gemacht worden. Es sind zwei große Amphoren gefunden worden, die nicht weniger als zwei Centner Münzen des Kaisers Gallienus und seiner Nach⸗ folger innerhalb der ihrer Regierung folgenden hundert Jahre ent⸗ halten. Die Zahl der Münzen wird auf 50,000 bis 55,000 geschätzt darunter mehr als 4000 aus der Zeit des Kaisers Probus. Die meisten aus Bronze, aber es befinden sich darunter auch einige silberne, andere aus versilberter Bronze (subaeratae). Sie sind alle sehr gut erhalten und mit Ausnahme derjenigen des Gallienus die ein wenig abgenutzt sind, so frisch aus der Münze, daß es scheint, sie seien niemals im Umlauf gewesen. Die Entdeckung ist von dem Minister für den öffentlichen Uuterricht für wichtig genug erachtet worden, um Signor Piganini speziell nach Verona zu senden, damit er einen Bericht darüber erstatte. Die schönsten Exemplare sollen einen Platz im Museum zu Verona finden und die übrigen entweder mit anderen Museen ausgetauscht oder, je nachdem darüber ent⸗ schieden werden wird, verkauft werden.“ C16“ 8

Gewerbe und Handel. 16

Wien, 11. Februar. (W. T. B.) Der „Presse“ zufolge ist die von dem ungarischen Finanz⸗Minister Szell mit begegist h⸗ schild⸗Kreditanstalt⸗Gruppe eingeleitete neue Fnfn operation dem Abschlusse nahe. Dieselbe betrifft einen Vorschuß auf Prioritäten der Eisenbahn⸗Investirungs⸗Anleihe.

Verkehrs⸗Anstalten.

New⸗York, 10. Februar. (W. T. B.) Der Dampfer „Helvetia von der kational⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Mes⸗ singsche Linie) ist hier eingetroffen. .

Redacteur: F. Prehm.

verbietet, wegen eines Feuilleton⸗Artikels über das Schulwefen in der Nr. 19

für d

8 Zhesa für den Raum einer Druckzeile 30

as Vierteljahr.

Alle Post⸗Anstalten urhmen Bestellung an; 1v

2 HBerlin anßer den Post⸗Anstalten anch die Expe-

dition: SW. Wilhelmstr. Ro. 32.

n, Mantag,

2———

Deutsches Reich.

öeöööö111ö1..A“;

Mit Bezugnahme auf die in Nr. 5 des Reichs⸗Gesetz⸗ blattes verkündete Kaiserliche Verordnung vom 5. d. Mts., durch welche der Reichstag berufen ist, am 22. Februar d. Is. in Berlin zusammen zu treten, wird hierdurch bekannt ge⸗ macht, daß die Benachrichtigung über den Ort und die Zeit der Eröffnungs⸗Sitzung in dem Bureau des Reichstages, Leip⸗ zigerstraße Nr. 4, am 21. Februar in den Stunden von 9 Uhr

Morgens bis 8 Uhr Abends und am

von 8 Uhr ab, offen liegen wird. In diesem Bureau werden auch

22. Februar, Vormittags

die Legitimationskarten

für die Eröffnungs⸗Sitzung ausgegeben und alle sonst erfor⸗ derlichen Mittheilungen in Bezug auf dieselbe gemacht werden.

Berlin, den 12. Februar 1877. 84

Der Reichskaänzler. In Vertretung:

Hofmann.

Bekanntmachung,

betreffend die Gewichtsstücken, welche das

Eichung und Stempelung von

Normalgewicht und

das Passirgewicht des goldenen Fünfmarkstücks

angeben.

Vom 27. Januar 1877.

Zur Ergänzung der Vorschriften in dem Erlasse vom 31. Januar 1872, betreffend die Eichung und Stempelung der Goldmünzgewichte, (Beilage zu Nr. 12 des Reichs⸗Gesetz⸗ blattes) wird hierdurch Folgendes bestimmt: 6 3

Außer den in dem §. 1 des vorbezeichneten Erlasses auf⸗ geführten Gewichtsstücken werden ferner zur Eichung und

Stempelung zugelassen:

a. Gewichtsstücke, deren Schwere dem Normalgewicht des gooldenen Fünfmarkstücks (= 1,912 Gramm) gleich⸗

kommt;

p. Gewichtsstücke, deren Schwere dem Passirgewicht des

goldenen kommt.

Fünfmarkstücks (= 1,9753 Gramm) gleich⸗

Die Bestimmungen der §§. 2 bis 10 des Erlasses vom 31. Januar 1872 finden auf diese Gewichtsstücke C .

Anwendung mit der Maßgabe, daß dieselben nur

ann ge⸗

stempelt werden dürfen, wenn die Abweichung von der Soll⸗ schwere im Mehr oder Weniger nicht mehr als 2 Milligramm

beträgt. Berlin, den 27. Januar 1877.

Kaiserliche Normal⸗Eichungs⸗Kommission. 2

Foerster.

8 Elsaß⸗Lothringen.

Se. Majestät der Kaiser haben geruht, den Kam⸗ mer⸗Präsidenten Joseph Anton Wachter zu. Saargemünd in seiner bisherigen Eigenschaft an das Landgericht zu Straß⸗

burg zu versetzen.

Das 7. Stück des Reichs⸗Gesetzblatts, welches heute aus⸗

gegeben wird, enthält unter

Nr. 1168 die Bekanntmachung, betreffend die Ausgabe ver⸗

zinslicher Schatzanweisungen im B Vom 9. Februar 1877.

Kaiserliches Post⸗Ze

etrage von 8,000,000

Berlin, den 12. Februar 1877.

itungs⸗Amt.

Königreich Preußen. Se. Majestät der König haben Allergnädigst geruht:

dem Landrathe Stuertz zu Düren

en Charakter als

Geheimer Regierungs⸗Rath zu verleihen; und den früheren Kreisgerichts⸗Direktor Henen el in Magde⸗

burg zum Direktor des Kreisgerichts

in Wehlau zu ernennen.

Justiz-Ministerium.

Der Kreisrichter May

zu Rosenberg O.⸗S.

ist zum

Rechtsanwalt bei dem Kreisgericht in Friedeberg N.⸗M. und

zugleich zum Notar im Departemen zu Frankfurt a. O. Arnswalde; und

t des Appellationsgerichts

mit Anweisung seines Wohnsitzes in

der Referendar Bartholomäus aus Cöln zum Ad⸗ vokaten im Bezirk des Königlichen Appellationsgerichtshofes

zu Cöln ernannt worden.

Nichtamtliches.

Deutsches Preußen.

Berlin, 12. Februar.

Reich. Se. Mäajestät

der Kaiser und König begaben Sich gestern Mittag 12 ½ Uhr nach dem Schlosse zur Feier des Krönungs⸗ und Ordensfestes; nach der Rückkehr um 3 Uhr fand bei Aller⸗

höchstdenselben eine Conseil⸗Sitzung

statt.

Heute nahmen Se. Majestät der Kaiser den Vortrag des

Geheimen Civilkabinets entgegen un Freiherrn von Amelunxen, welcher,

d empfingen den Obersten bisher Chef des General⸗

stabes IV. Armee⸗Corps, zum Commandeur des 8. Ostpreußischen Infanterie⸗Regiments Nr. 45 grnannt worden ist und als solcher sich meldete.

Das Familiendiner fand gestern im Königlichen Palais statt.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz nahm am Sonnabend im Laufe des Vormittags militärische Meldungen entgegen und empfing den General à la suite Fürsten Anton Radziwill.

Gestern nahm Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit früh 8 Uhr den Vortrag des Geheimen Regierungs⸗Rathes von Brauchitsch aus dem Ministerium des Innern und um 11 Uhr die Meldung des Chefs des Generalstabs des IV. Armee⸗Corps, Oberst⸗Lieutenants von Wittich, entgegen.

Gegen 12 Uhr begaben Sich Ihre Kaiserlichen Hoheiten die Kronprinzlichen Herrschaften mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm zum Ordensfest in das Königliche Schloß.

Um 3 Uhr war Se. Kaiserliche Hoheit zu einer Conseil⸗ Sitzung bei Sr. Majestät dem Kaiser. Zum Familiendiner waren die Höchsten Herrschaften mit Sr. Königlichen Hoheit dem Prinzen Wilhelm bei den Majestten.

Die vereinigten Ausschüsse des Bundesraths für Handel und Verkehr und für Justizwesen, sowie der Aus⸗ schuß für Justizwesen hielten heute Sitzungen.

Dem Bundesrath ist der Etat der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung auf das Etatsjahr 1877/78 vorgelegt worden.

Nach dem in der Saere des Bund n vom 6. Dezember v. J. gefaßten Beschluß sollen bem Kaiserlichen statistischen Amt behufs Aufstellung der monatlichen Han⸗ delsausweise die Konzepte der von den Hauptämtern ge⸗ fertigten Monats⸗Nachweisungen spätestens bis zum 15. des auf die Anschreibung folgenden Monats, für den Monat De⸗ zember jedoch mit Rücksicht auf den Jahresschluß ausnahms⸗ weise erst am 20. Januar jedes Jahres zugestellt wer⸗ den. Das Kaiserliche Statistische Amt hat darauf auf⸗ merksam gemacht, daß mit Rücksicht auf die Ver⸗ legung des Etatsjahres eine anderweitige Regelung dieser Termine dahin angezeigt erscheine, daß die Hauptämter ferner⸗ hin nicht mehr im Januar, sondern im April jedes Jahres, als dem auf den Schlußmonat des Etatsjahres folgenden Monat, die bezeichneten Nachweisungen ausnahmsweise erst am 20. einzusenden hätten. Nachdem der Bundesrath in der Sitzung vom 20. Dezember v. J. genehmigt hat, daß in der laufenden vierteljährlichen Etatsperiode der Abschluß der Bücher Seitens der Unterämter erst am 31. März stattzufinden habe, und da der Erlaß einer gleichen Anordnung für die künftigen Etatsperioden zu er⸗ warten ist, so hat der Bundesrath in seiner Sitzung vom 1. d. M. dem Antrage des Kaiserlichen Statistischen Amtes entsprechend, die Bestimmung, wonach die den Monat Dezem⸗ ber umfassenden Uebersichten des Waarenverkehrs ausnahmsweise erst am 20. Januar jedes Jahres dem Kaiserlichen Statistischen Amt zuzustellen sind, für die Zukunft dahin abgeändert, daß die den Monat März umfassenden Uebersichten ausnahmsweise erst am 20. April jedes Jahres dem Kaiserlichen Statistischen Amt zuzustellen sind.

In der Sitzung des Hauses der Abgeordneten am 10. d. M. nahm in der Diskussion über den Etat der Eisenbahnverwaltung der Handels⸗Minister Dr. Achen⸗ bach nach dem Abg. Dr. Hammacher wie folgt das Wort:

Einige Ausführungen des Herrn Vorredners nöthigen mich zu einer sofortigen Erwiderung. 1 b b

Zunächst will ich, was meinen eigenen Standpunkt betrifft, hier aussprechen, daß der Eisenbahnetat, wie er Ihnen vorliegt, von mei⸗ ner Seite weder für ein Zeichen des wieder aufwachenden Verkehrs angesehen werden kann, noch als ein Zeichen dafür, daß wir gegenwärtig mit einem Defizit wirthschaften. Der Etat ist mit Vorsicht aufgestellt, nach Lage derjenigen Verhältnisse, welche bestanden, als man diese Arbeit vollzog. Sie selbst werden sich durch die Einsicht des Etats überzeugt haben, wie bei der Einnahme gegenüber dem Jahre 1875 für die älteren‚Bahnen sogar erhebliche Absätze gemacht sind, und daß im Wessentlichen die Mehreinnahme, welche der Etat aufweist, auf die neuen Strecken, welche wir erworben haben, zurückzuführen ist, wozu in erster Linie die Halle⸗Casseler Bahn gerechnet werden 8; 8

Auf der anderen Seite führt der Herr Referent mit Recht an, daß auch der gegenwärtige Eisenbahnetat sehr wesentliche Ver⸗ ringerungen der Ausgabe nachweist; denn wenn Sie berücksichtigen, daß nicht unbedeutende Strecken zu dem bestehenden Eisenbahnnetze hinzugetreten sind, so muß die geringe Vermehrung der Ausgaben in der That zeigen, daß man bestrebt gewesen ist, soweit es die Sach⸗ lage zuließ, die Ausgaben zu ermäßigen. Wenn Sie das gegenwärtige Jahr bezüglich der Ausgaben mit den früheren Jahren, beispielsweise mit 1874 vergleichen, so ist die Richtigkeit meiner Angabe gewiß nach jeder Richtung hin zu konstatiren. Im Jahre 1874 hat die wirkliche Ausgabe noch 122,357,000 betragen, während wir jetzt in unserem Etat die Ausgaben trotz der Erweite⸗ rung des Eisenbahnnetzes auf 108,952,000 vekanschlagt haben, und wir sind in dieser Richtung nicht ohne ausreichende Grundlage vorgegangen, indem wir die wirklichen Ausgaben der letzten Zeit zu unserem Anhalte gemacht haben. Allerdings ist hiernach die verhältniß

mäßig günstigere Lage des Eisenbahnetats zu einem großen Theil durch

die Oekonomie herbeigeführt, welche bei den Ausgaben obgewaltet hat. Dies betont auch der Herr Vorredner. Ich glaube aber, gerade

diese Thatsache sollte ihn zu einer gewissen Vorsicht in Betreff der Tarife der Eisenbahnen auffordern. Wenn er selbst aufführt und anerkennt, daß bei dem geringen Verkehr, wie er heut zu Tage besteht, auf eine Zunahme der Einnahmen wenig zu rechnen ist, so steht mit dieser Ausführung der Vorschlag, die Einnahme generell noch weiter herabzusetzen, nicht im Einklange. Es scheint mir immer⸗ hin eine nicht unbedenkliche Manipulation zu sein, der Regierung eine derartige Maßregel in Pausch und Bogen zu empfehlen.

Meine Herren! Stehe ich denn grundsätzlich dem Gedanken entgegen, daß mit Rücksicht auf die ungünstigen Verkehrsverhältnisse die Staats⸗ regierung auf eine möglichst billige Tarifstellung hinzustreben hat? Ich glaube, das wird Niemand in diesem hohen Hause behaupten können, und wenn der Herr Vorredner hervorhob, daß es ihm nicht bekannt geworden sei, ob Seitens der Königlichen Staatsregierung in der angedeuteten Richtung gewirkt worden sei, so glaube ich doch, daß es bekannt geworden sein muß, wie gerade Seitens des Handels⸗Ministeriums eine energische Thätigkeit behufs Ermäßigung der Tarife entwickelt ist. Ich muß allerdings

bekennen, daß ich bisher keine Veranlassung genommen habe, mit gegen die Privatbahnen vorzugehen, aber auch der

err Vorredner wird sich einzelner Fälle erinnern, in denen durch die Vermittelung des Handels⸗Ministeriums wesentliche Erleichterun⸗ gen in den Tarifsätzen bei Privatbahnen erzielt worden sind. Ich weiß sehr wohl, daß es beispielsweise unseren Bemühungen nicht allein zu danken ist, wenn heut zu Tage die Kohlen nach Hamburg zu billigerem Tarifsatz fahren; ich weiß sehr wohl, 1 die Interessenten eine sehr lebhafte Initiative entwickelt haben. Aber der Herr Vor⸗ redner wird uns das Zeugniß nicht versagen können, daß wir mit vollem Eifer bestrebt gewesen sind, die Intentionen der Be⸗ theiligten zu unterstützen und auf die Bahnen in gütlicher Weise einzuwirken. Auch die verschiedenen Reskripte, welche aus dem Handels⸗Ministerium in dieser Frage ergangen sind, weisen sämmtlich das Bestreben nach, daß auf die Vertehrs⸗ interessen thunlichst Rücksicht genommen werden möge; bei den Staats⸗ bahnen ist diese Rücksicht, so weit es irgend möglich war, genommen worden, und auch der neueste Erlaß vom 2. Dezember vorigen Jahres, welcher speziell dahin gerichtet ist, bei der Nothlage der Eisenindustrie rücksichtlich der Tarife wesentliche Er⸗ leichterungen herbeizuführen, auch dieser Erlaß sage ich legt Zeugniß von anzudeutenden Bestrebungen ab. Ich glaube, daß der Herr Vorredner diesen Erlaß nicht ganz richtig auffaßte, wenn er behauptete, daß derselbe bei einer Entfernung bis zu zehn Meilen keine Erleichterung gewähre. Wie die Ihnen vorliegenden Tabellen nachweisen, namentlich die zweite Kolonne gegenüber der dritten, stellt sich heraus, daß eine Aus⸗ gleichung gegenüber den früher vor der Tariferhöhung bestandenen Sätzen schon bei fünf Meilen erfolgt. Es ist also hier der ernst⸗ liche Versuch gemacht, eine Annäherung der Tarife an die früher be⸗ standenen auch für den Lokalverkehr herbeizuführen.

Der Herr Vorredner nannte nun die Maßregel, welche bezüglich der Tariferhöhung vor einigen Jahren getroffen worden ist, eine ver⸗ hängnißvolle, er sprach aus, daß man in dem Augenblicke, wo man mit der Teriferhöbung vorgegangen sei, weit mehr Veranlassung gehabt habe, eine Tarifermäßigung eintreten zu lassen.

Meine Herren, diese Ansicht nöthigt mich zu einer ganz be⸗ stimmten Erwiderung.

Ich will zunächst hervorheben, daß bereits im Jahre 1873 ganz

allgemein, in Versammlungen, in Zeitungen, kurz überall da, wo die öffentliche Meinung zum Ausdrucke gelangen kann, die Frage der Tarif⸗ erhöhung erörtert wurde. Diese Erörterungen führten auch dazu, daß eine Aeußerung des Herrn Finanz⸗Ministers bereits im Jahre 1873 und zwar, wenn ich nicht irre, am 17. November 1873 in diesem hohen Hause über die Nothwendigkeit der Erhöhung der Tarife er⸗ folgte. Die Frage wurde dann weiter in den beiden Häusern ven⸗ tilirt; ich selbst habe am 14. Februar 1874 im Herrenhause Gelegenheit genommen, mich ausführlicher über die Frage auszusprechen, und sind alsdann die Verhandlungen in diesem hohen Hause über denselben Gegenstand gefolgt. Meine Herren, es war bekannt, daß neben diesen Verhandlungen Er⸗ örterungen beim Bundesrath über die Tariferhöhung gepflogen wurden. Gerade diese Bekanntschaft mit der Sache bestimmte die damals niedergesetzte Kommission des Hauses der Abgeordneten, welche über das sogenannte 50 Millionengesetz zu berathen hatte, eine Anfrage an den Handels⸗Minister zu richten, wie es sich mit der beabsich⸗ tigten Tariferhöhung verhalte. Der damalige Herr Berichterstatter hat diese Vorgänge ziemlich ausführlich in seinem Referat dargestellt, und ich kann deshalb nur auf den Kommissionsbericht, der die da⸗ malige Lage der Dinge klar kennzeichnet, meinerseits verweisen.

Es wurde in den Sitzungen der Kommission, denen ich zum Theil und zwar gerade bei der Verhandlung über diese Angelegenheit persönlich beigewohnt habe, an mich die be⸗ stimmte Anfrage gerichtet, ob die Regierung Aussicht habe, daß eine mäßige Tariferhöhung erfolgen werde. Ich stellte in der be⸗ treffenden Kommissionssitzung die wirkliche Sachlage dahin dar, daß bisher ein Bundesrathsbeschluß noch nicht erfolgt sei, man aber wohl erwarten könne, daß ein im Sinne der Anfrage ergehender Beschluß demnächst erfolgen werde. Bei den Verhandlungen, welche in das Referat aufgenommen worden sind, ist beispielsweise Folgendes gesagt worden: 1 Könne die Staatsregierung nicht eine bestimmte Aussicht auf

eine solche Tariferhöhung, welche Sicherheit für die dauernd an⸗

emessene Verzinsung des in Eisenbahnen angelegten Kapitals ietet, eröffnen, so würde die Landesvertretung die durch den neu vorgelegten Gesetzentwurf geforderte Summe von mehr als 50 Mil⸗ lionen Thaler füglich nicht bewilligen können.

Aehnliche Ausführungen sind in großer Anzahl in dem betref⸗ fenden Referat enthalten, und ich selbst habe damals in der Kommis⸗ sion nur mit Bedauern wiederholt aussprechen müssen, daß die Ver⸗ hältnisse dahin führen würden, eine Tariferhöhung eintreten zu lassen.

Dieser Kommissionsbericht, der also ex professo die damalige

Dinge behandelte und jedem Mitglied reichliche Gelegen⸗ v“