der Prinz
8* 1 „
Am folgenden Tage, Montags, den 16. d. Mts., Abends,
8 fand bei den Durchlauchtigsten Verlobten im Königlichen
Schlosse hierselbst, und zwar in den vom Schweizersaale rechts gelegenen Königin⸗Elisabethkammern und den angren⸗ zenden Gemächern eine Cour statt. Das Hohe Brautpaar war aus diesem Anlasse schon gegen 7 Uhr in den Braun⸗ schweigischen Kammern erschienen, woselbst bald nachher auch Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin eintrafen und Se. Königliche Hoheit Albrecht von Preußen und verschiedene andere Fürstliche Personen ihre Aufwartung machten. Um 7 ½ Uhr, nachdem das diplomatische Corps und der Staats⸗Minister, Staatssekretär des Auswärtigen Amtes von Bülow in dem im Bereiche der Königin⸗Elisabeth⸗ kammern gelegenen Rothen Gemach versammelt waren, traten
in dasselbe die Durchlauchtigsten Verlobten, begleitet von Ihren Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und
der Kronprinzessin nebst Gefolge, ein und verweilten in dem edachten Gemache bis gegen 8 Uhr. Ihre Kaiserliche und Fönigliche Hoheit die Kronprinzessin führte die Durchlauchtigste Prinzessin Tochter, Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz Se. Hoheit den Erbprinzen von Sachsen⸗Meiningen zu den im Kreise aufgestellten Damen und Herren des diplomatischen Corps. Nachdem dasselbe gegen 8 Uhr ent⸗ lassen worden war, begab das Hohe Brautpaar Sich nach
dem angrenzenden Thronzimmer, dessen Thüren geschlossen wurden, und nahm unter dem Throne seine Stellung, der
Hohe Verlobte zur Linken Ihrer Königlichen Hoheit der Prin⸗ zessin Charlotte. Die Schleppe Höchstderselben wurde von wei Pagen gehalten. Rechts vom Throne standen die
amen des Gefolges, nämlich die Prinzessin Biron von Cur⸗ land, geborne Prinzessin Mestschersky, welche als Ober⸗Hof⸗ meisterin fungirte, und dahinter die Gräfinnen von Brühl und von Reventlou, welche die Funktionen als Hofdamen über⸗ nommen hatten. Links vom Throne standen der Hofmarschall Sr. Kaiserlichen und Königlichen des Kronprinzen, Vize⸗Ober⸗Ceremonienmeister Graf zu Eulenburg, welcher als dienstthuender Cavalier der Hohen Braut fungirte, und der sachsen⸗meiningensche Ober⸗Hofmarschall Freiherr von Stein, und dahinter der Oberst und Commandeur des Garde⸗Füsilier⸗ Regiments von Sannow, welchem der Ehrendienst bei Sr. Hoheit dem Erbprinzen übertragen worden war, und der Kam⸗ merherr von Normann, welcher ebenfalls als dienstthuender Cavalier der Hohen Braut fungirte. Außerdem stand rechts und links vom Throne noch je ein Page. Nachdem Ihre Kaiserlichen und Königlichen Hoheiten der Kronprinz und die Kronprinzessin Sich zurückgezogen hatten, ertheilte der dem Throne gegenüberstehende Ober⸗Ceremonienmeister, Graf Stillfried, das Zeichen zur Oeffnung der Thüren des Thron⸗ zimmers, und es machten nunmehr, nach der in der vertheilten Hofansage angegebenen Ordnung, die boffahigen Damen und
erren, sowie die Offizier-Corps von Berlin, Potsdam, Spandau und Charlottenburg, d. h. circa 3000 Personen, ihre Cour, welche gegen 9 Uhr endete.
— Der Ausschuß des Bundesraths für Rechnungs⸗ wesen, sowie die vereinigten Ausschüsse für das Landheer und die Festungen und für Rechnungswesen hielten heute Sitzungen.
— Der Schlußbericht über die gestrige Sitzung des Reichstags befindet sich in der Ersten Beilage.
— In der heutigen (23.) Sitzung des Reichstages, welcher der Präsident des Reichskanzler⸗Amts, Staats⸗Minister Hofmann, und andere Bevollmächtigte zum Bundesrath bei⸗ wohnten, stand zur ersten Berathung der Gesetzentwurf, betreffend die Aufnahme einer Anleihe für Zwecke der Marineverwaltung und der Post⸗ und Tele⸗
raphenverwaltung. Derselbe wurde ohne Debatte an die
udgetkommission verwiesen. Es folgte die erste Berathung des Gesetzentwurfs, betreffend die Aufnahme einer Anleihe zur Durchführung der allgemeinen Kasernirung des Reichsheeres. Nachdem die Abgg. Richter (Hagen) und von Schalscha sich über die Vorlage geäußert hatten, beantragte der Abg. Dr. Wehrenpfennig die Ueberweisung derselben an die Budgetkommission, obwohl er zweifelte, daß diese bis zum Ablaufe der heeaahe 7 Session die gestellte Aufgabe werde lösen können. Die gleiche Ansicht sprach der Abg. Dr. Lucius (Erfurt) aus. Der Bevollmächtigte zum Bundesrath, Kriegs⸗Minister von Kameke, wünschte selbst bei dieser Sachlaze wenigstens die⸗ jenigen Etatstitel, welche Bewilligungen für Kasernirungs⸗ zwecke verlangen, durch das Haus genehmigt zu sehen. Die Vorlage wurde der Budgetkommission überwiesen, ebenso auf den Antrag des Abg. Grumbrecht die Zusammenstellun⸗ gen der fernerweit aufgestellten Liquidationen über die auf Grund des Art. V. des Gesetzes vom 8. Juli 1872 aus der fran⸗ zösischen Kriegskostenentschädigung zu ersetzenden Beträge. Hierauf wurde die 2182 abgebrochene Debatte über die wirthschaftlichen Vorlagen und Anträge fort⸗ esetzt. Nachdem die Abgg. Dr. Hirsch und Westermayer ge⸗ grvben, hatte beim Schluß des Blattes der Abg. Grumbrecht as Wort.
— Im Kaiserlichen Gesundheits⸗Amt fand am Sonn⸗ abend unter Vorsitz des Geheimen Regierungs⸗Raths Professor Dr. Finkelnburg eine Konferenz von Eisenbahn⸗ Aerzten und Verwaltungs⸗Delegirten der Berliner Eisenbahn⸗Direktionen statt, bei welcher auch das Reichs⸗ Eisenbahn⸗Amt und der Verein deutscher Eisenbahnver⸗ waltungen“ durch Delegirte vertreten waren. Auf der Tages⸗ ordnung stand die Vereinbarung eines gleichmäßigen Planes zu umfassenden Erhebungen über die Erkrankungsverhält⸗ nisse des Eisenbahnpersonals, deren genauere Kennt⸗ niß und wirksamere Vorbeugung nach den bisherigen vom Vorsitzenden dargelegten Erfahrungen ein dringenderes Be⸗ dürfniß ist, als bei den meisten anderen Berufsarten. Betreffs der Erhebungsweise für die Krankheitsfälle und Formen wurde dabei auf die von mehreren Eisenbahn⸗ verwaltungen in der Rheinprovinz und Westfalen auf Ver⸗ anlassung des „Niederrheinischen Vereins für öffentliche Ge⸗ sundheitspflege“ eingeführte Zählkasten⸗Methode als die be⸗ sonders für ärztliche Erhebungen bequemste und in ihren Ergebnissen bei weitem zuverlässigste hingewiesen. Die Versammlung beschloß einstimmig, 8 die Vorschläge des Gesundheieanns einzugehen und ersuchte dasselbe um demnächstige Vorlage eines Entwurfs zu den näheren Ausführungsbestimmungen, bei welchen die zentrale Verarbei⸗ tung des zu gewinnenden Beobachtungsmaterials durch das Gesundheitsamt als Voraussetzung festzuhalten sei.
— Mit dem Beitritt Persiens zum Weltpostvereine haben sich die Postverwaltungen von Deutschland, Rußland, Großbritannien, Frankreich, Italien, der Türkei und der Schweiz bereits einverstanden erklärt. Die Königlich dänische Regierung hat den Beitritt Grönlands und ihrer Antillen⸗ kolonien St. Thomas, St. Jean und St. Croix nach⸗ gesucht.
— Es ist für zweckmäßig erachtet worden, daß für den Gebrauch der deutschen Reichs⸗ und Staatsbehörden ein ein⸗ heitliches Papierformat eingeführt werde und für das⸗ selbe das Maß von 33 Centimeter Höhe und 21. Centimeter Breite, unbeschadet der für Briefpapier, Tabellen und in etwaigen sonstigen Ausnahmefällen üblichen anderen Formate, angenommen worden. Der Finanz⸗Minister und der Minister des Innern haben die Behörden ihres Ressorts durch Cirkular⸗ erlaß vom 9. v. M. behufs der Nachachtung hiervon in Kennt⸗ niß gesetzt, mit dem Bemerken, daß die vorhandenen Papier⸗ Vorräthe anderen Formats, bevor zu dem neuen Format übergegangen wird, vorerst aufzubrauchen seien. b
Nach einem Cirkularerlaß des Ministers des Innern soll den Kreisausschüssen, den den städtischen Magistraten, den Vorstehern der Landgemeinden und den Gutsvorstehern empfohlen werden, sich auch ihrerseits des neuen Papierformats im Geschäftsverkehre zu bedienen.
— Die Bestimmungen des Strafgesetzbuchs über vorsätzliche und fahrlässige Beschädigung an Telegraphenan⸗ stalten (§S§. 307, 318) beziehen sich nach einem Erkenntniß des Ober⸗Tribunals vom 27. März 1877 nicht auf solche Beschädigungen, welche eine Verhinderung oder Störung der Benutzung der Telegraphenanstalt nicht zur Folge gehabt haben. „Der Erfolg, nicht die bloße Möglichkeit desselben, gehört zum Thatbestande des Vergehens“.
— In einer Untersuchung wegen Stempeldefra uda⸗ tion bei der Veräußerung eines Grundstücks hat das Ober⸗ Tribunal (Erkenntniß vom 15. März 1877) folgenden Satz ausgesprochen: Zur Verhängung der Stempelstrafe genügt es nach allgemeinen Grundsätzen, wenn der verordnete Stempel nicht verbraucht oder nicht rechtzeitig nachgebracht ist. Des Nachweises einer besonderen Verschuldung des Stempelpflich⸗ tigen oder seiner Absicht, die Stempelsteuer zu hinterziehen, bedarf es dabei nicht. Eine Ausnahme von dieser Regel bil⸗ det die unverschuldete Minusdeklaration des Werthes eines zu veräußernden Grundstücks.
— Der Kaiserliche Botschafter Graf zu Münster ist nach London zurückgekehrt und hat die Leitung der dortigen Botschaft wieder übernommen.
— In Nr. 88, d. Bl. brachten wir die Nachricht, daß das Southern Hotel in St. Louis (Missouri) durch Feuer zerstört sei. Nach weiteren uns zugegangenen Mittheilungen befand sich auch der Konsul des Deutschen Reichs, Dr. Ger⸗ lich, welcher erst vor Kurzem behufs Uebernahme des dorti⸗ gen Konsulatspostens in St. Louis eingetroffen war, zur Zeit der Katastrophe im Hotel. Er hat sich durch einen Sprung aus dem dritten Stock gerettet und dabei leider ein Knie ge⸗ brochen; zu Besorgnissen giebt sein Zustand jedoch keine Ver⸗ anlassung. Die junge Frau des Dr. Gerlich ist ganz unver⸗ sehrt geblieben.
— S. M. S. „Gazelle“ ist, telegraphischer Nachricht zufolge, am 14. d. M. in Beirut eingetroffen und beabsich⸗ tigte, am 21. dess. M. nach Smyrna zu gehen.
Kiel, 16. April. (Kiel. Ztg.) Der Chef der Admiralität, Staats⸗Minister, General von Stosch, traf gestern Vor⸗ mittag hier ein. Se. Königliche Hoheit der Prinz Heinrich mit Seinen Gouverneuren, General⸗Major von Gottberg und Kapitän⸗Lieutenant Freiherr von Seckendorff, langte um 12 Uhr 31 Minuten Mittags hier an und nahm bis auf Weiteres im Hotelt „Germania“ Wohnung.
Wiesbaden, 12. April. 6. Sitzung des Kommunal⸗ Landtages. Nach Verlesung und Genehmigung der Proto⸗ kolle über die beiden vorhergegangenen Sitzungen brachte zu⸗ nächst der Abg. Schneider in Gemeinschaft mit den Abgg. Rabe, Schuhmann, Schoen, Bied und Graßmann den Antrag ein, der Kommunal⸗Landtag wolle beschließen, an die König⸗ liche Regierung das Ersuchen zu richten, dieselbe möge höhe⸗ ren Orts dahin wirken, daß baldigst ein Gesetz erlassen werde, wonach der Unterricht in den Fortbildungsschulen als ein obligatorischer bezeichnet werde. Nach Eintritt in die Tagesordnung erfolgte sodann die Erstat⸗ tung einer Reihe von Kommissionsberichten und hierauf die Wahl: 1) der Mitglieder und resp. deren Stell⸗ vertreter der Bezirkskommission für die klassifizirte Einkom⸗ mensteuer; 2) der Mitglieder resp. deren Stellvertreter der Nassauischen Deputation für das Heimathwesen; 3) des Bei⸗ raths zur Nassauischen Landesbank. Nach Schluß dieser Wahlen brachte der Abg. Schramm die Interpellation ein, in welchem Stande sich die Verhandlungen über die früher in Aussicht S anderweite Regelung der Besoldung der Forstschutz⸗
eamten für die Gemeindewaldungen im Kommunalbezirke be⸗ finden. Die Beantwortung dieser Anfrage wurde für eine der nächsten Sitzungen zugesagt. Hierauf begründete der Abg. Schneider seinen im Beginn der Sitzung eingebrachten Antrag bezüglich des Erlasses eines Gesetzes den Unterricht in den Fortbildungsschulen für obligatorisch zu erklären. Die Inbe⸗ trachtnahme des Antrages wurde beschlossen; die Beschluß⸗ fassung über denselben soll in einer der nächsten Sitzungen erfolgen. Auf den Antrag des Abgeordneten Winter wurde darauf beschlossen, den Bestrebungen der Abgeordneten aus dem Kommunalbezirke zu dem Landtage der Monarchie, das Nassauische Landesarchiv in diesem Bezirke zu erhalten, die Zustimmung und dankbare Anerkennung auszusprechen. Zum Schlusse rechtfertigte der Abg. Bied seinen Antrag auf Er⸗ höhung der Diäten der Kommunal⸗Landtagsmitglieder. Die Inbetrachtnahme des Antrages wurde beschlossen und darauf der Antrag selbst, die Erhöhung auf den Betrag von 12 ℳ
und zwar bereits für die lausende Session vorzuschlagen, an⸗
genommen.
„Hessen. Darmstadt, 15. April. Wie das ,Frkf. Ie mittheilt, findet nach einem Erlasse des Ministeriums des en die regelmäßige Ergänzungswahl sämmtlicher and⸗Gemeindenvorstände mit Ablauf dieses Jahres statt. Die Vorbereitungen zu diesen Ergänzungswahlen wür⸗ den deshalb im ganzen Lande nunmehr getroffen, und die nöthigen Anordnungen seien an die Bürgermeister ergangen, so daß die neu zu wählenden Gemeinderäthe, bezw. Stadt⸗ verordneten zu Anfang 1878 in Funktion treten können.
Sachsen⸗ Weimar⸗Eisenach. Weimar, 14. April. 8 Heute Mittag sind der Kaiser und die
aiserin von Brasilien, von den Großherzoglichen Herr⸗ schaften auf dem Bahnhofe begrüßt, hier angekommen und
im Hotel zum Erbprinzen abgestiegen. Dieselben begaben sich am Abend in das Theater zur Aufführung des ersten Theils des
„Faust.“ — In der Nachmittagssitzung vom 11. d. M. bes loß der Landtag nach mehrstündiger Debatte mit großer Majorität den Fortbestand der Lehranstalt für Landwirthe an der Universität Jena in seiner bisherigen Organisation.
Bremen, 12. April. (H. N.) Eine von der Bürger⸗
schaft niedergesetzte Kommission eignet sich sowohl die
Schlüsse wie die Begründung des sehr eingehenden Gutachtens des Prof. Hanssen in Göttingen über die Grundsteuer⸗ gesetzgebung von 1873 und 1874 vollständig an. Sie findet das Geltungsgebiet des neuecn Verfahrens viel zu weit gegriffen, weil der dafür maßgebende Straßen⸗ plan von 1871 in eine unabsehbare Zukunft hinaus⸗ schweife. Den „Verkaufswerth“ statt des Reinertrags der Steuer zu Grunde zu legen, sei ganz unwirth⸗ schaftlich, zumal bei Ackerland, und mache aus der Grun steuer, die eine Ertragssteuer sein solle, eine unleidliche stän⸗ dige Vermögenssteuer. Außer Hanssen haben übrigens noch⸗ andere Autoritäten, wie z. B. Roscher in Leipzig, sich ent⸗ schieden gegen den bestehenden Zustand ausgesprochen
Oesterreich⸗ Ungarn. Wien, 15. April. Wie die „Presse“ meldet, sind gestern die Vertreter Deutsch⸗ lands zu der Konferenz über den Handelsvertrag mit Deutschland hier angekommen.
— 16. April. (W. T. B.) Zur Feier des 40 jährigen Dienstjubiläums des Erzherzogs Albrecht werden Deputationen des 5. russisch⸗litthauischen Ulanen⸗Regiments und des 86. russischen Infanterie⸗Regiments, deren Chef Erz⸗ herzog Albrecht ist, hier eintreffen.
Pest, 15. April. Der Präsident des Abgeordneten⸗ hauses hat dieses für den kommenden Sonnabend, d. 21. u einer Sitzung einberufen. Als nächsten Gegenstand der Verhandlungen dieses Hauses bezeichnet „Hon“ die Wahl der Deputationen, die mit Rücksicht auf den Ausgleich zu er senden sind. Wann die Ausgleichsvorlagen eingebracht werden erwähnt „Hon“ nicht; dagegen betont er, daß der letzte Minister rath, von dem es hieß, daß er sich mit Angelegenheiten b.
schäftigt habe, die nicht zu den inneren im strengen Sinne
des Wortes gehören, sich mit den obenangegebenen Gegen ständen und zudem mit dem Ausgleich befaßt habe. — Dem „N. Hirlap“ schreibt man aus Wien: „Die Ver 1 über die Revision des Wehrgesetzes ollten noch in diesem Jahre beginnen.
Kreisen spürt man jedoch Erfahrungen, die man mit den Ausgleichsverhandlungen ge⸗ macht hat, keine große Lust zu jenen Verhandlungen; anderer⸗ seits hat an kompetenter Stelle auch jene Ansicht Ausdruck gefunden, daß ein Rütteln an der Wehrorganisation der Monarchie insbesondere bei den gegenwärtigen auswärtigen Verwicklungen nicht räthlich wäre. Aus diesen Gründen ist es sehr wahrscheinlich, daß statt langwieriger Revisionsverhand⸗ lungen blos die mehrjährige Verlängerung der Wirksamkeit des gegenwärtigen Wehrgesetzes in Vorschlag gebracht werden und eine diesbezügliche Vorlage den Parlamenten zu machen sein wird.“
Schweiz. Bern, 11. April. (Köln. Ztg.) Der Große Rath des Kantons Bern hat in seiner letzten Sitzung einen Antrag des Mitgliedes Wurstemberger auf Absendung einer Spezial⸗kommission nach dem Jura, um die Lage der dortigen römisch⸗katholischen Bevölkerung zu untersuchen, so wie dessen anderen Antrag auf „Rückgabe der Kirchen und Pfarrhäuser an die Majoritäten des souveränen katholischen Volkes im Jura“, ersteren mit 90 gegen 6 und letzteren mit 78 gegen 9 Stimmen abgelehnt. — Die Einnahmen der eidgenössischen Zollverwaltung während der ersten drei Monate d. J. beliefen sich auf 3,679,721 Frs. gegen 4,121,713 Frs. in der gleichen Zeit des Vorjahres, also um 423,991 Frs. niedriger wie damals.
16. April. (Köln. Ztg.) Im Kanton Zürich siegten die Liberalen bei der gestrigen Regierungsraths⸗ wahl über die dort herrschende demokratische Partei mit ungefähr 2000 Stimmen Mehrheit.
Montreux, 15. April. (Köln. Ztg.) Der Großfürst Wladimir und Gemahlin sind zu längerem Aufenthalt hier eingetroffen und im Hotel des Alpes abgestiegen.
Großbritannien und Irland. London, 16. April. (W. T. B.) Im Unterhause erklärte heute auf eine Anfrage des Deputirten Steward der Unter⸗Staats⸗ sekretär Bourke, daß der Vertrag, betreffend die Sulong⸗ Ins eln vor Kurzem in Madrid von den Vertretern
eutschlands, Großbritanniens und Spaniens unterzeichnet worden sei. Die bezügliche Vorlage werde dem Hause dem⸗ nächst zugehen.
Frrankreich. Paris, 15. April. Der „Temps“ be⸗ spricht, im Anschluß an seine gestern gegebenen Vorschristen in Betreff politischer Zurückhaltung, die neueren Agitationen der französischen Klerikalen. Er sieht — und andere Blätter, z. B. das „Journal des Débats“, schließen sich ihm darin an — in den Petitionen, den Briefen der Bischöfe und Aehnlichem unliebsame Ereignisse, ja Excesse, die nicht vorkommen dürften; aber er tröstet sich damit, daß die Ultramontanen eine, wenn auch geräuschvolle, so doch politisch unmächtige Partei bilden, denen das wahre Frankreich, die überwältigende Mehrheit der besonnenen Bürger, ja selbst die Mehrzahl der v-I.u2. nie die Hand zur Verfolgung ihrer politischen Pläne leihen würde, und er nimmt an, daß auch das Ausland die klerikale Agitation in Frankreich von diesem Gesichtspunkte aus zu beurtheilen habe. Der Korrespon⸗ dent der „Köln. Ztg.“ bemerkt dazu: Wenn die französischen Liberalen das ultramontane Element in der französichen Politik leugnen wollten, dann müßten sie sich erst fähig zeigen, dasselbe zu überwinden. — Eine neue Konferenz bezüglich der Erneue⸗ rung der Handelsverträge fand gestern im Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten statt. Die Besprechung betraf, der „Köln. Ztg.“ zufolge, die auf Eisen, Garn und Gewebe be⸗ züglichen Tarife. Da eine große Meinungsverschiedenheit zwischen den Unterhändlern an den Tag trat, so berichteten sie an ihre Regierungen. — Die jetzt geschlossenen Wahl⸗ listen der zwanzig Arrondissements von Paris stellen fest, daß Paris 361,185 Gemeindewähler und 389,535 politische Wähler besitzt. Mit dem Vorjahre verglichen, haben die Ge⸗
8
In maßgebenden nach den unangenehmen
meindewähler um 7151 und die politischen Wähler um 1691 abgenommen. . 4
— Das „Journal officiel“ veröffentlicht den amtlichen Ausweis über das Erträgniß der direkten und in⸗ direkten Steuern in den ersten drei Monaten des Jahres 1877. Die direkten Steuern ergaben 118,420,300 Fr., d. i. 2,152,600 Fr. mehr, als am 31. März fällig waren. Die Steuer auf das Einkommen von den beweglichen Werthen, die für das ganze Jahr auf 35,676,000 Fr. veranschlagt ist, hat in dem ersten Vierteljahr 8,475,000 Fr. eingetragen, ist also ein wenig hinter den Voranschlägen zurückgeblieben. Da⸗ gegen haben die indirekten Steuern mit einem Gesammterträg⸗ niß von 477,974,000 Fr. die Voranschläge um 15,905,000 Fr., und das Erträgniß der entsprechenden Periode des Vorjahres um 13,194,000 Fr. überstiegen. So ergaben im Vergleich mit dem ersten Vierteljahr 1876 das Enregistrement ein Plus von 14,244,000, der Stempel ein Plus von 2,939,000, der Taback ein Plus von 4,404,000, das Postregal ein Plus von 1,240,000 Fr.; auf der anderen Seite blieben die Steuer auf die inländische Zuckerfabrikation um 13,417,000 und die Ein⸗ fuhrzölle um 3,492,000 Fr. hinter den Voranschlägen zurück.
Spanien. Die amtliche „Gaceta de Madrid“ vom 13. d. M. veröffentlicht eine Reihe von Dekreten, durch welche der Marquis de Bedmar, welcher zum Staatsrath ernannt worden ist, von seinem Posten als spanischer Bot⸗ schafter in St. Petersburg abberufen, die spanische Bot⸗ schaft daselbst aufgehoben und durch eine Gesandtschaft ersetzt, der Marquis de la Ribera zum Gesandten in St. Petersburg, der bisherige Geschäftsträger in Stockholm und Kopenhagen Argaizy Vildosola zum bevollmächtigten Minister zweiter Klasse ernannt und nach Brasilien gesandt und Hr. Llorente y Vasquez zum Geschäftsträger in Stockholm und Kopenhagen ernannt wird.
Italien. Rom, 11. April. (H. N.) Der Minister⸗ Siegelbewahrer hat dem Parlamente folgenden Gesetz entwurf vorgelegt: „Den zur Zwangsarbeit auf Zeit, zur Einschließung, oder Verbannung und zu Gefängnißstrafe nicht unter zwei Jahren Verurtheilten, welche in der ersten Hälfte der Strafzeit sich gut geführt haben, kann ge⸗ stattet werden, den Rest derselben in einer Ackerbau⸗ oder Industriekolonie zuzubringen; haben sie zwei Drittheile der Strafzeit bei guter Führung verbüßt, so können sie auch außerhalb der Strafanstalten bei öffentlichen Arbeiten verwandt, sollen aber von freien Arbeitern ge⸗ trennt gehalten werden. Haben Gefangene drei Viertel der Strafe bei guter Führung verbüßt, so können sie bedingungs⸗ weise und unter Androhung des Widerrufs freigelassen wer⸗ den, diese Gnade soll jedoch nicht denen zukommen, welche wegen Raub, Erpressung, gewaltsamer Entführung oder wegen qualifizirten Diebstahls rückfällig geworden sind; Fremden soll ein Erlaß der Strafe nicht gewährt werden. Der Freige⸗ lassene bleibt der Ueberwachung der Polizei unterworfen.“ Hr. Mancini vertheidigte die Vorlage in der gestrigen Sitzung der Deputirtenkammer und führte aus, daß man ähnliche Strafmilderungen auch in Deutschland und in anderen Län⸗ dern Europas eintreten lasse. Der Minister hatte die Genug⸗ thuung, daß §. 1 mit großer Majorität angenommen wurde.
12. April. (H. N.) Die Sitzungen der Depu⸗ tirtenkammer werden so unregelmäßig von vielen Depu⸗ tirten besucht, daß der Präsident Crispi sich genöthigt sah, die Namen der ohne Entschuldigung fehlenden Deputirten in dem amtlichen Blatte zu veröffentlichen, weil sonst die Kammer zu oft ni 9t beschlußfähig sein würde. Hr. Depretis hat der Kamm r eine Reihe von Gesetzentwürfen vorgelegt, unter denen der zu, Reorganisation des Ober⸗Rechnungshofes der wichtigste ist. Laut Art. 1 desselben ist der Jurisdiktion dieser Behörde die Aufsicht über die regelmäßige Rechnungs⸗ legung der Provinzial⸗ und der Kommunalverwaltungen, der Verwaltungen der Güter der milden Stiftungen und anderer Institute mit öffentlichem Charakter übertragen. Die übrigen 12 Artikel des Projekts enthalten Bestimmungen, in welcher Weise die Kontrole und der Dienst der gedachten Behörde gehandhabt wer⸗ den soll. — Der Präfekt von Palermo, Malusardi, hat wie⸗ derum 13 neue Prämien, die von 2000 bis 6000 Lire stei⸗ gen, für die Gefangennahme von 13 berüchtigten Banditen ausgesetzt und dies in allen Blättern der Provinzen Palermo und Girgenti bekannt machen, außerdem aber in Erinnerung bringen lassen, daß für die Festnahme Leone’s noch heute 25,000 Lire gezahlt werden. Im Ministerium des Innern ist ein Plan zur Reorganisation der sizilianischen Miliz⸗Compagnien ausgearbeitet worden, die den Prä⸗ fekten untergeordnet bleiben sollen.
— 15. April. (Ag. Hav.) Zwei neue Banden von Internationalisten, die eine aus 30, die andere aus 18 Mann bestehend, sind bei Telesa erschienen. Die Behörden haben alle nöthigen Maßregeln angeordnet.
— 16. April. (W. T. B.) Als Ergänzung des Grünbuchs sind nunmehr noch 21 andere diplomatische Do⸗ kumente vorgelegt worden, welche sich auf das Londoner Protokoll e und bis zum 13. d. M. reichen. — Der diesseitige Botschafter in London, Graf Menabrea, ist hier eingetroffen.
Türkei. Konstantinopel, 16. April. (W. T. B.) Die montenegrinischen Bevollmächtigten sind heute nach Odessa abgereist, um sich von dort in ihre Heimath zu begeben. — Die für das Schwarze und das Mittel⸗ ländische Meer bestimmten türkischen Geschwader sind zum Auslaufen bereit. — In einer amtlichen Kund⸗ machung wird jede Absicht der Regierung, hier oder anderswo 1e; erungszustand zu verkünden, fürunbegründet erklärt.
St. Petersburg, 16. April. (W. T. B.) Die Ab⸗ reise Sr. Majestät des Kaisers zur Armee ist fast un⸗ mittelbar bevorstehend. Der Kaiser wird nicht an der Cam⸗ pagne Theil nehmen, sondern nur die Truppen vor der eventuellen Campagne besichtigen. Eine Kriegserklärungs⸗ Ordre ist bisher noch nicht erlassen. Die gegen⸗ wärtige Lage zwingt Rußland gewissermaßen zum einseitigen Handeln. Rußland allein von den europäi⸗ schen Mächten hat mobilisirt, und die schroffe Art, in welcher die Türkei das Londoner Protokoll verwirft, würde von Rußland einen Rückschritt verlangen, der sich durch nichts motiviren läßt. Die Türkei will den Konflikt und drängt zum Kriege; sie hat nicht blos in ihrer Cirkularantwort das Londoner Pro⸗ tokoll verworfen, sondern auch überhaupt den europäi⸗ schen Mächten das Recht und die Möglichkeit abgesprochen, irgendwie innere Reformen im türkischen Reiche veranlassen, gewährleisten und beaufsichtigen zu können. Damit ist eine völlig neue
ige geschaffen, eine solche, die sogar den Boden der früheren Konferenz beseitigt. Rußland, das mobilisirt hat für das Nicht⸗Vordringen des Halbmonds nach Belgrad, für die Herbeiführung türkischen Reiche
sichten, jedes möglichen Entgegenkommens gegeben. Die Türkei hat alle gebotene Gelegenheit, den Dingen eine friedliche Wen⸗ dung zu geben, zurückgewiesen, sie drängt auf Waffenentschei⸗ dung, das unter den Waffen stehende Rußland, das seine Friedensliebe bekundet hat, kann nicht zurückweichen.
Wien, 16. April. (W. T. B.) Wie der „Politischen Korrespondenz“ aus St. Petersburg telegraphisch gemeldet wird, begiebt sich Kaiser Alexander wahrscheinlich am 19. d. zur Armee.
Wien, 16. April. (H. T. B.) Wie das „Tagblatt“ meldet, ist gestern, den 15., eine Depesche Lord Derbys ab⸗ gegangen, in welcher England erklärt, der Pariser Vertrag gestatte Rußland nicht, in Rumänien einzurücken. — Die „Wiener Abendpost“ bezeichnet die Hoffnung auf Erhaltung des Friedens als eine geradezu verschwindende.
London, 16. April. (W. T. B.) Im Oberhause lenkte Lord Granville die Aufmerksamkeit des Hauses auf das Pro⸗ tokoll und sprach sein Bedauern darüber aus, daß der Pro⸗ tokollentwurf dem Hause nicht vorgelegt worden sei. Insbe⸗ sondere hob derselbe hervor, daß in dem Protokolle nicht mehr von den durch die Türkei zu gebenden Bürgschaften die Rede sei, während die im Protokoll ausgedrückte Absicht einer Ueber⸗ wachung der Ausführung der Reformen als eine Pression an⸗
esehen werden müsse, zu der man keiner anderen europäi⸗ chen Macht gegenüber sich verstanden haben würde. Es sei kein wesentlicher Unterschied zwischen dem Pro⸗ tokoll und dem Berliner Memorandum; zur Zeit des Berliner Memorandums hätte aber das vereinigte Europa die Pforte recht wohl zur Nachgiebigkeit bestimmen können. Redner ver⸗ langte ferner Aufklärung über die dem Protokoll angehängten Erklärungen Rußlands, Italiens, Englands, insbesondere dar⸗ über, ob die anderen Mächte diesen Erklärungen beigetreten seien und drückte sein Bedauern darüber aus, daß die Pforte bei ihrer Weigerung, die Vorschläge der Mächte zu acceptiren, stets zu verstehen gegeben habe, sie habe von England nichts zu fuͤrchten. Endlich rechtfertigte Lord Granville das Ver⸗ halten der Opposition. Lord Derby erwiderte, der Veröffent⸗ lichung des Protokollentwurfs sei der russische Botschafter, Graf Schuwaloff, entgegen gewesen, auch seien der Protokoll⸗ Entwürfe mehrere vorhanden. Was das Wegfallen der früher geforderten Bürgschaften anbelange, so habe es sich jetzt haupt⸗ sächlich darum gehandelt, eine friedliche Lösung herbeizuführen und man habe sich den zwischen Rußland und der Türkei be⸗ stehenden Beziehungen anbequemen müssen. Das Berliner Memorandum habe wirksame Maßregeln oder mit anderen Worten eine militärische Besetzung der insurgirten türkischen Provinzen vorgeschlagen und diesen Vorschlag habe England abgelehnt. Der letzte Absatz des Protokolls bedeute nicht die Anwendung von Zwangsmaßregeln gegen die Türkei, sondern vielmehr, daß, falls die Türkei gewisse Dinge unter⸗ lasse, England die übrigen Mächte konsultiren werde, was nun zu thun sei. Ob das vereinte Europa mit den Forde⸗ rungen des Berliner Memorandums bei der Pforte durchge⸗ drungen sein würde, sei Angesichts des Resultates der Kon⸗ stantinopeler Konferenzzweifelhaft. Was die dem Protokoll beige⸗ fügten Deklarationen anbetreffe, so habe die englische Regierung die Anfrage an Rußland gerichtet, ob dasselbe im Falle der Unter⸗ zeichnung des Protokolles zur Abrüstung bereit sei. Die rus⸗ sische Regierung habe geantwortet, dies hänge von dem Ver⸗ halten der Türkei ab. England habe darauf erklärt, es ent⸗ spreche dem Zwecke, daß, falls das Protokoll resultatlos bleibe, das Dokument auch zu keinem anderen Zwecke verwendet wer⸗ den dürfe. England habe sich die Vermittelung zwischen Ruß⸗ land und der Türkei angelegen sein lassen; wenn England das Protokoll nicht unterzeichnet hätte, würde ihm die ganze Verantwortlichkeit zugefallen sein. Aller Spekulationen über die künftige Gestaltung der Dinge glaube er sich enthalten zu sollen. Nachdem noch Landsdowne und Dudley das Verhal⸗ ten der Regierung kritisirt hatten, schloß die Besprechung.
— 16. April. (W. T. B.) Nach einer dem „Reuterschen Büreau“ zugegangenen Meldung sind heute 6 türkische Panzerschiffe in der Sulina⸗Mündung eingetroffen.
— 17. April. (W. T. B.) Der „Standard“ bespricht die möglichen Folgen des Krieges zwischen Ruß⸗ land und der Türkei und meint, ein Eroberungskrieg werde nicht geduldet werden. England könnte Rußland an beiden Ufern der Donau sehen, ohne einen Finger zu rühren; wenn jedoch Oesterreich und Deutschland gegen die Anwesen⸗ heit der Russen in Bulgarien Einwendung erheben und Eng⸗ land auffordern sollten, ihren Protest zu unterstützen, würde England bei seinem Interesse, Rußland die Herrschaft über den Bosporus nicht einzuräumen, gezwungen sein, einer solchen Aufforderung Gehör zu schenken.
Der W. „Presse“ sind folgende Telegramme zu⸗ gegangen:
Konstantinopel, 15. April. Dem Vernehmen nach werden die russischen Unterthanen im türkischen Reiche für den Fall des Krieges unter den Schutz des hiesigen Ge⸗ sandten der Vereinigten Staaten gestellt werden.
Rustschuk, 15. April. Die Garnison der Insel Kreta wurde theils nach Konstantinopel, theils nach Schumla verlegt und durch syrische Truppen ersetzt. — Ali Bey, Gou⸗ verneur von Varna, ist mit der Errichtung eines Feld⸗ lazareths in dieser Stadt beschäftigt, nach der auch ein Theil der Militärintendanz der bulgarischen Armee ver⸗ legt werden soll. 8
— Aus Pest, 14. April, wird Wiener Blättern tele⸗ graphirt: Berichten aus Konstantinopel zufolge wurden Mah⸗ mud Messud Pascha und Assym Pascha nach Bul⸗ garien, und Server Pascha und Hafiz Pascha wieder nach den Grenzgebieten des Kaukasus geschickt, um die Festun⸗ gen in diesen Gegenden zu inspiziren. — In Varna erwar⸗ tet man binnen Kurzem die Ankunft des Sultans, der sich mit großem Militärgefolge und von einem Theile der Flotte begleitet, nach dieser Stadt begeben wird, um von hier zur Inspizirung der Armee nach Bulgarien zu gehen.
— Aus Rustschuk, 15. April, wird der „Köln. Z.“ tele⸗ graphisch gemeldet:
Gegenwärtig vollzieht sich der Aufmarsch der Donau⸗ Armee und deren Gliederung in Brigaden. Eine Kon⸗ zentrirung ist bisher in folgenden Richtungen bemerkbar: erstens in der Richtung von Widdin und Lompalanka gegen Kalafat (dieses Corps wird gegen 50,000 Mann stark bleiben und hat das Material
von R. im 2 man sich r. L . — 8 Sichertellung — füͤr Brückenkopf für Widdin zu bemächtigen suchen); zweitens wurde durch die Gewährleistung und Beaufsichtigung dieser Reformen, hat
fünf Monate lang ein seltenes Beispiel seiner friedlichen Ab⸗
von zwei vollständigen Brückentrains zur Verfügung, die gegenüber
der eine halbe Stunde unterhalb Widdin gelegenen Insel und gegen⸗
über dem rumänischen Dorfe Cetate aufgestapelt sind; allem Anscheine nach wird man sich sofort bei Ausbruch des Krieges Kalafats als
Abgabe eines Theiles der Truppen von Widdin und Heranziehung neuer Bataillone aus dem Innern zwischen Rahowa und Nikopoli gegen das Alutathal und Turnu Margurelli hin ein Corps von 10 bis 12,000 Mann aufgestellt; drittens von Rustschuk bis Turtukai (diese Truppen werden sich mit Einschlusß der in den nächsten Tagen hier erwarteten Verstärkungen auf 18 — 20,000 Mann belaufen); der vierte Konzentrationspunkt erstr ckt sich von Silistria bis Rassowa und wird über 25,000 Mann umfassen, der fünfte liegt in der Dobrudscha, wo bis jetzt noch nichts zusammengezogen worden ist und die vorhandenen Truppen sehr wenig zahlreich sind; (es er⸗ folgen jedoch dabei fortwährend Nachschübe, sowohl von der oberen Donau als von Konstantinopel her, so daß dieses Corps in der nächsten Woche bereits eine Stärke von etwa 12,000 Mann haben könnte; dasselbe scheint eine Aufste llung mit doppelter Front einnehmen zu wollen und zwar gegen Hirsowa⸗ Matschin einerseits und Isaktscha⸗Tultscha andererseits, mit Baba⸗ dagh als beiderseitigem Repli); sechstens für Varna mit Aufstellung gegen Bazardschik einerseits und Prawady andererseits in Stärke von 22 — 25,000 Mann; das siebente Corps wird in centraler Stellung von Schumla bis Rasgrad in der Richtung gegen die Donau einerseits und Kasan Eskitschnmaja und Osmanbazar am Fuße der Balkanübergänge andererseits in der Stärke von 32 — 35,000 Mann concentirt. Ein bei Jamboli und Sagra noch in der Bildung begriffenes Reservecorps, zählt gegenwärtig 8 Bataillone und 2 Batterieen, ein zweites bei Tirnowa, gleichfalls noch in der Bilduna begriffene zählt 7 Bataillone und 3 Batterieen, ein drittes zwischen Softa und Nisch bestebt aus 16 Bataillonen, 6 Batterieen und 1 Kavallcrie⸗Regiment; kleinere Etappen befinden sich auf den wichtigsten Kreuzungspunkten Berkovze, Plewna, Loidtscha. Janibazar, Bazardschit und Kustendsche. Weitere Reservecorps werden aus den neu einberufenen Mustahfiz⸗Bataillonen in der Richtung Adrianopel⸗Talatzazardschik und Adrianopel⸗Jamboli er⸗ richtet. Die Donau⸗Flotille, deren größter Theil zuletzt zwischen Wid⸗ din und Rustschuk vereinigt war, hat sich mit Ausnahme von 6 Schiffen, welche an verschiedenen Punkten geblieben sind, an die untere Donau zurückgezogen, wo sie in 2 Geschwadern, zwischen Silistria⸗Rassowa einerseits und Tultscha⸗Sulina andererseits, formirt wird. Mit der Befestigung des von Bazardschik über Prawadi führenden Balkan⸗ Engpasses durch Verhaue und zwei auf dem Gipfel des Passes ange⸗ legte Redouten, so wie eines Werkes am Uebergange über den Kamt⸗ schikfluß wurde vorgestern unter Anleitung dreier aus Varna dahin abgegangenen Offiziere begonnen. Die Tscherkessen erhielten Befehl, sich bereit zu halten. Vorgestern wurden in Folge eines telegraphi⸗ schen Befehls die hiesigen Artilleriedepots geöffnet und bis zum Abend 96 Geschütze auf die Wälle und Schanzen gebracht; heute, seit Tagesanbruch, fährt man fort, die Armirung der Festungswerke durch Auffahren neuer Kanonen zu vervollständigen.
— Die W. „Presse“ vom 16. schreibt: Seit einiger Zeit wird mehrfach die Nachricht verbreitet, daß an dem Tage, als die Russen den Pruth überschreiten, auch türkische A bthei⸗ lungen die Donau übersetzen, sich auf rumänischem Boden an mehreren Punkten verschanzen und so die Verthei⸗ digung der Donaulinie schon am linken Ufer beginnen werden. Wir wollen die Möglichkeit einer solchen Aktion nicht be⸗ streiten, doch glauben wir nicht, daß sie den angestrebten Zweck erreichen würde. Vorerst ist nämlich zu überlegen, daß das linke Ufer doch von rumänischen Truppen besetzt ist und daß die ersten den Pruth überschreitenden Russen mit Benutzung der Eisenbahn innerhalb vierundzwanzig Stunden Galacz, Braila, Giurgewo und Turn⸗Severin erreichen können. Wenn es also auch türkischen Abtheilungen trotz des, wie man uns berichtet, mangelnden Brückenmaterials gelingen sollte, sich unter Tagesfrist am linken Donauufer fescn etzen, so könnte dies in Folge des ihnen zu Gebote stehenden kurzen Zeitraums nur von klei⸗ neren Abtheilungen geschehen, welchen allein die Anlage eines „Brückenkopfes“ schwerlich gelingen würde. Diese Abthei⸗ lungen kämen sogar leicht in die Gefahr, von den anrücken⸗ den Russen in die Donau geworfen oder doch von ihrem Rück zuge abgeschnitten zu werden. Zudem liegt die militärisch rationelle Vertheidigungslinie eines jeden Stromes nicht vor, sondern hinter demselben und die türkische Heeresleitung wird es darum kaum für räthlich halten, auch nur einige Ba taillone einem ziemlich sicheren Unfalle gleich zu Beginn des Krieges auszusetzen. Der eigentliche Krieg dürfte also erst einige Wochen nach der Ueberschreitung des Pruth beginnen, da eine geraume Zeit bis zum Aufmarsche der ussischen Armee an der Donau verstreichen muß. 8
— Ueber die russische Kaukasus⸗Armee schreibt man der „Pol. Korr.“ aus Tiflis, 31. März:
„Unsere Armee hat nunmehr auch ihre Eintheilung nach Corps⸗ Verbänden erhalten und ist in vier Armee⸗Corps und zwei Divi⸗ sionen Irreguläre eingetheilt. In den letzten Wochen ist dieselbe bedeutend verstärkt worden. und zwar durch die Truppen des Astra⸗ chaner Gouvernements. Der Nachschub bestand aus 8 Regimentern Infanterie, 9 Eskadronen Kavallerie und 5 Batterien. Mit diesen
Verstärkungen dürfte die Armee nunmehr eine Stärke von kaum
130,000 Kombattanten besitzen. Eine weitere Vermehrung der Streit⸗ kräfte dürfte vorläufig nicht stattfinden, da eine solche auch nicht für nöthig gehalten wird. — Die letzten Nachrichten aus Persien lauten ziemlich kriegerisch. Bekanntlich zählt die persische Armee nominell an Regulären, Irregulären und sogenannter Miliz, welche eine Art Landsturm ist, an 150,000 Kombattanten, von welchen aber bis jetzt effektiv kaum 30,000 Mann unter den Fahnen standen. Nach neuesten Nachrichten aus Teheran hat der Schah nunmehr weitere 30,000 Mann einberufen. Ueberdies werden 15,000 irreguläre Reiter ausgehoben. An der türkischen Grenze werden 45,000 Mann mit 45 Geschützen aufgestellt. Die militärische Ausbildung der persischen Armee läßt aber Alles zu wünschen übrig. Nach den Berichten russischer Offiziere können die per⸗ sischen Truppen in ihrer dermaligen Verfassung schwerlich den Türken gegenübertreten und würden sie für Rußland wenigstens im Anfang des Krieges Bundesgenossen von sehr zweifel⸗ haftem Werthe sein. Der einzige Vortheil, welcher aus einer eventuellen Allianz Rußland erwachsen könnte, wäre, daß die Türken dennoch gezwungen wären, gegen Persien mit einer größeren Trup⸗ penmacht Front zu machen. — Aus Central⸗Asien werden bedenk⸗ liche Symptome gemeldet. Jakub⸗Beg, von Kaschgar, soll im Dienste der Pforte, als deren Vasall er sich offen bekennt, die Mohamedaner Central⸗Asiens zum Aufstande gegen die russische Regierung auf⸗ reizen. Tausende seiner Emissäre sind dafür thätig. Es werden daher alle Festungen und versanen Ansiedelungen armirt und in Vertheidigungsstand gesetzt. Aus Orenburg wurden 34 Geschütze und Munition nach Taschkent abgeschickt. Auch wird die central⸗asiatische Armee, da auch Herat einen feindseligen Geist bekundet, mit 20, Mann verstärkt werden. Man sieht sich unserseits allenthalben vor, um sich in keinem Falle und auf keinen Fall von den Ereignissen überraschen zu lassen.“ 8 8 8.
— Aus Cettinje werden, sagt die W. „Presse“, den Jour⸗ nalen bereits allerlei Operationen jignalisirt, die sich erst in späterer Folge bewahrheiten dürften. Vorläufig wird es sich um die Verproviantirung von Niksics, beziehungsweise um deren Verhinderung, handeln, und aus diesem Grunde ist es möglich, daß die ersten Gefechte bei Niksies oder in den Duga⸗ pässen stattfinden werden. An der albanesischen Grenze dürfte analog den Kämpfen im letzten Sommer zuerst die