1 ei. Der Minister des Innern hat sich auf desfallsige An⸗
fragen von Provinzialbehörden bereits dahin ausgesprochen,
daß er es nicht für zulässig erachten könne, auf Grund des
8 §. 49 des Reichsmilitärgesetzes vom 4. Mai 1874 die dem
aktiven Heere angehörigen Militärpersonen bei Abgrenzung
der Urwahlbezirke und bei Festsetzung der auf jeden Urwahl⸗
bezirk fallenden Wahlmänner außer Berechnung zu lassen; denn unter „Seelen“ im Sinne der §8. 4, 5 und 6 der Ver⸗
ordnung vom 30. Mai 1849 beziehungsweise des §. 2 des
Wahlreglements vom 10. Juli 1870 seien nicht etwa blos die wahlberechtigten Personen zu verstehen, sondern cs sei dar⸗
unter die gesammte Bevölkerung begriffen. Dieser Auffassung ist das Haus der Abgeordneten in seiner Sitzung vom 3. März d. J. beigetreten, indem dasselbe auf den Antrag seiner Kom⸗
mmission für die Wahlprüfungen den Grundsatz angenommen hat, daß bei Berechnung der Seelenzahl die zum aktiven Heere
gehörigen Militärpersonen der Civilbevölkerung hinzugerechnet werden müssen. Der Minister des Innern hat durch Cirkular⸗ erlaß vom 16. d. M. die Bezirksregierungen hiervon mit der Veranlassung in Kenntniß gesetzt, die mit Ausführung der Wahlen betrauten Behörden hiernach mit entsprechender Wei⸗ sung zu versehen.
— Nach §. 79 des Reichs⸗Strafgesetzbuchs ist auf eine Ge⸗ sammtstrafe zu erkennen, welche in der Erhöhung der ihrer Art nach schwersten der verwirkten Strafen besteht, wenn, be⸗
vpor eine erkannte Strafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist,
die Verurtheilung wegen einer strafbaren Handlung erfolgt,
welche vor der früheren Verurtheilung begangen war. Diese reichsgesetzliche Vorschrift findet nach einem Erkenntniß des
Ober⸗Tribunals, Senat für Strafsachen, vom 26. April 1877, keine Anwendung, wenn die frühere Verurtheilung von einem
nichtpreußischen Gerichte ausgesprochen worden war. Vielmehr
1 des Angeklagten,
hat in derartigen Fällen der preußische Richter, im Interesse vorschriftsmäßig eine Gesammtstrafe zu
fixiren, die in dem nichtpreußischen Staate zuerkannte Strafe sodann von der fixirten Gesammtstrafe abzuziehen und sodann
den Angeklagten urtheilen.
zur Verbüßung der Reststrafe zu ver⸗ „Die Verpflichtung anderer Bundesstaaten dem
preußischen gegenüber beschränkt sich gemäß §§. 21, 24, 33 des
Rechtshülfegesetzes vom 21. Juni 1869 auf die Auslieferung
wegen in verübter strafbarer Handlungen und auf
die Vollstre
ung der wegen solcher Handlungen in Preußen
erkannten Freiheitsstrafen bis zur Dauer von sechs Wochen. Dagegen steht den preußischen Gerichten keinerlei Einfluß auf
die Vollstreckung der Strafen zu, die von den Gerichten an⸗ derer Bundesstaaten erkannt worden sind. Sie sind weder in der Lage, dieselben in Wegfall zu bringen, noch ihnen eine
andere Strafe zu substituiren und die Vollstreckung der sub⸗
stituirten durch Requisition oder die Auslieferung an die
preußischen Behörden behufs der Vollstreckung im Inlande herbeizuführen.“
— Nach einem hier eingegangenen Telegramm aus
Santtiago ist der Kaiserliche Minister⸗Resident und General⸗ Konsul bei der Republik Chile, Legations⸗Rath Ferdinand
Levenhagen, daselbst am 26. dieses Monats im Alter von 75 Jahren nach längerem Leiden mit Tode abgegangen. Der
Verewigte gehörte zu den ältesten Beamten des Auswärtigen
3 Ressorts. Im Jahre 1844 der Gesandtschaft in Konstantinopel für die Bearbeitung der Handelssachen überwiesen, wurde er im
Jahre 1849 zum General⸗Konsul in Rotterdam ernannt,
ein Posten, welchen er im Jahre 1858 mit demjenigen eines
.
General⸗Konsuls und Geschäftsträgers für Chile vertauschte.
werben gewußt.
Im Jahre 1871 zum Minister⸗Residenten befördert, hat Herr Levenhagen sein Vaterland in Chile fast zwanzig Jahre lang bis an sein Lebensende vertreten und sich die Achtung sowohl seiner vorgesetzten Behörde, als der Regierung, bei welcher er beglaubigt war, und der in Chile wohnenden Deutschen zu er⸗ Er hinterläßt den Ruf eines pflichtgetreuen
und verdienten Beamten.
— Nach einer dem Auswärtigen Amte zugegangenen
Anzeige ist der Kaiserliche Konsul E. Benecke in Mexiko am 21. April d. J. verstorben. ihm einen seiner ältesten und würdigsten Vertreter. Im Jahre 1849 zum preußischen Konsul bestellt, hat er später das
Der Konsulatsdienst verliert in
Norddeutsche und dann das Deutsche Konsularamt in Mexiko
bekleidet, au
mehrfach und für längere Zeit während der Abwesenheit des diplomatischen Vertreters als Geschäftsträger fungirt. Die in seine Hand gelegten Interessen hat er, oft
unter schwierigen Verhältnissen, mit nie ermüdendem Eifer,
und, unterstützt von seiner genauen Kenntniß der Verhältnisse
und von dem hohen Ansehen, dessen er in den weitesten
Kreisen genoß, mit gutem Erfolg wahrgenommen. Sein Andenken wird, wie in diesen Kreisen, so im Aus⸗ wärtigen Amt in wohlverdienten Ehren bewahrt werden.
— Als Aerzte haben sich niedergelassen: Dr. Felber
in Dingelstedt, Dr. Seligmann in Goerzke, Dr. Rade⸗
macher in Wernigerode, Dr. Gruß in Winterberg, Dr. Gröüne in Dinker, Dr. Murfield in Elberfeld, Stabsarzt
Dr. Nicol in Wesel, Dr. Lind in Wesel, Dr. Dressen und
Dr. von Heyne in Aachen.
— Briefsendungen für S. M. S. „Victoria“ sind von
1 ab bis auf Weiteres nach Smyrna, diejenigen für S
S. „Preußen“ nach Wilhelmshaven zu dirigiren.
Posen, 26. Mai. (W. T. B.) Das Kreisgericht hat eute den vormaligen Erzbischof Grafen Ledochowski wegen
ergehen gegen §. 130a. des Strafgesetzbuches (den sog. Kanzel⸗ paragraphen) und wegen Beleidigung des
— eichskanzlers zu 1 Jahr Gefängniß verurtheilt und dem Beleidigten das Recht zur Veröffentlichung des Urtheils im „Reichs⸗Anzeiger“ und
im „Kuryer Poznanski“ zugesprochen; ferner wurde gegen
treffen werde, unrichtig. 8 Monsignore Masella gegenwärtig sehr leidend; auch abgesehen hiervon dürfte sein Eintreffen in München nicht vor Mitte des
Ledochowski wegen unbefugter Vornahme amtlicher Handlungen
und wegen Aneignung des Titels „Erzbischof von Posen und
Gnesen“ eine Geldstrafe von 3000 ℳ event. 7 Monaten Ge⸗ fängniß ausgesprochen.
Bayern. Der „Allg. Ztg.“ wird aus München, unter dem 25. Mai, geschrieben: Wie wir vernehmen, ist die Nach⸗ richt hiesiger Blätter: daß der neuernannte päpstliche Nuntius schon anfangs des kommenden Monats hier ein⸗ Nachrichten aus Rom zufolge ist
Sommers beabsichtigt sein. Sachsen⸗Coburg⸗Gotha. Coburg, 26. Mai.
(W. T. B.) Die Herzogin von Edinburgh ist mit ihren Kindern heute Abend um 6 Uhr hier eingetroffen
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 27. Mai. Der Kaiser und der Kronprinz Rudolf haben gestern, den 26. d. M., den Aufenthalt in Schönbrunn genommen. Die Kaiserin ist mit der Erzherzogin Marie Valerie gestern nach Ischl abgereist.
— Graf Wrbna, der Obmann der österreichischen Regni⸗ kolar⸗Deputation, hat gestern die Mitglieder derselben zu einer Besprechung für den 28. d. M. eingeladen. An diesem Tage treffen auch die Mitglieder der ungarischen Deputation hier ein und werden sofort gesondert von der österreichischen Deputation zu einer Berathung zusammentreten. Die erste gemeinsame Sitzung beider Deputationen wurde von den Ob⸗ männern nun für ben 29. Mai anberaumt. Dieselbe wird in den Räumen des Herrenhauses stattfinden. Während der Deputations⸗Versammlungen wird Herr von Szell in Wien seinen Aufenthalt nehmen. — Der russische Botschafter von Novikow ist vorgestern nach Rußland abgereist.
Triest, 25. Mai. Die „Triester Ztg.“ sagt anläßlich des Besuches der Reichsrathsabgeordneten: „Das interne Ereigniß des Tages ist der Besuch Triests durch die Mitglieder der Reichsvertretung. Das Echo der Sympathien ist geweckt in den Gauen unserer Monarchie. Dies beweist die 8 atsache, daß der Zug, welcher unsere Gäste von Wien nach Triest führte, auf allen größeren Stationen von der Be⸗ völkerung erwartet und von Deputationen begrüßt wurde. In Graz erwarteten der Präsident des Abgeordnetenhauses, Dr. Rechbauer, der Statthalter und zahlreiche Gemeinderäthe der Stadt die Abgeordneten am Hehiss Die gestrigen Wiener Blätter bringen bereits telegraphische Berichte über die Triester Fahrt. Insofern in denselben von erwarteten, den Patriotis⸗ mus unserer Stadt kompromittirenden Kundgebungen die Rede ist, 85 der bisherige eben so würdevolle als wahrhaft glänzende Verlauf der Festlichkeiten den mit der Beredsamkeit der Logik der Thatsachen sprechenden Beweis geliefert, daß Triest kein Boden für reichsverrätherische Agitationen ist; diese Ueberzeugung nimmt jeder einzelne unserer geschätzten Gäste mit und damit können alle unsere Mitbürger und können wir selbst uns zufriedengeben.“
Pest, 24. Mai. Mit Rücksicht auf die Verwicklungen im Oriente hat die Regierung mittelst Erlasses vom 22. d. M. die Ausfuhr von Waffen aller Art, ferner die Ausfuhr von Waffenbestandtheilen und Schießmaterial im ganzen Umfange des ungarischen Staatsgebietes verboten. — Der bisherige türkische General⸗Konsul Sermed Ef⸗ fendi hat vorgestern Pest verlassen, um sich über Brindisi nach Konstantinopel zu begeben. Die Geschäfte des General⸗ wird vorläufig der Vize⸗Konsul Chedid Effendi ühren.
— 26. Mai. (W. T. B.) Der Zollausschuß hat heute nach einer mehrtägigen Generaldebatte die Regierungs⸗ vorlage bezüglich des gemeinsamen Zollgebietes mit Oesterreich als Grundlage für die Spezialdebatte ange⸗ nommen.
Großbritannien und Irland. London, 25. Mai. (E. C.) Am gestrigen Tage vollendete Ihre Majestät die in Balmoral weilende Königin Victoria ihr 58. Lebensjahr. Der Geburtstag ward überall festlich begangen. Die Residenz Windsor ließ die Glocken läuten und hielt ein Bankett. Im Crystal⸗ und im Alexandra⸗Palace fanden große Volksfeste statt. Die offizielle Feier findet erst am 2. Juni statt. An diesem Tage giebt der Premier⸗Minister ekwa 40 Peers ein Bankett und gleichzeitig der Minister des Innern ein Diner. — Der Prinz von Wales kehrte gestern Morgen von der Schiffsinspektion in Portsmouth zurück. — Die Herzogin von Edinburgh reiste gestern Abend um 8 Uhr nach Coburg ab, nachdem ihre Kinder schon einige Stunden vorher die Stadt verlassen hatten. — Der Schatzkanzler Sir Stafford 18 ist mit Familie auf einige Tage nach Paris gereist. — (A. A. C.) Syad Nacub Khan, der Gesandte des Emirs von Kashgar, hat sich nach Liverpool begeben.
— 26. Mai. (E. C.) Der Herzog von Cambridge hielt heute im Lager von Aldershot eine Truppenschau über sämmtliche, unter dem Kommando des General⸗Lieutenants Sir Thomas Steele stehende Mannschaften. — Der fran⸗ zösische Botschafter, Marquis d'Harcourt, ist nach London zurückgekehrt. — Die neueste Post aus Zanzibar meldet, daß die Boote des Schiffes „London“ drei „Dhows“ genom⸗ men und 169 Sklaven befreit haben.
Canada. (A. A. C.) Einem Telegramm aus Ottawa vom 23. d. M. zufolge werden auf Befehl der canadischen Regierung Vorbereitungen getroffen, um an M'Caulay's Point eine Batterie für die Vertheidigung des Hafens von Victoria in British Columbia zu errichten.
Frankreich. Paris, 25. Mai. (C. L.) Das ẽ „Journal officiel“ veröffentlicht Dekrete des Präsidenten der Republik, durch welche das Preßbureau des Ministeriums des Innern zu einer selbständigen politischen Abtheilung erweitert und Hr. Lavedan, ein orleanistisch⸗klerikaler ehemaliger Präfekt, an die Spitze dieser Abtheilung gestellt wird. Hr. Edmund Villetard, ein früherer Mitarbeiter des „Journal des Debats“, dann eine Zeit lang Redacteur des „Soir“, ist an Stelle des Hrn. Henri Aron zum Redacteur des „Journal officiel“ ernannt worden. — Die „Agence Havas“ richtet heute an die Blätter fol⸗ gende Mittheilung: „Unter dem Titel: „Die Note Havas“ haben mehrere Blätter eine Menge ganz irrthümlicher Angaben über den Ausgangspunkt und Verlauf der Ministerkrise sowie über den Ursprung und die Wirkungen der am 16. Mai in den Korridoren der Kammer angeschlagenen Depesche veröffentlicht. Indem wir alle diese Einzelheiten für falsch erklären, glauben wir die absolute Richtigkeit der in unserer Depesche “ Mittheilungen aufrecht erhalten zu sollen, wie dieselben denn auch, um nur von amtlichen Dokumenten zu sprechen, durch die Botschaft des Marschalls Mac Mahon, durch den Brief des Herzogs Decazes und durch die von den Herren Melegari und Depretis in der italienischen Deputirtenkammer abgegebenen Erklärungen bestätigt worden sind.“ Fast gleichzeitig mit dem spanischen Prätendenten sind in den letzten Tagen auch die ehemaligen Könige von Hannover und von Neapel in verschiedenen Richtungen abgereist.
— 26. Mai. (W. T. B.) Der Marschall Mac Mahon hat heute die Besichtigung der Ackerbauausstel⸗ lung in Compieègne zu folgender allgemeinen Aeußerung bei Beantwortung der Ansprache des Maires benutzt: „Ich ergreife die Gelegenheit, Allen und insbesondere denen, welche arbeiten, zu sagen, daß der politische Akt, den ich so⸗ eben vollzogen habe, lediglich den Zweck hat, meiner Regie⸗ rung die Stärke zu verleihen, deren sie bedarf, um die Ord⸗ nung im Innern und 5 Frieden nach Außen zu sichern. Sie
5
können fortan auf diese Wohlthaten rechnen. Frankreich wird sich in keine auswärtige Verwickelung einmischen. Niemand in Europa zweifelt an meinem Worte, davon täglich die Versicherungen.“
Italien. Rom, 26. Mai. (W. T. B.) In der heutigen Fisang der Deputirtenkammer setzte bei der Berathung der Gesetzvorlage über die Zuckersteuer der Minister⸗Präsident Depretis die leitenden Ideen seiner Finanzverwaltung aus⸗ einander und widerlegte die dagegen gemachten Einwürfe. Bei dieser Gelegenheit auf die auswärtige Politik Italiens übergehend, erklärte der Minister, daß die Beziehungen der italienischen Regieruug zu allen Mächten aus freundschaftliche seien. Italien habe keiner Macht irgendwelche Verpflichtungen. habe ein Recht, das Ministerium zu beschuldigen, daß es eine abenteuerliche Politik verfolgen wolle. Es könnten indeß doch Umstände eintreten, in denen die Ehre und die Interessen Italiens es nothwendig erscheinen lassen, auf die Loyalität des Königs und die Tapferkeit der Armee zu zählen; das Ministerium könne demnach auf keinerlei Verminderung der Staatseinnahmen eingehen. Das Haus genehmigte darauf mit 275 gegen 120 Stimmen die von dem Deputirten Spantigati beantragte Tagesordnung, welche eine Zustim⸗ mung zu den Ausführungen des Ministerpräsidenten und ei Vertrauensvotum für das gesammte Ministerium enthält.
Türkei. Konstantinopel, 24. Mai. Zur Situation wird der „Pol. Korr.“ von hier gemeldet: „Heute ist unter dem
Eindrucke der offidiellen Depesche, welche den Verlust von
Ardahan meldet, der Sturm losgebrochen. Die Stadt hatte schon in den Morgenstunden ein sehr bewegtes Aussehen, welches nichts Gutes ahnen ließ. Ueberall bildeten sich Grup⸗ pen, ebenso in Stambul, wie in Galata, welche lebhaf diskutirten. Man wußte, daß die Softas etwas im Schild führten. Gegen Mittag zogen einige tausend Softas, gefolgt
von großen Volksmassen, vor die Abgeordnetenkammer und
begehrten stürmisch Einlaß. Als der Präsident sich auf di
Straße begab, um ihnen das Unstatthafte ihres Begehrens begreiflich zu machen, wuchs der Tumult, welchem schließlich ein Ende gemacht wurde, indem man übereinkam, eine Deputation der Softas in den Berathungssaal treten zu lassen, um ihre Wünsche kennen zu lernen. Die nun eingetretenen Softas, vom Prä⸗ sidenten um den Gegenstand ihres Begehrens befragt, verlang⸗ ten die Absetzung Mahmud Damat Paschas und des Seraskiers Redif Pascha, welchen Persönlichkeiten sie die unmittelbar
Schuld an der Katastrophe von Ardahan beimaßen. Außer
dem verlangten sie die Ersetzung Moukhtar Paschas und di
Heimberufung Midhat Paschas. Nachdem der Präsident zu⸗ gesagt hatte, unverzüglich den Sultan von dem Vernommenen in Kenntniß zu setzen, beschwichtigte er die Softas, und schloß die Sitzung. In der That begab sich der Präsident sofort zum Großvezier und mit diesem zum Sultan. dieses Schrittes war die Verkündigung des Belagerungs⸗ zustandes und das Verbleiben Mahmud Damat und Redif Paschas auf ihren Posten. — Die Erregtheit der Bevölkerung ist im Wachsen, und ist eine revolutionäre Erhebung nich ausgeschlossen. Ardahan war von 12 Bataillonen und 92 Ges set e. darunter 25 Kruppsche des schwersten Kalibers welche insgesammt den Nussen in die Hände fielen, vertheidigt.“
— Wie die „Turquie“ meldet, hätte der Sultan auf
den Vorschlag des Scheik⸗ul⸗Islam, den Titel „Ghazi“ (der
Siegreiche) anzunehmen, die Antwort ertheilt, daß er dar Titel
nur acceptiren könne, wenn nach einem großen Siege die Feinde aus dem Gebiete des Reiches verjagt und ein für die türkische Nation glorreicher Frieden abgeschlossen sei. — (W. T. B.) Dem „Neuen Wiener Tageblatt“ wird aus Konstantinopel, 26. Mai, telegraphirt: Prinz Reuß überreichte heute dem Sultan seine Kreditive. Gestern wiederholten sich die Demonstrationen gegen Redif Pascha, als er sich in das Seraskierat begab. — 27. Mai. (H. T. B.) Es fanden erneuerte De⸗ monstrationen gegen den Kriegs⸗Minister statt. Ein Theil der Tumultuanten wurde verhaftet. Der Belagerungs zustand ist auch auf die Ausländer ausgedehnt, jedoch mit der Maßgabe, daß Haussuchungen bei solchen nur unter Zu⸗ ziehung der betreffenden Konsularbeamten stattfinden können. — (W. T. B.) Wie der „Allgemeinen Zeitung“ unterm 27. von hier gemeldet wird, wäre die demnächstige Ersetzun Edhem Pascha's durch Reuf Pascha und die Reakti⸗ virung Mehemed Ruschdi Pascha's wahrscheinlich. Cattaro, 24. Mai. (Pol. K.) Der bei der Kapitulation von Medun in montenegrinische Gefangenschaft gerathene Kom⸗ mandant dieser Festung, Bimbaschi Mehemed Bey, wurde vom Fürsten Nikolaus unter der Bedingung in Freiheit ge⸗ setzt, daß er im gegenwärtigen Kriege gegen Montenegro nicht fechten dürfe.
Rußland und Polen. St. Petersburg, 24. Mai. Der Kaiser wird seine Abreise in das Hauptquartier Plojeschti, wie die „Ag. gén. russe“ meldet, in Begleitung des Großfürsten Thronfolgers und des Großfürsten Ssergij Alexan drowitsch am 2. Juni antreten. Nach derselben Quelle werden sich im Gefolge Sr. Majestät in das Haupt⸗ quartier begeben: der Reichskanzler, der Minister Kaiserlichen Hofes, der Kriegs⸗Minister, der Gensd'armerie, die General⸗Adjutanten Fürst Ssuworow, Rylejew, Wojeikow, Wirklicher Staats⸗Rath Baron Jomini, Staatssekretär Geheimrath Hamburger, Baron Frederiks, der preußische General⸗Adjutant von Werder, der österreichische Oberst Bechtolsheim, Oberst⸗Lieutenant Foullon und Leib⸗ medikus Botkin. — Die für das Kaiserliche Hauptquartier bestimmte kombinirte Abtheilung, welche der Kaiser gestern inspizirte, wird, dem „R. Inv.“ von dem Oserow vom Preobraschenschen Leib⸗Garde⸗Regiment, und die kombinirte Compagnie im B sonderen von dem ältesten der Commandeure der Compagnien des Kaisers, dem Flügel⸗Adjutanten Kapitän Ende vom Paw⸗ lowschen Leib⸗Garde⸗Regiment kommandirt. Die übrigen Offiziere der Abtheilung sind durchs Loos bestimmt worden Unter den Unter⸗Militärs der Abtheilung befinden sich a Allerhöchsten Befehl auch untere Chargen aus den Armee⸗ Regimentern, deren Chef Se. Majestät ist, so aus dem Jekaterinosslawschen, Eriwanschen, Pawlogradschen und Bor dinschen Infanterie⸗Regiment, dem Moskauschen Dragone und Kurländischen Ulanen⸗Regiment. Der Bestand der ganzen Abtheilung beträgt: 8 Ober⸗Offiziere, 1 Arzt, 280 Unter⸗ Militärs von der Infanterie; 3 Ober⸗Offiziere und 95 Unte Militärs vnn der ue“ und 2 Ober⸗Offiziere und 32
empfange ich
durch⸗
ein⸗
Das Resultat.
zufolge,
Unter⸗Militärs in dem gleichfalls mitgehenden Sappeur⸗ Peloton. Außerdem gehören zur Abtheilung: 35 nicht in der Fronte stehende Unter⸗Militärs und 13 Trainwagen mit 42 Pferden. — Am 23. d. M. verstarb der General⸗Major Fürst Tschelokajew im Lager bei Saim, 15 Werst von
ars. Derselbe wurde bei einer Recognoscirung der Um⸗ gegend von Kars in einem heftigen Gefecht mit türkischen Dragonern, die von Infanterie unterstützt wurden, schwer ver⸗ wundet.
Amerika. (A. A. C.) Dem Ausweise des Finanz⸗ Ministeriums der Vereinigten Staaten von Nordamerika zufolge hat sich die Staatsschuld der Union in den ersten zehn Monaten des Fiskaljahres 1876 — 1877 um über 29,000,000 Doll. verringert, welche Summe der „New⸗ York Times“ zufolge die von England gezahlte Alabama⸗ Entschädigung von 7,000,000 Doll. inzsich schließt.
Der russisch⸗türkische Krieg.
a. Petersburg, 26. Mai. (W. T. B.) Ueber den
Aufenthaltsort Sr. Majestät des Kaisers während seiner Anwesenheit bei der Donauarmee, sowie über die Dauer des Aufenthalts sind endgiltige Bestimmungen noch nicht getroffen, doch dürfte derselbe nicht kurz bemessen sein. — Die Nach⸗ richt, daß in Polen fortdauernd Haussuchungen und Verhaftungen stattfinden, wird an informirter Stelle für unbegründet erklärt. Es ist Seitens der polnischen Be⸗ völkerung zu irgendwelchen ausnahmsweisen Maßregeln nicht der geringste Anlaß gegeben. — 8 . — (W. T. B.) Der ‚Regierungsboote“ veröffentlicht
die bereits gemeldeten Telegramme der beiden Ober⸗Komman⸗
direnden der Donau⸗ und der raukasusarmee vom 26. d. M. Außerdem wird von dem amtlichen Organ Folgendes mit⸗ getheilt: Das Fußkosaken⸗Bataillon des kubanischen Kosaken⸗ heeres, welches über Achtchyr nach Sotscha (am Ausfluß des gleichnamigen Flusses in das Schwarze Meer, nord⸗ westlich von Suchum Kale. D. R.) dem Feinde ent⸗ gegengerückt war, hatte mit demselben ein Scharmützel, bei welchem 13 Kosaken getödtet und 7 verwundet wur⸗ den. In Abchasien behauptet General⸗Major Krawtschenko die Position bei Olgin. Derselbe sandte am 22. d. eine Ko⸗ lonne ab, welche dem Feinde große Verluste beibrachte. Sein Detachement hat bis jetzt 30 Verwundete. Das unter General Oklobjio stehende Detachement hat eine Rekognoszirung in der Richtung nach dem Kintrischiflusse unternommen. An der Küste entlang kreuzen türkische Schiffe, welche von Zeit zu Zeit die Küste beschießen, ohne indeß Schaden anzu⸗ richten. Eine von Ardahan nach Penjaki entsandte Kolonne des Generals Scheremetjeff fand keinen Feind vor. Der Feind steht in Olta (auf der Straße von Ardahan nach Erzerum, etwa auf der Hälfte des Weges. D. R.). Die Stadt und das Sandschak Ardahan sind durch die Truppen unter Oberst Komaroff besetzt. Eine Rekognoszirungsabtheilung aus Ardahan rückte in der Richtung auf Kars vor, ohne auf den Feind zu stoßen. Von dem bei Bajazid stehenden Detachement wird unter dem 23. d. gemeldet, daß eine Kolonne des Fürsten Amilachwaroff in der Rich⸗ tung auf Wan Rekognoszirungen vornahm und zurück⸗ kehrte, nachdem die dort befindlichen Kurdenbanden vor ihr geflüchtet waren. Der Gesundheitszustand der Armeen ist überall befriedigend. Im Terekgebiete ist die Ruhe wieder hergestellt. Kleine Kolonnen durchsuchen die Bergpässe, um die Ruhestörer aufzubringen. In Daghestan herrscht ebenfalls Ruhe.
— 27. Mai. (W. T. B.) Telegramm des Großfürsten Nikolaus vom 26. Mai. General Salov meldet aus Braila, daß die Lieuenants Doubassov und Chestakov von einer Schaluppe aus mit Torpedos einen türkischen Monitor in die Luft gesprengt haben. Wir erlitten dabei keine Verluste. 8
Telegramm des Großfürsten Michael vom 26. Mai. Bei Ardler sind am 23. d. etwa 3000 Cirkassier von den Türken gelandet worden. Eine Abtheilung Kosaken ist ihnen von Ardler aus entgegengerückt. Die kubanischen Trup⸗ pen rücken weiter vor, um die Gebirgspässe zu besetzen. General Dewel hat sich mit seiner Abtheilung den Hauptkräften bei Zaime wieder angeschlossen.
— 27. Mai. (W. T. B.) Aus Kueruckdara wird vom 22. d. hierher gemeldet: General Loris⸗Melikoff ist mit 8 Bataillonen nebst Artillerie von Ardahan in der Rich⸗ tung auf Kars ausgerückt, um sich mit der Hauptmacht bei Kars zu vereinigen.
— 28. Mai. (W. T. B.) Telegramm des Oberkomman⸗ direnden der Kaukasusarmee vom 27. d.: Das von Adler zurückgezogene Bataillon Fußkosaken ist in Sotscha ange⸗ kommen, wo sich das Detachement des Obersten Schelkowni⸗ koff konzentrirt, dem vom Norden her weitere Verstär⸗ kungen zugewiefen wurden. Es bestätigt sich, daß von den Türken an der Küste nur früher ausgewanderte Tscherkessen gelandet wurden. Die Verluste des Generals Krawtschenko bei dem Gefechte an den Höhen von Akapa, wobei er dem Feinde große Verluste beibrachte, betragen 2 Offiziere und 20 Mann todt, 31 verwundet. General Alchasoff hat sein Detachement auf dem linken Ufer des Kodor (mündet südöstlich von Suchum Kale ins Schwarze Meer. D. R.) konzentrirt und bereitet einen Uebergang über den Kodor vor. Die frühere türkische Besatzung von Ardahan ist in ihrer Mehrheit auseinander gesprengt, ein kleiner Theil derselben mit dem Pascha flüchtete nach Batum. Das Detachement von Bajazid bleibt vorläufig bei Surp⸗Ohanes (armenisches Kloster [S. Johann] am Murad, [östlich Euphratl, etwa 2 Meilen nordwestlich von Diadin. D. R.) und sorgt für Proviantirung.
Moskau, 26. Mai. (W. T. B.) Nachrichten aus Eupa⸗ toria zufolge haben sich die meisten, der besitzenden Klasse angehörigen Familien nach Simferopol oder anderen Städten im Innern geflüchtet. Die Verkaufsläden sind ge⸗ schlossen, die Rhede ist leer, die Handelsschiffe sind abgesegelt, kleinere Fahrzeuge sind versenkt oder trocken gelegt worden. In der Stadt war ein fühlbarer Mangel an Lebensmitteln.
Konstantinopel, 26. Mai. (W. T. B.) Regierungs⸗ seitig wird bekannt gegeben, daß ein Militärrath gebildet worden isti, welcher unter dem Präsidium des Kriegs⸗ Ministers die Direktiven für die Armeen feststellen soll. Unter den Mitgliedern des Militärrathes befinden sich der Marine⸗Minister, der Frühere Großvezier Mehemed Ruschdi Pascha, der Senator Hannik Pascha und der Palastmarschall
Said Peschg. 8 — (W. T. B.) Das Bombardement der russischen Batterien gegen Forts von Kars hat nachgelassen.
Die russischen Truppen setzen ihren Vormarsch in der Rich⸗ tung auf Erzerum fort. kan erwartet daselbst eine Schlacht. Der rechte Flügel der russischen Aufstellung be⸗ findet sich bei Olti, der linke bei Wan (am See gleichen Namens).
— (W. T. B.) Der „Köln. Ztg.“ wird aus Rustschuk vom 26. gemeldet: Heute Morgen eröffnete eine der rumä⸗ nischen Batterien bei Giurgewo das Feuer gegen Rustschuk. Die türkischen Geschütze auf der großen Schanze von Savy Bayr nahmen dasselbe lebhaft auf. Um 10 Uhr Vormittags dauerte das Feuer noch fort.
Giurgewo, 26. Mai. (W. T. B.) Die Türken in
Rustschuk bombardirten heute das rumänische Ufer, stellten aber das Feuer nach einer Stunde wieder ein. Auf die Stadt Giurgewo wurde nicht geschossen. Bukarest, 26. Mai. (W. T. B.) Fürst Karl hat seine Inspektionsreise nach der kleinen Walachei ange⸗ treten. Die Donau, der Sereth und die Aluta sind stark ausgetreten und noch fortgesetzt im Steigen begriffen. — Die Türken haben am Donau⸗Ufer entlang in Entfernungen von 3 zu 3 Kilometern Piquets in der Stärke von 30 Mann errichtet, welche untereinander durch Signale kommuni⸗ ziren. — In der Sitzung des Senates machte Demeter Ghika einen Vorbehalt geltend gegen den dem Fürsten Karl gegenüber von dem Minister⸗Präsidenten Bratiano bei dessen letzter Ansprache angewendeten Titel: König. Der Senat schloß sich den Ausführungen Demeter Ghika's an. In ver⸗ schiedenen Orten Rumäniens werden von den Israeliten Sammlungen für die rumänischen Soldaten veranstaltet.
— (W. T. B.) Nach erfolgter Anmeldung werden am 14. und 15. Juni von Berlin drei Trains à 20 Wagen mit Geräthschaften zur Verwundetenpflege expedirt werden, welche der Berliner Centralverein zur Pflege der Ver⸗ wundeten im Felde der Gesellschaft des rothen Kreuzes zur Verfügung gestellt hat. Die Direktive für den Transport dieser Hülfsmittel ist Rumänien.
— Dem „N. W. T.“ wird aus Turnseverin, 27. Mai, “ Die Donausperre bei Ada Kaleh ist heute in Folge einer Ordre Abdul Kerim Paschas aufgehoben. Die Türken haben Truppen bei der Timokmündung zusammengezogen.
— (W. T. B.) Die Torpedos, durch welche in ver⸗ angener Nacht der türkische Monitor in die Luft ge⸗ prengt wurde, waren erst in der nämlichen Nacht von zwei russischen Marine⸗Offizieren im Donauarm von Matschin ver⸗ senkt worden.
— (W. T. B.) Nach einem Telegramm der ‚ Schlesischen Presse“ aus Bacau vom heutigen Tage ist auf der Bacauer Eisenbahnstrecke ein russischer Militärtrain verun⸗ glückt. Acht Personen und sechs Pferde wurden dabei ge⸗ tödtet und dreizehn Personen verwundet.
Wien, 26. Mai. (W. T. B.) Wie aus Belgrad hier⸗ her gemeldet wird, haben die serbischen Behörden das Ueber⸗ treten von serbischen Freiwilligen nach Rumänien verboten.
— 27. Mai. (W. T. B.) Das hier und auch auswärts verbreitete Gerücht, wonach gelegentlich der Reise des Kaisers von Rußland nach Plojesti eine Zusammen⸗ kunft desselben mit dem Kaiser von Oesterreich an der österreichisch⸗russischen Grenze stattfinden sollte, wird von unter⸗ richteter Seite als unbegründet bezeichnet.
— (W. T. B.) Telegramme des „Neuen Wiener Tage⸗ blattes“: Pitesti, 26. d. Heute Vormittag eröffneten die rumänischen Batterien bei Slane das Bombardement gegen Nikopolis. In Kalafat sind weitere 3 russische Batterien angelangt. Eine türkische Batterie bei Rahova ist von den Russen demontirt worden. Gestern hat ein hef⸗ tiges Geschützfeuer zwischen Widdin und Kalafat stattgefunden. — Orsova, 26. d. Die serbische Regie⸗ rung hat gegen die Anordnung der türkischen Kommandan⸗ ten, daß Schiffe Adakale nicht passiren dürfen, Protest er⸗ hoben. In Tekir werden Batterien errichtet.
— (W. T. B.) Ueber die Explosion des türkischen Monitor auf dem Donauarm von Matschin wird der „Po⸗ litischen Korrespondenz“ aus Galatz vom heutigen Tage ge⸗ meldet: Die russischen Marine⸗Offiziere Dubaschoff und Schessakoff adjustirten die rumänische Schaluppe „Rundurika“ mit Torpedos. Als heute früh gegen 3 Uhr der türkische Monitor gegenüber Braila Dampf machte und in den Donau⸗ arm von Matschin einfuhr, näherte sich die Schaluppe mit den russischen Offizieren dem Monitor. Die Torpedos ex⸗ plodirten darauf mit großer Präzision, der Monitor ging augenblicklich in die Luft. Die russischen Offiziere erreichten mit der Schaluppe glücklich das rumänische Ufer.
— „Hirschs T. B.“ meldet:
St. Petersburg, 26. Mai. Das Gerücht von dem Desertiren von Tataren aus dem Krimschen Tatarenregiment wird offiziell dementirt. Der Commandeur der 13. Jnfanterie⸗ Division berichtet an den Kriegs⸗Minister: „Zu meiner Kennt⸗ niß ist gekommen, daß von Simpheropol aus Gerüchte über das angebliche Desertiren von Tataren aus der Krimschen Division verbreitet werden. Nicht ein einziger Tatare ist bisher von der Division desertirt.“
St. Petersburg, 27. Mai. Das Amtsblatt veröffent⸗ licht eine Ergebenheitsadresse mohamedanischer und tatarischer Unterthanen an den Kaiser und bestätigt den Eintritt des persischen Prinzen Mohamed Ali Mirza in die russische Kau⸗ kasus⸗Armee.
St. Petersburg, 28. Mai. Die zur Begleitung des Kaisers im Hauptquartier bestimmte Ghsgea en. ist am 27. Mai um 9 Uhr Abends über Dünaburg, Wilna, Bialistock, Brest, Kasatin, Shwerinka nach Kischeneff, abgegangen, wo sie am 4. Juni eintrifft und den Kaiser erwartet.
Ko E132* 26. Mai. Gestern wurde den sämmt⸗ lichen hiesigen Truppen durch Ulemas die Proklamivung des „heiligen Krieges“ feierlich verkündigt.
Serajewo, 27. Mai. Bei Trawnik mehren sich die Schaaren der Insurgenten in bedenklicher Weise. Despotovic lagert bei Glamotsch. — Die offizielle „Bosna“ veröffentlicht die Proklamation des Großveziers an die mohamedanischen Bosnier, den „heiligen Krieg“ verkündend und ihre Opfer⸗ willigkeit anrufend.
Tiflis, 27. Mai. General Fürst Tschelokajeff ist seinen bei Ardahan empfangenen Wunden erlegen. — Kars wird jetzt auch von der Westseite beschesfen
raila, 27. Mai. Das zerstörte türkische Panzerschiff war mit 4 Geschützen ausgerüstet. Von der Mannschaft wurden drei Personen gerettet.
— Das W. ,Fremdenbl.“
vom 26. enthält folgende Telegramme:
DOrsowa, 25. Mai. Tausend rumänische Soldaten mit sechs Kanonen haben sich heute auf Wunsch der Bevölkerung bei Turn⸗Severin dortselbst gelagert. Sie werden nicht weiter vorrücken. Die Kasematten von Adakaleh (türkisch) stehen vollständig unter Wasser. Die Meldung von der Be⸗ drohung Turn⸗Severins durch Adakaleh ist eine unsinnige Ente. Der Kommandant von Adakaleh läßt seit heute kein Schiff passiren.
Konstantinopel, 25. Mai. Nach einer gestern Abends eingelangten Depesche Mouhktar Paschas rücken die Rus⸗ sen von mehreren Seiten gegen Erzerum vor. Ihr linker 8& S.e½ ;
Flügel scheint das Euphrat⸗Thal gewinnen zu wollen. — Da die Nachricht von der Einnahme Ardahans vielen aus dieser Provinz hier Eingewanderten große Unruhe verur⸗ Bee so begab sich gestern eine Deputation derselben in
iie Kammer, um derselben zu erklären, daß sie zu allen
Opfern bereit seien, und zu gleicher Zeit, um die ganze Aufmerksamkeit der Deputirten auf die Lage der Armee in Anatolien zu lenken. Die Kammer ließ hierauf der Depu⸗ tation, nachdem sie deren Anliegen angehört und von ihrem patriotischen Anerbieten Kenntniß genommen hatte, zu wissen thun, daß die Regierung nichts vernachlässigen werde, um sich auf der Höhe der Situation zu zeigen, und daß die Armee ein Gegenstand der fortwährenden Sorgfalt des Sultans und seiner Regierung wäre. Es sei daher das Beste für den Augenblick, Vertrauen in die Vertreter der Nation und der Regierung zu haben. Die Deputation entfernte sich hierauf mit dem Rufe: „Es lebe der Sultan!“
— Ueber den Aufmarsch der Russen an der Donau schreibt der „Russische Invalide“ vom 20. d. M.: „Die Ver⸗ einigung unserer Armee in Rumänien ist nahezu vollendet. Während der zu Ende gehenden Woche ist diese Operation unter den günstigsten Umständen fortgesetzt worden; das Wetter war prächtig und die Flüsse sind fast alle wieder in ihr Bett zurückgetreten. Die Belagerungsgeschütze, deren Transport immer Schwierigkeiten macht, sind bereits an der Donau an⸗ gekommen; der Transport des Gepäckes und Kriegsmaterials der Armee geht regelmäßig vor sich. In den Fürstenthümern werden Depots und Magazine für die Verpflegung, die Artil⸗ lenhe 88 das Geniewesen, Hospitäler und Feldpostämter er⸗ richtet.“
— Aus Rustschuk, 21. Mai, wird der „Pol. Korr.“ geschrieben: „Seit einigen Tagen hat sich nichts Bemerkens⸗ werthes ergeben. Das Gros der Donau⸗Armee wird ununter⸗ brochen hier und in der Umgebung konzentrirt. Nikopoli und Turtukai haben beträchtliche Garnisonen erhalten, zumeist aber aus Irregulären bestehend. Das Hauptquartier bleibt vor⸗, läufig hier. Auf Befehl Abdul Kerims wird die Garnison von Nisch mit einem Theile der in Sofia stehenden Reserve verstärkt. Ebenso haben 8 Bataillone Redifs von Adrianopel nach Nisch abzurücken. Gleichzeitig wurde die schleunige Be⸗ festigung von Babina⸗Glawa, Leskowac und Pirot angeordnet. Die Bastionen der Festung Nisch werden ausgebessert und armirt. Die Mustehafiz des Sandschakes von Nisch ist für den 25. Mai einberufen. Die Hauptsorge bildet jetzt die Stimmung in den bulgarischen Kreisen. Es ist beschlossen worden, die nicht unbedingt verläßlichen Elemente im Adrianopler Sandschake zu interniren. Indessen entziehen sich die jungen Bulgaren diesem Zwange durch die Flucht. Die Civilregierung soll demnächst nach Varna übersiedeln, da über Rustschuk sammt dem ganzen Sandschake der Belagerungs⸗ zustand verhängt werden soll.“
— Aus Belgrad, 25. Mai, meldet man demselben Blatte: „Die türkische Armee hat mehrere Punkte an der Timok⸗Grenze, hauptsächlich im letzten Kriege besetzt gewesene Positionen, okkupirt. Die türkischen Behörden lassen weder Mohamedaner, noch Christen von Widdin über die serbische Grenze. Vor einigen Tagen vernahmen die Türken, daß ser⸗ bische Truppen Gramada besetzt hätten. Sofort sandten sie zehn Bataillone dahin. Nachdem sie sich überzeugt hatten, daß das Gerücht falsch sei, traten sie wieder den Rückmarsch an. 3 alarmiren sie ihre Truppen ohne Grund und lassen die⸗ selben bald von, bald nach Widdin marschiren, vermuthlich, weil sie einen Uebergang der Russen bei Turn⸗Severin be⸗ fürchten. Serbien hat bis zur Stunde keinen einzigen Sol⸗ daten an die Grenze geschickt. Im Nothfalle kann Serbien lürndings eine Anzahl Truppen leicht an der Grenze auf⸗
ellen.“ 8
Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.
Wien, Montag, 28. Mai, Vormittags. Die „Montags⸗ revue“ schreibt, die durch die Verträge von 1856 und 1871 sanktionirten Grundsätze über die freie Schiffahrt auf der Donau berührten die vitalen Interessen Oesterreich⸗Ungarns und wären von den kriegführenden Theilen in vollem Maße zu respektiren. Rußland habe dieser Auffassung zugestimmt, und wie man zu wissen glaube, dem Wiener Kabinete die bündigsten Zusicherungen ertheilt. Die Türkei habe ein Gleiches unter⸗ lassen und ihre Verfügungen seien geeignet, die entschiedenste Einsprache Oesterreichs⸗Ungarns hervorzurufen. Letzteres habe ein Recht zu der nachdrücklichen Forderung, daß keine weiteren Schwierigkeiten erhoben würden, als die unmittelbaren Kriegs⸗ operationen erheischten, derlei Hindernisse dürften nicht weiter gehen und nicht länger dauern, als unumgänglich b sei, und müßten seiner Zeit wieder vollständig beseitigt werden. Die österreichisch⸗ ungarische Regierung sei berech⸗ tigt, von der Pforte rasche und vollständige Abhülfe, wie bindende Zusicherungen über die Freiheit des . verkehrs zu erwarten, wie Rußland solche gegeben habe. Die Forderungen der Türkei, daß die Fahrzeuge der euro⸗ äischen Donaukommission die türkische Flagge aufhissen ollten, sei unpraktisch, auch schließe der internationale Cha⸗ rakter dieser Kommission eine Stellung ihrer Schiffe unter türkische Oberhoheit aus. Wie das Blatt zu wissen glaubt, wären in diesem Sinne Instruktionen an die Kaiserlichen Ver⸗ treter in Konstantinopel und Bukarest ergangen.
Konstantinopel, Sonnabend, 26. Mai. Die Urheber der am Donnerstag stattgehabten Demonstrationen sind ver⸗ haftet worden. — Der persische Gesandte überreichte Safvet Pascha heute eine Mittheilung seiner Regierung, in welchererklärt wird, Persien werde die freundschaftlichen Beziehungen aufrecht er⸗ halten, welche die mohamedanischen Völker vereinigten. — Eine Depesche des Kommandanten von Suchum Kaleh, Fasli Pascha, ohne Datum) meldet: Ein türkisches Geschwader mit 350. Cohns Matn griff die Festung Erdille (Ardler) an. Die mit Unterstützung der Artillerie ausgeschifften Truppen schlugen die Russen zurück, welche 200 Todte zurückließen. Die Festung wurde zerstört, das Geschwader kehrte nach Suchum Kaleh zurück. Bei dem am Dienstag in der Nähe von Suchum Kaleh