dritten Theiles ihrer Mitglieder,
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11“ 5
wurde für die Dauer der wei Jahre bis zu den nächsten Ergänzungswahlen zum Wort⸗ führet der Advokat Dr. Heinr. Klug erwählt, zu seinem ersten Stellvertreter der Kaufmann J. A. Suckau, der gegenwärtig auch Präses der Handelskammer ist, zum zweiten Stellvertreter er Kaufmann J. H. Evers. Von den fünf auf der Tages⸗ ordnung stehenden Senatsanträgen hat nur einer ein über
unsern Staat de. i n⸗ Interesse; derselbe betraf den Erlaß
eines Gesetzes über die
Art, wie Wittwer und Wittwen, welche zu
einer andern Ehe schreiten wollen, den Ausgleich ihrer Kinder
aus früherer Ehe wegen deren Erbansprü
den Kindern auch nach ordnung das Vorzugsrecht im nicht der Fall sein würde, wenn liche Modus, nach welchem n does Erbtheiles, sondern nur eine duerch einen sog.
geringer erklärt, in der 2 Pelcgiben Mitglieder
an den Nach⸗ laß des vorverstorbenen Parens zu beschaffen haben, damit dem Inkrafttreten der Reichs⸗Konkurs⸗ Konkurse erhalten bleibe, was der bisher hierselbst gesetz⸗ nicht eine wirkliche Auskehrung Anerkennung des Betrages Ausspruch stattfindet, auch fernerhin beibe⸗ Der Bürgerausschuß hatte sich, aber nur mit Majorität, der Senatsvorlage gutachtlich zustimmend der Bürgerschaft wurden jedoch Seitens der rechts⸗ Bedenken erhoben, ob die Vorlage dem auch wirklich entsprechen werde, und es
halten würde.
eabsichtigten Zweck
erfolgte deshalb deren Verweisung an eine aus fünf Rechts⸗
gelehrten
bestehende Kommission zur vorgängigen Begut⸗
achtung.
. Freien Städte haben beschlossen,
Bremen, 16. Juli. (Wes. Ztg.) Die Senate der dre. daß an Stelle des vor Kur⸗ zem verstorbenen Ober⸗Appellationsgerichts⸗Rathes Dr. Zimmer⸗ mann die Neuwahl eines Rathes beim Ober⸗Appella⸗ tionsgerichte der Freien Hansestädte zu Lübeck stattzufinden habe. Nach der unter den Städten geordneten Reihenfolge hat
dieses Mal Bremen den Rath zu erwählen.
Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 16. Juli. Der Kaiser kehrt morgen früh von Feldaffing⸗München hierher zurück.
— Bei den vorgestern stattgefundenen Landtagswatt len in der Gruppe des krainischen Großgrundbesitzes wurden mtt 57 gegen 19 Stimmen die Kandidaten der verfassungstreuen Partei gewählt. Im Ganzen werden im künftigen Landtage 16 oppositionellen, 20 verfassungstreue Abgeordnete gegen⸗ überstehen.
Großbritannien und Irland. London, 17. Juli⸗ (W. T. B.) In der heutigen Unterhaussitzung er⸗ klärte auf eine Anfrage Cave's der Unter⸗Staats⸗ sekretär Bourke, die großbritannische Regierung habe bei der peruanischen bezüglich der Einstellung der Zins⸗ zahlungen keine Schritte gethan. Auf eine Anfrage Dilke's theilte Hr. Bourke mit, die Regierung sei von dem Tode des Emirs von Kaschgar nicht offiziell in Kenntniß gesetzt worden.
Frankreich. Paris, 16. Juli. (Fr. C.) Der Mar⸗ schall Mac Mahon wird am 25. d. M. Paris verlassen und sich zunächst auf seine Besitzungen im Loiret, dann über Orleans nach Bourges und von da über Roanne nach Saint Etienne begeben, um am 5. August wieder in Paris einzu⸗ tvoffen. — Der „Ordre“ meldet: Ein Ausschuß von fügifzehn
Mitgliedern, welche theils dem Senat, fheils dver aNrlaleger“
1
Gruppe de. Plppells an das Volk in der Sylutirtenkammer ent⸗ lehnt sind, st zur Prüfung der auf del Kandidaturen unserer Freunde in den bevorstehenden Wahlen bezüg⸗ lichen Fragen eingesetzt worden. Dieser Ausschuß hat ein Exekutiv⸗Comitée ernannt, bestehend aus den Herren Rouher, Herzog von Padua, Jolibois und Baron Mackau. — Der „Bien public“ und nach ihm der „Radical“ hatten bekanntlich in ihren Blättern vom 9. resp. 10. Juni eine Dienstordre der Lyonbahn veröffentlicht, aus welcher sie den Schluß herzuleiten suchten, daß eine Mobilmachung der französischen Armee bevorstehe, während es sich um eine rein technische und außer jedem Zusammenhange mit der Politik stehende Maßregel handelte. Das Pariser Zuchtpolizeigericht erblickte in dieser Veröffentlichung das Vergehen der Verbrei⸗ tung einer falschen Nachricht, schloß jedoch die Annahme einer böswilligen Absicht aus und verurtheilte die Geranten beider Blätter in eine Geldstrafe von je 1000 Fr.
— Dem „Moniteur“ zufolge ist Hr. Mimerel, welcher das Gutachten des Juristen⸗Comités der Linken über die Colportage mit unterzeichnet hat, aus dem Ministerium des Innern entlassen worden. — Der Gemeinderath von Toulon ist, wie der „Moniteur“ meldet, heute aufgelöst wor⸗ den; der Gemeinderath von Marseille, dem das gleiche Schicksal drohte, wird, demselben Blatte zufolge, verschont bleiben. — Die klerikalen Blätter widmen dem ver⸗ storbenen Bischof von Mainz, Frhrn. von Ketteler, warme Nachrufe.
Griechenland. Athen, 17. Juli. (W. T. B.) Die Deputirtenkammer ist nicht geschlossen worden, sondern wird der politischen Verhältnisse wegen noch bis September zusammen bleiben. Sämmtliche Reservisten, Urlauber und freiwillige Nationalgarden sind einberufen worden.
Türkei. Belgrad, 12. Juli. Die „Pol. Korr.“ enthält folgenden Bericht von hier:
„Der Austritt von 36 Deputirten, theils der konservativen, theils der sogenannten Kommunistenpartei angehörend, hat die Skupschtina in Kragujewatz bis zu den neuen Ersatmahlen beschluß⸗ unfähig gemacht, da dieselbe nach der Verfassung nur bei Anwesen⸗ heit von drei Vierteln der gesammten Abgeordnetenzahl gesetzlich tagen kann. Da die Skupschtina aus 101 gewählten und 33 von der Regierung ernannten Abgeordneten besteht, so fehlen 40 Ab⸗ geordnete, was in legislativer Beziehung zur Beschlußunfähigkeit geführt hat. Der Zweck der frondirenden Minorität, der Sturz des jetzigen Ministeriums, wurde nicht erreicht, weil Fürst Milan nach den in Plojesti erhaltenen Rathschlägen die gegenwärtigen Minister nicht entlassen wollte. Es wurden neue Ersatzwahlen für den 12., 14. und 17. d. M. angeordnet und in Folge Beschlusses einer vorgestern in Anwesenheit des gesammten Ministeriums abgehaltenen Konferenz der 86 der Regierungspartei angehörenden Abgeordneten die strafgerichtliche Untersuchung gegen 25 demissionirte Deputirte eingeleitet, damit dieselben nicht mehr in dieser Session wieder gewählt werden können. Nach der Stimmung unter der Landbevölkerung zu schließen, dürfte die Regierung bei den bevorstehenden Ersatzwahlen mehr als die Hälfte ihrer Parteianhänger durchsetzen, besonders weil die Minorität wegen der herrschenden Ausnahmszustände weder ein Organ be⸗ sitzen, noch Wahlprogramme veröffentlichen kann, um die Waͤhler wieder für sich zu gewinnen. Ueber die wirklichen Gründe des Aus⸗ trittes der Minorität kursiren hier zwei Versionen. Nach der einen traten die Konservativen aus der Skupschtina, weil die Regierung von derselben die Ermächtigung zu neuen Rüstungen gefordert hätt
mehr definit est,
8 8 8 8 8 8 — ö11“ welche Ferderung auch von der Majorität genehmigt worden sein soll. Nach einer anderen Version hätte die Regierung die Geld⸗ mittel zur Mobilisirung einer Armee von 50,000 Mann und das Absolutorium für die Auslagen des vorjährigen Krieges, sowie die Genehmigung zum Abschlusse einer von den Regierungsbevoll⸗ mächtigten Miaister Mijatovic und Großhändler Oserovic im Auslande zu negoziirenden größeren Anleihe gefordert. Auch mit den Vorkehrungen des Kriegs⸗Ministers Sava Gruis, welcher 16 Ba⸗ taillone der aktiven Armee um Belgrad, Krajujewatz und Negotin konzentrirt, wollte sich die Minorität nicht einverstehen. Die Er⸗ theilung von Pässen an serbische Unterthanen für das Ausland wurde neuerlich sistirt und ebenso wie im Vorjahre die Ausfuhr von Lebens⸗ mitteln untersagt.
Die Ernteaussichten im ganzen Fürstenthume sind die besten und da Lieferanten für die russische Armee in den Kreisen von Negotin, Kragujewatz und Alexinatz Proviantdepots errichten ließen, so wird Serbien seine Naturprodukte gut an den Mann bringen können.“
Afrika. Egypten. Der „Standard“ ist Fn; mitzutheilen, daß nunmehr eine vollständige Uebere inkunft 1s⸗ dem Khedive einerseits und den Herren Goeschen und
oubert, als Vertreter der englischen und französischen Gläu⸗ biger der Daira andererseits erzielt worden ist. An dem , wie derselbe von 18 Goeschen den reditoren erläutert wurde, sind keine Aenderungen von Be⸗ Ausnahme, daß die rück⸗
lang vorgenommen worden, mit der — t ständigen Zinsen nunmehr bis zum 30. Juni, anstatt bis zum 1. Juni abbezahlt werden sollen. Hr. Suarez, der Agent des Vizekönigs, ist mit der Vollendung der Anstalten zur Ausführung der Uebereinkunft in Bezug auf die Kon⸗ version der Bonds und die Zahlung der Zinsen in London und Paris beschäftigt.
Der russisch⸗türkische Krieg.
St. Petersburg, 17. Juli. (W. T. B.) Die, Agence generale russe“ erwähnt die von türkischer Seite verbreiteten Darstellungen von angeblich durch die Russen begangenen Gräuelthaten und weist diese Anklagen unter Hervor⸗ ebung der strengen Disziplin der russischen Armee als un⸗ egründet zurück. Die türkische Bevölkerung bliebe meisten⸗ theils in den von den Russen besetzten Orten und werde von den Siegern auf dem Fuße vollkommener Gleichheit behandelt. Leben und Eigenthum der Iöö würde von den russischen Truppen respektirt wie das der Christen.
London, 17. Juli. (W. T. B.) Im Unterhause theilte der Deputirte Campbell mit, daß er demnächst an die Regierung die Anfrage richten werde, ob dieselbe nunmehr bemüht sein werde, eine Organisation der christlichen Provinzen der Türkei auf der Basis der Selbstregierung herbeizufuͤhren, wie solche bereits von den übrigen europäischen
ächten und auch von Rußland in Vorschlag gebracht wor⸗
den sei. — Unter⸗Staatssekretär Bourke erklärte auf eine An⸗ frage Gourley's, die englische Regierung habe nicht die Ab⸗ sicht, wegen der von der Pforte erlassenen Verfügungen be⸗ züglich des Verkehrs im Bosporus und nach den Häfen des Schwarzen Meeres Vorstellungen bei der Pforte zu erheben. Auf eine Anfrage Dilke's theilte Bourke mit, es seien bei der Pforte Schritte gethan worden hinsichtlich der Wirksamkeit der türkischen Blokade der russischen Häfen des Schwarzen Meeres. Die Pforte habe darauf erwidert, sie be⸗ rachte die Blokade üls effektiv. Als dann türkische Fahr⸗ euge von russischen Schiffen aufgebracht worden seien, steien neue Vorstellungen bei der Pforte erhoben worden. Weiter theilte Bourke mit, der englische Konsul in Adrianopel .. ihm die Nachricht zugehen lassen, daß die russische Avantgarde den Balkan überschritten habe. Die der englischen Regierung aus Konstantinopel zugegangenen Nach⸗ richten besagten, daß die russische Truppenmacht im Balkan nicht so groß sei, als in den Zeitungen angegeben werde.
London, 18. Juli. (W. T. B.) Der „Daily Tele⸗ graph“ meint, das Interesse Englands und anderer Mächte erheische, einem weiteren Vordringen der Russen nach dem Bosporus entschieden entgegenzutreten. Eine auch nur zeit⸗ weilige Besetzung Konstantinopels durch die Russen würde ein tödtlicher Schlag für England sein.
Rom, 17. Juli. (W. T. B.) Die Journalmeldung, Italien werde Antivari besetzen, falls England eine Besetzung von Gallipoli vornehme, wird von der „Italie“ als jeder
Begründung entbehrend bezeichnet.
Europäischer Kriegsschauplatz.
St. Petersburg, 18. Juli. (W. T. B.) Offiziel⸗ les Telegramm aus Tirnowa vom 16. d. M.: General Gurko ging am 12. d. mit einem aus Truppen aller Waffen⸗
attungen bestehenden Vortrab aus Tirnowa ab und über⸗ chritt am 13. den Balkan. Am 14. überraschte er bei dem Ausgange aus den Defileen ein bei dem Dorfe Khankioi stehen⸗ des kürkisches Bataillon und marschirt jetzt auf Kasanlyk im Rücken des Feindes, welcher den befestigten Paß Schipka besetzt hält. Zwei Sotnien Kosaken erreichten Jeni Zagra und zerstörten den Telegraphen auf der Straße von Jeni Jagra nach Sliwno. Am 15. entspann sich ein Gefecht zwischen Kosaken einerseits und Baschibozuks und Tscherkessen andererseits, welche von 3 Tabors Infanterie unterstützt wurden. Die Türken leisteten nur bis zur Ankunft der vom General Gurko mit 4 Geschützen zur Verstärkung gesandten Kasanschen Dragoner Widerstand. Beim Erblicken meser Verstärkung ergriffen die Türken die lucht, unsere Truppen erbeuteten eine Fahne und eine große
enge von Waffen. Die gesammte türkische Bevölkerung flieht nach Adrianopel zu. .
Konstantinopel, 17. Juli. (W. T. B.) Ein Theil des Corps von Suleiman Pascha ist in Thrazien ein⸗ getroffen.
— (W. T. B.) Nach einem Telegramm der „Cölnischen Zeitung“ aus Pera, vom 17. d. ist dort eine offizielle Bekanntmachung veröffentlicht worden, in welcher der Bevölkerung mitgetheilt wird, daß die Russen den Balkan bei Hain Boghaz überschritten hätten. Die Bevölkerung wird zu⸗ gleich aufgefordert, ruhig zu bleiben und die Regierung zu unterstützen. Weiter wird die Bevölkerung in einem patrio⸗ tischen Aufruf aufgefordert, den als Krieger im Felde stehen⸗ den Brüdern zu Hülfe zu eilen, sich unter die Zahl der Ver⸗ theidiger des Vaterlandes aufnehmen zu lassen und den in das Land gedrungenen Feind zurückzuwerfen. 1
Wien, 17. Juli. (W. T. B.) Wie die „Polit, Korresp.“ meldet, haben die Russen bei der Einnahme von Nicopolis 40 Kanonen und zwei türkische Monitors erbeutet. Die
efangen genommenen Paschas sind Achmet Pascha und Hassan ascha. — Derselben Korrespondenz zufolge stände es nun⸗ initi daß die rumänische Armee nicht
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offensiv vorgehen, fgabe haben werde,
Donaulinie zu decken.
Wien, 17. Juni. (W. T. B.) Telegramm der ,Presse“ aus Giurgewo: Die Eisenbahnverbindung zwischen Küstendsche und Czernawoda ist unterbrochen; ebensd die Linie Janboli⸗Karabunar.
London, 17. Juli. (W. T. B.) Das „Reutersche Bureau“ meldet aus Schumla von heute: Die Russen haben Medschidje und Mangalirin der Do brudscha besetzt, nachdem diese Orte von den Türken geräumt worden waren.
— Aus Galatz, 13. Juli, wird der „Pol. Korr.“ ge⸗ schrieben: Die Bewegungen der russischen Armee in Bulgarien lassen sich kurz folgendermaßen zusammenfassen: Die vier Corps, welche bei Sistowa den Donau⸗Uebergang bewerkstelligt, haben erst seit vorgestern ihren Vormarsch in drei Kolonnen begonnen. Eine Kolonne maskirt Nikopolis und marschirt den Vid⸗Fluß entlang auf Plewna und Lowca, die zweite Kolonne hat, durch das Jantral⸗Thal vorgehend, Tirnowa besetzt und ihre Streifpatrouillen bis Gabrowa ausgeschickt, die dritte Kolonne hat Biela besetzt und ist bis Monastir vorgedrungen. Der Zielpunkt scheint einerseits Pizanka, von wo aus Rustschuk isolirt wird, ande⸗ rerseits Rasgrad (Knotenpunkt der Eisenbahn Varna⸗Rustschuk) zu sein. Vor acht Tagen ist aber eine bedeutende Aktion nicht zu erwarten, weil die Formirung der vfftlchen Corps wegen der nothwendigen großen Proviant⸗ und Munitions⸗ nachschübe nur sehr langsam vor sich gehen kann. In der Dobrudscha rückt das verstärkte 14. Corps unter General Zimmermann gegen den Trajanswall, wo es schon vor Medschidje angelangt ist. Längs der Donau ist es schon bis Czerna⸗ woda vorgerückt. Die Umgehung des türkischen Festungsviereckes scheint also im vollen Zuge zu sein. Die russischerseits in Asien begangenen thler haben an der Donau das Resultat gehabt, daß die russische Heeresleitung in Bulgarien die türkische Defensive nicht unterschätzt und nicht eher zu einem konzentri⸗ schen Angriffe vorgehen wird, als sie nicht über genügende Truppenmassen verfügen kann. Hier in Galatz ist von einem Kriege wenig mehr zu sehen. Außer den Vorbereitungen für die rumänische Donaubrücke in der kleinen Walachei, die mit großer Hast betrieben werden, und dem Bau einer strategischen Bahn zwischen Bender und Galatz, welcher kontraktmäßig in 4 Monaten fertig sein muß, ist nichts Bedeutendes zu melden.
— Aus Bukarest, 15. Juli, wird der W. „Presse“ telegraphirt: Das XII. Armee⸗Corps Wanowskij und das XIII. Hahn rücken in zwei Kolonnen, denen sich der Thron⸗ folger und die Großfürsten Alexius und Wladimir ange⸗ schlossen, gegen Rustschuk vor. Ein Theil des IX. Armee⸗ Corps Krüdener III. hat die Richtung gegen Nikopolis und das VIII. Corps Radezkij jene über Tirnowa und den Schipkapaß eingeschlagen. Das XI. und IV. Armee⸗Corps verhalten sich vorläufig als Reserve, das erstgenannte für die Dobrudscha und die Linie Rustschuk⸗Silistria; das IV. Armee⸗Corps dürfte dem Gros nach Rustschuk folgen. Das V. Armee⸗Corps soll sich auf dem Anmarsche aus Bessarabien befinden. 8
— Ueber die letzten Bewegungen der russischen
Armee im Balkangebiet schreibt dasselbe Zlatt unterm 16. d. M.: „Am 7. Juli besetzten die Russen Tirnowa, zwei Tage später Gabrowa. Tiejenigen Abthei⸗ lungen, welche am 13. Abends den Balkan ungehindert pas⸗ sirten, dürften jedoch den Weg nicht über den Schipkapaß ein⸗ geschlagen haben, wie das „Bureau Reuter“ meldet. Es ist viel warscheinlicher, daß sie bei Saliwa die Straße Tirnowa⸗ Gabrowa verlassen, sich über Travna und den 1245 Meter hohen Paß Tipuriska Poljana in das Thal des Tundscha⸗ Flusses nach Rumelien begeben haben. Wären die Nussen durch den 1318 Meter hohen Schipkapaß marschirt, so hätten sie nicht die Besetzung von Hankiöi, sondern zuerst jene von Schipka und Kasanlik gemeldet. Auch ist anzunehmen, daß die Türken den Schipkapaß besetzt haben, während die Russen melden, daß sie den Balkan, ohne einen Schuß zu thun, passirt haben. Nachdem sich die Nizams von Hankiöi in östlicher Richtung nach Konaro zurückgezogen, blieb der Brigade Gurko der Weg durch das Tundschathal offen und so konnten sie am 15. Juli in Jeni⸗Saara, ohne auf Wider⸗ stand zu stoßen, eintreffen. Wenn es sich bestätigen sollte, daß bereits 20,000 Mann in Rumelien stehen, so dürfte diese Truppenmacht nicht allein dort bleiben, sondern einen Nach⸗ schub des größten Theiles jener Truppen erhalten, welche in der oben erwähnten Stärke von 50,000 Mann durch Eentral⸗ Bulgarien vorgerückt waren. Es ist nicht zu übersehen, daß Jeni⸗Saara fast auf dem halben Wege von der Donau nach Konstantinopel liegt und demnach ist weder die künftige Gestal⸗ tung der militärischen, noch weniger aber der politischen Si⸗ tuation im östlichen Theile der Balkanhalbinsel heute schon auch nur im Entferntesten vorherzubestimmen. Man bedenke, daß sich der größte Theil der türkischen Armee in Bulgarien befindet und daß die Pforte, selbst in der nächsten Zeit, kaum 30,000 Mann im Vilajet von Adrianopel zusammenraffen kann. Die Besetzung des Tundschathales von Kasanlik bis Jamboli schneidet der türkischen Feldarmee die wichtige Zu⸗ fuhrslinie von Sliwno über Kotel nach Schumla ab, unge⸗ rechnet den moralischen Eindruck, den die Aufstellung eines starken russischen Armee⸗Corps im Rücken der türkischen Armee auf diese selbst, noch mehr aber auf die christliche und maho⸗ medanische Bevölkerung ausüben muß. Sollte es dem russi⸗ schen Gros gelingen, Abdul Kerim Pascha im Festungsvierech festzuhalten, dann könnte das VIII. Armee⸗Corps vor Adria⸗ nopel stehen, bevor noch die Entscheidungsschlacht bei Schumla geschlagen ist.” 8
St. Petersburg, 15. Juli]. Der „Russische In⸗ valide“ berichtet nach offiziellen Quellen über den Vor⸗ gang in der Dobrudscha im Wesentlichen Folgendes: m 16./28. Juni besetzte General⸗Adjutant Schamscheff Ba⸗ badag ohne Kampf. In allen christlichen Dörfern auf dem Wege und in Babadag selbst wurde unsere Abtheilung von der Bevölkerung mit Enthusiasmus empfangen. Die Geistlichkeit kam in vollem Ornat und unter nicht endenwollenden „Hurrahs“ der örtlichen Ein⸗ wohner uns entgegen. Die Proklamation Sr. Majestät an die Bulgaren wurde mit Thränen in den Augen vernommen. Außer der christlichen Gemeinde begrüßte den General auch die jüdische mit dem Rabbiner an der Spitze. Sofort nach der Ankunft in Babadag erschienen die Vertreter der bulgarischen und russischen Gemeinden aus den umliegenden Dörfern mit Sali und Brot. Die ETscherkessendörfer, wie auch die tscher⸗ kessischen und türkischen Höfe waren alle verlassen und die Habe fort⸗ eführt; einige Muselmänner hatten sich schon vor 1 ½ Monaten ins Innere begeben. Schon auf dem Wege nach Babadag hatte General⸗ Adjutant Schamscheff Gelegenheit, überall bittere Klagen det Christen über die unerträglichen Bedrückungen und die Grausamkeit der Tscherkessen zu hören. Am Morgen des 17.,29. Juni entsandte General Schamscheff den Obersten Ismailoff mit einer kleinen
1“ 8 ““ 8
Nach
Kosaken⸗Abtheilung aus, die zwei Tscherkessenbanden, ungefähr 100 Mann, traf, dieselben schlug, und ihnen 70 verschiedene Kaffen, 50
ferde und gegen 20,000 Stück Vieh abnahm. 37 Mann von der Bande blieben auf dem Platze, gefangen wurden 7 Mann. diesem Gefecht verschwanden alle Tscherkessen und Baschibozuks aus der Umgegend. Oberst Ismailoff kehrte nach Babadag zurück, nachdem er den lokalen christlichen Einwohnern die gemachte Beute an Waffen und Vieh überlassen hatte. Unser Ver⸗ lust bestand in zwei verwundeten Kosaken, einem todten und 5 ver⸗
undeten Pferden. Vom 17./29. bis zum 18./30. Juni hatte die Abtheilung des Obersten Ismailoff 100 Werst gemacht. Eine andere
Abtheilung war aus Babadag in die Richtung der Dörfer Tatar⸗
ymnik und Tatar⸗Irymnik unter dem Befehl des Obersten Sljus⸗ sareff geschickt worden. Diese traf nirgends Tscherkessen, fand aber e von ihnen hinterlassenen blutigen Spuren. Die Einwohner waren alle geflohen und hielten sich im Walde versteckt. Es ergab sich, daß zu eben der Zeit, als Obrist Ismailoff am 17./29. Juni das erwähnte Gefecht mit den Tscherkessen hatte, eine andere Bande in diesem Dorf wüthete. Angestellte Nachforschungen ergaben fol⸗ ende Nachrichten: Die Türken hatten sich nach Medschidje und weiter nter den Trajanswall begeben. Am 17./29. war im Dorf Kutschikoi eine türkische reguläre Escadron aus Medschidje einge⸗ troffen, aber, nachdem sie die Anwesenheit unserer Abtheilung im orf Kazapkoi erfahren, sofort wieder zurückgekehrt. In Medschidje stehen 1500 bis 2000 Mann Infanterie und ungefähr 100 Mann Kavallerie auf den Uferstraßen beim Dorf Mamakioi gegen ein Ba⸗ taillon Infanterie. In Küstendsche selbst sind keine Truppen; sie waren bereits nach Tschernawoda und die Artillerie per Dampfer nach Varna geführt. Auf der Linie Tschernawoda⸗Küstendsche befestigen sich die Türken hinter dem Trajanswall und beabsichtigen, sich zu ver⸗ theidigen. Ueber die dort konzentrirten Truppen und über die Ab⸗ sicht des Feindes liegen sich widersprechende Nachrichten vor; eine be⸗ auptet, die Tuͤrken beabsichtigten, sich auf die Defensive zu be⸗ schränken, eine andere, man erwarte die Ankunft des egyptischen Hassan⸗Pascha mit Unterstützung, dann beabsichtige man in einer Stärke von 25,000 Mann die Offensive zu ergreifen. Am 19. Juni (1. Juli) verbreitete sich in Babadag das Gerücht, daß unsere Truppen es zu verlassen beabsichtigten. Das veranlaßte eine fürch⸗ terliche Erregung; Volkshaufen umringten den General⸗Adjutanten Schamscheff, der von einer Rekognoszirung heimkehrte und baten ihn, die Stadt nicht der Rache der Türken zu überlassen. Darauf erschien mit gleicher Bitte die Geistlichkeit. General⸗Adjutant Schamscheff beeilte sich, die erregte Bevölkerung zu beruhigen.
— Ueber die Gefechte bei Tirnowa und Bjela, welche den Beginn der gegenwärtig in Zug russischen Unternehmungen bilden, schreibt ein Korrespondent der W. „Presse“ unter dem 11. Juli Folgendes:
Nachdem die Eclaireurs über den Stand und die Stärke der türkischen Truppen in Bulgarien genügende Auskunft gegeben und ein ziemlich starker Proviantvorrath in Sistowa angehäuft war, be⸗ gann am 5. der Vormarsch nach drei Richtungen: Gegen Rustschuk wurde das 12. und 13. Corps dirigirt, und zwar in zwei Routen; mit demselben wird das 11. Corps, das bei Giurgewo kampirt, kooperiren, sowie die Batterien, die, mit großem Stahlgeschütz aus⸗ gerüstet, nächst Giurgewo erbaut worden sind. Das 9. Corps ist gegen Nikopolis dirigirt. Gestern Morgens hörte man in Sistowa Kanonendonner und rasch war die Nachricht verbreitet, Niko⸗ polis sei eingenommen. Die Gerüchte sind aber den That⸗ sachen ein wenig vorausgeeilt. Wenn aber auch der bisherige Kugel⸗ wechsel zwischen Nikopolis und Turnmagurelli die Russen noch nicht in den Besitz der Festung bringen konnte — einen großen Erfolg haben sie doch erzielt. Die beiden Monitors, die vor Nikepolis lagerten, sind so zugerichtet, daß sie vollständig kampfunfähig gewor⸗ den und von den Türken ganz verlassen worden sind. Sie ankern nun müßig im Strome und es bleibt den Türken wohl kaum ein anderer Ausweg, als sie entweder in die Luft zu sprengen oder den Russen auszuliefern. In jedem Falle bieten die Türken durch die Art, wie sie ihre maritime Uebermacht gegen die Russen verwendeten, ein Beispiel unerreichter Unfähigkeit in seemännischer Beziehung. Von den Russen, wie von den fremden Offizieren kann man es täglich, ja stündlich hören: Nie wäre die Armee über die Donau gelangt oder nur mit den furchtbarsten Opfern von 20 bis 30,000 Mann und erst nach zahllosen Versuchen wäre der Uebergang gelungen, wenn eine andere Truppe als die Türken jenseits gestanden Fälte. Seit der Einnahme von Sistowa hat es nur zwei Frösere Gefechte gegeben, — von Scharmützeln, die blos zwischen einzelnen Vorposten und Baschibozuks stattfanden, abgesehen, — und in beiden blieben die Russen Sieger. Selbst wenn sich die Türken, wie sie es gewöhnlich thun, den Sieg zu⸗ schreiben wollten, sie können es nicht angesichts der Thatsachen, die unleugbar sind: die Besetzung Tirnowa’'s und der Vormarsch über Vom 29. angefangen hatten die Kavallerie⸗Divisionen des VIII. Corps die Aufgabe, als Eclaireurs in der Rich⸗ tung gegen Rustschuk, Nikopolis und Tirnowa voranzugehen. Die Brigade des Herzogs Eugen Leuchtenberg unter dem General Gurko avancirte gegen Tirnowa, und nachdem ihre Avantgarden bereits am 5. Juli vor Tirnowa erschienen waren, rückte die Brigade am 7. nach. Tirnowa war von 3000 Nizams und einigen Batterien Feld⸗Artillerie besetzt. Die Russen hatten keine Artillerie. Die Kosaken stiegen vom Pferde und griffen unerschrocken den Feind an. Es ergab sich hier dieselbe Erscheinung, wie im Kampfe bei Sistowa. So lange die Russen fern und die Nizams aus gedeckter Stellung schießen konnten, waren diese aus ihrer Po⸗ sition nicht zu delogiren, durch Flintenschüsse nicht zu vertreiben, ob auch Mann an Mann fiel. Als aber die Kosaken trotz des Artillerie⸗ feuers unter Hurrahrufen anstürmten, gaben die Türken die Sache verloren und eilten so schnell davon, daß sie zwar ihre Kanonen, aber nicht auch ihre Munition und ihre Vorräthe an Lebensmitteln mitschleppen konnten. General Gurko fand Tirnowa verlassen, Türken und Bulgaren waren entflohen. Ungünstiger stand die Sache bei Bjela. Zwar war die Jantra schon am siebenten Tage überschritten ohne wesentlichen Kampf, aber es standen noch türkische Truppen un⸗ weit von Bjela, und diese unternahmen es, gegen die Flanke der unter General Arnold vormarschirenden zwölften Kavallerie⸗Division einen Ausfall zu machen. Das zwölfte Donsche Kosaken⸗Regiment
unter Oberst Tschergusaloff hatte dem ersten Anprall zu widerstehen.
Die türkische Kavallerie ritt langsam vor. Die Kosaken hatten die Lanzen eingelegt und stürmten im Galopp heran. Aber die türkische Kavallerie widerstand nicht nur dem heftigen Stoß, sondern sie vermochte auch die Kosaken zurückzutreiben. Die Lage der Letzteren war eine ungünstige, und sie gestaltete sich um so gefähr⸗ licher, als plötzlich die Linien der türkischen Kavallerie sich öffneten und Infanterie und Artillerie ihr Feuer begann. Der Rückzug der Kosaken hätte die Brigade unter General Arnold, die bereits bis Bekleme vorgerückt war, in Unordnung gebracht, oder es wäre deren Verbindung mit Sistowa abgeschnitten worden. Oberst Tschergusaloff erbat sich Hülfe vom General und suchte einstweilen den Vor⸗ marsch der Türken aufzuhalten. Ein Theil der e verließ die Pferde und kämpfte mit Säbel und Karabiner gegen die Infanterie, gegen die Artillerie hatte sie keine
affe. Da langte Hülfe vom General Arnold an, der das 12. Husaren⸗ und ein Dragoner⸗Regiment herbeigeschickt hatte. Die Dragoner stiegen vom Pferde und fielen den Türken in die rechte laanke, die Husaren nahmen es mit Kavallerie auf und nun konnten die Kosaken mit Sturmesschritt gegen die Batterien vorrücken. Der Kampf war ein ungemein heftiger und hat den Russen viele Menschen⸗ leben gekostet. Die Zahl der Todten und Verwundeten soll über 1500 ann betragen aber sie trieben die Türken vor sich her. Die Hysaren verfolgten den Feind, der sich gegen Rustschuk zurückzog, unermüdlich — bis die Abend⸗ ämmerung der Verfolgung Einhalt gebot und die Nähe der Festung zur Vorsicht mahnte. Ich bin, schließt dieser Berichterstatter, durchaus nicht optimistisch gestimmt, aber nach den Vorbereitungen, die ich auf vusstschen Seite gesehen, und nach dem
bEEEI1“ 1
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Mann
8 8qg “ geringen Widerstand der Türken, was darf ich wohl den Schluß ziehen, daß die Cernirung Rustschuks binnen kürzester Zeit vollzogen sein wird. Es darf dabei gewiß nicht unbeachtet bleiben, welche Marschfähigkeit die rassischen Truppen auch jetzt wieder an den Tag legen. Eine Division des 18. Corps hat acht Tage nacheinander täglich 40 Werst, beiläufig 5 Meilen, zurückgelegt, ohne einen Rasttag zu halten. Mit solchen Leistungen und mit solchen Truppen lassen sich wohl Erfolge erzielen.
— Aus Rumänien wird dem „Militär⸗Wochenbl.“ u. A. geschrieben:
„ Daß die russische Armee auch in diesem Feldzuge ihre alte be⸗
währte Kriegstüchtigkeit wieder . wird, darüber bin ich, seit ich sie gesehen habe, keinen Augenblick zweifelhaft. Wegen der furcht⸗ baren Hitze tragen die Russen bei Tage nach Art der russischen Bauern weite weiße Leinwandhosen in hohen Stiefeln, ein weißes Hemde über die Hosen, welches mit einem Ledergurt zusammen⸗ gehalten wird, und weiße Käppis. Die Wäsche halten die Sol⸗ daten stets sauber, und es ist eine Freude, ein Lager dieser kräftigen Gestalten zu sehen. Ihre Nahrung ist eine ganz aus⸗ gezeichnete; ich habe öfter Gelegenheit gehabt, mitten im die Soldatenküchen kennen zu lernen, und fand eine räftige Fleischsuppe. Da die Donauländer einen Getreide⸗ und Viehreichthum besitzen, von dem wir im vnesttlchen Europa kaum einen Begriff haben, se ist die Verproviantirung der Armee nicht eine so schwierige. Fleisch und Getreide ist in Fülle da, und obwohl an der Donau vielleicht eine Armee von über 300,000 Mann steht, wird der Transport von täglich Hunderten von Ochsen und Tausenden von Centnern Mais, Gerste per Eisenbahn über Czernowitz und per Donau von Orsowa nach dem Westen Europas keine Unterbrechung zu befürchten haben. Tausende von Rindern folgen der Armee nach, und auch diese sind leicht und gut zu ernähren, weil unabsehbaxe fette und vortreffliche Weideflächen sich überall befinden, welche die Russen zu niedrigen Pachtpreisen für das nachrückende Vieh erhalten. Eben so gut wie die Mannschaft sind auch die Pferde genährt. Da Rumänien im Ganzen wenig Roggen baut, und der russische Soldat sein schwarzes Kommisbrod unter allen Umständen haben muß, so wird von Rußland aus in un⸗ geheueren Quantitäten schwarzer Zwieback herbeigeschafft, der im Wasser etwas aufgeweicht, dem Soldaten sein Schwarzbrot ersetzt. Der Geist der russischen Armee ist ein vortrefflicher, überall hört man Musik und Gesang, gewiß ein gutes Zeichen für die Stimmung der Soldaten, und daß Lust, Fröhlichkeit und Ge⸗ sundheit unter ihnen herrscht. Das Benehmen der Soldaten ist ein durchaus anständiges und bescheidenes, nirgends hört man von Excessen und überall wird der Russe von der rumänischen Bevölke⸗ rung mit Freundlichkeit aufgenommen. Da die rumänischen Dörfer zur Aufnahme von Einquartierung wenig geeignet sind, so befindet sich fast die ganze Armee in großen Lagern unter Leinwandzelten. Der Gesundheitszustand der russisch⸗rumänischen Armee ist ein ganz außerordentlich guter und günstiger. Es ist staunenswerth, daß bei mehrmonatlichem Aufenthalt an den Donausümpfen sich weder Fieber⸗ noch Typhusepidemien bis jetzt eingefunden haben.“ Der „Standard“ meldet unterm 15., daß die letzte Sendung von Geld zu Gunsten der türkischen Verwun⸗ deten in Konstantinopel eigenmächtigerweise für Anschaffung von Waffen verwendet worden sei.
Wien, 18. Juli. (W. T. B.) Telelegramme des „N. W. Tageblattes“. Aus Cettinje vom 17.: Der Fürst von Montenegro ist in Ostrog eingetroffen, um morgen nach zwei Richtungen hin die Offensive zu ergreifen. — Aus Serajewo: Die Insurgenten wurden, wie das Journal „Bosna“ meldet, bei Sreditz von Ismet Pascha geschlagen und bei Kobath in den Savefluß getrieben, der Rest derselben floh in den Maroititzer Wald. Ein Tagesbefehl des Gouver⸗ neurs befiehlt die Schonung der Gefangenen und Verwundeten, sowie die Nichtbeschießung und Fenc der Kirchen.
— Aus Cettinje, 8. Juli, wird der „Pol. Korr.“ be⸗ richtet:
„Vorgestern sind die letzten türkischen Bataillone, mit Ausnahme der Garnison, aus Podgoritza, Spuz und Scutari abgezogen, und zwar meist auf dem Landwege; nur wenige konnten über Antivari zu Schiff befördert werden. Außer den wenigen zu den nothwendigsten EEE11“ bestimmten Bataillonen sind nur noch die Ver⸗ wundeten geblieben, deren Zahl türkische Quellen täglich höher an⸗ geben. Während es noch vorgestern deren 2000 gab, schätzt man die Verwundeten blos in Scutari heute schon auf über 3000 und 1000 werden noch in den nächsten Tagen erwartet. Kurz vor dem Abzuge der Arrièregarde Suleiman Paschas gelang es einer Anzahl der — etwa 200 Mann starken — Freiwilligen von serhe zu desertiren. Den meisten gelang es auch, unbemerkt von den Montenegrinern das herze⸗ gowinische Gebiet zu erreichen; nur dreißig wurden von einem Bataillon der Pjesivci bemerkt und, da sie sich zur Wehr setzten, niedergemacht. In den letzten Stunden kam an Mehemed Ali Pascha die Ordre, statt nach der Herzegowina nach Sjenica an die serbische Grenze zu ziehen. Entweder wollte man an die Forzirung der Defileen, die man als von Montenegrinern besetzt voraussetzen konnte, nicht unnütz Blut verschwenden oder will man einige Nizams an der serbischen Grenze haben, um der eben tagenden Skupschtina ein demonstratives Memento entgegenzuhalten. Sobald es hier gewiß wurde, daß es den Türken mit ihrem Abzuge ernst sei und daß sie diese Absicht so radikal als möglich durchzuführen gedenken, galt es auch als abgemachte Sache, daß man von türkischer Seite keinen Angriff mehr zu erwarten habe. Fast eben so sicher war es aber, daß nun Montenegro zur Aktion schreiten werde. Es wurden in einigen intimen Konferenzen im fürstlichen Hauptquartiere Beschlüsse darüber gefaßt. Heute heißt es, daß alle Montenegriner, welche die Erlaubniß erhielten, auf einige Tage das Lager zu verlassen und zur Erholung nach Hause zu gehen, deren die Leute nach einem unausgesetzten neuntägigen Kampfe so sehr be⸗ durften, den Befehl erhalten hätten, sich Sonntag, den 15. d. M., bei Planinica einzufinden, in welche Gegend dann wahrscheinlich auch das fürstliche Hauptquartier verlegt werden dürfte. Planinica ist ein Berg mit stellenweise steil abfallenden Abdachungen, der am Rande der Ebene von Niksic und zwischen dem Aus⸗ gange des Dugapasses und dem Gipfel von Ostrog gelegen, den ein⸗ zigen von diefer Seite möglichen Zugang in Montenegro beherrscht. Daß dieser Punkt blos ein Pivot zur weiteren Entfaltung bilden werde, kann man schon daraus entnehmen, daß die Fabrik in Rieka den Auftrag erhalten hat, alle für die ehemals türkischen Kanonen schwereren Kalibers verfertigten Projektile zur alsogleichen Expedition bereit zu halten. Der Ort dieser Bestimmung wird so geheim ge⸗ halten, daß sogar einige Arbeiter und Aufseher, deren Diskretion nicht absolut verbürgt schien, zeitweilig entfernt wurden.“
Asiatischer Kriegsschauplatz.
Ueber den Entsatz von Bajazid telegraphirt Groß⸗ fürst Michael am 11. Juli an den Kaiser:
„Ich bin glücklich, Eure Majestät endlich erfreuen zu können. General⸗Lieutenant Tergukassoff hat aus dem Bivouac bei Bajazid folgendes Telegramm vom 28. Juni, 9 Uhr Abends, gesendet: Heute, 8 Uhr Morgens, griffen die Truppen des mir anvertrauten Detache⸗ ments, im Bestande von 8 Bataillonen, 24 Geschützen, 15 Sotnien und 4 Escadrons, das 13,000 Mann starke feindliche Corps an, das die Citadelle belagerte. Nach achtstündigem Gewehr⸗ und Geschützkampf nahmen die Truppen die die Stadt beherrschenden Höhen mit Sturm. Das feindliche Corps ist aufs Haupt geschlagen und zerstreut und außer dem ihm zugefügten ungeheuren Berlust an Todten und Ver⸗ wundeten sind 4 Geschütze, gegen 80 Gefangene und viele Kriegs⸗ und andere Vorräthe genommen. Die Citadelle ist befreit, die Gar⸗ nison und alle Kranken und Verwundeten sind bis auf den letzten
8 — “ “ ie Zahl der Truppen betrifft,
2 Unsere Ver⸗ luste sind sehr unbedeutend, jedoch noch nicht genau konstatirt. Die Truppen jeder Gattung zeigten sich durch ihre Mannhaftigkeit und ihr gegenseitiges Ineinandergreifen wie früher des Lobes würdig. Ich habe das Glück, zur Befreiung der heldenmüthigen Garnison Glück zu wünschen, die muthig die 23tägige Belagerung unter außer⸗ ordentlichen Entbehrungen jeder Art ausgehalten hat.“
vSOttatistische Nachrichten. h 8 . Die Frequenz des Berlinerstadtischenallgemeinen Kran⸗ kenhauses im Friedrichshain hat nach dem, dem „Kommunalblatt“ beigelegten Verwaltungsberichte auch im vorigen Jahre wieder bedeu⸗ tend zugenommen, so daß die Summe der 1876 dort behandelten Kranken sich auf 4134 stellte (1875 3656) und der durchschnittliche tägliche Krankenbestand 424 (1875 341) betrug (schwankend von 348 bis 508). Von diesen 4134 Kranken wurden 2674 entlassen und 1005 starben, so daß ult. 1876 noch 455 Kranke im Bestande verblieben. Die zur Aufnahme von Infektionskrankheiten bestimmten IJsolir⸗ pavillons waren den größten Theil des Jahres hindurch nur mäßig belegt, andere Abtheilungen dagegen vorübergehend überfüllt, so besonders die Abtheilungen für innerlich kranke Männer, und im laufenden Jahre hat die Frequenz der Anstalt noch weiter derartig zugenommen, Maximum der Belagsfähigkeit erreicht und überschritten wurde.
— In den ersten fünf Monaten des laufenden Jahres wurden in den im österreichischen Reichsrathe vertretenen Ländern, mit Ausschluß Dalmatiens, an Eingangszöllen 5,935,624 fl., an Aus⸗ gangszöllen 72,579 fl., an Nebengebühren 63,701 fl., zusammen somit 6,071,904 fl. eingehoben. Im Vergleiche zur selben Periode des Vor⸗ jahres ergiebt dies ein Minus von 757,319 fl. Der Handelswerth der ein⸗ und ausgeführten Edelmetalle und Münzen bezifferte sich in der bezeichneten fünfmonatlichen Periode mit 17,733,420 fl., wovon fl. auf die Einfuhr und 6,105,080 fl. auf die Ausfuhr entfallen.
Kunst, Wissenschaft und Literatur.
8 Nrürnberg, 12. Juli. Das germanische National⸗ museum feiert, wie schon mitgetheilt, am 16. August d. J. sein 25 jähriges Jubiläum. Besondere Einladungen erfolgen nicht. Da⸗ gegen werden sämmtliche Gönner und Freunde der Anstalt als Gäste willkommen sein. Am 13. August beginnt hier die diesjährige Versammlunz; des Gesammtvereines der deutschen Geschichts⸗ und Alterthumsvereine, welche bis zum 18. dauert, und deren Mitglieder der Jubiläumsfeier des germanischen Nationalmuseums beiwohnen. An der Versammlung können nicht blos die Mitglieder der verbundenen Vereine, sondern jeder Geschichts⸗ und Alterthumsfreund theilnehmen, welcher sich im Bureau der Versammlung einschreiben läßt und den Versammlungsbeitrag von 6 ℳ entrichtet. Der Riedelsche Gesangverein in Leipzig wird ge⸗ legentlich der Jubiläumsfeier ein großes Kirchenkonzert veranstalten und das Rennersche Madrigalenquartett alte profane Musik bieten. Es wird u A. die Aufführung eines Mysteriums (kirchlichen Dramas) des 12. Jahrhunderts, sowie eines Fastnachtsschwanke von Hans Sachs beabsichtigt.
— Auf Kosten der amerikanis ben Regierung ist kürzlich ein über 1100 Seiten zählender Band veröffentlicht worden, welcher ausführ⸗ liche Angaben über sämmtliche öffentliche Bibliotheken in den Vereinigten Staaten erstattet. Im Jahre 1776 gab es danach nur 29 öffentliche Bibliotheken mit 45,623 Bänden, wäh⸗ rend im Jahre 1876 bereits 3682 existirten, welche 12,276,964 Bände und 1,500,000 Broschüren enthielten. Von diesen Bibliotheken wur⸗ den nahezu 3000 seit dem Jahre 1850 gegründet. Ein Anhang ent⸗ hält mehrere Abhandlungen, darunter eine solche über die beste Me⸗ thode, Kataloge anzufertigen. “
Land⸗ und Forstwirthschaf.
Im Regierungsbezirk Potsdam sind die Nachrichten über den Stand der Wintersaaten wie auch der Sommersaaten im Allgem inen sehr erfreulich. Die günstigen Witterungsverhältnisse im Monat Mai haben dem Korne meist ein vorzügliches Gedeihen gegeben. Jedoch hat die außerordentliche Hitze und Dürre der letzten Wochen dem Winter⸗ und Sommerkorne, namentlich auf leichtem und Höheboden, sehr geschadet. Die Futterkräuter, namentlich die Lu⸗ zerne, weniger der Klee, liefern einen guten Ertrag. Dasselbe gilt von der Heuernte. Die Oder⸗ und Havelniederungen standen indessen größtentheils noch unter Wasser, und war daher dort zur Zeit wenig Aussicht auf eine gute Heuernte vorhanden, da der Ertrag der höher gelegenen gut bewachsenen Wiesen den Ausfall nicht ausgleichen wird. Sonst gestattete die anhaltend günstige Witterung das Ein⸗ bringen des Heues in erwünschter Weise, so daß ein Herabgehen der Preise für Halmfrücht', welche bisher ziemlich hoch waren, bevorsteht. Die Entwickelung der Kartoffeln war sehr günstig und bietet Aussicht auf eine gute Ernte. Nicht minder verspricht die Obsternte einen guten Ertrag. Die Nachrichten aus der Ostpriegnitz lauten dagegen wenig günstig, ebenso sind die Ernteaussichten in dem Prenz⸗ lauer Kreise keine erfreulichen.
— (N. Zürch. Ztg.) Der schweizer Bundesrath hat den Beginn des Internationalen Kongresses zur Berathung der gegen die Reblaus zu ergreifenden Maßnahmen auf den 6. August fest⸗ gesetzt und die Stadt Lausanne als Versammlungsort für den ge⸗ dachten Kongreß bezeichnet.
Gewerbe und Handel.
Die Gesammtzufuhr für den Wollmarkt in Paderborn “ 2757 Ctr., d. i. gegen das Vorjahr mehr 293 Ctr. Es wur⸗ den bezahlt pro Centner feiner Wolle 150 — 160 ℳ, mittelfeiner Wolle 130 — 140 ℳ, bester Landwolle 114 — 120 ℳ, Sandwolle 100 — 105 ℳ Unverkauft blieb nur ein Posten von 29 Ctr. Die Wäsche war sehr gut und bedeutend besser als im vorigen Jahre.
Sondershausen, 18. Juli. (W. T. B.) Der Vorsitzende des Aufsichtsrathes und die Direktion der thüringischen Bank erklären, daß die vom Kommerzien⸗Rath Hornung auf den 15. August ausgeschriebene Generalversammlung der thüringischen Bank Seitens der Bank nicht abgehalten werden würde, da solche von dem Aufsichtsrathe nicht beschlossen worden sei.
Mos kau, 17. Juli. (W. T. B.) Die Vollziehung des Urtheils gegen Dr. Strousberg auf Landesverweisung hat wiederum einen 8628 erlitten, da die Prozeßakten sich noch in St. Peters⸗ burg befinden und ohne dieselben der Strousberg zur Last fallende Theil der Gerichtskosten nicht festgestellt werden kann. Das hiesige Bezirksgericht hat sich deshalb mit einer bezüglichen Anfrage an den Senat in St. Petersburg gewandt. 1
Washington, 17. Juli. (W. T. B.) Die Nummern der gestern einberufenen ½ er Bonds vom Jahre 1865 sind: Nr. 17,001 — 24,000 à 50 Doll., Nr. 29,001 — 40,000 à 100 Doll., Nr. 27,001 — 34,000 à 500 Doll. und Nr. 52,001 — 64,000 à 1000 Doll.
New⸗York, 17. Juli. (W. T. B.) Die Zeichnungen auf die vierprozentigen Obligationen der Vereinigten Staaten betragen 68 Millionen Dollars. — In St. Louis ist eine finanzielle Krisis zum Ausbruch gekommen; drei Spar⸗ kassen sind geschlossen worden. 8
Verkehrs⸗Anstalten.
Southampton, 17. Juli. (W. T. B.) Der Dampfer „Neckar“ vom Norddeutschen Lloyd ist hier eingetroffen.
Kopenhagen, 17. Juli. (W. T. B.) Der deutsche Orlogs⸗ dampfer „Rhein“ ist an der Südseite der Insel Lassöe geschei⸗ tert, indessen durch eigene Hülfe wieder flott gewor en.
New⸗York, 17. Juli. (W. T. B.) Die Dampfer „Erin“ und „The Queen“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Com⸗
herausgeführt, da die Stadt durch die letzten Ereignisse bis
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pagnie (C. Messingsche Linie) sind hier eingetroffen.
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