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MWunlichst über diese Linie zu leiten und nicht der Berlin⸗Anhalter
Bahn zuzuführen. Wir selbst dagegen, wenn wir in den Besitz der
Linien gelangen, würden zu einer solchen Manipulation, selbst wenn
wir es wollten, überhaupt nicht im Stande sein. Es ist also nichts
irriger, als gerade in unserem Vorgehen eine Schädigung der Nach⸗
barbahn zu erkennen. 2 .
Andererseits hält freilich die preußische Staatsregierung an dem Gedanken fest, daß es von erheblichem Interesse für den Staat sei, nach den verschiedenen Verkehrsrichtungen hin eine Bahn im Besitze zu haben, die mit den benachbarten Privatbahnen konkurrirt.
Es ist dies ein Prinzip, welches das hohe Haus wiederholt ge⸗ billigt hat, und auf dem die Königliche Staatsregierung beharrt. 3
an hat in einer der letzten Sitzungen gesagt, daß die
Eisenbahnpolitik der preußischen Regierung systemlos gewesen sei.
Meine Herren, ich will dieses Kapitel an dieser Stelle nicht erörtern,
aber ich würde Ihnen Belege vorführen können, wie systemlos gerade
die Politik des preußischen Abgeordnetenhauses gewesen ist.
Sie würden in der That staunen, meine Herren, wenn
ich Ihnen in dieser Beziehung nähere Mittheilungen machen würde;
ich könnte sie machen, ich will aber gegenwärtig mit Stillschweigen darüber hinweggehen. Hat doch dieses hohe Haus einmal den Minifter von der Heydt, der immer als ein Hauptvertreter des Staatseisen⸗ bahnprinzips betrachtet wird, im Jahre 1862 dermaßen in die Enge eetrieben, daß er bekannte, er stehe selbst auf dem Boden des
ystems der Privatbahnen, alle die großen Staatsbahnen, wie die Ostbahn, die Saarbrücker Bahn, die westfälische Bahn, seien solche Staatsunternehmungen, an denen er vollständig unschuldig wäre, denn sie seien beschlossen und im Wesentlichen aus⸗ eführt, noch ehe er Minister geworden; daß aber die Bergisch⸗Mär⸗ ische Bahn in Staatsverwaltung sei, daran trage er eben⸗ falls keine Schuld, denn die Bahn habe das einmal so gewollt.
Ueber diese Erklärung, zu der dieser Minister von dem Abgeordne⸗
tenhause gedrängt, würde sich außerordentlich viel, reden lassen.
Wenn ein bestimmtes System in der Eisenbahnpolitik befolgt wor⸗
den, so ist es jedenfalls jetzt entschieden vorhanden.
Meine Herren! Ich weiß sehr wohl, dieses System hat zahl⸗ reiche Gegner, und ich bin der Letzte, der die Berechtigung dieser Gegnerschaft bestreiten will; ich behaupte aber bestimmt, wir ver⸗ fahren seit einigen Jahren ganz entschieden nach einem klar vor⸗ liegenden Prinzipe und suchen dasselbe mit immer größerer Energie zur Ausführung zu bringen. E welche dieses System zu unterstützen gedenken, werden die Vorlage nicht ablehnen dürfen. — Ich bitte daher um die Annahme derselben und wiederhole noch ein⸗ mal, daß, wenn auch aus der Ablehnung Seitens der Minister eine Kabinetsfrage nicht gemacht werden kann, doch auf der anderen Seite die Königliche Staatsregierung diese Angelegenheit als so bedeutungs⸗ voll aufgefaßt hat, daß kein Schritt in derselben geschehen ist, der sich nicht auf förmliche Staats⸗Ministerialbeschlüsse gruͤndete. Die ganze Prozedur bei den sämmtlichen Vorgängen ist durch Beschlüsse des gesammten Staats⸗Ministeriums geleitet worden. ““
Sie werden aus diesen Anführungen erkennen, daß die Regie⸗ rung mit Rücksicht auf die von ihr eingeschlagene Politik der Vor⸗ lage eine erheblichere Bedeutung beilegt. Ich bitte Sie, nehmen Sie dieselbe an.
Schließlich wurde der §. 1 mit 193 gegen 191 Stimmen und sodann der ganze Gesetzentwurf mit 186 gegen 165 Stim⸗ men angenommen. 1
Hierauf wurde ein Antrag des Abg. Dr. Thiel:
8 „Die Staatsregierung aufzufordern, in Erwägung zu ziehen, ob es sich nicht empfehle, zur Gewinnung eines tüchtigen Verwal⸗ tungspersonals für die Staatseisenbahnen den bisherigen Weg der
orzugsweisen Besetzung der sübeeen Stellen im Eisenbahndienste
mit Juristen zu verlassen und eine eigene Eisenbahnbeamtenlauf⸗ bahn zu eröffnen“, 1 mit Rücksicht auf eine vom Handels⸗Minister Dr. Achenbach abgegebene Erklärung, daß er diese Frage für sehr wichtig, gerade deshalb aber deren Berathung bei der gegenwäx⸗ tigen Geschäftslage des Hauses nicht für zweckmäßig halte, von dem Antragsteller zuruͤckgezogen. Um 4 Uhr vertagte sich das Haus.
— In der gestrigen Sitzung des Hauses der Abgeordneten äußerte sich der Minister der geistlichen ꝛc. Angelegenheiten Dr. Falk nach dem Abg. Schröder (Lipp⸗ stadt) wie folgt:
eine Herren! Ich habe mich, wie Sie wohl das Zeugniß nach der gestrigen und auch nach der heutigen Debatte mir geben werden, auf das Aeußerste zurückgehalten, und ich mache kein Hehl daraus, daß es wesentlich geschehen ist, wegen der gegen meine Person speziell gerichteten Angriffe. Ich meinte, diese Angriffe der allgemeinen Be⸗ urtheilung überlassen zu können. Freilich kommen immer und immer wieder Andeutungen, die mehr oder weniger deutlich machen sollen, daß an meiner Persönlichkeit eine gewisse Schuld der Nichtbesserung liege; es werden allerlei Formeln gesucht, die da bedeuten, ich sei persönlich engagirt. Es wird mir der Gedanke nahe gebracht, ich möchte doch wohlthun, mein Verhalten zu ändern, denn sonst würde mit dem Ende des Kulturkampfes auch meine amtliche Stellung zu Ende sein. Ja, ich bin manchmal zweifelhaft, ob hinter diesen Bemerkungen nicht auch der Gedanke liegt, daß ich, um in dieser Stell- zu bleiben, den Kulturkampf fortführe.
Nun, meine Herren, ich darf ja solche Gedanken den Herren, die ich dabei im Sinne habe, nicht unterlegen, aber so ganz zurück⸗ weisen konnte ich diesen Eindruck solcher Bemerkungen doch nicht. Da möchte ich Sie wirklich bitten, nur dieses Wenige zu bedenken: Ich habe an dieser Stelle gestanden nun mehr als 5 Jahre unter dem täglich fühlbaren Drucke ernstester Verantwortlichkeit, unter einer auch die Kräfte einer leidlich für die Arbeit geschaffenen Natur niederbeugenden Ueberlast schwerster Arbeit und in einer Durchführung meiner Pflichten, bei der ich täglich den bittersten, härtesten, sauersten Kampf habe — und, meine Herren, wer einen Zweifel hätte an der Richtigkeit dieser Worte, der möchte doch die letzten 12 Tage nicht vergessen, und na⸗ mentlich nicht den gestrigen. — Können Sie es denn wirklich für einen verständigen Mann und für einen Mann, der noch eine Spur von Empfindung hat, begreiflich finden, daß er um seiner Person willen an dieser Stelle bliebe? Ich denke, wenn Sie von dem Standpunkte aus argumentiren, werden Sie sagen müssen, es sei doch etwas Anderes, was ihn treibt auszuhalten; meine Herren, das ist etwas, was Gott sei Dank noch bei mir nicht verloren gegangen ist; das ist: unter allen Umständen aufrecht zu erhalten den Ruhm des preußischen Beamten, 1 Pflicht zu erfüllen, mag die Sache so schwer sein, wie sie wolle.
Diese persönliche Bemerkung durfte ich mir wohl nach den letzten Vorgängen hier im Hause gestatten. ch hätte aber doch nicht
das Wort ergriffen, wenn nicht der Hr. Abg. Schröder der Mei⸗ nung gewesen wäre, hier proklamiren zu dürfen, daß sich die Voraussetzungen vollständig geändert hätten, unter denen die Mai⸗ gesetze, um den Ausdruck zu wiederholen, erlassen worden seien. Er hat dabei nicht diejenigen Gesetze vor Augen gehabt. welche erlassen worden sind, um den Widerstand gegen die drei zuerst erlassenen Ge⸗ setze zu brechen, oder die erlassen wurden, um, soweit es dem Staate möglich war, gewisse nachtheilige „Folgen, die der Wider⸗ stand gegen die Gesetze für die katholische Bevölkerung hatte, zu beseitigen, sondern nur die Allerursprünglichsten, und er ist dann auf den Gedanken gekommen, zu be haupten, daß die Forderungen insbesondere des Gesetzes vom 11. Mai 1873 nur in dem Gedanken wurzelten, daß der Geistliche ein Staats⸗ beamter sei, und weil er nicht mehr ein Staatsbeamter wäre, 89 es auch nicht mehr nöthig, das Auge darüber zu haben, wie sich so ein Geistlicher entwickelt, nicht mehr nöthig, von ihm eine gewisse Bil⸗ dung zu verlangen, nicht mehr nöthig, Einrichtungen entgegenzutreten, welche geeignet sind, ihn herauszuheben aus seiner eigenen Nation, ja nicht mehr nöthig, für den⸗ kir lichen Obern
der Staatsgewalt nur eine Anzeige zu machen von beabsichtigten Anstellung. Sie wissen, welche Rolle gerade diese An⸗ zeigepflicht gespielt hat. Aber, meine Herren, war es wirklich der Gedanke, den der Hr. Abg. Schröder angab, der geleitet hat? Meine Herren, ein ganz anderer Gedanke ist es ja gewesen, und der ist nicht verändert und wird auch nicht verändert werden, wenn über⸗ haupt ein Geistlicher sich des Berufs dauernd bewußt bleibt, der ihm übertragen ist. Ich habe früher gesagt, weil der Geistliche im eminentesten Sinne des Wortes der Lehrer des Volkes ist, darum ist es unmöglich für diejenigen, die ein zu einem bestimmten Staate zu⸗ sammengefaßtes, organisirtes Volk zu führen oder zu schützen haben, derartige Gedanken von sich zu weisen, sondern es geht daraus an sich hervor die Mahnung, solche bedeutende Mächte im Auge zu behalten und diejenigen Schranken aufzubauen, die gegen den Mißbrauch solcher Macht absolut nothwendig sind. Der Hr. Abg. Lasker glaube ich, hat vorhin ein sehr richtiges Wort gesagt: Wollte die Staatsregierung bei den Vorschlägen zur Gesetzgebung uneingedenk bleiben dieser ihrer Pflicht, wie sollte es dann noch möglich werden, daß verschiedene Konfessionen in einem Staate nebeneinander leben? und noch weniger möchte es möglich sein, daß sie sich vereinigen, um diesen Staat zu fördern.
Nun hat endlich der Hr. Abg. Schröder noch die Behaup⸗ tung aufgestellt, es sei die Pflicht der Regierung entgegenzu⸗ kommen mit Revisionsvorschlägen, und doch hat er uns nur selbst ausgeführt, es sind im geringeren Maße Einzelheiten, die wir tadeln, es ist der ganze Zusammenhang, und diesen Standpunkt haben die Herren festgehalten bis heute zur Rede des Hrn. Abg. Cremer. Noch gestern ist ausgesprochen worden in der härtesten und schärfsten Weise, wie es überhaupt — darin hatte Hr. Lasker wieder Recht — in diesen Räumen nur möglich ist. Und da stellen Sie an die Regierung die Anforderung, sie solle Ihnen entgegenkommen mit Revisionsvorschlägen, die Sie ja eigentlich gar nicht wollen; Sie wollen eine Beseitigung des Ganzen, das geht aus der Rede des Hrn. Abg. Schröder hervor. Ich möchte wissen, wie es aufgefaßt würde, wenn ein solcher Schritt von Seiten des Ministeriums ge⸗ 5 Würden Sie — (gegen das Zentrum gewandt) — nicht alle agen: Nun, Gott sei Dank, die Regierung ist auf dem Rückmarsch! Und würde darum nicht Ihr Wunsch, Ihr Ruf hervorwachsen: Nun wollen wir aber Alles dasjenige durchsetzen, was wir überhaupt wollen! Dies sind so einfache Erwägungen, daß es fast nicht nöthig sein würde, darauf hinzuweisen. Ich denke, es reicht aus, wenn ich es als diesseitige Auffassung kundgebe: Wenn auch die Herren diesen ihren Standpunkt vielleicht unter dem Eindrucke einer milden Strömung, die auch zu meiner besonderen Befriedigung durch dieses Haus gegangen ist, ich sage, wenn Sie unter dem Eindrucke solcher Strömung einige solche nach dem Frieden schmeckende Reden halten, dessen ungeachtet wird die Regierung nicht eher dazu Derartiges denken können als bis sie Anderes unter anderen Umständen gewonnen und in anderer Weise zeugende Beweise gehabt hat, daß eben mit Abschnitt, einiger Härten und Uebelstände dem ganzen bitterbösen Kampfe ein Ende gemacht wer⸗ den könne. So lange diese Ueberzeugung vorhanden ist, daß das nicht der Fall ist, werden Sie nicht darauf rechnen können, daß der Wunsch des Hrn. Abg. Schröder erfüllt werde.
— In der heutigen (35.) Sitzung des Hauses der Abgeordneten, welcher am Ministertische der Vize⸗ Präsident des Staats⸗Ministeriums, Staats⸗ und Finanz⸗ Minister Camphausen und mehrere Regierungskommissarien beiwohnten, erledigte das Haus ohne Debatte in dritter Be⸗ rathung den Entwurf eines Gesetzes, betreffend die Ausdeh⸗ nung des Fischereigesetzes für den preußischen Staat, vom 30. Mai 1874, auf den Kreis Herzogthum Lauenburg. Ebenfalls in dritter Berathung wurde sodann der Entwurf eines Gesetzes, betreffend den Rechts⸗ zustand des von der Freien und Hansestadt Hamburg an Preußen abgetretenen Gebietstheils, sowie die Abtretung eines preußischen Gebietstheils an die Freie und Hansestadt Hamburg gegen den Widerspruch des Regierungskommissars, Geh. Ober⸗ Regierungs⸗Raths Dr. Forch, und aae Befürwortung des Abg. Frhrn. von Schorlemer⸗Alst in der vom Herrenhause beschlosse⸗ nen Fassung definitiv genehmigt. 8
Es folgte der Bericht der verstärkten Budgetkommission über den Antrag des Abg. Bernhardt und Genossen, betr. die Aufforstung öder Ländereien. Der Referent der Kommission, Abg. Rickert, beantragte Namens derselben:
„Die Königliche Staatsregierung zu ersuchen: 1) mit Rücksicht auf die unbestreitbar in vielen Theilen der Monarchie hervor⸗ tretende Nothwendigkeit, mit dem Ankauf und der Aufforstung öder Ländereien und ganz extensiv benutzter Weidegründe mit ab⸗ solutem Waldboden im Interesse der Landeskultur rascher als bisher vorzugehen. Die erforderlichen Geldmittel werden nöthigen⸗ falls durch entsprechenden Verkauf von Domänen beschafft; 2) statistische Erhebungen über die vorhandenen Forstländereien, über die Veränderungen des Waldareals und insbesondere über die im Landeskulturinteresse aufzuforstenden Grundstücke vornehmen zu fäfstn,un das betreffende statistische Material dem Landtage mit⸗ zutheilen. .
Es sprachen hierzu die Abgg. Bernhardt, von Meyer (Arnswalde) und der desevent Abg. Rickert. Der Landforst⸗ meister Ulrici erklärte, daß die Regierung mit dem Zwecke des Antrages Bernhardt wohl einverstanden, daß es aber frag⸗ lich sei, ob die Regierung mit Vortheil zu einem eifrigeren Vorgehen in dieser Beziehung angeregt werde, da man mit dem bisherigen Resultate wohl zufrieden sein könnte. Der Finanz⸗Minister Camphausen erklärte sein Einver⸗ ständniß mit der Nr. 2 des Antrages. Soweit es ohne allzu große Belästigung der unteren Instanzen möglich sei, werde die Regierung dem Antrage Folge geben. Der Minister äußerte noch den Wunsch, daß aus dem beschafften statistischen Ma⸗ terial die richtigen Schlüsse gezogen werden möchten. Der Antrag wurde mit Ausnahme des letzten Satzes der Nr. 1 angenommen.
Es folgte der Bericht der Budgetkommission, betreffend den Bericht der Staatsschuldenkommission über die Verwal⸗ tung des Staatsschuldenwesens im Jahre 1875. (S. Nr. 46 d. Bl.) Der Abg. von Benda beantragte Namens der Kommission, „1) der Königlichen Hauptverwaltung der Staatsschulden über die aufgeführten Rechnungen Decharge zu ertheilen. 2) Zu erklären: a. daß der in dem Bericht der Staatsschulden⸗Kommission dem Finanz⸗Ministerium gemachte Vorwurf der Verletzung des §. 5 Litt. c. des Gesetzes vom 24. Februar 1850 nach den der Budgetkommission vorgelegten Akten in den thatsächlichen Vorgängen nicht begründet ist, vielmehr das Finanz Ministerium sowohl wie die Hauptverwal⸗ tung der E“ vollkommen dem Gesetze gemäß gehan⸗ delt haben; b. daß die in dem Bericht enthaltenen Berech⸗ nungen über die noch offen stehenden Kreditbewilligungen mit den dem Hause der Abgeordneten und der Budgetkommission
ugegangenen Mittheilungen des Herrn Finanz⸗Ministers mehr⸗ sag nicht übereinstimmen. 3) Die Staatsschuldenkom⸗ mission unter. Mittheilung der von der chen Staatsregierung übergebenen Denkschrift aufzufor⸗ dern, ihrem nächsten Bericht auf Grund der von ihr geprüften Aufstellungen der Königlichen Hauptverwaltung der Staatsschulden eine Uebersicht der noch offen stehenden Kreditbewilligungen hinzuzufügen. 4) Von dem Beschlusse ad 2 uud 3 dem Herrenbe. Kenntniß zu geben.“ Der
—
Königli⸗
“
Regierungskommissar Geheimer Ober⸗Finanz⸗ Nat kam nach einer eingehenden Darlegung der ein chlägigen Vorgänge zu dem gleichen Resultat wie die Budgetkommis⸗ sion. Der Finanz⸗Minister Camphausen erklärte, daß der Irrthum der Staatsschuldenkommission aus der nicht genügen⸗ den Kenntniß der Vorgänge im Finanz⸗Ministerium herzu⸗ leiten sei. Dieser Ansicht schlossen sich die Mitglieder der Staatsschuldenkommission, die Abgg. Stengel und Klotz (Ber⸗ lin) an, während ein anderes Mitglied dieser Kommission, der Abg. von Bockum⸗Dolffs, den bisherigen Standpunkt der⸗ selben vertrat. (Schluß des Blattes.)
— Bei der Berathung der Gesetzvorlage wegen Abände⸗ rung des Gesetzes vom 23. Mai 1873, betreffend die Grün⸗ dung und Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds hat der Reichstag in seiner Sitzung vom 8. Februar v. J. be⸗ schlossen, den Reichskanzler zu ersuchen, die nach §. 14 des Gesetzes vom 23. Mai 1873 aufzustellende Bilanz, in welcher der zeitige Kapitalwerth der dem Reichs⸗Invalidenfonds ob⸗ liegenden Verbindlichkeiten angegeben ist, aufstellen zu lassen, und dem Reichstag in der nächsten Session vorzulegen. Unter Bezugnahme auf den Bundesraths⸗Beschluß vom 12. Februar v. Is., durch welchen diese Resolution dem Reichskanzler⸗ Amt zur Erwägung überwiesen wurde, hat der Reichskanzler dem Bundesrath das Ergebniß der von der Verwal⸗ tung des Reichs⸗Invalidenfonds auf Veranlaässung des Reichskanzler⸗Amts angefertigten Bilanzberechnung mit dem Antrage vorgelegt, eine gleiche Mittheilung an den Reichstag zu besch ießen. Der Berechnung des Kapitalwerths, der dem Reichs⸗Invalidenfonds obliegenden Leistungen und des Ver⸗ mögensstandes dieses Fonds nach dem Stande vom 1. April 1877 entnehmen wir Folgendes: Die Dotation des 1 Invalidenfonds beträgt nach dem Gesetz, betreffend die Gründung und Verwaltung des Reichs⸗Invalidenfonds vom 23. Mai 1873 561,000,000 ℳ. Aus der Kapitalsubstanz sind nachstehende Zuschüsse geleistet worden: im Jahre 1873 323,023 ℳ 10 ₰, 1875 1,811,356 ℳ 47 J. Die Rech⸗ nungsperiode vom 1. Januar 1876 bis 31. März 1877 ist noch nicht abgeschlossen, und werden deshalb die etatsmäßigen Beträge und zwar: für 1876 = 3,549,611 ℳ, für die Zeit vom 1. Januar bis einschließlich 31. März 1877 = 1,746,853 ℳ, zusammen 5,296,464 ℳ in Ansatz gebracht. Hiernach er⸗ giebt sich eine Ausgabe aus der Substanz in Höhe von 7,430,843 ℳ 57 ₰ und es verbleiben von der ursprüng⸗ lichen Dotation 553,569,156 ℳ 43 J. Für die Berech⸗ nung des zeitigen Kapitalwerthes der dem Reich in Folge des Krieges von 1870/71 obliegenden, dem Reichs⸗In⸗ validenfonds auferlegten Verbindlichkeiten sind von der Ver⸗ waltung des Reichs⸗Invalidenfonds Uebersichten aufgestellt worden. Inhaltlich derselben beläuft sich der Kapitalwerth: a. der Pensionen und Pensionserhöhungen für Offiziere, im Offizierrange stehende Militärärzte, Maschinen⸗Ingenieure, Deckoffiziere und Militärbeamte auf 137,211,393 ℳ, b. der Bewilligungen für Hinterbliebene der Offiziere, im Offizier⸗ range stehenden Militärärzte, Maschinen⸗Ingenieure, Teck⸗ offiziere und Militärbeamten auf 10,555,180 ℳ, c. der Pen⸗ sionen, Kriegszulagen, Verstümmelungszulagen, Dienstzulagen, Anstellungsentschädigungen und Unterstützungen für Militär⸗ personen der Unterklassen auf 257,096,470 ℳ, d. der Bewil⸗ ligungen für die Hinterbliebenen der Unterklassen auf 39,338,136 ℳ Es ergiebt sich hiernach ein zeitiger Gesammt⸗ Kapitalwerth von 444,201,179 ℳ Mithin ist ein Kapital⸗ überschuß vorhanden von 109,367,977 ℳ 43 ₰.
— Das Kaiserliche statistische Amt veröffentlichte die Resultate über den auswärtigen Handel des deut⸗ schen Zollgebiets bisher in vierteljährlichen bez. jährlichen Uebersichten. Die ersteren beschränkten si lediglich auf den summarischen Nachweis der quartaliter in den freien Verkehr eingeführten, bez. aus demselben aus⸗ geführten Waaren, während in den Jahresübersichten eine de⸗ taillirte Zusammenstellung des Waarenverkehrs nach den Grenz⸗ strecken des Ein⸗ und Ausgangs gegeben wurde. Diese Ueber⸗ sichten konnten indeß bei dem großen Umfange des zu bear⸗ beitenden Materials erst geraume Zeit nach Ablauf der Zeit⸗ abschnitte, auf welche sie sich bezogen, zur Veröffentlichung kommen, weshalb ihnen nur ein sehr bedingter Werth zuzu⸗ sprechen war. Die hieraus erwachsenden Uebelstände haben sich in jüngster Zeit um so fühlbarer gemacht, als für die Er⸗ örterung handelspolitischer Fragen, wie sie durch den bevor⸗ stehenden Ablauf der Handelsverträge angeregt worden sind, die Kenntniß der Handelsbewegung bis in die jüngste Zeit herein nicht allein im Interesse der Gesetzgebung und der Ver⸗ waltung, sondern auch in demjenigen des Handelsstandes dringend wünschenswerth erschien.
Mit Rücksicht h.c ist vom Bundesrathe unterm 6. Dezember v. J. (§. 399 des el der 31. Sitzung) be⸗ schlossen worden, die Statistik über den Waarenverkehr des deutschen Zollgebiets mit dem Auslande und den Zollaus schlüssen künftig rascher, als bisher, zur Veröffentlichung ge langen zu lassen und dieselbe durch Ausstellung von Monats übersichten über Ein⸗ und Ausfuhr der Waaren mit Unterscheidung der Grenzstrecken des Eingangs und Aus gangs, wie solche in anderen Staaten, z. B. Frankreich, Eng land, Belgien und den Niederlanden bereits existiren, wesent lich zu vervollkommnen.
In Ausführung dieses Bundesrathsbeschlusses veröffent licht das Kaiserliche statistische Amt vom laufenden Jahre an regelmäßig Monatsausweise über Ein⸗ und Aussuhr der wichtigeren Waarenartikel im deutschen Zollgebiete, und wird die erste derartige Publikation, welche den Handelsverkehr im Monat Januar d. J. umfaßt, mit der heutigen Nummer des „Reichs⸗ und Staat⸗Anzeigers“ als Beilage ausgegeben In Anbetracht der Bedeutung, welche einer thunlichst zaschen Veröffentlichung der Handelsausweise für die Zwecke des deutschen Handelsstandes zukommt, wird letzterer auf diese Publikationen des Kaiserlichen statistischen Amts hierdurch be⸗ sonders aufmerksam gemacht. ⸗
— Die in der heutigen Börsenbeilage abgedruckte tabel⸗ larische Uebersicht der Wochenausweise der deut⸗ schen Zettelbanken vom 23. “ schließt mit fol⸗ genden summarischen Daten ab: Es betrug der gesammte Kassenbestand 741,748,000 ℳ oder der Vorwoche gegenüber weniger 6,452,000 ℳ; der Wechselbestand weist mit 607,880,000 ℳ eine Vermindernng um 1,343,000 ℳ und die Lombardforderungen zeigen bei einem Betrage von 84,212,000 ℳ eine solche von 1,399,000 ℳ; ferner ist der Betrag der um⸗ laufenden Noten um 12,946,000 ℳ auf 888,799,000 ℳ zu⸗ rückgegangen, während die täglich fälligen Verbindlichkeiten in Höhe von 190,753,000 ℳ der Vorwoche gegenüber einen Zu⸗
Rötge
Bezirksräthe, wona
wuchs um 2,652,000 ℳ konstatiren; die an eine Kündigungsfrist
eebbundenen Verbindlichkeiten in Höhe von 99,204,000 ℳ aaben seit der Vorwoche um 2,740,000 ℳ abgenommen.
— Nach einem Cirkularerlaß des Ministers des Innern vom 1. v. M. wird der Vorschrift im zweiten Absatze des §. 15 des Geschäftsregulativs für die enen und . die Urschriften der vom Kollegium gefaßten Beschlüsse von wenigstens drei Mitgliedern mit Ein⸗
. 8 schluß des Vorsitzenden und des ernannten Mitgliedes zu voll⸗ ziehen rischer
sind, genügt, wenn ein kurzer protokolla⸗ Vermerk, welcher den wesentlichen Inhalt des gedachten Beschlusses enthält, in der vorgeschriebenen Weise vollzogen wird. Die Absicht der gedachten Bestimmung ist dahin gegangen, daß in dieser Weise die in einer Sitzung des Kollegiums gefaßten Beschlüsse während oder unmittelbar nach der Sitzung durch die Unterschrift von drei Mitgliedern fest⸗ gestellt werden, damit jeder spätere Zweifel über das Beschlossene vermieden werde. Ein Versenden der Akten, um die Unter⸗ schrift des dritten Mitgliedes einzuholen, entspricht dieser Ab⸗ sicht nicht. Auch bedürfen die Konzepte der demnächst aus⸗ führlichen beziehungsweise mit Gründen zu versehenden Be⸗ schlüsse des Nolegtanas nicht der Unterschrift von drei Mit⸗
iedern; es genügt dafür die Vollziehung durch das mit 5 Absetzung betraute Mitglied und den Vorsitzenden. Die Frage, ob die nach dem zweiten Absatze des §. 5 des Ge⸗ schäfts⸗Regulatives von dem Vorsitzenden allein zu erlassenden Verfügungen mit Rücksicht auf die Bestimmung im ersten Satze des §. 15 die Unterschrift: „Der Provinzialrath der Provinz ꝛc. (beziehungsweise der Bezirksrath ꝛc.) tragen müssen, ist zu verneinen.“ Deräͤrtige Verfügungen sind vielmehr mit der Unterschrift: „Der Vorsitzende des Provinzial⸗(Bezirks⸗) rathes ꝛc.“ zu versehen.
— Nach einer Allerhöchsten Bestimmung vom 15. v. M. haben die zu den Offizieren von der Armee versetzten, be⸗ ziehungsweise à la suite der Armee gestellten und die mit der Erlaubniß zum Tragen der Armee⸗Uniform verabschiedeten Offiziere der Feld⸗ (exkl. reitenden) Artillerie, der Fuß⸗Artillerie, des Ingenieur⸗Corps und des Eisenbahn⸗Regiments die Armee⸗Uniform für In⸗ fanterie, die Offiziere derselben Kategorie von der reitenden Ar⸗ tillerie und dem Train die Armee⸗Uniform für Kavallerie — die Verabschiedeten mit den entsprechenden Abzeichen zu tragen. Als Kopfbedeckung wird zu der Armee⸗Uniform ge⸗ tragen: von den Offizieren der Infanterie, der Jäger und Schützen, des Ingenieur⸗Corps und des Eisenbahn⸗Regiments der Infanteriehelm älterer Form (— mit eckigem Vorder⸗ und abge undetem Hinterschirm und mit Blättern —) mit heral⸗ dischem Adler und dem Namenszuge FR., von den Offi⸗ zieren der Kavallerie und des Trains der Dragonerhelm mit gelben Beschlägen; von den Offizieren der Artillerie der Ar⸗ tilleriehelm — nach älterer Form — mit heraldischem Adler und dem Namenszuge FR. — An den Helmen wird von den Offizieren aller Waffen bei entsprechender Gelegenheit ein weißer Haarbusch geführt.
— Zum Lehrkursus der Militär⸗Schießschule wer⸗ den zum 15. März einberufen 35 Offiziere, 209 Unteroffiziere, 2 Hornisten, 82 Gemeine und 6 Handwerker; zum 1. August 35 Offiziere, 203 Unteroffiziere, 2 Hornisten, 82 Gemeine, 6 Handwerker. Zur Stamm⸗Compagnie zum 15. März 1 Hornist, 69 Gemeine, 4 Handwerker; zum 1. August eben⸗ soviel; zur Versuchsabtheilung zum 15. März und zum 1. August je 16 Handwerker.
Bayern. München, 27. Februar. Die „Allg. Ztg.“ ver⸗ öffentlicht folgendes Dementi: ist bezüglich der Berufung des vormaligen Direktors Kopp an das Königliche Appellationsgericht in München behauptet, 89 hierbei für die zur Würdigung der Sache zunächst be⸗ rufene gerichtliche Aufsichtsstelle, sowie für die Staatsregierung dessen Thätigkeit als Abgeordneter zum bayerischen Landtag von bestimmendem Einflusse gewesen sei. Wir sind aus bester Quelle in der Lage, diese Behauptung nach allen Richtungen als unwahr zu bezeichnen.“ — Zur Konstituirung der „Katholischen Volkspartei in Bayern“ und zur Be⸗ rathung und Beschlußfassung über das Programm derselben ist nun auf Dienstag, den 6. März, Abends, eine konstitui⸗ rende öffentliche Versammlung im großen Saale der „Neuen Welt“ hier anberaumt. Das die Einladung erlassende vor⸗ bereitende Comité besteht, der „Allg. Ztg.“ zufolge, aus 56 Personen, unter welchen sich 17 geistliche Herren von aus⸗ wärts befinden, so namentlich auch Pfarrer Mahr, wäh⸗ rend der gefammte Klerus der Residenzstadt in demselben nicht vertreten ist. Der Landtagsabgeordnete Dr. Rittler, der in der Versammlung vom 16. v. M. so entschieden für die Grün⸗ dung der neuen Partei aufgetreten war, hat sich, wie die „Allg. Ztg.“ hört, von dem Unternehmen zurückaezogen. — Der ka⸗ tholische Bürgerverein in Kitzingen hatte im Laufe des vorigen Sommers eine Anzahl von Resolutionen gefaßt, und der katholische Bürgerverein in Würzburg sich denselben alsbald engeschlossen⸗ durch deren Inhalt sich die sämmtlichen Minister * eleidigt erachteten, und deshalb gegen die Mitglieder des
orstandes beider Vereine Anklage erhoben. Die Verhand⸗ lung hierüber wird nun vor dem Königlichen Bezirksgericht Würzburg am 15. k. M. Unter den 10—12 An⸗ geklagten befindet sich auch der Landtagsabgeordnete Dr. Rittler.
8G
Hesterreich⸗-Ungarn. Wien, 27. Februar. Die Kaiserin begiebt sich morgen zu muthmaßlich nur kurzem Aufenthalte von Wien nach Gödöllö.
— 1. März. (W. T. B.) Der Eisenbahnausschuß des Abgeordnetenhauses hat bei der Berathung des Ge⸗ setzentwurfes, betreffend die Regelung des Verhältnisses der garantirten Bahnen im Prinzipe dahin entschieden, daß das Gesetz auch auf jene Betriebskosten und Ausfälle Anwendung fin⸗ den solle, welche zur Zeit bereits bestehen. Der Handels⸗ Minister hatte erklärt, daß die Regierung beschlossen habe, ihre bezüglichen Vorlagen Angesichts der Wünsche der Bevölkerung und der Petitionen der Handelskammern aufrecht zu erhalten, und dieselben dem Votum des Parlaments zu überlassen.
Krakau, 26. Februar. Die hiesige Handels⸗ und Gewerbekammer hat, wie der „Presse“ gemeldet wird, in einer an das Handels⸗Ministerium gerichteten Eingabe das Ersuchen gestellt, die Regierung möge sich durch das Resultat der Abstimmung über die jüngst im Abgeordnetenhause zur Verhandlung gelangte Vorlage, be⸗ treffend die Dux⸗Bodenbacher Bahn in ihren auf die Befesti⸗ gung des Eisenbahnkredits abzielenden Intentionen nicht
„In einem Theile der Presse
beirren lassen. In der Zurückziehung der weiteren Eis bahnsevirasrssvorlagen würde die Kammer eine arge Schädigung des Eisenbahn⸗Effektenmarktes und unserer wirth⸗ schaftlichen Lage erblicken. Sie stellt deshalb an die Regierung die Bitte, diese Vorlagen nicht zurückzuziehen, sondern im Reichsrathe nachdrücklich zu vertreten.
Pest, 27. Februar. Im Abgeordnetenhause er⸗ klärte der Minister⸗Präsident Tisza den vereinbarten Aus⸗ gleich auch für die materiellen Interessen Ungarns für vor⸗ theilhaft, wenngleich auch den Interessen Oesterreichs große Konzessionen gemacht wurden. Die Regierung übernehme die Verantwortung für die Ausgleichsvorlagen, welche binnen Kurzem eingebracht werden. Senyey berichtete, er habe, zur Kabinetsbildung berufen, erklärt, daß die Zahl seiner Gefin⸗ nungsgenossen im Hause nur gering sei, maßgebend für ihn wäre jedoch der Umstand gewesen, daß er für die bereits erfolgten Vereinbarungen nicht die Verantwortung übernehmen könnte. Er lege das Hauptgewicht auf das Zollvündniß und vermag für die Nachtheile hierin in den Errungenschaften in der Bankfrage keine Kompensation zu erblicken. In Anbetracht der Lage wäre die Aufnahme neuer Verhandlungen unthun⸗ lich gewesen.
Schweiz. Bern, 23. Februar. Seit längerer Zeit hat sich der Bundesrath in seiner Sitzung vom 23. Februar wieder mit einem auf den juras⸗ sischen Kirchenkonflikt Bezug habenden Rekurs zu beschäftigen gehabt. Durch Erkenntniß der Polizeikammer des Kantons Bern vom 28. Oktober 1876 ist der römisch⸗katholische Priester Adolf Servet in Asuel wegen Zuwiderhandlung gegen das Berner Gesetz betreffend Störung des religiösen Friedens vom 31. Oktober 1875 zu 100 Fres. Buße und den Kosten verurtheilt worden, wogegen der Verurtheilte beim Bundesrath Rekurs erhoben hat. Offizieller Mittheilung zufolge hat der⸗ selbe diesen Rekurs heute abgewiesen. Die Motivirung er⸗ klärt u. A.: „Läge gegen den Rekurrenten nichts Anderes vor, als daß er, ohne nachher seine Unterschrift zurückzuziehen, den be⸗ kannten Protest unterzeichnet habe, so müsse sein Rekurs ebenso als begründet erklärt werden, wie dies bereits in mehreren Fällen solcher Art geschehen ist. Allein in vorliegendem Falle ist aktenmäßig festgestellt, daß der Priester Servet über das Kirchengebäude in Asuel verfügt hat, ohne sich um die Bestimmungen des bernschen Gesetzes über die Organisation des Kirchenvorstandes zu kümmern, wonach eine solche Verfügung ausschließlich dem Kirchengemeinderathe zusteht. In dieser Mißachtung eines den Ansprüchen des Klerus entgegentretenden Staatsgesetzes erblickt die Polizeikammer des Kantons Bern mit Recht eine Fortsetzung des Widerstandes gegen die staatliche Ordnung, und da dieselbe sich in einer positiven Weise durch eine be⸗ stimmte Thatsache geltend gemacht hat, so ist diejenige Vor⸗ aussetzung offenbar vorhanden, welche durch den bundesräth⸗ lichen Entscheid vom 12. Mai 1876 für die Anwendbarkeit von §. 3 des Gesetzes über Störung des religiösen Friedens 8 82 abberufenen jurassischen Geistlichen aufgestellt wor⸗ en ist.“
Basel, 28. Februar. (W. T. B.) Die Kommission in der Angelegenheit der Pariser Weltausstellung hat das Projekt des Obersten Rieter, betreffend die Betheiligung an derselben angenommen und beschlossen, bei dem Bundes⸗ rathe die Bewilligung eines Kredites von 375,000 Frcs. zu beantragen.
Großbritannien und Irland. London, 27. Februar. (E. C.) Im Auftrage und Namen der Königin hielt gestern Nachmittag der Prinz von Wales in derselben Weise wie vor vierzehn Tagen ein feierliches Leveer. Am 12. März wird die Königin in Person einen Empfang (Leveer) im Buckingham⸗Palace halten. — Bei dem am 19. April statt⸗ findenden Jahresfestmahl des deutschen Krankenhauses in Dalston wird der Herzog von Cambridge den Vor⸗ sitz führen. — Nach dem soeben ausgegebenen amtlichen Aus⸗ weise beträgt die Gesammtsumme der am 30. September 1876 vorhandenen, in England erhobenen zinstragenden ostindi⸗ schen Anleihe 53,876,116 Pfd. Sterl.; dazu kommen ost⸗ indische Obligationen, die nicht Zins tragen, im Betrage von 20,917 Pfd. Sterl. Die Gesammtsumme der in Indien ist 72,973,641 Pfd. Sterl. nebst 58,390 Pfd. Sterl. die nicht zinstragend sind.
Neuschottland. (A. A. C.) Aus Halifax wird un⸗ term 26. d. telegraphirt: „In einer vor dem höchsten Gerichts⸗ hof am Sonnabend verhandelten Frage wurden Beweise dafür
eigebracht, daß das gewissen Vollmachten (Commissions) auf⸗
gedrückte Siegel nicht das Großsiegel der Provinz, sondern das alte Siegel sei, das im Jahre 1869 der Reichsregierung zurückgesandt werden sollte. Der Premier⸗Minister räumte ein, daß die Regierung das alte Siegel benutzt habe, worauf der Gerichtshof die Meinung ausdrückte, daß alle das Groß⸗ siegel seit 1869 erheischenden Akte gänzlich ungültig seien. Neuschottland sei somit ohne eine Regierung oder ein Parla⸗ ment und alle seit dem gedachten Jahre geschlossenen Ehen seien ebenfalls null und nichtig.“
Frankreich. Paris, 27, Februar. (Köln. Ztg.) Die Wahl St. Martins in Avignon bietet den konservativen Blättern Veranlassung zu Angriffen gegen die Republik, aber auch im linken Centrum ist man keineswegs erfreut über das Ergebniß der Wahl; man hat im Gegentheil den bestimmten Entschluß gefaßt, bei nächster Wiederkehr der Gelegenheit Alles aufzu⸗ bieten, damit der gemäßigte Kandidat die Oberhand behalte. — Die republikanische Linke des Senates wird sich morgen mit der Wahl eines Senators auf Lebenszeit beschäftigen. Der Tod des Hrn. Staplande bringt die Anzahl der im Senat erledigten Sitze auf sechs. Es sind die⸗ jenigen der Herren Esquiros (Bouches du Nhone), Bonnefoy⸗ Sibour (Gard), Ch. Rolland (Seine⸗et⸗Loire), Maurice und Staplande (Nord) und Changarnier. Drei erledigte Sitze ge⸗ hörten der Linken und drei der Rechten. Die Senatsvertre⸗ tung des Departements Nord ist durch den Tod der Herren Maurice und Staplande auf drei Mitglieder herabgesunken, der Verfassung gemäß müßte aber noch eine Erledigung statt⸗ finden, ehe man zur Zusammenberufung der Wähler schreiten könnte. Das Norddepartement gehört zu den Departements, die ihre Senatsvertretung im Jahre 1882 zu erneuern haben,
aber es wird bei der ersten theilweisen Erneuerung des Se⸗ nates im Dezember 1878 die erledigten Sitze zu ersetzen haben. Dasselbe muß zu gleicher Zeit für die anderen Departements geschehen, in denen die Senatsvertretung nicht vollständig ist. — Der orleanistische Deputirte für Cantal, Marquis de Castellane, ist, wie die heutigen Blätter melden, wegen Ver⸗
schwendung unter gerichtliche Vormundschaft gestellt worden.
aufgenommenen zinstragenden Anleihe bis zu jenem Datum
1“
— Italien hat Dele Verlängerung seines “ mit der französi⸗ rhandeln. emeinen Erneuerung der Handelsverträge dauern inzwischen fort — Frankreich besitzt gegenwärtig 79 Schullehrer⸗Semi⸗ nare und 16 Normalschulen
schen Regierung unte
stalten nicht hinreiche des öffentlichen Departement eine
ter errichtet würde, un
Der Maire von Mar meinderathe eröffnet, der brodlosen Arbeiter 1
Arbeiten die Summe von Versailles, 28.
Regierung die nachgesu Verfolgung Paul d
hat am an die
wärtigen Zeitungen fort einer Krankheit des einem hervorstehenden
jeder Begrüng entb Frieden zwischen der der großen Skupschtina,
— (W. T. B.) D
treffen nächsten Freitag Belgrad, G
ᷣ
Friedensgrundlage
Wien, 28. Korrespondenz“ wird au
stehenden militärischen2
wahrscheinlich. — Aus
berichtet, daß dieser schn Nothwendigkeit gewesen waigen für das Land
sind in Belgrad mehre
Mission in Paris. 16. Februar bei einer Besf
Paschas seiner Weigeru 500,000 Pfund aus Staat der Hartnäckigkeit, mit w
Es ist vollkommen unrichti mäßiger Weise (indüment) teln des Schatzes zueignen Lage gewesen ihm vorgeschlagen haben vielmehr der Konflikt, wel Ministers auffaßten. ernste Inkonvenienzen und Dies ist die Wahrheit Publikum muß heute vollst
und wir glauben, es genüg behaupteten Thatsachen zu
— Die „Agence g Großmächte Antworten
jegliche kriegerische könne. — Diese Nachr
einigen. ‚ günstig sind, so darf n.
eingetroffen sind.“ — Aus Widdin w
vereinigten
dieser Truppen sind Asia aus Konstantinopel theils Die gesammte bewaffnet; die für
heit des Klimas und die
solche
Bewilligungen für die erste
elgr 28. Februar. Skupschtina hat die mit der
nung einer solchen in der
vorgenommen worden. „—— Meber die Entlassung Midhat Paschas ver⸗ öffentlicht die „Agence Havas“ folgende Mittheilung:
„Der Minister der Auswärtigen Angelegenheiten an die osmanische
Midhat Paschas herbeigeführt haben, „Politischen Korrespondenz“
nung darbieten konnte. Da
deutsche „St. Petersburger Zeitung“ nach eigenen Informationen,
schen Saitschar und Widdin unter dem Befe — Truppen bilden 65 fanterie und 2 Reiterregimenter mit 78 Geschützen.
—22
e über vorläufige
te hergesch Die Vorarbeiten zu einer all⸗
Da diese An⸗
für Lehrerinnen. der Minister
nd sind, wünscht Unterrichts, daß in jedem Schule für beide Geschlech⸗ nd will die Departemental⸗Räthe zu Einrichtung veranlassen. — seille, Maglione, hat dem Ge⸗ daß die Stadt zur Beschäftigun nehrere Neubauten unternimmt. Der
Gemeinderath hat sich bereit erklärt, für diese außerordentlichen
1,411,000 Fr. in das Budgeteinzustellen. Februar. (W. T. B.) In den
heutigen Ve rs amm lungen der Linken des linken Centrums und der Gruppe Gainbetta wurde einstimmig beschlossen, der
chte Ermächtigung zur gerichtlichen e Cassagnacs zu ertheilen.
Türkei. Konstantinopel, 28. Februar. (W. T. B.) Der Minister der Auswärtigen
Angelegenheiten
gestrigen Tage 5 Uhr Nachmittags eine Depesche ie Vertreter der Pforte im und sie von Neuem davon verständigt, daß alle in den aus⸗
Auslande gerichtet dauernd umlaufenden Gerüchte von Sultans Abdul Hamid, von Wechsel im Großvezierat und von
einer unruhigen Haltung der Bevölkerung in Konstantinopel
ehrten.
Nachdem die Bedingungen für den Pforte und Serbien sowohl von wie auch von dem türkischen Minister⸗
rathe angenommen worden sind, soll morgen Mittag hier die Unterzeichnung des Friedensvertrages erfolgen.
er Waffenstillstand mit Monte⸗
negro ist der Friedensunterhandlungen wegen formell um 20 Tage verlängert worden und sind die dem entsprechen⸗ den Weisungen ergangen.
Die montenegrischen Delegirten
hier ein.
(W. T. B.) große Pforte vereinbarten n angenommen und ist, da ihre
Die
ufgabe hiermit beendigt ist, wieder geschlossen worden. Februar.
(W. T. B.) Der ,VPolitischen s St. Petersburg telegraphisch ge⸗
meldet, daß der General Ignatieff sich demnachst nach Wien, Berlin und Parse begeben wird. Dasselbe Organ bespricht nochmals die Nachricht von einer unmittelbar bevor⸗
Aktion am Pruth und hält die Eröff⸗ gegenwärtigen Jahreszeit für un⸗ Belgrad wird der genannten Kor⸗
respondenz bezüglich des sofortigen Schlusses der Skupschtina nach der Annahme der mit der Pforte vereinbarten
—
Friedensgrundlagen elle Schluß ein Gebot der politischen sei. Man habe auf diese Weise et⸗ und die Regierung verhängn ßvollen
Ausschreitungen vorbeugen wollen. — In den letzten Tagen
re Verhaftungen von Sozialisten
Konstantinopel, 26. Februar, Abends.
Das „Journal des Debats“ beruft sich in seiner Nummer vom
prechung der Ursachen, welche den Sturz h auf eine Behauptung der in Wien, wonach die Ungnade Midhat ng zuzuschreiben wäre, dem Sultan smitteln zur Verfügung zu stellen, sowie elcher er die Ernennung dreier christlichen
Gouverneure verlangt habe. Der Bericht des Wiener Blattes, welchem das „Journal des Debats“ diese Informationen entnommen hat, ist gänzlich erfunden.
g, daß der Sultan sich jemals habe unrecht⸗ fünfhunderttausend Pfund aus den Mit⸗ wollen, und daß Midhat Pascha einem
solchen Vorhaben entgegenzutreten hatte. 1 Es ist ganz ebenso unrichtig, daß Se. Majestät jemals in der
wäre, sich
General⸗Gouverneure zu
der Ernennung dreier christlicher widersetzen, welche Midhat Pascha soll. Die Meinungsverschiedenheit oder cher den Sturz Midhats entschieden hat,
hat seinen Ursprung nur in der ganz verschiedenen Art gehabt, in welcher der Sultan und Midhat Pascha die Attribute eines Premier⸗ 1 Dieser Konflikt war schließlich so hervor⸗ getreten, daß die Anwesenheit Midhat Paschas in Konstantinopel
Ugar Gefahren für die öffentliche Ord⸗ er seine Entfernung.
und die volle Wahrheit. Das europäische ändig über diesen Punkt unterrichtet sein t, die von der „Politischen Korrespondenz“” dementiren, um nachzuweisen, daß die auf
diesen unrichtigen Vehauptungen begründeten Betrachtungen des „Journal des Debats“ jeder Grundlage entbehren.“”
én. russe“ meldet unterm 25.: „Die g“ annoncirt heute Morgen daß Seitens der europäischen an die Kaiserliche Regierung einge⸗
troffen seien, und sei deren Inhalt ein für Rußland so be⸗ friedigender, daß die Lösung der orientalischen Krisis ohne Verwickelung ins Auge gefaßt werden
icht, welche ins Ausland telegraphirt
worden ist, ist nicht richtig. Es ist bis jetzt noch keine Antwort eingetroffen, konnte auch nicht eintreffen; die englischen Minister sollten sich erst heute zu diesem Zwecke ver⸗ Da die Absichten der Kabinete im
Allgemeinen nan wohl Gutes daraus vermuthen,
ohne daß man indeß irgend etwas Bestimmtes daraus folgern könnte, bevor diese Antworten bei der Kaiserlichen Regierung
ird den „Times“ „Die zwi⸗
hle Osman Paschas gegenwärtig 63 Bataillone In⸗ Widdin selbst hat eine Besatzung von 28,000 Mann. 30 Bataillone
ten, welche erst in den letzten Wochen zu Wasser, theils zu Lande ankamen.
Infanterie ist mit Martini⸗Henrygewehren
die Asiaten ungewohnte Rauh⸗ Mangelhaftigkeit der Bequartierung