1877 / 156 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Fri, 06 Jul 1877 18:00:01 GMT) scan diff

der österreichisch- ungarischen Bank hat das Comité unverändert acceptirt; blos an Stelle des Wortes „Bankgesellschaft“ ist das Wort „Bank“ gesetzt worden. We⸗ sentlicher sind die Modifikationen, die das Comité an dem eigentlichen Vankstatute vorgenommen hat, da es in dieser Richtung, mit geringen Ausnahmen, die von der National⸗ bank gestellten Anträge acceptirt hat. Namentlich wird dem

Generalrathe der Bank im Gegensatze zur Regierungsvorlage das Recht der Wahl der beiden Vizegouverneure zugesprochen.

Lemberg, 3. Juli. Der „N. Fr. Presse“ wird gemeldet: Bei achtzehn Hörern der hiesigen theologischen Fakultät wur⸗ den heute Hausrevisionen vorgenommen und dabei mehre Korrespondenzen und Broschüren sozialistischen Inhalts mit Beschlag belegt. In den Bezirken dauern die Untersuchungen wegen sozialistischer Umtriebe fort.

Pest, 4. Juli. Ueber die heutigen Berathungen der ungarischen Quoten⸗Deputation bringt die „Pester Korrespondenz“ folgende Mittheilung aus Wien: 8

Vormittags fand eine Korrespondenz der ungarischen Deputation statt, in welcher die gestern Abends in der ge⸗ meinsamen Sitzung der beiden Subcomités besprochene Frage des Vorbehaltes einer neueren Vereinbarung für den Fall der Erhöhung der bestehenden oder der Einführung neuerer Zölle nochmals eingehend erörtert wurde. Das Subcomité wurde beauftragt, zu erklären, daß die ungarische Deputation ein Uebereinkommen, dessen Gültigkeit auf so schwanken⸗ der Basis beruhe, nicht acceptire und den Fortbestand der Gemeinsamkeit der Zolleinnahmen überhaupt nicht von Bedingungen abhängig machen könne. In diesem Sinne äußerte sich das ungarische Subcomité in der heute Nach⸗ mittags abgehaltenen zweiten gemeinsamen Sitzung und prä⸗

isirte zugleich die Stellung der ungarischen Deputation in der

age der Steuerrestitution und der Quote. Morgen Vor⸗ mittags halten beide Deputationen Sitzungen, in welchen die Subcomitées über die

dit⸗Abtheilung

bisherigen Verhandlungen referiren werden und Nachmittags findet abermals eine gemeinsame Sitzung der beiden Subcomités statt, welche wohl die Ent⸗ scheidung bringen dürfte. Der Minister⸗Präsident Tisza, der heute Morgens hier angekommen und an der Konferenz der ungarischen Deputation Theil genommen, gedenkt morgen Abends nach Pest zurückzukehren.

Schweiz. Die Zolleinnahmen in den ersten 6 Mo⸗ naten des laufenden Jahres betragen, der „N. Zürch. Ztg.“ zufolge, 7,470,515 Fr., oder 1,070,394 Fr. weniger als im ersten Semester des Jahres 1876.

Großbritannien und Irland. London, 4. Juli. (E. C.) Der frühere Statthalter von Guyana, Sir James R. Longden, ist zum Statthalter von Ceylon ernannt worden. Die englische Mittelmeerflotte, oder doch die Mehrzahl der sie bildenden Schiffe, ankert seit gestern Morgen wieder in der Besikabucht. Sie ist jetzt um 2 Panzerschiffe schwächer, als im vorigen Jahre, wo sie deren 11 besaß. Der „Monarch“ und der „Triumph“ sind nämlich inzwischen nach England zurückgekehrt und nicht ersetzt worden. An Stelle des „Herkules“ ist freilich die mächtigere „Alexandra“ (das gegenwärtige Flaggenschiff) getreten. Außer den 9. Panzer⸗ schiffen hat Admiral Hornby 6 Korvetten und Kanonenboote nebst einigen kleineren Fahrzeugen unter seinem Befehl. Verschiedene der zur Flotte gehörigen Schiffe sind räumlich von ihr getrennt. So befindet sich das Panzerschiff „Hotspur“ bei Port Said, andere Schiffe liegen an der Donaumündung, bei Salonichi und im Piräus. Von den Panzerschiffen sind in der Besikabai an⸗ wesend: „Alexandra“, „Sultan“, „Swiftsure“, „Devastation“, „Raleigh“ und „Pallas“. Das Kanalges chwader besteht aus dem Flaggenschiffe „Minotaur“ (Admiral Beauchamp Seymour), dem „Black Prince“ (Contre⸗Admiral Dowell), dem „Achilles“, der „Defence“ und dem Thurmschiff „Thun⸗ derer“. Ferner werden noch einige Schiffe seefertig gemacht, aber die Zeit ihrer Vollendung ist unbestimmt. Der „Témeé⸗ raire“, welcher vor Kurzem eine befriedigende Maschinenprobe bestand, soll in Zeit von einem Monat segelfertig sein. Die aus dem Mittelmeere zurückgekehrten Schiffe „Hercules“, „Triumph“ und „Monarch“ liegen ebenfalls in den Docks und können in einigen Monaten wieder seefertig sein.

5. Juli. (W. T. B.) Der General rant ist mit seiner Gemahlin und seinem Sohne heute Vormittag nach Brüssel abgereist.

Frankreich. Paris, 5. Juli. (W. T. B.) Das vom „Morning Advertiser“ erwähnte S. die französische Flotte würde ebenfalls nach der Besikabai gehen, wird von der „Agence Havas“ als jeder Begründung entbehrend be⸗ zeichnet.

Durch Dekret vom 4. Juli ist der Contre⸗Admiral Grasset, Gouverneur von Französisch⸗Guyana, an Stelle des Contre⸗Admirals de Kergrist, welcher auf sein Ansuchen nach Frankreich zurück berufen worden ist, zum Gouverneur von Martiniane ernannt worden.

Spanien. Madrid, 5. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Sitzung des Kongresses brachte Castelar seine be⸗ reits angekündigte Interpellation über die Verhaf⸗ tung Zorilla's, Lagunero's und Munoz’s in Paris ein und vertheidigte in längerer Rede das Recht der Gast⸗ freundschaft zu Gunsten der genannten Personen. Der Red⸗ ner beklagte die Strenge, die gegen dieselben zur Anwendung gebracht worden sei, da es doch den Carlisten in Frank⸗ reich erlaubt gewesen wäre, zu konspiriren und Don Carlos

s wurde, seinen Aufenthalt in Frankreich zu nehmen. Castelar betonte, das Völkerrecht sei in diesem Falle nicht geachtet worden; er appellire an das Recht der ast⸗ freundschaft, welches keinem politischen Auswanderer versagt werden dürfe. Der Minister des Auswärtigen erklärte in Beantwortung der Interpellation, Zorilla habe gegen die spanische Monarchie konspirirt, er habe der Internationalen

angehört. Die französischen Behörden hätten, als sie von ihreni Rechte Gebrauch machten, geglaubt, die Anwesenheit

orilla's und Genossen könnte Unruhen hervorrufen, deshalb hätten sie dieselben aus Frankreich ausgewiesen.

1 Türkei. Belgrad, 30. Juni. Zur Situation in Serbien wird der „Pol. Korr.“ von hier geschrieben: „Während die Reise des Fürsten Milan nach Plojeschti im Aus⸗ lande mannigfach kommentirt wurde, hält man hier fortwährend an der Neutralität fest. Die Entrevue des Fürsten mit dem Kaiser Alerander ist ein willkommenes Ereigniß gewesen, von dem man keine 82v . Folgen für das Fürstenthum erwartet, die aber das Aufgeben der neutralen Haltung Serbiens keineswegs bedingen. Dieser Ueberzeugung huldigen alle ernsten Politiker 72 Partei⸗ unterschied, wenn sie sich auch von verschiedenen Motiven leiten

b““

lassen. Die Konservativen, die in verschwindend kleiner Zahl in der Skupschtina vertreten sind, behaupten, Serbien sei in jeder Hinsicht unfähig, in die Aktion zu treten, die Bevölke⸗ rung sei brodlos, die Staatskassen seien leer und die Regierung un⸗ einig. Die auswärtige Presse schenkt diesen von konseroativer Seite herrührenden Behauptungen gerne Glauben und huldigt der Ansicht, daß Serbien unter allen Umständen im gegenwärtigen Krieze aus Mangel an Bereitschaft passiver Zuschauer bleiben müsse. Für den vorerst unwahrscheinlichen Fall, daß Serbien durch die Greignisse doch gezwungen werden sollte, in die Aktion einzugreifen, erscheint es zweckentsprechend, die gegenwärtige Lage des Fürstenthums zu kenn⸗ zeichnen. Die Frage der Nahrungsmittel ist für die Regierun durch⸗ aus keine solche, um ihr Verlegenheiten zu bereiten. Wohl herrschte im Frühjahr d. J. durch einige Wochen ein Mangel an Lebensmitteln in den dr.i Kreisen von Saitschar, Knjaze⸗ watz und Krusewatz, welche durch die barbarische Krieg⸗ führung der Türken arg verwüstet wurden. Dieser Mangel war aber trotzdem keineswegs ein solcher, daß die Leute dem Hungertode preisgegeben waren. Nach dem Friedensschlusse waren in den Kriegsmagazinen noch genügende Getreidevorräthe zurückgeblieben. Aus diesen hat die Regierung 270,000 Oka an die darbende Bevöl⸗ kerung vertheilen lassen. Außerdem haben Privatpersonen aus den unversehrt gebliebenen Kreisen es an reichen Gaben nicht fehlen lassen. Seitdem sind die drei genannten Kreise zu ganz normalen Verhältnissen zurückgekehrt. Die diesjährige Ernte verspricht überall eine sehr reiche zu werden, auch in jenen Gegenden, die im April überschwemmt waren. In den übrigen vierzehn Kreisen hatte man sich nie über Mangel an Nahrungsmitteln zu beklagen. Die An⸗ sicht derjenigen, welche meinen, daß im vorigen Jahre während des da die Männer

Krieges die Felder nicht bestellt werden konnten, an der Grenze waren, ist eine vollständig irrige. Alle Feld⸗ und Hausarbeiten wurden von den Zurückgebliebenen ausgeführt. Was die Staatsfinanzen betrifft, so kann man wohl kaum von einem Ueberflusse in den Kassen sprechen; trotzdem wäre für Kriegszwecke noch Geld genug vorhanden. Die Ausfuhr von Horn⸗ und Borsten⸗ vieh und von Wein nach Ungarn und Oesterreich ist insbesondere in der letzten Zeit sehr gestiegen, so daß man jetzt mehr österreichische Dukaten, als Napoleond ors und Reichsmark im Verkehre sieht. Die Steuern fließen regelmäßig ein, es giebt keine Steuerexeku⸗ tionen, wie anderswo. In Folge der regelmäßigen Staatseinnah⸗ men enthalten die Staatskassen stets die zur Deckung der gewöhnlichen staatlichen Bedürfnisse erforderlichen Summen. Es ist keine Klage bekannt geworden, daß der Staat seinen Zahlungspflichten im Lande nicht pünktlich nachgekommen wäre. Zur Deckung anderweitiger Bedürfnisse hat die Regierung Verhandlungen mit einem Bankhause wegen der Aufnahme eines großeren Anlehens eingeleitet, welches die Zustimmung der Skupschtina vorausgesetzt als perfekt angesehen werden kann. Hier verlautet auch nichts von einer Uneinigkeit im Schooße des jetzigen Kabinets. Bestünde eine Zwietracht unter den einzelnen Ministern, so hätte das Kabinet gewiß seine Entlassung verlangt. Es darf vielmehr versichert werden, daß das Ministerium in seiner gegenwärtigen Zusammensetzung im Amte verbleiben werde, so lange es des Vertrauens des Fürsten und der Volksversammlung sicher ist. Das sind die Zustände in Serbien im Allge⸗ gemeinen. Man kann jetzt aus denselben nach Belieben den Schluß ziehen, ob Serbien aktionsfähig ist oder nicht. Die serbischen Libe⸗ ralen bejahen diese Frage. Serbien will jedoch nicht den Krieg, weil es abgesehen von äußeren Hindernissen seine ökonomische und kulturelle Entwicklung nicht abermals hemmen möchte. Die Be⸗ völkerung ist derselben Meinung. Uebrigens hängt Alles von der Entscheidung der Skupschtina ab. Da diese aber die Meinung der Bevölkerung zum Ausdrucke bringt, so hoffen und erwarten wir, daß die Kriegsfrage gar nicht aufs Tapet kommen dürfte.“

Rußland und Polen. Kronstadt, 1. Juli. (St. Pet. Herald.) Die Fregatte „Sswetlana“ ist heute Nacht um 3 Uhr von ihrer Fahrt zurückgekehrt. Die Fregatte war am 3. Juni 1875 (a. St.) unter dem Kommando des Großfürsten Alexej Alexandrowitsch von Kronstadt aus⸗ gelaufen. Im Mittelmeer schloß sich die „Sswetlana“ dem Geschwader des Contre⸗Admirals Butakow an. Im Herbste 1876 ging der größere Theil dieses Geschwaders in das Atlantische Meer und lief in verschiedenen Häfen Nord⸗ Amerikas ein, woselbst die Schiffe bis zum 5. Mai verblieben. Am 25. Mai traf die „Sswetlana“ in Brest ein, woselbst auf Kaiserlichen Befehl das Kommando dem Kapitän⸗-Lieutenant Nowossilskij übergeben wurde; der Großfürst kehrte zu Lande nach St. Petersburg zurück. Am 1. Juni lief die „Sswet⸗ lana“ aus und in der Nacht vom 18. auf den 19. Juni (1. Juli) traf sie, wie erwähnt, in Kronstadt ein.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 2. Juli. Der König traf heute früh in Helsingborg ein und reiste nach kurzem Aufenthalt nach Sophienruh weiter. In der vorigen Woche verstarb der Oberst⸗Lieutenant Törnebladt, einer der Veteranen aus den Kriegsjahren von Anfang dieses Jahrhunderts. Der Verstorbene hat an den Schlachten bei Großbeeren, Dennewitz und Leipzig theilgenommen. Am Sonnabend wurde die zweite Altersklasse der Be⸗ wehrungsmannschaften entlassen, und haben damit die diesjährigen Uebungen ihr Ende erreicht. Einige Tage vor ihrer Entlassung traten die Mannschaften einen längeren Uebungsmarsch an, an welchem auch der Kronprinz theilnahm.

Amerika. Guatemala. Die Unterhandlungen der Regierung mit Herrn W. Nanne, einem bisher in Costarica ansässigen Deutschen, über den Bau einer Eisenbahn sind, nach der dem „Star u. Herald“ von den Kontrahenten zuge⸗ gangenen Information, zu einem befriedigenden Abschluß ge⸗ diehen. Die Distanz in gerader Linie beläuft sich auf etwa 29 englische Meilen von dem Hafen San José im Stillen Meere bis zu der Stadt Escuintla, und das Terrain ist der Anlage günstig. Die Kosten sind auf 1,200,000 Doll. veran⸗ schlagt. Das Unternehmen soll der Beginn eines Schienen⸗ weges sein, der den Hafen San José mit der auptstadt und mit der Zeit den Stillen Ozean mit dem Atlantischen ver⸗ bindet. Die Regierung von Honduras hat, nach der amt⸗ lichen Zeitung, den Hafen Omoa auf der atlantischen Seite zum Freihafen erklärt. Ferner hat dieselbe mittelst Dekrets vom 25. April d. J. eine Anzahl von Staatsverträgen, namentlich mit England, Frankreich, Spanien, Belgien, den Vereinigten Staaten und Chile, deren Dauer entweder abge⸗ laufen oder deren Ratifikation unterblieben ist, für aufge⸗ hoben erklärt, in der Absicht sie durch neue für beide Kontra⸗ 5FB vortheilhafte zu ersetzen. In Ecuador war, wie die Quito⸗Zeitungen uhe und Ordnung wieder hergestellt.

Afrika. (A. A. C.) Wie aus der Capstadt berichtet wird, wurde im Volksraad des Orange⸗Freistaates kürz⸗ lich die Frage der Errichtung eines südafrikanischen Bundes von dem Präsidenten Brand zur Sprache gebracht, der auf die Vortheile eines solchen hinwies. Der Raad er⸗ klärte, er sei vorläufig nicht vorbereitet, das Projekt zu adop⸗ tiren, nahm aber ein Dankesvotum an Lord Carnarvon für das von ihm an der Wohlfahrt des Staates bekundete Interesse an. 85 1“ 8

melden,

Der russisch⸗türkische Krieg.

Bukarest, 5. Juli. (W. T. B.) Nach hier einge⸗ gangenen Nachrichten ist der englische Militärattacht, Oberst Wellesley, im russischen Hauptquartier eingetroffen und von dem Großfürsten⸗Oberbefehlshaber und von dem Kaiser Alexander in freundlichster Weise empfangen worden.

London, 5. Juli. (W. T. B.) Im Unterhause kündigte Lawson an, daß er den Schatzkanzler Northcote mor⸗ gen darüber interpelliren werde, ob er die Gründe angeben wolle, durch welche die Entsendung der englischen Flotte nach der Besikabai veranlaßt worden sei.

Wien, 6. Juli. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblattes“ aus Pest, 5.: Nach einer Meldung des unga⸗ rischen Konsuls in Bukarest ist die Nachricht von der Er⸗ schießung des Korrespondenten Herzfelder unbegründet.

Europäischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 5. Juli. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Simnitza von heute: Am 28. Juni besetzte der General⸗Adjutant Schamscheff Babadagh. Am 29. Zuni schlug Oberst Ismailoff, der die ganze Umgegend von Tscher⸗ kessen und Baschibozuks säuberte, 2 Tscherkessenabtheilungen und nahm denselben Waffen, 50 Pferde und gegen 20,000 Stück Vieh ab. Die bekannten beiden Führer von Räuber⸗ schaaren, Kara Mustapha und Aadem, wurden von ihm ge⸗ fangen genommen. Die ganze Strecke bis zum Trajanswall ist von den Türken geräumt. Die christliche Vevölkerung nimmt die Russen als ihre Erlöser enthusiastisch auf. Hier steht Alles gut, die Truppen setzen ununterbrochen Tag und Nacht über den Donaustrom, es sind keine Türken sichtbar, nach dem 27. Juni haben nur kleinere Vorpostengefechte statt⸗ gefunden.

Wien, 5. Juli. (W. T. B.) Die „VPolit. Korresp.“ meldet telegraphisch aus Bukarest von heute, bis jetzt seien 40,000 Russen über die Brücke von Simnitza nach Sistowa bassirt. In militärischen Kreisen sei allgemein die Ansicht ver⸗ reitet, daß die Rumänier schon demnächst die Donau über⸗ schreiten würden. Die Vorbereitungen dazu würden Tag und Nacht getroffen, an Pontons zum Schlagen einer Brücke werde energisch gearbeitet, Niemand zweifele mehr, daß die rumänische Armee an der Offensivaktion theilnehmen werde.

Wien, 6. Juli. (W. T. B.) Telegramm der ‚„Presse“ aus Bukarest: Russische Eklaireurs sind bis Plevna und Lovak, südlich von Nikopolis, vorgedrungen. Der rumänische Generalstab ist heute nach Pojana, südöstlich von Kalafat, ab⸗ gegangen.

Ueber die militärische Situation an der Donau sagt die „St. Petersburger Zeitung“ vom 1. d. M.: „Ein Blick auf die Karte von Bulgarien zeigt, daß die Bezwingung der großen Donaufestungen keineswegs unerläßliche Bedin⸗ gung für den Vormarsch unserer Armee gegen den Balkan ist; zur Cernirung respektive Beobachtung von Rustschuk und Schumla können um so leichter genügende Kräfte zurück⸗ gelassen werden, als sich außerhalb des türkischen Festungs⸗ viereckes, von dem bei Widdin stehenden circa 30,000 Mann starken Corps abgesehen, in ganz Bulgarien zu beiden Seiten des Balkan und Rumelien nur unbedeutende türkische Be⸗ satzungen befinden. Eine Feldarmee von besonderer Stärke, welche in offener Schlacht unserer Donau⸗Armee Stand halten könnte, existirt überhaupt nicht, denn wenn auch Abdul Kerim Pascha die Besatzungen von Varna, Silistria, Schumla, Rust⸗ schuk und Widdin, wenn dies überhaupt möglich wäre, bis auf den letzten Mann an einem Punkte vereinigte, so würde er höchstens 130⸗ bis 140,000 Mann zusammenbringen. Natürlich denken die Türken an eine solche Konzentration so wenig, wie daran, sich in eine offene Schlacht einzulassen. Sie geben sich allem Anscheine nach der Hoffnung hin, unsere ganze Donau⸗Armee vor ihren Festungen, d. h. diesseits des Balkan festhalten zu können. Jedenfalls können wir der wei⸗ teren Entwicklung der Dinge auf dem Kriegsschauplatze an der Donau mit Ruhe und Zuversicht entgegensehen.“

Aus Konstantinopel wird dem „Golos“ berichtet: „Die ersten Nachrichten vom erfolgten Donauübergange erhielt Mr. Layard, die genaueren jedoch der Graf Zichy. Der österreichische Botschafter benachrichtigte davon sofort den Großvezier. Es wurde sogleich ein Ministerrath berufen und in demselben beschlossen, vor allen Dingen den Sultan durch den Großvezier und den Kriegs⸗Minister davon in Kenntniß zu setzen. Unzweifelhaft ist, daß gleich nach dem Ministerrath

die strengsten Befehle an die Donau Armee abgingen, alle Maßregeln zum Widerstand zu ergreifen und dabei Menschen⸗ leben nicht zu schonen. Dabei versprach man Verstärkungen. In Stambul sollen schon Anzeichen einer Panik auftreten. Die Wachen sind verstärkt.“ 1

Der „Pol. Korr.“ wird aus Braila u.n 1 29. Juni geschrieben.

ier geht es noch immer sehr lebhaft zu. Der Uebergang der Truppen auf Dampfern und Schleppschiffen dauert ununterbrochen fort. Bis zum heutigen Tage sind 42,000 Mann in die Dobrudscha ge⸗ worfen worden. In Braila verbleibt eine starke Garnison. Die 16. Division des IV. Armee⸗Corps wird hier und in der Umgebung stationiren. Diese Truppen bilden die Reserve des in der Dobrudscha operirenden Corps. Die Kommunikation zwischen Braila und Mat⸗ schin ermöglicht stets einen raschen Nachschub. Bis zum 1. Juli vird der Landweg zwischen Ghiazit und Matschin hergestellt sein, so daß die Brücke Braila⸗Ghiazit wichtige Dienste leisten wird. Großfürst Alexis soll dem fliegenden Corps des Generals Skobeleff attachirt werden. Von diesem Corps ist erst eine Brigade bei Zim⸗ nitza über die Donau gegangen. Der Rest soll in den nächsten Tagen bei Sistowa folgen. Skobeleff hat den Auftrag, vor Allem Tirnowa zu erreichen, um von dort aus fliegende Kolonnen nach allen Seiten zu entsenden. 1 8s 1

Ueber den Donauübergang der Russen bei Sistowa berichtet der Korrespondent der „W. Presse“ noch folgende Details: . 1

„Bei Simnitza ist das linke Donau⸗Ufer auf eine Strecke von fast vier Kilometern ganz flach, so daß dieses Terrain immer über⸗ schwemmt wird, sobald der Wasserstand der Donau nur einigermaßen steigt. Es ist auch jetzt theilweise unter Wasser, doch in einem Schlangenwege kann man bis zum Donau⸗Ufer gelangen. Der Ort Simnitza selbst liegt etwa acht Meter erhöht über dem Inundations⸗ Terrain und vom Orte führte vor dem Hochwasser des heuri⸗ gen Jahres ein langer Damm zum Donau⸗ Ufer; jetzt ist der Damm theilweise zerstört. Das ganze Terrain ist kahl, doch sind demselben zwei langgestreckte Inseln. die mit Busch⸗ werk bedeckt sind, vorgelagert. Sie bilden aber nur einen geringen Schutz gegen die Beobachtungen vom rechten Ufer. Ist diese sorgsam, so muß jede Bewegung bemerkt werden, umsomehr, als die Distanz so groß ist, daß die Insel nur einen kleinen Theil des Uferrandes decken kann. Aus dieser aus unmittelbarer An⸗ schauung gewonnenen Schilderung geht wohl hervor, daf der Platz für einen Uebergang, ch vom linken Ufer

dem

so weit er den Abmarf linken betrifft, nicht der güͤnstigste ist. Aber auch das gegenüberliegende

Ufer bietet keine einem —*r - sehr günstige Configuration dar. Das rechte Donau⸗Ufer bei Sistowa ist zumeist steikrandig, die Stadt selbst liegt innerhalb zweier Mulden und auf den sie um⸗

ebenden drei Anhöhen, so daß zwei Fahrwege durch die Einschnitte in die Stadt führen. Donauabwärts senken sich die Anhöhen nur an einer Stelle in sanfter Abdachung dem Strome zu, dort mündet ein Bach und diese Stelle hatte General Dragomirow zum Uebergange gewählt. Ein heftiger Wind und volle Mondbeleuch⸗ rung waren zwei den Russen sehr ungünstige Momente. Die Pon⸗ tons, die landeinwärts gekommen waren, wurden in größter Stille bei Nacht zwischen die Insel und das Inundationsterrain gebracht, und Berg⸗Artillerie, die 4. Schützen⸗Brigade, sowie ein Bataillon des Regiments Volh nien dessen Kommandant, wenn ich nicht irre, Großfürst Nikolaus ist und 100 Kosaken eingeschifft. Hätten die Türken wachsame Schildwachen drüben, sie hätten die Bewegung in mondheller Nacht wahrnehmen müssen. Sie blieb ihnen aber so lange verborgen, daß die ersten Pontons sogar am türkischen Ufer unbelästigt anlegen konnten und daß erst durch ein Feuersignal vom linken Ufer der Kommandant in Sistowa aufmerksam gemacht wurde. In Simnitza brannte eine Windmühle nieder. Ich darf wohl bei dieser Gelegenheit darauf verweisen, daß in dem Momente, als die ersten russi⸗ schen Soldaten Oltenitza besetzten, gleichfalls durch brennende Häuser den Türken das Signal gegeben worden war. In Simnitza wurde der Urheber des Brandes ermittelt und die Strafe des Spions harrt seiner. Auch noch durch einen anderen Verräther wurde das Vor⸗ haben der russischen Armee den Türken bekannt. Nicht ihre Schild⸗ wachen, sondern ein bulgarischer Bauer verrieth ihnen die Landung und nun begann ein hartnäckiger Kampf. Die türkischen Batterien waren theils in gedeckter Stellung, durch Bäume total versteckt, längs des Ufers errichtet, theils auf den Höhen postirt und sie er⸗ öffneten ein mörderisches Feuer gegen das linke Ufer, wie gegen die

Pontons. Drei Barken sollen in den Wellen der Donau versunken sein, aber furchtbar waren auch die Verwundungen, die durch Holz⸗ splitter wie durch Granatensplitter verursacht wurden. Die landenden russischen Soldaten wurden auf dem Ufer mit einem Kugelregen empfangen, der schwere Lücken in ihre Reihen riß, aber immer mehr landeten, immer energischer drangen sie vorwärts. So lange sich die Türken durch Bäume, Häuser, Bergvorsprünge, Gräben gedeckt sahen, hielten sie muthig Stand, drang aber ein Regiment mit dem Ba⸗ jonnet unter Hurrahrufen auf sie ein, dann waren die türkischen Soldaten nicht mehr zu halten. Es sollen bei Sistowa nur circa 6000 Mann gewesen sein, so wenig waren die Türken auf einen Uebergang hier vorbereitet. Ihre Position war eine gute und sie hätten bei tüchtiger Führung der russischen Armee großen Schaden bereiten können. Aber unter schlechter konnten sie den an⸗ stürmenden Russen nicht widerstehen. iese nahmen eine Batterie mit dem Bajonnette, wie überhaupt während des Kampfes der Bajonnetangriff stark angewendet wurde. vom Ufer aufwärts mußten die Russen Mann an Mann erobern und selbst die steilen Punkte erklettern. Zur Aufstellung der russischen Truppen mußten die unterhalb Sistowa sanft ansteigenden

„Höhen dienen und doch konnten sie erst nach ungemein hartem Kampfe besetzt werden; von hier aus wurde die erste Batterie im Sturm ge⸗ nommen und die Türken aus ihrem Lager vertrieben. „Sie wehrten sich wie die Wölfe“, sagen die russischen Soldaten. Vierzig Mann des Regiments Volhynien ließen sich an einer Stelle lieber von einem türkischen Bataillon Stück für Stück zusammenschießen, ehe Einer den Platz verlassen hatte, den zu halten ihnen befohlen war. Ein russischer Offizier empfing fünf Bajonnetstiche und wollte nicht vom Kampfplatz weichen. An Schlagfertigkeit steht der russische Soldat dem türkischen nicht nach, aber er übertrifft ihn noch weit an Ausdauer und vielfach auch an militärischem Talent. Im Kampfe auf den An⸗ höhen unterhalb Sistowa wurden 150 Gefangene gemacht und fünf Verwundete aufgelesen, es waren Redifs und Baschibozuks. Auch in Sistowa wurde noch um die Häuser gekämpft, aber endlich gegen Mittag gaben die Türken den Kampf auf und zogen sich zurück. Bis auf neun Kilometer Entfernung wurden sie gestern verfolgt auch gab es noch bis heute Scharmützel zwischen den Fliehenden und den sie Verfolgenden. Um 3 Uhr zogen die Russen in Sistowa ein. Die Zahl der Pontons, die in Verwendung kamen, war 108; mit dieser kleinen Zahl war bis heute ein ganzes Armeecorps hinüber⸗ gegangen; nach oben und unten war die Donau auf Kanonenschuß⸗ weite durh je eine Torpedobarre abgesperrt, so daß die türkischen Monitors von Rustschuk oder Nikopoli, selbst wenn sie hätten an⸗ rücken wollen, in Gefahr gewesen wären, durch Torpedos in die Luft

gesprengt zu werden.“

ganzen Jeden Schrit

Konstantinopel, 5. Juli. (W. T. B.) Dem Ver⸗ nehmen nach soll die bisher in Montenegro operirende Division Suleiman Paschas eine anderweite Bestimmung

erhalten.

Wien, 6. Juli. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblattes“ aus Skutari: Die an der montenegrinisch⸗ albanischen Grenze vereinigte türkische Armee wird, er⸗ haltenen Befehlen gemäß, unter Zurücklassung von ent⸗ sprechenden Besatzungen in den Grenzfestungen, zur Hälfte .“ und Epirus, zur anderen Hälfte nach Adrianopel abgehen.

2—* (W. T. B.) „Aus Belgrad, 5., meldet das „N. W Tageblatt“ telegraphisch: Die Tschatschkaer Brigade ist an den Javor abgegangen, 2 Bataillone sind zur Verstärkung an die Drina gesandt. Es wird eine Verlängerung des Moratoriums beabsichtigt. Bosnische Christen haben durch den Bischof Stroßmayer eine Petition an den Kaiser von Oesterreich ge⸗ richtet, in welcher sie um eine Okkupation Bosniens durch österreichische Truppen bitten. 8 8

Asiatischer Kriegsschauplaz. Konstantinopel, 5. Juli. (W. T. B.) Es werden hier Gerüchte verbreitet, daß im Kaukasus ein ausgedehnter Aufstand gegen die Russen ausgebrochen sei. Moukhtar Pascha meldet, er wäre in der Richtung auf Kars bis Sassa⸗ kumysch vorgerückt. Konstantinopel, 5. Juli. (W. T. B.) Wie man hier wissen will, hätte Derwisch Pascha neuerdings die bei Batum stehenden Russen zurückgedrängt. Konstantinopel, 5. Juli. (W. T. B.) Der Mi⸗ nister des Auswärtigen hat an die Vertreter der Pforte im Auslande folgende Mittheilung gerichtet: Unsere Militär⸗Kommandanten in Asien melden uns tele⸗ graphisch, daß die Russen von unseren Truppen geschlagen, Sarrikamysch verlassen haben und sich, von unseren Truppen verfolgt, im vollen Rückzuge befinden. Achmet Mou htar 1e hat sein Hauptquartier weiter vorgeschoben. In den ämpfen, welche die Division von Alaschkert bei Karakilissa geliefert hat, wo sie sich jetzt befindet, sind die Russen unter beträchtlichen Verlusten geschlagen worden. Auf ihrem Rück⸗ zuge folgten ihnen 700 Wagen (2) mit Verwundeten. „Auf dem Kriegsschauplatze in Klein⸗Asien

bemerkt die „St. Petersb. Ztg.“ vom 1. d. M. haben wir heute ein bemerkenswerthes Ereigniß zu verzeichnen. Das von General Heimann befehligte Detachement hat sich von Med⸗ schingert nicht nach Süden gewendet, um mit General Tergu⸗ kassoff vereint zu operiren, sondern ist weiter westlich vorge⸗ rückt und hat am 25. v. M. unter persönlicher Anführung des Generals Loris⸗Melikoff die türkische Stellung bei Sewin an⸗ beencfen und den Feind, welcher 23 Bataillone stark war, nach artnäckigem Kampfe, dem erst die Dunkelheit ein Ende machte,

8 8 8 8

aus seinen vorgeschobenen Positionen herausgeworfen. Sewin bildet das Centrum der türkischen Armee, welche rum zu

niens zu sammeln oder sich hinter Erzerum zurückzuziehen. ö32—2 Moukhtar Pascha persönlich noch mit seinem rechten Flügel in der Gegend von Delibaba und behauptet, in dem letzten Treffen am vorigen Donnerstag den General Tergukassoff zurückgedrängt zu haben. Von dem linken türki⸗ schen Frügen⸗ welcher noch in der Gegend von Olti stehen muß, hat seit längerer Zeit nichts mehr verlautet.“

Von seinem Spezial⸗Korrespondenten in Erzerum erhält das Reutersche Bureau folgende Telegramme:

30. Juni. Die Russen haben Saghanli verlassen und erwarten, ehe sie weitere Schritte thun, die Ankunft einer Kolonne via Kaghis⸗ man und eines zweiten Detachements vom Centrum, im Ganzen 40 Bataillone. Der russische linke Flügel hat eine Rückwärtsbewe⸗ gung gemacht und ist in der Nachbarschaft von Delibaba angekommen, wo, wie man erwartet, es zu einer neuen Schlacht kommen wird. Das Bombardement von Kars hat fast gänzlich aufgehört. Der Transport von Kriegsmunition nach dem fürkischen Lager wird mit großer Rührigkeit betrieben.

,„1. Juli. Der russische linke Flügel hat sich auf Seidekan zurückgezogen, aber ein Tetachement bleibt in Saghanli. Nach⸗ richten von dem türkischen rechten Flügel, dem Centrum und den außenliegenden Detachements lauten dahin, daß keine weiteren Ge⸗ sechte stattgefunden haben und daß Alles ruhig sei. Das die Front der Armee bildende Corps hat eine Verstärkung von 6000 Mann

in dem jüngsten Kampfe vor Sewin fielen, sind von den Türken mit militärischen Ehrenbezeugungen beerdigt worden.

Nr. 43 des „Amtsblatts der Deutschen Reichs⸗Post und Telegraphenverwaltung“ hat folgenden Inhalt: Ver⸗ fügungen: Vom 3. Juli 1877. Tagegelder und Fuhrkosten von Beamten der Reichs⸗Post⸗ und Telegraphenverwaltung.

Nr. 26 des „Justiz⸗Ministerial⸗Blattes“' hat folgenden Inhalt: ee aene⸗ Verfügung vom 28. Juni 1877, betreffend die Stempelberechnung bei Verträgen, welche durch Eine Urkunde über verschiedene einzelne Gegenstände abgeschlossen werden. Allgemeine Verfügung vom 28. Juni 1877, betreffend die Erhaltung der Ueber⸗ einstimmung zwischen den Grundbüchern und den Steuerkatastern im Bezirke des Appellationsgerichts zu Cassel. Allgemeine Verfügung vom 2. Juli 1877, betreffend die Ermittelung der Gerichtskosten⸗ Einnahme in Strafsachen.

Statistische Nachrichten. Nach Mittheilung des statistischen Bureaus der Stadt vom 24. Juni bis incl. 30. Juni cr. zur Anmeldung gekommen: 165 Eheschließungen, 838 Lebendgeborne, 41 Todtgeborne, 1029 Sterbefälle. Kunst, Wissenschaft und Literatur. „München, 6. Juli. (W. T. B.) Der Schriftsteller Friedrich Wilhelm Hackländer ist heute früh auf seiner Villa am Starn⸗ berger See gestorben.

Von der im Auftrage des Börsen⸗Vereins der deutschen Buchhändler in Leipzig herausgegebenen Schrift: „Deutsche Ge⸗ setze und Verträge zum Schutze des Urheberrechts“ von A. W. Volkmann, ist nunmehr der zweite, revidirte Abdruck er⸗ schienen. Es sind in demselben einige Zusätze angebracht, namentlich aber zwei neuerdings erschienene, noch nicht gedruckte Erkenntnisse des Reichs⸗Ober Henvelsgerichte herbeigezogen, wodurch der praktische Nutzen des Buches noch erhöht wird.

Paris, 4. Juli. Die vereinigten fünf Abtheilungen des fran⸗ zösischen Instituts hatten heute den im Jahre 1859/60 gestif⸗ teten, alle zwei Jahre zur Vertheilung gelangenden Preis von 20,000 Fr. „für dasjenige Werk oder diejenige Entdeckung der letzten zehn Jahre, welche dem Lande zur meisten Ehre gereicht oder am förderlichsten ist“, zu vergeben, und zwar hatte diesmal die Akademie der schönen Künste die Kandidaten aufzustellen. Sie präsentirte den Bildhauer Chapu, dessen „Jeanne d'Arc“ im Salon viel bewundert

Beaurx⸗Arts entworfen hat, und den Architekten Vandermer. Mit 20 gegen 18 Stimmen wurde der Preis Hrn. Chapu zuerkannt. Gothenburg, 2. Juli. (H. C.) eute haben die Ka⸗ nonenboote „Gunhild“ und „Alfhild“ den hiesigen Hafen verlassen, um zoologische und hydrographische Untersuchungen an den schwedischen Meeresküsten anzustellen, zu welchem Zwecke der Reichstag in seiner letzten Session die für einen Zeitraum von 3 Jahren nöthigen Mittel bewilligt hat. Die Untersuchungen werden von hervorragenden schwedischen Gelehrten, wie Ekman, Theel u A.,

geleitet. Land⸗ und Forstwirthschaft.

Die Tagesordnung für die 6. Sitzungsperiode des deutschen Landwirthschaftsrathes, welche voraussichtlich im Monat Oktober in Berlin stattfinden wird, ist vom Ausschusse in seiner Sitzung vom 2. Mai vorläufig folgendermaßen festgesetzt worden: 1) der Einfluß der Revision der Gewerbeordnung auf die landwirth⸗ schaftlichen Verhältnisse (Kontraktbruch, Arbeitsbücher, Schank⸗ konzessionen); 2) die Arbeiterhülfskassen auf dem Lande; 3) die Schulze⸗ Delitzschen Anträge zum Genossenschaftsgesetz und die landwirthschaft⸗ lichen Darlehnskassen; 4) die Maßregeln, welche gegen die über⸗ handnehmende Verfälschung von Nahrungsmitteln anzustreben sind; 5) die heutige Lage der Eisenbahntariffrage nebst Anträgen, die Herabsetzung der Tarife für Torf, Stein⸗ und Braunkohlen, sowie die Fortsetzung der Bestrebungen in Bezug auf die Verwerthung und den Eisenbahntransport städtischer 6) die Lage des

agelversicherungswesens; 7) die Maßregeln zur Verhütung der Ein⸗ schleppung der Rinderpest in das Reich; 8) Anträge, betreffend a. die Erhebung der Spiritussteuer in Form einer Fabrikatsteuer; b. die Rückvergütung der Spiritussteuer bei der Ausfuhr: c. die Steuererhebung bei der Spirituseinfuhr nach dem Maßstabe des wirklichen Alkoholgehalts; 9) das landwirthschaftliche Ausstellungs⸗ wesen. Prag, 27. Juni. (Presse.) Heute erhielt die hiesige physiokra⸗ tische Gesellschaft aus Saaz ein Exemplar eines unbekannten grünen Käfers, der in den dortigen Hopfengärten großen Schaden an⸗ richtet. Die entomologische Sektion ist zur Untersuchung des Käfers noch heute Abend zusammengetreten.

Gewerbe und Handel.

Die Aktiengesellschaft für öffentliches Fuhr⸗ wesen hat in 1876 einen Bruttogewinn von 159,999 erzielt, wovon 138,599 zu Abschreibungen verwandt wurden. Der ver⸗ Nettogewinn von 21,400 wird dem Spezialreserve⸗Conto übertragen.

Der Jahresbericht der Reichenberg⸗Pardubitzer Eisen⸗ bahn für 1876 enthält folgende Mittheilungen: Es wurden 875,194 Personen für 491,147 Fl. und 991,798 Tonnen Güter für 2,265,640 Fl. befördert. Die Brutto⸗Einnahme beträgt 2,798,216 Fl. 88 5: 2,612 926 Fl.), die Betriebsausgaben 1,915,393 Fl. (1875: 1,756,227 Fl.). Dazu kommen Zinsen für schwebende Schuld, Pacht, Sieuern ꝛc. 250,220 Fl., so daß die gesammten Ausgaben 77,29 % der Brutto⸗Einnahme absorbirten. Der Reinertrag beziffert sich auf 632,603 Fl., gegen 668,778 Fl. in 1875, und muß die Saatsgarautie in Anspruch genommen werden mit 678,952 Fl. Silber und 350,197 Fl. Papier.

„London, 4. Juli. (E. C.) Beim hiesigen Auswärtigen Amte ist die Mittheilung eingegangen, daß die russsche Regierung den

schützen hat; wird diese Stellung genommen, so bleibt dem feindlichen Führer nur der Ausweg, seine ganze Armee bei Köpriköi zu einer Entscheidungsschlacht um den Besitz Arme⸗

irregulären Truppen erhalten. Zwei russische höhere Offiziere, die

Berlin sind bei den hiesigen Standesämtern in der Woche

wurde und der auch das Henri Régnault⸗Denkmal in der Ecole des

E111“ 8 E“ 11“ I111“n 1 Eingangszoll für Locomotiven um 1 Rubel 25 Kopeken und den für Tender um 50 Kopeken per Pud erhöht hat. Die neuen Sätze werden vom 10.,22. August ab zur Erhebung gelangen. Washington, 3. Juli. (A. A. C.) Seit Juni 1876 haben die Fundirungsoperationen die Zinsenlast der Staatsschuld der (Vereinigten Staaten um 1,943,000 Dollars per a num vermin⸗ dert. Seit Jannar 1875 hat sich der Notenumlauf der Nationalen Banken um 27,794,000 Dollars vergrößert, während die Cirkulation der „Greenbacks“ (Schatznoten der Vereinigten Staaten) um 22,235,000 Dollars abnahm. I Washington, 5. Juli. (W. T. B.) Der Schatzsekretär Sherman kündigt die Einberufung weiterer 10 Millionen Z,0 er Bonds an. v In dem vom 22. Juni d. J. datirten Wochenbericht der New⸗Yorker Hd. Ztg.“ heißt es u. A.: Die Gesammtsitua⸗ tion bot in dieser Berichtswoche wenig Anlaß zu speziellen Bemer⸗ kungen. Die todte Saison ist eingetreten und das ohnedies stille Ge⸗ schäft noch stiller geworden. Da die Ernteaussichten im Allgemeinen günstig sind, darf man einem lebhaften Herbstgeschäft entgegensehe Nicht nur am hiesigen Platze, sondern auch in allen größeren Städten des Landes herrscht nach wie vor dieselbe Abundanz des Geld⸗ standes und ein Aufhören derselben ist erst zu erwarten, sobald die Mobilisirung der Getreideernte beginnen wird. Der Goldmarkt schlug in dieser Berichtswoche steigende Tendenz ein. Von 5, dem Eröffnungscourse am vergangenen Sonnabend, avan⸗ cirte das Agio graduell bis 5 ½ und schloß heute zu 5 ¾. Am Waaren⸗ und Produktenmarkt wurde nur in vereinzelten Artikeln lebhafteres Geschäft beobachtet. Für Baumwolle schloß der Markt fest. Die Baumwoll⸗Zufuhr in sämmtlichen Häfen der Union beträgt seit Beginn der Saison (1. September) bis heute 3,906,006 Ballen gegen 4,048,398 Ballen in der Parallel⸗Periode des Vorjahres, für das laufende Jahr eine Abnahme von 142,392 Ballen aufweisend. Der am 16. d. publizirte Juni⸗Bericht des Agrikultur⸗Departements in Washington ergiebt im Vergleich zum Vorjahr eine Zunahme des mit Baumwolle in Kultur genommenen Areals um fast 4 % resp. um 12 Millionen Aecres, während das Prognostikon für den Ernte⸗Ertrag der einzelnen Staaten minder gut ist, als im Juni der beiden Vorjahre, jedoch besser als im Juni 1874. Die Erbohrung ungewöhnlich ergiebiger Petroleum⸗ quellen, durch welche die tägliche Gesammtproduktion auf mindestens 37,000 Faß gesteigert wird, hatte einen erheblichen Rückgang der Preise zur Folge; lebhaft bleibt der Export⸗ Begehr für „Brilliant,“ „Radiant“ und andere Marken raff. Petroleum ia Kisten. Der Waaren⸗ und Produkten⸗Import während der am 16. Juni beendeten Woche repräsentirt einen Gesammtwerth von 8,297,910 Doll. gegen 6,529,778 Doll. in der Vorwoche, eine Zunahme von 1,768,132 Doll. ergebend. Fremde Webstoffe parti⸗ zipiren am Gesammtwerth des letztwöchentlichen Imports mit 777,492 Doll. resp mit 27,422 Doll. weniger als in der Vorwoche, während der Import diverser Produkte und Waaren um 1,795,554 Doll. größer war. Am Waaren⸗ und Produkten⸗Export während der am 19. Juni beendeten Woche dessen Gesammt⸗ werth in Höhe von 4,820,173 Doll. gegen die Vorwoche eine Ab⸗ nahme von 1,203,784 Doll. aufweist partizipirt Baumwolle mit 4476 Ballen im klarirten Werth von 248,017 Doll. gegen 17,682 Ballen im Werth von 990,752 Doll. in der Vorwoche und 13,174 B. resp. 9445 B. im Werth von 803,590 Doll. resp. 752,908 Doll. in der Parallelwoche beider Vorjahre.

Berlin, 6. Juli 1877.

Auf dem IX. Deutschen Feuerwehrtage in Cassel wurde be⸗ schlossen, den X. Deutschen Feuerwehrtag in Stuttgart ab⸗ zuhalten. Die Stuttgarter freiwillige Feuerwehr verbindet mit der Abhaltung des X. Deutschen ö ihr 25jähriges Jubiläum. Hauptsächlich aber wird das Augenmerk auf eine praktische Förderung des Feuerlöschwesens überhaupt, auf einen regen Austausch der An⸗ schauungen unter den Mitgliedern dieser gemeinnützigen Körperschaften gerichtet sein. Daß man die Bedeutung des Feuerlöschwesens zu würdigen weiß, geht unter Anderem daraus hervor, daß die bürger⸗ lichen Kollegien in Freiburg i. B. beschlossen haben, den dortigen Mitgliedern der Feuerwehr einen Beitrag aus städtischen Mitteln z gewähren. Als von besonderem Nutzen wird sich die in Aussicht ge⸗ nommene Ausstellung von Feuerlöschgeräthschaften und auf das Lösch⸗ wesen bezüglichen Ausrüstungen erweisen, wozu sich bis jetzt schon gegen 100 Aussteller angemeldet haben. Es ist zu diesem Zwecke Seitens des süddeutschen, westdeutschen und rheinischen Eisenbahnverbands eine Frachtermäßigung zugesichert worden. Auch haben die Bahnen für die Besucher des Festes theils Verlängerung der Retourbillete, theils Preisermäßigung bewilligt. Zahlreiche Anmeldungen, zum Theil aus sehr entfernten Gegenden, wie z. B. aus Hermannstadt in Siebenbürgen, Lodz in Russ. Polen, sind bereits eingelaufen. Der Reise⸗Unternehmer Adolph Hessel in Dresden gedenkt am 10. August einen Extrazug zu expediren, der am 11. August Morgens in Stutt⸗ gart eintrifft. 1

Am 9. Mai d. J. hat ein furchtbares Erdbeben, begleitet von gewaltigen Fluthwellen, die Westküste Am erikas heimgesucht und den größeren Theil der Küste von Bolivia bis zur Nordgrenze von Chile in Ruinen gelegt. Nach den im „Star u. Herald“ zusammen⸗ gestellten Berichten ist die Zerstörung größer gewesen, als die des Jahres 1868. Der Schaden an Grundeigenthum und Schiffen wird auf 20 Mill Doll. geschätt. Ganze Städte sind vom Meere weg⸗ geschwemmt worden. Der Verlust an Menschenleben wird auf min⸗ destens 600 geschätzt. Die Gewinnung und Verschiffung des Guano ist für längere Zeit unterbrochen.

Abensberg, 4. Juli. Vor einer außerordentlich zahlreichen Festversammlung wurde heute, als am 400jährigen Geburtstage Aventins, an dessen Geburtshause die Enthüllung einer Gedenk⸗ tafel durch den Bürgermeister der Stadt vollzogen, welcher die Feier mit einem Hoch auf den König von Bavern schloß. Dem Akte ging die Festrede des von der Königlich baperischen Akademie der Wissenschaften abgeordneten Königlichen Haus⸗ und Staatsarchi⸗ vars, Professor Dr. Rockinger, voraus, welcher Aventins Lebensbild wiedergab und der Verdienste des bayerischen Herrscherhauses um des Abensbergers Schöpfung gedachte.

London, 3. Juli. Eine Unterhaussitzung von unge⸗ wöhnlicher Dauer fand gestern statt. Dieselbe währte in Folge der von einzelnen irischen Mitgliedern immer von Neuem vorgebrach⸗ ten Anträge auf Abstimmung von 15 Minuten vor 4 Uhr Nach⸗ mittags bis 15 Minuten nach 7 Uhr Morgens. Auf der Tages⸗ ordnung stand der einzelne Posten des Militärbudgets.

Washington, 3. Juli. Heftige Stürme haben in den Vereinigten Staaten am Sonnabend und Sonntag große Zer⸗ störungen an Gebäuden und auf den Getreidefeldern verursacht. In Ohio und Indiana wurden 16 Personen getödtet. Ein Eisen⸗ vehhach auf der Panhaidlelinie, Ohio, wurde vom Geleise herab⸗ geschleudert und umgestürzt. Auch in der Nähe von Philadelphia war der Sturm sehr beftig. Große Beschädigungen erlitten nament⸗ lich das Innere des Staates New⸗York, sowie die Staaten New⸗ Hampfhire, Delaware, Illinois, Jowa und Kansas.

Im Wallner⸗Theater hat die auf morgen, Sonnabend, angesetzt gewesene Aufführung des Lustspiels „Der Hypochonder“* wegen Unpäßlichkeit des Hrn. Direktors Lebrun auf Sonntag ver⸗ schoben werden müssen.

Im National⸗Theater gelangt am Sonntag mit den

Wiener Göthe’s „Egmont“ zur Aufführung, enstein die Titelrolle wird. Hr. Lewinsky

worin [Hr. Hall giebt den Oranien, Hr. Hartmann den Brackenburg und Frl. Wessely

das Clärchen. *