1877 / 171 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 24 Jul 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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87 Errichtung von Schlächtereien ohne Unter⸗ schied, ob sie von den Besitzern ausschließlich oder auch noch von anderen Schlächtern benutzt werden, bedarf es, nach einem Erkenntniß des Strafsenats des Ober⸗Tribunals, sowohl nach der Reichs⸗Gewerbeordnung als auch nach der früheren preußischen Gewerbeordnung der polizeilichen Konzession.

Der Kaiserliche Gesandte Freiherr von Canitz ist nach dem Haag zurückgekehrt, und hat die Leitung der dorti⸗ gen Kaiserlichen Gesandtschaft wieder übernommen.

Cöln, 23. Juli. (W. T. B.) Der Kaiser und die Kaiserin von Brasilien sind heute Nachmittag hier ein⸗ getroffen und werden sich morgen früh rheinaufwärts begeben.

Baden. Karlsruhe, 20. Juli. Der gestern erschienene Staats⸗Anzeiger“ veröffentlicht das Verzeichniß der für die Zweite Kammer der Ständeversammlung des Jahres 1877 er⸗ forderlichen Erneuerungs⸗ und F aßmäßlen; mit den Vorbereitungsarbeiten dazu ist nach Entschließung des Groß⸗ herzogs vom 17. d. unverweilt zu beginnen. Es sind gemäß der am 20. März 1872 vorgenommenen Losziehung 31 Ab⸗ geordnete in 29 Wahlbezirken auf den 1. Juli d. J. zum Aus⸗ tritt bestimmt (die Abgeordneten werden auf 4 Jahre gewählt; sie werden alle 2 Jahre zur Hälfte erneuert).

Hessen. Darmstadt, 22. Juli. Der Prinz Heinrich ist heute nach Trier abgereist.

Ma inz, 24. Juli. (W. T. B.) Das Domkapitel hat, wie das „Mainzer Journal“ meldet, den Domkapitular Dr. Sensesg g. Bisthumsverweser, und den Dom⸗ kapitular Hirschel zum Verwalter der bischöflichen Dotation

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 22. Juli. Der Kron⸗ prinz Rudolph hat seinen Aufenthalt in Schönbrunn ge⸗ nommen.

Großbritannien und Irland. London, 21. Juli. (E. C.) Im Oberhause brachte Lord Hampton gestern die Kuli⸗ auswanderung aus Ostindien nach Westindien zur Sprache, indem er die Vorlage einer hierauf bezüglichen De⸗ pesche des Marquis von Salisbury beantragte. Derselbe äußerte, er halte die Auswanderung indischer Arbeiter für eine Frage von großer Bedeutung und wünsche sie unter Beobach⸗ tung erforderlicher Schutzmaßregeln thunlichst befördert zu sehen. Der Marquis von Salisbury erklärte, daß er zur Zeit der Absendung jener Depesche (24. März 1875 an den General⸗Gouverneur von Indien) im Sinne gehabt habe, durch ein regelmäßig organisirtes Auswan⸗ derungssystem der übermäßig angewachsenen und verarmten Bevölkerung Indiens zu Hülfe zu kommen. Die indische Re⸗ ierung habe sich indeß nicht zu Gunsten der von ihm vorge⸗ schlagenen Maßregeln ausgesprochen. Der Hauptgrund dafür scheine in der Befürchtung zu liegen, daß es nicht möglich sein werde, für eine gute und geeignete Behandlung der Kulis in den Kolonien, wohin sie zu senden seien, einzustehen. ür seine Person halte er noch daran fest, daß es wün⸗ chenswerth sei, die Auswanderung zu befördern. Wenn die Emigranten auch vielleicht ihr Loos zunächst nicht ehr verbessern würden, so würde doch den Zurück⸗ leibenden Luft verschafft und ihnen durch Eröffnung eines auswärtigen Marktes für ihre Produkte Anregung zu aus⸗ gedehnterer und besserer Bearbeitung des jetzt theilweise noch wüst liegenden Bodens gegeben werden. Der Earl of Northbrook (vordem Vizekönig von Indien) äußerte, er sei der Ueber⸗ zeugung, daß die indische Regierung, sobald nur den Aus⸗ wanderern der nöthige Schutz ertheilt werden würde, ihre Zu⸗ stimmung zu den Auswanderungsplänen nicht versagen werde. Nachdem noch der Kolonial⸗Minister Earl of Carnarvon seine Uebereinstimmung mit den Ansichten des Ministers für Indien zu erkennen gegeben hatte, wurde der Antrag Lord Hamptons angenommen. Im Unterhause gab der Schatz⸗ kanzler eine Erklärung über den Pigottschen Fall ab, welche dem Inhalte nach der des Premier⸗Ministers im Oberhause entsprach. Sir W. Barthelot kündigte darauf für den 23. Juli eine Resolution an, des Inhalts: das Haus, immer bestrebt, Nutzen und Einfluß der Sonderausschüsse aufrecht zu erhalten, halte es nach den ministeriellen Erklä⸗ rungen doch für angebracht, sein Tadelsvotum wegen der Anstellung Mr. Pigotts zurückzunehmen. Zu einer län⸗ geren Debatte gab ein Antrag Mr. O’'Connor Powers Ver⸗ anlassung, der sich für die Freilassung der irischen Gefan⸗ genen (Fenier) aussprach. Der Kriegs⸗Minister bekämpfte die Resolution als unkonstitutionell. Das richtigere Vor⸗ gehen sei eine Adresse an die Krone. Uebrigens sei er auch nicht mit dem Ziele des Antrages einverstanden. Der General⸗Staatsanwalt suchte darzulegen, daß die Vergehen jener fenischen Gefangenen nicht politischer Natur, sondern gemeine Verbrechen seien. Schließlich erklärte sich Mr. Connor bereit, seine Resolution zurückzuziehen und an ihrer Stelle eine Adresse an die Krone zu beantragen, wie Gladstone es ebenfalls empfahl, was indeß das Haus nicht zuließ, indem es die Resolution mit 235 gegen 77 Stimmen ablehnte. Die „Morning Post“ vernimmt, „daß Sir Andrew Clarke, Minister für öffentliche Arbeiten in Indien, einen Ausschuß von Artillerie⸗ und Genie⸗Offizieren ernannt hat, der Pläne zur Vertheidigung 'ndlscher Häfen entwerfen soll. Der Ausschuß, dessen Vorsitzender der General⸗Major Sir A. Taylor ist, hat seine Arbeiten mit einem Entwurfe für Aden und Britisch Burmah begonnen.“ Der Vertreter von Great Grimsby im Unterhause, ii John Chapman ist gestorben, desgleichen der General elson.

Frankreich. Paris, 21. Juli. Wie der „Moniteur universel“ vernimmt, wird der Kriegs⸗Minister den Präsi⸗ denten der Republik auf seiner Reise nach Bourges be⸗ He. die auf die letzten Tage dieses Monats anberaumt ist. Der Marschall wird, demselben Blatte zufolge, in Bourges eine

Rede halten und später ein Manifest erlassen, welches allen

von der Regierung unterstützten Kandidaten zum gemeinsamen Programme dienen soll. Der bonapartistische „Ordre“ verklärt: „Die bonapartistische Partei wird in den Wahlen auf der »Seite des Marschalls stehen; aber nichts kann sie verhindern, vor dem Lande ihre Prinzipien zu bekräftigen, die da sind: die Volkssouveränetät, die Durchführung der wahren Demokratie und die Prinzipien von 1789.“ Sechs frühere Deputirte, die bis jetzt Maires waren, sind, nach der „C. Ztg.“, ihres Amtes entsetzt worden, nämlich: Teilhard, Maire von Figeac (Lot); Alicot, Maire von Argelées (Ober⸗Pyrenäen); Rubillard,

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Maire von le Mans (Sarthe); Lasserre, Maire von Saint Nicolas de Grave (Tarn⸗et⸗Garonne); Descamps, Maire von (Gers); Bienvenu, Maire von Saint⸗Hilaires des oges.

22. Juli. Das offizielle ‚Bulletin des Communes“ veröffentlicht 2 Artikel: „Die Geschäfte und der Friede. Der Marschall Mac Mahon hat erklärt, daß er bis ans Ende ausharren, d. h. also, daß er vor dem Jahre 1880 nicht von der Regierung zurücktreten werde. Das ist sein Recht, weil er von einer souveränen Landesversammlung auf sieben 88 ernannt worden ist. Wenn nun ein Mann das Recht sich hat, Staatsoberhaupt und Marschall von Frankreich ist und bleiben will, so ist es unmöglich, ihn zum Gehen zu zwingen. Nichts wird also den Marschall Mac Mahon hindern, die hohe Stellung, die ihm die Bevoll⸗ mächtigten des Landes verliehen haben, bis ans Ende zu behaupten. Wer da hofft, daß man ihn in diesem Willen erschüttern könnte, giebt sich einer Täuschung hin. Der Marschall kennt nur sein Recht und seine Pflicht. Er weiß, daß sein Recht nicht zweifelhaft ist, er weiß auch, daß es seine Pflicht ist, diejenigen, welche ihm in dem gegenwär⸗ tigen Feldzug zur Seite stehen, in der Folge zu vertheidigen. Er wird bleiben und keine Erwägung, keine Rede der Welt wird ihn von diesem Entschlusse abwendig machen. Da dies nun einmal ausgemacht ist, werden sich alle vernünftigen Leute eine sehr einfache Frag⸗ vorlegen: „Ist es besser, eine Kammer zu wählen, welche mit dem Marschall Hand in Hand geht, oder eine solche, welche ihm den Krieg erklärt?“ Die Antwort ist nicht schwer. Zunächst lieben die vernünftigen Leute nicht, umsonst zu stimmen und ihre set zu verlieren, und dies würden sie thun, wenn sie eine dem Marschall Mac Mahon feindliche Kammer wählten. Denn wozu würde eine solche Kammer dienen? Zu nichts. Was vermöchte sie? Nichts. Wenn sie schlechte Gesetze beschlösse, so würde der Senat sie verwerfen. Wenn sie dem Marschall den Krieg erklärte, so würde man sie aufs Neue auflösen und in einigen Monaten müßte wie⸗ der von vorn angefangen werden. Sie könnte das Land beunruhigen, den Gang der Regierung stören, Gewerbe und Arbeit durch eine lärmende Agitation lahm legen; aber irgend etwas zu leisten wäre ihr unmöglich. Das ist ein erster Grund, weshalb die verständigen Leute sich wohl hüten werden, Oppositionsmänner zu Abgeordneten zu wählen. Der weite Grund ist nicht minder gewichtig. Wenn ein beliebiges Unternehmen unter die Leitung von drei Direktoren gestellt ist, so müssen die Aktionäre und überhaupt alle Betheiligten vor allem wünschen, daß die drei Direktoren für das ge⸗ meine Beste Hand in Hand gehen. Wenn die Direktoren, statt zu arbeiten, sich streiten, der eine links, die anderen rechts ehen wollen, so kommt nichts vom Fleck. Die Werkführer assen sich gehen, die Arbeiter werden nicht pünktlich bezahlt, die Arbeit bleibt liegen und die Aktionäre kommen um ihr Geld. So verhält es sich auch mit der Regierung. Die Ver⸗ Peeig das oberste Gesetz des Landes, hat drei Gewalten aufgestellt: den Präsidenten, den Senat und das Abgeordneten⸗ haus. Was wir Alle ohne Unterschied der Partei wünschen müssen, das ist, daß die drei Gewalten einig sind, vernünf⸗ tige Gesetze zu beschließen, die ruhigen Leute zu beschützen und die großen öffentlichen Bauten auszuführen, welche dem Arbeiter Brod geben und unseren Erzeugnissen einen vortheilhaften Absatz sichern. Wenn die Gewalten sich nicht vertragen und eine von den dreien mit den beiden anderen Krieg führt, so ist die ganze Regierung lahm gelegt. Dies ist seit einem Jahre der Fall. Man hat viele Reden gehalten, viele Gesetzentwürfe ausgearbeitet, die Beamten oft gewechselt, so daß sie kaum Zeit haben, das Bedürfniß der Bevölkerungen zu studiren; jeßt iebt es allenthalben Mani⸗ feste, Erklärungen, Comités, 2 Hsgutachten von Advokaten. Wozu hat das Alles genützt? Zu gar nichts, weil die Kammer nicht ein einziges wichtiges Gesetz votirt² hat. Wozu würde es in Zu⸗ kunft führen? Wiederum zu nichts, weil die Kammer mit ihrer An⸗ sicht allein dem Präsidenten und Senate gegenüberstünde, welche das Recht haben, sie aufzulösen, während sie nicht das Recht hat jene wegzuschicken, noch die Macht, ihnen ihren Willen aufzu⸗ drängen. Die Frage liegt also ganz klar. Es gilt nicht, eine Regierung zu wählen, weil wir eine solche bis 1880 5 en; es ilt, die Sache so einzurichten, daß die Regierung die Geschäfte des

andes so gut als möglich besorgen kann. Dazu muß man das Einvernehmen zwischen den drei Gewalten d. i. zwischen dem Präsidenten und dem Senate einer⸗ und der Kammer andererseits wieder herstellen, und da man weder den Präsidenten vor 1880 wegschicken noch den Senat vor 1879 ändern kann, so bleibt nur das einzige Mittel übrig, daß man Abgcgeordnete wählt, die dem Marschall behülflich sind, für das Wohl des Landes zu wirken, statt ihn anzugreifen und zu be⸗ kämpfen. Die Politik ist ohne Zweifel eine schöne Sache, namentlich für die, welche sie als ihr Gewerbe betreiben und Abgeordnete, Senatoren oder Minister werden möchten; wer aber von Ackerbau, Handel, Gewerbe, kurz von Arbeit lebt, für den giebt es noch etwas Wichtigeres, als die Politik. Das ist: daß die Geschäfte gut gehen. Wenn die Regie⸗ rungsgewalten sich unter sich Ftreiten, statt zu arbeiten, so bekommt das Geld Furcht und versteckt sich, die großen Ar⸗ beiten lassen nach, alle Welt leidet und die Masse des Volkes bezahlt die Zeche. Das begreifen die vernünftigen Leute, die gewiß auch ihre politischen Ansichten haben, aber vor Allem das Wohl Frankreichs wollen. Auch meldet man uns aus allen Theilen des Landes, daß die Bevölkerungen sich anschicken, für die Kandidaten des Marschalls zu stimmen, um den Einklang in der Regiecung wiederherzustellen. Der Grund⸗ gedanke ist in allen unseren Berichten der nämliche: für die Opposition stimmen hieße neue Verwickelungen und Krisen herbeiführen und dem Lande sicherlich neue Leiden zuziehen. Da stimmen wir lieber für die Kandidaten des Maͤrschalls, damit die drei Gewalten dann Hand in Hand gute . machen und die Unternehmungen, an denen uns gelegen ist fördern können. Was die Politik betrifft, so wird es noch 1880 Zeit sein, davon zu sprechen.“

Spanien. Madrid, 23. Juli. (W. T. B.) Nach einer Meldung der „Correspondencia“ findet gelegentlich des von dem König Alfons nach der Provinz Galicien unter⸗ nommenen Ausflugs eine Begegnun 8 desselben mit dem König von Portugal statt. Der König von Portugal wollte zu dem Ende gestern von Lissabon abreisen.

Griechenland. Athen, 14. Juli. Der „Pol. Korr.“ schreibt man von 9 „Der österreichische Gesandte Graf Dubskhy ist vorgestern hier

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eingetroffen und hatte noch an demselben Tage eine lange Unterredung mit dem Minister des Aeußern, Trikupis. Tags darauf wurde Graf

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Dubskv vom Könige empfangen. Die Ansprache des Gesandten und die Antwort des Königs waren ein Zeugniß der aufrichtig herzlichen Beziehungen zwischen Griechenland und Oesterreich⸗Ungarn. Der Ministerrath hat heute wichtige Maßregeln beschlossen, welche eine entschiedenere Politik der griechischen Regierung schon in der nächsten Zeit anzukündigen scheinen. Vor Allem wurden die von der Kammer angenommenen Gesetze unverzüglich veröffent⸗ licht und zur Ausführung gebracht. Alle Finanzgesetze traten von gestern an in Wirksamkeit, ohne die geringste Alterirung des Geldmarktes hervorgerufen zu haben; durch die erweiterte Ausgabe von Papiergeld durch die Banken im Sinne des Gesetzes über den Zwangscours ist vielmehr der innere gehoben und das Geld flüssiger geworden. Die Nationalbank giebt in diesem Semester eine Dividende von 23 ¾ % vom Nominalbetrage oder 8 % vom Cours⸗ werthe ihrer Aktien. Das Goldagio ist im Verhältniß zu den Banknoten trotz des Zwangscourses blos 37/106 %. Auf den Börsen steigen die Werthpapiere und Bankaktien. Von allen seit gestern vollzogenen Maßregeln haben diejenigen der Minister des Krieges und des Innern zumeist den Ernst der Situation bezeichnet. Die Anordnung der augenblicklichen Einberufung der mo⸗ bilen Nationalgarde, d. i. der durch das neueste E nicht getroffenen Angehörigen der Alters⸗ klasse von 19 bis 35 Jahren; die Abänderung des Rekruten⸗ gesetzes, daß keine Loosungen vorgenommen werden sollen, um da⸗ durch keine Zeit zu verlieren, sondern daß die nöthige Zahl der Nauionalgardisten zu den vorerst nur 3 Monate andauernden Uebun⸗ gen nach aufsteigendem Alter ausgehoben werden soll und zwar aus den Reihen der Unverheiratheten, dann der Wittwer ohne Kinder, dann der Ehemänner ohne Kinder und endlich erst der Familienväter, zeugen von dem Ernste, mit welchem die Regierung die Gesetze zu handhaben gedenkt. Eben so charakteristisch ist die denn doch erfolgte sofortige Ausführung des für kurze Zeit sistirten Reservistengesetzes. Demselben zufolge sollen die 10,000 Mann des ersten Aufgebotes binnen 10 Tagen in ihren Lagerplätzen sich einfinden, um in die Cadres des ordentlichen Heeres eingereiht zu werden. Ferner werden Frei⸗ willige zur Kompletirung der Infanterie zugelassen, deren Zahl einst⸗ weilen 6000 Mann nicht überschreiten soll. Endlich wurde die Bil⸗ dung von 12 freiwilligen Jäger⸗Bataillonen angeordnet. Der Buefluß zu den Freiwilligen jeder Waffengattung ist ein sehr großer. Söhne der besten Familien, besonders Macedonier, Kretenser und Epiroten, die aus jenen Gegenden mit den Postdampfern anlangen, sind schon eingereiht worden. Auf Vorschlag Trikupis' wurden ferner 20,000 Frcs. dazu verwendet, um den im Schwarzen Meere und auf der Donau jetzt befindlichen arbeitslosen griechischen Matrosen die Mittel zur Rückkehr in die Heimath zu verschaffen.⸗

24. Juli. (W. T. B.) Wie dem N. „W. Tagebl.“ telegraphisch gemeldet wird, ist es der griechischen Regierung gelungen, eine auswärtige Anleihe von 30 Millionen Drachmen abzuschließen.

Türkei. Konstantinopel, 23. Juli. (W. T. B.). Der englische Vertreter Layard hat das Kriegsschiff „Rapid“ zum Schutz derchristlichen Bevölkerung in Kavarna (nordöst⸗ lich von Varna) abgeschickt, der österreichische Botschafter, Graf Zichy, hat wegen Aufnahme der flüchtenden Bevölkerung an Bord von Lloyddampfern Anordnung getroffen.

(W. T. B.) Redif Pascha und Abdul Kerim Pascha sind hier eingetroffen.

((W. T. 9C) Der W. Presse wird telegra⸗ phisch gemeldet: In dem letzten Ministerrathe wurde beschlossen, der Sultan solle die Fahne des Propheten entrollen, wenn die Russen Konstantinopel bedrohen sollten. Hobart Pascha hat sich mit 5 Panzerschiffen nach Sinope eingeschift. Abdul Kerim Pascha und Redif Pascha sollen nach Brussa gebracht werden.

(W. T. B.) Dem Pariser „Temps“ geht unterm 23. aus Athen die im Uebrigen noch nicht bestätigte Meldung zu, daß in Kreta ein Aufstand ausgebrochen sei.

Belgrad, 24. Juli. (W. T. B.) Aus Anlaß der Ein⸗ nahme des Schipkapasses durch die Russen war die Stadt festlich illuminirt.

(W. T. B.) Aus Belgrad wird der „Polit. Korresp.“ unterm 23. telegraphirt, die Skupschtina 98 den von dem Kriegs⸗Minister beantragten Kredit zur Auf⸗ stellung eines Observationscorps an der türkischen Grenze und zur Errichtung eines Lagers von 24 Milizbataillonen be⸗ willigt. Die Skupschtina habe ferner den Finanz⸗Minister zur Eintreibung der rückständigen Subskriptionen auf die Kriegsanleihe ermächtigt und die durch den Krieg herbei⸗ geführten Ausgaben im Betrage von 2 Millionen Dukaten genehmigt.

Rußland und Polen. St. Petersburg, 21. Juli. (Journ. de St. Pet.) Der Großfürst Konstantin Konstan⸗ tinowitsch und die Mannschaft der Fregatte „Swetlana“ sind am 16. Juli zur Donau⸗Armee abgegangen.

898 Inval.) Der General Kaufmann meldet tele⸗ graphisch, daß er die Bestätigung der Nachricht von dem Tode des Badaulet von Kaschgar, Mohammed Jacub, und zwar durch einen Brief des älteren Sohnes des Verstor⸗ benen, Bek⸗Kuli⸗Bek, erhalten habe, der zugleich seine -“ angezeigt hat.

Taschkent, 18. Juli. (Ag. Int.) Aus Bukhara wird der Tod Seid⸗Muhamed⸗Khans des Sohnes des Emirs von Bukhara gemeldet, der im vorigen Jahre in St. Peters⸗ burg war.

Amerika. New⸗York, 20. Juli. (A. A. C.) Die Regierung hat beschlossen, die Anerkennung der neuen mexi⸗ kanischen Regierung zu verschieben, bis Porfirio Diaz, seinem Versprechen gemäß, Schadloshaltung für die Einfälle auf texanischem Boden Seitens der Mexikaner geleistet habe.

Der russisch⸗türkische Krieg. 8

London, 23. Juli. (W. T. B.) Im Oberhause er⸗ klärte auf eine die WW von Absendung von

Truppen nach dem Mittelmeer betreffende Anfrage Lord Granville’s Lord Derby: Es ist mir nicht schwer, diese Frage zu beantworten, die unter den obwaltenden Umständen eine natürliche und auch zeitgemäße ist. Was geschehen ist, besteht in Folgendem: Die Garnisonen im Mittelmeer sind, wie ich höre, jetzt unter ihrer vollen Stärke und es ward deshalb bei dem gegenwärtigen ungewissen und beunruhigten Zustande Europas für wünschenswerth erachtet, dieselben um etwa 3000 Mann zu verstärken. Das ist das Einzige, was Z“ über Truppenbewegungen zu Grunde iegt. Im Unterhause antwortete der Unter⸗Staatssekretär Bourke dem Deputirten Wait, von geheimen Vorbereitungen zu einer Expedition in einem italienischen oder adriatischen Hafen sei ihm amtlich nicht das Mindeste bekannt. Derselbe erklärte ferner auf eine Anfrage Erringtons, er habe keine amt⸗ liche Kenntniß von einer Mission eines Adjutanten des Fürsten Nikita nach Rom. Die italienische Regierung habe zum Ankauf

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von Pferden einen Kredit von der Kammer gefordert, der Regie⸗ rung sei indeß bekannt, daß der Pferdebestand der italienischen Armee weit unter dem Friedensfuß stehe. Dem Deputirten Callan gab Bourke auf eine andere Anfrage zur Antwort, er wisse nichts davon, daß ein russischer General von der Kau⸗ kasusarmee den Kopf des englischen Militärbevollmäch⸗ tigten, General Kemball, einen Preis ge 92 habe. Endlich erklärte Bourke in Beantwortung einer Anfrage Samuelsons, der englische Konsul in Erzerum habe angezeigt, von irregu⸗ lären türkischen Truppen und von Kurdenbanden seien in Armenien schwere Gewaltthaten verübt worden, der englische Vertreter in Konstantinopel sei angewiesen, der Pforte des⸗ halb Vorstellungen zu machen. Auf eine Anfrage Hartingtons erklärte der Schatzkanzler Northcote, die Gerüchte über die Entsendung von Truppen und deren Bestimmungsort basirten darauf, daß die Regierung es bei dem gegenwärtigen unge⸗ wissen Zustande im Mittelmeere für angezeig: ebalten habe, die Garnison von Malta auf ihre volle Stärke zu erhöhen. Dies sei der Grund für die Truppensendung und die einzige Antwort, die er geben könne.

London, 23. Juli. (W. T. B.) Der „Globe“ bestä⸗ tigt die Meldung des „Standard“, daß die Absendung der Truppen, welche Befehl erhalten haben, sich marschbereit zu halten, nur den Zweck hätte, die Garnisonen von Malta und Gibraltar zu kompletiren.

London, 24. Juli. (W. T. B.) Dem Vernehmen nach läßt die Regierung 2 weitere Truppentran sport⸗ schiffe, den „Simon“ und den „Himalaya“ segelfertig machen. Im Lager von Aldershot werden nächste Woche Marschbefehle für weitere Truppentheile erwartet. Namentlich ist von 2 Kavallerie⸗Regimentern, sowie einer Abtheilung Genietruppen und Train die Rede. Der „Standard“ und der „Daily Telegraph“ äußern sich mißbilligend darüber, daß die Regierung gestern im Parlament sich nicht offener ausgesprochen habe. Der „Daily T elegraph“ bezeichnet Gallipoli als den Ort, wohin die englischen Truppen gehen müßten, wenn bei ihrer Ankunft in Malta die Ereig⸗ nisse noch dieselben Aspekten, wie im gegenwärtigen Augen⸗ blicke, haben sollten. England müsse fortan offen reden und männlich handeln. Die „Times“ und die „Daily News“ sprechen sich gegen jede übereilte Kriegseinmischung aus.

Europäischer Kriegsschauplatz.

Bukarest, 23. Juli. (W. T. B.) Die bei Slobozia stehenden russischen Batterien unterhalten ein lebhaftes Feuer gegen Rustschuk. Die türkische Armee befindet sich noch in der Nähe von Rustschuk.

Wien, 23. Juli. (W. T. B.) Wie der „Polit. Korr.“ aus Konstantinopel vom 22. d. gemeldet wird, wäre die Enthebung Abdul Kerim Pascha von seinem Posten als Oberbefehlshaber nicht wegen der Ereignisse auf dem Krie 8⸗ schauplatze erfolgt. Dieselbe sei vielmehr lediglich die Folge eines von einem Spezialdelegirten direkt an den Sultan er⸗ statteten Berichts über den trostlosen Zustand der türkischen Armee, welche durch Krankheiten und Desertionen mehr als dezimirt sei. 3

Wien, 24. Juli. (W. T. B.) Telegramme der Morgen⸗ blätter. „N. fr. Presse“ aus Jassy vom 23.: Unter den für die russische Armee bestimmten Viehtransporten ist die Rinderpest in verheerender Weise ausgebrochen. Bu⸗ karest, 22. d.: Das 2. rumänische Armee⸗Corps, welches bisher in Caracal und Turnmagurelli stand, erhielt Befehl, in Eilmärschen nach Carabia abzumarschiren. Die rumänische Armee wird als selbständiges Ganzes die Donau. nicht überschreiten, nur eine Division des zweiten Corps unter Befehl des Generals Manu wird über die Donau gehen und ist einer größeren russischen Armee⸗Abtheilung unter Befehl des Großfürsten Wladimir beigegeben worden. „Deutsche Zeitung“ aus Bukarest vom 23.: Oberhalb der Mündung des Lom zur Rechten der Insel Pirgos entspann sich gestern Abend ein heftiger Kampf zwischen der russischen Avantgarde und türkischen Truppen.

—— Aus Brailla, 18. Juli, wird der „Pol. Korr.“ ge⸗ schrieben: . 1

„Die Russen haben den Balkan überschritten. Die Kon⸗ sequenz dieser Operation dürfte die Erhebung Bulgariens sein. Für die russische Kriegsleitung hat letztere insofern einen Werth, als da⸗ durch das Vorrücken der russischen Kolonnen in das Gebirge erleich⸗ tert und Zeit gewonnen wird, um durch nachrückende Truppenkörper den Balkanübergang zu sichern. Die Verstärkungen, welche unter Suleiman Pascha aus Albanien zur Vertheidigung des Balkans im Anmarsche sind, dürften zu spät kommen. Bis das ohnehin nicht be⸗ deutende Corps (höchstens 25,000 Mann) in Konstantinopel oder Salonichi ausgeschifft wird, dürften sich die Ereignisse so weit ent⸗ wickelt haben, daß es als bedeutender Faktor in diesem Feldzu enicht mehr in Anschlag zu bringen sein wird. Vor Allem wird aber die moralische Wirkung des glücklichen Vorstoßes des Generals Gurko eine bedeutende sein. In Konstantinopel selbst können in Folge dessen Ereignisse eintreten, welche sich jeder Berechnung entziehen. In⸗ zwischen vollziehen sich an der Donau für den Fortgang des Krieges wichtige Operationen. Durch den Besitz der bE1 Stellung von Nikopolis hat die russische Kriegsleitung ihre rechte Flanke ge⸗ sichert, die Durchbrechung der türkischen Aufstellung an der Donau vollzogen, und eine wichtige Posilion auf dem bulgarischen Ufer ge⸗ wonnen. Nach Osten hin hat der keilförmige Durchbruch der Russen zur unmittelbaren Folge gehabt, daß ein Theil der türkischen Streit⸗ kräfte unter Achmet Ejub Pascha, nach einer schwachen Vertheidi⸗ gung der Stellung an der Jantra, ssch auf die obere Lom⸗Linie zurückzog, und dadurch die Deckung Rustschuks aufgab. Die nächste Folge dieser rückgängigen Bewegung ist die Cernirurg Rustschuks, welche durch die von den Russen erfolgte Beleszung Vetovas (auf der Linie Varna⸗Rustschuk) effektiv bewerkstelligt ist. Der Angriff dieser

estung wird wahrscheinlich alsbald beginnen, und in derselben

eise, wie gegen Nikopolis, durchgeführt werden. Die schwache Seite aller türkischen Donau⸗Festungen, ausge⸗ nommen Widdin, ist, daß dieselben hauptsächlich zur Vertheidigung der Donau angelegt sind, und deshalb von der südlichen Landseite aus durch höher gelegene Positionen dominirt werden. Letztere sind zwar in letzter Zeit befestigt worden, immerhin bleibt aber die Vertheidigung der Festung in dem Nach⸗ theile, daß der belagernde Feind 8 ganzes Augenmerk nur auf die Bezwingung des einen Außenwerkes zu richten braucht, dessen Ein⸗ nahme unbedingt den Fall der ganzen Festung nach sich zieht. Ebenso wie die Russen, um Nikopolis zur Kapitulation zu swingen, nur die Stellung bei Samavit zu erobern brauchten, so werden sie, um sich Rustschuks zu bemächtigen, nur eine der beiden dort befindlichen do⸗ minirenden Stellungen zu bezwingen haben. Um die Degagirung Rustschuks von Schumla und Eski⸗Djuma aus zu verhindern, werden freilich die Russen gezwungen sein, mit einer starken Armee gegen Rasgrad vorzudringen. Wenn Rustschuk einmal gefallen ist, hat die russische Ope⸗ rationsbasis ihre Unität wieder gewonnen. Es wird sich dann zeigen, ob der erfolgte Balkan⸗Uebergang bei Schipka und der inzwischen verstärkte Vorstoß der Russen auf Kazanlik und Eski⸗Zagra, durch welchen die türkische Aufstellung bei Schumla umgangen ist, eine Vertheidigung der Balkanlinie noch zuläßt. Es wäre nicht unmöglich, daß die türkische

Armeeleitung in Schumla und Eski⸗Djuma nur die nothwendigen Garnisonen zurücklassend, sich über die östlichen passirbaren Balkan⸗ Pas nach der rumelischen Ebene rückwärts konzentrirt und, das

undscha⸗Thal hinab, zur Deckung Adrianopels eilt. Durch die nach einem ziemlichen heftigen Kampfe erfolgte Besetzung Medschidje's ist der linke Flügel der russischen Invasionsarmee als ein nicht un⸗ bedeutender Faktor in die Aktion getreten. General Zimmermann wird nun auch die rechte Seite des Festungsvierecks angreifen, Silistria maskiren und, bei einem etwaigen Vorstoße der Türken gegen die Rustschuk belagernde russische Armee erstere in der Flanke bedrohen im eines türkischen Rückzuges aber Varna zum Objekte seiner

perationen machen. Auf der Eisenbahn haben die Transporte von Truppen und Kriegsmaterial wieder begonnen. Die 30. russische Division ist in den letzten Tagen passirt. Mit dem Vor⸗ marsche der zwei Reservecorps scheint man noch einige Wochen war⸗ ten zu wollen.“

Der Spezialkorrespondent des „Reuterschen Bureaus“ in Konstantinopel berichtet unterm 18. d.:

„Abdul Kerim Pascha hat der Pforte auf tele raphi⸗ schem Wege die Versicherung ertheilt, daß er den Rückzug der Russen, welche den Balkan überschritten haben, ab⸗ schneiden werde und nur der Ankunft der Verstärkungen unter Suleiman Pascha harre, um den Feind anzugreifen. „Zwanzig⸗ tausend Mann regulärer Truppen und eben so viele Freiwillige sind von der Hauptstadt nach Adrianopel abgegangen. „Dieridie Havadis meldet, daß die Paligei von Konstantinopel nunmehr mit geladenen Gewehren ihren Dienst versieht. Fünf egyptische Transportdampfer werden heute mit 700 Mann egpptischer Kavallerie erwartet. Eine von heute datirte Depesche aus Adrianopel meldet, daß die Russen vorrücken, um die Werkstätten der Eisenbahn in Jeni⸗Saghra zu zerstören. Mehemed Ali Pascha ist ihnen mit einer beträchtlichen Streitkraft entgegenmarschirt.“

Ueber die Tirnowa⸗Pässe veröffentlicht der „Rus⸗ sische Invalide“ die nachfolgende Beschreibung:

„Die Gruppe der Tirnowa⸗Pässe besteht aus zwei Fahrwegen über den Schipka⸗ und über den Trawna⸗Paß und aus mehreren größeren Fußstraen. Der Schipka⸗Paß dient als ee. zwischen Rustschuk und Adrianopel. Der von Gabrowa zum Schipka führende, 24 Werst lange Weg ist chaussirt, bedarf aber stellenweise einer Remonte. Gabrowa liegt in einer Höhe von 1600 Fuß. Die Hauptpassage liegt in einer Höhe von 4600 Fuß, so daß das Hinansteigen 4 ½ Stunden, das inabsteigen gegen eine Stunde in Anfpruch nimmt. Das örfchen Schipka liegt in einer Höhe von 1800 Fuß. Der Trawna⸗ Paß ist 4000 Fuß hoch. Durch ihn führt ein Fahrweg aus Trawna (2500 Fuß hoch), das 400 bulgarische Häuser hat, zur Ort⸗ schaft Maglisch. Nördlich von Trawna bis zum Balkan ist der Weg chaussirt, aber weiter ist er nur für mit Ochsen bespunnte Fuhren passirbar; doch würden geringe Remonten genügen, um ihn auch für die Artillerie und den Train passirbar zu machen. Von Trawna führt die Chaussee an dem linken Ufer des Flusses Selza. Leicht ansteigend, durchschneidet sie diesen Fluß zwei Mal bei den Ansiedlungen Dimiow⸗Chan (10 Höfe) und Baiowtzy (7 Höfe); auf dem rechten Ufer liegt die Ansiedlung Bowatschitza. Darauf wendet sich der Weg zur Anstedlung Jawtschew⸗Chan, wo er durch eine Furth über den Selzafluß und dann über dessen Nebenfluß Kowatschka hinüberführt. Zwischen den Ansiedlungen Tschaschkali (30 Höfe) und Radwetzky (20 Höfe) wird er steiler, läuft aber längs des rechten Ufers des Flusses Selza größtentheils durch Felder zur An⸗ siedlung . in deren Nähe die Steinkohlengruben Bonuw⸗ Konak liegen. urch einen dichten Wald erhebt sich dann die Straße zum Trawna⸗Paß, der zwischen den Gipfeln Wisa und Kristach liegt. Hinter dem Paß senkt sich die Straße stellenweise sehr steil und ist da felsig, geht aber an anderen Punkten durch Wälder und Wiesen. Weiter füͤhrt die Straße über den Berg Dabnik zum Fluß Maglisch, den sie bei dem armen Bulgarendorf Selzy durchschneidet. Der steilen Ufer wegen ist eine Bewegung längs des Flusses fast unmög⸗ lich, daher steigt die Straße die gegenüberliegenden Höhen hinan, geht über den Nebenfluß des Maglisch und entfernt sich, nachdem sie einen großen Bogen beschrieben hat, um ein Bedeutendes vom Thal des Maglisch. Von den erst steinigen und dann bewaldeten Höhen der Dobrina⸗Planina steigt die Straße den Peg gnea (300 Fuß) hinan, von dessen steilem Gipfel sich eine prächtige Aussicht auf Kazanlik eröffnet. Darauf durchzieht sie einen Eichenwald und senkt sich zum Maglischschen Kloster 1500 Fuß). Von hier an wird sie besser, kehrt zum Fluß Maglisch zurück und wendet fich zum gleich⸗ namigen Dorf, das 400 bulgarische und 190 türkische Höfe hat. Von hier geht es nach Kazanlik. Vom Dorfe Selzy führt noch ein an⸗ derer Weg, der aber nur von Fußgängern und Reitern benutzt werden kann, nach Kazanlik. Außer den erwähnten Fahrwegen führen noch folgende Fußstege über den Schipka urd den Trawna⸗Balkan: a. vom orfe Seleno⸗Drewo (auf dem Wege aus Gabrowa nach Schipka) ins Dorf Sofolar, das im Kazanlikschen Thale liegt und den Engpaß Akdere versclizßtz b. zwischen Gabrowa und der Ortschaft Imetli; c. von der Ortschaft Kilfar nach Chankioi. Dieser Fufweg ist 36 Werst lang, eng, sehr steil und geht durch die ödesten Stellen des Gebirgs⸗ rückens. Die russische Avantgarde hat den letztgenannten Weg ge⸗ nommen und den Balkan zwischen dem Schipka⸗ und Trawna⸗Paß (im Westen) und dem Jelina⸗Paß (im Osten) überschritten.“

Der Spezial⸗Berichterstatter der „Daily News“ bei der russischen Armee, die gebildet wurde, um gegen Rustschuk zu operiren, die aber seit zehn Tagen an der Jantra⸗Linie gestanden, meldet in einer aus Pawlo, den 16. d. datirten telegraphischen Korre⸗ spondenz, daß ihr Befehlshaber die Erlaubniß erhalten hat, vorzu⸗ rücken, aber vorläufig von einer Belagerung der türkischen Festun Abstand zu nehmen. Das Hauptquartier der Armee wird na Beleova, einem Dorfe am östlichen Ufer der Jantra, etwa auf halbem Wege zwischen Biela und der Donau, verlegt werden, und das Centrum der neuen Position wird ungefähr Domegila, ein Dorf un⸗ weit Obertenik, das gegenwärtige Hauptquartier der Kavallerie⸗Division des 12. Corps sein. Oßwohl fährt der Korrespondent fort der Vor⸗ marsch allem Anschein nach ein langsamer sein wird, glaube ich doch, daß die Maskirungs⸗Politik aufgegeben ist und daß Rustschuk und Schumla belagert werden. Wir mögen die Errichtung einer Brücke über die Donau irgendwo in der Nähe von Pyrgos erwarten, damit der Belagerungspark nach einem Orte befördert werden kann, wo er von Nutzen sein dürfte. Dann wird einige praktische Verwendung für jene großen, tausend Pfund wiegenden Granaten gefunden werden, die in so ungeheuren Quantitäten im Banyosa, einer Station an der Bukarest⸗Giurgewo⸗Eisenbahn etwa zehn Meilen nördlich von Giurgewo, angesammelt wurden. Mittlerweile wird das Vorrücken der Infanterie die Kavallerie in den Stand setzen, vorwärts zu dringen und einen Beobachtungskreis um den Rayon der Festung herum zu bilden, und sie so von der übrigen Welt zu isoliren.

(W. T. B.) Der ,Polit. Korresp.“ geht aus Zara vom 22. d. die Nachricht zu, daß die Festung⸗ iksic seit dem 21. d. früh von den Montenegrinern beschossen werde.

Aus Ragusa wird der W. „Presse“ vom 24. tele⸗ graphirt: Fürst Nikita 8 die montenegrinische Armee in 6 Abtheilungen getheilt. Das Oberkommando hat Dosi⸗ dar Petrovics. Eine dieser Abtheilungen steht in der Nahia Wassojewitschi, die übrigen an der Südgrenze Montenegros.

Aus Cettinje, 15. Juli, meldet man der „Pol. Korr.“: Nach Berichten aus Skutari ist Ali Saib Pascha daselbst mit seinen Truppen angelangt. Die 41 Bataillone Suleiman Paschas harren in Antivari noch immer ihrer Ein⸗ schiffung. Bis gestern waren die nöthigen Transportschiffe nicht erschienen. Die Ernte im Cetathale und in den an⸗ deren vom Kriege heimgesuchten Gegenden ist nicht verwüstet. Dieser Umstand findet darin seine Erklärung, daß die T

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ken sich nicht in die Thäler hinabgewagt, sondern konsequent an den Höhen des Gebirgszuges gehalten haben. Nur der Anfang des Thales bei Ostrog ist in der Länge von etwa einer halben Stunde arg zugerichtet. 3

Asiatischer Kriegsschauplaz.

Konstantinopel, 23. Juli. (W. T. B.) Nach einer der „Agence Havas“ zugegangenen Meldung vom klein⸗ asiatischen Kriegsschauplatze hätten sich die Russen in Folge des am Donnerstag bei Khediller stattgehabten Gefech⸗ tes gegen die Grenze hin zurückgezogen. 2 Pascha schiebe sein Lager weiter vor. Die telegraphische Verbindung mit Kars sei wieder hergestellt.

London, 24. Juli. (W. T. B.) Dem N. „W. Tagebl.“ wird von hier gemeldet: Dem „Reuterschen Bureau“ wird über Erzerum aus dem Hauptquartier Moukhtar Paschas vom 20. d. M. gemeldet, die Russen seien nach einer mit 8 Regimentern Kavallerie und 8 Geschützen gegen die Stellung Moukhtar Paschas ausgeführten Rekognoscirung wieder zurück⸗ gegangen; ihr Lagergeräth sei nach Djanuislidash und in der Richtung nach Alexandrapol zurücktransportirt worden.

Ueber die Lage der Dinge auf dem kleinasiati⸗ schen Kriegsschauplatze wird dem „Reuterschen Bureau unterm 18. d. M. aus Erzerum telegraphisch berichtet:

„Das Corps von Wan hat sich mit dem türkischen rechten Flügel vereinigt und diese Gesammtstreitmacht hat jetzt in der Nähe von Bajazid ein Lager bezogen. General Tergukassoff steht an der Grenze und erwartet Verstärkungen. Achmed Moukhtar Pascha be⸗ findet sich in der Nähe von Vesinköi, vier Stunden östlich von Kars. Die Armee unter General Loris⸗Melikoff hat sich nicht weiter als bis Ku⸗ rukdara und Jeniköi zurückgezogen und erwartet jetzt große Verstärkungen von Alexandropol, wo der Großfürst Michael persönlich die dieser⸗ halb nöthigen Vorbereitungen beschleunigt. Am 14. Juli bewirkten zwölf Regimenter russischer Kavallerie mit einer Feldbatterie eine Rekognoszirung des Lagers von Mouhktar Pascha. Nachdem einige Kanonenschüsse gewechselt, zogen sich die Russen zurück. Ein neuer Kampf wird erwartet. Bajazid ist von seiner Bevölkerung vollständig verlassen und die Dörfer in der Ebene sind verwüstet. Deren Ein⸗ wohner sind theils nach Evadschik⸗Makon in Persien, theils in rus⸗ sisches Territorium geflüchtet. Auch die Dörfer in den Ebenen von Karakilissa und Alaschgerd sind von dem größeren Theil ihrer Ein⸗ wohner verlassen worden.“

Die Versenkung des Rheinkabels bei Mainz.

Mainz, 23. Juli 1877. Unsere Stadt war heute Zeuge eines für das Verkehrsleben Deutschlands hochwichtigen Aktes. Die 80 Meilen lange unterirdische Telegraphenlinie, welche Berlin mit Mainz, Frankfurt a. M., Leipzig, Halle und Cassel verbindet, ist durch Versenkung des Rheinkabels zwischen Castel und Mainz soeben beendet worden. Unter Führung des General⸗Postmeisters Dr. Tö“ eine zahlreiche Fest⸗ versammlung auf das Kabelschiff sich begeben, darunter na⸗ mentlich der Direktor des General⸗Telegraphenamts, mehrere Mitglieder der obersten Post⸗ und Telegraphenbehörde in Berlin, die Chefs verschiedener betheiligter Ober⸗Postdirektions⸗ bezirke, ferner die Vorstände der bayerischen und württem⸗ bergischen Telegraphenverwaltung, Vertreter der Stadt⸗ und der Festungsbehörde von Mainz, der betreffenden Eisen⸗ bahnen und Dampfschiffs⸗Gesellschaften, sowie die bei Her⸗ stellung der Linie thätig gewesenen leitenden Techniker und Industriellen. Von dem festlich beflaggten Schiffe aus wurde das Schlußkabel schnell und sicher in die Fluthen des Rheins hinabgesenkt, und nachdem sodann die Ver⸗ bindung mit dem Landkabel hergestellt und die Sprech⸗ versuche mit Berlin erfolgreich beendet worden, brachte der General⸗Postmeister Dr. Stephan unter begeistertem Zurufe der Versammlung folgenden Toast auf Se. Majestät den Kaiser und König aus: 1

Meine Herren! Sie sind soeben Zeugen gewesen der Vollen⸗ 8 dung einer der großen Unternehmungen unserer Zeit auf dem Gebiet des Verkehrswesens. Eine unterirdische Telegraphenlinie, sieben Leitungen umfassend, eine jede von mehr als 80 geographische Meilen Länge ist hergestellt: die erste von dieser Ausdehnung auf der ganzen Erde. Nachdem Se. Majestät unser Aller⸗ gnädigster Kaiser die Herstellung dieser Linie befohlen hatte und vom Bundesrathe und Reichstage die erforderlichen Mittel in Anerkennung des hochwichtigen Zweckes zur Verfügung gestellt worden waren, wurde ohne Verzug ans Werk gegangen. Sie, meine Herren, die Sie mit einer der Größe der Aufgabe ebenbürtigen Hingebung an der Ausführu mitgewirkt haben, dürfen mit Genugthuung auf die ebenso gediegene, wie mit der bekannten klassischen Geschwindigkeit bewirkte Volle dung des Werks hinblicken. 11u““ .

Ich spreche nicht von den Schwierigkeiten, die zu überwinden waren, sie liegen hinter uns. Wir blicken vorwärts auf das, was ferner zu thun bleibt. Wohl aber ziemt es uns dankbar Der⸗ jenigen zu gedenken, denen ein Antheil an der Ueberwindung der bisherigen Schwierigkeiten gebührt: der Behörden des Reichs und der Einzelstaaten, sowie der Organe der Provinzial⸗ und Gemeinde⸗ verbände, der Eisenbahn⸗ und Dampfschiffsverwaltungen, welche uns ein so förderliches Entgegenkommen bewiesen haben; der deutschen Industrie, welche in so hervorragender Weise bei diesem Werke mitgewirkt hat; Allem d Männer der Wissenschaft, welche die wunderbare Naturkraft der Electricität dem Dienste der Civilisation gewonnen, die Sage von jenem T tanen, der den Blitz einst der Menschheit dienstbar machte, in Wirk⸗ lichkeit verwandelt haben, und in deren Reihen unser Vaterland un⸗ sterbliche Namen aufzuweisen hat. Mit dem heutigen Tage ist in den Körper der Erde ein Nervenstrang gelegt, der die Gedanken⸗ bewegung zwischen der Hauptstadt des Reichs und einem der festesten Bollwerke seiner Sicherheit, sowie mehreren der wichtigsten Knoten⸗ punkte seines Verkehrslebens mit Augenblickesschnelle vermittelt: Berlin, Leipzig, Halle, Cassel, Frankfurt a./M., Mainz, und noch in diesem Jahre werden Hamburg und Kiel in das unterir⸗ dische Netz hineingezogen sein. Hier an der Stätte, an welcher wir jetzt verweilen, wo das alte Ca⸗trum Moguntiacum, di von den römischen Feldherren und Kaisersöhnen gegen Germania er⸗ richtete Zwingburg sich erhob, haben Sie, meine Herren, in den deutschen Strom so eben das eiserne Band niedersinken sehen, wel⸗ ches die heutige deutsche Rhein⸗ und Reichsveste noch enger mit dem Mittelpunkt des Reiches verknüpft. Aber es sind insbesondere großen Verkehrsmetropolen am Main, in Sachsen und an der lbe nach dem Befehl Sr. Majestät der neuen Verbindung theilhaftig geworden, deren Zweck in erster Linie dahin geht, dem friedlichen Verkehr in deutschen Landen und mit unsern Nachbaren zu dienen, entsprechend dem Kaiserworte, daß das Deutsche Reich ein Reich des Friedens ist! 8 Gestatten Sie mir noch eine Betrachtung zum Schlusse, meine

erren. Als ich vorhin die wuchtigen Metallmassen des Telegraphen⸗ Herefh in den schönen Strom gleiten sah, dessen Schooß fast an der⸗ selben Stelle einst eine Saat blutiger Zwietracht in sich aufgenommen hatte, und dessen herrliche Ufergelände so oft die Stätten deutscher Zerrissenheit und dadurch deutscher Schwäche gewesen waren: da füllte sich meine Seele mit freudigem Stolze in dem Ge⸗ danken, wie anders das Alles unter unsern Augen geworden ist, seitdem ein siegesgewaltiger Arm das Vaterland geeinigt, ein glorreiches

Scepter das Deutsche Reich wieder hergestellt und befestigt hat.