1877 / 48 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Sat, 24 Feb 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Corps und

Sektions⸗Chefs bei der ien des e i der 1. Ing.

der Festungen ernannt. Schlicht, Major 1. Direktion, zum Chef dieser Direktion ernannt. Windisch, Prem. Lieut. und Adjut. bei der bisher. Pion. Insp., von dieser Funktion, unter gleichzeit. Ausscheidung aus dem Verhältniß à la suite des 1. Pion. Bats., enthoben. Bösmiller, Pr. Lt. à la suite des 2. Feld⸗Art. Regts. und Adjutant der Insp. der Art. und des Trains, auf Nachsuchen von der Adijut. enthoben und in den etatsm. Stand des 1. Feld⸗Art. Regts. versetzt. Belleville, Pr. Lt. vom 1. Feld⸗Art. Regt., unter Stellung à la suite dieses Regts., zum Adjut. bei gen. Insp. ernannt. Ziegler, Oberst⸗Lt. a. D., zum Commdr. des Landw. Bez. Spevyer ernannt. 1 4 Abschiedsbewilligungen. Im aktiven Heere. 9. Febr. Ziegler, Oberst⸗Lt. a. D., in die Kategorie der zur Disp. stehen⸗ den Offize. eingereiht. 10. Febr. Hollenbach, Oberst und Commdr. des 2. Feld⸗Art. Regts., auf Nachsuchen mit Pens. und der Erlaubniß zum Tragen der Unif. verabschiedet. Militär⸗Justiz⸗Beamte. 9. Febr. Fischer, Rotten⸗ häuser, Regts. Auditeurs vom Milit. Bez. Gericht Würzburg, zu Stabs⸗Auditeurs befördert, letzterer als Staatsanwalt beim Milit. Bez. Gericht München. Höß, Stabs⸗Auditeur vom Milit. Bez. Gericht München, der Char. als Ober⸗Stabs-Auditeur, Frhr. von Godin, Mehn, Lampel, Regts. Auditeurs vom Milit. Bez. Gericht München, sowie Stritzl, Regts. Auditeur vom Milit. Bez. Gericht Würzburg, der Char. als Stabs⸗Auditeur, verliehen.

In der Kaiserlichen Marine.

Ernennungen, Beförderungen, Versetzungen ec. 15. Febr. Köhler, Contre⸗Admiral, mit Pens. zur Disp. gestellt. Brussatis, Mac⸗Lean, v. Chaulin, Unter⸗Lts. zur See, Patente ihrer Charge vom 15. Febr. 1876 mit der Nr. 1, 2, 3 in vorstehender Reihenfolge verliehen. Schneider, vom See⸗Bat. unter dem gesetzlichen Vorbehalt ausgeschiedener Sec. Lt., der Ab⸗ schied ertheilt.

1 Nichtamtliches.

Deutsches Reich. 8

Preußen. Berlin, 24. Februar. Se. Majestät der Kaiser und König nahmen heute militärische Mel⸗ dungen und darauf die Vorträge des Militär⸗ und des Civil⸗ Kabinets entgegen.

Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin besich⸗ tigte heute mit Sr. Kaiserlichen Hoheit dem Prinzen Peter von Oldenburg die Kaiserin Augusta⸗Stiftung in Charlotten⸗ burg. Ihre Majestät verabschiedete Sich von Ihrer König⸗ lichen Hoheit der Großherzogin von Sachsen bei deren Rück⸗ kehr nach Weimar.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz empfing gestern Vormittags den Besuch Sr. Kaiserlichen Hoheit des Prinzen Peter von Oldenburg, welchen Höchstderselbe Nachmittags 2 Uhr erwiderte. Mittags 12 Uhr wohnte Se. Kaiserliche Hoheit der Besichtigung der Central⸗ Turnanstalt bei. 81

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Der Bundesrath trat heute zu einer Sitzung zusammen.

Der Antrag Preußens, die Erledigung einer zwischen den Regierungen Sachsens und Preußens bezüglich der Berlin⸗Dresdener Eisenbahn bestehenden Streitig⸗ keit betreffend, ist emm Bundesrath bereits vorgelegt worden.

Ueber die gegen den deutschen Konsul Dr. Moritz Eisenstuck und dessen Familie in Leon, Nicaragua, ver⸗ übten Gewaltthätigkeiten, wegen deren die kürzlich aus Panama gemeldete Entsendung der Schaluppe „Daring“ von der dor⸗ tigen britischen Flottenstation im Stillen Ocean nach Realejo erfolgt ist, liegen jetzt amtliche Nachrichten vor. Auf Herrn Paul Eisenstuck, Bruder des Konsuls und in dessen Abwesenheit mit der Verwaltung des Konsulats betraut, wurden am Abend des 23. Oktober v. J., als er mit fees Familie aus einer Gesellschaft heimkehrte, auf der Straße rei Revolverschüsse abgefeuert, welche glücklicherweise ihr Ziel verfehlten. Durch Augenzeugen ist festgestellt worden, daß der Thäter ein gewisser Leal war. Nachdem auf Anordnung des Kriegs⸗Ministers es herrschte damals grade Belagerungs⸗ zustand einige Vernehmungen stattgefunden hatten, gerieth die von dem Konsulatsverweser verlangte Untersuchung ins Stocken und es gelang nicht, den Thäter vor den ordent⸗ lichen Richter zu stellen. Hierdurch sicher gemacht, überfiel derselbe Leal in der Nacht des 29. November die Familie des Konsuls Eisenstuck mit einer Abtheilung Polizeisoldaten auf offener Straße. Die Soldaten drangen mit gefälltem Bajonnet auf die friedlich in ihre Wohnung heimkehrende Familie ein und mißhandelten dieselbe. Auf die Kunde von diesem neuen Angriff eilte der Kaiserliche Geschäftsträger für Central⸗Amerika, Herr von Bergen, von Guatemala nach Managua, der Hauptstadt von Nicaragua, um die nachdrückliche Vertretung der Sache persönlich in die Hand zu nehmen. Auf die hierüber an das Auswärtige Amt erstattete Anzeige ward telegraphisch die Entsendung eines be Kriegsschiffes nach der Westküste von Nicaragua in Aussicht gestellt und die Ermächtigung ertheilt, die in Westindien stationirte Kaiserliche Korvette „Victoria“ zume Besuch eines östlichen Hafens zu requiriren. Da es indeß darauf ankam, ohne Zeitverlust für die persönliche Sicherheit des Konsuls und seiner Familie zu und ein britisches Geschwader in der Nähe war, so erklärte sich auf diesseitige Anfrage die britische Re⸗ gierung mit dankenswerther Zuvorkommenheit bereit, unver⸗ züglich dem Befehlshaber der britischen Flottenstation in Panama den telegraphischen Befehl zuzufertigen, zu gedachtem Zweck ein Kriegsschiff nach Leon zu senden. Die diplo⸗ matischen Bemühungen des Herrn von Bergen in Managua fanden schon durch die telegraphische Nachricht von dem baldi⸗ gen Erscheinen maritimer Hülfsmittel wesentliche Stütze. Während die Sache Anfangs von den Behörden in Nicaragua ohne besonderen Eifer berrieben worden war, ist die Ange⸗ legenheit nunmehr vor den obersten Gerichtshof gebracht, dessen Entscheidung zu erwarten steht. 1 So bedauerlich dieser Vorfall an sich ist, hat sich doch bei demselben durch die dankenswerthe Bereitwilligkeit, mit welcher England an einer Stelle, wo deutsche Kriegsschiffe nicht gleich zur Hand waren, mit seiner Streitmacht zur See für An⸗ gehörige des Deutschen Reiches eingetreten ist, in erfreulicher Weise der Grundsatz der Solidarität befreundeter Mächte in Bezug auf den Schutz ihrer Angehörigen in fernen Ländern von Neuem bewährt und gekräftigt.

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In der gestrigen (2) Sitzung des Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Hofmann und andere Bevollmächtigte zum Bundesrath bei⸗ wohnten, theilte der Alterspräsident von Bonin mit, daß dem Hause Seitens des Reichskanzlers ein Gesetzentwurf, betreffend die Landesgesetzgebung in Elsaß⸗Lot ringen, und ein Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Untersuchung von Seeunfällen, so wie dreizehn Anlagen zum Reichshaushalts⸗Etat für das Jahr 1877/78 zugegangen seien. Der Hauptetat und der noch feh⸗ lende Etat des Reichsheeres würden in Kurzem folgen. Die Abtheilungen des Hauses haben sich wie folgt konstituirt:

I. Abgg. Albrecht (Osterode) (Vorsitzender], Dickert

(Stellv.], Frühauf und Senestrey [Schriftführer]. II. Dr. von

Schwarze, Fehr. von Aretin (Ingolstadt), Dr. Wachs und Bieler. III. Dr. Bamberger, von Kardorff, Eysoldt und Dr. Klügmann. IV. Graf von Moltke, Thilo, von Bunsen und Dr. von Cuny. V. Dr. Löwe, Hoffmann, Dr. Blum und Dr. Franz. VI. von Bernuth, von Bockum⸗Dolffs, Grüte⸗ ring und Schneegans. VII. Hauck, von Schöning, Koch und Richter (Meißen).

Das Haus schritt, der Tagesordnung gemäß, zur Wahl des ersten Präsidenten. Von den akbgegebenen 296 Stim⸗ men fielen 249 auf den Abg. von Forckenbeck und je eine auf die Abgg. von Franckenstein, von Bennigsen, von Kleist⸗ Retzow und Valentin. Die übrigen 43 Stimmzettel waren un⸗ beschrieben. Gewählt ist somit der Abg. von Forckenbeck. Derselbe nahm den Platz auf dem Präsidentenstuhl ein und erklärte, er nehme mit dem lebhaftesten Dankgefühl die Wahl an und verspreche nach wie vor alle seine Kräfte für eine gerechte, unparteiische und prompte Handhabung der Geschäfte aufzu⸗ bieten; er verbinde aber mit diesem Versprechen auch die Bitte, ihn in der Leitung seines schwierigen und verantwortlichen Amtes auf allen Seiten des Hauses wohlwollend zu unter⸗ stützen. Nachdem das Haus sich auf die Aufforderung des ersten Präsidenten erhoben hatte, um dem Alterspräsidenten für seine Geschäftsleitung Dank auszusprechen, ging dasselbe zur Wahl des ersten Vize⸗Präsidenten über.

Bei der Wahl wurden 297 Stimmen abgegeben; davon erhielten die Abgg. Freiherr Schenk von Stauffenberg 210, von Frankenstein 84, von Unruh (Magdeburg), Fürst zu Hohenlohe⸗Langenburg und Wulfshein je 1 Stimme.

Bei der n des zweiten Vize⸗Präsidenten wurden 277 Stimmen abgegeben. Davon waren 67 ungültig. Von den 210 gültigen Stimmen fielen auf die Abgg. Fürst Hohen⸗ lohe⸗Langenburg 178, Dr. Hänel 31, Hasenclever 1 Stimme. Der Freiherr Schenk von Stauffenberg und der Fürst von Hohenlohe⸗Langenburg nahmen die Wahl mit dankenden Worten an.

Auf Antrag des Abgeordneten Windthorst (Meppen) wur⸗ den hierauf durch Akklamation die Abgg. Bernards, Herz, Graf Kleist, Thilo, von Soden, von Vahl, Weigel und Wölfel zu Schriftführern gewählt. Zu Quästoren wurden die Abgg. Kochann und von Puttkamer (Fraustadt) ernannt. Der Präsident schlug dem Hause vor, in den nächsten Tagen fol⸗ gende Kommissionen zu wählen: Die Geschäftsordnungs⸗ und Wahlprüfungskommission (je 14 Mitglieder), die Budgetkom⸗ J. (21 Mitglieder) und die Petitionskommission (28 Mit⸗

lieder). Schluß 5 Uhr. Nächste Sitzung Dienstag 2 Uhr.

In der heutigen (10.) Sitzung des Herren⸗ auses, welcher der Vize⸗Präsident des Staats⸗ inisteriums, Staats⸗ und Finanz⸗Minister Camphausen,

und der Minister des Innern Graf zu Eulen⸗ burg, sowie mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, wurde zunächst beschlossen, den Gesetzentwurf über die Theilung der Provinz Preußen durch einmalige Schlußberathung im Hause zu erlebigen.

Dann wurde die Spezialdiskussion über den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Unterbringung von ver⸗ wahrlosten Kindern in Erziehungs⸗ oder Besse⸗ rungsanstalten eröffnet. Die Debatte begann bei §. 6, welcher mit §. 9 verbunden wurde. Hierzu hatte Herr von Kleist⸗Retzow folgenden Antrag eingebracht:

„§. 6 in Verbindung mit §. 9 wie folgt zu fassen: Der Be⸗ zirksrath (Regierung, Landdrostei, Polizei⸗Präsidium zu Berlin) hat die Unterbringung zu beschließen. Er bestimmt die Ent⸗ lassung, wenn eine Veränderung in den Verhältnissen eintritt, so daß die Erreichung des im §. 1 gedachten Zweckes anderweit sicher gestellt wird, oder wenn dieser Zweck erreicht ist. Die Entlassung muß bis zum vollendeten sechszehnten Lebensjahre erfolgen, doch ist der Bezirksrath zur Zurücknahme der Entlassung und zu Anordnungen über die Aufsicht des entlassenen Pfleglings besugt; beides bis zum vollendeten 18. Lebensjahre des Pfleglings. Von den desfallsigen Beschlüssen des Bezirksraths ist dem Vormundschaftsgerichte Mittheilung zu machen.“

An der Diskussion betheiligten sich außer dem Referenten Dr. Dernburg, die Herren von Kleist⸗Retzow, Graf zur Lippe, Hasselbach, von Knebel⸗Döberitz, von Bernuth und der Regie⸗ rungs⸗Kommissar, Geheimer Regierungs⸗Rath Illing. Dann wurde der Antrag des Herrn von Kleist⸗Retzow und mit ihm §. 6 angenommen.

An der Diskussion über §. 7 betheiligten sich die Herren sselbach, v. Knebel⸗Döberitz, v. Kleist⸗Retzow, v. Simpson⸗ eorgenburg und der Regierungskommissar Geh. Ober⸗Finanz⸗

Rath Rüdorff. §. 7 wurde mit einem Antrage des Herrn v. Knebel angenommen.

Die übrigen Paragraphen des Gesetzes wurden sodann ohne weitere Debatte in der Fassung der Kommission geneh⸗ migt, der Titel des Gesetzes aber auf Antrag der Kommission folgendermaßen umgeändert: „Entwurf eines Gesetzes, betref⸗ fend die Unterbringung jugendlicher Personen in Erziehungs⸗ oder Besserungsanstalten oder in Familien, in Ausführung des §. 55 des Fieas seghuches.

Es folgte hierauf die einmalige Schlußberathung über den Gesetzentwurf, betreffend einige Abänderun⸗ gen der gesetzlichen Vorschriften über die Veran⸗ lagung der Grundsteuer, der Klassen⸗ und klassi⸗ fizirten Einkommensteuer. Der Referent Herr Hassel⸗ bach empfahl dem Hause, dem Gesetzentwurfe die verfassungs⸗ mäßige Zustimmung zu ertheilen; sodann aber die Königliche Staatsregierung zu ersuchen, bei fernerweiter Revision der Gesetze über die Veranlagung und Erhebung der Klassensteuer und klassifizirten Einkommensteuer, resp. der dazu erlassenen In⸗ struktionen auf thunlichste Vereinfachung und Gleichmäßigkeit des Verfahrens Bedacht zu nehmen.

Nach kurzer Debatte, an der sich der Referent und die

erren von Simpson, von Knebel⸗Döberitz, Graf von der Schulenburg⸗Beetzendorf und Theune betheiligten, und bei welcher sich der Regierungskommissar Geheimer Ober⸗Finanz⸗ eh Rhode zu der Resolution zustimmend aussprach, wurde bei des Blattes der Antrag des Referenten angenommen.

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- In der gestrigen Abendsitzung des Hauses der

Abgeordneten, welcher der Minister der geistlichen ꝛc. An⸗ gelegenheiten Dr. Falk, der Minister für die landwirthschaft⸗ lichen Angelegenheiten Dr. Friedenthel und mehrere Regie⸗ gierungskommissarien beiwohnten, wurde folgender Antrag der Budgetkommission angenommen: 8

Die Staatsregierung aufzufordern, dem Landtage einen Gesetz⸗ entwurf vorzulegen, durch welchen der Wilster Marsch zur Herstellung von Strom⸗ und Uferschutzanlagen am Elbdeiche eine angemessene Staatsbeihülfe gewährt wird.

Diesen Antrag befürworteten der Referent Abg. Dr. Hammacher und die Abgg. Schläger und Hansen, ferner der Staats⸗Minister Dr. Friedenthal; dagegen erklärte sich der Abg. Rauthe.

Darauf wurde die Etatsberathung fortgesetzt und zwar mit der Diskussion des Etats des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten.

Zu Kap. 123 Tit. 6 (Zuschuß zur Universität Göttingen 268,170 ℳ) beantragte der Abg. Dr. Virchow:

Die Erwartung auszusprechen, daß die Staatsregierung die Zusage, welche sie schon im vorigen Jahre dem Hause ertheilt hat, eine Denkschrift über die rechtliche Stellung des hannoverischen Klosterfonds vorzulegen, in der nächsten Session erfüllen und daß sie ohne Mitwirkung des Landtages keine definitiven Verfügungen über die Art der Rechnungslegung und Verwendung treffen werde. 8

Gegen den letzten Theil des Antrages von den Worten: „und daß sie ꝛc.“ an sprachen der Ministerialdirektor Greiff und die Abgg. Dr. Brüel und Lauenstein. Nachdem der An⸗ tragsteller diesen Passus zurückgezogen hatte, wurde der An⸗ trag angenommen. Zu Tit. 9 (Akademie in Münster) er⸗ widerte auf die Anfrage des Abg. Frhrn. von Heereman der Regierungskommissar Geheimer Regierungs⸗Rath Dr. Göppert, daß es die Absicht der Regierung sei, den Studienfonds un⸗ geschmälert zu erhalten. Der RNegierungskommissar trat auch der Behauptung des genannten Abgeordneten ent⸗ schieden entgegen, daß durch die Schuld der Regie⸗ rung die Frequenz der Akademie in Münster abgenom⸗ men habe. Der Geheime Regierungs⸗Rath Dr. Stauder wies, indem er auf einzelne Fälle einging, die Angriffe des Abg. Kantak gegen die Schulmänner der Provinz Posen zurück. Die Regierung beklage die gegenwärtige Lage des Religionsunterrichts in der Provinz Posen, dieselbe sei jedoch durch den Widerstand des ehemaligen Erzbischofs und des Klerus geschaffen. Der Geh. Regierungs⸗Rath Bosse er⸗ kannte dem Abg. Dr. Zimmermann gegenüber die Opferwillig⸗ keit der Berliner Kommunalbehörden in Bezug auf höhere Lehranstalten an, bestritt aber die Behauptung des Vorredners, daß die Regierung ihrerseits nicht ebenfalls ihre Schuldigkeit thue. Der Abg. v. Jadzewski beklagte sich über die mangel⸗ haften Lokalitäten des Gymnasiums zu Krotoschin. Der Geh. Regierungs⸗Rath Bosse erwiderte, die Projekte zum Umbau befänden sich zur Prüfung bei der technischen Behörde, vorher könne die Unterrichtsverwaltung keine Entscheidung treffen. Die Titel wurden bewilligt. Darauf vertagte sich das Haus um 11 ¼ Uhr.

In der heutigen (31.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher der Handels⸗Minister Dr. Achen⸗ bach und der Kultus⸗Minister Dr. Falk mit mehreren Regierungs⸗ kommissarien beiwohnten, trat das Haus in die zweite Bera⸗ thung des Gesetzentwurfs, betreffend die Verwen⸗ dung von Beständen für außerordentliche Bedürf⸗ nisse der Bauverwaltung im Etatsjahr 1877/78 und die Aufnahme einer Anleihe zur Deckung der Ausgaben für Bauausführungen auf den Staats⸗ eisenbahnen. Nach einem einleitenden Vortrage des Refe⸗ renten der Budgetkommission, Abg. Dr. Hammacher, erwiderte der Handels⸗Minister Dr. Achenbach auf eine Anfrage des Abg. von Saucken⸗Tarputschen, daß die Regierung keines⸗ wegs das Projekt des masurischen Kanals aus den Augen verloren habe, daß aber zur wesentlichen För⸗ derung desselben, eine entgegenkommendere Haltung der Grundeigenthümer nothwendig sei. Es ergriffen noch das Wort die Abgg. von Benda und von Wilamowitz⸗ Möllendorff. Darauf wurden sämmtliche Paragraphen des Gesetzentwurfs unverändert angenommen. Ebenso wurden die mit dem angenommenen Gesetzentwurf zusammenhän⸗ genden Positionen im Extraordinarium des Etats des Handels⸗Ministeriums bewilligt. Sodann befürwortete der Abg. Dr. Hammacher den Antrag der Budgetkommissidn:

„Die Königliche Staatsregierung aufzufordern, 2. mit dem

nächsten Etat eine Uebersicht der im Gange befindlichen Bauten bei Schiffahrtskanälen, Schleusen und Häfen vorzulegen, aus welcher namentlich hervorgeht, wie hoch diese Projekte veranschlagt sind, bis wie weit die Ausführung vorgeschritten ist, und binnen welcher Zeit die Vollendung bewirkt werden kann; b. mit dem nächsten Etat einen Finanzplan vorzulegen, welcher die Beschaf⸗ fung der zu den unter a. erwähnten Bauten erforderlichen Mittel eventuell im Wege der Anleihe bezweckt, dabei auch auf die Be⸗ schaffung der Mittel für die Ausführung eines Kanals von Mauer⸗ see nach Allenburg, sowie für die Kanalisirung der oberen Netze bis zum Goplosee Bedacht zu nehmen.“ 1

Der Abg. Dr. Lasker beantragte, in dem Antrage die Worte „eventuell im Wege der Anleihe“ zu streichen, während der Abg. Kieschke für die Aufreczterhaltung derselben eintrat. Nachdem noch der Abg. von Saucken⸗Tarputschen gesprochen hatte, wurde der Antrag der Budget⸗Kommission unverändert angenommen. Demnächst wurde die Berathung des Etats des Ministeriums der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten fortgesetzt. Zu Kap. 124 Tit. 4 und 5 (Staatszuschüsse zu Kosten von höheren Lehranstalten) beantragte der Abg. Miquel folgende Bemerkung hinzuzufügen:

„Die Zuschüsse des Staats kommen auch in dem Falle zur Auszahlung, wenn in Folge der Erhöhung der Schulgeldsätze ein Ueberschuß in der Jahresrechnung der Schulkasse entstanden ist.“

Der Regierungskommissar, Geheimer Regierungs⸗Rath Bosse, wies auf die finanzielle Tragweite des Antrages hin, welcher dem Grundgedanken des Zuschußwesens zuwiderlaufe. Derselbe bat, diese ganze Frage bis zur allgeme nen gesetzlichen Regelung des Unterrichtswesens auszusetzen und für jetzt den Antrag Miquel abzulehnen. Der Geheime Ober⸗Finanz⸗ Rath Scholz erinnerte daran, daß die Ober⸗Rechnungs⸗ kammer das Prinzip aufgestellt habe, falls die Vor⸗ anschläge der Bedürfnißzuschüsse über das faktische Be⸗ dürfniß hinausgehen, dürfte der Ueberschuß nicht zur Kapita⸗ lisirung in den Anstaltskassen verwendet werden. Der Kultus⸗ Minister Dr. Falk erklärte sich mit den von den Kommissarien hervorgehobenen Gründen einverstanden und betonte noch, daß erfahrungsmäßig eine Erhöhung des Schulgeldes eine Ver⸗ minderung der Frequenz herbeiführe, deshalb bitte er, den Antrag Miquel abzulehnen. Mit Rücksicht auf die Geschäftslage des Hauses zog darauf der Abg. Miquel, dem Wunsche der Abgg. von Benda und Stengel emäß, seinen

Antrag zurück. Ueber die Petitionen verschiedener Lehrer um Gewähruns von Wohnungsgeldzuschüssen ging das Haus nach dem Antrage der Budgetkommission bei Schluß des Blattes zur Tagesordnung über.

Eine vor dem Inkrafttreten der Reichs⸗Gewerbe⸗Ord⸗

nung nach Maßgabe der damals bestehenden Landesgesetz⸗

gebung obrigkeitlich genehmigte gewerbliche Anlage be⸗ darf unter der Herrschaft der Reichs⸗Gewerbe⸗Ordnung keiner neuen Genehmigung, selbst wenn die damalige Konzession über die durch die gegenwärtige Gesetzgebung gezogenen Grenzen hinausgegangen ist. (Erkenntniß des Ober⸗Tribu nals, Senats für Strafsachen, vom 24. Januar 1877.

S. M. S. „Gazelle“ hat, telegraphischer Nachricht zufolge, am 22. d. M. Malta Behufs Kohlens angelaufen.

Bayern. München, 18. Februar. Die „Allg. Ztg.“ schreibt: Hinsichtlich der Mittheilungen in einigen Blättern, daß eine Einberufung des Landtags im bevorstehenden Frühjahr zu erwarten stehe, wird uns versichert, daß dieselben nur auf unbegründeten Vermuthungen beruhen, und daß ein Anlaß, die Kammern vor dem verfassungsmäßigen Termin, d. h. vor September d. J., zu berufen, wenigstens zur Zeit nicht vorliegt.

Sachsen⸗Weimar⸗Eisenach. Weimar, 22. Februar. (Weim. Ztg.) Dieselben Kommissare der thüringischen Regierun⸗ gen, welche am 29. v. M. und den folgenden Tagen einen Ver⸗ trag wegen Errichtung eines gemeinsamen Ober⸗ Landesgerichts ꝛc. in Jena verabredet hatten, sind am 19. Februar in Jena wieder zusammengetreten und haben diesen Vertrag, sowie einen andern wegen Aufhebung des bisherigen Ober⸗Appellationsgerichts festgestellt und unterzeichnet. Der Landtag hat den General⸗Etat berathen und geneh⸗ migt. Die wichtigsten Kapitel, welche auf die Feststellung der Höhe der Einkommensteuer und die Domänenrente für das Großherzogliche Haus Bezug haben, sind jedoch einer späteren Beschlußfassung vorbehalten, da vorher noch hierauf bezügliche Spezialvorlagen zu erledigen waren.

Oesterreich⸗Ungarn. Pest, 22. Februar. Der „Ellenör“, „Hon“, „Pester Lloyd“ und „Naplo“ führen aus, daß der Ausgleich für Ungarn wohl un⸗ günstig sei und hinter allen berechtigten Erwartungen zurückstehe, doch hätte die Regierung unter dem Drucke der äußeren Lage und finanziellen Verhältnisse des Landes nachgeben müssen. 1

Im ,Ellenör“ findet sich folgende, in allen wesentlichen Punkten mit den Seitens der österreichischen Regierung ertheilten Auskünften übereinstimmende Gesammtdarstellung des vereinbarten Bankplanes:

1) Die Bankgesellschaft errichtet zwei Bankinstitute, eines in Wien, eines in Budapest. An der Spitze eines jeden Instituts steht eine selbständige Direktion, deren Mitglieder von den Aktionären gewäblt werden. Die Vize⸗Gouverneure für dieselben werden von den betreffenden Regierungen ernannt. Der Wirkungskreis der Di⸗ rektionen umfaßt das volle Verfügungsrecht sowohl bezüglich der Do⸗ tation der zu errichtenden und bestehenden Filialen, als auch bezüglich der Kreditbemessung für die einzelnen Kreditinhaber.

2) Das Centralorgan der Bankgesellschaft konstituirt sich aus 15 Mitgliedern, deren je zwei von der Budapester und Wiener Di⸗ rektion delegirt werden, acht werden von den Aktionären frei gewählt. Außerdem sind noch Mitglieder des Generalraths die von der Re⸗ gierung ernannten Vize⸗Gouverneure, Präsident desselben ist der vom Herrscher ernannte Gouverneur. Die Dauer des Mandats ist vier Jahre.

3) In Streitfragen, welche zwischen den Direktionen und dem Generalrathe wegen Interpretirung der Statuten entstehen könnten, entscheidet ein Schiedsgericht, welches aus je drei Mitgliedern des ungarischen und österreichischen Obersten Gerichtshofes und aus einem von Sr. Majestät alljährlich im vorhinein ernannten Präsidenten bestehen wird.

4) Die Dotation der ungarischen Bank besteht in einem Minimum von 50 Millionen. Im Falle eines größeren Kredit⸗ bedürfnisses kann diese Dotation aus der Banknoten⸗Reserve vermehrt werden. Diese 50 Millionen werden ausschließlich zur Befriedigung der ungarischen Kreditbedürfnisse verwendet. Das Stammkapital der

Bank hüm vermehrt werden, und gebührt Ungarn auch aus der Ver⸗ mehrung der dem Verhältniß von 50 Millionen entsprechende Theil.

5) Der Text der Banknoten ist deutsch und ungarisch. Die Amtssprache der ungarischen Direktion ist die ungarische. Die Central⸗ beamten der ungarischen Bank werden aus ungarischen Staatsbürgern von dem Generalrathe, die Beamten der Filialen von der Direktion ernannt.

So viel können wir fügt „Ellenör“ hinzu über die wesent⸗ lichen Punkte des Ausgleichs berichten; dieser ist übrigens auch zwi⸗ schen den beiden Regierungen noch nicht definitiv textirt. Doch wurde jede Vereinbarung detaillirt zu Protokoll gegeben. Nach Ernennung der ungarischen Regierung, die kaum vor Sonnabend erfolgen wird, findet eine gemeinsame Minister⸗Konferenz statt, in welcher unter Vorsitz Sr. Majestät die definitive Textirung des Ausgleiches authen⸗ tizirt werden wird. 1

Diese Mittheilungen werden von dem W. „Fremdenbl.“ darin ergänzt, daß jedes Jahr drei Generalräthe, deren Reihenfolge anfangs durch Loos bestimmt wird, ausscheiden sollen, daß die Protokolle der Pester Direktion deutsch und ungarisch, die der Wiener deu sch geführt werden sollen und die interne Geschäftssprache deutsch bleibt, und daß sich die ungarische Regierung bereit erklärt haben soll, daß die neue Bank einen Theil ihres Gewinnstüberschusses zur Rückzahlung der Achtzig⸗Millionen⸗Schuld verwende, in Rücksicht deren die alten Vereinbarungen (Regnikolar⸗Deputationen, eventuell Schiedsgericht) in Kraft bleiben.

Großbritannien und Irland. London, 22. Februar. (A. A. C.) Imösterreichischen Botschaftshotel fand gestern Abend ein Diner statt, bei welchem der Earl von Beaconsfield, der deutsche Botschafter nebst seiner Tochter, der Lord⸗Oberst⸗ kämmerer Marquis von Hertford, der Marquis von London⸗ derry, der Carl von Bradford, der Earl von Dudley, der Earl von Gallowey, nebst ihren Gemahlinnen, sowie andere Mitglieder der hohen englischen Aristokratie die Gäste des Grafen Beust waren. Die Wahl eines Unterhaus⸗ Mitgliedes für Halifax an Stelle des zurückgetretenen Croßley ist am 20. d. M. auf Hutchinson, den liberalen Kandidaten, gefallen. Halifax schickt somit wieder zwei liberale Vertreter (der andere ist Stansfeld, der ehemalige Lord des Schatzamtes) in das Unterhaus. h

24. Februar. (W. T. B.) Die von mehreren Blät⸗ tern gebrachte Nachricht, daß die Königin Victoria in diesem Jahre Baden⸗Baden und Coburg besuchen werde, wird von offizieller Seite für unbegründet erklärt.

Frankreich. Paris, 22. Februar. Die wiederholt als Pfand der republikanischen Gesinnungen des Ministeriums

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verheißenen Personalveränderungen in den mittleren Graden der Verwaltung sind heute im „Journ. officiel“ er⸗ schienen. Sie erstrecken sich auf alle Departements mit Aus⸗ nahme von nur elf, zu welchen letzteren die Departements Charente⸗Inferieure, Calvados und Eure gehören. Von diesem Umstande abgesehen, werden die neuen Ernennungen und Versetzungen, sowie andererseits die verfügten Absetzungen selbst von der fortgeschritten republikanischen Presse, wie z. B. dem „Bien public“, mit unverhohlener Anerkennung aufgenommen. Der „Fr. Corr.“ zufolge werden 51 von dem Systeme der „moralischen Ordnung“ mene höhere Beamte, nämlich 10 Generalsekretäre, 27 Unterpräfekten und 14 Präfekturräthe zur Ver⸗ fügung gestellt oder ganz in den Ruhestand versetzt, oder mindestens von Männern abgelöst, die nach dem 24. Mai 1873 dasselbe Schicksal erfahren hatten. Im Ganzen umfaßt die Bewegung 153 Stellen von Unterpräfekten, Generalsekre⸗ tären, Kabinetschefs und Präfekturräthen. Der von dem Abgeordneten Laisant im vorigen Jahre gestellte, aber nicht durchgedrungene und nunmehr ein zweites Mal eingebrachte Antrag, die neue Heeresverfassung vom 27. Juli 1872 in zwei wichtigen Punkten zu modifiziren, nämlich 1) von dem gesammten Kontingent der aktiven Armee ohne Unterschied eine dreijährige, statt von den Einen eine fünf⸗ und von den An⸗ deren nur eine einjährige Dienstzeit zu erfordern, und 2) statt des Einjährigen⸗Freiwilligendienstes die am besten ausgebilde⸗ ten Soldaten auf Grund einer Prüfung, sei es in einem Jahre oder nach zwei Jahren in die Reserve übertreten zu1 lassen, wird diesmal von dem betreffenden Ausschusse des Ab⸗ geordnetenhauses zur Berücksichtigung empfohlen. Vahan Effendi, der Musteschar des türkischen Justiz⸗Ministeriums, welcher nach dem Abendlande gesendet worden ist, um die Justiz⸗Einrichtungen von Frankreich und England zu stu⸗ diren, ist heute früh hier eingetroffen und in der türkischen Botschaft abgestiegen. Die Arbeiterbewegung von Mars eillle hat sich, nachdem drei Individuen verhaftet worden, allmählich wieder gelegt und der gestrige Abend verlief ohne Störung.

(öln. Ztg.) Heute Abend findet ein großes mili⸗ tärisches Diner von 60 Gedecken bei dem Marschall Mac Mahon im Elisée statt. Der Justiz⸗Minister Martel, der zur Herstellung seiner Gesundheit sich auf dem Lande aufhielt, traf heute wieder in Paris ein. Die De⸗ putirtenkammer nahm heute in zweiter Berathung das Gesetz über die Verwaltung der Militärspitäler, sowie das Gesetz wegen Begrasung und Bewaldung der Berge zur Verhütung der jähen Ueberschwemmungen, die im Lande seit Jahren so viel Schaden angerichtet haben, an. Morgen soll im Senat eine Interpellation wegen der Vorträge des Pater Hyacinthe im Theater Italien er⸗ folgen. Die Kommission, die sich mit den Unterrichtsfragen beschäftigt, hat berechnet, daß 120 Millionen nothwendig wären, um die Unentgeltlichkeit des Schulunterrichts im ganzen Lande herzustellen. Sie beschloß, mit dem Unterrichts⸗ Minister zu konferiren, ehe sie einen Beschluß faßt.

Versailles, 23. Februar. (W. T. B.) In der heu⸗ tigen Sitzung der Deputirtenkammer suchte das Mini⸗ sterium um die Ermächtigung nach, den Deputirten v. Cas⸗ sagnac wegen mehrerer von demselben herrührenden Artikel, in denen die Republik angegriffen wird, zur gerichtlichen Verantwortnng ziehen zu dürfen. Der Antrag wurde an die Bureaus verwiesen. Laisant von der Linken brachte einen Antrag ein, der darauf abzielt, die Militärdienst⸗ pflicht auf 3 Jahre herabzusetzeu. Die Versammlung beschloß, obschon der Konseils⸗Präsident den Antrag bekämpfte, denselben in Betracht zu ziehen.

Italien. Rom, 21. Februaär. (Journ. des Deb.) Der König ist hier eingetroffen. Der Senat hat den Gesetz⸗ entwurf, betreffend die Ausgaben für die Theilnahme Italiens an der Ausstellung in Paris genehmigt.

Der „Times“ wird aus Rom unterm 21. d. M. tele⸗ graphirt: „In Folge der von den Kongregationen abgegebenen Entscheidung, daß die Wiederaufnahme der Arbeiten des öku⸗ menischen Konzils jetzt nicht opportun sei, hat der Papst die unentschieden gelassenen Fragen unter die Kardinäle zur Be⸗ rathung vertheilt, um feststellen zu lassen, ob er dieselben durch seine eigene Autorität lösen könne“.

23. Februar. (W. T. B.) Die Präliminarbe⸗ stimmungen zur Regelung künftiger Konklaves sind nun⸗ mehr sämmtlich festgestellt und dem Papste heute vorgelegt worden. Durch dieselben wird das Wesen der Konklaves nicht berührt, sondern nur die Ceremonie vor dem Zusammentritt

rKardinäle abgeändert. Türkei. Konstantinopel, 22. Februar. Der Groß⸗ vezier hat gestern nach einer längeren Besprechung mit dem Sultan einem Ministerrathe prüsidirt. 1

Augsburg, 23. Februar. (W. T. B.) Der „Allgem. Ztg.“ geht aus Neapel aus authentischer Quelle die Nachricht zu, daß das zuerst von englischen Blättern veröffentlichte, vom 4. d. datirte Schreiben Midhat Paschas an den Sul⸗ tan apokryph ist. Midhat Pascha habe dem Sultan stets in ehrerbietiger Weise geschrieben, demselben auch niemals seine Entlassung eingereicht.

London, 23. Februar. (W. T. B.) Im Oberhause kündigte Lord Stratheden für nächsten Montag eine Resolution an, in welcher die Annahme solcher Maßnahmen beantragt werden soll, die geeignet sind, den Ausbruch von Feindselig⸗ keiten in Europa zu verhindern, die Aufrechterhaltung der Verträge von 1856 in dem Maße, wie sie 1871 hergestellt worden sind, zu sichern und die Wohlfahrt der der Türkei unterworfenen Völkerschaften zu fördern.

24. Februar. (W. T. B.) General Tschernajeff hat einen Brief veröffentlicht, in welchem er, gegenüber der

vom Grafen Derbhn im Parlamente aufgestellten Behauptung,

daß die serbische Armee fast ganz aus russischen Freiwilligen zusammengesetzt gewesen sei, erklärt, daß die in der serbischen Armee vorhanden gewesenen russischen Freiwilligen niemals die Zahl 3000 überschritten hätten.

Rumänien. Bukarest, 23. Februar. (W. T. B.) Ein Trupp Türken, unter welchem auch Soldaten waren, fand sich gestern auf der Insel Gournmai ein und begann zu plündern. Ein gegen denselben ausgesendetes rumänisches, aus Grenzwächtern bestehendes Detachement nahm 13 auf frischer That betroffene Türken, darunter einen Soldaten, ge⸗ fangen und tödtete zwei andere. Unter den letzteren befand

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ich ein Beamter aus Rustschuk, der die Plünderung leitete.

übernom⸗

Jassy, 22. Februar. Der „Pol. Korr.“ wird von hier gemeldet: Der rumänische Kriegs⸗Minister hat starke Truppen⸗ abtheilungen nach Marascheschti und Barbosch entsendet, um die dortige Eisenbahnlinie, in Barbosch aber den Knotenpunkt derselben vor feindlichen Ueberfällen zu schützen. Von hier gingen vor Kurzem 250 Artilleristen und 150 Roschiori (Kavalleristen) zur konzentrirten Armee nach Buzeu und Fokscheni ab.

Rußland und Polen. Odessa, 23. Februar. (W. T. B.) Nach hier eingegangenen Nachrichten ist die Einfahrt in den Hafen von Balaclawa ohne vorherige Anzeige den Schiffern untersagt worden. An der Küste zwischen Sukum⸗Kaleh und Fort Nikolai sind

Torpedos gelegt worden. Russische Lootsen sind angewiesen worden, das Fahrwasser zu zeigen.

„— (Turk. Ztg.) Von der Expedition des Obersten Prshewalskij sind in Taschkent folgende Nachrichten ein⸗ getroffen:

Am 13. Oktober (a. St.) verließ die Expedition den Tjan⸗Schan und hatte am 14. Oktober den Strom Chaidu⸗Gol, 50 Werst von Karaschar, erreicht. Zwei volle Monate brauchte die Erpedition, um den von Kuldsha bis zum Fluß Chaidu⸗Gol (498 Werst) zurückzu⸗ legen; ihre Absicht war bekanntlich, den Tian⸗Schan näher zu er⸗ forschen und nach Möglichkeit zoologische Sammlungen anzustellen, was ihr auch zum Theil gelungen ist. Auf dem Rückwege vom Lob⸗Nor im Frühjahr beabsichtigt sie, diese Sammlungen zu vervollständigen. Der Weg der Erpedition führte von Kunges den Kleinen Juldus in seiner ganzen Ausdehnung entlang. Die Hoͤhe desselben beträgt nach angestellten Berech⸗ nungen etwa 8000 Fuß über dem Meeresspiegel. Der Paß zum Gebirgszug Narat ist ziemlich sanft geneigt, dagegen aber führt der Niedergang zum Chaidu⸗Gol etwa 63 Werst durch einen wilden Engpaß, welcher außerordentlich schwer zu passiren ist. Die Kameele konnten nur mit Mühe vorwärts kommen; sechs derselben fielen an verschiedenen Stellen des Tjan⸗Schan. Die meisten verlor jedoch die Expedition beim Passiren der Flüsse Ili und Tekes. Auf dem Wege von Kunges giebt es keine Ansiedlungen, während der ganze Juldus vor⸗ treffliche Weideplätze hat. Außerdem gehört dieses Gebiet keinem Be⸗ sitzer. Man kann daher mit Sicherheit behaupten, es würde schwerlich ein Streit entstehen, wenn wir unsere Grenzen vom Gebirgszug Narat bis zum Gebirgszuge Dalyn⸗Dawan verlegten. Der aus Kuldsha mit⸗ genommene Führer Tochtachun ist ein Sarte, der sich aus Karaschar geflüchtet hatte und der Expedition im Verlanf von 2 Monaten wesentliche Dienste leistete. Er konnte der Erpedition werthvolle Mittheilungen über die Gegenden, welche sie passirte, wie auch über Karaschar und den Lob⸗Nor machen. Indem er die Erpedition zum Chaidu⸗Gol begleitete, setzte er sich der Gefahr aus, in die Gefangen⸗ schaft zu gerathen. Die ihm zu Theil werdende Belohnung wird der Bevölkerung von Kuldscha den klaren Beweis liefern, daß Verdienste von den Russen hoch veranschlagt werden. Die Mitglieder der E pedition machten auf dem Tjan⸗Schan täglich Jagdausflüge; sie er⸗ legten etwa 37 Thiere, deren Baͤlge für die Sammlungen präparirt wur⸗ den. Nachrichten über die kriegerischen Aktionen gegen die Chinesen konnte die Expedition noch nicht einziehen, da sie erst am 13. Oktober auf Eingeborene, Torgouten stieß. Jakub⸗Bek befindet sich in Turfan. Am Lob⸗Nor beabsichtigt die Erpedition bis zum April zu verweilen, den Mai und die Hälfte des Juni wird sie auf dem Tjan⸗Schan zubringen und nicht vor der zweiten Hälfte des Juli nach Kuldscha zurückkehren. Uebrigens wird dies davon abhängen, wie sie in Karaschar aufgenommen wird. Nach den letzten Nach richten hat Jakub⸗Bek Herrn Prshewa sskij sehr freundlich aufge⸗ nommen und ihm Führer bis zum Lob⸗Nor mitgegeben.

Schweden und Norwegen. Christiania, 20. Fe⸗ bruar. (H. N.) Dem Storthing ist von der Regierung ein Vorschlag über Veränderungen in der Ehe⸗ gesetzgebung vorgelegt worden, welcher im Wesent⸗ lichen eine Wiederholung des dem Storthing bereits im Jahre 1871 vorgelegten, aber vom vorjährigen Odelsthing verworfenen Vorschlages ist. Es wird in dem Vorschlage u. A. die Aufrechterhaltung des Verbots gegen die Eingehung einer Ehe von Männern unter dem 20. Und von Frauen unter dem 16. Lebensjahre befürwortet.

Amerika. Washington, 23. Februar. (W. T. B.) Die mündlichen Ausführungen der Anwälte der Parteien vor der Fünfzehner⸗Kommission sind zu Ende geführt, die Kommission wird in Bezug auf die Wahlstimmen von Oregon noch heute ihr Urtheil abgeben. In Sachen der Aussen⸗ dung einer neuen Nordpolexpedition und der Gründung einer Kolonie, von wo aus die Nordpolforscher ihre Fahrten antreten können, hat die mit der Angelegenheit beauftragte Kommission des Repräsentantenhauses einen dem Unternehmen günstigen Bericht erstattet.

Dem „Bureau Reuter“ wird aus Washing⸗ ton unterm 21. d. M. per Kahel gemeldet: Präsident Grant hat die Bill unterzeichnet, welche einer Compagnie zur Legung eines Telegraphenkabels von Baltimore nach

Europa Korporationsrechte gewährt. Der Finanzaus-⸗ schuß des Senats hat über einen Entwurf Bericht erstattet, der in Uebereinstimmung mit der jüngsten Botschaft des Prä⸗ sidenten Grant, worin dem Kongreß empfohlen wird, 8 Schritte zur schleunigen Wiederaufnahme der Baarzahlun⸗ gen zu thun, den Finanz-Minister zur Emission von 4prozentigen Obligationen im Betrage von 100 Millionen Dollars autorisirt. Die Obligationen, deren Kapital und Zinsen in Gold zahlbar sind, haben dreißig Jahre zu laufen und können gegen Greenbacks umgetauscht werden. In einem Jahre sollen nicht mehr als 25,000,000 Doll. und in einem Monat nicht mehr als 4,000,000 Doll. emittirt werden. Der Gesetzentwurf erhöht die Emission von Silber⸗ Kleingeld auf 80,000,000 Doll. Die gegen diese Obligationen und gegen Silber gusgetauschten Greenbacks sollen kassirt werden. In San Francisco ist der Contre⸗Admiral James Alden gestorben. Er befehligte vor einigen Jahren das Unionsgeschwader in den europäischen Gewässern, mit welchem er viele englische und Mittelmeerhäfen besuchte.

Afrika. Aegypten. Von dem Oberst Gordon ist aus Cairo ein vom 17. d. datirtes Telegramm eingetroffen, nach welchem er sich am 18. d. M. über Massowah auf seinen neuen Posten als Gouverneur des Sudan begeben wollte. Wie der „Standard“ aus Alexandria erfährt, wird der Oberst während seiner Anwesenheit in Massowah versuchen, einen Friedens⸗

schluß mit Abessynien herbeizuführen.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Brüssel, Sonnabend, 24. Februar. Der „Moniteur Belge“ veröffentlicht eine Königliche Verordnung, durch welche die Einfuhr und Durchfuhr von aus den Niederlanden kom⸗ mendem Rindvieh und Schafen über die Ost⸗ und Nordgrenze