1877 / 207 p. 2 (Deutscher Reichsanzeiger, Tue, 04 Sep 1877 18:00:01 GMT) scan diff

Benrath zurück, während Ihre Majestät die Kaiserin⸗Königin

Befreiung der Handelsreisenden von der

mit Ihrer Kaiserlichen und Königlichen Hoheit der Kronprinzessin nach Düsseldorf fuhren. Um 5 Uhr fand im Schlosse zu Benrath ein Paradediner statt. Um 8 Uhr brachten etwa 1000 Fackel⸗ träger, Musiker und Sänger der Gemeinde Hilden, Sr. Ma⸗ jestät dem Kaiser einen Fackelzug dar.

Se. Kaiserliche und Königliche Hoheit der Kronprinz ist heute in Benrath eingetroffen und hat den Abend bei dem Offiziercorps Seines Infanterie⸗Regiments Nr. 53 in Düsseldorf zugebracht.

Heute findet bei Kaiserswerth und Calcum ein Corps⸗ manöver statt.

Se. Königliche Hoheit der Großherzog von Oldenbur

tritt heute die Rückreise an.

Die von der Reichstelegraphen⸗Verwaltung bezüglich

des Telegraphen⸗Worttarifes gewonnenen Erfahrungen finden, nach einer Mittheilung der Königlich bayerischen Telegraphenverwaltung, auch durch die Ergebnisse im inneren Telegrammverkehr Bayerns ihre Bestätigung. Mit der Einführung des Worttarifes in Bayern hat sich nach den Ermittelungen für die letzten 10 Monate des Jahres 1876 die Zahl der Telegramme um 6 Proz. vermindert, wo⸗ gegen die Einnahme um 12 Proz. gestiegen ist. 1 Die Einführung des Worttarifes hatte also bei trhebgch verringerten Leistungen der Verwaltung eine beträchtliche Er⸗ höhung der Einnahme zur Folge, während die Abnahme der Telegramme nur eine geringe war, deren Ursache zum Theil mit in den Zeitverhältnissen zu suchen ist, da auch der Tele⸗ grammverkehr mit dem Auslande abgenommen hat.

Bei Auswechselung der Ratifikations⸗Urkunden zu dem Niederlassungsvertrage zwischen Deutschland und der Schweiz vom 27. April v. J. ist die Feststellung der⸗ jenigen durch diesen Vertrag aufgehobenen Abkommen vorbe⸗

halten worden, welche früher Seitens einzelner deutschen Staaten des ehemaligen Norddeutschen Bundes oder des Reiches mit der Schweiz oder einzelnen Kantonen derselben getroffen worden sind. u“

Nach den gepflogenen Verhandlungen kommen für die

Provinz Hessen⸗Nassau nach einer Amtsblatt⸗Bekannt⸗ 8 des Ober⸗Präsidenten die nachfolgenden Verträge als aufgehoben in Betracht: 8

4 I. Abkommen, betreffend die gegenseitige Verpflegung Hülfs⸗ bedürftiger und die Beerdigung Verstorbener, zwischen dem Königreich Bayern und 13 sowie 3 halben Kantonen der Schweiz vom 28. Juli / 1. September 1862. II. Abkommen, betreffend die Befreiung vom Militärdienste und der Militär⸗ steuer zwischen 1) dem Königreich Bayern und der Schweiz vom 26. November / 9. Dezember 1858, 2) dem Großherzogthum Hessen und der Schweiz vom 12. Oktober /5. November 1860 resp. dem Kanton Waadt vom 8./11. April 1862, 3) dem vormaligen Herzogthum Nassau und der Schweiz vom 15./24. Jan uar 1864, 4) dem Norddeutschen Bunde und der Schweiz vom 16./24. September 1870, 5) dem Deutschen Reiche und der Schweiz vom 11./28. Oktober 1875. Bezüglich der Abkommen zu II. ist zu bemerken, daß die unter 1 bis 3 aufgeführten, soweit sie von späteren Mitgliedern des Norddeutschen Bundes ge⸗ schlossen worden, ihre Aufhebung bereits durch das Abkommen zu 4 gefunden haben; diejenigen aber, bei denen diese Voraussetzung nicht Butrifft, sowie das Abkommen zu 4 selbst durch die ereinbarung zu 5 außer Geltung getreten sind. III. Abkommen, betreffend die gegenseitige Patentsteuer, zwischen 1) dem Königreich Bayern und 18 Kantonen der Schweiz von 1854, 2) der ehemaligen Freien Stadt Frank⸗ furt a. M. und 18 Kantonen der Schweiz von 1855, 3) dem Königreich Preußen und 18 Kantonen der Schweiz vom 24. September / 10. Oktober 1860, welchem Abkommen im Jahre 1861 die übrigen, dem deutschen Zollverein angehörigen Staaten beigetreten sind. Hinsichtlich der Abkommen zu III. ist übrigens anzunehmen, daß dieselben durch die Bestimmung von Art. 9 des deutschen Handels⸗ und Zollvertrages vom 13. Mai 1869 ersetzt und in Folge dessen außer Kraßt getre⸗ Im Uebrigen werden die vorstehend usgeraeten

ten sind. er Kraft

Vereinbarungen als vom 1. Januar 1877 an au getreten, angesehen.

Der Kaiserliche Botschafter in Paris, Fürst von Hohenlohe, hat einen ihm bewilligten Urlaub angetreten. Die Leitung der Geschäfte der Kaiserlichen Bot⸗ schaft hat der Botschafts⸗Rath Graf von Wesdehlen über⸗

Der Kanzler bei dem Kaiserlichen Konsulat in Kairo, G. Tilling, ist am 23. v. M. gestorben.

Bayern. München, 2. September. (Allg. Ztg.) Der e Dr. von Fäustle hat einen mehrwöchigen Urlaub angetreten. Während der Dauer desselben wird der Staatsrath von Bomhard die Geschäfte führen.

Lippe. Detmold, 3. September. Der Fürst ist gestern Morgen nach Düsseldorf abgereist, um der dort statt⸗ findenden Parade und den folgenden großen Herbst⸗

übungen des VII. Armee⸗Corps beizuwohnen.

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Oesterreich⸗Ungarn. Wien, 2. September. Der Kaiser wird, nach den neuesten Dispositionen, morgen in as Brucker Lager abreisen und bis übermorgen Nachmittags ort verweilen. Die Abreise zu den Manövern nach Kaschau wird am Freitag erfolgen. Die Suite Sr. Majestät wird bei diesen Manövern aus 217 Personen bestehen, darunter 27 Attachs fremder Mächte. Die Anwesenheit des Kaisers in Kaschau wird sich bis zum 13. September erstrecken. Kronprinz Rudolph wird am 7. d. M. in Agram erwartet. Der Erzherzog Albrecht ist in Pest eingetroffen und wird sich von dort zu den Manövern nach Kaschau begeben. Der ungarische Minister⸗Präsident Tisza wird, wie ein ungarisches Blatt meldet, den Kaiser zu den Herbstmanövern nach Kaschau begleiten, wahrscheinlich aber vorher noch nach Wien kommen. Der frühere Kriegs⸗Minister, General der Kavallerie Freiherr Alexander von Koller, gegenwärtig bekanntlich Hauptmann der Arcieren⸗Leibgarde, feiert demnächst sein fünfzigjähriges mili⸗ tärisches Dienstjubiläum. Aus diesem Anlaß hat der Kaiser ein Handschreiben an den Jubilar erlassen, in welchem Se. Majestät demselben die „volle Anerkennung“ für seine „aus⸗ gezeichneten Leistungen“ ausspricht.

Aus Anlaß des übermorgen stattfindenden Wieder⸗ zusammentritts des Reichsrathes sind bereits zahlreiche Abgeordnete in Wien eingetroffen. Wie gewöhnlich werden

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der ersten Plenarsitzung Zusammenkünfte der verschiedenen

Klubs vorausgehen, in welchen Erörterungen allgemeiner Natur stattfinden sollen. Gleichzeitig mit den Plenarsitzungen werden auch die Verhandlungen ter Ausschüsse wieder be⸗ ginnen. Der Ausgleichsausschuß wird zunächst die Bank⸗ vorlage in Diskussion ziehen, während die Zollfrage erst später an die Reihe kommen soll. Die Verhandlungen über die Steuerreform stehen bereits auf der Tagesordnung der ersten Sitzung, doch ist es ungewiß, ob die Generaldebatte wirklich schon übermorgen beginnen wird. In Abgeordneten⸗ kreisen glaubt man übrigens, daß während des ganzen Monats September im Plenum nichts anderes, als nur die Steuer⸗ reformfrage wird zur Verhandlung gelangen können.

Wie das „Fremdenbl.“ berichtet, gedenkt die diesseitige Regierung die österreichische Regnikolar⸗Deputation aufzufordern, dieselbe möge selbst die Initiative zur Wieder⸗ aufnahme der Verhandlungen ergreifen. Am 4. d. Mts. findet diesbezüglich eine Konferenz der Deputationsmitglieder statt. Der Termin, wann die Verhandlungen wegen des Han⸗ delsvertrages zwischen Oesterreich⸗Ungarn und Ita⸗ lien aufgenommen werden sollen, ist noch nicht bestimmt. Die österreichisch⸗ungarische Regierung hat dieserhalb, wie aus Rom gemeldet wird, noch keinerlei Anzeige nach dort gerichtet.

Wie die „Presse“ vernimmt, wird der Finanz⸗Minister dem Abgeordnetenhause in Ergänzung der Steuerreformvor⸗ lagen einen Gesetzentwurf über die Verjährung der Steuern und Gebühren vorlegen. Die Verährungssrift ist darin auf fünf Jahre fixirt, während sich der Steuerreform⸗ Ausschuß seiner Zeit für eine dreijährige Verjährungsfrist ausgesprochen 22 Nach einer Meldung des Pester „Hon“ haben in den letzten Tagen zwischen dem diesseitigen und dem ungarischen Finanz⸗Minister neue Berhandlungen über die Revision des Zuckersteuergesetzes begonnen. Es soll sich hierbei, dem genannten Blatte zufolge, vornehmlich um gewisse Erleichterungen für die Steuerträger handeln.

Schweiz. Bern, 2. September. (Cöln. Ztg.) Eine aus Lugano eingetroffene Deputation protestirt beim Bundesrathe gegen die vom Staatsrathe angeordnete militärische Besetzung.

Frankreich. Paris, 1. September. (Fr. C.) Offiziöbs wird gemeldet, daß der Ausflug des Präsiden⸗ ten der Republik nach dem Loire⸗Departement auf den 3. und 4. September festgesetzt ist. Am 5., früh, wird der Marschall wieder in Paris eintreffen und am 6., Abends, seine Reise nach Bordeaux antreten. Auf dem Rückwege wird derselbe Périgueaux, Riberac, Angouléme, Poitiers und Tours berühren und am 12. wieder in Paris sein. Hr. Gembetta hat gestern der Vorladung vor den Untersuchungsrichter Folge geleistet. Wie der „Temps“ meldet, dauerte das Verhör zwanzig Minuten. Der Unter⸗ suchungsrichter las Hrn. Gambetta die inkriminirten Stellen seiner Rede vor. Aus der Wahl dieser Stellen scheint hervor⸗ zugehen, daß Hr. Gambetta der Beleidigung des Marschalls und der Schmähungen gegen seine Minister angeklagt sein wird. Der Untersuchungsrichter fragte Hrn. Gambetta, ob er seine Theilnahme an der Veröffentlichung seiner Liller Rede zugebe. Hr. Gambetta erwiderte, daß er allerdings nach Lille gegangen wäre, um eine politische Rede zu halten, welche er unter den obwaltenden Umständen für nöthig gehalten hätte, daß er aber gegen die ihm untergeschobene Absicht, irgend Jemand zu be⸗ leidigen oder zu schmähen, nachdrücklich protestire. Er erkenne an, füͤgte er hinzu, daß er seine Rede Hrn. Murat, dem Ge⸗ ranten der „République francaise“, zum Druck übergeben hätte, und erklärte, die Verantwortlichkeit für diese Veröffent⸗ lichung allein tragen zu mwallen. Nach Ernest Picard, Edmond Adam und dem Grasen Tocqueville hat der Senat soeben ein viertes seiner unabsetzbaren Mitglieder verloren, welches, wie die drei genannten, der Linken dieser Ver⸗ sammlung angehörte: Hr. Alphonse Lepetit, früher Rechts⸗ professor und Abhvokat, dann 1874 in die Nationalver⸗ sammlung gewählt, wo er sich an Thiers anschloß, ist gestern zu Poitiers im Alter von 60 Jahren gestorben. Das zuletzt von Jules Simon redigirte „Echo universel“ ist plötz⸗ lich eingegangen und Jules Simon an die Spitze der „Presse“ getreten, die schon vor ihm das Programm der gemäßigt republikanischen Partei verfocht. Der Prinz von Wales ist gestern in Trouville angekommen und im „Hotel des Roches⸗Noires“ abgestiegen. Die Präfekten haben die Weisung erhalten, aufmerksam darüber zu wachen, daß zur Feier des 4. September nirgends ein Banket oder eine sonstige Versammlung stattfinde.

2. September. Die Blätter veröffentlichen die zweite republikanische Subskriptionsliste für die bevorstehen⸗ den Wahlen. Im Ganzen belaufen sich die bisherigen Zeichnungen, die auffallend langsam vorrücken, auf 236,488 Fr.

3. September. (W. T. B.) Der Marschall Mac Mahon hat sich heute Abend nach dem Loire⸗Departement begeben, um den dort stattfindenden Truppenübungen beizu⸗ wohnen.

2 be 4. September. (W. T. B.) Gestern Abend um 6 Uhr 10 Minuten ist Hr. Thiers in St. Germain en Laye in Folge eines Schlaganfalles gestorben.

Türkei. Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Die Ernennung Aarifi Paschas zum Botschafter in Paris ist heute offiziell veröffentlicht. Für den Posten eines neuen türkischen Botschafters in Wien an Stelle Aheko Paschas ist bis jetzt noch keine offizielle Ernennung erfolgt. Der vor⸗ malige Kriegs⸗Minister Redif Pascha hat sich dem Kriegs⸗ gerichte noch nicht gestellt.

Schweden und Norwegen. Stockholm, 1. September. (H. N.) Der König verläßt heute Abend an Bord des Dampfers „Skölduron“ Stockholm und wird morgen früh in Brevik anlangen, um, nachdem daselbst die neuen Hafenan⸗ lagen eingeweiht worden, von Oelesund nach Nyköping zu fahren. Die Stadt Nyköping giebt zu Ehren des Königs ein Mahl und wird am Abend festlich illuminiren. Am andern Morgen geht der Festzug nach Eskelstunna. Der Kronprinz traf geeen früh von Helsingborg hier ein und wird an den Fest⸗ lichkeiten in Upsala theilnehmen. Der Handelsvertrag zwischen Schweden und Frankreich, welcher am 10. August abgelaufen war, ist bis zum 31. Dezember d. J. verlängert worden.

Der russisch⸗türkische Krieg. Europäischer Kriegsschauplatz.

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Konstantinopel, 3. September. (W. T. 8) Eine Depesche Suleiman Paschas vom 1. d. berichtet über eine

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in der Richtung von Gabrowa und Baltic ausgeführte Rekognoszirung, bei der sich ergeben habe, daß die Russen sich in dem Dorfe Hechtlogatch befinden. Eine zweite Depesche desselben vom 2. d. M. meldet, der Artilleriekampf im Schipkapaß dauere fort.

Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Der Kommandant von Ru stschuk, Achmed Pascha, hat die Mel⸗ * hierher gelangen lassen, daß er mit 7 Bataillonen einen erfolgreichen Aussall aus der Festung gemacht habe. Suleiman Pascha soll auf den das Fort Nikolas, am Schipkapaß, dominirenden Höhen Geschütze in Position ge⸗ bracht haben.

Wien, 3. September. Die „Polit. öffentlicht ein aus rumänischer offizieller Quelle her⸗ rührendes Telegramm aus Bukarest vom 2. d., nach welchem alle um Plewna stehenden russischen und rumäni⸗ schen Truppen dem Oberbefehl des Fürsten Karl unter⸗ stellt werden. Die gesammte rumänische Armee, mit In⸗ begriff der Reserven bewerkstelligte am Sonnabend den Ueber⸗ gang über die Donau bei Cor abia. Fürst Karl begab sich heute früh nach Nikopolis, von wo derselbe alsbald in das neue Hauptquartier Paradin abging. Nikopolis wird aus⸗ schließich von einer rumänischen Garnison besetzt. Ein weiteres Telegramm der „Polit. Korr.“ aus Bukarest vom 2. cr. meldet: Die türkische Garnison von Silistria hat eine Brücke bis zu der Donauinsel gebaut; es steht noch nicht fest, ob dies Vorbereitungen zum Uebergange nach Rumänien sind, oder ob es sich nur darum handelt, auf der Donauinsel Holz zu fällen. Von Seiten der Russen und der Rumänen sind alle erforderlichen Vorkehrungen getroffen, um einen eventuellen Uebergang über die Donau unmöglich zu machen.

Wien, 3. September. (W. T. B.) Nach einem Tele⸗ gramm der „Pol. Korr.“ aus Bukarest vom 3. d. hat Fürst Karl von Rumänien aus Anlaß des von der ge⸗ sammten rumänischen Armee ausgeführten Ueberganges über die Donau einen Tagesbefehl erlassen. Der Kriegs⸗ Minister Cernat hat das Kommando eines Armee⸗Corps er⸗ halten; an seiner Stelle übernimmt Bratiano die Leitung des Kriegs⸗Ministeriums. Die russischen Verstärkungen treffen jetzt beschleunigter und deshalb massenhafter hier ein. Die russischen Positionen im Schipkapasse sind nunmehr derartig besetzt und befestigt, daß dieselben für uneinnehmbar gelten können.

Wien, 4. September. (W. T. B.) Telegramm der „Neuen freien Presse“ aus Sistowa vom 2. d. M. aus türkischer Quelle: Mehemed Ali setzt seinen Marsch auf Kairkibi und Osikowa fort; aus Rustschuk marschiren 15,000 Mann gegen Pyrgos. Osman Pascha soll die russischen Verschanzungen von Zgalince und Belisad vollständig zerstört haben und nicht in seine frühere Stellung zurückgegangen sein. Aus dem Gefechte von Karahassansköi sind 110 Wagen mit Verwundeten hier eingetroffen.

London, 4. September. (W. T. B.) Die „Daily News“ veröffentlichen eine ausführliche Depesche ihres Korrespondenten über die Schlacht von Plewna, welcher der Korrespondent als Augenzeuge beiwohnte. Die Depesche ist aus Paradin vom 31. August datirt und konstatirt, duß der Angriff Osman Paschas auf die russischen Positionen von Zgalince und Be⸗ lisad die furchtbarste Schlacht des Krieges war und mit dem Rückzuge der Türken auf allen Seiten endete. Die Russen gewannen ihre sämmtlichen früheren Positionen wieder und verfolgten die Türken eine Strecke weit mit Kavallerie. Die Russen waren etwa 20,000 Mann stark und verloren 500 Mann. Der Verlust der Türken beträgt ungefähr 2000 Todte und Verwundete. Nach einer Meldung des Korrespondenten der „Daily News“ in Gornji Studen haben die Russen zwar nicht ihre frühere Vorpostenlinie wiedergewonnen, wohl aber ihre Verschanzungen behauptet.

Aus Konstantinopel, 2. September, wird dem W. „Fremdenbl.“ gemeldet: Berichten aus Kairo zufolge, treffe die egyptische Regierung schon die nöthigen Vor bereitungen, um, falls der russisch⸗türkische Krieg noch einen zweiten Feldzug nöthig machen sollte, mit Beginn des Früh⸗ lings einen Theil ihrer Truppen aus Europa abzuberufen und dieselben durch neu angeworbene zu ersetzen. Der Khedive hat auch schon der Pforte mitgetheilt, daß er bereit sei, v“ Bulgarien oder cirkassischen aus dem Kaukasus ohne jegliche Entschädigung Ländereien zur Niederlassung in Egypten zu überlassen.

Korresp.“ ver⸗

S

Konstantinopel, 3. September. Montenegro will die Regierung befriedigende Nachrichten erhalten haben.

Wien, 4. September. (W. T. B.) Telegramm des „N. W. Tageblatt“ aus dem türkischen Hauptquartier in Rasgrad vom 2. d.: Die egyptischen Infanterie⸗Regimenter haben gestern auf das von den Russen verschanzte Popkioi einen Angriff gemacht und diese Stadt und ihre Schanzen, nachdem die Russen dieselben geräumt und die Stadt in Brand gesteckt hatten, besetzt. 1

Vom montenegrinischen Kriegsschauplatze wird der „Times“ aus Ostrog unterm 30. August telegraphirt: „Das montenegrinische Lager wurde heute nach Gornjepage, der Ebene zwischen Nikßie und dem Dugapaß, verlegt. Da ein Versuch, der Stadt von Gaczko aus Entsatz zu brin⸗ gen, erwartet wird, sind die Truppen begierig, mit den Tür⸗ ken an der Position von Kristach zusammenzutreffen, und sind des Sieges gewiß, wenn nicht Vukotics das Kommando über⸗ tragen wird, was jedoch wahrscheinlich der Fall sein wird, in⸗ dem der Fürst die Hauptleitung übernimmt. Das Wetter ist drückend heiß gewesen; die Montenegriner erinnern sich keiner solchen Hitze seit 30 Jahren.“

Der W. „Presse“ sind folgende Telegramme zuge⸗ gangen: 1 b

Cettinje, 1. September. Die Montenegriner füh⸗ ren schweres Geschütz gegen Niksic, um die Beschießung des Ortes zu beginnen. Die Festung wird mehr durch die Ein⸗ wohner als durch die Truppen vertheidigt und ist zwar mit Proviant reichlich versehen, doch soll Mangel an Salz und an Munition herrschen. :

Ragusa, 1. September. Gestern sind aus Mostar über Metkovich und aus Trebinje 860 kranke und verwun⸗ dete Türken in höchst verwahrlostem Zustande hierher gebracht und heute auf einem Lloyddampfer nach der Türkei weiter⸗ befördert worden. Der Kaiserlich Königliche Konsul in Mostar, Vuk Vrcetich, berichtet, daß in Trebinje 1750 türkische Pferde dem Hunger erlegen sind.

““

(W. T. B.) Aus

Jahre 1876 3 Hohöfen gegen 4 in den Vorjahren im

Entlassun

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Afiatischer Kriegsschauplatz. 1b 28 . Konstantinopel, 3. September. (W. T. B.) Die türkischen Truppen haben Suchum Kaleh verlassen und

*

3000 kaukasische Emigranten nach der Türkei mitübergeführt.

London, 4. September. (W. T. B.) Ein Telegramm der „Daily News“ aus Erzerum vom 2. d. besagt, die tür⸗ kische Armee treffe, wie aus Kars berichtet werde, Vorberei⸗ tungen zum Marsch auf Alexandrapol.

Aus Erzerum wird dem Reuterschen Bureau unterm 30. v. M. telegraphirt: „Zwischen den Truppen unter Ismail Fartte Pascha und General Tergukassoff fallen beständig Plänkeleien vor. Die Armee unter dem Befehl des Generals Loris Melikoff hat eine Vorwärtsbewegung begonnen. Die in Oghuzli sta'ionirte Division ist durch ein Detachement aus Baldiavan verstärkt worden.“

Statistische Nachrichten.

Sterblichkeits⸗ und Gesundheitsverhältnisse. Ge⸗ mäß den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesundheits⸗ amts sind in der vierunddreißigsten Jahreswoche von je 1000 Be⸗ wohnern, auf den Jahresdurchschnitt berechnet, als gestorben ge⸗ meldet: in Berlin 34,7, in Breslau 38,°, in Königsberg 34,5, in Cöln 29,1, in Frankfurt a. M. 16,1, in Haunover 26,8, in Cassel 27,5, in Magdeburg 30,s, in Stettin 21,8, in Altona 25,9, in Straß⸗ burg 29,2, in München 30,7, in Nürnberg 27,4, in Augsburg 462, in Dresden 26,1, in Leipzig 29,9, in Stuttgart 31,8s, in Braunschweig 23,7, in Karlsruhe 24,9, in Hamburg 28,6, in Wien 26,1, in Buda⸗ pest 42,2, in Prag 21, 5, in Triest —, in Basel 20,2, in Brüssel 18,1, in Paris 24,29, in Amsterdam 20,°, in Kopenhagen 30,8, in Stockholm 28,5, in Christiania 19,7, in St. Petersburg 35,0, in Warschau 28,1, in Odessa 30,7, in Bukarest 28,6, in Rom 28,6, in Turin 22,2, in Athen 21,8, in Lissabon 29,4, in London 18,6, in Glasgow 19,s, in Liverpool 27,8s, in Dublin 22,2, in Edinburgh 15,2, in Alexandria (Egypten) 38,7, in New⸗York 31,4, in Philadelphia 250, in Boston 33,8, in Chicago 24,2, in San Franzisko 17,7, in Cal⸗ cutta 22 1, in Bombay 51,6, in Madras 122,5.

An den meisten Beobachtungsstationen herrschten beim Wochen⸗ beginn südliche Windrichtungen vor, die um die Mitte der Woche in ganz Deutschland in westliche und am Wochenschluß in nordöstliche und südöstliche Luftströmungen umsprangen. Die Temperatur der Luft sank im Laufe der Woche erheblich, Gewitter und Niederschläge waren selten, der Gang des Barometers schwankend, gegen das Wochenende hin jedoch mit steigender Tendenz. 3

Die allgemeine Sterblichkeitsverhältnißzahl in den deutschen Städten stieg von 27,8 der Vorwoche auf 29 5 der Berichtswoche (auf 1000 Bewohner und aufs Jahr berechnet) und zeigen vorzugsweise das Säuglingsalter, sowie die Altersklassen bis zu 20 Jahren eine Zunahme, die höheren Altersklassen eine Ab⸗ nahme der Sterblichkeit. Die Säuglingssterblichkeit insbesondere hat fast in allen Städtegruppen zugenommen, nur im mitteldeutschen Gebirgslande und in den Städten am Niederrhein ist sie etwas ge⸗ ringer als in der Vorwoche. 8

Unter den Todesursachen zeigen die Infektionskrankheiten im Verhältniß zur vorhergegangenen Woche keine wesentliche Verände⸗ rung. Masern und Keuchhusten erscheinen seltener, letzterer nur in M.⸗Gladbach wieder häufiger. Das Scharlachfieber zeigt sich in den Städten des Niederrheins etwas mehr, die Unterleibstyphen sind nur in Paris vermehrt, wo auch die Diphtherie, wie in Berlin und Danzig zahlreichere Todesfälle veranlaßte. Von Fleck⸗ typhus ist nur ein Todesfall aus Metz gemeldet. Die Pocken zeigen fast in allen Orten, namentlich in London, erhebliche Nachlässe. Dagegen erscheinen die Darmkatarrhe und Brechdurchfälle der Kinder wieder in den deutschen Städten ansehnlich vermehrt (Berlin, Breslau, Posen, Königsberg, Hamburg, Hannover, Bre⸗ men u. A.), in den außerdeutschen Großstädten meist vermindert. Aus Altona und Minden wird von je 1 Todesfall an Chelera nostras berichtet. In Indien macht die Cholera wieder, besonders in Ma⸗ dras und Bombay Fortschritte; in Vera Cruz herrscht das gelbe Fieber heftiger, im Monat Juli erlagen demselben 53 Personen.

Ein Nachweis über die vom 1. Mai 1876 bis 1. Mai 1877 geprüften Schulvorsteherinnen und Lehrerinnen in der Rheinprovinz ergiebt, daß 1) Schulvorsteherinnen geprüft wurden: 11, von denen 3 katholischer und s evangelischer Konfession waren. Es bestanden davon: 8, und zwar 1 katholischer und 7 evangelischer Konfession, 3 bestanden nicht, und zwar 2 katholischer, 1 evangelischer Konfession. 2) Als Lehrerinnen für mittlere und höhere Töchter⸗ schulen wurden im Ganzen geprüft: 122, von welchen 62 der katholischen, 58 der evangelischen und 2 der israelitischen Kon⸗ fession Seee. Es bestanden: 107, und zwar 48 katholischer, 57 evangelischer und 2 israelitischer Konfession; nicht bestanden haben demnach: 15, 14 katholischer und 1 evangelischer Konfession. Als Lehrerinnen für Volksschulen wurden geprüft: 256. Von diesen gehörten der katholischen Konfession an: 235, der evangelischen: 20 und der israelitischen; 1. Bestanden haben 242, und zwar 222 ka⸗ tholischer, 19 evangelischer und 1 israelitischer Konfession. Nicht bestanden haben 14, nämlich 13 katholischer und 1 evangelischer Kon⸗ fession. In den Volksschuldienst erklärten sich bereit einzutreten: 168, von denen der katholischen Konfession angehörten: 155, der evan⸗ gelischen: 12, der israelitischen: 1. Die Gesammtzahl der Exami⸗ nanden betrug: 389.

Bezüglich des Hüttenwesens im Bergrevier Unter⸗ Elsaß enthält der Verwaltungsbericht des Bezirks⸗ Präsiden⸗ ten des Unter⸗Elsaß für das Jahr 1876 über die Roheisen⸗ Produktion im Jahre 1876 folgende Angaben: Es sind im Betriebe ge⸗

1874. 1,531,000 2,547,250

wesen und hatten dieselben slee Produktion:

1 1875. Gießerei⸗Roheisen Kilgr. 1,491,300 881,600 Frisch⸗Roheisen 2 45,150 1,716,300 Rohstahleisen 1,582,950 1,849,600 2,341,300 Zusammen Kilgr. 3,119,400 4,447,500 6,419,550 Es beträgt also die Roheisen⸗Produktion im Jahre 1876 gegen 1875 um 29,8 Prozent und gegen 1874 um 51,4 Prozent weniger. Zwei der Hohöfen werden mit Holzkohlen und einer mit gemischtem

Brennmaterial betrieben. Von den 10 im Unter⸗Elsaß vorhan⸗ denen Eisengießereien, deren Betrieb sich im Jahre 1876 nicht ungünstig gestaltete, wurden mit 607 Arbeitern in 13 Kupolöfen erzeugt:

1876. 3,202,800 1,482,300

1875.

2,541,256

2261,500 204,300

Maschinentheile .Kilogr. Sonstige Gußwaaren Zum eigenen Bedarf der Werke. 242,000 Gußwaaren erster Schmelzung. 1,707,100 1,169,500 Zusammen Kilogr. 6,634, 200 6,176,556 Es hat hiernach eine Vermehrung der Produktion um 457,644

Killo stattgefunden.

Kunst, Wissenschaft und Literatur. . München, 2. September. (Allg. Ztg.) Hr. Dr. Franz Wüllner hat in seiner Eigenschaft als Hofkapellmeister die erbetene aus dem Hofdienste vom 1. Oktober d. J. an, unter

wohlgefälliger Königlicher Anerkennung der großen Verdienste, welche derselbe sich

insbesondere als Leiter der Königlichen Vokalkapelle er⸗ worben, bewilligt erhalten; zugleich wurde ihm in Rücksicht auf sein

ausgezeichnetes Wirken als Professor und Inspektor an der König⸗ lichen Musikschule die Beibehaltung des Mheels ein s Koniglich baverischen Professors gestattet.]

In der Generalversammlung des Gesammtvereins er deutschen Geschichts⸗ und Alterthumsvereine, die in

diesem Jahre vom 13. bis 16. August in Nürnberg abgehalten wurde, gab der dermalige Direktor des Gesammtvereins Ober⸗

Appellationsgerichts⸗Rath Draudt aus Darmstadt, ein kurzes Resumé über die Thätigkeit des Gesammtvereins und hob hervor, bn dem⸗ selben ein Antheil an der Existenz der beiden nationalen Anstalten, des Römisch⸗germanischen Centralmuseums in Mainz und des Germanischen Museums in Nürnberg, zuzuschreiben sei. Unter den Verdiensten des Gesammtvereins sei besonders die Erhaltung und Rettung mancher Kunstdenkmale zu bezeichnen, die entweder dem gänzlichen Untergange geweiht oder von der Gefahr einer verkehrten Restaurationsmethode bedroht gewesen. Hierauf erstattete Hofgerichtsadvokat Wörner aus Darmstadt den Geschäftsbericht des Verwaltungsausschusses für das letztverflossene Jahr und theilte u. A. mit, daß auf Antrag des Gesammtvereins die Reichssubvention für das Römisch⸗germanische Museum durch den Bundesrath und Reichs⸗ tag auf jährlich 15,000 erhöht, sowie daß durch die badische und die hessische Regierung Geldmittel zum Zwecke der Untersuchung der römischen Befestigungen im Odenwald unter Leitung des Obersten v. Cohausen und unter Mitwirkung des badischen Landeskonservators Geh. Ober⸗Staatsraths Wagner bewilligt worden seien. Hierauf hielt Dr. Beck aus Biebrich einen Vortrag über die Eisentechnik. In der Sektion für die vorchristliche Zeit sprach Professor Ohlen⸗ schläger aus München über die Teufelsmauer. Derselbe stellte durchaus in Abrede, daß die Teufelsmauer jemals den Zweck einer vertheidigungsfähigen Befestigung gehabt, sie habe vielmehr nur als Demarkationslinie gedient. Die Frage, ob nördlich der Teufelsmauer römische Alterthümer vorkämen, wurde dahin beant⸗ wortet: daß sich die römische Qualität der dort vorkommenden Schan⸗ zen nicht konstatiren lasse, und daß in ganz Mittelfranken über der Erde kein römisches Mauerwerk nachweisbar sei, wie daselbst auch keine römischen Waffenfünde bekannt seien. In der zweiten allgemeinen Versammlung referirte Prof. Ohlenschläger über seine Untersuchung des sogenannten Druidensteines bei Cadolzburg. Derselbe trage zwar keine Spuren von Bearbeitung an sich, doch sei seine Erhaltung wünschenswerth, da sich Sagen an ihn knüpften. Die Versammlung sprach sich für Erhaltung des Steines aus. Außerdem wurde noch die Mittheilung emacht, daß der deutsche Architekt nwerein, welcher eine Fürsorge für Erhaltung der Alterthümer und Baudenkmale durch das Reich herbeizuführen wünsche, eine darauf bezügliche Ein⸗ gabe beabsichtige.

Ueber die von der Socié*é royale et centrale des Sauveteurs de Belgique in Brüssel im Jahre 1876 veranstaltete internatio⸗ nale Ausstellung für Gesundheitspflege und Rettungs⸗ wesen hat im Arftrage des Ministers für Handel, Gewerbe ꝛc. der Fabriken⸗Inspektor Reichel in der Schrift: „Die Sicherung von Leben und Gesundheit im Fabrik⸗ und Gewerbe⸗ betriebe auf der Brüsseler Ausstellung vom Sommer 1876˙, die vor Kurzem in Berlin bei Fr. Kortkampf erschienen, einen eingehenden Bericht erstattet. Derselbe hat die Aufgabe, einen Ueber⸗ blick über diejenigen Gegenstände auf der Brüsseler Ausstellung zu eben, welche dazu beitragen können, die Sicherung von Leben und Ge⸗ undheit im Gewerbebetriebe zu fördern. Dabei folgt dieser Bericht aber nicht der Klassifikation des offiziellen Ausstellungskataloges, in welchem die Ausstellungsgegenstände nach Nationalitäten gruppirt sind, son⸗ dern geht zw ckmäßig einer eigenen Disposition nach. Dieselbe ist folgende: 1) Aufbewahrung und Behandlung explosiver Stoffe und Peteäpriche⸗ Oele; 2) Feuergefahr im Allgemeinen; 3) Dampf⸗ kesselbetrieb; 4) Heizung und Ventilation; 5) Schutzmiltel gegen Staub und schädliche Gase, Behandlung von Fabriken⸗Abwässern und Abfällen; 6) Schutzvorrichtungen im maschinellen Betriebe. Ein Anhang gewährt einen summarischen Ueberblick über die ausgestellten Wohlfahriseinrichtungen für Arbeiter in Fabriken und gewerolichen Anlagen und insbesondere eine Quellenangabe der bezüglichen wich⸗ tigsten ausgestellten Dem Texte sind zu besserer Er⸗ läuterung Skizzen beigegeben.

Gewerbe und Handel.

Ueber das Vermögen der Union Pinneberg ist von dem Kreisgericht Pinneberg auf Antrag der Direktion der Konkurs ver⸗ hängt worden.

S nkfurt a. M., 3. September. (W. T. B.) In einer von den Gläubigern und Interessenten der hiesigen Firma Fuld & Co. gestern abgehaltenen Versammlung wurde ein aus 3 hiesigen und 2 Berliner Firmen bestehender Gläubiger⸗Ausschuß gewählt. Das Zu⸗ standekommen eines außergerichtlichen Ausgleichs gilt für wahrschein⸗ 8 man vermuthet, daß eine Quote von 50 bis 60 % entfallen werde.

Ueber die Arbeiterverhältnisse im Handelskam⸗ merbezirk Essen im Jahre 1876 entnehmen wir dem Jahres⸗ bericht der dortigen Handelskammer Folgendes: Die Arbeiterzahl in den Bergwerken des Bezirkes betrug 1871: 17,674, 1872: 18,552, 1873: 20,762, 1874: 20,597, 1875: 21,661, 1876: 21,410. Erst im Jahre 1877 hat eine größere Abnahme durch Arbeiterentlassungen auf den Steinkohlenzechen, sowie auf den Eisen⸗ und Stahlwerken stattgefunden. Die in der Eisenindustrie des Bezirkes beschäftigten Arbeiter vertreten ungefähr die größere Hälfte der angeführten Zahl. Die Lohnreduktionen betrugen durchschnittlich 25 35 % gegen 1872 bis 1873. Die Löhne waren Ende 1876 auf den Satz von 1870 noch nicht ganz zurückgekehrt.

Die Lage der Arbeiter hat sich im letzten Jahrzehnt sowohl durch die Theilnahme an den wesentlich vermehrten und verbesserten, auf Gesundheit, Lebensbedarf und⸗Annehmlichkeit wohlthuend einwirkenden kommunalen und öffentlichen Institutionen, als auch durch die Wohl⸗ fahrtseinrichtungen der Werksbesitzer in unserem Bezirke wesentlich gebessert. Die Kruppsche Fabrik besitzt nicht weniger als 3277 gute und gesunde Familienwohnungen, in welchen 16,000 Personen leben; 1800 einzelstehende Arbeiter können daselbst Kost und Logis haben. Die Firma Schulz, Knaudt & Comp. hat 2 Häuser mit Logir⸗ einrichtungen und einer Menage für ca. 100 einzelstehende Personen.

Außerdem in unmittelbarer Nähe des Werkes 9 Häuser, enthaltend

11 Familienwohnungen zu je 3, 4 und 5 Zimmern, sowie in einiger Entfernung von der Stadt in einer gesunden Gegend eine Kolonie, enthaltend 25 Wohnhäuser mit 34 Familienwohnungen zu je 5 Zimmern,] nebst Stallung, 7 2 Garten und Ackerland.

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7 2 7 Jede Familienwohnung hat ihren besonderen liegen r von Gärten umgeben, an Straßen und Plätzen. Sie sind besser gebaut, gesunder, angenehmer und billiger, als andere Miethswohnungen, welche je nach den Zeiten gesteigert oder aus be⸗ liebigen Gründen gekündigt werden können. Jedes größere Etablisse⸗ ment und jede Zeche des Bezirks hat Einrichtungen ähnlicher Art, wenn auch nicht in dem Umfange.

In den ausgedehnten Konsumanstalten erhalten die Arbeiter ihre Bedürfnisse sowohl gut als billig und vermeiden das Schuldenmachen, Vortheile, welche die Arbeiter täglich mehr schätzen lernen. Die Konsumanstalt der Kruppschen Gußstahlfabrik umfaßt: eine Konsum⸗ bäckerei, eine Schlächterei mit Fleischverkauf, eine Selterswasser⸗ anstalt, einen Gasthof und Bierwirthschaften, Verkaufsläden für Kolonial⸗ und Spezereiwaaren, Schuhwaaren, Manufakturwaaren mit Schneiderei, Eisenwaaren und Hausgeräthe. Die Fabrik hat ihr eigenes Krankenhaus und ein Epidemienlazareth für 100 Kranke, sowie verschiedene Bade⸗ und Waschanstalten. Sie hat endlich in ihren Kolonien 4 Volksschulen mit 21 Klassen den betreffenden Gemeinden un⸗ entgeltlich überlassen und in Essen 2 Industrieschulen und 2 solcher in den Kolonien Cronenberg und Schederhof errichtet, in welchen den weiblichen Angehörigen der Arbeiter Unterricht in häuslichen und Handarbeiten er⸗ theilt wird, die in der Konsumanstalt verwerthet werden können. Haupt⸗ sächlich haben diese Schulen den Zweck, die Frauen und Mädchen der Ar⸗ beiter ihrer Unerfahrenheit in häuslicher Arbeit zu entreißen und den Sinn für Thätigkeit und Ordnung in ihnen zu erwecken. Sie er⸗ freuen sich einer steigenden Frequenz. Fortbildungsschulen werden sowohl in der Gemeinde Essen als Altendorf gefördert und unter⸗ stützt, einestheils materiell, anderentheils indirekt, indem den Lehr⸗ lingen der Firma Fr. Krupp, Schulz, Knaudt & Comp., G. D. Baedeker u. a. der Besuch dieser Anstalten vorgeschrieben bezw. an⸗

empfohlen wird. Für die Beschäftigung der Invaliden werden auf

ingang, die Häuser

Krupps Fabrik mehrere Industriezweige betrieben, z. B. Stroh⸗ flechterei, Anfertigung von Bürstenwaaren, Brief⸗Couverts, Düten für die Konsumanstalt u. a. m. Die Bergleute neigen wieder mehr der Bewirthschaftung eines mehr oder weniger ausgedehnten Garten⸗ oder Ackerterrains zu.

lich und sorgsam für seine Familie.

allen Gegenden. Haben sie einen ständigen Aufenthalt einmat auf längere Zeit genommen, so streben sie mit ersteren in gleichem

namentlich Hessen, Schlesien, Sachsen, Holland, Belgien, Tirol, Oesterreich⸗Ungarn und Italien hierhin angezogenen Arbeiter führt ein geordnetes Leben, er bringt zum Theil Frau und Kinder mit sich oder übersendet ihnen den erübrigten Verdienst nach der Heimath, und nicht selten gelang es ihm auch früher, ein Sparkassenbuch an⸗ zulegen oder Eigenthum zu erwerben. Leider aber bildete auch zur Zeit des Mangels an Arbeitskräften unser hiesiger Bezirk die Zu⸗ fluchtsstätte vieler Elemente, welche in den Stürmen des Lebens

lichen und kriminellen Untersuchungen Veranlassung.“

Der Abschluß der Braunschweigischen Credit⸗An⸗ stalt für das erste Semester 1877 ergiebt, den der „B. Börs. Ztg“ zugehenden Berichten zufolge, einen Reingewinn ven 190,514 ℳ; das ist gegen das 1. Semester 1876 eine Zunahme um 27,583

Der Einlösungscours für Oesterreichische Sil ber⸗ coupons ist gestern wie in der vorigen Woche auf 177 50 für 100 Fl. Silber festgesetzt worden.

Stuttgart, 3. September. (W. T. B.) Die beute hier stattgehabte Versammlung von süddeutschen Baumwoll⸗ Industriellen war von etwa vierzig Weberei⸗ und Spinnerei⸗ Interessenten, die mehr als 12,000 Webstühle repräsentirten, besucht und faßte folgenden Beschluß: Obwohl in den meisten süddeutschen Spinnereien und Webereien eine nicht unerhebliche Entlassung von Arbei⸗ tern und eine nicht unwesentliche Einschränkung der Produktion bereits stattgefunden habe, so halte es die heutige Versammlung doch für opportun, eine weiter ore isirte Reduktion der Produktion im Sinne der Vorschläge des Neferenten eintreten zu lassen und beauftrage das Präsidium, sich mit dem Elsaß in Verbindung zu setzen und festzu⸗ stellen, ob die dortigen Fabrikanten geneigt seien, eine ähnliche Organisation unter sich zu vereinbaren und demnächst eine neue Versammlung behufs weiterer Berathung über diesen Gegenstand resp. behufs Abschlusses eines verbindlichen Abkommens wieder einzuberufen. 8 111““

Verkehrs⸗Anstalten.

„Auf der indo⸗europäischen Telegraphenlinie im Monat August 1877 an gebührenpflichtigen Depeschen befördert worden: a. aus London, dem übrigen England und Amerika nach Persien und Indien 277 Stück; b. aus Persien und Indien nach Lon⸗ don, dem übrigen England und Amerika 265 Stück; c. vom euro⸗ päischen Kontinent exklusive Rußland nach Persien und Indien 33 Stück; d. aus Persien und Indien nach dem europäischen Kontinent erklusive Rußland 33 Stück. Summa 608 Stück. Die Warschau⸗Mlawaer (Danziger) Eisenbahn ist am 29. v. M. dem Verkehr übergeben worden.

Nach dem 55. Monatsbericht des schweizer Bundes⸗ rathes über den Stand der Arbeiten am großen Gotthardt⸗ tunnel rückten der Richtstollen im Monat Juni um 218,1 M., die seitliche Ausweitung um 287,5 M., der Sohlenschlitz um 158,8 M., die Strosse um 218,8 M., die vollständige Ausweitung um 205 M., das Mauergewölbe um 240 M., das östliche Widerlager um 241,9 M., das westliche Widerlager um 248,4 M. und der vollständige Tunnel um 262 M. vor. Die Zahl der beschäftigten Arbeiter betrug im Mittel . vv. 3626 und im Maximum 4022. Die Gesammtmasse des ausgehobenen Materials entspricht dem Kubikinhalte nach einem vollständig ausgeweiteten Tunnelstücke von 104 Meter Länge. Im Laufe des Monats wurden 405 Züge ausgehobener Gesteinsmasse., aus dem Tunnel entfernt, also auf den Tag 289 Rollwagen. Die zerstörten Theile der Wasserleitung des Tessin bei Fontana konnten noch nicht wieder hergestellt werden, da die Lawine, welche die Zer⸗ störung veranlaßt hatte, noch nicht geschmolzen war.

New⸗York, 3. September. (W. T. B.) Der Dampfer „England“ von der National⸗Dampfschiffs⸗Compagnie (C. Messingsche Linie) ist hier eingetroffen.

Berlin, 4. September 1877.

„Verviers, 4. September, 10 Uhr Vormittags. Die fällige englische Post, aus London, den 3. Abends, plan⸗ mäßig in Cöln um 11 Uhr 34 Min. Vorm., ist ausgeblieben.

esbaden, 3. September. (W. T. B.) Der Verbands⸗ tag der deutschen Genossenschaften ist heute von Schulze⸗ Delitzsch im großen Saale des Kasino eröffnet worden. Die Ver⸗ sammlung zählt gegen 350 Delegirte aus allen Theilen Deutschlands bei der Eröffnung vom hiesigen Ober⸗Bürgermeister begrüßt.

Friedrich⸗Wilhelmstädtisches Theater. Um dem Gaste Hrn. Girardi zur weiteren Entfaltung seines komischen Ta⸗ lentes Gelegenheit zu geben, gelangt morgen außer „Graziella“ auch eine einaktige Operetten⸗Novität: „Die Kohlenverkäufer“, nach dem Fran sisch C. Tetzlaff, Musik von Costs, zur Aufführung.

Eingegangene literarische Neuigkeiten.

Die preußische Vormundschafts⸗Ordnung vom 5. Jul 1875 unter sy tematischer Darstellung des bezüglichen Familien⸗ und Erbrechts und Erörterung der Kontroversen erläutert durch Carl Neumann, Kreisgerichts⸗Rath in Allenstein. Berlin, 1877. Ver⸗ lag von Frz. Vahlen.

Das Patentgesetz für das Deutsche Reich vom 25. Mai 1877, nebst Einleitung und Kommentar und mit vergleichender Uebersicht der ausländischen Patentgesetze von Dr. R. Klostermann, Geh. Berg⸗Rath und Prof. der Rechte. Berlin, 1877. Verlag von Frz. Vahlen.

Die Kunst im Hause. Geschichtliche und kritisch⸗ästhetische Studien über die Dekoration und Ausstattung der Wohnung, Jacob von Falke. 3. Aufl. Wien, Druck und Verlag von C. Gerolds Sohn. 1877.

Die ungarischen Staats⸗Finanzen. Mit Rücksicht auf die Bherreich schenngeclichen Ausgleichungs⸗Verhandlungen und die bevorstehenden ungarischen Goldrenten⸗Emissionen. Von Hanns Beruth. Wien, 1877. Selbstverl. des Verf.

Mittheilungen der K. und K. österreichisch⸗ ungarischen Kon⸗ sulats⸗Behörden. Zusammengestellt vom statistischen Departe⸗ ment im K. K. Handels⸗Ministerium. 5. Jahrg. 8. Heft. (12. Bd. der „Nachrichten über Industrie, Handel und Verkehr“.) Wien, 1877. Druck und Verlag der K. K. Hof⸗ und Staatsdruckerei. 4.

Deutsche Rundschau. Herausgegeben von Julius Rodenberg. 3. Jahrg. Heft 12. September 1877. Berlin. Verlag von Ge⸗ brüder Paetel.

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Range zu stehen. Auch der größte Theil der aus allen Ländern,

Schiffbruch erlitten, und diese namentlich gaben zu vielen polizei⸗ 8

arbeiter von Natur auf Erwerb ausgehend, fleißig, sparsam, anhäng-. Dieser ansässige Stamm unsee. res Arbeiterstandes ist die Stütze des industriellen Fortschrittes. Ein anderer Theil unserer Arbeiterbevölkerung besteht aus Zuzüglern aus 8

„Im Allgemeinen ist der hier ansässige Bergmann und Fabrik⸗ 1

8 sind*