1877 / 161 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 12 Jul 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Konferenz wird sich demnächst eine Besprechung der Vertreter der achsen⸗ernestinischen Staaten über Angelegenheiten der Uni⸗ versität Jen a anreihen.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 12. Juli. Wie das „W. T. B. heute aus München meldet, ist der Kaiser heute früh do eingetroffen und im Palais der Prinzessin Gisela abgestiegen. Derselbe gedenkt Abends nach Possenhofen weiterzureisen.

Pest, 10. Juli. Beim Minister⸗Präsidenten Tisza fand eute Mittags ein Ministerrath statt, an welchem sämmt⸗ che Mitglieder der Regierung Theil nahmen.

Großbritannien und Irland. London, 10. Juli. (E. C.) Im Unterhause theilte gestern, in Beantwortung Mr. Edwards, der Admiral Egerton mit, die Admiralität habe sich endgültig für die Errichtung einer Marinehochschule in Dartmouth entschieden und im Marinebudget die An⸗ sätze dafür gemacht. Auf eine Anfrage Mr. Andersons er⸗ klärte der Unterstaatssekretär des Auswärtigen, Mr. Bourke, am 11. Dezember habe Lord Derby den britischen Konsul in anzibar, Dr. Kirk, beauftragt, dem Afrikareisenden tanley mitzutheilen, es sei nicht statthaft, daß er die eng⸗ lische Flagge bei seinen Kriegen gegen die Eingeborenen brauche. Es beständen indeß große Schwierigkeiten, die frag⸗ liche Mittheilung in Stanley's Hände gelangen zu lassen. Der Unterstaatssekretär der Kolonien, Mr. Lomther, brachte darauf das südafrikanische Konföderationsgesetz ein. Derselbe erklärte, er enthalte sich einer Darlegung der Einzel⸗ heiten des Gesetzes, da dieselben im Oberhause bereits zur Genüge besprochen worden seien. Auf die Verhältnisse der südafrikanischen Kolonien übergehend, bemerkte Mr. Lowther, daß sie sich durch die geringe Anzahl der weißen Bevölkerung im Verhältnisse zur farbigen von allen ähnlichen Kolonien unterscheiden, und leitete aus diesem Umstande, welcher einen Eingeborenenkrieg höchst gefährlich mache, die Berechtigung zur Einverleibung der Transvaalrepublik ab. Die weiße Be⸗ völkerung des Landes betrage etwa 40,000 Einwohner, die schwarze 1,000,000. Die von Sir Theophilus Shepstone ein⸗ geschlagene Politik habe die volle Billigung der Regierung. s sei allerdings ein Protest gegen die Einverleibung ein⸗ elaufen, aber nach sorgfältiger Erwägung desselben könne die egierung ihm kein Gewicht beimessen. Die Schulden der Kolonie betrügen etwa 220,000 Pfd. Sterl., dazu komme noch eine Summe von ca. 25,000 Pfd. Sterl., welche die Regie⸗ rung für Truppenbewegungen zu bezahlen habe. Die Hülfs⸗ quellen des Landes seien sehr groß und das Klima vollkommen. Es gebe eine Fülle von Erzen, Gold, Blei, Kupfer, Eisen und Kohlen, welche nur geeigneter Bearbeitung bedürften, und er hoffe, daß unter britischer Herrschaft dem Lande eine große Zukunft offen stehe. 0 für Liskeard) bekämpfte das Gesetz und beantragte, dasselbe in drei Monaten zu lesen. Dieser Antrag wurde jedoch mit 81 gegen 19 Stimmen verworfen und das Gesetz zum zweiten Male gelesen. Die Regierung hat gestern eine Summe von 100,000 Pfd. Sterl. zur Bestreitung der nothwendigsten Bedürfnisse für Transvaalien verlangt, mit der Erklärung, es sei Grund zu der Annahme vorhanden, daß im Laufe einiger Jahre aus den Einkünften der neuen Kolonie diese Summe zurückbezahlt werde. Der „Standard“ theilt mit, daß das Panzer⸗ schiff „Achilles“ (9694 Tons und 16 Geschütze) unter dem Kommando von Sir W. Hewett, die Korvette „Ruby“ (mit 12 Geschützen) unter Kapitän Molyneux und das Ka⸗ nonenboot „Flamingo“ unter dem Commander Hall zu dem Geschwader des Vize⸗Admirals Hornby abgehen werden. Ferner soll das Panzerschiff „Agincourt“ Tons und 17 Geschütze) Befehl erhalten, nach derselben Station

abzugehen.

b Frankreich. Paris, 10. Juli. Die Herstellung der Liste der offiziellen Kandidaten ist im Ministerium des Innern schon ziemlich weit vorgeschritten. Sie umfaßt bis jetzt, einer Meldung des „Figaro“ zufolge, 330 Bonapartisten, 115 Legiti⸗ misten und 80 Orleanisten. Wie die „France“ vernimmt, ist in Paris ein katholisches Wahlcomité in der Bildung begriffen. Aehnliche Comites werden auch in der Provinz zusammentreten, jedoch von dem Pariser Comité unabhängig leiben, welches letztere, unter der Oberleitung des Bischofs Dupanloup und des Jesuiten⸗Generals Pater Bekrx stehend, nur als ein Mittelpunkt für die nach allen Seiten auszu⸗ gebende Losung dienen soll. (Cöln. Ztg.) Die Maires von Tours und Amboise sind abgesetzt; Perpignan hat statt seines Gemeinderaths eine Regierungsverwaltung erhalten. 11. Juli. (W. T. B.) Der Herzog Decazes wird eute Abend Paris auf einige Tage verlassen, um seine im Jurag⸗Departement weilende Familie zu besuchen. In legi⸗ timistischen Kreisen wird der Nachricht, daß Graf Chambord demnächst ein Manifest zu erlassen beabsichtige, widersprochen. 12. Juli. (W. T. B.) Die Legitimisten haben ein Wahlcomité konstituirt, welchem der Senator Bernard als Präsident, ferner die Senatoren Graf de la Monneraye, Herzog von Rivieére, Baron Roséène und der Deputirte und frühere Minister Baron Larcy als Vize⸗Präsident und Graf Gobert de Mun als Generalsekretär angehören. Das Comité hat in einem an alle Gesinnungsgenossen gerichteten Aufrufe zur Beisteuer von Geldbeiträgen aufgefordert. Dem „Mo⸗ niteur“ zufolge wird das Wahldekret nunmehr bestimmt n einem der nächsten Tage publizirt werden.

Spanien. Madrid, 11. Juli. (W. T. B.) Der Senat hat das Budget ohne jede Modifikation genehmigt.

Türkei. Konstantinopel, 11. Juli. (W. T. B.) Das Gerücht von dem Tode des Kriegs⸗Ministers Redif Pas 88 wird regierungsseitig für unbegründet erklärt. elgrad, 10. Juli. Der „Pol. Korr.“ wird gemeldet: Die gestrige Skupschtina⸗Sitzung in Kragujevatz ist sehr stürmisch verlaufen. Die Gegner der Regierung, aus den Konservativen und Mitgliedern der äußersten Linken bestehend, kündigten ihren Austritt aus der Skupschtina an und moti⸗ virten diesen Schritt mit der Haltung der Majorität. Letztere veranlaßte die Verlesung der Austrittserklärung durch den Prä⸗ sidenten und nahm, entrüstet über deren Begründung und diese mit Verachtung zurückweisend, den Austritt der Opposition zur Kenntniß. Die fragliche Austrittsmotivirung enthält ehren⸗ ührige Beschuldigungen der Versammlung und der Minister. Die Regierung ordnete sogleich neue Wahlen für die vacant gewordenen Skupschtina⸗Sitze für den 12., 14. und 17. Juli an. Es haben im Ganzen 31 Neuwahlen stattzufinden. In⸗

dem von den gesetzlichen 134 Skupschtina⸗Mitgliedern noch 8 89 11.

Mr. Courtney (radikaler Abgeordneter

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immer 103 ihr Mandat ausüben, eheühe durch diesen Zwischenfall, ihre Thätigkeit rechtsgültig ortsetzen.

(W. T. B.) Ein Versuch der serbischen Regierung, in Paris eine Anleihe aufzunehmen, ist, der „Agence Havas“ zufolge, gescheitert.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 8. Juli. (H. N.) Der türkische Ministerresident, Murab Efendi, traf gestern in der Hauptstadt ein und wurde an demselben Tage von dem Minister des Auswärtigen empfangen. Die schwedische Regierung hat verordnet, daß alles Kleingeld, welches vor der Münzkonvention mit Dänemark geprägt worden ist, von den öffentlichen Kassen nicht mehr ausgegeben werden darf. Im Publikum bleiben diese Münzen noch bis 1878 gesetzliches Zahlungsmittel; die kleinsten derselben, unter ⅛6 Species, gelten bis zum Jahre 1881.

(H. C.) Am

Dänemark. Kopenhagen, 7. ZJuli.

1. d. M. wurde hier ein Kongreß der dänischen Sozia⸗ listen eröffnet. Konstatirt wurde, daß der Sozialismus hier zu Lande im Rückgange begriffen sei. Der Pastor Holm aus Skjoldborg ist wieder aus dem Irrenhause entlassen worden. Das ärztliche Gutachten lautet auf volle Zurechnungsfähigkeit. Derselbe sieht also seiner Bestrafung entgegen.

Afrika. (A. A. C.) Aus der Capstadt wird unterm 19. v. M. über Madeira berichtet: Zwischen den beiden mäch⸗ tigen Eingeborenen⸗Häuptlingen Papur und Secundi, die an der nordöstlichen Grenze von Transvaal wohnen, ist ein Krieg ausgebrochen. Sir Arthur Cunnyngham, der Be⸗ fehlshaber der britischen Truppen in Transvaal, begleitete Sir Theophilus Shepstone auf dessen Reise nach Potchefstroom. Die Preis⸗Jury der internationalen Ausstellung in der Capstadt hat ihre Arbeiten beendigt. Europäischen Ausstellern werden im Ganzen gegen 200 Zuerkennungen ertheilt werden.

Der russisch⸗türkische Krieg.

Das „Journal de St. Pétersbourg“ vom 7. d. M. kommt auf die der russischen Kriegsführung vorgeworfenen „Grausamkeiten“ und namentlich auf den Vorwurf, daß die Mannschaft weggenommener türkischer Handelsschiffe getödtet worden sei, zurück, um diese Anschuldigungen abermals als völlig unwahr zurückzuweisen. Das russische Blatt fügt bei, die fremden Regierungen, welchen jene Beschuldigungen in einer türkischen Depesche zur Kenntniß gebracht worden seien, werden ohnehin wissen, was sie davon zu halten haben. Andererseits hebt das „Journal de St. Pétersbourg“ hervor, daß die türkische Regierung die Forderung, den rothen Halb⸗ mond, welchen sie auf den zum Schutze der Spitäler und Ambulanzen bestimmten Flaggen statt des rothen Kreuzes anbringen läßt, deutlich kennbar und von dem Halbmonde ihrer Kriegsfahnen unterscheiddar zu machen, noch immer nicht erfüllt habe.

Aus Alexandria vernimmt der „Standard“, daß Mac Killop Pascha und Morice Bey, die den Auftrag erhal⸗ ten haben, den Suezkanal zu vertheidigen, von dem Auswär⸗ tigen Amte aufgefordert worden sind, entweder ihren Stel⸗ lungen im egyptischen Dienste oder in der englischen Flotte zu entsagen, damit die strenge Neutralität Englands aufrecht erhalten werde. Dagegen hat die englische Regierung briti⸗ schen Offizieren, die unter dem F. 2* bürgerliche Aemter bekleiden, Erlaubniß gegeben, auf ihren Posten zu verbleiben.

Europäischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 11. Juli. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Eupatoria vom 9. c.: Vier türkische Monitors beschossen Eupatoria 3 ½ Stunde lang; es wurden 62 Schüsse 4bgeae e, dieselben richteten aber gar keinen Schaden an. ussischerseits wurde das Feuer aus vier 9pfündigen Geschützen mit 36 Granatschüssen erwidert, dar⸗ unter waren 6 Treffer. Die türkischen Monitors gingen nach der Beschießung wieder in See.

(W. T. B.) Aus Bukarest vom 10. d. wird der „Pol. Korr.“ gemeldet: In hiesigen militärischen Kreisen ist die An⸗ sicht verbreitet, daß die rumänische Armee am 12. d. oberhalb und unterhalb Kalafat die Donau überschreiten werde. Fürst Karl werde persönlich das Kommando über⸗ nehmen. Das russische Hauptquartier soll nach Batak verlegt werden. Die Muhamedaner in den von den Russen besetzten bulgarischen Distrikten wurden entwaffnet.

Wien, 11. Juli. (W. T. B.) Telegramme des „N. W. Tageblattes“. Aus Turnseverin: Von Negotin aus wird gemeldet, Widdin sei schwach besetzt, weil ein Theil des Corps von Osman Pascha zur Verstärkung von Nikopolis abgegangen sei, man erwarte in Widdin Zuzug aus Sofia. Aus Slatina: Nikopolis ist noch in den Händen der Türken. Foen Rahova und Izlaz findet eine ununterbrochene

anonade statt. Aus Krajowa vom 10. c.: Es werden Vorbereitungen zu einem partiellen Donauübergang regulärer rumänischer Truppen für morgen getroffen.

Wien, 12. Juli. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblattes“ aus Turnmagurelly: Der bulgarische Exarch hat die Aufforderung erhalten, anstatt in Konstantinopel fortan in Drnowa zu residiren. Die türkische Besatzung von Drnowa ist nach Osmanbazar gezogen. Die russischen Truppen, welche von Sistowa nach ean vorgerückt sind, haben gestern Trstenik besetzt. Kavalleriepatrouillen haben Rekognoszirungen in der Richtung auf Lowatz unternommen. Von Nikopolis ist eine türkische Abtheilung von 4000 Mann zum Schutze von Plewna ausgerückt.

Wien, 12. Juli. (W. T. B.) Telegramme der Presse⸗ aus Bukarest: Ein vor Nikopolis liegender türkische Mo⸗ nitor ist durch das Feuer der russischen Artillerie kampfunfähig gemacht und die Mannschaft desselben gezwungen worden, ihn zu verlassen. Die Besetzung Tirnowas erfolgte durch die unter dem Prinzen Eugen von Leuchtenberg stehende Brigade nach hartem Kampfe. Dieselbe erbeutete dabei große Vor⸗ räthe an Munition und Proviant. Bei Bjela hielt das 12. Kosaken⸗Regiment die türkische Uebermacht auf, bis es ihm ge⸗ lang, von Dragonern und Husaren unterstützt, nach einem zweistündigen Kampfe die Türken auf Rustschuk zurückzuwerfen.

Wien, 12. Juli. (W. T. B.) Telegramme hiesiger Morgenblätter. „Neue fr. Presse“ aus Vuar est, 11. d.: Die Türken ziehen sich in festen Stellungen zwischen Schumla und Rustschuk zusammen, um den Russen eine entscheidende Schlacht zu liefern. Kosakenabtheilungen streifen bis Osman⸗ bazar und Dranowa. Kaiser Alexander befindet sich seit gestern in Zarowitz. Die Fürstin Elisabeth von Ru⸗

mänien und der Minister⸗Präsident Bratiano werden am

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nächsten

Freitag in Bukarest erwartet. Die rumänischen Kanonenboote „Fulgerul“ und „Romania“ sind von Braila aus in Kalarasi, östlich von Silistria, angekommen, wo Vor⸗ bereitungen für den Donauübergang getroffen werden. Zwischen den rumänischen Batterien von Rastu und der tür⸗ kischen Batterie bei Lom palanka fand ein heftiger Ge⸗ schützkampf statt, welcher indessen resultatlos verlief. „Deutsche Zeitung“ aus Bukarest, 11. d. Rußland hat den rumänischen Bah⸗ nen neuerdings 100 Lokomotiven zur Verfügung gestellt. Gerücht⸗ weise verlautet, der Czarewitsch werde die Dobrudscha⸗Armee, Fürst Karl von Rumänien die zwischen Widdin und Nikopolis operirende Armee, der Großfürst Nikolaus die Centrums⸗

ee kommandiren und letzterer zugleich die Oberleitung übernehmen. Die russische Regierung hat mit der Firma Beer, Sondheimer & Comp. in Frankfurt ein Abkommen ge⸗ troffen, auf Lieferung von 80,000 Centner Heu, 4000 Zug⸗ ochsen und 800 Wagen, welche bei der Cernirung und Bela⸗ gerung von Rustschuk verwandt werden sollen.

St. Petersburg, 9. Juli. Wie der „Kronst. Westn.“ mittheilt, wird am 12. d. Mts. die ganze Garde⸗Equipage unter dem Kommando des Flügel⸗Adjutanten Golowatschow auf den Kriegsschauplatz abgehen. Großfürst Konstantin Konstantinowitsch wird sich ebenfalls dahin begeben.

Aus Varna wird der „Times“ gemeldet, daß die Festung am 8. ds. in den Belagerungszustand erklärt wurde. Nach einer Depesche desselben Blattes aus Athen haben die türkischen Truppen, welche dazu bestimmt waren, an der grie⸗ chischen Grenze Stellung zu nehmen, den Befehl erhalten, zur Armee in Bulgarien zu stoßen.

Aus Orsowa, 10. Juli, wird dem W. ‚„Fremdenbl.“ telegraphirt: Dem Vernehmen nach werden nun sämmtliche in Westbulgarien bis zur Jantra zerstreut stehenden türkischen Truppen⸗Abtheilungen unter den Befehl des Kom⸗ mandanten der bei Sofia zusammengezogenen Truppen ge⸗ stellt werden. Letztere sollen bald auf die Höhe von 18,000 Mann gebracht werden und in dem Dreieck Malina, Bresnik und Obraiovci ihre Stellungen haben. Die unter Mehe⸗ met Ali Pascha in Novibazar gestandenen Freiwilligen, die Abdullah Bey kommandirte, sollen nun ebenfalls an die Do⸗ nau geschickt werden.

Ueber die Situation auf dem Kriegsschauplatze an der Donau wird der „Allgemeinen Zeitung“ aus Bukarest „Zufolge der neuesten Nachrichten von jenseits der

onau leistet der russis chen Armee ihre zahlreiche Kavallerie die vorzüglichsten Dienste. Dieselbe ist der russischen Infanterie stets um 20 Kilometer voraus und umgiebt sie mit einem weiten schützenden Kreise, welchem sich nicht die kleinste türkische Ab⸗ theilung nähern kann, ohne bemerkt zu werden. Auch den be⸗ schwerlichen Dienst der Rekognoszirungen hat die Kavallerie ganz allein übernommen. In der Nähe von Rustschuk sollen die Türken eine Armee von 80,000 Mann zusammengezogen haben und man erwartet eine Schlacht zwischen Rustschuk, Rasgrad, Tirnowa und Sistowa. In Widdin soll die türkische Be⸗ satzung 55,000 Mann betragen, in Lom⸗Palanka 8000 Mann, in Nikopolis 5000 Mann, in Scherkowitza, gegenüber von Islasch, sollen 1000 Mann und 5000 Mann noch an ver⸗ schiedenen anderen Orten in kleinen Abtheilungen stehen, so daß die Zahl der türkischen Soldaten in Widdin und Umgebung etwa 74,000 bis 75,000 Mann betragen soll. Rechnet man zu diesen die 80,000 Mann, welche bei Rustschuk zusammen⸗ gezogen sein sollen, so ergiebt dies 155,000 Mann, und da die türkische Armee in Bulgarien im Ganzen nur etwa 250,000 Mann stark ist, so bleiben zur Besetzung der Festun⸗ gen Silistria, Rustschuk, Schumla, Varna ꝛc. kaum 100,000 Mann disponibel. In der That ist von Silistria die Mel⸗ dung eingetroffen, daß die Garnison daselbst kaum noch 14,000 bis 16,000 Mann betrage.“

Ueber die Aufstellung der Russen und der Türken auf dem Kriegsschauplatze in Bulgarien telegraphirt ein Korrespondent der „Times“ aus Bukarest unter dem 6. d. M.: „Die Türken halten die Linie Rustschuk⸗Schumla besetzt und haben ihre Front nach Westen gerichtet, seit die Russen in Bulgarien eingedrungen sind. Die Russen lehnen ihren linken Flügel an die Donau und breiten sich der tür⸗ kischen Aufstellung gegenüber aus. Wenn diese Bewegung vollendet ist, dann steht eine große Schlacht in Aussicht, wofern nicht die Türken gegen den Balkan zurückgehen oder die Russen das Festungsviereck maskiren und es durch einen Uebergang über den Balkan, dessen nördliche Zugänge sie schon besetzt haben, umgehen. Die durch die Dobrudscha vor⸗ dringenden Russen kommen der türkischen Aufstellung zwischen Schumla und Rustschuk in den Rücken und sind zu stark, um durch ein detachirtes Corps der türkischen Hauptmacht aufgehalten werden zu können, während letztere selbst sich nicht gegen sie wenden kann, ohne Rustschuk aufzugeben und damit zugleich die russische Hauptarmee in den Rücken zu be⸗ kommen, was ihre Lage verschlimmern würde. Nach Berichten aus der Dobrudscha glaube ich nicht, daß die Türken am Trajanswall einen ausgiebigen Widerstand leisten wer⸗ den. Sie sind in der Front und im Rücken bedroht und müssen entweder, wenn sie gedrängt werden, auf Schumla zurückgehen oder die eine der russischen Kolonnen aufs Haupt schlagen. Sollten die Russen in der Dobrudscha sich selbst ver⸗ schanzen, um die Verbindungslinie über Galatz u decken, ihre Hauptarmee aber zwischen Sistowva und dem Balkan das Festungsviereck cerniren und zwei Corps nach Adrianopel vor⸗ senden, so würden die Türken in große Bedrängniß gerathen. Russische Offiziere bei der Armee sprechen die Ansicht aus, daß der Feldzug bald entschieden sein werde.“

Wie aus Simnitza unter dem 6. d. M. telegraphisch gemeldet wurde, haben die Russen die kleine an der Jantra und der Straße von Tirnowa nach Rustschuk liegende Stadt Biela besetzt. Dieselbe ist ein wichtiger strategischer Punkt, und die „Indépendance belge“ bemerkt aus diesem Anlasse: „Es ist das erste Mal, daß die Russen in ihren Feldzügen eegen die Türkei das Festungsviereck von Westen her angrei⸗ en und zwischen Widdin einerseits, Rustschuk und Schumla andererseits in Bulgarien eindringen. Im Jahre 1854 hatte nach einem Versuche gegen Kalafat und Widdin Silistria den Hauptstoß auszuhalten. Wenn diesmal ein richtigerer und 8 die Türkei viel bedrohlicherer Angriffsplan ins Werk ge⸗ etzt werden konnte, so kommt dies daher, daß der Anaxreiser

mit Hülfe seiner Eisenbahnen auf einmal viel beträchtlichere Truppenmassen mit Munition und Proviant in das feindliche

Die Mitwirkung Rumäniens, das Auf⸗ geben der Donaulinie durch die Türken, das Zögern der letzteren, aus ihren Defensivstellungen hervorzubrechen, und endlich der in Konstantinopel begangene Fehler, eine

Land werfen konnte.

Armee zur Eroberung Montenegros zu entsenden, welche viel nützlicher zur Deckung der Straßen von der Donau nach

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Sofia hätte verwendet werden können, haben zu den ersten Erfolgen der Russen mitgeholfen. Wenn die Russen sich jetzt in den eingenommenen Stellungen zwischen der Jantra und dem Seres von Biela und Plewna bis Tirnowa und Lowacz zu behaupten vermögen, so können sie daraus die Basis ihrer künftigen Operationen gegen den Balkan, die zweite Verthei⸗ digungslinie des türkischen Reiches, machen und brauchen das Festungsviereck Rustschuk, Schumla, Silistria und Varna nur

zu beobachten und in Schach zu halten, nicht aber einzu⸗

nehmen.“ Der Serdar Ekrem Abdul Kerim Pascha hat, der W. „Presse“ zufolge, über den Donau⸗Uebergang der Russen bei Sistowa an das Sekretariat des Kaiserlichen Palastes unter dem 3. Juli folgendes Telegramm berichtet: „Der Uebergang der ersten russischen Kolonne wurde in der Nacht vom 27. Juni gegen 1 Uhr bei Sistowa, in einem Ort be⸗

werkstelligt, welcher von einer Compagnie Mustehafis bewacht war.

Die Russen waren mehr als 2000 an der Zahl. Sie übersetzten in mehr als 200 Booten, welche von und mehreren Dampfern eskortirt waren. Man weiß ob die Mustehafis, welche den Kordon bildeten, die Flucht

ergriffen, oder zu Gefangenen gemacht wurden. Die Wahr⸗

heit ist, daß kein Signal gegeben und kein Schuß abgefeuert wurde. Nachdem der Uebergang vollzogen war, begann der diesseits von Deirmen⸗Dere aufgestellte Wachtposten zu feuern und die vor⸗ geschriebenen Signale zu geben. Alsbald eilte die Brigade Achmed Paschas an Ort und Stelle und der Kampf entwickelte sich, während der Feind seine Kolonne unaufhörlich durch neue Truppen verstärken ließ, welche sich fortwährend unter dem Schutze der Dunkelheit an unerwarteten und unseren Soldaten nicht sichtbaren Orten ausschiff⸗ en. Der Kampf dauerte bis 12 Uhr Mittags. Die Russen verloren

mehr als 4000 Mann. Nach Aussage von Gefangenen verlor der

Feind auch 24 Kanonen, welche mit den Pontons, auf denen sie verladen waren, untergingen. Achmed Pascha selbst sah untergehen. Die Ziffer des feindlichen Ver⸗ lustes kann auch bestätigt werden durch die große Zahl gesattelter und angeschirrter Pferde, welche an das Ufer von Dikili⸗ Tasch bis Maratin schwammen und die russischen Leichen, welche

fortwährend den Fluß heruntertrieben. Unsere Verluste bestehen aus Da die feindlichen

224 Todten, 85 Verwundeten und 31 Vermißten. Truppen sich immer vermehrten, war unsere Brigade, nach einer glänzenden Vertheidigung, genöthigt, den Rückzug anzutreten. Nichts⸗ destoweniger hat der Uebergang den Russen sehr viel gekostet. Ich habe gestern Nachts im Detail alle getroffenen Maßregeln telegra⸗ phirt, um dem feindlichen Vormarsch entgegenzutreten. A

auf Ihr Telegramm beeile ich mich, Sie zu versichern, daß wir

keine Opfer scheuen und aufmerksam die Bewegungen des Feindes

beobachten, um seine Uebergangsprojekte an anderen Punkten unseres Stromes zu vereiteln.“

Die Wiener „Presse“ enthält detaillirtere Angaben über die Gesichtspunkte, von welchen die russische Orga⸗ nisation Bulgariens vorzugsweise ausgehen wird. Man

gedenkt die Centralregierung erst nach erfolgtem weiteren Vor⸗

rücken zu organisiren:

„Erst wenn ein Kreis ganz außer Feindesgefahr sich befindet, wird die Kreisregierung installirt und so gradatim aufwärts. Es mangelt selbstverständlich in der heimischen Fevölkerung an erfahrenen Männern, die die Geschäfte zu leiten wüßten. Aber um diesem Mangel abzuhelfen, sind nicht blos die rassischen Beamten hier. Sie sind zwar die Organisatoren und die Leiter, aber die Organe werden aus bulgarischen Elementen gebildet. Vorerst aus den im Lande vorhandenen, dann aus den zuströmenden Natio⸗ nalen. In Rumänien besteht ein großer Theil der Be⸗ amten aus Bulgaren, und diese melden sich nun freiwillig, um ihrem Heimathlande zu dienen. Nicht minder groß ist die Zahl Derjenigen, die aus dem Exil heimkehren, das sie freiwillig oder ge⸗ zwungen aufgesucht hatten; die studirende Jugend aus Paris, Prag, St. Petersburg eilt herbei, um die erworbenen Kenntnisse der Heimath darzubringen, und die Zahl ist keine kleine, wenn man erwägt, daß in St. Petersburg so viele Studenten auf Regierungskosten erzogen wur⸗ den, daß an der Prager Universität über 50, an der Pariser über 100 Bulgaren studirt haben. Die Amtssprache wird die bulgarische sein, die Gesetze aber werden so lange russische sein, als nicht eine Landesregierung organisirt ist, die, mit gesetzgebender Gewalt aus⸗ gestattet, ihre eigenen Gesetze dem Lande auferlegen, oder mit den Vertretern des Landes vereinbaren wird.“

Aus Belgrad wird dem „N. W. Tageblatt“ vom 12. gemeldet: Nach hier eingegangenen Meldungen aus Bosnien hat Despotovics eine Versammlung der Insur⸗ gentenchefs abgehalten, in welcher ein Comité eingesetzt wurde zur Berathung der Angelegenheiten der Rajahs Bosniens. Die Versammlung ging mit Ziviosrufen auf den Fürsten Milan und das serbische Volk auseinander. X“

Asiatischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 11. Juli. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Alexandrapol vom 9. d.: Nachdem Ge⸗ neral Loris⸗Melikoff die Nachricht erhalten hatte, daß fast sämmtliche Streitkräfte Moukhtar Paschas gegen Kars an⸗ marschirten, stellte er das Bombardement von Kars ein, schickte seine Geschütze nach Kurukdara und nach Alexandrapol zurück und konzentrirte seine Kavallerie bei Chadjivali und die Infanterie bei Saim. Die Kolonne des General Tergu⸗ kassoff übernahm auf dem Marsche von Dajar nach Surp⸗ Ohannes die Beschützung von einigen tausend Christen, welche vor den Greuelthaten der Baschibozuks und Kurden aus dem Thal von Alaschkert geflohen waren. Dadurch wurde die Be⸗ wegung seiner Kolonne aufgehalten, so daß die türkische In⸗ fanterie die russische Arrieregarde angreifen konnte. Tergu⸗ kassoff richtete dann seinen Marsch auf Igdyr, wo er am 5. d. eintraf und marschirte sodann am 8. d. nach Bajazid.

Pera, 11. Juli. (W. T. B.) Der Minister des Auswärtigen hat an die Vertreter der Pforte im Auslande heute folgende Mittheilung gerichtet: Der Feind, der von der Division von Bajazid verfolgt wurde, ist über die Grenze getrieben; dieser Theil des türkischen Ge⸗ bietes ist vollständig von Russen befreit. Die türkische Armee ist bis auf einige Minuten von der Grenzlinie vorgerückt. Bei den Gefechten, zu denen die Verfolgung Veranlassung gab, hat der Feind beträchtliche Verluste erlitten, die unsrigen sind verhältnißmäßig sehr geringfügig. Einige 100 Russen sind in dem Regierungsgebäude von Bajazid cernirt und aufgefordert worden, sich zu ergeben, ihre Ergebung wird in jedem Augen⸗ blick erwartet. Gestern Morgen wurde von Batum aus eine Rekognoszirung gegen die von dem Feinde besetzten Höhen unternommen, dessen einer Flügel am Meer zusammengedrängt ist und dessen anderer am Fuß der Höhen von Djihanguir lagert. Um 3 ½ Uhr Morgens (türkischer Zeit) entspann sich ein durch Artillerie und Infanterie geführtes Gefecht, in Folge dessen die Russen sich weiter zurückzogen. Der Kampf dauerte 2 Stunden und kostete dem Feinde etwa 50 Mann. Die Re⸗ kognoszirung wurde durch die Fregatte „Moukhbir“ unter⸗ stützt. Ein Bataillon Reservisten ind ehe Bataillon Hülfstruppen

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einem Panzerboot nicht,

ls Antwort

wurde von der einen Seite durch unsere Marine⸗Artillerie, von der anderen durch unsere Landungstruppen angegriffen und wurde, nachdem sie starke Verluste erlitten, zuruͤckgeworfen.

magazin wurden durch Schüsse unserer Fregatte getroffen und standen am Abend in Feuer. Die türkischen Truppen kehrten Abends siegreich in ihr Lager zurück.

London, 11. Juli. (W. T. B.) Nach einem Tele⸗

amm des „Reuterschen Bureaus“ aus Erzerum vom 10. d. aat Ismail Pascha mit einer Abtheilung des rechten türkischen ügels die Höhen, welche Bajazid beherrschen, besetzt. Tür⸗

sche Vorposten tödteten 6 Kosaken, welche in der Nacht zum Fluß herabgestiegen waren, um Wasser zu schöpfen, und nah⸗ men 4 andere gefangen.

Aus Konstantinopel, 8. Juli, meldet man der „Pol. Korr.“: In Folge der Nachrichten aus Armenien, welche eine allgemeine Rückzugsbewegung der gesammten russischen Armee melden, herrscht hier über die Bedeutung dieses Ereig⸗ nisses große Unsicherheit. Wirkliche Niederlagen hat nur der linke russische Flügel erlitten, während das Centrum und der rechte Flügel der russischen Armee bisher so gut wie gar nicht gelitten haben.

Aus Tiflis, 1. Juli, ist der „Pol. Corr.“ folgender Bericht zugegangen:

Die glänzenden Hoffnungen, zu welchen die anfänglichen Fort⸗ schritte der beiden Fluͤgel der Kaukasus⸗Armee berechtigten, haben sich seither leider als trügerisch erwiesen. Wie seiner Zeit gemeldet wurde, gelang es dem General⸗Lieutenant Oklobschio Anfangs eine Reihe recht erheblicher Erfolge zu erzielen. Nachdem er die Mucha⸗ Estater Höhen, hart an der Grenze, besetzt hatte, eröffnete seine Rioner Kolonne sich den Weg in das Kintrisch⸗Thal. Auf dem rechten Ufer des Flusses Kintrisch, 45 Werst von den Mucha⸗ Estater Höhen und nur 6 Werst vom Meere entfernt, setzte sich G⸗L. Oklobschio nach einem harten, an Opfern reichen Kampfe in den Besitz der Chotzubaner Höhen, einer Position, die als Schlüssel⸗ punkt des nördlichen Kabuletien und des Atschara⸗Thales mit vollem Rechte gilt. Die letzte glückliche Waffenthat dieses Generals war die Eroberung von Sameba, welcher Ort alle die Kommunikation zwischen den Festungen in Lazistan vermittelnden Straßen dominirt. Von diesem Momente an scheint sich das Kriegsglück von G.⸗L. DOklobschio abgewendet zu haben, denn er vermochte nicht nur keinen Schritt mehr nach vorwärts zu thun, sondern mußte suceessive alle gewonnenen wichtigen Positionen wieder aufgeben. Schon bei der Affaire von Zichedsiri zeigte es sich eklatant, daß die türkischen Streitkräfte den Russen numerisch weitaus überlegen waren. Anfangs Juni erhielt Moukhtar Pascha aus Europa und Asien nicht weniger als 22 Bataillone Verstärkung nebst 45 Geschützen. Die letzten Verstärkungen brachte Derwisch Pascha. Oklobschio mußte sich, nachdem er bei Zichedsiri bei 800 Mann an Todten und Verwundeten eingebüßt hatte, nach Sameba jurückziehen. Damit hatte die Offensive der Rioner Kolonne Oklobschio's ihr vorläufiges Ende erreicht, und nun gingen die Türken ihrerseits zur Offensive über. Mit 34 türkischen Bataillonen wurde Oklobschio's geschwächte Kolonne auf den Höhen von Sameba angegriffen und trotz ihres Widerstandes zum Aufgeben dieser Position gezwungen. Die Rioner Kolonne zog sich in der Richtung auf die Mucha⸗Estater Anhöhen zurück, welche am 29. Juni abermals von ihr besetzt wurden. Der letzte Kampf kostete Oklobschio 4 Stabs⸗Offiziere, 16 Offiziere und 450 Mann an Todten und Verwundeten. Dem vom General⸗Lieutenant Tergukassoff befehligten linken Flügel ist es nicht besser ergangen. Wie man sich erinnert, besetzte Tergukassoff fast in einem ununterbrochenen Siegeszuge Bajazid, Dijadin und Surb⸗Ohannes. Das erste Hinderniß, welches sich dem Fortschreiten der von ihm befehligten Eriwaner⸗Kolonne entgegensetzte, war das Anrücken zahlreicher Kurdenhaufen von Wan aus gegen Bajazid. Der von Tergukassoff abgesandte General⸗Major Amilochwaroff ver⸗ trieb die Kurden, verfolgte dieselben bis über den Aladager Bergrücken hinaus und kehrte sodann zum Gros der Kolonne zurück. Hierauf setzte sich gegen Kara⸗Kiliß in Bewegung. Diese Position, die Stadt Alaschkert sammt der Citadelle Toprak⸗Kaleh und Sesdekan, wurden, nachdem die Türken diese wichtigen Punkte freiwillig geräumt hatten, ohne Schwertstreich besetzt. Damit trat aber ein Stillstand in den allerdings nicht allzu theuer erkauften Erfolgen Tergukassoffs ein. Der russische linke Flügel wurde plötzlich von zwei Seiten von überlegenen türkischen Kräften angegriffen. Im Rücken erschienen abermals Waner Kurden in der Stärke von 10,000 Mann, während die Fronte von Moukhtar Pascha, welcher von Deli⸗Baba nach Sefdekan vorrückte, mit Ungestüm angegriffen wurde. Der erste Zusammenstoß erfolgte am 16. Juni auf den Höhen von Dram⸗ Dag. Der Kampf war ein heftiger, blieb aber insofern unent⸗ schieden, als die Russen sich aus ihren Positionen nicht verdrängen ließen. Am 21. Juni erhielt aber Moukhtar Pascha sehr b⸗⸗ trächtliche Verstärkungen, und erneuerte seinen Angriff auf die russischen Positionen in sehr energischer Weise. Der linke Flügel Tergukassoffs wurde mit großen Verlusten zurückgeschlagen, worauf sich auch das Centrum und der rechte Flügel seiner Kolonne zum Rückzuge gezwungen sahen. Die Verluste, welche die Kolonne des General⸗Lieutenants Tergukassoff am 21. Juni erlitt, waren sehr empfindlich. Offizielle Daten darüber sind noch ausständig. Tergu⸗ kassoff stand die ganze Armee Moukhtar Pascha's mit fünffacher Ueberlegenheit hir hcr. Um dem arg bedrohten Tergukassoff zu Hülfe zu eilen, brach General Loris⸗Melikoff am 26. Juni aus der Position vor Kars mit den Truppen des General⸗Lieutenants Heimann auf, konnte aber nichts Anderes erzielen, als einen Theil der Armee Moukbtars auf sich zu lenken, wobei es ihm bei Zewin und Milleduz selbst nicht am Besten erging, und so den Rückzug Tergukassoffs zu erleichtern.

1 Landtags⸗Angelegenheiten.

b Nauen, 11. Juli. Bei der heutigen Nachwahl im 6. Pots⸗ damer Wahlbezirke an Stelle der vom Abgeordnetenhause für un⸗ gültig erklärten Wahl des Landraths Grafen Königsmark ist der Land⸗ rath Graf Königsmark mit 152 Stimmen wieder gewählt wor⸗ den. Der Schulvorsteher Bohm erhielt 132 Stimmen.

Statistische Nachrichten.

„(A. A. C) Die Gesammtzahl der Fahrzeuge, die in dem Zeitraum vom 1. Juli 1875 bis 30. Juni 1876 an den britischen Küsten oder im Auslande Schiffbruch erlitten, oder denen Un⸗ fälle begegneten, beläuft sich, amtlichen Statistiken zufolge, auf 7998. Von dieser Anzahl waren 1148 Totalverluste, 2344 ernste und 4506 leichte Unfälle. Mit diesen Unfällen war ein Verlust von 2486 Menschenleben verknüpft. Auf britischen Schiffen allein verloren 2283 Personen ihr Leben.

Kunst, Wissenschaft und Literatur.

Leipzig, 10. Juli. (Allg. Ztg.) Heute begeht der Ordinarius der Leipziger Juristenfakultät und thatsächliche, wenn auch nicht nominelle Senior derselben, Geheim⸗Rath Dr. Karl Georg v. Wächter, das 25jährige Jubelfest seiner (zweiten) Berufung als ordentlicher Professor der Leipziger Juristenfakultät. Die Fakultät e ihn schriftlich in Franzensbad, wo er sich zur Kur aufhält.

St. Petersburg, 7. Juli. Der „Russische Invalide“ mel⸗ det, daß im Gouvernement Tobolsk in Sibirien zwei meteoro⸗ logische Beobachtungsstationen, die eine zu Berezow, die andere in Surgut am Ob, projektirt werden. Außerdem soll dem⸗

8 2 1 8 I. ¹ 832 nächst eine solche in Obdorsk eröffnet werden. führten gegen Chefketil einen Angriff aus. Die russische V 8 Infanterie und Kavallerie in der Stärke von etwa 1000 Mann vom 20. Juni, datirten Bericht von

Stockholm, 4. Juli. „Dagbladet“ empfing einen aus Vardö,

der Sandebergschen Ex⸗

Die in Chefketil befindlichen Holzvorräthe und das Proviant⸗

pedition, demzufolge dieselbe am Taze zuvor in genanntem Orte eingetroffen war, vorläufig aber die Reise nicht fortsetzen konnte da der Dampfer, welcher die Verbindung zwischen „Archangelsk“ und Vardö aufrecht erhält, in Folge ungünstiger Eisverhältnisse nicht in See gehen konnte. Zur Zeit der Briefaufgabe herrschte ein starker Schneesturm, und das Thermometer war in der Nacht zuvor unter 0 herabgegangen. Wie bereits gemeldet, wird die Expedition haupt⸗ sächlich zoologischen Untersuchungen auf der Halbinsel Kola und deren Küsten obliegen und sich aus den Herren Lieutenant Sandeberg, Dr. Trybom (einem Theilnehmer an der vorjährigen Jenisei⸗Expedition), Konservator Urtzen und Student Kruberg zusammensetzen, und in der Stadt Kola noch ein weiteres Mitglied, der russische Konservator Pintuch, sich anschließen. Aus Auckland, vom 4. Mai, wird der „Allg. Ztg.“ ge⸗ schrieben: Von archäologischem Interesse ist, daß man hier kürzlich im Weka⸗Paß alte Felsengemälde gefunden hat, welche auf eine gewisse antike Civilisation schließen lassen, von der die Maoris wie bekannt manche interessante Denkmäler besitzen. Hr. Haast, Präsident der „Christchurch Philosophical Institution“ hat Zeich⸗ nungen davon machen lassen, welche er vorlegte; diese sind zum Theil 15 Fuß lang und zeigen Thiere fremder Gegenden, wie Waffen und Kleidung halbcivilisirter Leute, mit Schriftzeichen, welche denen der Tamil⸗Sprache und anderen Denkmälern, die man im nördlichen Theile der Insel früher gefunden hat, gleichen.

Füneburg, 9. Juli. Soeben ist der dritte Band des von dem Direktor Dr. redigirten und auf Kosten der Stadt heraus⸗ gegebenen „Lüneburger Urkundenbuchs“ erschienen. Dieser dritte Band umfaßt die Urkunden und Regresse von 1389 bis zum April 1402 und ist im Verlage der Herold⸗ und Wahlstabschen Buch⸗ handlung erschienen, während die beiden früheren Bände durch Ver⸗ mittelung des historischen Vereins für Niedersachsen herausgegeben wurden. Auch dieser dritte Band enthält bei der hervorragenden Rolle, welche Lüneburg einst im Hansabunde spielte, sehr werthvolle Beiträge zur Geschichte der Hansa.

Der Verfasser der „Geschichte der deutschen Feuerlösch⸗ und Rettungsanstalten“, Stadtrath Ottomar Fiedler in Zwickau, hat, im Anschluß an diese Arbeit, neuerdings im Juni 1877 die, zweite Ausgabe einer Broschüre unter dem Titel: „Grundzüge der Organisation der Feuerlösch⸗ und Rettungs⸗ anstalten“ im Selbstverlage veröffentlicht, in der Absicht, die Grundsätze des Feuerlöschwesens systematisch, wenngleich nur in Umrissen, darzustellen, dabei aber auch das praktische Bedürfniß be⸗ rücksichtigt. Wie der Verfasser mittheilt, hat das Königlich sächsische Ministerium des Inäern die erste Auflage von 1000 Exemplaren zur Vertheilung an sächsische Gemeindebehörden angekauft.

Land⸗ und Forstwirthschaft. Stockholm, 9. Juli. Den „Hamb. Nachr.“ wird geschrieben: Endlich nach langem Warten brachten die letzten Tage unseren Land⸗ wirthen Regen in Hülle und Fülle, nachdem die zweimonatliche Trockenheit mit stetigem Winde den Boden vollständig ausgesogen und bereits mehrfach Befürchtungen über den Ausfall der Ernte hervorgerufen hatte. Aus den südlichen Provinzen, den Vorraths⸗ kammern unseres Landes, lauten die Berichte durchaus günstig und ebenso aus Norrland; nur in Stockholm und Uplands Lan, sowie einigen anderen Gegenden Mittelschwedens hatte man über anhal⸗ tende Dürre zu klagen; der gestrige Regen war deshalb unseren Landwirthen sehr willkommen. 1

Gewerbe und Handel.

Der Jahresbericht der Lübeck⸗Büchener Eisenbahn Gesellschaft für 1876 enthält folgende Daten: Es wurden 779,499 Personen (1875: 756,693) befördert, die eine Mehreinnahme von 24,066 erbrachten. Der Güterverkehr hob sich von 437,814 Tonnen in 1875 auf 488,853 Tonnen in 1876. Die Gesammt⸗ einnahmen betrugen 3,258,089 gegen 3,108,880 im Jahre 1875. Die Gesammtausgaben stellten sich auf 1,753,280 gegen 1,668,902 im Vorjahre. Der Abschluß der Betriebsrechnung er⸗ giebt einen Ueberschuß der Einnahmen über die Ausgaben von 1,504,808 (gegen 1,439,978 im Vorjahre). Von diesem Ueber⸗ schusse sind, nach Abzug von 252,287 zur Verzinsung und Amor⸗ tisation der Prioritäts⸗Anleihe, sowie von 25,454 ℳ, welche zur Zahlung der Eisenbahnsteuer für die preußischen Strecken der Bahn pro 1877 abgesetzt worden, dem Reservefonds überwiesen 303,366 ℳ, während zur Vertheilung als Dividende auf 30,790 Aktien, in gleicher Weise wie im Vorjahre bestimmt worden sind, 923,700 ode 5 % des Aktienkapitals. Der Reservefonds betrug ult. 1876 1,033,575

Die von der Generalversammlung der Bank für Süd deutschland in Darmstadt beschlossene Reduktion des Aktienkapi⸗ tals erfolgt vom 1. August d. J. ab durch Rückzahlung von 75 Gul den oder 128,57 auf jede Aktie. Die Aktien erhalten alsdann durch Abstempelung einen Nominalwerth von 300

Der aus Leipzig stammende Verlagsbuchhändler Georg Westermann in Braunschweig feierte am 8. J. li seinen vor 50 Jahren erfolgten Eintritt in den Buchhandel.

London, 9. Juli. (A. A. C.) Den Handelsausweisen für den Monat Juni zufolge zeigt sich im Ausfuhrwerth gegen Juni des vorigen Jahres eine Verminderung von 3 %, näm lich 15,305,659 9 gegen 15,848,260 £ im Juni 1876 und 18,336,129 £ im Juni 1875. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres betrug der Ausfuhrwerth 95,234,130 £ gegen 99,210,059 £ in 1876 und 109,843,350 £ in 1875. Die bedeutendste Abnahme in der Ausfuhr zeigen folgende Artikel: Jute, Wollen⸗ und Kammgarnfabrikate, Kohlen, Koks, Kupfer, Metallwaaren, Maschinen, Kleidungsstücke, Leinen⸗ und Seidengarne und Wollenstoffe. Die größte Zunahme in der Ausfuhr bekunden Eisen und Stahl, Leinenstoffe, Baumwoll⸗ stoffe und Garne, Kurzwaaren und Leder. Die Einfuhr vergrö⸗ ßerte sich im Juni gegen den entsprechenden Monat um beinahe 5 %, nämlich von 28,326,880 £ auf 29,810,370 £. In den ersten sechs Monaten betrug der Gesammtwerth der Einfuhr 195,448,403 £ egen 186,110,596 in 1876 und 183,844,087 £ in 1875. An der partizipiren die hauptsächlichsten Importartikel ziemlich gleichmäßig.

12 Juli. (W. T. B.) Die Bank von England hat heute den Diskont von 2 ½ auf 2 % herabgesetzt.

Havre, 11. Juli. (W. T. B.) Wollauktion. Es waren 2534 Ballen angeboten, von denen 1353 Ballen verkauft wurden. Das Geschäft war belebter bei recht festen Preisen.

Kairo, 11. Juli (W. T. B.) Die zur Einlösung des Juli⸗ coupons der unifizirten Schuld erforderliche Summe ist be⸗ reits eingezahlt worden.

Verkehrs⸗Anstalten. 5 Die Eröffnung der Eisenbahnlinie Nürnberg⸗Schnabel⸗ waid⸗Bayreuth findet laut Bekanntmachung der Bahnverwal⸗ tung am 15. d. M. statt. 8 Bremen, 10. Juli. Das Postdampfschiff „Hohen-⸗ zollern“ vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, ist heute von Brasilien wohlbehalten in Antwerpen angekommen. Triest, 12. Juli. (W. T. B.) Der Lloydpostdampfer 888öL ist heute früh um 7 Uhr aus Konstantinopel hier einge⸗ offen. Southampton, 10. Juli. Das Postdampfschiff „Nürn⸗ berg“ vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 28. Juni von Baltimore abgegangen war, ist heute wohlbehalten hier angekommen, und hat Nachmittags die Reise nach Bremen fort⸗ gesetzt. Die „Nürnberg“ überbringt 60 Passagiere und volle Ladund. Das Postdampfschiff „Rhein“ vom Norddeutschen Lloyd in Bremen, welches am 30. Juni von New⸗York abgegan⸗ jen war, ist heute wohlbehalten hier angekommen, und hat Nachmit⸗ gs die Reise nach Bremen fortgesetzt. Der „Rhein“ überbringt 199 Passagiere und volle Ladung. Southampton, 11. Juli. (W. T. B.) „Köln“ vom Norddeutschen Lloyd ist

Der Dampfer heute hier ange⸗

kommen.