Gründe am
1 b 8
Peru. (A. A. C.) Bis zum 13. Februar reichende Nach⸗
richten melden: Der Peruanische Kongreß hat den von der Exekutive mit den Herren Oliphant u. Co. geschlossenen Ver⸗ trag für die Einführung chinesischer Arbeiter in Peru in Uebereinstimmung mit dem zwischen Peru und China bestehenden Vertrage genehmigt und das Gesetz votirt, das für diesen Zweck eine jährliche Subsidie von 160,000 Soles gewährt. Der Kongreß versagte indeß seine Genehmigung der zwischen der Regierung und der Firma Oliphant u. Co. bereits vereinbarten Rückfracht von Guano und Salpeter.
Afrika. Aegypten. Aus Kairo wird der „Köln. Ztg.“ unter dem 8. d. M. geschrieben:
Zu den am 15. April stattfindenden Festlichkeiten werden außer⸗ ordenkliche Vorbereitungen getroffen. An diesem Tage soll der Ismailieh⸗Kanal, an welchem bis zu seiner Vollendung fünf Jahre “ wurde, feierlich eingeweiht werden. Der Ismailieh⸗ Kanal, welcher, aus dem Wasser des Nils bei Kairo gespeist, dasselbe auf einer Strecke von 90 Kilometer bis zum Wadi Tumilat leitet und daselbst mit dem Südwasser⸗Kanal des Kanals vom Isthmus von Suez verbindet, hat den Zweck, die Bewässerung ausgedehnter Strecken fruchtbaren Erdreichs zu ermöglichen, welche sich am Wüsten⸗ rande längs der Ostseite der Spitze des Deltas und auf der Südseite des Wadi Tumilat ausdehnen und die wegen ihrer höheren Lage kisher aus den vorhandenen Kanälen des angrenzenden Fruchtlandes kein Wasser zu beziehen vermochten. Der Kanal ist für Flußfahr⸗ zeuge schiffbar, und werden seine Wasser durch Schleusen an beiden Endpunkten und einer dritten bei Bulbés auf halber Länge seiner Ausdehnung regulirt. Der Khedive wird an den Eröffnungs⸗ feierlichkeiten persönlich theilnehmen und mit einem Gefolge zahl⸗ reicher Festgeladenen zu Schiff die Kanalfahrt bewerkstelligen.
Australien. (A. A. C.) Aus Sidney wird unterm 16. d. M. gemeldet: Das Ministerium hat nach einer Niederlage in der gesetzgebenden Versammlung seine Demis⸗ sion gegeben. Der Tod des ““ Erz⸗ bischofs von Sidney wird heute gemeldet.
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
8 Pest, Donnerstag, 22. März. Unterhaus. Der Finanz⸗ Minister legte einen Gesetzentwurf vor, betreffend die Ermäch⸗ tigung zum Abschlusse eines 6 prozentigen Goldrenten⸗Anlehens behufs Konversion der schwebenden Schuld von 76 ½ Mill. Fl.
Reichstags⸗Angelegenheiten.
Die erste Abtheilung des Reichstags hat über die bei Pruüfung der Wahlverhandlungen wahrgenommenen Verstöße gegen das Wahlreglement einen Bericht erstattet, der durch die Wahrnehmung veranlaßt ist, daß, obgleich nach dem Wahlgesetz vom 31. Mai 1869 und dem dazu gehörigen Reglement vom 28. Mai 1870 schon wiederholt die Wahlen der Abgeordneten zum Reichstag vollzogen worden sind, doch immer noch erhebliche Verstöße gegen die bestehenden Vorschriften vorkommen und die mit der Ausführung der Wahlen betrauten Organe zu einem großen Theile nicht mit der Sorgfalt verfahren, welche bei der Wichtigkeit der Sache zu er⸗ warten wäre und welche am wenigsten bei einem Verfahren, das seiner Natur nach an strenge Formen gebunden sein muß, entbehrt wer⸗ den kann. Nach Aufzählung verschiedener weniger erheblicher Mängel hebt der Bericht als häufig wiederkehrende und darum zu rügende Verletzungen gegen die einschlagenden gesetzlichen Bestimmungen ins⸗ besondere folgende hervor: 1) Bei vielen Wählerlisten war die Be⸗ scheinigung des Gemeindevorstandes darüber, daß und wie lange die Auslegung geschehen, zu vermissen — §. 2 Abs. 3 des Reglements. 2) Die Berichtigungen der Wäblerlisten sind öfters nur durch Streichungen und Einschreibungen ohne Angabe der Rande der Liste bewirkt worden. Einige Wählerlisten waren gar nicht abgeschlossen, bei anderen war die für den Abschluß bestimmte Frist nicht innegehalten, hin und wieder sogar der Abschluß vor Beginn der Auslegung datirt. Das zweite Exemplar entbehrte oft auch der amtlichen Bescheini⸗ ung der Uebereinstimmung mit dem Hauptexemplar — §. 4 Abs. 1 und 2 Anlage A. 3) Sehr häufig entbehren die Wählerlisten und die Gegenlisten der Unterschriften des Wahlvorstandes, oder sie tragen nur die Unterschriften der Wahlvorsteher, nicht auch die der Protokollführer und Beisitzer — §. 18 Abs. 3. 4) Ungültig erklärte Stimmzettel sind
“ Kunst, Wissenschaft und Literatur.
neuen Justizgesetze a Ler, eir der von [(dem Ober⸗Gerichts⸗
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dem Protokolle nicht beigefügt, oder wenigstens nicht mit fortlaufenden
Nummern versehen worden, auch hat man zuweilen unterlassen, die Gründe anzugeben, aus denen die Ungültigkeitserklärung erfolgt ist — §. 20 Abs. 1. Demgemäß beantragt die erste Abtheilung: Der
Reichstag wolle beschließen: den Herrn Reichskanzler zu ersuchen, daß in geeigneter Weise auf Abstellung der bei den Verhandlungen über die Wahlen der Abgeordneten vorkommenden Mängel hin⸗ gewirkt werde.
— Der Gesetzentwurf, betreffend die vorläufige Erstreckung des Haushaltsetats des Deutschen Reichs für das Vierteljahr vom 1. Januar 1877 bis 31. März 1877, auf den Monat April 1877 lautet: §. 1. Bis zur ge⸗ setzlichen Feststellung des Reichshaushaltsetats für das Etatsjahr 1877/78 und vorbehaltlich der Aenderungen, welche durch diese Fest⸗ stellung sich ergeben, wird über den Reichshaushalt für den Monat April 1877 Folgendes bestimmt: I. Der durch Gesetz vom 23. Dezember 1876 festgestellte Reichshaushaltsetat fur das Viertel⸗ jahr vom 1. Januar bis 31. März 1877 wird unter den nach⸗ stehenden Maßgaben auf den Monat April 1877 erstreckt: 1) Die fortdauernden Ausgaben betragen bei den einzelnen Kapiteln und Titeln ein Drittel der in dem Vierteljahrs⸗ etat in Ansatz gebrachten Summen, zuzüglich derjenigen Mehr⸗ betrage, welche zur eren. der auf einen längeren Zeitraum im Voraus fälligen Verbindlichkeiten erforderlich sind. 2) Die einmali⸗ gen Ausgaben, welche für Zwecke bestimmt sind, die in dem der Be⸗ rathung des Reichstages unterliegenden Entwurf des Reichshaushalts⸗ Etats für das Etatsjahr 1877/78 unter den einmaligen Ausgaben erscheinen, werden auf ein Zwölftel der in den Etat für 1876 für die gleichen Zwecke eingestellten Summen festgesetzt. Ausgenommen hiervon sind diejenigen Ausgaben, zu welchen die für das neue Etats⸗ jahr erforderlichen Mittel entweder im Wege des Kredits zu be⸗ schaffen oder vorschußweise aus dem Festungsbaufonds zu entnehmen ,89 würden. 3) Die Matrikularbeiträge sind bis zum dritten Theil er durch den Reichshaltsetat für das Vierteljahr vom 1. Ja⸗ nuar bis 31. März 1877 festgestellten Summen von den Bundes⸗ staaten einzuzahlen. II. Der für das Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1877 festgestellte Besoldungsetat für das RNeichs⸗ bank⸗Direktorium gilt mit der vorstehend unter I. 1. bezeichneten Maßgabe auch für den Monat April 1877. §. 2. Die in den §§. 3 bis 6 des Gesetzes vom 25. Dezember 1875, betreffend die Feststellung des Haushaltsetats des Deutschen Reichs für das Jahr 1876 enthaltenen Bestimmungen über die Ausgabe von Schatzan⸗ weisungen gelten auch für den Monat April 1877 mit der Maßgabe, daß die Dauer der Umlaufszeit der Schatzanweisungen den 30. Sep⸗ tember 1877 nicht überschreiten darf. §. 3. Die Bestimmung im ersten Absatz des §. 4 des Gesetzes, betreffend die Feststellung des Haushalts⸗Etats für das Vierteljahr vom 1. Januar bis 31. März 1877, vom 23. Dezember 1876 findet auch auf den Monat April 1877 Anwendung. §. 4. Die nach den vorstehenden Bestimmungen für den Monat April 1877 sich ergebenden Einnahmen und Aus⸗ gaben werden bei den einzelnen Kapiteln und Titeln auf die Ein⸗ nahmen und Ausgaben des Haushaltsetats für das Etatsjahr 1877/78 verrechnet“.
Settatistische Nachrichten. (A. A. C.) Der Spirituosenkonsum in Großbri⸗ tannien ist im Abnehmen begriffen. Im Jahre 1876 wurden 29,950,288 Gallonen inländische Spirituosen für Konsum als Ge⸗ tränke im Ver. Königreiche versteuert, d. i. 155,819 Gallonen weni⸗ ger als im vorhergehenden Jahre. Davon kamen auf England 16,438,135 Gallonen (304,633 Gall. weniger als in 1875), auf Schottland 6,971,138 (98,668 Gall. mehr als in 1875), und auf Irland 6,541,015 (50,146 Gall. mehr als in 1875). Außerdem wurden im abgelaufenen Jahre 11,487,795 Gollonen Spirituosen aus dem Auslande, oder 294,855 weniger als in 1875 importirt.
Zu den werthvolleren Vorarbeiten, welche die Literatur der
Rath Bödiker in der Helwingschen Verlagsbuchhand⸗ lung in Hannover 1877 herausgegebene Kommentar des Ober⸗Gerichts⸗Direktor R. Reinecke zur Reichs⸗Civil⸗ prozeß⸗Ordnung, den bezüglichen Bestimmungen des Gerichts⸗Verfassungsgesetzes und den Einführungs⸗ gesetzen, dessen erstes Heft vor uns liegt. Das am 2. Mai 1876 erfolgte Ableben des Verfassers unterbrach die Fortsetzung der Arbeit deren reichhaltiges Material auf den Herausgeber überging. Plan und Tendenz haben hierdurch keine wesentliche Veränderung erlitten sie erstreben praktische Ziele und sollen — wie das Vorwort be⸗ merkt — Richtern und Anwälten diejenigen Erkenntnißquellen zu⸗
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Gesetzes erschlossen haben. Die unter die bezüglichen Text⸗Paragraphen gesetzten Motive und Erläuterungen sind auf das thunlichste Maß zurückgeführt, von blos legislativen Erörterungen frei gehalten un gewinnen dadurch an Klarheit und leichterer Faßlichkeit. Selbst⸗
gesetz, soweit es die Civilprozeß⸗Oronung berührt bei⸗ gefügt und eine Nachweisung der Gesetzes⸗bezw. Vorlage⸗Paragraphen dem Texte vorangeschickt.
— Das von dem Kböniglich preußischen Divisions⸗ Auditeur Hrn. Karl Hecker herausgegebene Divisiens⸗ Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich“. Berlin, im Verlage von G. Reimer, 1877, will — wie der Verfasser in der Vorrede erklärt — ein praktisches Handbuch für Juristen und ein systematisches Lehrbuch sein. Es schließt in Form und Behandlung des Stoffs eng
Kommentar zum deutschen Civilstrafgesetzbuch an.
sich deshalb an Oppenhoffs In den Fällen,
höchsten preußischen Gerichtshöfe bezieht, legt der gegenwärtige Kom⸗ mentar die Entscheidungen des preußischen General⸗Auditoriats, als der geeignetsten Centralbehörde für einheitliche Rechtssprechung in Militärstrafsachen, seinen Erörterungen zu Grunde. Bei der Aus⸗ legung zweifelhafter Rechtsfragen ist zunächst die wissenschaftliche
sichere Ermittlung des gesetzgeberischen Willens unmöglich macht, soll die Erhaltung der Disziplin als leitendes Prinzip angesehen werden. Vor Allem aber hat der Verfasser erschöpfende Kürze und Uebersichtlichkeit angestrebt.
Das vorliegende Werk umfaßt die das Landheer und die Marine betreffenden Verordnungen und enthält außer dem Einführungsgesetz den Text des Strafgesetzes selbst nebst den darunter befindlichen er⸗ läuternden Anmerkungen des Verfassers, so wie ein großes Sach⸗ register. Außerdem des Buches erhöht durch die Beilage von zehn meist spätern Gesetzen, welche zur Ergänzung des Militärstrafgesetzes unentbehrlich sind und gewissermaßen einen integrirenden Theil desselben bilden.
Gewerbe und Handel.
In der gestrigen Generalversammlung Kommerz⸗ und Wechselbank wurde die Bilanz pro 1876 und die Dividende von 2 ½ % genehmigt. — Nach dem Geschäftsbericht betrug in 1876 der Umsatz auf dem Effektenkonto 150,396,310 ℳ mit einem Gewinn an Provision und Zinsen von 223,795 ℳ, auf dem Sortenkonto 6,367,673 ℳ mit einem Gewinn von 22,988 ℳ Nach Zahlung von 5 % Zinsen für das Kommandit⸗ Kapital und den außerdem von der Bank geleisteten Vorschuß und nach Vornahme erheblicher Abschreibungen betrug der von Jacquier u. Securius an die Kommerz⸗ und Wechselbank abgeführte Nettogewinn im verflossenen Jahre 24,947 ℳ gegen 53,467 ℳ im Jahre 1875. Von dem sich ergebenden Gewinn von 116,193 ℳ sind auf Uten⸗ silien⸗Konto 2605 ℳ und auf Kontokorrent⸗Konto der Rest der aus früheren Jahren übernommenen dubiosen Forderungen im Betrage von 20,302 ℳ vollständig abgeschrieben. Es beläuft sich darnach der Reingewinn für das verflossene Geschäftsjahr auf 93,285 ℳ (gegen 86,385 ℳ in 1875); derselbe vertheilt sich folgendermaßen: zum Re⸗ servefond 9328-ℳ, 2 ½ % Dividende 75,000 ℳ, Tantième 8957 ℳ
— Der Aufsichtsrath der Kredit⸗Anstalt für Industrie und Handel in Dresden (früher in Dessau) hat die öduskente für 1876 auf 5 ½ % festgesetzt. Die Dividende für 1875 betrug 5 %.
— Der Aufsichtsrath der Breslauer Diskontobank Frie⸗ denthal u. Co. hat beschlossen, für das abgelaufene Geschäͤftslahr eine Dividende von 4 % zu vertheilen (gegen 2 % in 1875).
Wien, 22. März. (W. T. B.) An der Börse verlautete, da der Abschluß der Verhandlungen mit der I“ 18 vegen der ebernahme der zweiten ungarischen Goldrenten⸗Emission erfolgt sei b
Verkehrs⸗Anstalten.
(C. W.) Unmittelhbar nach Ostern tritt in Leipzig ei mission von Vertretern sämmtlicher füddeutscher an Ss ungarischer Bahnen zusammen, um darüber zu berathen, wie die Umarbeitung der verschiecdenen Tarife auf das Zweckmäßigste zu bewerkstelligen ist. Bayern wird durch den General⸗Direktions⸗Rath F1“ Fah
eer, 19. März. Die Fahrten auf der Eisen bahn zwi
Ihrhove und Weener werden, wie das 881 A.* aüngemischen aller Hindernisse am Donnerstag wieder aufgenommen. Der Zug von Ihrhove fährt nämlich über die Emsbrücke bis kurz vor das Weener Tief, über welches eine Nothbrücke für Fußgänger geschlagen ist, und müssen die Passagiere dann eine kurze Strecke gehen, bis der enseitige Zug erreicht ist, während die Güter durch Bahnbeamte inübergeschafft werden.
Berlin, 22. März 1877.
Königlich Preußische Lotterie. (Ohne Gewähr.) Bei der heute fortgesetzten Ziehung der vierten Klasse 5. Preußischer Klassenlotterie fielen: 2 Gewinne à 15,000 ℳ auf Nr. 23,880. 47,929. 3 Gewinne à 6000 ℳ auf Nr. 8375. 20,237, 59,601. 50 Gewinne à 3000 ℳ auf Nr. 412. 997. 6478.
11,519. 11,914. 14,108. 17,498. 17,760. 18,249.
8 19,471. 20,127. 28,463. 30,311. 31,479. 38,145. 42,193. 45,402. 49,330. 53,431. 54,812. 57,304. 58,855. 59,663. 62,204. 68,126. 70,117. 70,900. 73,784. 74,403. 947. 77,516. 78,781. 82,773. 86,001. 89,276.
625. 91,362. 94,125. 94,924.
ewinne à 1500 ℳ auf Nr. 70. 1693. 3140. 3895. 6563. 11,336. 11,630. 12,360. 14,702. 15,518. 16,105. 16,283. 19,681. 20,393. 21,406. 21,555. 22,053. 23,105. 28,432. 30,162. 30,550. 31,816. 40,234. 41,643. 42,922. 42,999. 44,162. 45,631. 50,750. 52,815. 53,242. 54,527. 58,799. 59,215. 62,487. 63,456. 63,732. 63,837. 64,348. 65,479. 66,331. 66,646. 68,172. 71,106. 71,643. 73,498. 73,701. 75,271. 76,708. 76,725. 80,128. 83,540. 90,173. 91,303. 93,215. 94,472.
73 Gewinne à 600 ℳ auf Nr. 24. 413. 3235. 4454. 9805. 10,150. 10,797. 11,123. 11,924. 14,683. 15,170. 15,444. 16,073. 16,651. 17,352. 17,953. 19,571. 20,423. 21,560. 23,213. 23,782. 23,816. 23,868. 24,598. 27,859. 29,867. 81,316. 37,501. 40,395. 41,214. 43,107. 44,024. 44,601. 34,746. 46,321. 49,166. 49,279. 49,308. 51,293. 52,752. 43,5661. 53,980. 54,212. 55,105. 55,225. 55,717. 56,303. 57,135. 57,946. 59,699. 61,895. 62,994. 63,910. 64,861. 54,930. 66,558. 66,751. 67,099. 72,044. 73,732. 74,183. 68,402. 79,057. 80,906. 80,911. 81,023. 84,266. 84,461. 74,741. 85,805. 88,335. 91,268. 94,435. b
Bersammlung überwies gestern für Berlin einem schußantrage gemäß mit 40 8 Magistrats wegen Durchbruchs
Paris, 20. März. Heute Nachmittag um 4 Uhr entlud sich ein ziemlich starkes Gewitter uͤber Paris und Umgegend.
Theater.
1“ Hr. Direktor Hahn hat die Preise der Plätze für die Aufführungen des Feenmärchens: „Die schöne Melusine“ auf die Hälfte ermäßigt. Die heutige Festvorstellung leitet eine Fest⸗ Ouvertüre „Germania“ ein, welche der Komponist Hr. Lehnhardt, Kapellmeister dieser Bühne, so glücklich war Sr. Majestät dem Kaiser widmen zu dürfen. Der prima balerina Frl. Josephine Zimmermann, welche in allen 89 Aufführungen der „schönen Melusine“ tanzte und das Publikum durch ihre Anmuth und Grazie erfreute, hat Hr. Direktor Hahn die morgen, Freitag, stattfindende 90. Aufführung der „schönen Melusine“ zum Benefiz bewilligt.
— Frl. Sophie Koenig, welche durch einen neuen mehr⸗ jährigen Kontrakt für das Friedrich⸗Wilhelmsstädtische Theater engagirt ist, nimmt ihre Thätigkeit als „Fauchette“ in „Der ERE116“ “ wieder ausf.
— Im Residenz⸗Theater trat am Dienstag neben Fr. Wolter Hr. Lewinsky in Hebbels „Maria “ 87 Gast auf. „Maria Magdalena“ gehört zuden frühesten dramati⸗ schen Arbeiten des Dichters. Sie stammt noch aus seiner Hamburger Periode, und folgte den beiden Erstlingswerken „Judith“ (1841) und „Genoveva“ (1843) im Jahre 1844. Neben „Siegfrieds Tod“, dem zweiten Stücke der Nibelungentrilogie, dürfte „Maria Magdelena“ das vollendetste unter den eigenartigen Dra⸗ men Hebbels sein. Es sind freilich düstere Farben, in denen das erschütternde Gemälde gehalten ist, kein erwärmender, heiterer Sonnenstrahl fällt in die dunkle Nacht des ergreifenden Familien⸗ Dramas. Kein bedeutender historischer Vorgang bildet die Handlug ; Alles bewegt sich im schlichten bürgerlichen Kleinleben. Die Menschen, die Hebbel hier auftreten läßt, leben in alltäglichen böv eeFhhesc., - 8 beschränkt, zäh, fest, und knorrig, wie Menschenschlag der Heimath des Di Dithmarschen. Wenn der Eindruck dieses Dramas 88 urdites⸗ ender, unversöhnlicher ist, so ist dieser Vorwurf zugleich eine Aner⸗ ennung für den Dichter, daß er Handlung und Personen mit sicherer Konsequenz dramatisch motivirt und lebenswahr gezeichnet hat. Die Darstellung im Residenz⸗Theater war eine vollständig befriedigende. Vor allen die Gestaltung der beiden Hauptrollen, der Friedig und des „Meister Anton“ durch die beiden Gäste F. Wolter und Hrn. Lewinsky, sind wahre Meisterleistungen der Schauspielkunst. Hrn. Lewinsky’s Spiel als „Meister Anton“ ist hier noch von seinem vor⸗ jährigen Gastspiel im National⸗Theater in bester Erinnerung und riß
feinste Nuance in seinem Bilde des schlichten, aber unbeugsamen, starren, erzentrischen Handwerksmeisters, der „die Welt nicht meh
Vollendung zeichnete die Darstellung der Rolle der „Klara“ dur Fr. Wolter aus. Sie spielte das unglückliche, einfache — mädchen mit dem Ebenmaß wahrer Kunst, und machte daraus eine rührende, mitleiderweckende Gestalt. Die hervorragenden Gäste wurden durch die tüchtigen heimischen Kräfte des Reöstdenz⸗ Theaterz Fr. Ernst (Frau Anton) und die Herren Keppler (Sekretär), Haack (Leonhard), Wallner (Karl) mit gutem Erfolge unterstützt, so daß auch das Gesammtspiel durchweg lobenswerth war und all⸗ seitigen, wiederholten Beifall erntete.
Eingegangene literarische Neuigkeiten.
Friedrich der Große und die Volkserziehung. Vortra Ee. am 24. Januar 1877 im Bürgersaal Rat . zauses, zum Besten des Feierabendhauses für Lehrerinnen und Er⸗ zieherinnen von Dr. P. D. Fischer, Geh. Ober⸗Postrath. Berlin, Ferd. Dümmlers Verlagsbuchhandlung. 1877. (42. 8 89 Seit — ö’— fe9 b athgen Rechts, in besonderer Beziehung auf das Preußische Recht, mit Einschlu des Handels⸗ und Wechselrechts Begründet von Dr. J. A. Sruchlaß Herausgegeben von Rassow, Ober⸗Tribunals⸗Rath, und Küntzel Stadtgerichts⸗Rath. Dritte Folge 1. Jahrgang. 2. Heft. (Der ganzen
8
1
5 der Beiträge 21. Jahrgang.) Berlin, Verlag von Franz Vahlen.
matische Zusammenstellung aller den Milzbrand, die Maul⸗ und Klauenseuche, die Lungenseuche, den Rotz (Wurm), die Schafpocken, die 1 den Bläschenausschlag, die Verwaltungsbehörden und Beamte (Landräthe, Amts⸗, Guts⸗ und Gemeindevorsteher ꝛc.), Eisenbahnverwaltungen, Thierärzte, Landwirthe, Viehhändler, Fleischer ꝛc. von Dr. H. A. Mascher, Bürgermeister. Eisenach, Verlag von J. Bacmeister. (128 S.) Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit.
Folge. 24. Jahrg. Organ des germanischen Museums. Red.: Dr.
.Essenwein und Dr. H. K. Frommann. Verlag der literar.eartist. Anstalt des german. Museums. 1877. 4. Nr. 2, Febr.
Redacteur: F. Prehm.
Verlag der Exvedition (Kessel). Druck: W. Elsner. 1 Drei Beilagen 8
Berlin:
“ 2
auch diesmal das vollbesetzte Haus zu begeistertem Beifall hi ist nichts Gemachtes, nichts Aree Hene mee⸗ auch der kieir ste 88 5
(einschließlich Börsen⸗Beilage).
gänglich machen, welc⸗ dem Verfasser selbst das Verständniß des
verständlich sind die Einführungsgesetze und das Gerichts⸗Verfassungs⸗
Nichtjuristen, ein Nachschlagebuch, nicht aber
in denen sich Oppenhoff hauptsächlich auf die Entscheidungen der
Interpretation zur Anwendung gebracht, und erst wenn diese eine
der Berliner
“ 111““ 1
versteht“, ist von ergreifender Wirkung. Dieselben Vorzüge in gleicher
Viehseuchenwesen des Preußischen Staates. Syste⸗
1 ollwuth und die Rinderpest betreffenden veterinär⸗polizeilichen Vorschriften, für
Neue
E11“”“]
chen Reichs⸗Anz
Erste Beilage
Berlin, Donnerstag, den 22. März
eiger und Königlich Preußis
en Staats⸗Anzeiger. 1827.
—
Berlin, 22. März. In der gestrigen Sitzung des
Reichstags erklärte in der zweiten Berathung über den Gesetzentwurf, betreffend den Sitz des Reichs⸗
erichts, der Königlich bayerische Bevollmächtigte zum Hundesralh, Ministerial⸗Direktor von Riedel:
Meine Herren! Bisher hat vom Bundesrathstische aus kein Vertreter derjenigen Regierungen, die sich für die Wahl der Stadt Leipzig entschieden haben, das Wort genommen, und zwar namentlich deshalb nicht, weil man an diesem Tische selbst den Schein vermei⸗ den wollte, als bestände in der vorliegenden Frage ein tiefergehender Antagonismus zwischen den Regierungen, als bestände eine prinzipielle Abneigung gegen die Wahl der Stadt Berlin zum Reichsgerichtssitze, und als sei die Frage im Bundesrath anders erwogen worden, als in rein objektiver Weise. Nach den Worten des Herrn Vorredners indessen, der den Vorschlag, das Reichsgericht nach Leipzig zu verle⸗ gen, als einen geradezu verhängnißvollen bezeichnete, erscheint es nicht angezeigt, länger zu schweigen, und zwar um so minder, da leicht die Anschauung entstehen könnte, als sei Ihnen ein Vor⸗ schlag gemacht worden, welcher nicht reiflich erwogen wurde. Meine Herren! Indem ich einem Wunsche meiner Herren Kollegen, Ihnen in Kürze die Gründe des Gesetzesvorschlages darzulegen, Folge leiste, bitte ich um Entschuldigung, wenn ich mit einigen Worten der Ab⸗ wehr beginne gegen Bemerkungen, welche außer dem Hause gemacht worden sind. Ich bin dazu gerade durch meine Eigenschaft als Ver⸗ treter der bayerischen Regierung veranlaßt. 1
Es wird Ihnen bekannt sein, daß seit Wochen ein Gerücht fort⸗ während und unablässig kolportirt wird, das dahin geht, es habe eine Koalition der Mittelstaaten stattgefunden zum Zwecke einer reichs⸗ feindlichen oder preußenfeindlichen Demonstration. Meine Herren! Ich bin ermächtigt, auf das Positivste zu erklären: die bayerische Regie⸗ rung hat mit keiner andern deutschen Regierung in ir end einer Weise, weder einseitig noch vertraulich, über die Frage es Sitzes des Reichsgerichts verhandelt, und umgekehrt, keine der übrigen deutschen Regierungen, namentlich nicht die Regierungen der nächst betheiligten Staaten von Preußen und Sachsen, haben an die bayerische Regierung ein Ansinnen gestellt, welches auf deren Ent⸗ schließung in dieser Frage einen Einfluß hätte haben sollen oder önnen.
Meine Herren, ich betone diese Thatsache gerade aus dem Grunde, weil auf das soeben von mir dementirte Gerücht weitere falsche Schlüsse gebaut worden sind und weil ich fürchte, man könne aus dem Umstande, daß heute ein bayerischer Vertreter das Wort er⸗ greift, abermals den Schluß ziehen, es handele sich um einen Akt der Feindseligkeit oder um eine politische Demonstration. Nichts wäre irriger, als derartige Beschuldigungen! Meine Herren, ein Blick auf den Inhalt und die Entstehungsgeschichte des §. 125 des Ge⸗ richts⸗Verfassungsgesetzes mußte schon von dem Versuch einer politi⸗ schen Demonstration abhalten. Eine Regierung, welche diesem Paragraphen zustimmte, der bekanntlich dem Reichstage das Mit⸗ wirkungsrecht bei Entscheidung der gegenwärtigen Frage ertheilte, mußte sich sagen, daß der Reichstag jeden Versuch einer partikula⸗ ristischen Demonstration energisch zurückweisen würde; sie mußte sich dies sagen, auch wenn sie sich nicht daran erinnerte, daß in dem Bericht der Justizkommission gerade deshalb dem Reichstage jenes Mitwirkungsrecht vindizirt wurde, damit solche Versuche nicht gemacht würden.
Die Entstehungsgeschichte dieses Paragraphen konnte aber auch in anderer Hinsicht nicht ohne Einfluß auf den Gang der Erwägun⸗ en der Regierung sein. Meine Herren! In keinem Stadium der Berathung ist der nun von verschiedenen Seiten als selbstverständ⸗ lich erklärte Gedanke zum Durchbruch gekommen, daß das Reichsge⸗ richt schon aus politischen Gründen nach Berlin verlegt werden müßte. Dieser Gedanke, wiewohl die realen Unterlagen desselben ja im vorigen Jahre keine anderen gewesen sind, wie heute, ist meines Wissens im Reichstage nicht einmal anfgetaucht. Es ist nun aller⸗ dings keine res judicata für den Reichstag geschaffen, allein es ist doch natürlich, daß die verbündeten Regierungen ihrerseits einer Frage einen politischen Charakter nicht beilegten, den sie nach ihrer eigenen Meinung und nach derjenigen des Reichstags bis jetzt nicht gehabt hat. Im Bundesrath sind die Worte „Centralisation“ und „De⸗ centralisation“ auch bei der letzten Berathung nie gefallen; man hat sich einfach damit begnügt, die Hauptzweckbestimmung des Reichs⸗ gerichts zum Ausgangspunkte der Erwägungen zu nehmen. Oder mit anderen Worten, meine Herren, die verbündeten Regierungen haben sich die Frage gestellt: wo kann das Reichsgericht seine Aufgabe, ein Hort des Deutschen Rechtes zu sein, am besten erfüllen?
Nun gehen ja gerade über diese Frage die Meinungen aus⸗ einander; allein es lag doch nahe, zunächst die Erfahrungen, die man mit einem bereits bestehenden Reichsgericht gemacht hat, in Betracht zu ziehen. Meine Herren, diese Erfahrungen — das wird mir von Niemand bestritten werden — haben sich in Ansehung des Reichs⸗ Ober⸗Handelsgerichts außerordentlich günstig gestaltet, die Rechts⸗ sprüche dieses Gerichtshofes zeichnen sich durch Gediegen⸗ heit aus, und der Gerichtshof selbst genießt das allge⸗ meine und unbedingte Vertrauen. Hr. Dr. Lasker hat in der Sitzung vom 23. November 1876 bemerkt, es habe eine wahrhaft neue Epoche der Rechtssprechung mit der Thätigkeit des Ober⸗Han⸗ Flsfeace vrhelon Die — edg der Mitglieder dieses Gerichts ist eine durchaus entsprechende.
Meine Herren! Sollte aus diesen Thatsachen nicht der Schluß
ezogen werden können, daß Leipzig wirklich ein geeigneter Ort für 8. Sitz des Reichsgerichts ist und daß dort nichts mangelt, was für dessen Entwickelung nothwendig erscheint? “
Man hat nun allerdings behauptet, alle diese Dinge, die Leipzig bietet, seien auch in Berlin zu finden. Meine Herren, ich bin weit entfernt, meinestheils diese Behauptung bestreiten zu wollen. Die Regierungen, welche sich für Leipzig erklärten, oder wenigstens ein
roßer Theil derselben, haben unumwunden beigefügt, daß sie, wenn
eipzig, das nach ihrer Meinung den Vorzug verdient, nicht gewählt wird, für Berlin stimmen werden. Aber, meine Herren, daß Berlin in allen Beziehungen Leipzig gleichzustellen sei, wird, — das können wir uns nicht verhehlen —, doch auch vielfach bestritten; angesichts dieser Verhältnisse kann man daher diejenigen Regierungen nicht tadeln, die sich zunächst für das Erprobte entschieden haben. In diesem Sinne ist in den Motiven des Geschenteegh von einem Besitzstande die Rede. Nicht deshalb, weil das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht bereits sich in Leipzig befindet, sondern deshalb, weil sich dasselbe dort er⸗ probt hat, haben die verbündeten Regierungen geglaubt, dieser Stadt
Vorzug geben zu müssen. 6 8
8 Merhug⸗ erten Es find verschiedene Vorzüge der Stadt Berlin hervorgehoben, die ich zwar anerkenne, die aber andererseite die Vor⸗ züge, welche Leipzig hat, doch nicht aufheben. Man hat sich ernstlich die Frage vorgelegt, ob denn für Leipzig ein geeignetes Richterpersonal u finden sei. Die verbündeten Regierungen glauben, daß die in Pa- Hinsicht geäußerten Bedenken nicht absolut durchschlagend seien, und zwar abgesehen von den verschiedenen Rücksichten, die bereits in der Debatte angeführt wurden, bamenm auch aus dem Grunte, weil nach Wegfall der obersten Landesgerichts⸗ höfe die Spitze des Avancements nach Leipzig verlegt wird. Bis jetzt hatte ein Richter zweiter Instanz die Aus⸗
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sicht, in seinem obersten Landesgerichtshof unterzukommen, für die Folge nicht.
Meine Herren! Man hat ferner angeführt, das Gericht werde ja ein ganz anderes; man könnte aus dem Bestehenden keine weite⸗ ren Schlüsse ziehen. Es ist richtig, das neue Reichsgericht wird for⸗ mal ein anderes, als das Ober⸗Handelsgericht, wiewohl auch dieses bereits wesentliche Veränderungen in der Richtung nach dem Reichs⸗ gerichte gefunden hat.
Aber, meine Herren, sind denn die Grundelemente, welche für das Gedeihen eines obersten Gerichtshofs nothwendig sind, die Tüch⸗ tigkeit und Unabbängigkeit der Richter und die daraus hergeleitete Autorität des Gerichtshofs, nicht für die beiden Gerichtshöfe in gleicher Weise nothwendig? Glauben Sie, daß man an das Richterpersonal, welches in das Reichsgericht beru⸗ fen wird, wesentlich andere Anforderungen stellen muß, als an diejenigen, welche an das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht berufen sind? Gewiß nicht. Es konnte also auch dieser Grund zu Gunsten Berlins nicht unbedingt entscheiden.
Anzuerkennen ist ein Gesichtspunkt, der mehrfach geltend gemacht
wurde, nämlich daß es wünschenswerth sei, den Gerichtshof zwar nicht in den Strom des politischen Lebens, wohl aber in den Strom des öffentlichen Lebens zu stellen, wenn sich eine Unterscheidung des letzteren von dem politischen denken läßt. Es ist nicht zu leug⸗ nen, daß das Leben in einer Weltstadt und der geistige Verkehr in einer solchen höchst bildend ist. Aber, meine Herren, gerade diesem Gesichtspunkte gegenüber steht ein anderer, welcher nicht ganz bedeutungslos ist, es ist das der Verkehr der Gerichtsmitglieder unter sich. Der Gerichtshof wird voraussichtlich aus einer sehr großen Zahl von Richtern und aus einer namhaften Zahl von Senaten bestehen und hieraus erwächst die Gefahr einer Zersplitterung. Dieser Gefahr wird durch den Verkehr der Gerichtsmitglieder unter sich vorgebeugt, und dieser wird in einer Stadt wie Leipzig, wo die Mitglieder so zu sagen auf ein⸗ ander angewiesen sind, ein viel intimerer sein, und damit zum Ge⸗ deihen des Gerichtshofes wesentlich beitragen, indem er denselben zu einem wirklichen Ganzen gestaltet. b 8
Zu diesen Erwägungen kommt noch die Rücksicht auf die geogra⸗ phische Lage, welche nach Einführung des öffentlichen und mündlichen Verfahrens auch für die Betheiligten von 8 Werthe ist.
Meine Herren, das sind die hauptsächlichsten Erwägungen, von denen die verbündeten Regierungen geleitet waren. Nicht um eine politische Demonstration zu machen, nicht um ihre Rechte zu miß⸗ brauchen, sondern im Bewußtsein der Erfüllung einer verfassungs⸗ mäßigen Pflicht haben die Regierungen sich für denjenigen Ort ent⸗ schieden, von dem sie glauben, daß das Reichsgericht sich dort zur vollen Blüthe entfalten könne und daß es sofort beim Entstehen das ungetheilte Vertrauen der Nation als Mitgift erhalten werde.
Meine Herren! Es ist mehrfach darauf hingewiesen worden, daß diejenigen Staaten, welche die Majorität bildeten, eine erheblich eringere Vevölkerung haben, als diejenigen, welche gegen Leipzig ge⸗ G hätten. Ich habe auf diese Verfassungsfragen nicht einzu⸗ gehen. Ich kann nur daran erinnern, daß in der Zusammensetzung des Reichstags, welche ja in der Hauptsache nach der Bevölkerung der Staaten stattfindet, ein Korrektiv liegt und daß ich nicht zweifle, daß die verbündeten Regierungen schon deshalb jedem des Reichstags in vorliegender Frage, er mag ausfallen, wie er will, die vollste Beachtung schenken werden.
Hierauf nahm der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Justiz⸗Minister Dr. Leonhardt das Wort⸗ 1
Meine Herren, gestatten Sie mir noch einige Worte, welche ich wesentlich beschäftigen werden mit Aeußerungen des Hrn. Abg. Lasker. Meine Bemerkungen beschränken sich aber auch heute auf den Stand⸗ punkt eines Verwaltungs⸗Minister, und zwar eines verantwortlichen
Verwaltungs⸗Ministers.
Ich bin zuvörderst dem Hrn. Abg. Lasker im hohen Grade dankbar dafür, daß er in einer Weise, wie das geschehen ist, sich über die Unabhängigkeit des Richteramts ausgesprochen und bemerklich gemacht hat, daß dieser Gesichtspunkt in keiner Weise gegen Berlin angezogen werden könne. Das ist mir um so erfreulicher, als gestern der Hr. Abg. Reichensperger in dieser Richtung verschiedene aber recht dunkle Andeutungen machte. Der Hr. Abg. Lasker spricht in Betreff der Unabhängigkeit gerade so, als wenn er zehn Jahre preu⸗ ßischer Minister gewesen wäre. Ich bin in derselben Lage mit ihm, ich wüßte nicht, wie der Organisation des Reichsgerichts gegenüber ein. Minister oder der Reichskanzler in der Lage sein sollte, auf die Unabhängigkeit der Richter einzuwirken. Wenn mir die Aufgabe gestellt würde — ich will einmal von diesem thörichten Gedanken ausgehen — einen obersten Gerichtshof tendenziös zu besetzen, so würde ich nicht wissen, wie diese Aufgabe geloͤst werden sollte; denn in meiner dreißigjährigen Laufbahn in der Ministerial⸗ verwaltung habe ich noch keinen Menschen gefunden, von dem ich an⸗ nehmen könnte, daß in ihm auch nur die geringste Neigung wäre, eine Anstellung in tendenziöser Absicht anzunehmen. “]
Der Hr. Abg. Lasker hat ferner bemerkt, es sei ihm
doch zweifelhaft, ob es richtig wäre, ein Gericht in den Strudel der politischen Bewegung zu legen. Ich bin davon ausgegangen, daß das Reichsgericht in die Mitte des öffent⸗ lichen Lebens des Reiches zu setzen sei; das ist etwas ganz anderes. In der politischen Bewegung zu stehen, ist nach meiner Ueberzeugung ür Richter des obersten Gerichts nichts weniger als erfreulich, und ich glaube nicht, daß die Königlich preußische Regierung einem An⸗ trage entgegen sein sollte, welchen der Hr. Abg. von Kleist⸗Retzow neulich wie sch. 56 8 gelegentlich des Gerichts⸗ verfassungsgesetzes hervorgehoben habe.
b — g5 Fetnerne gehe davon aus, daß die Natur und der Charakter des Rechtsmittels, über welches das Reichsgericht zu ent⸗ scheiden hat, dafür sprechen, das Reichsgericht in die Mitte des öffent⸗ lichen Lebens der Nation zu bringen. —
Meine Herren! Das ist der Punkt, auf den ich neulich aufmerk⸗ 85 machte und sagte, daß der verstorbene Abg. Waldeck denselben bereits hervorgehoben habe. Das Rechtsmittel, worüber das Reichs⸗ gericht und zwar allein zu entscheiden berufen ist, hat mit dem Fak⸗ kum nichts zu thun, sondern nur mit der Auslegung einheimischer Gesetze. Das Reichsgericht, das wir schaffen wollen, wie die Reichs⸗ gerichte anderer Staaten, hat sein Vorbild in dem französischen Kassationshof. Das Rechtsmittel, worüber der Kassatzonshof ent⸗ scheidet, und das Rechtsmittel, worüber unser deutsches Reichsgericht entscheiden soll, ist wesentlich dasselbe; man nennt es in Frankreich Kassation, bei uns Revision, aus dem einfachen Grunde, weil das Kassa⸗ tionsprinzip in der deutschen Prozeßordnung nicht so durchgeführt ist, wie in der französischen Gesetzgebung. Und, meine Herren, wie bezeichnet die französische Konstitution den Kassationshof? Sie bezeichnet ihn als: tribunal uniquo et sédentaire auprès du corps législatif. T ieses Rechtsmittel hat die Natur einer Fompesentfonrvung zwischen der gesetgebenden Gewalt und den Gerichten. Darin liegt das eigentliche Wesen des Rechtsmittels, welches nothwendig dahin führt, den Ge⸗ richtshof Sitz nehmen zu lassen — sédentaire — an dem Orte, wo die gesetzgebende Gewalt ihren Sitz hat. 8
Gestern haben Sie von einer Seite v. und mit Recht: es würde doch für die Mitglieder der gesetzgebenden Gewalt von Interesse sein, Rücksprache, 8 nehmen mit den Mitgliedern des Ge⸗ richts. Gewiß. Ebenso gilt das umgekehrte. Es wird auch für die Richter des obersten Gerichtshofes, welche mit nichts sich zu beschäf⸗
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tigen haben, als mit der Auslegung der Gesetze, Bedürfniß sein, die Hülfsmittel, die ihnen Berlin als Sitz der gesetzgebenden Gewalt bietet, zu benutzen.
„Ich freue mich sodann, daß der Hr. Abg. Lasker anerkannt hat, daß die Bedürfnisse der preußischen Justizverwaltung wichtige seien und in Betracht gezogen werden müßten. Der Hr. Abg. Lasker macht sich hier die Sache jedoch leicht, indem er sagt, die Funktionen eines cbersten Gerichtshofes würden durch das Kammergericht wahrgenommen wer⸗ den können. Ich wollte, der Hr. Abg. Lasker wäre auf diesen Punkt weiter eingegangen, dann würde er die großen Schwierigkeiten ge⸗ funden haben, die sich hier entgegenstellen.
Wenn Richter funktioniren solllen in einer Behörde, welche mit Mitgliedern der obersten Verwaltung besetzt ist, ift es nothwendig oder doch wünschenswerth für ihr Ansehen, daß sie Mitglieder eines obersten Gerichtshofes sind. Wenn sie in niederer Stufe stehen, so kann ihr Ansehen leicht darunter leiden aus rein äußeren Gründen. Dann aber ist es klar, daß man einen obersten Gerichtshof in ganz anderer Weise besetzen kann wie ein Mittelgericht, wie ein Oberlandesgericht. Ein oberster Gerichtshof zieht die Mitglieder der Oberlandesgerichte in natürlicher Weise an, wenngleich dieses hinsichtlich einzelner . auch nicht der Fall sein mag; denn die Mitglieder des obersten Gerichtshofes haben höheren Rang und sind in pekuniärer Hinsicht günstiger gestellt. Solche Erwägungen können aber nicht entscheidend sein bei der Besetzung für die Oberlandesgerichte. Für einen kleinen Staat mag das ziemlich auf eins herauskommen, aber für einen großen Staat wie Preußen hat die Sache die allergrößte Bedeutung. Das Ober⸗Landesgericht in Berlin, das Kammergericht, foll Surrogatgericht sein! Ich habe schon gesagt, man ist hier nicht in der Lage, so zu besetzen, wie man wohl wollte. Eine ge⸗ nügende Anzahl von Personen findet sich schon; es fragt sich nur, ob das immer auch hervorragende Personen sind. Nach der preußischen Verfassung kommt es auf den Willen an, sich versetzen zu lassen, so auch jetzt nach den Reichsjustizgesetzen. Es entscheidet also die Konkurrenz, und wie groß im Anfange meiner ministeriellen Thätigkeit in Berlin auch die Konkurrenz zum Kammergericht war, jetzt ist sie verschwunden. Das erklärt sich leicht, weil die Verhält⸗ nisse in Berlin sich in pekuniärer Beziehung ungünstiger gestaltet haben. Die Richter des Oberlandesgerichtes Berlin werden voraus⸗ sichtlich keine höhere Besoldung beziehen wie die Richter an einem anderen Orte. Die Richter sind aber regelmäßig nicht in der Lage, erhebliche Ausgaben von ihrem Vermögen machen zu können. Das Kammer⸗ gericht wird ja mit einer größeren Anzahl von Richtern zu besetzen sein, aber ich glaube doch ee. daß die Anzahl eine größere sein wird, als sie jetzt ist.
Nun ist mir aber aufgefallen, daß der Hr. Abg. Lasker, ob⸗ wohl er die Bedürfnisse der preußischen Justizverwaltung ins Auge faßte, völlig übersieht, daß auch Bedürfnisse der Reichsverwaltung zu befriedigen sein werden. Ich habe das gestern angedeutet, darauf ist aber gar keine Aeußerung erfolgt, obwohl es der allerwichtigste Punkt ist. Das Reich hat jetzt schon verschiedene Behörden, die gemischt besetzt sind, und die Zahl dieser Behörden wird immer wachsen Ist es denn nun ein natürliches Verhältniß, daß das Reichsgericht zur Besetzung seiner Behörden verwiesen ist auf die Höfe der preußischen Regierung? Das nehme ich doch nicht an. Oder halten Sie es vielleicht fuͤr ein natürliches Verhältniß der Dinge, daß die Bundesräthe nach Leipzig reisen und umgekehrt die Mitglieder des Reichsgerichts nach Berlin, um hier tkätig zu sein als Disziplinarrichter oder als Richter im Heimatsamte u. s. w. 2 Der Hr. Abg. Reichensperger (Krefeld) hat gemeint, er könnte doch nicht glauben, daß die Königlich preußische Regierung, wenn ihre Ansicht nicht durchginge, die Hülfe verweigern würde. Davon habe ich gar kein Wort geredet, sondern mein Be⸗ denken war: wenn die Königlich preußische Regierung nicht in der Lage ist, vorausgesetzt, daß Preußen kein oberstes Landesgericht hat, für sich selbst genügend zu sorgen, wie soll sie dann in der Lage sein⸗ den Reichsbehörden ihre volle Unterstützung zu gewähren?
Der Herr Abgeordnete ist dann auf die Personalfrage überge⸗ gangen, auf die Schwierigkeiten, die die Besetzung⸗ Leipzigs mit Richtern und Rechtsanwälten haben würde. Nun bin ich darüber gar nicht zweifelhaft, daß die Bundes⸗ regierungen nie einen Mangel an Personen haben werden, welche nach Leipzig gehen wollen; aber ich frage, wie steht es mit dem Erforder⸗ niß, hervorragende Justizbeamte Deutschlands nach Leipzig zu brin⸗ gen? Meine Herren, darin liegt die Schwierigkeit. Wenn Sie glauben, den Bemerkungen, die ich in dieser Richtung gemacht habe, entgegentreten zu können mit den Gründen, die Sie angeführt daben, so glaube ich, täuschen Sie sich. Ich weiß wohl einige Gründe, die für lich pechen⸗ aber ich will sie nicht andeuten, es ist mir ein u delikater Punkt.
1 Wenn mir gesagt wird. der Umstand, daß so viene Ablebnungen erfolgt seien, wenn es sich um die Besetzung in Leipzig gehandelt habe, erkläre sich aus der Furcht, daß das Reichs⸗Ober⸗Handelsgericht in kurzer Zeit aufhören werde, so gebe ich darauf gar nichts. Ein solcher Grand ist nie hervorgetreten; zu der Zeit, als das Reichs⸗ Ober⸗Handelsgericht besetzt wurde, lag das oberfte Reichsgericht, was wir jetzt scheiffen wollen, in weiter, weiter Ferne. Die Be
fürchtung, vielleicht nach fünf oder zehn Jahren von Leipzig nach einem anderen Onte, etwa nach Berlin zurückzuwandern, konnte auch schwerlich in Frage kommen. Ich wuüßte wenigstens nicht, warumr denn ein Richter nicht eine erheblich höhere Besoldung beziehen sollten wenn er auch sp äter, dann aber doch mit den erforderlichen ihm aus der Staatskass’ gewährten Kosten einen Umzug zu beschaffen hätte, warum er nich t die ihm günstigeren Pensionsverhältnisse, welche ihm nicht entzogen werden können, acceptiren sollte? Dies ist also kein entscheidender Punkt gewesen. Daß Unkenntniß des Handels⸗ rechtes ents beidend gewesen sein sollte, kann ich ebensowenig an⸗ nehmen. AJenn die preußische Regierung oder auch andere Regie⸗ rungen Mi tglieder der Strafsenate nach Leixzig hätten senden wollen, so wäre dee Sache wohl erklärlich; diese sind aber nicht in Frage gewesen. Mitglieder der Civilsenate kennen das Handels- recht; das Handelsrecht ist keineswegs eine solche Materie, wie dem v'geinischen Juristen das preußische Landrecht oder um⸗ gekehrt dem altpreußischen Juristen der code erscheint. Wenn der Herr Abgeordnete meint, daß nach Leipzig die Richter sich binge zogen fühlen koͤnnten, weil sie sich hier eher zur Geltung bringen möch ten, so glaube ich, ist das ein Argument, welches sehr wenig in Befracht kommt. Es finden sich unter den Richtern nicht so viele He rsonen, die sich äußerlich zur Geltung bringen möchten. In dieser Poezjeh — für Berlin in Betracht, was meinen Erfahrungen Peziehung kommt für Ber⸗ Betra was meinen Erfahrung
nach von der allergroͤßten Bedeutung ist, daß nämlich in Berlin jeder
Ober⸗Tribunals⸗Rath leben kann, wie er will; er kann Umgang finden und kann sich zurückziehen; an ihn werden Ansprüche irgend welcher Art nicht gemacht. Große Ansprüche sind mit den Be⸗ soldungen nicht zu bekrsge. welche ein Ober⸗Tribunals-Ratd beiedt
d ein ReichsricZhter beziehen wird. In Betreff der Anwälte darf ich nur bemerklich, machen, daß mir davon nichts bekannt geworden ist, daß die Rücksicht auf das Dandelsrecht entscheidend gewesen ware; denn die Anwälte., welche nad Leipzig &⸗ gangen sind, hatten keine Gelegenheit, an den kleinen Orten. wo te ihren Sitz hatten, im Handelswesen sich umzusehden und pratksd Erfahrungen zu e N2 b6 Ceneven des Handeldverkedrs à auch nicht ein einziger Anwalt nach Leiszig Zegangen.
b e komme schüeßlich auf den Punkt der Errihtang eeen