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institut zu Camberg, sowie der nassauische Central⸗Waisenfonds dem kommunalständischen Verbande übereignet worden. Zur Beihülfe für die Kosten der Laudarmen⸗ und Waisenpflege wurde demselben durch das Gesetz vom 11. März 1871 eine jährliche Staatsrente von 14,855 Thlr. bewilligt. Eine weitere Rente von 142,000 Thlr. jährlich erhielt der Verband durch das Gesetz vom 11. März 1872 zur Er⸗ bauung chaussirter Verbindungsstraßen ꝛc.; ferner durch das Gesetz vom 8. Juli 1875 für die Unterhaltung der früheren Staats⸗
usseen 639,5998 ℳ Rente und einen noch nicht festgestellten Antheil an 4,000,000 ℳ; sodann 1374 ℳ Rente zur Unter⸗ stützung niederer landwirthschaftlicher Lehranstalten, 2400 ℳ Rente zur Gewährung von Zuschüssen für Blinden⸗ und Krankenanstalten und 55,146 ℳ Rente zur Durchführung der Kreisordnung. Da dem Kommunalverhande auch die Nassauische Landesbank als besonderer Vermögenstbeil überwiesen ist, deren Ueberschüsse theilweise (im Etat 1876 mit 68,775 ℳ) zur Bestreitung der laufenden Bedürfnisse der ständischen Berwaltung verwendet werden, so ist Steuererhebung für ständische Zwecke bisher vrrmieden worden.
Im vormaligen Herzogthum Nassau bestanden 28 Aemter.
n Folge der durch Allerhöchste Kabinetsordre vom 22. Februar 1867
stimmten Eintheilung in 12 Kreise wurden mehrere Amts⸗ bezirke zu einem Kreise vereinigt, und die Rechtspflege von der Verwaltung auch für die untere Instanz ge⸗ trennt. Hier wie im Gebiete der ehemaligen Landgrafschaft ö. bestehen noch Amts⸗Bezirksräthe, welche für den etreffenden Kreis auch gleichzeitig die Kreisversammlung bilden. Die Kreisverfassung ist erst zu kurze Zeit eingeführt, als daß die Kreise mit der Errichtung selbständiger Anstalten in erheblichem Um⸗ sa ge hätten vorgehen können. Es beschränkten sich daher auch im Jahre 1869, seit welchem sich im Allgemeinen nicht viel an diesen Verhältnissen geändert hat, die Netto⸗Ausgaben der Kreise im ganzen Regierungsbezirk auf 9918 Thlr., wovon 5830 Thlr. nutzbar als Aktivkapital angelegt sind. Den Ausgaben standen 9326 Thlr. Ein ⸗ nahmen gegenüber, im Wesentlichen aus den Jagdscheingebühren. Das Aktivvermögen der Kreise betrug im Jahre 1869 bereits 10,403 Thlr. ährend in der ganzen Monarchie die Kreise 8,956,870 Thlr. Aktiva und 23,286,452 Thlr. Passiva hatten, stellten sich im Regierungsbezirk Wiesbaden die Aktiva auf 12,385 Thlr. und die Passiva nur aaf 1947 Thlr. Und während im ganzen Monat 2,080,358 Thlr. für Provinzial⸗ und 3,835,432 Thlr. für Kreiszwecke an Jahressteuern erhoben wurden, steuerten im Regierungsbezirke Wiesbaden nur zwei Kreise geringe Beiträge zu den Kreisausgaben.
Die Gemeindeverwaltung ist bei der Neubildung des Re⸗
⸗ im Wesentlichen unberührt geblieben. Im Jahre
857 belief sich das Vermögen der vormals nassauischen Gemeinden auf 111,184,465 Fl. (Gebäude 3,466,800 Fl., 97,461 Morgen steuer⸗ bare und 36,778 Morgen nicht steuerbare Feldgüter = 29,238,300 Fl. bezw. 367,780 Fl., 576,455 Morgen Wald = 74,.939,150 Fl., Aktiv⸗ kapitalien 2,764,782 Fl., Fundusbestände 407,652 Fl.) Die Schul⸗ den der Gemeinden betrugen 1,850,541 Fl. (1844 noch 2,097,912 Fl.) zu deren Tilgung jährlich 48,176 Fl. verwendet wurden.
Die Jahresausgaben, die sich im Jahre 1844 auf 1,555,458 Fl. berechneten, hatten sich im Jahre 1863 (2,595,803 Thlr.) verdreifacht, im Jahre 1873 (3,659,351 Thlr.) vervierfacht, wogegen aber auch die Einnahmen aus den Waldungen in den Jahren 1868—1873 allein von 823,485 Thlr. auf 1,060,437 Thlr., also um 29 % gestiegen sind. Die Gemeindesteuern haben sich in demselben Zeitraum nur von 29 auf 41 % der Staatssteuern erhöht. Wenn man die städtischen Ge⸗ meinden von den ländlichen trennt, so ergiebt sich, daß sich bei jenen die Ausgaben von 1868 — 1873 54 % gesteigert haben, wovon beinahe die Hälfte auf Wiesbaden fällt, welches durch Ankauf der Gasfabrik und des Kursaales ungewöhnlich hohe Ausgaben hatte. Im Uebrigen sind in den Städten die Aufwendungen für Schulzwecke um 85 % und, in Folge des neuen Armengesetzes, diejenigen für die Armenpflege, um 24 % erhöht worden. Zur Deckung der ver⸗ mehrten Ausgaben diente zunächst der gestiegene Ertrag des Waldes und des Gemeindeguts, dann eine Erhöhung der Steuern um 26 % und eine beträchtliche Vermehrung der Passipkapitalien. In den Marktflecken stiegen die Ausgaben nur um 35 %, insbesondere die⸗ jenigen für die Schulen nur um 32 %, und für die Armenverwaltung um 33 %. PWern Mehrbedarf wurde ein Viertel aus den erhöhten Erträgen der Wälder entnommen, für das Weitere sind die Aktivkapitalien verbraucht und Anleihen aufgenommen worden, um die Steuern nicht über 4 ½ % zu erhöhen. Auf dem platten Lande sind die Ausgaben um 31 % Festiegen, insbesondere diejenigen für Schulzwecke um ebensoviel, für
egebanten um 9 %, für die Armenpflege nur um 5 %. Den Mehrbedarf brachte hier hauptsächlich der Wald auf, welcher 24 %
here Erträge lieferte, die Steuern wurden um 6 % erhöht, die
chulden aber nicht, vielmehr das Aktivvermögen um 44,937 Thlr. vermehrt.
Die Gemeinden des Kreises Biedenkopf, welche noch nach dem hessischen Gesetze vom 30. Juni 1821 organisirt sind, besitzen ein nicht unbedeutendes Vermögen. Für das Jahr 1871 war dasselbe veranschlagt: Kommunalgebäude 304,256 Thlr., Feldgüter 295,077 Thlr., Waldungen 957,135 Thlr., nutzbare Rechte 71,326 Thlr. Den 55,258 Aktivkapitalien standen 199,745 Thlr. Schulden gegenüber. Nach dem Durchschnitt der Jahre 1868—1871 betrugen die Aus⸗ gaben jährlich 226,483 Thlr. (5, Thlr. pro Kopf), wobei indessen die den Gemeindemitgliedern selbst zustehende Nutzungen des Ge⸗ meindevermögens mitgerechnet sind. ie Kommunalsteuern wechseln von 25 bis 405 % der Staatssteuaer)r. “
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Auch die 9 Gemeinden des Amts Homburg besitzen ein ansehn⸗ liches Vermögen, und zwar (1871) Gebäude 118,105 Thlr., 125 Hekt. Ländereien = 27,496 Thlr., 1975 Hekt. Wald = 368,300 Thlr. Der Wald, der hier nach dem Nutzungswerth veranschlagt ist, hat in Wirklichkeit einen höheren Werth. Steuerzuschläge sind — mit Aus⸗ 8 Stadt Homburg (98,88 % in 1874) — nur in geringem Maße erforderlich.
Die Stadt Frankfurt a. M. besitzt 3420 Hekt. Wald, welche im Etat 1875 mit 200,090 ℳ Einnahme angesetzt sind, deckt aber 2,099,291 ℳ ihrer Ausgaben im Ordinarium durch verschiedene direkte Steuern. Die letzteren berechneten sich im Jahre 1874 auf 206,9 Sgr. pro Kopf.
Von den 9 Landgemeinden des Kreises Frankfurt charakterisiren sich mehrere ihrer Größe wegen als Städte. Daher erklärt es sich, daß hier die Gemeindesteuern (1873:ꝑ137,4 % der Staatssteuern) und die Ausgabebudgets verhältnißmäßig hoch sind.
Im Ganzen bietet die Gemeindeverwaltung im Regierungsbezirk ein guͤnstiges Bild.
„Das Gemeindevermögen ist so bedeutend, wie es nur wenige Provinzen aufzuweisen vermögen. Die Verwaltung desselben ist ge⸗ ordnet, das Rechnungswesen durchsichtig und musterhaft, gegen Un⸗ ordnungen und Unredlichkeiten durch — Rechnungsprüfung ein starker Damm vorhanden. Dabei stehen die Gemeindeanstalten auf der Höhe der Zeit, und wenn bessere Einsicht Veränderungen gebietet, wird rasch die bessernde Hand angelegt. 8
Es hat sich die Selbstverwaltung im ganzen Bezirke bewährt und so fest eingelebt, daß sie mit völliger Sicherheit und Selbst⸗ vertrauen arbeitet und daß die Bürgerschaft sich unter ihr wohlfühlt.“
Die protestantischen und katholischen Kirchengemein⸗ den sind ebenfalls mit mehr oder weniger Selbstverwaltungs⸗ und Besteuerungsrecht ausgestattet. Im vormaligen Herzogthum Nassau sind durch Edikt vom 11. August 1817 beide mit völlig gleichen ver⸗ fassungsmäßigen Rechten bis dahin rezipirte protestantische Landes⸗ kirchen zu einer einzigen „evangelisch⸗christlichen“ vereinigt worden. Unter 20 Dekanaten bestanden mit 186 Pfarrern und 3 Kaplänen 175 Gemeinden, deren Vermögen sich im Jahre 1857 auf 10 Millio⸗ nen Gulden = 17,142,860 ℳ büen.
In den ehemals Großherzoglich hessischen Landestheilen bestehen lutherische und reformirte Gemeinden gleichberechtigt nebeneinander. Von der Erlaubniß, sich zu unirten Gemeinden zu vereinigen, haben die Lutheraner im Kreise Biedenkopf keinen Gebrauch gemacht.
In der früheren Landgrafschaft Hessen⸗Homburg sind die luthe⸗ rischen, die deutsch⸗reformirten und die französisch⸗reformirten Kirchen⸗ gemeinden einander gleichberechtigt. Von den vorhandenen 8 Kirch⸗ spielen sind 5 lutherisch, 1 deutsch⸗ und 2 französisch⸗reformirt.
Zur Zeit bestehen im Regierungsbezirk Wiesbaden 20 Dekanate mit 227 Kirchspielen, 228 Pfarr⸗, 80 Filialkirchen, 108 Kapellen, 251 Pfarr⸗, davon 41 Patronatsstellen in 920 Ortschaften mit 299,161 Parochianen (1871). Die proteftantischen Kirchengemeinden besaßen im Jahre 1872 einen Kapitalstock von 1,979,017 Thlr. Das Durchschnittseinkommen einer Pfarrstelle ist von 695 Thlrn. im Jahre 1869 auf 934 Thlr. im Jahre 1875 gestiegen.
Im Gebiete der vormaligen freien Stadt Frankfurt gehört die Mehrzahl der Einwohner der evangelisch⸗lutherischen Gesammt⸗ gemeinde an, welche nach den vorhandenen 6 Kirchen in 6 Pfarr⸗ sprengel ist. Daneben besteht noch eine deutsch⸗ und eine französisch⸗reformirte Gemeinde. In den zum Landgebiet gehörigen Ortschaften fungiren 6 lutherische Geistliche. Die 147 katholischen Pfarreien im Gebiet des vormaligen Herzogthums Nassau (Diözese Limburg) standen im Jahre 1870 unter 15 Dekanen und besaßen im Jahre 1857 ein Aktivvermögen 5 Abzug der Schulden) von 8 Millionen Gulden = 13,714,228 ℳ Zu den Dekanaten gehört auch noch das Kommissariat Frankfurt für die gleichnamige Stadtpfarrei. Im Jahre 1873 waren im Regie⸗
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rungsbezirk 35 ordensähnliche Kongregationen mit 73 männli 245 weiblichen Müntübelic ae ese hee
Die Zahl der israelitischen Kultusgemeinden beträgt 91 mit 18,300 Personen, die in 225 politischen Gemeinden leben. Die Gemeinden hatten Ende 1875 282,071 ℳ Kapitalvermögen und 732,935 ℳ Schulden.
An direkten Staatssteuern brachte der Regierungsbezirk Wiesbaden im Jahre 1875 5,281,033 ℳ auf und außerdem 3,503,082 ℳ (66,22 %) Zuschläge, für die Kirche (0,2 %), für die bürgerlichen Gemeinden (54,87 „0 Zuschläge, die evangelischen Kirchengemeinden (6,19 %6), die katholischen Kirchengemeinden (2,14 %) und die israeli⸗ tischen Kultusgemeinden (2,90h%), zusammen 8,784,115 ℳ oder 12,91 ℳ pro Kopf der Bevölkerung, ohne die Zuschläge nur 7,78 ℳ
8 Berücksichtigung des Obstbaus *⸗ ). Von O. Hüttig, Landschaftsgärtner. V. (Vergl. Bes. Beil. Nr. 30 vom 25. Augustt)) Berühmt wegen ihrer bezaubernden Schönheit waren die Höfe
und Gärten der Kalifen von Bagdad und Bashora und des
.*) Aus dem „Kursus für Gartenbau,“ Vorträge, gehalten im Winter und Frühjahr 1877.
und 14. Jahrhundert den maurischen Königen erbauten Palastes Alhambra zu Granada, von dem noch einige seiner wesentlichsten Theile erhalten sind. Fürst Pückler⸗ Muskau schreibt über den Letzteren: „Die zum Theil sich kreu⸗ zenden, mit Steinsitzen versehenen Zugänge und Wege, welche zu diesem Palast hinaufführten, waren mit Springbrunnen und offenen Wasserleitungen, dem Abflußwasser von den Fon⸗
tatnen und Bassins der Höfe, belebt, welches nach allen Seiten
in die üppigste Vegetation erzeugte. Von den Höfen des alastes zog zunächst der mit weißem Marmor gepflasterte und mit leichten maurischen Säulengängen umgebene „Hof der Alberia“ die Aufmerksamkeit auf sich, in dessen Mitte ein 130 Fuß langer und 30 Fuß breiter Fischteich, voll von Gold⸗ sischen, und von Rosengebüsch, “ und Oleandern ein⸗ gefaßt, sich befand. Noch anmuthiger und beinahe zauberhaft war der berühmte „Hof der Löwen“, mit seinen in der Mitte stehenden, durch Gesang und Geschichte berühmten, von zwölf wassersprühenden Löwen umgebenen Brunnen, dessen alabaster⸗ nem Becken immer noch diamantene Tropfen entsickern. Auch dieser Hof war mit Blumenbeeten ausgelegt und von leichten arabischen, von schlanken Säulen aus weißem Marmor getra⸗ genen Arkaden mit schönster durchbrochener Arbeit umge⸗ ben. — — — Die Aussicht war nach allen Seiten hin, be⸗ sonders gegen Süden, herrlich; es schwelgte hier das Auge auf den üppigen Schönheiten der Vega, einer blühenden Wildniß von Hainen und Fruchtgärten, durch welche der silberhelle Tenil dahineilt und unzählige kleine aus der Maurenzeit stammende Bächelchen füllt, welche hier, wo einst die lieblichen Lauben, Gärten und Lustsitze sich befanden, für welche die Mauren mit so verzweifelter Tapferkeit fochten, die Landschaft in beständigem Grün erhalten. Rosengebüsch, an Gittern und Lauben hinaufklimmender Jasmin und Caprifolium, Orangen, Myrthen, Oleander und ein lieblich duftender Blumenflor fehl⸗
ten in keinem derselben.“ —
Inzwischen hat der Garten⸗, namentlich der Obstbau,
haͤuch im mittleren Europa, höhere Bedeutung ge⸗
wonnen. So beschreibt um das Jahr 1600 der „Vater Landbaus“, Ollivier de Serres, 46 Sorten Aevpfel Sorten Birnen; Parkinson in England zeigt seinem Werke „bParadisus terrestris“ (1629), 57 , 64 Birnen, 62 Pflaumen und 33 Kirschen. Quintinie, der „Vater der Pomologie“, verzeichnete zur Zeit Ludwigs XIV. (1670) 60 Aepfel⸗ und 164 Birnensorten. Knoop in Holland Fah beinahe 100 Jahre später (1760) in seinem Hortulanus Mathematicus et Scientiarum Amator eine ausführ⸗ liche Beschreibung über einen großen Theil von Europas Obstsorten heraus. 8 Auch in Italien machte sich von Mitte des 16. Jahr⸗ hunderts an die Gartenkunst neben der Baukunst wie⸗ der bemerkbar. Von den Villen, welche durch guten Geschmack und durch Kunstwerth der Gärten jene Epoche bezeichnen, ver⸗ dienen u. A. erwähnt zu werden die Villa Madama bei Rom (1492 — 1546 von dem Kardinal Julius von Medici nach den eichnungen Giulio Romano's, eines Schülers Raphaels, erbaut), die Villa Medici zu Rom (in der Mitte des 16. Jahrhunderts vom Kardinal Gio. Ricci da Monte
Pulciano begonnen, erweitert und bereichert vom Kardinal
Ferdinand dei Medici); die Villa Pia zu Rom (1557 erbaut vom Papste Paul IV.), die Villa Monte Dragone zwischen Frascati und dem Berge Porcio (begonnen 1567 vom Kar⸗ dinal Marco Sitico Altemps), die Villa Mattei zu Rom
eerbaut von Cyarique Mattei, 1581 bis 1586) und die Villa
Aldobrandini auf dem von Frascati (1598 er⸗
8 baut vom Kardinal Petro Aldobrandini).
Man suchte im Ganzen den Baustyl der Alten, die Unter⸗ brechung der Fagade durch große Bogenöffnungen, Vorsprünge und ungleiche Abmessungen der Theile, so wie auch die An⸗ ordnung ihrer Gärten, so weit sie aus dem Studium der hinterlassenen Schriften und aus den vorhandenen Resten sich
ermitteln ließ, einzuhalten. Demgemäß enthielten auch viele
— „
der Villen ein gartenähnlich ausgeschmücktes, mit Säulen⸗
gängen umgebenes und durch eine Fontäne belebtes Höfchen,
nach welchem die 8 hinausgehen; ;oft auch bildete einderartiges
öfchen einen Vorhof zur Villa, oder das verbindende Glied zwischen zwei Gebäudegruppen. Vor die Hauptfronte kam die, in der Regel in der Form eines Circus eingerichtete Terrasse zu liegen; wurden deren mehrere ausgeführt, so erhielt die
Heuß eebasße den halbzirkelförmigen Abschluß. Die einzelnen
kerrassen ordnete man in ihrer Lage, Ausdehnung und Form, nach den Niveauverhältnissen des Terrains,
den vorspringenden und zurücktretenden Theilen des Wohngebäudes und den aufzunehmenden Ornamenten an,
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so daß sie nach Maßgabe der durch jene Umstände gebotenen Längs⸗ und Queraxen, und gestützt durch hohe Futtermauern und mit einander durch imposante Freitreppen verbunden, 8 nach einer oder mehreren Richtungen hin, in strenger oder freier Regelmäßigkeit an einander sich anbildeten.
Geschieden wurden die einzelnen Abtheilungen des Gartens durch die hohen, mit Nischen, Grotten und antiken Fragmenten verzierten, und mit Balustraden und Vasen gekrönten Futtermauern, durch Lauben⸗ und Säulengänge, Heckenwerk, Alleen, im „Verband“ gepflanzte Haine und dur dichte Pflanzungen. Die Formen bewegten ich in streng architektonischen Linien und Verhältnissen, und as Ganze stellte sich als eine nach Maßgabe der Oertlichkeit und des Geschmacks des Besitzers von der Wohnung aus sich fortsetzende, mit dem Grün vermischte, oder dieses als Material benutzende Architektur dar. S
Den Küchengarten, reichmit Feigen, Pfirsichen, Aprikosen und Weingeländern besetzt, brachte man seitwärts oder hinter der Wohnung an, und die Wege in demselben faßte man mit Blumenrabatten ein.
Für den Bau der bedeutenderen Villen mit ihren nes ten wurden in der Regel ein Architekt und ein Ingenieur der Garten⸗ und Wasserleitungskunst herangezogen. Der Erstere entwarf den Plan zur eigentlichen Villa mit ihren Wohn⸗ und Nebengebäuden, der Letztere den Plan für die Anordnung der Gärten mit ihren Terrassirungen, Spring⸗ brunnen und Anpflanzungen. “
Solche Garten⸗Ingenieure waren R. A. 5 Olivieri aus Tivoli für die Gärten der Villa d'Este; Carlo Rainaldi für die Villa Monte Dragone; Domenico Savino di Monte Pulciano und Giovanni Fontancg für die Villa Borghese in Rom; Antonio Nolli für die Villa Albani. Zuweilen wurden die Gärten mit an Ort und Stelle durch Ausgrabungen gefundenen Alterthümern geschmückt oder richtiger, da auch mit der Zeit aus der Ferne gesammelte Alterthümer hinzugezogen wurden, mit ihnen überladen, so daß die Gärten bestimmt zu sein schienen, die Stelle von Skulpturen⸗Galerien zu vertreten. 1
Hirschfeld („Theorie der Gartenkunst“) führt uns ein aus Jagemanns Briefen über Italien entlehntes Beispiel sol⸗ cher Ausartung aus dem berühmten Garten des Herzog⸗ lichen Lustschlosses Pratolino bei Florenz in folgender Skizze vor: „ Ohne des Riesen zu gedenken, in dessen Bauch sich eine Grotte befindet, noch des Jupiters, dessen glänzender Donnerkeil Wasser spritzt, verweilen wir zuerst bei den Künsten der langen Grotten, an der Seite des Schlosses. Eine davon, mit dem Namen Galatea bezeichnet, hat in der Mitte ein sog. Meer von hellem Wasser, aus welchem sich Felsen erheben, die mit Korallen und Meerschnecken bedeckt sind. Unvermuthet erscheint ein Triton, der auf einer Seemuschel bläset. Sogleich eröffnet sich ein Fels, und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muschel sitzend, von weien Delphinen gezogen, die aus ihrem Rachen Wasser aus⸗ Zwei andre Muscheln, aus deren Mitte hohe Wasser⸗ strahlen hervorspritzen, begleiten sie auf beiden Seiten bis ans Ufer. In einer anderen Grotte sieht man auf großen Wasser⸗ strahlen zwei erzene Harpyien, die Wasser ausspeien, noch zwei andere, die mit mosaischer Arbeit bekleidet sind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Wasser umgedreht wird. Zu seinen Füßen sind in einem kleinen Teiche Enten, die sich ins Wasser tauchen und trinken. Fast in allen Grotten sind betrügerische Sitze an den Wänden angebracht; setzt man sich nieder, so spritzt ein Wasserstrahl unter den Füßen gerade empor. Weiter findet man in den, Grotten kleine Bildsäulen, die hin und her gehen, singende Vögel, ein
auenzimmer, das, mit einem Eimer in der Hand, aus einer ich öffnenden Thür hervorkommt, und unter dem chall eines Dudelsackes, den ein naher Hirte bläst, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo sie Wasser schöpft, worauf sie ihren Weg zurückkehrt. Man nennt diese Dame Samaritana.“ u. s. w.
Dieser entartete Zustand der italienischen Gärten dauerte bis gegen Mitte des 17. Jahrhunderts. B die Villa Pamfili (1644 eingerichtet) bei Rom zeigt eine Besserung des
eschmacks. Die Gärten dieser Villa sind, wie Perrier und Fontaine bemerken, symmetrisch ohne Monotonie, und es fällt daselbst die Kunst auf, mit welcher die Anordnung eines regel⸗ mäßigen Gartens mit der ländlichen Natur, welche davon
einen Theil ausmacht, verbunden ist.
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