1877 / 173 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Thu, 26 Jul 1877 18:00:01 GMT) scan diff

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Nichtamtliches. Deutsches Reich. 8

Preußen. Berlin, 26. Juli. Unterm 14. Februar d. J. sind von dem Reichskanzler, auf Grund eines vom Bundesrathe gefaßten Beschlusses, diejenigen Formulare bekannt „u worden, nach welchen von den „ein⸗ geschriebenen Hülfskassen“ die in §. 27 des Ge⸗ setzes vorgeschriebenen Uebersichten über die Mitglieder und über die Krankheits⸗ und Sterbefälle, sowie der Rechnungsabschluß den zuständigen Behörden einzusenden sind. Der letztere ist für jedes Jahr binnen drei Monaten nach Ablauf des Jahres der Aufsichtsbehörde, die ersteren sind erstmalig für die beiden Jahre 1877 und 1878 und sodann regelmäßig für die weiteren zwei Jahre binnen drei Monaten nach Ablauf des zweiten ahres der höheren Verwaltungsbehörde, also im Geltungsbereich der Provinzialordnung den Königlichen Regierungs⸗Präsidenten, in Berlin dem Königlichen Polizer Prästdium und übrigens den Königlichen Regierungen und Landdrosteien einzureichen. Im Anschluß hieran haben der Minister des Innern und der Handels⸗Minister durch Cirkularerlaß vom 12. d. M. Folgendes bestimmt: 1) Den Vorständen der bereits zugelassenen ein⸗ eschriebenen Hülfskassen ist je ein Exemplar der vorgeschrie⸗ ere Formulare unter Hinweisung auf die ihnen obliegende Verpflichtung zuzustellen. 2) Für die Folge ist in der Ver⸗ fügung, wodurch den Vertretern einer Kasse die Zulassung der letzteren als eingeschriebene Hülfskasse eröffnet wird, unter Mittheilung je eines Exemplars der vor⸗ geschriebenen Formulare auf die der Kasse obliegende Ver⸗ pflichtung hinzuweisen. 3) Die Aufsichtsbehörden haben bis auf Weiteres eine Abschrift des Rechnungsabschlusses binnen 4 Wochen nach dessen Eingange der höheren Verwaltungs⸗ behörde einzusenden. Ueber die weitere statistische Bearbeitung der Rechnungsabschlüsse und Uebersichten, sowie über die Ver⸗ pflichtung der auf Grund älterer Vorschriften bestehenden Hülfskassen zur Einsendung der Uebersichten (cfr. §. 36 des Gesetzes vom 7. April 1876) ist weitere Bestimmung vorbe⸗ halten.

Der Minister des Innern hat den Königlichen Re⸗ gierungen ꝛc. durch Cirkularerlaß vom 9. Juni d. J. die all⸗ gemeine Verfügung des Justiz⸗Ministers vom 28. Mai d. J. mitgetheilt, durch welche den Justizbehörden empfohlen wird, an der Praxis, den Transport der aus Großbritan⸗ ien nach Deutschland auszuliefernden Verbrecher durch englische Polizeibeamte bis nach Hamburg erfolgen zu lassen, als Regel festzuhalten, und in Ausnahmefällen, in welchen die Abholung der uszuliefernden durch preußische Beamte räthlich erscheint, rechtzeitig deshalb Anträge bei dem uswärtigen Amte zu stellen, damit vor der Absendung dieser eamten eine Verständigung mit der großbritannischen Re⸗ gierung herbeigeführt werden kann. 1 Zugleich hat der Minister des Innern die Regierungen ver⸗ anlaßt, die ihnen untergebenen Polizeibehörden darauf auf⸗ merksam zu machen, daß sie in allen, zu ihrer eigenen Ent⸗ cheidung kommenden Fällen, in welchen aus besonderen Grün⸗ en die Abholung des Auszuliefernden aus England durch preußische Beamte räthlich erscheint, dafür zu sorgen haben, dies rechtzeitig zur Kenntniß derjenigen Behörden ge⸗ bracht wird, 883 nach Artikel VIII. des Auslieferungs⸗ vertrages zwischen dem Reiche und Großbritannien vom 14. Mai 1872, den Antrag auf Auslieferung bei der Königlich großbritannischen Regierung zu stellen haben und welche sich daher über die Art des Transports mit der ge⸗ nannten Regierung zu verständigen haben werden.

1. Der Allerhöchste Erlaß vom 4. September 1864, be⸗ ziehungsweise der durch denselben genehmigte Beschluß der vormaligen deutschen Bundesversammlung vom 2. Juli 1863, wonach keinerlei Vergütung der durch die Auslieferung von Deserteuren entstehenden Kosten weder für den

Transport, die Bewachung u. s. w., noch für den Unterhalt

er Deserteure und der mitgebrachten Pferde zu gewähren ist, besteht Oesterreich gegenüber noch in Kraft. Da gleich⸗ wohl neuerdings Fälle vorgekommen sind, in denen von deut⸗ schen Behörden bei Auslieferung von Deserteuren nach Oester⸗ reich⸗Ungarn die Erstattung von Kosten obiger Art verlangt worden ist, so hat der Minister des Innern durch Cirkular⸗ erlaß vom 30. Mai d. J. den Königlichen Regierungen die Beachtung der Bestimmungen des Eingangs gedachten Aller⸗ höchsten Erlasses für etwa vorkommende Fälle in Erinnerung gebracht.

Der Kaiserliche Gesandte von Pfuel ist auf seinen Posten in Stockholm zurückgekehrt und hat die Geschäfte der dortigen Kaiserlichen Gesandtschaft wieder übernommen.

Der Gesandte der Vereinigten Staaten von Amerika am hiesigen Allerhöchsten Hofe, Herr Bancroft⸗Davis,

ist nach Berlin zurückgekehrt und hat die Geschäfte der Ge⸗ sandtschaft wieder übernommen.

6 Der General⸗Lieutenant z. D. Baeyer, Präsident

des Königlichen geodätischen Instituts, hat sich nach Helgoland begeben.

Kiel, 24. Juli. (Hamb. Nachr.) Am 22. d. Mts. ver⸗ starb auf Marienhöhe der Königlich dänische Wirkliche Geheime Rath Ulysses von Dirkinck⸗Holmfeldt, ehemaliger däni⸗ scher Gesandter in Paris und Bundestagsgesandter in Frank⸗ furt a. M., im Alter von 78 Jahren.

Baden. Karlsruhe, 20. Juli. (Frkf. J.) Eine neuerlich erlassene Verordnung über „Mittelschulen für die weibliche Jugend“ enthält Bestimmungen über Ein⸗ richtung, Schulgeld, Zusantmensetzung des Lehrkörpers, An⸗ stellung der Lehrkräfte, Leitung und Beaufsichtigung ꝛc. Es steht ein siebenjähriger Lehrkursus mit Religion, Deutsch, anzöfisch „Englisch, Geschichte, Geographie, Größen⸗ ehre, Naturkunde, Kalligraphie, Zeichen, Gesang, Tur⸗ nen und Nadelarbeiten für die mit dem neunten Lebensjahre Eintretenden bevor, für welchen auf der untern Stufe 80 ℳ, auf der obern 120 Schulgeld zu entrichten sind. Nöthi sind wenigstens drei akademisch gebildete Lehrer, zwei Real⸗ Lehrer und die sonst erforderlichen geprüften Lehrerinnen.

Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 24. Juli. In Gegen⸗ wart des Kaisers fand zu Schönbrunn heute, als Abschluß des Unterrichts in den militärischen Studien des Kron⸗

Alle vorgelegten Fragen wurden ausnahmslos in bündiger, klarer und zutreffender Weise beantwortet, und war das Er⸗ gebniß der 2. ein äußerst zufriedenstellendes. Um dem mehr theoretischen Unterrichte die praktische Anschauung folgen zu lassen, wird der Kronprinz gegen Ende des Monats August eine Besichtigung der kriegsmaritimen Etablissements sowie der Kriegsschiffe in Pola und Fiume vornehmen. Der österreichisch⸗ungarische Botschafter in Berlin, Graf Karolyi, ist gestern von hier nach Pest abgereist.

Schweiz. Bern, 24. Juli. (N. Zürch. Ztg.) Bis jetzt sind gegen das Fabrikgesetz ca. 54,000, gegen das Mili⸗ lär⸗ Skeuergeseg über 30,000 und gegen das Stimm⸗ rechtsgesetz über 20,000 Unterschriften eingelangt. Der General Grant ist hier angekommen.

Niederlande. Haag. (Journ. off.) Vom 20. Aug ust bis zum 1. September werden große Manöver in der Pro⸗ vinz Utrecht abgehalten werden. Die Staatseinnahmen im verflossenen Halbjahre sind auf 46,302,114 Fl., gegen 43,932,256 Fl. in der entsprechenden Periode des Vorjahres, estiegen. Diese Zunahme ist hauptsächlich dem Mehrerträgniß er Steuer auf destillirte Getränke zuzuschreiben.

Großbritannien und Irland. London, 24. Juli. (E. C.) In der gestrigen Sitzung des Unterhauses bean⸗ tragte Sir W. Barttelot folgende Resolution bezüglich der Pigott⸗Angelegenheit: „Das Haus, auf das Aeußerste be⸗ strebt, Nutzen und Einfluß seiner Sonderausschüsse zu erhalten und das Interesse und den Eifer der Staatsbeamten zu er⸗ muthigen, zieht, nach Anhörung der weiteren Erklärungen, bezüglich der neulichen Ernennung des Vorstehers der Stationery Office, den in jener Resolution enthaltenen Tadel urück.“ Die Redner von verschiedenen Seiten des Hauses sich fast sämmtlich zu Gunsten dieses Beschlusses aus. Der Schatzkanzler Sir Stafford Northcote wies darauf hin, welchen hohen Werth der Premier⸗Minister auf die gute Mei⸗ nung des Unterhauses lege, und daß niemals etwas so sehr sein Se; verletzt habe, als das fragliche Tadelsvotum. Zum Theil, fügte der Schatzkanzler hinzu, sei er selbst dafür verantwortlich, da seine Vertheidigung seines Chefs und Freundes keineswegs so vollkommen gewesen sei, als sie hätte sein müssen und können. Schließlich legte derselbe nochmals den Sachverhalt in gleicher Weise wie der Premier im Ober⸗ hause dar. Nach einigen ferneren Bemerkungen wurde der Antrag Sir W. Barttelots einstimmig angenommen. In Oxford ward am Sonnabend durch den Earl of Morley der Grundstein zu der neuen Militärschule gelegt. 25. Juli. (W. T. B.) In der heutigen Unter⸗ haussitzung wurde bei der Berathung der einzelnen Artikel der Bill über die südafrikanische Konföderation durch die gegen die Bill gerichteten Ausführungen des Deputirten O' Donnell ein sehr lebhafter Zwischenfall herbeigeführt, welcher damit endete, daß der Deputirte Parnell veranlaßt wurde, das Haus zu verlassen, bis 8 über sein Auf⸗ treten sein Urtheil gefällt habe. Der Schatzkanzler Northcote beantragte sodann die Annahme einer Resolution des Inhalts, daß der Deputirte Parnell, da er hartnäckig und beharrlich die Verhandlungen gestört habe, den Tadel des Hauses verdient abe und daß er deshalb bis zum nächsten Freitag von den erhandlungen des Hauses auszuschließen sei. Nach einer hierauf folgenden Debatte nahm das Haus den Antrag an, die weitere Diskussion über diese Resolution bis zum nächsten Freitag zu vertagen. Die Regierung hatte diesem Antrage zugestimmt. Der Schatzkanzler Northcote beabsichtigt, am nächsten Freitag auch eine Resolution, betreffend eine Aende⸗ rung der Geschästsordnung des Hauses, zu beantragen. Indien. Nach einer Meldung des „Reuterschen Bureaus“ aus Bombay vom 25. d. Mts. lauten die Berichte über die Ernten in Indien ungünstig und veranlassen ernste Be⸗ fürchtungen für eine neue Hungersnoth in mehreren Theilen

Indiens.

Frankreich. Paris, 24. Juli. Der „Soleil“, das Hauptorgan der orleanistischen Partei, nimmt von den mißvergnügten Aeußerungen der bonapartistischen Blätter Akt und kennzeichnet dann seinen eigenen Standpunkt wie folgt: „Wir haben den Akt vom 16. Mai weder gewünscht noch ge⸗ fordert. Wir haben uns nicht einmal durch Rathschläge an der Bildung des Ministeriums betheiligt. Wir sind also auf keine Weise weder für den 16. Mai noch für seine Fülden verantwortlich. Und doch sind gerade wir diejenigen, we che sich am wenigsten unbequem machen und dem Präsidenten der Republik in der gegenwärtigen Krisis den größten Beistand leisten. Wie kommt das? Der Grund ist sehr einfach. Der Präsident der Republik 8n erklärt, daß er mit der bisherigen Kammer nicht länger leben könne. Er hat die Konservativen, alle Konservativen, aufgefordert, ihm zu der Herstellung einer anderen Kammer, mit der er leben könnte, behülflich zu sein. Wir erachteten, daß wir ihm auf diesem Boden unseren Bei⸗ stand weder verweigern konnten noch durften. Wir gewähren ihm denselben ehrlich und im weitesten Maße, ohne Nörge⸗ leien und ohne Rekriminationen. Aber wir gewähren ihn ihm persönlich, zu einem besonderen und bestimmten Zwecke. Wir glauben uns daher nicht verpflichtet, alle Akte des Mi⸗ nisteriums gutzuheißen. Wir halten uns nur für ver⸗ pflichtet, alles zu thun, was in unseren Kräften steht, damit die Wahjen gut ausfallen. Indem wir in diesem Sinne handeln, werden wir unsere Pflicht, unsere ganze Pflicht erfüllt haben. Und am Tage nach den Wahlen werden wir uns Jedermann gegenüber für vollkommen frei halten.“ Inzwischen accentuirt der „Gaulois“ seine Sonderstellung immer schärser. Das Blatt erklärt unumwunden, daß es die Hoffnung, bei der Regierung ein richtiges Ver⸗ ständniß der konservativen Interessen zu finden, aufgeben müsse, und fordert daher seine Freunde in der Provinz auf, im Verein mit ihm eine selbständige und unabhängige Wahl⸗ campagne zu unternehmen. Uebereinstimmenden Meldun⸗ gen mehrerer Abendblätter zufolge wäre im eutigen Mi⸗ nisterrathe, dem auch der von Salins zurü gekehrte Her⸗ zog Decazes e definitiv und nur unter Vorbehalt unvorhergesehener Eventualitäten, die eine frühere Einberufung erheischen könnten, beschlossen worden, das Datum der all⸗

emeinen Wahlen auf den 14. Oktober anzusetzen. Auch die Lliste der offiziellen Kandidaten soll jetzt vollständig fest⸗ gestellt sein. 8 Marseille, 25. Juli. (W. T. B.) Der hiesige Mu⸗ nizipalrath ist aufgelöst und durch eine Munizipal⸗ kommission ersetzt worden.

Manövern in Ober⸗Italien beizuwohnen.

Die Kron⸗ prinzessin hat dieser Tage von Venedig einen Ausflug nach Vicenza gemacht und ist von der Bevölkerung der Stadt, deren Häuser und Straßen bei ihrem Einzuge bekränzt und beflaggt waren, enthusiastisch empfangen worden. Von Vicenza hat sich Ihre Königliche Hoheit nach Schio begeben. Zwischen dem Minister des Aeußern, Melegari, und dem Ge⸗ sandten des Königs von Schweden, Baron von Essen, ist am 4. d. Mts. wiederum ein erläuternder Zusatz zu dem im Jahre 1862 zwischen Italien und Schweden⸗Norwegen abge⸗ schlossenen Handels⸗ und Schiffahrtsvertrage kontra⸗ signirt worden, laut welchem die in dem letzteren stipulirte, den Konsuln, Vize⸗Konsuln und Konsular⸗Agenten bewilligte Befreiung vom Militärdienste und vom Dienste in der Miliz nicht auf die andern Unterthanen der beiden Monarchen auszudehnen ist, sondern den Gesetzen ihrer resp. Heimathsländer unterworfen bleiben. Herr Melegari hat auch kürzlich mit dem Vertreter des Kaisers von Brasilien eine neue Konsular⸗Konvention vereinbart. Der Minister⸗Präsident hält mit dem Minister des Aeußern und mit verschiedenen Oberbeamten des Handels⸗ und Finanz⸗ Ministeriums jetzt täglich Konferenzen, um die Bedingungen fest⸗ zustellen, welche dem mit der österreichisch⸗ungarischen Regierung abzuschließenden Handelsvertrage als Basis dienen sollen. In den nächsten Tagen wird Herr Depretis bereits zwei Delegirte nach Wien senden, welche dort die vor⸗ bereitenden Arbeiten zu dem neuen Traktate fortsetzen sollen.

Türkei. Konstantinopel, 23. Juli. (W. T. B.). Der „Pol. Korr.“ wird von gut unterrichteter Seite gemeldet: In Folge des Vorrückens der russischen Truppen über den Bal⸗ kan sind die Verhältnisse hier Echs benroflich geworden. Der zweite Sekretär der deutschen Botschaft, von Hirschfeld, Kurzem nach Bulgarien entsendet worden deutschen Botschafter, Prinzen Hein⸗ rich VII. Reuß, daß die christliche Bevölkernng in Jeni Zagra von den Türken niedergemetzelt worden sei. Der griechische Gesandte Conduriotis erhielt gestern aus Kawarna ein Telegramm folgenden Inhalts: In diesem Augenblicke werden hier, eine Stunde Wegs von Baltschik entfernt, die Christen erwürgt. Es ist keine menschliche Ret⸗ tung möglich. Bis morgen wird Alles vorüber sein. Zeigen Sie diese Depesche allen Botschaftern. In Folge dessen hat sich ein nach Varna abgehender Lloyddampfer nach Baltschik begeben, um dort etwa sich einfindende Flüchtlinge aufzunehmen. Der englische Vertreter Layard hat das Kriegsschi „Rapid“ dorthin beordert. 3

(W. T. B.) Aus Nonstantinopel wird der W. „Presse“ gemeldet: Der Gouverneur von Thessalien hat die Voll⸗ macht erhalten, den Belagerungszustand zu verhängen. Die hier sich aufhaltenden Offiziere von dem in der Besikabai stationirten englischen Geschwader haben Befehl erhaiten, sofort an Bord ihrer Schiffe zurückzukehren.

Wiener Blättern wird von hier gemeldet: Der Sultan hat dem Emir von Afghanistan, Schir Ali, den Stern des Osmanie⸗Ordens mit Brillanten verliehen. Der neue Großscheriff von Mekka, Hussein Pascha, weilt noch immer hier, und zwar, wie verlautet, auf ausdrücklichen Wunsch des Sultans, damit derselbe, falls die Fahne des Propheten wirklich entfaltet wer⸗ den sollte, diesem feierlichen Akte beiwohnen und denselben durch seine Gegenwart desto imposanter machen möge.

Afrika. Egypten. Alexandria, 23. Juli. (Daily News.) In einer Schlacht zwischen dem Könige Johan⸗ nes und Menelek siegten die Abessinier vollständig. Johan⸗ nes zog gegen die Hauptstadt von Shoa.

welcher vor war, meldet dem

8 Der russisch⸗türkische Krieg. 8 St. Petersburg, 25. Juli. 85 T. B.) Gegenüber den Berichten über die Grausamkeiten, deren die Bul⸗ garen von den türkischen Behörden beschuldigt werden, be⸗ merkt die „Agence Russe“ zunächst, daß die geflüchtete musel⸗ männische Bevölkerung sich den Russen nähere. Weiter hebt die genannte Agence dann hervor, daß, wenn in e Fällen von den Jahrhunderte lang unterdrückten Bulgaren Rachehandlungen verübt wurden, diese von den Russen nicht ätten verhindert werden können. Die fremden Militärattachés ö die Korrespondenten der Zeitungen könnten bestätigen, daß kein Akt der Grausamkeit von russischen Truppen be⸗ gangen worden sei. Bezüglich der vier Fahrzeuge, welche mit Steinen beladen, an der Sulina⸗Mündung versenkt worden sind, bemerkt die „Agence Russe“, daß dies Kriegs⸗ gebrauch sei. Die Sperrung der Sulina⸗Mündung werde nur während der Dauer des Krieges statthaben. Die russische Regierung wolle durch dieselbe das Eindringen türkischer Mo⸗ nitors in die Donau verhindern. Wenn die Donaukommission Kriegsschiffen die Einfahrt in die Donau untersagt hätte, so hätten die Russen nicht nöthig gehabt, der Einfahrt Hinder⸗ nisse zu bereiten. 8

Bukarest, 25. Juli. (W. T. B.) Offizielle Mel⸗ dung: Großfürst Nicolaus berichtet, daß die türkischen Truppen, welche am 18. d. den Schipkapaß besetzt hielten, die weiße Fahne aufpflanzten, als sie von Süden her ange⸗ griffen, die Unmöglichkeit erkannten die Vertheidigung fortzu⸗ setzen. Die russischen ein. Zwei Tirailleur⸗Bataillone drangen vor, um von den Verschanzungen Besitz zu ergreifen, wurden aber hierbei mit einem starken Mitrailleusen⸗

welches ihnen sehr empfindliche Verluste beibrachte. Am fol genden Tage besetzte General Skobeljeff die türkischen Stel⸗ lungen, welche inzwischen von den türkischen Truppen ver⸗ lassen worden waren. Daselbst wurde neben einigen ver⸗ wundeten Türken eine große Menge Köpfe russischer Soldaten

gefunden, welche als Verwundete oder Gefangene in den ver schiedenen Gefechten in die Hände der Türken gefallen waren. Die bei der russischen Armee anwesenden Militärattachées der fremden Staaten, sowie der Korrespondent der „Times“ wur⸗ den um hiervon Akt zu nehmen. ien, 25. Juli. (W. T. B.) Der „Pol. Korr.“ wird aus St. Petersburg gemeldet: In maßgebenden russischen Kreisen faßt man die Schritte Englands als eine nicht viel bedeutende Demonstration auf. Man hegt hier den festen Glauben, das isolirte England werde kriegerische Schritte vermeiden. Eine eventuelle Besetzung Gallipoli’'s könnte erst dann eine Kollision herbeiführen, wenn sich die englischen Truppen mit der türkischen Armee vereinigten. Eine Landung in Gallipoli, welche keinen aggresiven Charakter

prinzen die Prüfung aus den ziegsmaritimen Studien“ statt. Die „Wiener Zeitung“ meldet darübe

Italien. Rom, 21. Juli. (H. beeee im Herbst in Begleitung des Krieg Ministers den ruppen

trage, würde Rußland einfach ignoriren.

Truppen stellten sofort das Feuer

und Gewerrfeuer empfangen,

London, 25. Juli. (W. T. B.) Im Unterhause richtete Whalley die Anfrage an die Regierung, ob sie Ruß⸗ land den Punkt bezeichnet habe, wo sie es nothwendig finden würde, Rußland gegenüber eine gegensätzliche Haltung anzu⸗ nehmen. Schatzkanzler Northcote erklärte, es scheine ihm nicht angemessen, darauf eine Antwort zu geben, es sei auch Interesse des öffentlichen Dienstes, eine Antwort zu ertheilen. Die Regierung werde dem Hause Informationen

lassen, wenn sie dergleichen demselben mitzutheilen abe.

London, 26. Juli. (W. T. B.) John Bright hat estern in Bradford eine Rede gehalten und sich dabei gegen

jedweden Versuch, Rußland am Vordringen auf Kon stan⸗ tinopel zu verhindern, entschieden ausgesprochen. Es würde das nicht nur ein ungerechtes Verfahren sein, sondern offenbar auch nur die Wirkung haben, den Krieg zu verlängern. Ueberdies sei En kant ohne alle Bundesgenossen und ein derartiges Auftreten Englands könne leicht zu einer europäischen Koalition führen, die das Land demüthigen würde. Lord Hartington sprach bei dem gestrigen Fischhändlerbanket in der City eben⸗ falls über die Orientfrage und protestirte gegen jede über⸗ eilte Einmischung Englands in den Krieg. England müßte nicht blos eine strikte, sondern auch eine leidenschaftslose Neu⸗ tralität bewahren.

Rom, 25. Juli. (W. T. B.) Die ‚Liberta“ will wissen, daß zwischen den verschiedenen Kabineten gegenwärtig wegen einer Kollektivaktion der Flotten verhandelt werde. Eine solche solle den Zweck haben, eine Einzeluktion zu verhindern, und die fremden in Konstantinopel befindlichen Staats⸗ angehörigen wirksam zu schützen.

8 Aus Rom vom 21. d. schreibt man der „Pol. Corr.“:

„In Regierungskreisen ist, man im wahren Sinne des Wortes alterirt durch die Hartnäckigkeit, mit welcher gewisse Journale be⸗ flissen sind, den Samen der Zwietracht gegen die italienische Re⸗ gierung in Oesterreich auszustreuen, indem man ihr zumuthet, einen Vertrag mit Rußland abgeschlossen zu haben, um Albanien zu be⸗ setzen und das adriatische Meer in ein italienisches zu verwandeln. Ein solcher Vertrag besteht ebensowenig heute wie zur Zeit als Melegari eine diesbezügliche verneinende Erklärung in der Kammer abgab. Italien empfindet nicht die mindeste Lust, sich in eine Politik der Abenteuer à la Garibaldi zu stürzen. Die hervorragenden italie⸗ nischen Blätter ohne Unterschied, ob inspirirt oder nicht, haben nach dieser Richtung nur Eine Anschauung. Die italienische Regierung hat zu wiederholtenmalen sich dagegen verwahrt, als würde sie ihre neu⸗ trale Haltung verlassen, es müßten denn vorerst die in der Orient⸗ frage näher interessirten Mächte eine aktive Politik einschlagen. Ueberdies vermöchte die sorgfältigste Beobachtung in ganz Italien auch nicht das mindeste Anzeichen zu einer Expedition nach Albanien oder nach einer anderen Richtung hin zu entdecken. Schließlich hat Italien noch allzusehr mit der Hydra des Defizits zu kämpfen, als daß es Millionen für zweideutige Abenteuer vergeuden sollte. In den europäischen und asiatischen türkischen Gewässern besinden sich im Ganzen drei bis vier italienische Schiffe zum Schutze der italie⸗ nischen Staatsbürger. Es ist möglich, daß zu demselben Zwecke noch weitere zwei Schiffe dahin abgehen werden. Mit dieser geringen Seemacht unternimmt man keine „Expeditionen““.

Europäischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 25. Juli. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Tirnowa vom 22. d. M.: General⸗Lieute⸗ nant Schilder⸗Schuldner griff am 20. d. M. mit der ersten Brigade der 5. Division Plewna von der Nordseite an, während das Kostromasche Regiment mit 8 Geschützen von der Ostseite einen Angriff ausführte. Der Angriff mißlang und General⸗Lieutenant Schilder⸗Schuldner zog sich auf die Chaussee von Biela zurück. Am 21. trafen Verstärkungen ein, denen zunächst Zeit zur Erholung gegeben wurde. Die Türken blieben im Besitz von Plewna. Unser Verlust beträgt: 2 Oberste und 14 Offiziere todt, 1 General und 36 Offiziere verwundet, der Verlust an Soldaten beläuft sich auf 1878 Mann. Näheres ist noch nicht bekannt. Der Verlust der Kavallerie und Artillerie ist unbedeutend.

St. Petersburg, 26. Juli. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Biela vom 24. d. M.: General⸗Lieutenant Zimmermann meldet unter dem 24. d. M. aus Braila: Der Dampfer „Nicolai“, unter Lieutenant Maximowitsch, und zwei Kutter, unter Lieutenant Dubassoff, beschossen unweit Silistria ein kleines türkisches Lager und zwangen die Türken, sich zurückzu⸗ ziehen. Später eröffneten dieselben ein Feuer auf einen türkischen Monitor, auf dessen Deck in Folge dessen Feuer ausbrach. Der Monitor landete darauf und begann die Mannschaft aus⸗ zuschiffen. Inzwischen kamen aus Silistria ein weiterer Dampfer und ein zweiter türkischer Monitor. Außerdem er⸗ schien am Ufer eine Feldbatterie. Die russischen Truppen zogen sich zurück, indem sie das Feuer erwiderten. Der tür⸗ kische Monitor wurde bedeutend beschädigt und hatte mehrere Todte und Verwundete. Die russischen Fahrzeuge wurden nur unbedeutend beschädigt; die Bemannung derselben hatte keine Verluste. Am 23. d. gingen bei Rustschuk 5 türkische Dampfer stromabwärts; die russischen Batterien bei Slobozia drei derselben in Brand und brachten den vierten zum Sinken.

Aus Bukarest wird der W. „Presse“ unterm 25. gemeldet: Die russischen Truppen setzten die Rekognos⸗ zirung bis Eski⸗Dschuma und Osmanbazar fort, ohne auf größere Abtheilungen türkischer Truppen zu stoßen.

Wien, 25. Juli. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblatt“ aus Turnmagurelli: Sämmtliche Batterien von Giurgewo und Slobozia unterhielten gestern bis 8 Uhr Abends ein hestiges Bombardement auf Rustschuk; die Pro⸗

ektile schlugen in das türkische Lager ein, gleichwohl antwor⸗ eten die Türken nicht. Auch von der Landseite her war Kanonendonner vernehmbar.

Wien, 26. Juli. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblatts“. urnseverin, 25. d. M.: Die türkische Regierung hat eine Verordnung erlassen, durch welche die Ein⸗ tellung der christlichen bulgarischen Bevölkerung der von den

russischen Truppen nicht okkupirten Gebietstheile in die tür⸗ kische Armee anbefohlen wird. Die Bulgaren entziehen sich der Rekrutirung durch die Flucht. Sämmtliche türkische Truppen an der Ostgrenze Serbiens sind abmarschirt; nur in Widdin ist eine Besatzung zurückgeblieben. Schumla, 25. d.: Nach dem Treffen bei Plewna drängte die zu dem Corps Osman Paschas gehörige Kavallerie die Russen bis Wina und dann bis Bulgareni zurück. Dort traf die türkische Avantgarde ein und zwang die Russen zu einem weiteren Rückzuge. Der Verlust der türkischen Truppen betrug etwa 150 Todte und 1000 Verwundete. Eine russische Brigade ist bei Silistria eingetroffen. 8 Wien, 26. Juli. (W. T. B.) Telegramm der, ‚Presse“ aus Konstantinopel: Die russischen Corps dringen von Mangalia und Medschidje in der Richtung auf Bazardschik

Corps entgegen.

Wien, 26. Juli. (W. T. B.) Telegramm der „N. fr. Presse“ aus Bukarest, 24. d.: In Brigadir traf gestern die 40. Division vom 4. Corps unter General Sotoff ein. Dieselbe marschirt mit zahlreichem Belagerungsmaterial zur EE“ der Armee des Großfürsten⸗Thron⸗ folgers, welche auf 100,000 Mann gebracht werden soll. Bei Simnitza wird an einer neuen Brücke gearbeitet. Auf der Insel Vardin werden große Proviantmagazine errichtet.

(W. T. B.) Der „Pol. Korr.“ wird aus Konstan⸗ tinopel vom 23. gemeldet: Namyk Pascha berichtet, daß die türkische Armee gegenwärtig um 40,000 Mann durch De⸗ sertion und Krankheit verringert sei. Mehemed Ali Pascha, welchem der Sultan persönlich das Oberkommando über die Balkanarmee übertragen hat, hat sich eine Frist von 8 Tagen erbeten, um sich auf dem Kriegsschauplatze zu orientiren. Suleiman Pascha ist mit 21,000 Mann und 2000 Pferden in Adrianopel eingetroffen.

Wie der „Cöln. Ztg.“ vom 26. aus Wien gemeldet wird, ist nach dort eingegangenen Nachrichten die vierte ru⸗ mänische Division unter General Manu bei Nikopolis über die Donau gegangen.

„— Aus Galatz, 21. Juli, wird der „Pol. Korr.“ ge⸗

schrieben:

„ͤ Uleber den unerwarteten Vorstoß der Russen gegen den Balkan liegen heute einige Einzelnheiten vor, welche diesen Uebergang in sein richtiges Licht stellen. Die Abtheilung des Generals Gurko war bis Grabowa vorgerückt, hatte aber vor der Hand keine Ordre, den Bal⸗ kanübergang zu versuchen. Am 11. kamen aber bulgarische Bandenführer, welche noch in den Schluchten des Balkan⸗ gebirges hausen, und erboten sich, russische Abtheilungen ohne Schwertstreich über den Balkan zu führen, da die Pässe äußerst schwach besetzt seien und es außerdem nur ihnen bekannte Stege gebe, durch welche man die Hauptpässe umgehen könnte. General Gurko entschied sich nach eingeholter Ermächtigung, das Unter ehmen zu versuchen, und es gelang ihm nach mehreren mühseligen Märschen, den Balkan bei Haim⸗Bugaz zu überschreiten und den Nizams, welche ruhig den Schipka⸗Paß vertheidigten, in den Rücken zu fallen. Die kleine türkische Truppe wurde überrumpelt und der Streich war ge⸗ lungen. Ebenso wurde Jeni Zagra besetzt, so daß wahrscheinlich bis heute die beiden bedeutendsten Uebergangsstellen des mittleren Balkans, die Pässe Schipka und Demir⸗Capu, in der Gewalt der Russen sind. Die⸗ ser überaus glückliche Handstreich änderte den ganzen Plan der russischen Kriegsleitung. Man beschloß, den gelungenen Coup auszunützen, und das VIII. Armee⸗Corps wurde beordert, in Eilmärschen nach dem Balkan zu marschiren. Der größte Theil des IX. Corps und die bulgarische Legion sind gleichfalls in derselben Richtung ab⸗ marschirt, nachdem die Eroberung von Nikopolis die rechte Seite der russischen Aufstellung gesichert hatte. In anderen Berichten dürften alle diese Umstände verschwiegen und das Ganze als eine wohldurchdachte und nach dem allgemeinen Kriegsplane beabsichtigte Operation hingestellt werden. Die nächste Zukunft wird aber die Genauigkeit dieser Darstellung bestätigen. Es ist auch eigentlich ziemlich gleichgültig, wie die Sache geschehen ist, die Hauptache ist: der Balkan ist überschritten und dieses fait accompli drängt sich der russischen Kriegsleitung nothgedrungen auf. Sie muß vorwärts, denn eine solche Gelegenheit bietet sich nicht wieder. Inzwischen ist ein Wechsel in der türkischen Kriegs⸗ leitung eingetreten, welcher in einem so kritischen Momente den Türken nur unheilvoll werden kann. Schon machen sich die Folgen dieses Ereignisses insofern geltend, als den Russen Zeit gelassen wird, die Abtheilungen am Balkan zu verstärken und Rustschuk hart zu bedrängen, wenn nicht zum Falle zu bringen. Seit 3 Tagen wird das dominirende Außenwerk Levent⸗Tabia gewaltig beschossen, und, wenn es den Russen gelingt, sich dieser Stellung zu bemächtigen, so muß die Festung kapituliren. Ihr Besitz würde für die Russen von einem großen Vortheile sein, denn sie hätten damit einen wichtigen Brückenkopf und eine noch wichtigere ununter⸗ brochene Eisenbahnverbindung für ihre Nachschübe an Truppen, Proviant, Kriegsmaterial ꝛc. gewonnen. Andererseits wird durch den Fall Rustschuks die ganze unter dem Befehle des Großfürst⸗Thron⸗ folgers stehende Armee von wenigstens 70,000 Mann disponibel. Wenn man das sehr starke XI. Corps, welches dann auch zu dieser Armee stoßen wird, hinzurechnet, so würde eine Heersänle von min⸗ destens 110,000 Mann mit Rustschuk als Basis gegen die innere Linie des Festungsvierecks operiren und die in demselben konzentrirten türkischen Kräfte in Schach halten, während die unter dem Be⸗ fehl des ““ Nikolai stehende Armee von mindestens 80,000 Mann den Balkan überschreitet und auf Adrianopel vorrückt. Wie man sieht, hängt das Resultat des Feldzuges von dem Schicksale Rust⸗ schuks ab. Es ist daher begreiflich, daß von den Russen alles auf⸗ geboten wird, um sich dieser wichtigen Donaufestuug zu bemächtigen, und es ist unbegreifiich, daß die türkische Kriegsleitung bis jetzt von Schumla und Eski⸗Djumaja aus nichts thut, um die belagernden Armeen zu beunruhigen und die Vertheidigung der bedrängten Festung zu erleichtern. Eine Persönlichkeit, welche vorgestern Nachts mit dem gefangenen Hassan Pascha von Bukarest bis Braila reiste, hörte aus dem Munde des türkischen Generals, daß die Stellung bei Nikopolis unhaltbar geworden war, da die meisten Batterien vom russischen Feuer demontirt waren und ein weiterer Widerstand nur ein unnützes Blutvergießen gewesen wäre. Außerdem äußerte sich Hassan Pascha sehr tadelnd gegen die türkische Armeeverwaltung, welche die Festungen nicht ausreichend verproviantirt hat und die Soldaten an Allem Mangel leiden ließ. Deswegen sei der Geist in der Armee ein sehr schlechter geworden und er selbst hätte Soldaten, die sich nicht schlagen wollten, erschießen lassen müssen Nach der Einnahme von Nikopolis scheint sich das IX. Armeecorps sogleich nach Plewna be⸗ wegt zu haben, während andere Abtheilungen die Donau entlang gegen Rassowa vorrückten. Auf dem linken russischen Flügel ist der Vormarsch des XIV. Corps in den letzten Tagen schneller geworden. Nach der Besetzung des wichtigen Knotenpunktes Medschidje und dem Rückzuge des türkischen Corps, welches wahrscheinlich auf Bazardschik retirirte, richteten mehrere Konsuln aus Küstendsche an den russi⸗ schen Kommandanten die Bitte, eine Abtheilung zur Besetzung Küstendsche's abzuschicken, um die Einwohner vor Plünderungen und Mißhandlungen seitens der Tscherkessen zu schützen. Es wurden auch 200 Kosaken dahin beordert, welche den Hafen besetzten. In Medschidje fanden die Russen einen türkisch⸗englischen Sanitätszug, der ihnen für den Transport ihrer Kranken und Verwundeten über das in⸗ zwischen auch besetzte Tschernawoda sehr gelegen kam. Vorgestern langte ein Transport von 150 Verwundeten von dort auf einem Dampfschiffe in Braila an. Das Corps des Generals Zimmer⸗ mann hat also den Trajans⸗Wall hinter sich und dürfte heute schon vor Silistria angelangt sein. Der weitere Vormarsch hängt von den Bewegungen der türkischen Armee im Festungsvierecke ab. In Ealatz sind gestern 1000 uralische LFsgüen angekommen; man er⸗ wartet noch Artillerie und einige Abtheilungen Infanterie vom VII. Corps.“

8 Der „Allgemeinen Zeitung“ wird aus der Dobrudscha gemeldet:

„Nachdem die russische Armee in der Hobrussche auf mehr als 50,000 Mann verstärtt worden, hat auch dort ihr Vormarsch be⸗ gonnen. Die Türken ziehen sich vor den überlegenen Streitkräften auf Silistria zurück. Am 17. Abends verließen sie Czernawoda, nachdem sie es vorher in Brand gesteckt. Am 18. wurden die Trüm⸗ mer der Ortschaft von den Russen besetzt; dieselbe hat als Ausgangs⸗ punkt einer Eisenbahn von der Donau nach dem Schwarzen Meere (Küstendsche) eine gewisse strategische Wichtigkeit. Den Namen Stadt

verdient sie nicht. Außer den Bahnhofsgebäuden besteht sie aus

vor. Prinz Hassan rückt ihnen dorthin mit dem egyptischen

einer geringen Anzahl niedriger Hütten und drei oder vier größeren Gebäuden, von denen das bedeutendste, eine Fabrik, einem Eng⸗ länder gehört. Auch Küstendsche, der Endpunkt der Dobrudscha⸗ Eisenbahn am Schwarzen Meere, soll sich nach einer telegraphischen Meldung bereits in den Händen der Russen befinden. Im Hafen von Silistria haben die Türken ihre Handelsschiffe, welche ihnen bei der Vertheidigung des Platzes als ein Hinderniß erschienen, selbst verbrannt. Eine große Schlacht soll daselbst bevor⸗ steven. Sowohl die in der Dobrudscha operirende russische Armee als das unter dem Kommando des Cesarewitsch bei Rustschul sich zusammenziehende Heer, dessen Stärke auf beinahe 80,000 Mann an⸗ gegeben wird, erhalten täglich Verstärkungen Die Truppennachschübe aus Rußland dauern ununterbrochen fort. In den letzten drei Tagen wurden zum ersten Male große Massen Infanterie, die bisher immer zu Fuß marschiren mußte, mit der Eisenbahn befördert, und zwar täglich 5 bis 7 Züge. Die Transportkosten für russische Truppen und Kriegs⸗ material durch die beiden rumänischen Eisenbahnen belaufen sich gegen⸗ wärtig auf beinahe 6 Millionen Francs. Viel höher als der Eisen⸗ bahntransport kommt den Russen der Tranport ihres Proviants, der Munition ꝛc. durch die mit Pferden bespannten Wagen zu stehen. Die Zahl der Armeewagen beziffert sich heute auf nicht weniger als 25,000 Stück. Davon sind 18,000 aus Rußland gekommen und 7000 in Rumänien requirirt worden. Der Preis für einen zwei⸗ spännigen Wagen beträgt durchschnittlich per Tag 20 Francs. Die Unterhaltung des Wagenparkes allein kostet den Russen somit täg⸗ lich eine halbe Million.“

Aus Bukarest telegraphirt ein Korrespondent der „Times“ über die Einnahme von Nikopolis:

„Hassan Pascha, welcher in Nikopolis kommandirte, hat in Simnitza einigen der dortigen Autorrtäten gesagt, daß er als Di⸗ visions⸗General wenigstens 15,000 Mann mit vier Batterien und entsprechender Reiterei unter seinem Befehle hätte haben sollen. in Wirklichkeit aber nur 5000 Mann, eine Batterie und gar keine Rei⸗ terei hatte. Mit dieser Streitmacht habe er ein 22tägiges Bombardement und einen 14 stündigen Kampf mit russischer Infanterie ausgehalten, bevor er sich ergeben. Er beklagt sich bitter über die türkische Armeeverwaltung, welche den Fall von Ni⸗ kopolis verschuldet habe, weil sie ihm nicht die nöthige Mannschaft und Ausrüstung zur Verfügung stellte. Die russische Angabe, daß in Nikopolis 6000 Gefangene gemacht worden seien, ist ohne Zweifel übertrieben; ich sah ungefähr 2000 am Stromufer und glaubte Anfangs auch, daß die anderen hinter der Stadt sich befänden. Es ist aber wahrscheinlich, daß je 2000 die Gesammtzahl repräsentiren, und daß der Rest der Besatzung getödtet, verwundet oder in der Nacht vor der Uebergabe entkommen ist.“

Wien, 26. Juli. (W. T. B.) Telegramm der „Presse“ aus Cettinje: Die Montenegriner erstürmten am Dienstag die zwei stärksten Forts von Niksik, Klatschna und Moslin, von denen das erstere gut armirt war.

39 In der Herzegowina herrscht, einem Telegramm der W. „Pr.“ zufolge, vollkommene Waffenruhe, welche die Folge eines zwischen den Insurgenten und den Mustehafiz für die Erntezeit abgeschlossenen Waffenstillstandes sein soll.

1 Asiatischer Kriegsschauplatz.

St. Petersburg, 26. Juli. (W. T. B.) Offizielles Telegramm aus Alexandrapol vom 25. d.: Die Truppen des Generals Alchasoff besetzten am 22. d. durch ihre mittlere Kolonne die von den Türken befestigte Position bei dem Dorfe Merkulk, wobei die Türken 48 Todte ver⸗ loren. Die Türken ließen eine große Anzahl Gewehre und Munition zurück. Auf Seiten der Russen wurden ein Offizier der Miliztruppen und zwei Soldaten verwundet. Gleichzeitig mit dem Angriff auf Merkulk eröffnete die auf dem linken Flügel operirende Kolonne ein Feuer auf Otschemtschiri, welches durch das Feuer der türkischen Flotte beschützt wurde. Die Truppen Moukhtar Paschas fahren fort, sich in ihren Positionen zu befestigen. Gegen die Kolonne des Oberst Komaroff, dessen Position außerhalb Ardahans 82b G aus Olti eine Abtheilung von ca. 3000 Türken vor⸗ gerückt.

Wien, 25. Juli. (W. T. B.) Telegramm der ,Presse“ Aus Tiflis: Zur Verstärkung der Kaukasusarmee trafen in den letzten Tagen zwei Infanterie⸗Divisionen, zwei Artillerie⸗Brigaden, eine Kavallerie⸗Division und sechs kau⸗ kasische Schützen⸗Bataillone hier ein.

(W. T. B.) Wie der „Cöln. Ztg.“ aus Pera vom 24. d. gemeldet wird, rücken die Russen, nach dort eingegan⸗ genen Nachrichten vom kleinasiatischen Kriegsschau⸗ platze, von Ardahan aus auf der Straße nach Olti vor.

Aus dem Wolffschen Telegraphen⸗Bureau.

Cöln, Donnerstag, 26. Juli. Wie der „Cöln. Ztg.“ aus Wien vom 25. d. M. gemeldet wird, haben Reouf Pascha und Suleiman Pascha die Vereinigung ihrer Truppen vollzogen, ohne daß die Russen sie daran zu hindern versuchten. Suleiman Pascha wird gegen die Russen über Jeni Zagra operiren. Rasgrad befindet sich noch in den Händen der Türken. Die Türkei hat große Ankäufe von Kriegsmaterial gemacht.

Land⸗ und Forstwirthschaft.

Im Regierungsbezirk Sigmaringen hatten die Winter⸗ früchte, welche durch die kühle Witterung im Mai zurückgehalten wurden, sich in den letzten Monaten überall sehr erholt. Auch die Sommerfrüchte versprechen eine gute Ernte. Die Heuernte hat etwas früher als sonst begonnen, ist gut eingebracht worden und hat einen reichlichen Ertrag geliefert.

Im Regierungsbezirk Mindenist der Stand der Feldfrüchte, besonders der des Roggens, ein sehr günstiger. Der erste Grasschnitt lieferte fast überall reichlichen und guten Ertrag. Die Obsternte wird voraussichtlich nicht nach Wunsch ausfallen, da die Blüthen theils durch Fröste, theils durch zu große Wärme gelitten haben. In meh⸗ reren Feldfluren des Kreises Halle ist durch die sogenannte Maul⸗ wurfsgrille ein bedeutender Schaden entstanden. Wegen Untersuchung durch Sachverständige und Anwendung von Sicherungsmaßregeln ist sofort das Erforderliche angeordnet worden.

Gewerbe und Handel. Der Herzog von Anhalt hat den Direktoren der Gewerb bank in Dessau, unter Vorbehalt des jederzeitigen Widerrufs, zum Zwecke der Liquidation die Rechte einer juristischen Person verliehen, mit der Maßgabe, daß während der Dauer der Liquidation die je⸗ weiligen Mitglieder des statutenmäßig gewählten Direktoriums der Gewerbebank in ihrer Eigenschaft als Liquidatoren oder etwa zu er⸗ nennende besondere Liquidator en befugt sein sollen, die Gewerbebank in allen Rechtsgeschäften gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten, auch dieselbe und beziehungsweise für dieselbe rechtsverbindlich mit dem Zusatze „in Liquidation“ zu zeichnen, jedoch unter der Bedingung, daß die Liquidatoren die juristische Person als deren Vorstand nach Außen nur dann vertreten dürfen, wenn sie von Herzoglicher Regierung, Abtheilung des Innern, approbirt sind und diese Approbation durch den Anhalt. Staats⸗Anzeiger veröffentlicht ist. Die niederländische Gesellschaft zur Förderung des Kunstg ewerbes hat am 18. d. M. in Haarlem ihr hun⸗ dertjähriges gefeiert. Antwerpen, 25. Juli. (W. T. B.) Wollauktion. Von den angebotenen 3008 Ballen wurden 1730 Ballen verkauft. Der Markt bot gute Auswahl. Das Geschäft war belebt, die Preise 1““ S ““

e unverändert.